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Balkonfiguren Leistungskurs Kunst Gymnasium Dorfen 2002

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Projektteilnehmer:<br />

Eva Angermaier S. 4<br />

Andrea Bauer S. 6<br />

Evi Bichlmaier S. 8<br />

Nina Félix S.10<br />

Regina Giebenhain S.12<br />

Juliane Götz S.14<br />

Lisa Gritto S.16<br />

Bernadette Held S.18<br />

Katja Huber S.20<br />

Pia Kristen S.22<br />

Susi Maierhofer S.24<br />

Katharina Müller S.26<br />

Julia Schäfer S.28<br />

Kerstin Thomas S.30<br />

Martin Weigel S.32<br />

David Wolfertstetter S.34<br />

Liv Blichfieldt (Gast) S.36<br />

Anton Empl (Betreuung) S.3


<strong>Balkonfiguren</strong><br />

Ein Projekt des <strong>Leistungskurs</strong>es<br />

<strong>Kunst</strong>erziehung K12<br />

des <strong>Gymnasium</strong>s <strong>Dorfen</strong> im Schuljahr 2001/<strong>2002</strong><br />

Der Balkon<br />

Rund um das Schulgebäude des <strong>Gymnasium</strong>s<br />

<strong>Dorfen</strong> gibt es mindestens zweihundert laufende<br />

Meter Balkon. Betreten darf man ihn nur im Ausnahmefall,<br />

hoffentlich nie in seiner Bestimmung als<br />

Fluchtbalkon! An heißen Tagen bietet er wenigstens<br />

an der Südseite einen gewissen Sonnenschutz,<br />

ansonsten ist er funktionslos. Nur tote Vögel finden<br />

sich immer wieder darauf, denen die dahinter liegende<br />

spiegelnde Glasfront zur tödlichen Falle wurde.<br />

Die Idee<br />

Der Leiter der Umweltgruppe Fritz Erbshäuser wollte<br />

im letzten Schuljahr mit Unterstützung eines <strong>Kunst</strong>erziehers<br />

Vogelscheuchen bauen und auf dem Balkon<br />

installieren, da die bisherigen Maßnahmen mit Abschreck-Aufklebern<br />

nicht viel geholfen hatten. Die<br />

Idee, den Balkon zu bevölkern, kam meinen Überlegungen<br />

entgegen, mehr daraus zu machen. Nur der<br />

Fluchtweg durfte auf keinen Fall beeinträchtigt werden.<br />

Dies war leicht zu machen mit Figuren, die auf<br />

feuerfeste Leimholzplatten aufgemalt wurden und<br />

von außen an den Halteseilen und Eisenstangen der<br />

Balkone befestigt werden konnten. Die Grundidee<br />

der <strong>Balkonfiguren</strong> stand also fest. Wer aber sollte an<br />

so exponierter Stelle abgebildet werden, um auf das<br />

Schulgelände und tausend Schüler, Lehrer, Eltern<br />

oder Besucher herabzublicken? Da boten sich natürlich<br />

Figuren aus der <strong>Kunst</strong>geschichte an, und für die<br />

Umsetzung mein <strong>Leistungskurs</strong> <strong>Kunst</strong>. Der war sofort<br />

