Speth - von Richard Braungart (1916) - Antiquariat Dr. Wolfgang ...
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Karl Oto Sperh<br />
Exlibris und Anderes <strong>von</strong> K. O. <strong>Speth</strong>.<br />
er Name Karl Otto <strong>Speth</strong> klingt im Chor der neueren deutschen Erlibriskünstler<br />
noch nicht lange mit, und es dürfte nur ganz rvenige Ohrei<br />
geben, die seinen besonderen Klang aus der vervrirrenden Fül1e r-c':<br />
tönen dieses Massenchors klar herausgehört haben. Daß aber <strong>Speth</strong>s<br />
Name, und was dieser Künstler bis jetzt auf gebrauchsgraphischem Gebiet<br />
geschaffen hat, bis heute auch in dein engeren Kreis der Exlibrisf*r"d.<br />
,rd -S-mmler so gut wie unbekannt geblieben ist, hat seinen Grund nicht al1ein<br />
darin, daß <strong>Speth</strong>s bisherige Tätigkeit als Gebrauchsgraphiker sich auf einen kleinen, intimen<br />
Freundeskreis beschränkt hat, sondern auch in der allgemeinen Ursache aller Entwicklungshemmungen<br />
der letztenJahre: dem Krieg. <strong>Speth</strong> hat sich sofort im Herbst 1914<br />
als Freiwilliger gestellt, hat in Frankreich, an der Tiroler Front und in Serbien viele<br />
Monate schweren Dienst getan und ist erst seit einiger Zeit wieder in der Lage, künstlerisch<br />
zu arbeiten. Fiun sprudelt freilich der lange verstopfte Quell der.lnspiration
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Karl Otto <strong>Speth</strong>
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doppelt frisch. Man scheint also auf reichlichen Ertrag schon in Bälde hoffen zu dürfen,<br />
nicht zuletzt auch auf Grund des Materials, das bis zur Stunde vorliegt und zur Bildung<br />
einer Meinung wie zur Rechtfertigung starker Zukunftshoffnungen vollauf genügt.<br />
K. O. <strong>Speth</strong> ist am 13. Dezember 1890 zu Tettnang in \\'ürttemberg, unweit Friedrichshafen<br />
am Bodensee, geboren. Erzogen wurde er im Jesuitenkollegium Feldkirch bei<br />
Bregenz, und dort war es ein Zeichenlehrer lSchüler Kaulbachs], dem <strong>Speth</strong> manche<br />
künstlerische Anregung dankte und der mit ihm sogar die l\'1ünchener Galerien besuchte.<br />
Nach einem zwei-<br />
sein Kunstideal gejährigenStudienaufenthalt<br />
in Ravensburg<br />
bezog er die<br />
Münchener Univerblieben<br />
sind. Es ist<br />
die dekorative Malerei<br />
großen Stils<br />
auf ro;,anrischer<br />
sität. Eigentlich bestimmend<br />
für seine<br />
fernere Entwicklung<br />
aber waren ver'<br />
schiedene Reisen<br />
Gr:ndl:ge, die imrn:r<br />
scion <strong>Speth</strong>s<br />
Ziel gen'esen und<br />
es seir iiesen Begegnung.n<br />
in ver-<br />
nach Italien. <strong>Speth</strong><br />
srärkrem )laße ge-<br />
ist im ganz.': l'-r::ngl<br />
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S::;l !:; eSen, hat<br />
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immer ist es der<br />
nackte oder in farbigePhantasiege-<br />
zr-ei \I'inter in Flowänder<br />
gekleidete<br />
renz zugebracht und<br />
dort ztJ Sascha<br />
Mensch, derauf den<br />
Kartons und Entwür-<br />
Schneider und zum<br />
fen <strong>Speth</strong>s die Funk-<br />
Böcklinkreis in Fiesole<br />
Bezieliungen<br />
tion der Raumgliederung<br />
übernimmt.<br />
unterhalten, die<br />
Rhythmus undHar-<br />
ebenso wie derEinmonie<br />
der Linien und<br />
druck, den er <strong>von</strong><br />
Formen aber sind<br />
Mardes empfangen<br />
hat, nicht ohne<br />
Rückwirkung auf<br />
Karl Otto <strong>Speth</strong><br />
die Hauprfakroren,<br />
denendi eLösung dieser<br />
