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"Faszination Blech": Stanzen, Nibbeln, Umformen (Kapitel 5)

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Die Tücken des Verfahrens meistern<br />

IMMER SCHÖN FLACH HALTEN<br />

Während der Bearbeitung wird die Blechtafel enorm bean-<br />

sprucht: Je nach Teil prasseln tausende von Hüben auf sie<br />

ein. Dabei wirken Stanzkräfte von bis zu 220 Kilonewton (das<br />

entspricht der Gewichtskraft von 22 Tonnen), mit denen große<br />

Durchbrüche ausgestanzt werden. Umformungen werden in<br />

Teile eingebracht und das Restgitter wird immer filigraner.<br />

Zwischen den Hüben wird die Blechtafel mit hoher Geschwindigkeit<br />

auf dem Maschinentisch hin und her gezogen. Da scheint<br />

es leicht nachvollziehbar und unausweichlich, dass sich die<br />

Blechtafel verformt. Oder?<br />

Stichwort Ebenheit | Maschinen-, Werkzeug- und Stahlhersteller<br />

arbeiten zusammen daran, dass die Blechtafel und<br />

damit auch die fertigen Teile während der Bearbeitung so<br />

eben wie möglich bleiben. Denn nur so lassen sich hohe<br />

Genauigkeiten erzielen und aufwendige Nacharbeiten entfallen.<br />

Verwundene Teile müssen vor dem nächsten Fertigungsschritt<br />

gerichtet, das heißt geebnet werden.<br />

1<br />

Dass sich Blechtafeln und Teile verformen, liegt an den Spannungen<br />

im Material. Sie entstehen schon beim Herstellen der<br />

Bleche. Deshalb empfiehlt es sich, Bleche zu verwenden, die<br />

als spannungsarm gekennzeichnet sind.<br />

Während der Bearbeitung erzeugen Stempel und Matrize bei<br />

jedem Hub Spannungen im Blech. Diese gilt es zu reduzieren.<br />

Maschinen- und Werkzeughersteller tun das mit speziellen<br />

Werkzeug- und Maschinenfunktionen. Beim normalen, passiven<br />

Stanzhub bleibt zwischen Abstreifer und Blech ein kleiner<br />

Zwischenraum von etwa 1 bis 1,5 Millimetern. Um die Verformung<br />

zu reduzieren, setzt man den Abstreifer aktiv ein. Das<br />

bedeutet, der Abstreifer hält das Blech während des Stanzhubes<br />

nieder. Daneben helfen weitere Strategien:<br />

• Vor- und Nachstanzen | Bei großen Stanzungen<br />

empfiehlt es sich, zunächst mit einem kleineren Werkzeug<br />

vorzustanzen.<br />

• Werkzeugpflege | Eine stumpfe Stempelschneide<br />

vergrößert die Spannung im Material. Deshalb sollte<br />

der Stempel regelmäßig nachgeschliffen werden.<br />

• Optimaler Schnittspalt | Zu große oder zu kleine<br />

Schnittspalte zwischen Stempel und Matrize vergrößern<br />

die Spannung ebenfalls. Der optimale Wert liegt bei<br />

etwa 10 Prozent der Blechdicke.<br />

GANZ GENAU UND MÖGLICHST SPURLOS<br />

Die wichtigsten Qualitätskriterien für Stanzteile sind Genauigkeit<br />

und Kratzerfreiheit.<br />

Genauigkeit | Je genauer die Maschine das Werkstück<br />

unter dem Stanzkopf platziert, desto genauer lassen sich die<br />

Abmessungen des Stanzteils fertigen. Je schneller sich dabei<br />

Maschinenkomponenten bewegen, desto schwieriger ist es,<br />

1 Das Blech bleibt eben, trotz vieler Stanzungen.<br />

2 Stanzmaschinen fertigen exakte Passungen.<br />

das Werkstück genau zu positionieren. Maschinenhersteller<br />