begeistert.<br />

Die Figuren<br />

Wer sich für <strong>Kunst</strong>geschichte interessiert, kennt<br />

natürlich Die Mayas auf dem Balkon von Francisco<br />

Goya, Der Balkon von Eduard Manet und Das Kind,<br />

auf dem Balkon umherlaufend von Giacomo Balla.<br />

Das ist allerdings noch zu wenig Material für den riesigen<br />

Schulbalkon und die sechzehn Kursleute. Nun<br />

ging die Suche los: Jeder sollte eine Figur malen, zu<br />

der er eine besondere Beziehung hatte, oder die er<br />

noch herstellen wollte.<br />

Die Auswahl<br />

Das Ergebnis sollte bunt, vielfältig und abwechslungsreich<br />

werden, wie eben die <strong>Kunst</strong>geschichte<br />

selbst. Hunderte von <strong>Kunst</strong>magazinen, die sich im<br />

Laufe der Jahre bei mir angesammelt hatten, kamen<br />

nun endlich einmal richtig zum Einsatz. Schnell wurden<br />

wir fündig. Über zweihundert Bildvorlagen entsprachen<br />

unseren Kriterien: Die Figuren mussten<br />

ganz abgebildet oder sinnvoll ergänzbar sein, eine<br />

gute Fernwirkung haben und einen Stil oder eine<br />

Epoche repräsentieren. Sie sollten ein wichtiges<br />

Werk des Künstlers darstellen und nach dem<br />

Herauslösen aus dem Bildzusammenhang eine<br />

neue, ausdrucksvolle Wirkung haben. Die endgültige<br />

Auswahl war nicht leicht; es wurde viel diskutiert und<br />

wenn nötig abgestimmt. Picassos Frau neben<br />

Michelangelos Gottvater, der tote Marat neben<br />

Lebedamen und Tänzerinnen, eine Bäuerin neben<br />

einem Maharadscha ... wie passte das zusammen?<br />

Wir fanden, dass das Spannende in der Gegensätzlichkeit<br />

lag, und so ist doch auch unsere Welt!<br />

Die Durchführung<br />

Unsere Motivation war riesig und sprengte das normale<br />

Maß des <strong>Kunst</strong>unterrichts. Das Projekt wurde<br />

beim i.s.i.-Wettbewerb für Schulinnovation vorgestellt;<br />

die Erwartungen wuchsen entsprechend. Die<br />

Kollegiat/innen arbeiteten in ihren Freistunden unermüdlich,<br />

machten Erfahrungen mit für sie neuen<br />

Techniken und Materialien und bauten eine immer<br />

intensivere Beziehung zu denen von ihnen dargestellten<br />

Figuren auf.<br />

Das Ergebnis<br />

Eine illustre Gesellschaft entstand auf dem insgesamt<br />

fünfzig Meter breiten Südbalkon der Schule. Sie<br />

soll den Betrachter erfreuen, darf ihn aber auch<br />

belustigen und vielleicht zum Nachfragen anregen.<br />

Abschrecken soll sie allerdings nur die Vögel!<br />

Anton Empl<br />

3


4<br />

Der Musikant, 1912/13<br />

Marc Chagall (1887 - 1985)<br />

Marc Chagall, der am 7. Juli 1887 in Witsebsk,<br />

Russland, geboren wurde, ist<br />

einer der wichtigsten Künstler des<br />

Kubismus in Frankreich. Er begleitete<br />

seine <strong>Kunst</strong>werke mit literarischen<br />

Texten, die teilweise Geschichten aus<br />

seinem Leben erzählten, so auch bei<br />

dem Bild Der Musikant (188 x 159 cm):<br />

„Jeden Sonnabend legte sich mein Onkel<br />

Neuch einen Gebetsmantel an und las<br />

laut die Bibel vor. Er spielt die Geige wie<br />

ein Schuster. Großvater hörte ihm verträumt<br />

zu. Der Mann, der am Tage zwei<br />

Kühe zur Scheune führte, ihnen die Beine<br />

band und sie herumzerrte, spielt nun,<br />

spielt des Rabbis Lied.“<br />

Marc Chagall hat eine eigene Art,<br />

Menschen darzustellen. Er verwendet<br />

seine Farben nicht naturgetreu, sondern<br />

unterwirft die Farbgebung seinem<br />

Ausdruckswillen. Das Gesicht des Geigers<br />

malt er grün, den Bart lila - dies verleiht<br />

dem Ganzen eine besondere Note.<br />

Aber nicht nur das Spiel mit den Farben<br />

ist ein wichtiges Kennzeichen des<br />

Künstlers, sondern auch sein Umgang<br />

mit den Formen, die er besonders im<br />

Gesicht des Musikanten betont. Der<br />

Geiger steht im Original auf einem Dach;<br />

er wirkt wie eine unrealistische Figur in<br />

einer wirklichen Welt. Nur mit viel Freude<br />

am Spiel ist es möglich, Chagalls Werk zu<br />

schätzen und nachzuahmen. Ich hatte<br />

viel Freude dabei.<br />

Eva Angermaier


6<br />

Bildnis Inger Munch, 1892<br />

Edvard Munch (1863 - 1944)<br />

Das 1892 entstandene Bildnis Inger<br />

Munch stellt Munchs Schwester und<br />

Lieblingsmodell Inger dar. Von ihr existiert<br />

nicht nur dieses Einzelbildnis, sie<br />

stand ihm auch für zahlreiche andere<br />

seine Werke Modell. Dieses Bildnis hängt<br />

- wie auch die meisten anderen Gemälde<br />

Munchs - in seiner Heimat Norwegen in<br />

der Nationalgalerie Oslo. Auch sein<br />

bekanntestes Werk Der Schrei befindet<br />

