Frankl und die Individualpsychologie
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chologie einzubeziehen, nicht »angekommen«. Ja, als Rudolf Allers [...] <strong>und</strong> OswaldSchwarz [...] 1927 im Rahmen von Vorträgen ihren Austritt aus der Gesellschaft derIndividualpsychologen anmeldeten <strong>und</strong> ich, von Adler dazu expressis verbisaufgefordert, als erster Diskutant das Wort ergriff, um auch meine Vorbehaltedarzulegen, aber auch ausdrücklich zu betonen, dass ich keinen Gr<strong>und</strong> sehe, daraufhinebenfalls meine Mitgliedschaft zurückzulegen, war es mir nicht vergönnt, Adler zuüberzeugen. Vielmehr veranlasste er, dass man mir wiederholt den Austritt nahe legte,<strong>und</strong> als ich auf <strong>die</strong>ses Ansinnen nicht einging, wurde ich ausgeschlossen« (<strong>Frankl</strong>, 1984,S.120).<strong>Frankl</strong> wurde aus dem »Verein für <strong>Individualpsychologie</strong>« mithin nicht deshalbausgeschlossen, weil er zum damaligen Zeitpunkt schon ein eigenes theoretischesSystem entwickelt hätte (dazu kam es ja überhaupt erst in der Zeit kurz vor dem ZweitenWeltkrieg). Vielmehr geschah <strong>die</strong>s aus dem Gr<strong>und</strong>, weil er sich öffentlich zu deranthropologischen Position bekannte, <strong>die</strong> Rudolf Allers zusammen mit OswaldSchwarz vertrat. Diese Position, aus deren Perspektive Adlers Psychologie desPsychologismus <strong>und</strong> Soziologismus bezichtigt werden konnte, war für eine<strong>Individualpsychologie</strong>, <strong>die</strong> sich nach wie vor den allgemeinen Prämissen derTiefenpsychologie verb<strong>und</strong>en wissen wollte, zum damaligen Zeitpunkt zweifellos nichtungefährlich. Adler bemühte sich seinerzeit nämlich nachhaltig darum, <strong>die</strong><strong>Individualpsychologie</strong> innerhalb jenes Rahmens zu belassen, der durch <strong>die</strong>pragmatischen kurativen <strong>und</strong> heilpädagogischen Prämissen einer Psychologie definiertwird, deren eigentliche Aufgabe <strong>die</strong> Behandlung <strong>und</strong> Prophylaxe von psychischenFehlentwicklungen bzw. Fehlhaltungen ist. Damit war der Gegenstand einer sich soverstehenden Psychotherapie primär innerhalb der psychophysischen Ganzheit desIndividuums gegeben. In <strong>die</strong>sem Sinne hatte nicht nur Freud, sondern eben auch Adlerdas Terrain der Psychotherapie abgesteckt.Ohne Zweifel ist Adler dabei entschieden weiter gegangen als Freud, der <strong>die</strong> Bedeutungder biologischen <strong>und</strong> physikalischen Aspekte des seelischen Bedingungsgefüges sicherhöher gewichtete als der Begründer der <strong>Individualpsychologie</strong>, der schon bei derNiederlegung seiner Theorie von der Organminderwertigkeit <strong>die</strong> Bedeutung dersomatischen Dimension gegenüber den rein psychologisch verstehbaren Phänomenenmenschlichen Lebens stark relativierte (vgl. Titze, 1984a). Später hat Adler mit derFormulierung seiner Theorie vom »Gemeinschaftsgefühl« <strong>die</strong>sen intrapsychischenRahmen insofern transzen<strong>die</strong>rt, als er auch <strong>und</strong> gerade auf <strong>die</strong> Relevanzinterpsychischer, d. h. sozialer Bedingungen im Zusammenhang mit neurotischemGeschehen hinzuweisen begann. Dennoch lehnte Adler zum Zeitpunkt seinerAuseinandersetzung mit Allers <strong>und</strong> Schwarz <strong>und</strong> wenig später auch Künkel alleVersuche ab, spezifisch philosophische Modelle in <strong>die</strong> <strong>Individualpsychologie</strong>hereinzunehmen. Diese sollte ja <strong>und</strong> Adler kämpfte leidenschaftlich darum