meistern diese Herausforderung. In den letzten Jahren hat<br />

sich die Maschinendynamik stark erhöht, bei gleich bleibenden<br />

oder besseren Positioniergenauigkeiten. Gute Werte liegen bei<br />

einem Zehntelmillimeter.<br />

Ein anderer Aspekt ist die Genauigkeit von Innengeometrien,<br />

zum Beispiel des Durchmessers. Passungen sind ein<br />

Extrembeispiel. In sie werden Verbindungsstifte oder Bauteile<br />

formschlüssig eingesteckt. Ihr Durchmesser muss bis auf<br />

wenige Hundertstelmillimeter genau stimmen und ihre Kantenoberfläche<br />

sehr glatt sein. Früher ließen sich Passungen nur<br />

durch Bohren und Reiben fertigen. Mit der Stanzmaschine<br />

fertigt man sie, indem man ein etwas kleineres Loch vorstanzt<br />

und mit einem zweiten Stempel auf den endgültigen Durchmesser<br />

nachstanzt. Beim Nachstanzen wird nur noch wenig<br />

Material entfernt (Schabeschnitt). So erzielt man die hohe<br />

Genauigkeit und einen Schnittanteil von nahezu 100 Prozent.<br />

Kratzerfrei | Dass ein Blechteil auf einer Stanzmaschine<br />

gefertigt wurde, sieht man häufig an Kratzern auf der Unterseite.<br />

Sie entstehen, wenn die Blechtafel am Grat an der<br />

Matrizenkante oder an anderen Bauteilen der Maschine reibt.<br />

An der Matrizenkante bildet sich ein Mikrograt. Klebepads verhindern, dass die Blechunterseite daran reibt.<br />

2<br />

An der Matrizenkante kann sich Material ablagern und einen<br />

kleinen Grat bilden. Damit das Blech nicht daran reibt, werden<br />

Pads auf die Matrize geklebt. Sie bestehen aus selbstklebender<br />

Folie mit einer Dicke von 0,3 Millimetern. Das Blech liegt<br />

nun höher als der Grat und berührt ihn nicht mehr. Bürsteneinsätze<br />

in der Matrize erfüllen die gleiche Funktion.<br />

114 | <strong>Stanzen</strong>, <strong>Nibbeln</strong>, <strong>Umformen</strong> 115


1 Bürstentische verhindern Laufspuren auf der Blechunterseite.<br />

Während der Bearbeitung wird das Blech auf dem Maschinen-<br />

tisch bewegt. In empfindlichen Materialien können die Metall-<br />

kugeln der Kugelrolltische deutliche Laufspuren erzeugen.<br />

Bürstentische schaffen Abhilfe. Auf den Kunststoffbürsten<br />

gleitet die Blechtafel leichter. Allerdings verschleißen die<br />

Kunststoffbürsten und müssen regelmäßig gereinigt werden,<br />

weil sich Öl und Späne festsetzen können.<br />

Manchmal kommt es vor, dass ein Stanzbutzen nicht nach<br />

unten durch die Matrize fällt, sondern nach oben gezogen<br />

wird und schräg darin hängen bleibt. Er ragt dann über die<br />

Matrize hinaus und kann das Blech verkratzen. Um dies zu<br />

verhindern, gibt es zwei Wege. Der eine: die Stanzbutzen-<br />

absaugung, die den Butzen nach unten wegsaugt. Der zweite:<br />

Butzenrückhaltematrizen, die kleine Nuten in den Schnitt-<br />

flächen enthalten. Beim <strong>Stanzen</strong> fließt etwas Material in die<br />

Nuten. Bleibt der Stanzbutzen am Stempel hängen, klemmt<br />

er in den Nuten fest und wird nicht mit nach oben gezogen.<br />

1<br />

Gratfrei | Der Grat ist ein typisches Merkmal beim <strong>Stanzen</strong><br />

und <strong>Nibbeln</strong>. An der unteren Kante der Stanzung bleibt etwas<br />

