Interview mit Ingeborg Stadelmann - KristinaReiss.com
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Monatsgespräch | <strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong>’’Ich halte denMütternden Spiegel vor’’Löst auch mal einStillproblemam anderen Ende derWelt – per Telefon:<strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong>Sie ist die Queen Mom unter den Hebammen, ihr Buch «Die Hebammen -sprechstunde» ein Verkaufsschlager: <strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong> über falsche Geburtsbilder,die richtige Einstellung und kopflastige Mütter.<strong>Interview</strong> Kristina Reiss Fotos Stephanie FuessenichFrau <strong>Stadelmann</strong>, in der Schweiz undin Deutschland haben die meistenwerdenden Mütter Ihre «Hebammensprechstunde»im Regal stehen.Das hätte ich mir nie träumen lassen, alsvor 17 Jahren ein Lastwagen die ersten3000 Bücher brachte. Weil die Verlagemein Manuskript ablehnten, gab ich esselbst heraus. Mein Mann fragte besorgt:«Was machen wir nur <strong>mit</strong> den Büchern,wenn sie sich nicht verkaufen?»Die Bedenken Ihres Mannes waren unbegründet;<strong>mit</strong>tlerweile haben Sie eine halbeMillion Exemplare verkauft. Eine häufigeAussage von Leserinnen lautet jedoch:«Das Buch ist sehr hilfreich, aber auchrecht esoterisch.»Das höre ich ab und zu. Was mich wundert,denn ich finde es überhaupt nicht esoterisch.Immerhin empfehlen Sie darin statt modernerMedizin Ihre selbst entwickeltenTees, Salben und Öle.Das hat nichts <strong>mit</strong> Esoterik zu tun, sondernist wissenschaftlich erwiesene Naturheilkunde.Ich möchte, dass die Frauen die natürlichenZusammenhänge verstehen. Ammeisten aber schätzen sie wohl, dass ichsage, wie eine Geburt wirklich ist: nichtschön, aber leistbar.Sie schreiben unter anderem, eine Steisslagedes Babys sei ein Zeichen für diewerdende Mutter, dass diese noch nichtbereit sei und sich intensiver <strong>mit</strong> derSchwangerschaft beschäftigen müsse –das klingt mystisch.Ich versuche sowohl die Position der Mutterals auch die des Babys zu verdeutlichen.Vor allem die des ungeborenen Kindeswird oft vernachlässigt. Unnötige44wireltern 10/2011wireltern 10/2011 45
<strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong> | monatsgespräch«Die Frauen schätzen, dass ich sage, wie eine Geburt ist: Nicht schön, aber leistbar.»Dolcino_220x146_03.11_mBeschn:_ 29.3.2011 16:28 Uhr Seite 1Einleitungen und Kaiserschnitte verhindernhäufig, dass das Kind den Zeitpunktder Geburt selbst bestimmt. Ich weiss,dass ich oft anstrengend bin, weil ich denMüttern den Spiegel vorhalte. Zudem sageich auch die Dinge, die sie von Schulmedizinernnicht hören.Etwa wenn Sie den vaginalen Ultraschall,wie er in der Frühschwangerschaft üblichist, <strong>mit</strong> einer Vergewaltigung vergleichen?Das sind nicht nur meine Worte. DieSchwangeren der 90er-Jahre, für die ichdas Buch ursprünglich geschrieben habe,empfanden dies ebenso. Heutige jungeFrauen finden es womöglich ganz normal,ständig etwas in die Vagina zu stecken. Abund zu überlege ich, dies bei der nächstenAuflage umzuformulieren. Aber wahrscheinlichlasse ich es, denn ich will dieFrauen für das Thema sensibilisieren.Mich enttäuscht die Tatsache, dass das«Babywatching» überhand nimmt:Schwangere sehen den Ultraschall oftnicht aus Sicht des Kindes – für dieses istes womöglich purer Stress. Es geht ihnen<strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong>Die 55-jährige Deutsche ist seit 35Jahren Hebamme und veröffentlichte1994 den Schwangerschaftsratgeber«Die Hebammensprechstunde», der sichbisher eine halbe Million Mal verkaufte(20 000-mal davon in der Deutschschweiz)und in mehrere Sprachenübersetzt wurde. Heute publiziert sie inihrem eigenen Verlag Bücher, hältVorträge, vertreibt per OnlineversandNaturtextilien und stellt zusammen <strong>mit</strong>einer Apotheke Aromamischungen undSalben nach eigener Rezeptur her. Siehat drei erwachsene Kinder und lebt imAllgäu/Deutschland.bloss darum, ihr Ungeborenes auf demBildschirm zu betrachten.Die Hebamme sitzt in ihrer Stube bei einerTasse Ingwertee. Auf dem Stuhl schnarchtdie Katze, im Garten scharren Hühner