sich dort. In allen seinen Werken sind die<br />

Pinselstriche deutlich zu erkennen. Seine<br />

Figuren sind selten fröhlich dargestellt.<br />

Und es war auch genau ihr strenger, harter,<br />

aber nicht unfreundlicher Ausdruck,<br />

der mich auf Inger Munch aufmerksam<br />

machte. Ihr Auftreten erinnerte mich an<br />

eine Lehrerin aus dem 19. Jahrhundert,<br />

was - wie ich fand - gut zu einem Schulbalkon<br />

passte. Man brauchte sie auch<br />

nicht aus dem Bild zu isolieren, da der<br />

Hintergrund des Bildes aus einem einfarbigem<br />

Boden und einer einfarbigen Wand<br />

besteht. Ihre ruhige, symmetrische Wirkung<br />

ging also durch das Weglassen des<br />

Hintergrunds nicht verloren.<br />

Andrea Bauer


8<br />

Mittag über den Alpen, 1891<br />

Giovanni Segantini (1858- 1899)<br />

Giovanni Segantini war sehr idealistisch<br />

veranlagt und wollte das Wesentliche und<br />

Natürliche des Lebens erfassen und<br />

wiedergeben. Nach einer schweren frühen<br />

Kindheit floh er im Alter von acht<br />

Jahren in die Berge, wo er sehr glücklich<br />

wurde. Er liebte die Berge über alles.<br />

Dieses Gefühl prägte seine Malerei, in<br />

welcher die Berge und die Natur seine<br />

beliebtesten Motive waren - so auch in<br />

seinem Bild Mittag über den Alpen von<br />

1891. Segantini starb mit einundvierzig<br />

Jahren auf einem Berg. Seine letzten<br />

Worte waren: „Ich möchte meine Berge<br />

sehen."<br />

An der Frau mit dem blauen Kleid hat mir<br />

von Anfang an gefallen, dass sie sehr gut<br />

auf einen Balkon passt. Außerdem erinnert<br />

mich ihr von der Sonne beschienenes<br />

Gesicht mit dem Strohhut an einen<br />

wunderschönen, sonnigen Tag. Von<br />

ihrem Platz aus kann die Segantini-Figur<br />

zwar keine Berge sehen, aber immerhin<br />

blickt sie vom Südbalkon in die richtige<br />

Richtung. Und vielleicht ist es ihr ja recht,<br />

statt auf ihre Schäfchen auf der Weide<br />

auf Gymnasiasten auf dem Pausenhof<br />

aufzupassen.<br />

Evi Bichlmaier


10<br />

Der ermordete Marat, 1793<br />

Jacques-Louis David (1748 - 1825)<br />

In der Badewanne lag der Pariser<br />

Revolutionär Jean Paul Marat, als eine<br />

junge Aristokratin 1793 eintrat und gegen<br />

ihn das Messer zückte. Die Französische<br />

Revolution hatte ihren Märtyrer und der<br />

Maler Jacques-Louis David wurde offiziell<br />

mit der propagandistischen Verwertung<br />

der Mordtat beauftragt. Im „erhabenen"<br />

Stil hielt er diese noch im selben Jahr auf<br />

Leinwand (165 cm x 128 cm) fest. Zu<br />

besichtigen ist sie in den Musées Royaux<br />

des Beaux-Arts in Brüssel.<br />

Als Mitglied der Theatergruppe bin ich auf<br />

das Bild aufmerksam geworden, nachdem<br />

wir im Jahr 2000 das Stück Die<br />

Verhaftung und Ermordung Jean Paul<br />

Marats ... von Peter Weiß inszeniert hatten.<br />

Das Bild weckte Erinnerungen in mir<br />

an den unglaublichen Mord in der Badewanne.<br />

Marat war einer der populärsten<br />

Revolutionäre, der für die Rechte der<br />

Armen eintrat. Nach seinem Tod schuf<br />

David ein Gemälde von außerordentlicher<br />

Wirkung mit denkmalartigem<br />

Aufbau. Marat wird hier zum Heiligen der<br />

Revolution hochstilisiert. Von den eifernden<br />

Zügen des Demagogen Marat ist<br />

nichts zu sehen. David gibt ihm ein sanftes<br />

Gesicht, um dem Betrachter die erhabenen<br />

Züge des Heldentums und der<br />

Tugend vor Augen zu führen. Sehr interessant<br />

finde ich auch die Haltung, in der<br />

David den Marat darstellt. Man könnte<br />

diese mit Darstellungen von Christus<br />

nach der Kreuzabnahme vergleichen.<br />

Die Requisiten wie Tintenfass und Feder<br />

werden so zu Reliquien. Die Szene, die<br />

David darstellt, zeigt nicht die dramatische<br />

Aktion, sondern die Ruhe danach.<br />

Für mich war dieses Projekt eine große<br />

Herausforderung und gleichzeitig eine<br />

wichtige Erfahrung.<br />

Nina Félix


12<br />

Tanz des Lebens, 1899/1900<br />

Edvard Munch (1863 - 1944)<br />

Munch malte 1899/1900 den Tanz des<br />

Lebens, der zum ersten Mal in der<br />

Leipziger Ausstellung ausgestellt wurde.<br />

Das Gemälde beschäftigt sich - wie alle<br />

Bilder von Munch - mit Angst, Verzweiflung<br />

und Einsamkeit. Der Maler bekannte<br />

über sich: „Ohne Angst und Verzweiflung<br />

wäre mein Leben wie ein Boot ohne<br />

Ruder." Der Betrachter soll diese Gefühle<br />

visuell und seelisch zugleich erleben.<br />

Munch beschrieb Den Tanz des Lebens<br />

anlässlich der ersten Ausstellung: „In der<br />

Mitte das große Gemälde, das ich diesen<br />