Material stehen und bildet einen fühlbaren Rand, den so<br />

genannten Grat. Er kann unterschiedlich groß ausgebildet<br />

sein und ist meist so scharf, dass Verletzungsgefahr besteht.<br />

Außerdem stört er beim Verbinden zweier Kanten oder beim<br />

Lackieren. Deshalb werden Stanzteile häufig entgratet, bevor<br />

sie weiterverarbeitet werden.<br />

Wer den Grat reduzieren will, kann den Schnittspalt zwi-<br />

schen Stempel und Matrize verkleinern. Dies ist allerdings<br />

verbunden mit höheren Stanzkräften und einer kürzeren<br />

Standzeit der Werkzeuge.<br />

Maschinen- und Werkzeughersteller arbeiten an Lösungen,<br />

die möglichst gratfreie Teile versprechen. Eine Lösung besteht<br />

darin, den Grat mit speziellen Werkzeugen umzuformen. Eine<br />

andere Möglichkeit sind Entgrateinrichtungen in der Maschine.<br />

Sie erzeugen allerdings Späne.<br />

Butzenrückhaltematrize: Nuten verhindern, dass der Stanzbutzen am<br />

Stempel haften bleibt und mit nach oben gezogen wird.<br />

GEHT’S AUCH ETWAS LEISER?<br />

Zur Geräuschkulisse in der Fertigungshalle trägt die Stanz-<br />

maschine einen wesentlichen Anteil bei. Um die Bediener zu<br />

entlasten und die Stanzmaschine leiser zu machen, gibt es<br />

zwei Möglichkeiten. Entweder man durchstanzt das Material<br />

langsamer mit der Softpunch-Funktion oder man verwendet<br />

so genannte Whispertools (zu Deutsch: Flüsterwerkzeuge).<br />

Sanft stanzen – Softpunch | Wenn der Stempel das<br />

Werkstück mit voller Geschwindigkeit durchstanzt, bricht das<br />

Metall mit einem lauten Knall. Abhängig vom Material lässt<br />

sich die Lautstärke um bis zu 80 Prozent reduzieren, wenn<br />

der Stempel langsamer durch das Blech bricht. Deshalb wird<br />

die Geschwindigkeit während des Stanzhubes geregelt. Sensoren<br />

im Stanzkopf erkennen am Öldruck, wann der Stempel<br />

die Blechoberfläche berührt. Ab da fährt er mit reduzierter<br />

Geschwindigkeit weiter, bis er das Blech durchtrennt hat.<br />

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Normaler Stanzhub mit voller Geschwindigkeit (links) und sanfter<br />

Stanzhub mit geregelter Geschwindigkeit (rechts)<br />

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Dezibel versus Höreindruck Whispertools und geringere Durchstanzgeschwindigkeiten<br />

reduzieren den Geräuschpegel von Stanzmaschinen<br />

erheblich, zum Beispiel von 90 auf 80 Dezibel (A). Das klingt zunächst<br />

nicht sehr beeindruckend. Die Messskala ist jedoch logarithmisch eingeteilt<br />

– wie die von Erdbebenstärken. Für den Höreindruck eines Menschen<br />

bedeuten deshalb 10 Dezibel weniger eine Verringerung der Lautstärke<br />

um circa 50 Prozent.<br />

Flüsternde Werkzeuge | Whispertools haben eine angeschrägte<br />

Fläche, im Gegensatz zu anderen Stempeln, die<br />

gerade Flächen haben. Die angeschrägten Stempelflächen<br />

vermindern das Stanzgeräusch um bis zu 50 Prozent durch<br />

den so genannten ziehenden Schnitt: Der Stanzbutzen wird<br />

von einer Seite her kontinuierlich herausgetrennt. Stempel<br />

mit gerader Fläche treffen hingegen flächig auf das Blech<br />

und trennen ihn von allen Seiten gleichzeitig heraus.<br />

Ein weiterer Vorteil: Whispertools benötigen weniger Schneidkraft<br />

bei gleichen Stempelabmessungen. Das macht sie auch<br />

für die Bearbeitung dicker, hochfester und zäher Werkstoffe<br />

attraktiv. Andererseits erhöht die schräge Stempelfläche die<br />

Hublänge. Dadurch verlängert sich der Arbeitsprozess geringfügig.<br />

Außerdem ist die Nachschleiflänge etwas kürzer als<br />

bei Stempeln mit gerader Fläche. Der Stempel kann deshalb<br />

nicht so oft nachgeschliffen werden.<br />

Dank der angeschrägten Flächen stanzen Whispertools deutlich leiser.<br />

116 | <strong>Stanzen</strong>, <strong>Nibbeln</strong>, <strong>Umformen</strong> 117


<strong>Stanzen</strong> oder Laser? Oder beides?<br />

VERFAHREN IM WETTSTREIT<br />

Welches Verfahren eignet sich besser für die Flachbearbeitung?<br />

Laserschneiden oder <strong>Stanzen</strong>? Diese Frage wird oft gestellt,<br />

