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Bauen im Bestand - Arbeiten in kontaminierten Bereichen

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dieses Wort dort an irgende<strong>in</strong>er Stelle derBaustellV verwendet wird. Dies betrifft nichtnur den „kundigen“ Bauherren, sondernjeden. Darüber h<strong>in</strong>aus hat er bzw. se<strong>in</strong>Architekt oder Fachplaner <strong>im</strong> Zweifelsfallentsprechende Fachleute h<strong>in</strong>zuzuziehen(s. RAB 33, Abschnitt 4). Dies trifft <strong>in</strong>sbesondereauf <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten<strong>Bereichen</strong> zu, die <strong>in</strong> Planung und Ausführungvon e<strong>in</strong>em Sachkundigen nachBGR 128 zu begleiten s<strong>in</strong>d (s. BGR 128,Abschnitt 5 und 6).Gefahrstoffverordnung –GefStoffVMit der Neufassung der GefStoffV kam <strong>im</strong>Jahr 2005 e<strong>in</strong> neuer Gedanke <strong>in</strong> die Verordnungh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>: die Verantwortung des Auftraggebers.In § 17 GefStoffV werden anden Auftraggeber verschiedene Anforderungengestellt, <strong>in</strong>sbesondere <strong>im</strong> Abs. 3:(3) Alle Arbeitgeber, Auftraggeber undAuftragnehmer haben bei der Durchführungder Gefährdungsbeurteilungzusammenzuwirken und sich abzust<strong>im</strong>men.Dies betrifft <strong>in</strong>sbesondere dieAuswahl der Stoffe, Zubereitungen undErzeugnisse, die Auswahl der Verfahren,die Koord<strong>in</strong>ierung der verschiedenenTätigkeiten und die Festlegung undDurchführung der erforderlichenSchutzmaßnahmen. […] Die Ergebnisseder geme<strong>in</strong>samen Gefährdungsbeurteilungs<strong>in</strong>d von allen Beteiligtenzu dokumentieren.Somit ergibt sich e<strong>in</strong>e Mitwirkungspflichtdes Auftraggebers bei der Gefährdungsbeurteilung,wenn er Fremdfirmen beauftragt,<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Betrieb Tätigkeiten mitGefahrstoffen auszuführen. Dies betriffte<strong>in</strong>en Chemiebetrieb, der e<strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>iertesGebäude zurückbauen lässt, gleichermaßenwie e<strong>in</strong>en Deponiebetreiber, derse<strong>in</strong>e Deponie mit e<strong>in</strong>er Oberflächenabdichtungversehen lässt, ebenso wie dieStadtwerke, die <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>iertem BodenTiefbauarbeiten durchführen lassen odere<strong>in</strong>en Investor, wenn der Verdacht/Kenntnisbesteht, dass Kontam<strong>in</strong>ationen <strong>im</strong> Geländeoder Gebäude anzutreffen s<strong>in</strong>d.E<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Bezug auf die aus dem Gefahrstoffrechtentstehenden Mitwirkungspflichtendes Bauherrn sehr <strong>in</strong>teressanter These istdie vom „Bauherrn als Inverkehrbr<strong>in</strong>gervon Gefahrstoffen“. Die Autoren vertretenzutreffend die Auffassung, dass der Bauherrvon <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten <strong>Bereichen</strong>durchaus als Inverkehrbr<strong>in</strong>ger von Gefahrstoffenangesehen werden kann, da er mitdem Auftrag an das Bauunternehmen,„e<strong>in</strong>en Gefahrstoff an e<strong>in</strong>en Dritten abgibtoder bereitstellt“, was der Def<strong>in</strong>ition desInverkehrbr<strong>in</strong>gens nach nationalem undeuropäischem Recht entspricht (s. ChemG§ 3 Nr. 9 und EU-Richtl<strong>in</strong>ie 1999/45 EGAbs. 1e) [2]. Damit würden Bauherren von<strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten <strong>Bereichen</strong> auchdie Pflichten des Inverkehrbr<strong>in</strong>gers zurE<strong>in</strong>stufung und Kennzeichnung sowie zurErstellung e<strong>in</strong>es Sicherheitsdatenblattes treffen.Da dies bei <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten<strong>Bereichen</strong> <strong>in</strong> der Strenge der Verordnungund EU-Richtl<strong>in</strong>ien i.d.R. nicht möglich ist,kann dafür analog der Arbeits- und Sicherheitsplannach BGR 128 herangezogen werden(s.u.).Weitere Vorschriftenund RegelungenAbb. 