Sommer malte. Ich tanzte mit meiner ersten<br />

Liebe; es war eine Erinnerung an sie.<br />

Herein kommt die lächelnde, blondgelockte<br />

Frau, die die Blüte der Liebe hinwegnehmen<br />

will, aber sich selber nicht<br />

erlaubt, gepflückt zu werden. Drüben auf<br />

der anderen Seite, sie, gekleidet in<br />

schwarz, schaut in Kummer auf das tanzende<br />

Paar. Sie ist die Ausgestoßene, so<br />

wie ich ausgestoßen wurde durch ihren<br />

Tanz ...". Jemand hat dieses Bild einmal<br />

sehr treffend als „Gedicht vom Leben, von<br />

der Liebe und vom Tod" bezeichnet.<br />

Die Frau in Schwarz wählte ich deshalb,<br />

weil mir ihre Gesichtszüge sehr gut gefallen<br />

haben. Munch stellt vor allem mit diesem<br />

Gesichtsausdruck die Verzweiflung,<br />

den Kummer und die Ausgestoßenheit<br />

der Frau exakt dar. Ein weiterer Grund für<br />

meine Auswahl ist meine Vorliebe für die<br />

Farben, in denen die Frau gemalt ist.<br />

Sehr viel Freude hat mir das großflächige<br />

Malen beim schwarzen Kleid gemacht.<br />

Das Malen an sich war sehr abwechslungsreich:<br />

die große schwarze Fläche,<br />

bei der man mit dickem Pinsel einfach<br />

drauflos malen konnte, und das Gesicht<br />

mit Feingefühl und dünnem Pinsel.<br />

Schwierig für mich beim Zeichnen war<br />

das Gesicht, das ich erst zum Schluss<br />

farbig gestaltete und oft wieder mit vielen<br />

verschiedenen Farben übermalen muss-te,<br />

weil der Farbton nicht stimmte.<br />

Regina Giebenhain


14<br />

Der Tanz, 1906<br />

André Derain (1880 - 1954)<br />

Die Farbe als „Dynamitpatrone" zu benutzen<br />

war das Ziel der „Fauves" (franz.:<br />

wilde Tiere) am Anfang des 20.<br />

Jahrhunderts. Ein Beispiel hierfür ist<br />

André Derains Gemälde Der Tanz von<br />

1906. Die Figuren des Ölbildes sind<br />

lebensgroß.<br />

Die Ausdrucksstärke und die Kraft der<br />

Farben haben mich bei diesem Bild<br />

besonders fasziniert. Dazu kommt noch<br />

die Abstraktion der Körper, die teilweise<br />

schon verstümmelnd wirkt, z.B. an den<br />

Füßen und Händen. Dies alles strömt<br />

eine große Lebenslust aus und zeigt<br />

gleichzeitig die Eigenarten und Seltsamkeiten<br />

eines jeden Lebens auf. Anfangs<br />

dachte ich, dass die zwei Figuren einfach<br />

zu malen wären, doch im Laufe der Zeit<br />

stellte ich fest, dass die Arbeit aufwändiger<br />

war als ich gedacht hatte. Aber dank<br />

der schönen Formen, vor allem im Kleid<br />

der linken Figur, und der leuchtenden<br />

Farben gab es kaum Zeiten, in denen das<br />

Malen keinen Spaß machte. Ich bin froh,<br />

mir dieses Bild ausgesucht zu haben, da<br />

auch die ganze Mentalität der „Fauves",<br />

die dahinter steckt, mir sehr zusagt.<br />

Juliane Götz


16<br />

Die Erschaffung Adams, 1511<br />

Michelangelo (1475 - 1564)<br />

Michelangelo Buonarroti, einer der<br />

bedeutensten Künstler der Renaissance,<br />

wurde am 1475 in Caprese geboren. Er<br />

widmete sich vor allem der Bildhauerei,<br />

war aber auch Maler und Architekt. 1508<br />

trat Papst Julius II an ihn heran und bat<br />

ihn, das Deckengemälde der Sixtinischen<br />

Kapelle im Vatikan zu gestalten.<br />

Michelangelo weigerte sich zuerst, da er<br />

keine Erfahrungen in der Freskotechnik<br />

hatte und sich als Bildhauer und nicht als<br />

Maler verstand. Er schlug Raffael für das<br />

Projekt vor, doch der Papst beharrte auf<br />

Michelangelo und versprach, ihm freie<br />

Hand zu lassen. Michelangelo begann<br />

am 10. Mai 1508 mit seiner Arbeit. Die<br />

Erschaffung Adams ist eines der sechs<br />

Deckengemälde. Es ist von einer Scheinarchitektur<br />

eingerahmt und zeigt Adam<br />

in dem Moment, als Gott ihm seine<br />

Energie überträgt. Am 31. Oktober 1512<br />

vollendete Michelangelo die über dreihundert<br />

Figuren. Das berühmte Fresko<br />

Das jüngste Gericht hinter dem Altar<br />

malte er erst viele Jahre später im Alter<br />

von 65 Jahren.<br />

Mich fasziniert an diesem Gemälde vor<br />

allem die Tatsache, dass es in einer<br />

Ebene erscheint, obwohl es auf ein<br />

Gewölbe gemalt ist. Auch die naturgetreue<br />

und sehr genaue Malweise<br />

Michelangelos finde ich sehr schön. Ich<br />

habe die Gruppe des Gottvaters gewählt,<br />

da das ganze Bild zu viel gewesen wäre<br />

und mich der „schwebende Teil" mehr<br />

angesprochen hat. Bei der Umsetzung<br />

musste ich feststellen, dass die<br />

Hautfarben sehr schwer zu treffen sind<br />

und irgendwann langweilen. Der rote<br />

Umhang war malerisch ein guter Ausgleich.<br />