lässt sich aber selten eindeutig beantworten.<br />

Klar ist die Antwort nur dann, wenn sich das Blechteil,<br />

das gefertigt werden soll, nur auf der einen Maschine ferti-<br />

gen lässt. Bei Teilen, die Umformungen wie Gewinde oder<br />

Durchzüge enthalten, fällt die Wahl auf die Stanzmaschine.<br />

Bei filigranen und komplexen Konturen und Blechdicken über<br />

8 Millimeter kommt nur die Laserschneidmaschine in Frage.<br />

In allen anderen Fällen müssen mehrere Faktoren berücksichtigt<br />

und gegeneinander abgewogen werden:<br />

• Material und Materialdicke<br />

• Verfügbarkeit von Maschine und Werkzeugen<br />

• Qualität der Schnittkanten<br />

• Termin, Kosten, Losgröße<br />

• Automatisierung<br />

• Bearbeitungszeit<br />

Laserschneiden | Der Laserstrahl ist ein flexibles Werkzeug,<br />

das vor keiner noch so komplexen Kontur Halt macht.<br />

Auch hochfeste Werkstoffe, die sich nicht mehr stanzen lassen,<br />

weil sie die Werkzeuge zu stark beanspruchen, trennt der<br />

Laser problemlos. Lasergeschnittene Kanten zeichnen sich<br />

durch ihre hohe Qualität und ihre geringe Rautiefe aus.<br />

Besondere Bedeutung hat der Laser bei der Bearbeitung<br />

von Stählen: Baustahlbleche mit Dicken von über 30 Millimetern<br />

und Edelstahlbleche bis zu einer Dicke von 25 Millimetern<br />

schneidet der Laser anstandslos. Aber auch stark reflektierende<br />

Metalle wie Kupfer oder Messing und Metalle mit hoher Wärmeleitfähigkeit<br />

wie Aluminium können in mittleren Blechdicken<br />

bearbeitet werden. Buntmetalle werden meist mit Festkörperlasern<br />

geschnitten. Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist<br />

die Automatisierbarkeit. An der Stanzmaschine können die<br />

gefertigten Teile einfacher entladen und sortiert werden als<br />

an der Laserschneidmaschine. Denn beim Laserschneiden<br />

beträgt der Schnittspalt zwischen Teil und Restgitter nur<br />

einige Zehntelmillimeter. In höheren Blechdicken können sich<br />

daher Teile verhaken.<br />

1<br />

2<br />

1 Typische Laserteile mit komplexen und filigranen Konturen<br />

2 Typisches Stanzteil mit Umformungen<br />

Werkstoffe und Dicken<br />

<strong>Stanzen</strong>, <strong>Nibbeln</strong>, <strong>Umformen</strong> Laserschneiden<br />

Baustahl bis circa 8 Millimeter bis circa 30 Millimeter (abhängig von der Laserleistung)<br />

Edelstahl bis circa 8 Millimeter bis circa 25 Millimeter (abhängig von der Laserleistung)<br />

Aluminium bis circa 8 Millimeter bis circa 15 Millimeter (abhängig von der Laserleistung)<br />

Kunststoffe bedingt, falls nicht zu spröde oder zu labil im Prinzip ja, wegen der Entstehung toxischer Gase<br />

allerdings problematisch<br />

Kanten<br />

Einzugradius vorhanden, abhängig vom Werkzeug und vom Material keiner<br />

Rautiefe gering gering; kleiner 100 Mikrometer<br />

Winkligkeit ergibt sich aus dem Schnitt- und Bruchanteil,<br />

ist abhängig von der Schnittspaltbreite<br />

annähernd senkrecht; kleiner 0,1 Millimeter bei einer<br />

Materialdicke von 10 Millimetern<br />

Wärmebeeinflussung keine ja, Einhärttiefe: 0,1 bis 0,2 Millimeter; Oxidschicht<br />

beim Schneiden mit Sauerstoff<br />

Gratbildung vorhanden, abhängig von Werkzeug, Material und<br />

Schmiermittel<br />

in der Regel kein Grat<br />

Nacharbeiten in der Regel nicht notwendig, vom Einsatz des Teils abhängig in der Regel nicht notwendig<br />

Lackierbarkeit problemlos Nach dem Schneiden mit Sauerstoff muss die Oxidschicht<br />

an der Kante mechanisch entfernt werden.<br />

Konturen und Formen<br />

minimale Stegbreite etwa Materialdicke etwa die 0,5- bis 1-fache Materialdicke<br />

kleinste Kontur etwa Materialdicke etwa die 0,4- bis 1-fache Materialdicke<br />

Breite der Trennfuge mindestens Materialdicke, abhängig von der Werkzeugbreite,<br />

typisch 3 bis 5 Millimeter<br />

Materialverzug Verzug möglich bei hohem Zerstanzungsgrad gering<br />

etwa 0,2 bis 0,3 Millimeter<br />

Umformungen möglich nicht möglich<br />

Kennzeichnen ja, durch Prägen und Signieren; lackierfest ja, durch thermisches Abtragen oder Anlassen;<br />

nicht lackierfest<br />

Auf einen Blick: <strong>Stanzen</strong> und Laserschneiden im Vergleich<br />

134 | <strong>Stanzen</strong>, <strong>Nibbeln</strong>, <strong>Umformen</strong> 135