Aulgabe zuFällt.<br />
Seit seinerRückkehr<strong>von</strong>ltalien, d.h. etwa seitl9l3,lebtSperh, r-on den Unlei'brechungen<br />
abgesehen, Cie der Krieg verursacht hat, in München, §'o er auch die Kunsrakademie<br />
[Klasse Becker-Gundahl] besucht hat. Und hier gab ihm besonders das Künsrlerleben<br />
in Schwabing, <strong>von</strong> dem man sich freilich keine überrieben phaniesrischenYorsrellungen<br />
machen sollte, Gelegenheit zu rnancher malerischen und graphischen Irnprovisarion.<br />
Da haben wir auch schon das §flort, auf das es in diesem Zusanrnenhang ankommt:<br />
Improvisation. <strong>Speth</strong>s graphische Gelegenheitsarbeiten haben nämlich alie dieses Gemeinsame.<br />
Sie scheinen in fröhlicher Laune mit venigen Srrichen hingeschrieben zu<br />
sein, und man vermutet kaum, daß in diesen nervösen, impressionisrisch-flüchtigen<br />
Linien.eine Fülle <strong>von</strong> Uberlegung und ein bewußr schaffender raumarchitektonischer
I 194<br />
Karl Otto <strong>Speth</strong><br />
'W'ille zum Ausdruck kommt. Aber jedenfalls paßt diese Handschrift vorzüglich zu der<br />
schwebenden, leichten, flüchtigen Stimmung, aus der heraus wenigstens viele dieser<br />
Arbeiten entstanden sind. Und damit ist auch ihr Stil hinreichend entschuldigt. §7'äre<br />
es doch immerhin denkbar, daß jemand die Frage zur Diskussion stellte, ob diese aufgelöste,<br />
skizzenhafte Form sich für Blätter dekorativen Charakters überhaupt eigne;<br />
denn hier sei die strenge Gebundenheit und eine mehr oder weniger sorgfältige Ausführung<br />
im einzelnen die stilistische Vorbedingung. Aber gerade die Blätter <strong>Speth</strong>s,<br />
die sich den ganzen Reiz des ersten Einfalls bewahrt haben und nur eben soweit »fertig«<br />
sind, als es zur Deutlichmachung der künstlerischen Absicht unbedingt nötig ist, dürften<br />
Beweis genug dafür sein, daß auch ein Exlibris ausnahmsweise einmal das Gegenteil<br />
<strong>von</strong> dem wollen darf, was sonst Gesetz und Regel vorschreiben.<br />
Es liegen <strong>von</strong> <strong>Speth</strong> bis zum Herbst <strong>1916</strong> elf Exlibris und sieben andere gebrauchsgraphische<br />
Arbeiten vor. Die meisten dieser Blätter, die zum überwiegenden Teil Kaltnadelarbeiten<br />
sind, stammen aus demJahre 1914, einige sind schon 1913 entstanden, die<br />
übrigen <strong>1916</strong>. Ein gebrauchsgraphisches Blatt mit derJahreszahl l9l5 gibt es des Krieges<br />
wegen nicht; wohl aber hat <strong>Speth</strong> <strong>von</strong> verschiedenen Fronten eine Fülle origineller
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195<br />
Studienblätter der mannigfaltigsten Art mitgebracht, Arbeiten, in denen auch eine kräftige<br />
Begabung zur Karikatur [zur humoristischen Linie] offenbar wird. Dieser Humor gibt<br />
besonders einigen Umzugskarten und Einladungen zu Künstler- und Atelierfesten, also<br />
Gelegenheitsarbeiten spezifisch münchnerischen Gepräges, einen feinen Reiz. Man mag<br />
sogar zeitweilig an'§ü'elti denken, mit dem sich <strong>Speth</strong> [aber vollkommen unbewußt] in<br />
der unbezwingbaren Fabulierlust und in der Leichtigkeit, mit der er seine Einfälle gestalret,<br />
vielfach berührt. Am deutlichsten rvird das vielleicht bei der Einladung zu<br />
einem»Atelierfest im<br />
Beispiel einerKunst,<br />
Nachtasyl« [1914],<br />
wo neben harmlosen,<br />
q'ie sie in denSphären<br />
einerleichteren Le-<br />
durch den Humor<br />
bensauffassung der<br />
übersonnten Trink-<br />
Augenblick jederzeit<br />
und Liebesorgien die<br />
