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Marxismus_und_Tierbefreiung_Antidot

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50 Prozent. Aufgr<strong>und</strong> ihrer grossen Marktmachtstanden die zwei Unternehmen schonverschiedentlich im Fokus der Wettbewerbskommission.Die beiden grossen Detailhändler Migros <strong>und</strong>Coop, die bekannt sind für Firmenübernahmen,verdanken ihre dominante Marktstellung zueinem grossen Teil der Strategie der vertikalenIntegration. Sie versuchen nicht nur den Verkauf,sondern auch die Produktion der zu ver ­kaufenden Güter zu kontrollieren. Im BereichFleisch haben sie dazu eigene Produktionsbetriebegegründet, vormals öffentliche Schlachthöfeübernommen <strong>und</strong> konkurrierende Firmen<strong>und</strong> deren Produktionsstätten aufgekauft. ImBereich Geflügel vollziehen sowohl Bell als auchMicarna heute die gesamte Wertschöpfung «vomEi bis zum Teller», wie es in der Unternehmensbroschürevon Micarna heisst.Zunehmende internationale AusrichtungR<strong>und</strong> 20 Prozent des in der Schweiz konsumiertenFleisches werden importiert. Über die Hälftedavon ist Geflügelfleisch, das in erster Linie ausBrasilien <strong>und</strong> Deutschland stammt. Insgesamtkommen ca. 30 Prozent der Schweizer Fleisch ­i mporte aus Deutschland. Noch ist der SchweizerFleischmarkt stark protektioniert, z.B. durchImportkontingente. Seit längerem gibt es aberBestrebungen, ein bilaterales Freihandelsabkommenim Agrar- <strong>und</strong> Lebensmittelbereich mitder EU auszuhandeln. Nach Aussage des SFFwerden diese Bemühungen durch die Annahmeder «Masseneinwanderungsinitiative» 2014bis auf weiteres blockiert. Dafür konnte im Juli2013 ein Freihandelsabkommen mit der Volks ­republik China für Trockenfleisch <strong>und</strong> Schlachtnebenprodukteabgeschlossen werden.Wie der Direktor des SFF in der Fleischwirtschaftausführt, sind die Schweizer Produktionskostenin der Fleischindustrie im Vergleich zu denNachbarländern aufgr<strong>und</strong> hoher Rohmaterial-,Arbeits- <strong>und</strong> Regulierungskosten fast doppeltso hoch. Darum werden nur r<strong>und</strong> drei Prozentdes hier produzierten Fleisches exportiert,hauptsächlich in Form von Bündnerfleisch,einer Schweizer Trockenfleischspezialität. DieSchweizer Fleischindustrie ist also im Auslandwegen der hohen Preise nur sehr bedingt konkurrenzfähig.Da der Schweizer Fleischmarktaber seit Jahren gesättigt ist, ist die internationaleOrientierung für das weitere Wachstumder Unternehmen zentral. Bell hat deshalb inden letzten Jahren in Europa kräftig Unternehmeneingekauft, wie zum Beispiel den SchinkenherstellerAbraham, mit dem Bell im BereichRohschinken in Deutschland Marktführerinist. Unterdessen arbeiten fast die Hälfte allerBell-Angestellten in der EU. Noch beschränktsich das Unternehmen im Ausland auf die Weiterverarbeitungvon Fleischprodukten. Allerdingssprach CEO Lorenz Wyss 2012 in Finanz<strong>und</strong> Wirtschaft über Pläne, auch im Auslandeinen Schlachtbetrieb zu kaufen, um nichtvon den wenigen existierenden Betrieben abhängigzu sein.Viele ungelernte <strong>und</strong> ausländische ArbeiterInnenDas Lohnniveau in der SchweizerFleischbranche ist, analog zu anderen Branchen,höher als in den umliegenden Ländern. DerGrossteil der Arbeitsverhältnisse ist durch Gesamtarbeitsverträge(GAV) geschützt. Zum einengibt es den für die ganze Schweiz verbindlichenGAV für das Metzgereigewerbe, der durch die VertragspartnerSFF, dem Arbeitgeberverband derfleischverarbeitenden Branche, <strong>und</strong> Metzgereipersonalverband(MPV), ausgehandelt wird. Zumanderen werden, ebenfalls durch den MPV, GAVmit einzelnen Unternehmen abgeschlossen.Solche existieren auch für Bell <strong>und</strong> Micarna. Zudemwerden LeiharbeiterInnen durch den GAVPersonalverleih geschützt. In den Betriebsverträgender Grossverteiler ist 2014 ein Mindestlohnfür ungelerntes Personal von 3800 Franken imMonat festgelegt – ein niedriger Lohn fürSchwei zer Verhältnisse. Im allgemeinen GAVgibt es gar keine Mindestlöhne für ungelernteArbeitnehmerInnen.Gemäss Auskunft des MPV sind ca. 60 Prozentder ArbeiterInnen in der Schweizer Fleischindustrieungelernt. Die Branche klagt seit Jahrenüber einen Mangel an gut ausgebildeten Fach ­kräften, der durch den Zuzug von auslän ­d ischen Fachkräften aufgefangen werden soll.Der Anteil ausländischer Arbeitskräfte in derSchweizer Fleischindustrie ist schon seit demWirtschaftsboom der Nachkriegszeit hoch <strong>und</strong>hat den Zahlen des BFS zufolge stetig zugenommen.Im Zusammenhang mit der «Masseneinwanderungsinitiative»führte der SFF eineErhebung bei den grössten Fleischverarbeiterndurch, die gezeigt hat, dass r<strong>und</strong> 60 Prozent derArbeitenden in der Fleischbranche einen ausländischenPass besitzen. Von ihnen sind r<strong>und</strong>40 Prozent unqualifiziert.Fleisch-Kampagne wird vom B<strong>und</strong> mitfinanziertDer Schweizer Staat unterstützte laut demAgrarbericht 2013 die Viehwirtschaft im Jahr 2012mit insgesamt 90,8 Mio. Franken. An Proviande,die im Auftrag des B<strong>und</strong>es Vollzugsaufgabenauf dem Schlachtvieh- <strong>und</strong> Fleischmarkt ausführt,wurden 6,5 Mio. Franken aus bezahlt.Da runter fällt auch die Absatzförderung vonFleischprodukten durch Marketing- <strong>und</strong> Kommunikationsmassnahmen, wie z.B. die Werbekampagne«Schweizer Fleisch – alles andere istBeilage».Internationale Entwicklungen im Kleinen Dieinternationale <strong>und</strong> europäische Entwicklungder Fleischindustrie (siehe Artikel auf Seite 16),zeigt sich auch in der Schweiz – nur im Kleinen.In den Schlachtstrassen <strong>und</strong> an den Fliessbändernder Alpenrepublik arbeiten zu einemgrossen Teil LohnarbeiterInnen aus dem Auslandzu niedrigen Löhnen. Die Marktmacht inder hiesigen Fleischindustrie konzetriert sichauf immer weniger <strong>und</strong> gleichzeitig grössereUnternehmen, denen der Staat trotz riesigerGewinne sogar noch finanziell <strong>und</strong> politischunter die Arme greift. Möglicherweise liegt indieser relativ einheitlichen globalen Entwicklungder Fleischindustrie aber auch ein Ansatzpunktfür eine kollektive Praxis des Protests<strong>und</strong> Widerstands.Tierrechtsgruppe Zürich

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