1 Das Verfahren bestimmt die Konstruktion: viele Löcher (links)<br />

beim <strong>Stanzen</strong> oder freie Konturen (rechts) beim Laserschneiden.<br />

2 Links der Laserschneidkopf, rechts der Stanzkopf:<br />

eine Kombimaschine in Aktion<br />

<strong>Stanzen</strong>, <strong>Nibbeln</strong>, <strong>Umformen</strong> | Die Stanzmaschine ist ein<br />

Multitalent, das mehrere Fertigungsverfahren bündelt. Die<br />

komplette Bearbeitung mit Umformungen, Gewindeformen<br />

oder Abkantungen lässt sich nur auf der Stanzmaschine reali-<br />

sieren. Mit ihr lassen sich Blechtafeln aus Bau- oder Edelstahl,<br />

Aluminium, Kupfer oder Messing bis zu einer Dicke von etwa<br />

8 Millimetern bearbeiten.<br />

Vor sehr spröden oder harten Materialien hingegen kapituliert<br />

die Stanzmaschine. Bei filigranen und komplexen Konturen<br />

steigen die Zahl der benötigten Werkzeuge und die Bearbei-<br />

tungszeit. Dafür hat die Stanzmaschine als automatisierte<br />

Bearbeitungszelle die Nase vorn. Durch die Teileklappe, den<br />

durchgängigen Maschinentisch und die größeren Freiräume<br />

zwischen den Teilen lassen sich die fertigen Teile besser ent-<br />

nehmen und sortieren.<br />

Konsequenzen für die Konstruktion | Egal ob <strong>Stanzen</strong><br />

oder Laserschneiden – wenn der Konstrukteur mit der Arbeit<br />

beginnt, sollte das Fertigungsverfahren schon feststehen.<br />

Nur so kann er die Gestaltung des Teils optimieren.<br />

Ein Beispiel: Ein Sieb soll fertigungsgerecht konstruiert<br />

werden. Als funktionale Anforderungen sind der Durchmesser<br />

und die Durchflussmenge gegeben. Für die Fertigung an der<br />

Stanzmaschine wird der Konstrukteur viele gleiche Löcher<br />

verwenden, damit kein Werkzeugwechsel nötig ist. Die Zahl<br />

der Löcher spielt dabei fast keine Rolle.<br />

Soll das Sieb dagegen an der Laserschneidmaschine ge-<br />

fertigt werden, wird der Konstrukteur versuchen, mit wenigen<br />

Durchbrüchen auszukommen. Denn für jeden Durchbruch ist<br />

ein Einstechvorgang notwendig. Dafür kann er die Durchbrüche<br />

unterschiedlich gestalten. Die Bearbeitungszeit an der Laser-<br />

schneidanlage hängt von der Länge der Schnittkontur aller<br />

Formen und von der Zahl der Einstechvorgänge ab.<br />

NIMM ZWEI: LASER UND STANZEN KOMBINIERT<br />

Laserschneiden oder <strong>Stanzen</strong>? Beide Verfahren haben ihre Stär-<br />