undüber dem Esstisch hängt ein Kreuz. Hintergrünen Allgäuer Wiesen liegt das Dorf einenguten Kilometer entfernt. Zusammen<strong>mit</strong> Mann und Kindern führt die Hebammeihr Familienunternehmen, zu dem auch derVerlag gehört, der im Wohnhaus untergebrachtist. Dabei legt sie eine hemdsärmeligeUnkompliziertheit an den Tag: DeutetAusschläge auf Babypopos per E-Mail oderversucht Stillprobleme am anderen Ende derWelt telefonisch zu lösen.Sie konnten gerade Ihr 35-Jahr-Hebammenjubiläumfeiern. Sind Sie froh, dass Sie nichtmehr aktiv tätig sind, sondern sich auf dasVorträge halten verlegt haben?Nein, ursprünglich wollte ich nur einePause einlegen. Aber jetzt bin ich zu alt, umwieder einzusteigen, ausserdem ist meinTerminkalender recht voll. Für junge Mütterist es im Wochenbett oft hilfreich, voneiner älteren, erfahrenen Person betreut zuwerden. Aber bei der Geburt ist es gut, wenneine junge Hebamme dabei ist, welche dieselbe Wellenlänge hat wie die Gebärende.Was machen Ihre jungen Berufskolleginnenheute anders?Der Geburtsvorgang hat sich nicht verändert.Wir brauchen keine neue Technik,müssen aber auf die aktuellen Bedürfnisseder Frauen eingehen. Viele Kolleginnenklagen, dass sie heute 24 Stunden erreichbarsein müssen – für oft recht oberflächlicheFragen, <strong>mit</strong> denen sie per SMS oderE-Mail bombardiert werden.Sind Schwangere heute überängstlich?Sie haben ein riesiges Sicherheitsbedürfnis.In der Theorie wissen sie alles, weil sie denArzt fragen, die Hebamme, die Stillberaterin,das Internet. Doch in der Praxis vermögen siedas nicht umzusetzen. Zurück bleibt einegrosse Unsicherheit. Dieser Kopflastigkeit derFrau, die alles gelesen hat, steht entgegen, dasssie <strong>mit</strong> der Körperlichkeit hadert und bei derGeburt das Durch haltevermögen oft fehlt.Wie meinen Sie das?Ich finde es toll, dass Frauen heute so ein Wissenhaben. Aber sie müssen lernen, andersda<strong>mit</strong> umzugehen, sich wieder auf ihr Urvertrauenzu verlassen – das haben sie verlernt.Für mich hat dies viel <strong>mit</strong> verlorenem Glaubenzu tun. Meine Erfahrung ist: Wer glaubt,ERGObaby Carrier ·Tragetücher ·Moby Wrap ·Bauchband ·123Wrapper®Dolcino.chKinder &GeschenkbereichBabyschuhe Nachtlichter GeburtsgeschenkeHüpftiereWaschhandschuheErhältlich unter www.dolcino.ch oder im Fachhandel.Bitte verlangen Sie unseren Katalog.Dolcino GmbHUnterSagi 6CH-6362 StansstadT+41 41 6110201F+41 41 61102 14info@dolcino.ch
Monatsgespräch | <strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong>egal an was, steht eine Geburt besserdurch. Vielen fehlt es an Körpervertrauen– den eigenen Körper spüren, sich bewusstsein, dass das Kind im Mutterleibbereits <strong>mit</strong>empfindet. Gleichzeitig istSchwangerschaft und Geburt eine Chance,wieder Urvertrauen zu erleben. Es gehtum das Gleiche, was in Coaching-Seminarenfür teures Geld angeboten wird: eigeneverborgene Fähigkeiten und Grenzenkennenzulernen. Frauen, die ein Kindzur Welt bringen, brauchen dafür keinenHochseilgarten.Warum ist bei der Geburt Angst so eingrosses Thema?Es ist die Angst, ausgeliefert zu sein; aneinem Punkt im Leben die Kontrolle zu verlieren.Die Geburt ist eine der wenigenSituationen, in der etwas <strong>mit</strong> uns Frauenpassiert, das wir nicht im Griff haben. Allesandere planen wir ja heute minutiös. Wirklingeln nicht mehr bei jemandem an derTür, sondern rufen vorher an und sagen:«Hallo, ich bin da, ich klingle jetzt.»Spielt auch das Alter eine Rolle? Die meistenFrauen sind bei der Geburt ihres ersten Kindesheute über 30.Das finde ich nicht entscheidend. Es gibt Ältere,die ganz unbedarft an eine Geburt herangehen und Jüngere, die sehr verkrampftsind. Was viele Ängste allerdings erst auslöst,ist diese ganze technisierte Geburtshilfe. Leidersind wir immer noch so medizinhörig.Immerhin hat die Frau dank der Schulmedizinheute die Wahl, ob sie sich bei der Geburteine Periduralanästhesie (PDA) setzenlassen will oder nicht. In Ihrem Buch allerdingswerden diese Frauen als verweichlichtdargestellt, die ihrem Kind einen schwerenStart ins Leben bereiten.Das stimmt nicht. Ich schreibe und sage immer:Es gibt überall ein