hervorbringen kann.<br />
Hinrichtungeiniger<br />
Erq'as reicher, sozu-<br />
Exemplare der bei<br />
sagen bitdmäßiger<br />
den jungen Künstlern<br />
meist nicht<br />
isr die Karte zum<br />
»Bacchusfesl« [1914]1<br />
sehr beliebien Gst-<br />
aufder u. a. ein tan-<br />
I'r-ai:-\. -ai-:-_.<br />
zmdesPaarinmäna- , :: i" . : : - - ; e:: ;--::.<br />
disch-wilder Lust und<br />
-{ -:: "t -.it-:;r,s:dem:<br />
Erdsi:ngsharre<br />
graziösem Schwung<br />
durcheine girlanden-<br />
su einerrAtelierfest<br />
Itst+] sieht man<br />
verliebte Paare in<br />
ihrem närrischen<br />
Tun beim Klang<br />
einer Laute. Aber<br />
der galr:,ze Einfall<br />
versprüht wie ein<br />
geschmückteSäulenhalle<br />
tollt. Antike<br />
Motive in einer an<br />
Offenbach erinnernden<br />
Auffassung verwendet<br />
auch die<br />
Umzugskarte für<br />
<strong>Dr</strong>. Karl Groeber<br />
Feuerrverk, rasch, in<br />
kaum erkennbaren<br />
Karl Otto <strong>Speth</strong><br />
[1914], auf der mit<br />
köstlichem Humor<br />
Umrissen: dasechte<br />
geschildertn,ird,wie<br />
besagterDoktor imGewande einer antikenMummerei <strong>von</strong> einem Zuge leichtgeschürzter,<br />
musizierender, palmenschwingender und seine wichtigsten Gebrauchsgegenstände<br />
schleppender lü(/eiblein gleich einem Triumphator in seine neue Wohnung geleitet wird.<br />
Auf einer anderen Karte, die »Hörhammers Flucht und Zuflucht nach Westenu [1914]<br />
anzeigt, sehen wir gleich gar, wie der ganzeTroß durch die Luft auf Sch*'abing herabn'irbelt,<br />
in der Mirte der Dichter Hörhammer selbst auf dem mythologischen Flügelroß<br />
und verschiedene Englein und Veiblein, die wieder als »Gepäckträger« Dienste<br />
run, voraus und hinterdrein. Arbeiten <strong>von</strong> anmutiger Leichtigkeit der Stimmung<br />
und Linie sind ferner eine Einladungskarte zu einer graphischen Ausstellung im<br />
I[ünchener Salon Schmidt-Bertsch [<strong>1916</strong>] und eine Karte mit einem Lautenspieler,<br />
der beim Laternenschein ein nacktes \(/eiblein ansingt [1913]. Der Text »Die Bande
196 r---:<br />
lebt und grüßet Dich« bezieht sich auf einen fröhlichen, die »Bande« genannten kleinen<br />
Künstlerbund.<br />
Die Reihe der Exlibris <strong>Speth</strong>s beginnt mit dem Blatt für Lud. Frh. v. Ensberg [1913],<br />
das einen griechischen Jüngling in Vorderansicht [Brustbild] zeigt. Die Antike oder<br />
Karl Otto SPeth<br />
vielmehr der paradiesische Zustand zeitloser Ungebundenheit bestimmt auch den Inhalt<br />
der meisten übrigen Bibliothekzeichen <strong>Speth</strong>s. Eine Ausnahme machen nur die Exlibris<br />
für D. K. Gröbei Ug13l, Camilla <strong>Speth</strong> [1913] und Else <strong>Speth</strong> U9141. Das zuerst genannreBlatr<br />
ist [bis jetztj das einzige bestellte; alle andern sind Dedikationen an Familienangehörige<br />
und Freundä. DerBesitzer wünschte eine gothische Madonna, und man sieht
es dem Blatt, trotz seinen unleugbaren Qualitäten, an, daß dem Künstler die gebundene<br />
Marschroute, in diesemFallewenigstens, nicht recht behagte. Die beiden andeinBlätterfür<br />
zwei Schwestern - sind gewissermaßen Charakt...firr.n der Bcsitzerinnen. Das<br />
Iachend und lautespielend durch die frühlingsgrüne Au lustwandelnde paar auf dem<br />
Blatt Camilla <strong>Speth</strong> versinnbildlicht jugendliche Bachfisch-sorglosigkeit, rvährend das<br />
Blatt für Else <strong>Speth</strong> mit der dunkel gekleideten Frau, die einem geUeugten, Ieidend aussehenden<br />
Mann vorliest, auf eine ernste, altruistische Lebensauffatru-ng hinweistt Ursprünglich<br />