ken, die das andere Verfahren jeweils nicht aufweisen kann.<br />

Warum also nicht beide in einer Maschine integrieren? Aus<br />

dieser Überlegung entstand die Stanz-Laser-Maschine, die<br />

häufig auch als Kombimaschine bezeichnet wird. Mit ihr lassen<br />

sich beliebig komplexe Konturen mit dem Laser schneiden<br />

und im gleichen Teil Umformungen, Gewinde, Abkantungen<br />

und Ähnliches einbringen.<br />

Die Maschine | Die Stanz-Laser-Maschine ist nach dem glei-<br />

chen Prinzip aufgebaut wie die Stanzmaschine. Der C- oder<br />

O-Rahmen ist jedoch so verbreitert, dass zwei Bearbeitungs-<br />

stationen darin Platz finden: die Stanzbearbeitungsstation<br />

und die Laserbearbeitungsstation.<br />

Die Werkzeuge für die Stanzbearbeitung werden in ein<br />

Linearmagazin gerüstet. Der Laser und die Strahlführung<br />

sind in die Maschine integriert. Im Maschinentisch befinden<br />

sich Teileklappen wie bei der reinen Stanzmaschine. An der<br />

Stanz-Laser-Maschine sind es zwei: je eine pro Arbeitsstation.<br />

Denn fertige Teile können sowohl mit dem Laserstrahl als<br />

auch mit einem Stanzhub aus der Tafel getrennt werden und<br />

müssen dann ausgeschleust werden.<br />

1<br />

Laserstation | An der Laserstation steht ein Laserstrahl als<br />

Werkzeug zur Verfügung. Im Gegensatz zu anderen Laser-<br />

flachbettmaschinen wird hier nicht der Laserstrahl bewegt,<br />

sondern die Blechtafel. Direkt unter der Laserstation befindet<br />

sich eine Öffnung. Durch sie kann die Absaugeinheit Schla-<br />

ckereste und Schneidrauch absaugen. Ein Bürstenfeld, der<br />

so genannte Laserniederhalter, umgibt das untere Ende der<br />

Schneidoptik und den Laserstrahl. Er erfüllt zwei Aufgaben.<br />

Zum einen sorgt er dafür, dass das Blech während der Be-<br />

arbeitung eben liegen bleibt und nicht flattert. Zum anderen<br />

fängt er Schlackespritzer auf und schirmt die reflektierte oder<br />

gestreute Laserstrahlung ab wie eine kleine Schutzkabine.<br />

In Aktion | In der Fertigung zeigen sich die Stärken der Kombi-<br />

maschine. Komplexe Innen- und Außenkonturen schneidet<br />

der Laser. Er ist sogar in der Lage, über Umformungen hinweg-<br />

zuschneiden, da der Abstandssensor für einen gleich bleiben-<br />

den Abstand zwischen Schneidkopf und Werkstück sorgt. Der<br />

Laserschneidkopf folgt der Kontur und weicht nach oben aus,<br />

wenn er über eine Erhöhung fährt. Die Stanzbearbeitungs-<br />

station tritt immer dann in Aktion, wenn Standardkonturen<br />

schnell bearbeitet werden sollen. Dazu gehören beispielsweise<br />

stanzbare runde Löcher. Außerdem erledigt sie alle Umfor-<br />

mungen, Gewinde, Abkantungen und Ähnliches. Was in<br />

welcher Reihenfolge und auf welche Weise bearbeitet wird,<br />

lässt sich mit Hilfe des Programmiersystems festlegen. Das<br />

Programmiersystem berechnet die optimale Bearbeitung auf<br />

Basis der Bearbeitungsstrategien, Technologiewerte und Regeln,<br />

die der Programmierer ausgewählt hat.<br />

Pro und Contra | Was die Stanz-Laser-Maschine attraktiv<br />

macht, bringt gleichzeitig auch Herausforderungen mit sich.<br />

Um beide Technologien voll ausschöpfen zu können, braucht<br />

2<br />

es die passende Bearbeitungsreihenfolge und optimale Para-<br />

meter. Die Leistungsfähigkeit des Programmiersystems spielt<br />

dabei eine entscheidende Rolle.<br />

Einige Blechfertiger führen an, dass die Kombimaschine im<br />

Prinzip nie optimal ausgelastet ist, weil immer eine Arbeits-<br />

station vorübergehend stillsteht, und daher zu teuer sei. Außer-<br />

dem sind die Maschinenstundensätze von Kombimaschinen<br />

höher als die von reinen Stanz- oder reinen Lasermaschinen.<br />

Die Kombimaschine ist jedoch immer dann günstiger,<br />

wenn Teile an ihr komplett bearbeitet werden können, die<br />

sonst in zwei Arbeitsgängen gefertigt werden müssten. Wenn<br />

Teile an zwei Maschinen bearbeitet werden, müssen sie trans-<br />

portiert, zwischengelagert und wieder neu positioniert werden.<br />

Das alles verursacht Kosten, die allerdings nur selten in die<br />

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit einbezogen werden.<br />

Für die Kombimaschine spricht auch die Teilequalität. Da<br />

alle Bearbeitungsschritte in einer Aufspannung ausgeführt<br />

werden, ist die Genauigkeit höher, als wenn die Teile an zwei<br />

Maschinen bearbeitet werden.<br />

136 | <strong>Stanzen</strong>, <strong>Nibbeln</strong>, <strong>Umformen</strong> 137

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