Lisa Gritto


18<br />

Frau mit Sonnenschirm<br />

vor dem Hutladen, 1914<br />

August Macke (1887 - 1914)<br />

Mein Original stammt von August Macke,<br />

der als Sohn eines Ingenieurs am 3.<br />

Januar 1887 geboren wurde. Auf seiner<br />

ersten Reise nach Paris im Jahre 1907<br />

traf er auf die ersten französischen Impressionisten.<br />

In seinen Motiven konzentrierte<br />

er sich vorwiegend auf die äußere<br />

Erscheinungswelt. Während seines<br />

Aufenthaltes in der Schweiz entdeckte<br />

Macke sein Lieblingsmotiv, nämlich das<br />

des Hutladens, mit dem er eine<br />

Verbindung von Farbenpracht und<br />

Eleganz assoziierte. Macke war zugleich<br />

gebannt von Frauen, die vor dem Schaufenster<br />

standen. Die Frau mit Sonnenschirm<br />

vor dem Hutladen wurde 1914 auf<br />

einer 60,5 x 50,5 cm großen Leinwand<br />

mit Öl gemalt und ist in Essen im<br />

Museum Folkwang ausgestellt. In den<br />

wenigen Jahren seiner künstlerischen<br />

Schaffenszeit malte Macke rund fünfhundert<br />

Bilder. August Macke fiel am 26.<br />

September 1914 als Soldat im Ersten<br />

Weltkrieg.<br />

Die Arbeit an diesem Bild hat mir Freude<br />

gemacht, nur war es manchmal schwierig,<br />

die Farben richtig zu mischen und<br />

den Farbton des Originals zu treffen.<br />

Wenn man anfangs eine riesige Holzplatte<br />

vor sich hat, auf die man das etwas<br />

„zaubern“ soll, ist das schon eine große<br />

Herausforderung. Meine Arbeit wurde mir<br />

dadurch erleichtert, dass ich - im Gegensatz<br />

zu den anderen - kein Gesicht malen<br />

musste und meine Figur kein plastisches<br />

Malen erforderte. Jetzt, da wir mit der<br />

Arbeit fertig sind, sind wir schon erleichtert,<br />

jedoch würde ich sofort wieder an so<br />

einem Projekt teilnehmen, da das<br />

gemeinsame Arbeiten viel Spaß gemacht<br />

hat.<br />

Bernadette Held


20<br />

Tänzerin mit Blumenstrauß, 1877<br />

Edgar Degas (1834 - 1917)<br />

Die Tänzerin mit Blumenstrauß wurde<br />

1877 von Edgar Germain Hilaire Degas<br />

gemalt und ist bis heute im Pariser<br />

Louvre ausgestellt. Man nennt Degas<br />

den Maler der Tänzerinnen. Fasziniert<br />

von jeglicher Art von Bewegung des<br />

menschlichen und tierischen Körpers<br />

skizzierte Degas überall, um unbewusste,<br />

anmutige, natürliche, aber auch gekünstelte<br />

Bewegungen festzuhalten. In seinen<br />

vollendeten Werken schaffte er es,<br />

meist zarte Wesen, wie auch die Ballerina<br />

in diesem Bild, in einer eleganten Bewegung<br />

so einzufangen, dass diese Bewegung<br />

sich im Bild fortzusetzen scheint.<br />

Schon als ich beim Suchen nach einem<br />

geeigneten Original für meine Balkonfigur<br />

auf die Tänzerin mit Blumenstrauß stieß,<br />

war ich von der dargestellten Ballerina<br />

begeistert. Die Verbeugung der Tänzerin<br />

vor den Zuschauern, die für einen kurzen<br />

Moment still steht und sich dann gleich<br />

wieder weiter zu bewegen scheint, und<br />

ihre ungewöhnliche Körperhaltung faszinierten<br />

mich sofort. Als ich sie mir auf<br />

dem Balkon vorstellte und mich als<br />

Betrachterin zu ihr aufblicken sah, war ich<br />

von der interessanten Wirkung durch<br />

ihren Blick zu mir herab überzeugt.<br />

Katja Huber


22<br />

Quappi mit rosa Jumper, 1932<br />

Max Beckmann (1884 - 1940)<br />

Das Bildnis stellt Mathilde Kaulbach dar,<br />

die jüngste Tochter des berühmten<br />

Prominentenmalers Friedrich August von<br />

Kaulbach. Im Alter von fünfundzwanzig<br />

Jahren heiratete Mathilde den neunzehn<br />

Jahre älteren Max Beckmann, der zu den<br />

bedeutendsten deutschen Expressionisten<br />

zählt. In Anlehnung an ihren Mädchennamen<br />

nannte er sie liebevoll<br />

Quappi. Sie blieb seine Weggefährtin bis<br />

zu seinem Tod. Quappi war sein liebstes<br />

Motiv, doch Modell stand sie nie.<br />

Als ich auf der Suche nach einem Motiv<br />

diverse <strong>Kunst</strong>zeitschriften durchblätterte,<br />

stach mir das Bildnis dieser außergewöhnlichen<br />

Frau sofort ins Auge. Ich war<br />

fasziniert von der Stärke und Erhabenheit,<br />

die sie durch ihre Körperhaltung<br />

ausstrahlt, ohne dabei unterkühlt zu wirken.<br />

Im Gegenteil, der sanfte, fast scheue<br />

Blick und das fast unmerkliche Lächeln,<br />

das ihren Mund umspielt, zeigt ihre<br />

Verletzlichkeit und ihr Einfühlungsvermögen.<br />

Dieser Gegensatz zwischen Körperhaltung<br />

und Gesichtsausdruck machen<br />

das Bild besonders spannend. Das<br />

Bild zeigt für mich eine selbstbewusste,<br />

eigenständige und starke Frau, die von<br />