Rettungsboot. JedeFrau muss individuell schauen, was siebraucht. Allerdings finde ich, das sich dieFrau nicht schon eine PDA setzen lassensollte, ehe die Geburt richtig im Gange ist.Sie geben also Ihren Segen zur PDA?Prinzipiell finde ich es verständlich, dass sichFrauen für eine Betäubung entscheiden, dennviele können Geburtsschmerzen nicht mehraushalten. Andererseits sollten sie auch an ihrKind denken – für dieses ist eine Geburt ohnePDA leichter, natürlicher. Produziert dieMutter körpereigene Wehen, profitiert auchdas Kind von den Endorphinen, die von derMutter freigesetzt werden. Nicht von ungefährverlangsamen sich gegen Ende einer Geburtoft die Herztöne des Kindes, weil ihmbei einer PDA besagte Endorphine fehlen.Das Kind leidet schon Not im Bauch, das darfnicht vergessen werden.Wie meinen Sie das: «Viele Frauen könnenGeburtsschmerzen nicht mehr aushalten?»Wenn eine Frau per Kaiserschnittgeburt auf dieWelt geholt wurde und beim kleinsten Schmerzeine Tablette nimmt, kann ich von ihr nicht erwarten,dass sie <strong>mit</strong> 35 ohne Schmerz<strong>mit</strong>tel gebärt.Im Erinnerungssystem fehlt dann das Systemder Schmerzverarbeitung. Nicht umsonstsprechen wir von der Geburt als das prägendeEreignis für das ganze Leben.Tatsächlich nehmen aber Wunschkaiserschnittezu.Ja, leider. Dabei wären laut WHO nur etwa15 Prozent aus medizinischen Gründennotwendig. Für die Mutter-Kind-Bindungist es einfach gut, wenn die beiden unterder Geburt zusammengearbeitet haben.Auch die Erfahrung des sich durchkämpfenmüssen fehlt Wunschkaiserschnitt-Kindern. Frauen, die sich dafür entscheiden,rate ich, diesen wenigstens erst nachdem natürlichen Geburtsbeginn machenzu lassen, wenn das Kind sich auf den Wegmachen will. Dieser Kompromiss geht eigentlichimmer.Viele Mütter fühlen sich heute unterStill-Druck. Wer öffentlich sagt,nicht stillen zu wollen, wird schiefangeschaut. Warum?Das erstaunt mich nicht. Nachdem Stillenseit Mitte der 70er-Jahre propagiert wurde,sehe ich dies als normales pubertäres Verhalten,sich vom Üblichen loszusagen.Mittlerweile gibt es ja sogar brustanatomischeSchoppenflaschen zu kaufen. DieWirtschaft springt ein, da<strong>mit</strong> Frauen eingutes Gewissen haben und kein Defizitempfinden. Leider geht auch hier der Gedankeans Kind verloren. Vielleicht solltees ein Recht auf Muttermilch geben.Was ist heute eine gute Mutter?Eine Frau, die ihr Kind liebt, die ehr -lich ist und die auch mal Wut zeigt. Freilichist Muttersein eine ständige Herausforderung.Aber es bringt auch vielBestätigung. Ein Kind verzeiht einem weitausmehr als jeder Arbeitgeber.Welche Rolle spielen für Sie die Väter?Sie sind dabei, ihr Vaterdasein neu zu finden.Das sehe ich auch bei meinen Söhnenund dem Schwiegersohn. Alle drei nehmenihre Rolle sehr ernst. Das ist toll! MeineKinder hatten einen Hausmann als Vorbild.Hätte mein Mann nach der Geburtdes dritten Kindes seinen Beruf nicht aufgegeben,hätte ich so nicht weiterarbeitenkönnen.Sie haben drei Enkelkinder, das viertekommt in wenigen Wochen zur Welt.Müssen Sie sich zurückhalten, umIhre Kinder nicht dauernd <strong>mit</strong> guten Ratschlägenzu überhäufen?Nein, da<strong>mit</strong> komme ich ganz gut klar.Wenn sie etwas wissen wollen, fragen sie.Wenn mir etwas auffällt, sage ich es trotzdem.Welche Vorbereitung empfehlenSie Schwangeren für ein gutes Geburtserlebnis?Bereits in der Schwangerschaft das Baby alseigenständiges Wesen wahrnehmen. Auchmal innehalten wenn das Kind heftigstrampelt, während man etwa ein geschäftlichesTelefonat führt. Bezieht die Frau dasUngeborene <strong>mit</strong> ein, indem sie etwa sagt«Nur noch kurz, dann bin ich wieder fürdich da», hat sie es kapiert. Oder wie ich inder «Hebammensprechstunde» schreibe:Erstens kommt eine Geburt anders, zweitensals Eltern denken, drittens dann unddort, wo das Kind es will.Mein «Olympia2020 wir kommen»Parcours.GALA BLEIBT GALA.NEUE VERPACKUNG. GLEICHER GENUSS.Zurich unterstützt vitaparcours. Und was Sie bewegt.Machen Sie Zurich vitaparcours zu Ihrem persönlichen Erlebnis.498 Mal in der Schweiz. Entdecken Sie jetzt Zurich vitaparcours alsiApp und auf der neuen Website.www.zurichvitaparcours.ch