als Stempel gedacht war das kreisrunde, talergroße Signet für den Künstler<br />
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l{ii§e e§§ßü§? lüsm§ß i§1§.&!.atRä n izm,rm<br />
Karl Otto <strong>Speth</strong><br />
selbst[K.O.S., 1913], mit einer Pallas, die sich, ansratt mit Speer, Schild und Schwert,<br />
mit Malstab, Palette und pinsel bewaffnet hat!<br />
Das Blatt fürAnna Stein [tst+] soll so etwas vie ein Komplimenr sein; die Besitzerin<br />
kam nämlich als letzte in den oben erwähnten Künstlerkreis der »Bande«, der durch<br />
die verdorrten Gräser im Vordergrund angedeutet vird I sie selbst nahr sich im Hintergrund<br />
als Flora, neuen Samen ausstreuend. Auf dem Exlibris für Gaston Issenm ann Il gl4l<br />
erinnert die Capreser Landschaft an den Geburtsort lNeapel] des Besitzers, s'airend<br />
die drei nackten Krieger oben auf dem Klippenrand vön Oem 2ug fund der §ehnsucht]<br />
nach demMeer, inErinnerung an den berühmten »Thalatta«-Ruf bei ,Xenophon, erzählen.<br />
Das Blatt ist übrigens <strong>von</strong> einer zartheit der Ausführung und elner §p,.samkeit im<br />
Gebrauch künstlerischer Mittet, die, bei gleicher §[irkung, kaum überbor:n s'erden<br />
können. Von ähnlicher Feinheit in der Andeutung leisestär Schu'ingungen und verborgenster<br />
Stimmungen ist das Blatt für Ludwig Briem [lgt4], das äie Virhung der<br />
Musik [des Klanges einer Hirtenflöte] auf zwei Mäo.hen'im Värder- und Mittelgrund<br />
ganz entzückend zum Ausdruck bringt. Jede weitere Ausführlichkeit in der Zeichnung<br />
müßte man bei einer solche n, ganzauf Ausdruck gerichteten Kunst als störend empfinden.
Ebenfalls auf das Gefühlsmäßige intimster Art gestellt ist die Komposition mit Akten<br />
auf dem Blatt für Gretka Clauder [tgl4]. '§[rorte können hier kaum mehr fassen, was<br />
der Nadel des Künstlers noch eben erreichbar war. Und es ist bci Arbeiten dieser Art<br />
am klügsten, nicht erst lange nach ihrem Sinn zu fragen, sondern sich der Musik der<br />
Linien und Formen, derenicheinbare §fiillkürlichkeit strengste, gewollte Geseumäßigkeit<br />
ist, nachempfindend hinzugeben. Das Gleiche gilt für die beiden iüngsten Exlibris:<br />
Maria kiesling und Alex Mausci Ugt6]. Es ist lediglich das anmutige Spiel und Gegenspiel<br />
der Formen weiblicher Akte, das den »Sinn« dieser reizvollen Kompositionen ausmacht.<br />
Und sie haben keine anderen Beziehungen zu den Besitzern dieser Blätter wie<br />
zu jedem beliebigen Beschauer, der Gefallen daran findet. Das scheint wenig für ein<br />
Exiibris. Vernüriftiger ist es aber iedenfalls wie die Überbürdung mit Symbolen und<br />
Hinweisen, die so sehr beliebt ist und nicht selten alles Ursprünglich-Künstlerische erstickt.<br />
In den Blättern <strong>Speth</strong>s dagegen ist freies Künstlertum. Hier spricht sich eine Natur<br />
aus, wie sie muß, ohne-Scheu silbst vor Härten und gelegentlichen Verstößen. Und wir<br />
dürfen deshalb annehmen, daß aus diesem jungfräulichen Boden bestimmt einmal die<br />
Erfüllung alles dessen sprießen wird, was diese Blätter in so liebenswürdiger Form<br />
,errp.e.h.n.<br />
<strong>Richard</strong> <strong>Braungart</strong>.
ffiIuBRIS<br />
BUCHKUNSTN<br />
ANGE\AAIVDTEGRAPHII(<br />
EX LIBRI5<br />
UAIilTcÄI§G26<br />
NEUEFOLGE<br />
#r*RGANclo<br />
HERAUSGECEBEN VON DI ROBEKT CORWEGH<br />
UND JULIU§ NATIIANSOHN<br />
YERTE§T IM AUFTRAoE DES DEUTSflEIT VEREII{S TUN EXUSNISKUNST UND<br />
Gffieurclls6RApfitKVON DEp itEtHnr(Itsll0FExsctEil BtxlltllllDl,ut{olll I{A@EBURG<br />
DRUS( VOX flII' YON HOITEN IN BENUN