einer Aura der Weiblichkeit umgeben ist -<br />

für mich das Idealbild einer Frau. Ich sah<br />

es als Herausforderung an, diese Stimmung<br />

auch auf mein Bild zu übertragen.<br />

Faszinierend war auch zu sehen, nachdem<br />

ich den Text über Quappi gelesen<br />

hatte, dass alle diese Eigenschaften, die<br />

ich der Frau auf dem Bild zuschrieb, auch<br />

tatsächlich das Wesen der Mathilde<br />

Beckmann ausmachen - faszinierend<br />

deshalb, weil ich Max Beckmann dafür<br />

bewundere, wie präzise er die Persönlichkeit<br />

eines Menschen in einem Bild zu<br />

erfassen vermag.<br />

Pia Kristen


24<br />

Jacqueline, 1957<br />

Pablo Picasso (1881 - 1973)<br />

Picasso wurde am 25. Oktober 1881 als<br />

Sohn eines Malers geboren. Er entwickelte<br />

schon sehr früh sein künstlerisches<br />

Talent. Sein bekanntestes Werk<br />

Guernica erregte bei der Weltausstellung<br />

großes Aufsehen. Zeit seines Lebens war<br />

Picasso mit vielen Frauen liiert. Seine<br />

letzte Frau, Jacqueline Raque, heiratete<br />

er 1961. Bereits 1957 malte Picasso das<br />

Bild von ihr, das sie sitzend mit angezogenen<br />

Knien zeigt. Die Arme hat sie um<br />

die Beine geschlungen. Ihr Gesichtsausdruck<br />

wirkt auf den ersten Blick melancholisch;<br />

bei genauerem Betrachten<br />

jedoch auch streng und bestimmt. Der<br />

Kopf „thront" anmutig auf dem außergewöhnlich<br />

langen Hals. Der pyramidenförmig<br />

aufgebaute Körper verleiht der Figur<br />

Bodenständigkeit.<br />

Für mich ist Picasso einer der größten<br />

Maler. Als ich seine Jacqueline sah,<br />

wusste ich gleich, dass mir diese Art von<br />

Malerei am meisten entsprach. Die<br />

Ausstrahlung dieser Frau hat mich durch<br />

das gesamte Projekt fasziniert und die<br />

Auseinandersetzung mit ihr hat mich bis<br />

zum Ende der Arbeit - und darüber hinaus<br />

- begleitet.<br />

Picasso gefiel die Bewunderung, die<br />

Jacqueline für ihn aufbrachte. Sie sagte<br />

einmal: „Man kann keinen Bindfaden im<br />

Haus liegen lassen, ohne dass er daraus<br />

ein <strong>Kunst</strong>werk macht.“ Viele behaupten,<br />

dass diese Frau den Tod ihres Mannes<br />

am 8. April 1973 nicht verkraften konnte<br />

und sie deshalb später Selbstmord beging.<br />

Susi Maierhofer


26<br />

Der Balkon, 1868<br />

Eduard Manet (1832 - 1883)<br />

Als reicher, auf öffentliche Ehrungen<br />

erpichter Mann war der Franzose Eduard<br />

Manet ein Bourgeois - als Maler zählt er<br />

zu den Revolutionären der europäischen<br />

<strong>Kunst</strong>geschichte. Er befreite in seinen<br />

Bildern die Farbe zu leuchtender Vitalität<br />

und wurde zum Auslöser des Impressionismus.<br />

Es entstanden Bilder mit Szenen<br />

aus dem Bürgertum wie Der Balkon<br />

sowie skandalerregende Bilder aus der<br />

Halbwelt mit Kurtisanen und ihren<br />

Freiern. Dabei berief Manet sich auf<br />

seine „Ehrlichkeit" und die „Natürlichkeit"<br />

des Nacktseins und konnte die Aufregung<br />

um seine Motive wie das berühmte<br />

Frühstück im Grünen nicht begreifen.<br />

Er beobachtete und gab wieder, was er<br />

sah, ohne zu idealisieren. Er erfand auch<br />

keine historischen Kostümszenen, die<br />

sich damals großer Beliebtheit erfreuten.<br />

Bei der Suche nach einem geeigneten<br />

Motiv für meine Arbeit dachte ich: „Was<br />

liegt beim Thema <strong>Balkonfiguren</strong> näher,<br />

als eine Balkonfigur zu malen?"<br />

Meine Balkonfigur ist isoliert aus Manets<br />

Bild (170 x 125) dargestellt, auf dem sich<br />

noch zwei andere Figuren auf dem<br />

Balkon befinden. Es handelt sich um drei<br />

angesehene Künstlerkollegen: die Geigerin<br />

Fanny Claus am Balkongeländer im<br />

weißen Spitzenkleid und etwas dahinter<br />

der Maler Antoine Guillement mit dunklem<br />

Anzug als Kontrast. Die von mir<br />

gemalte sitzende Dame mit dem Fächer<br />

und dem Schoßhündchen ist die Malerin<br />

Berthe Morisot. Auch sie besitzt den<br />

Manets Figuren eigenen Gesichtsausdruck:<br />

Sie sieht alle an, und doch keinen<br />

wirklich.<br />

Eine der schwierigsten Aufgaben bei meiner<br />

Arbeit war die Isolierung der Figur von<br />

ihrer Umgebung. So habe ich das<br />

Balkongeländer etwas abgeändert und<br />

auch der Farbe ihres Kleides ein frischeres<br />

Blau verliehen, da ja der Kontrast<br />

zum dunkel gekleideten Herrn im<br />

Hintergrund fehlte.<br />

Katharina Müller


28<br />

Der Maharadscha Duleep Singh<br />

von Lahore, 1854<br />

Franz Xaver Winterhalter (1805 - 1873)<br />

Das Bildnis des orientalischen und - wie<br />

ich finde - äußerst hübschen jungen Mannes,<br />

das ich ausgewählt habe, zeigt den<br />

Maharadscha Duleep Singh von Lahore,<br />

gemalt von Franz Xaver Winterhalter,<br />

dem begehrtesten Porträtisten der Belle<br />

Epoque. Das Gemälde entstand 1854, ist<br />

in Öl auf Leinwand gemalt und 204 x 110<br />

cm groß. Der 16-jährige Maharadscha<br />

war ein Schützling von Queen Viktoria.<br />

Auf dem Bild trägt er eine Kette mit einem<br />

Porträtmedaillon der Königin um den<br />

Hals. Das Porträt des Maharadschas<br />

hebt sich in seiner Buntheit von allen<br />

anderen nüchternen Herrenbildnissen<br />

Winterhalters ab. Dies ist auch der<br />

Grund, weshalb ich sofort vollends von<br />

diesem Bild begeistert war. Da ich sehr<br />

am Orientalischen interessiert bin, stand<br />

meine Entscheidung, den Maharadscha<br />

zu malen, gleich fest. Außerdem glaube<br />

ich, dass die Farbenpracht und Exotik<br />

des Gemäldes besonders die jüngeren<br />

Schüler anspricht, wie ich durch viele<br />

Reaktionen gemerkt habe, und dieses<br />

Lob war besonders schön.<br />

Julia Schäfer


30<br />

Personen und Hund vor der Sonne,<br />

1949<br />

Joan Miro (1893 - 1983)<br />

Dieses Ölgemälde mit dem Titel Personen<br />

und Hund vor der Sonne von 1949<br />

repräsentiert den Surrealismus seiner<br />

Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg schuf<br />

Miro monumentale Wandgestalten - so<br />

unter anderem für die Havard-Universität<br />

und das Guggenheim-Museum in<br />

Amerika und das UNESCO-Gebäude in<br />

Paris. Auch in Deutschland entstand ein<br />

55 m langes und 10 m hohes Werk auf<br />

der Wand des Wilhelm-Hack-Museums in<br />

Ludwigshafen.<br />

Beim Durchblättern verschiedener Zeitschriften<br />

sprang mir sofort dieses bunte<br />

und lebhafte Bild in die Augen. Ich wusste<br />

gleich, dass ich es nicht nur abmalen,<br />

sondern auch noch weiter daran arbeiten<br />

wollte. Ich dachte, ich könnte kleinere<br />

und größere Flächen des Bildes in eine<br />

plastische Form bringen. Zuerst malte ich<br />

diejenigen Flächen aus, die nicht plastisch<br />

verarbeitet werden sollten. Danach<br />

machte ich die restlichen Flächen plastisch,<br />

indem ich Hasendraht verwendete.<br />

Darüber kamen zahlreiche Schichten<br />

eines Kleistergemisches, welches ich wie<br />

Pappmaché verarbeitete. Am Ende pinselte<br />

ich noch reinen Kleber darüber, um<br />

das Ganze so gut wie möglich wasserfest<br />

zu machen. Im Nachhinein fand ich übrigens<br />

heraus, dass Miro nicht nur<br />

Gemälde geschaffen hat, sondern auch<br />

Skulpturen und Plastiken entwarf.<br />

Kerstin Thomas


32<br />

Der schlafende Pechstein, 1910<br />

Erich Heckel (1883 - 1970)<br />

Der Expressionist Erich Heckel bereicherte mit seinem<br />

Porträt Der schlafende Pechstein (110 x 74 cm,<br />

Öl auf Leinwand) den Expressionismus erheblich.<br />

Heckel stellt hier seinen Malerfreund Max Pechstein<br />

dar. Das Bild, das Heckel selbst für verschollen hielt,<br />

erwarb Lothar-Günther Buchheim für 750 DM; es war<br />

weiß übermalt und zeigte ein Bild aus Heckels Spätzeit,<br />

das keinen interessierte. Bei einer Restaurierung<br />

wurde das ursprüngliche Bild entdeckt. Es befindet<br />

sich in der Privatsammlung von Buchheim.<br />

Meine erste Begegnung mit dem „schlafenden<br />

Pechstein“ war bei einer <strong>Kunst</strong>ausstellung über deutsche<br />

Expressionisten im Haus der <strong>Kunst</strong> in München.<br />

Ich war fasziniert von der Farblichkeit der Bilder und<br />

den Motiven der einzelnen Künstler. Den größten<br />

Eindruck machte auf mich das Bild Der schlafende<br />

Pechstein von Heckel. Es ließ mich nicht mehr los. So<br />

war es fast unvermeidlich, dass bei unserem<br />

<strong>Balkonfiguren</strong>-Projekt meine Wahl auf ihn fiel. Ich<br />

sehe eine ungeheure Wärme und Energie, die von<br />

diesem friedlich Schlafenden ausgeht, die aber auch<br />

in seinem Körper ruht. Etwas Geheimnisvolles umgibt<br />

diesen Mann, der etwas Ungeahntes in sich verbirgt.<br />

Ich wollte aber mehr als nur diese Figur darstellen; sie<br />

allein kam mir für unser Vorhaben unvollständig vor.<br />

Ich wollte einen Zusammenhang zwischen dieser<br />

Figur und einer anderen herstellen. So bin ich auf die<br />

Frauen auf der Straße von Kirchner gestoßen.<br />

Frauen auf der Straße, 1914/1915<br />

Ernst Ludwig Kirchner (1880 - 1938)<br />

Der Maler dieses Bildes ist der Expressionist Ernst<br />

Ludwig Kirchner. Er lebte lange Zeit in Berlin und ihn<br />

interessierte die Großstadt mit ihrem dynamischen<br />

Leben ganz besonders. Das Bild Frauen auf der<br />

Straße (126 x 90 cm) zeigt Frauen, die wie Orgelpfeifen<br />

mit den spitzen Formen ihrer Hüte und Kostüme<br />

aufgereiht sind, genormte Figurinen, wie auch die<br />

Männer mit ihren hohen Topfhüten. Hier ist nichts<br />

mehr Natur. Das Bild ist im Von-der-Heydt-Museum,<br />

Wuppertal ausgestellt.<br />

Ich setzte die Frauen auf der Straße hinter das Bild<br />

Der schlafenden Pechstein und es ergab sich eine für<br />

mich neue, interessante Beziehung zwischen den<br />

Bildern. Die tristen Figuren von Kirchner ergänzen für<br />

mich das Bild von Pechstein. Der Mann rechts außen<br />

sieht dem Schlafenden ins Gesicht und die beiden<br />

Frauen schauen heraus aus dem Bild den Betrachter<br />

an, als wüssten sie etwas, das weder der Schlafende<br />

noch der Betrachter weiß.<br />

Martin Weigel


34<br />

In der Hängematte, 1920<br />

Max Pechstein (1881 - 1955)<br />

Max Pechstein gehörte zur Künstlervereinigung<br />

„Die Brücke" und arbeitete mit<br />

Kirchner, Heckel und Schmidt-Rottluff<br />

zusammen. Er teilte mit ihnen seinen<br />

Sinn für Farben und Gestaltung im<br />

Expressionismus. Die ganze farbige Fülle<br />

des Daseins und ungehemmte Sinnesfreude<br />

haben sein Werk geprägt. Er war<br />

jedoch kein „Rebell" wie seine Künstlerkollegen;<br />

unbekümmert um alles Geistige<br />

setzte er sich mit seiner Wirklichkeit auseinander.<br />

Der Erste Weltkrieg zerrüttete<br />

seine Nerven und raubte ihm fast den<br />

Verstand. Jedoch überlebte er die Front -<br />

im Gegensatz zu Franz Marc, August<br />

Macke und Ernst Ludwig Kirchner, der<br />

seinem mörderischen Kriegswahnsinn<br />

unterlag.<br />

1920 malte Pechstein das Bild In der<br />

Hängematte und sagte darüber: „Ich<br />

musste mir mein Handwerk mühselig aus<br />

dem Gedächtnis zusammensuchen. So<br />

entstanden die ersten neuen Arbeiten,<br />

zögernd und eckiger in der Form ...". Dies<br />

wird in diesem Gemälde deutlich; es ist<br />

bestimmt von der Sehnsucht nach dem<br />

weit zurückliegenden paradiesischen<br />

Tagen, die er in der Südsee verbrachte,<br />

wie auch Gauguin und Nolde. Pechstein<br />

neigte nicht zur Verinnerlichung, zur<br />

philosophischen Verarbeitung des Wahrgenommenen<br />

- er sah und malte! Genau<br />

das macht ihn und auch dieses Bild so<br />

sympathisch.<br />

David Woltertstetter


36<br />

Bildnis des Don Manuel Osoria<br />

de Zuniga, 1788<br />

Franciso Goya (1746 - 1828)<br />

Franciso Goya wurde 1746 als Sohn<br />

eines Vergolders in Saragosa, Spanien,<br />

geboren. Er wurde zum Maler ausgebildet,<br />

machte sich bald einen Namen als<br />

Porträtmaler und wurde Hofmaler und<br />

Direktor der <strong>Kunst</strong>akademie. Zunehmend<br />

setzte er sich für eine Reform des<br />

Malunterrichts ein, in der er mehr Freiheit<br />

vom einengenden Zwang und von<br />

Regelhaftigkeit empfahl.<br />

Das Bildnis des Don Manuel gehört zu<br />

den Bildern der höfischen Malerei. Es<br />

stellt den Sohn des spanischen Grafen<br />

von Altamira dar; dieser führt eine zahme<br />

Elster an einer Schnur. Der Vogel hebt<br />

mit seinem Schnabel ein wenig das<br />

Kärtchen mit der Signatur Goyas an.<br />

Auffallend ist das leuchtende Rot des<br />

Anzugs, das mit dem Schwarz der Haare<br />

und dem Weiß der Schuhe und des<br />

Kragens in vielfältigen Abstufungen in<br />

Kontrast steht. So wie das Gefieder des<br />

Vogels ist die Kleidung in brillianter<br />

Stofflichkeit mit großartiger Meisterschaft<br />

gemalt. Das Bild (127 x 101 cm) ist im<br />

Metropolitan Museum, New York zu sehen.<br />

Liv Blichfeldt kommt aus Tasmanien,<br />

Australien, und war im Winter dieses<br />

Schuljahres für zwei Monate Austauschschülerin<br />

am <strong>Gymnasium</strong> <strong>Dorfen</strong>. Sie<br />

nahm am Unterricht des <strong>Leistungskurs</strong>es<br />

<strong>Kunst</strong> K12 teil. Von dem Projekt der<br />

<strong>Balkonfiguren</strong> war sie sofort begeistert<br />

und wählte die Figur des Don Manuel von<br />

Francisco Goya aus. Sie isolierte die<br />

Gestalt des Jungen aus seiner Umgebung:<br />

im Original lauern links und rechts<br />

drei Katzen hinter dem Vogel, der scheinbar<br />

ahnungslos spazieren geht.<br />

Eifrig machte Liv sich an die Arbeit, da ihr<br />

nicht viel Zeit zur Fertigstellung blieb; sie<br />

beendete ihre Figur als Erste.<br />

gemalt von Liv Blichfieldt

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