5:Mit Hilfe des ArbeitsundSicherheitsplansnach BGR 128 erfülltder Bauherr se<strong>in</strong>eaus verschiedenenRechtsgrundlagenerwachsendenbesonderenMitwirkungspflichtenbei <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong>kontam<strong>in</strong>ierten<strong>Bereichen</strong>Die Notwendigkeit, dass der Bauherr aufGrundlage e<strong>in</strong>er Gefährdungsbeurteilunge<strong>in</strong>e Sicherheitsplanung erstellen lässt, ergibtsich noch aus weiteren Rechtsgrundlagenwie dem BGB, dem Strafgesetzbuch,der VOB Teile B und C sowie mittelbar ausden Landesbauordnungen. Da diese Rechtsgrundlagenbereits <strong>im</strong> TIEFBAU 8/2008,S. 485ff Gegenstand e<strong>in</strong>es ausführlichenArtikels zum Thema Bauherrenpflichtenwaren, wird darauf verwiesen [3].Der Arbeits- und Sicherheitsplannach BGR 128 als Sicherheitsdatenblattnach GefStoffVDer Anwender von Gefahrstoffen hat nachnationaler und europäischer Gesetzgebunge<strong>in</strong> Recht auf umfassende Information überdas Produkt und die Schutzmaßnahmen,die bei dessen best<strong>im</strong>mungsgemäßemGebrauch und ebensolcher Anwendungzu treffen s<strong>in</strong>d (s. Richtl<strong>in</strong>ie 91/155 EWG„EG-Sicherheitsdatenblattrichtl<strong>in</strong>ie“ sowie§ 6 GefStoffV i.V.m. TRGS 220 „Sicherheitsdatenblatt“).Welches Recht auf Informationhat der Auftragnehmer von <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten<strong>Bereichen</strong>, der <strong>im</strong> Auftrag desBauherren Tätigkeiten mit Gefahrstoffenauszuführen hat, die nicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Verantwortungsbereichliegen (siehe [2]).Die gängige Antwort auf diese Frage lautet,dass „die Information über die vorhandenenStoffe doch ausreichen würde, dennder Auftragnehmer sei ja e<strong>in</strong> Fachunternehmen,das sich mit diesen D<strong>in</strong>gen auszukennenhabe und außerdem habe ja der Bauherrke<strong>in</strong>erlei E<strong>in</strong>fluss auf die die Gefährdungmitbest<strong>im</strong>menden Arbeitsverfahren“.Zu der These des „Arbeitsverfahrens“ sei aufdie Best<strong>im</strong>mungen des § 2 BaustellV <strong>in</strong>Verb. mit § 4 ArbSchG verwiesen. Darausergibt sich e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Mitwirkungspflichtdes Bauherrn bei der Auswahl undGestaltung der Arbeitsverfahren!Zu der These des „Fachunternehmen“ ergibtsich folgende Frage: Ist jedes Bauunternehmenverpflichtet, besondere Kenntnisseüber die besonderen Anforderungen bei<strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten <strong>Bereichen</strong> zubesitzen? Diese Frage stellt sich <strong>in</strong>sbesonderebei der heute gängigen Vergabepraxisvon Bauleistungen: „der Billigste bekommtden Auftrag“ oder „Geiz ist geil“! Ist unterdiesen Voraussetzung wirklich gewährleistet,dass das beauftragte Unternehmenwirklich e<strong>in</strong> Fachunternehmen für <strong>Arbeiten</strong><strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten <strong>Bereichen</strong> ist?Ist der Tiefbauer, der mit hoher QualitätRohrleitungsbau betreibt, e<strong>in</strong> Fachunternehmen<strong>im</strong> obigen S<strong>in</strong>ne, wenn er se<strong>in</strong>eRohre <strong>im</strong> kontam<strong>in</strong>ierten Untergrund zuverlegen hat? Ist es der Z<strong>im</strong>mermann, der<strong>im</strong> Holzschutzmittel-belasteten oder durchfrühere gewerbliche Nutzung anderweitigmit Gefahrstoffen belasteten DachstuhlBalken auszutauschen hat? Ist es das Abbruchunternehmen,das e<strong>in</strong> durch Brandschadenkontam<strong>in</strong>iertes Gebäude zurückzubauenhat? Ist es der Malerbetrieb, der PCBoderbleihaltige Anstriche zu entfernen hat?Solche Beispiele gibt es deren viele.Aus der Tatsache, dass diese Frage vielfachmit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>deutigen „Ne<strong>in</strong>“ zu beantwortenist, ergeben sich unter besondererBerücksichtigung der gängigen Vergabepraxisfür den Bauherrn von <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong>kontam<strong>in</strong>ierten <strong>Bereichen</strong> besondere Informationspflichten,die sich aus den <strong>in</strong> folgen-TIEFBAU 2/200979


Abb. 6:<strong>Bauen</strong> <strong>im</strong> <strong>Bestand</strong> –Entkernung e<strong>in</strong>esGebäudes, <strong>in</strong> dem u.A.DDT-haltige Anstricheund Putze anzutreffenwaren: Sieht man ihmdas an?Abb. 7:Hier staubt’s! –Entfernen der DDThaltigenAnstricheund Putze unterschwierigstenArbeitsbed<strong>in</strong>gungenund zusätzlicherBelastung durch PSAden Kapiteln genannten Rechtsgrundlagenableiten lassen (Abb. 5). Dieser ist somitgehalten, dem ausführenden Bauunternehmene<strong>in</strong>e dem Sicherheitsdatenblatt nachGefStoffV vergleichbare Sicherheitsplanungzur Verfügung zu stellen, d.h. die stofflicheSituation auf der Baustelle umfassend darzustellen<strong>in</strong>kl. der zu treffenden Schutzmaßnahmen.Und dass es auch die „richtigen“Schutzmaßnahmen s<strong>in</strong>d, lässt sich alle<strong>in</strong> aufder Grundlage e<strong>in</strong>er Gefährdungsbeurteilungermitteln, schriftlich zusammengefasstund dokumentiert <strong>im</strong> Arbeits- und Sicherheitsplannach BGR 128 (zu den Inhaltens. dort, Anhang 3).Der Arbeits- und Sicherheitsplannach BGR 128 –Vorteil für den BauherrnZiel des Arbeits- und Sicherheitsplans nachBGR 128 ist es, dem Bauherrn, bzw. dessenFachplanern und Architekten e<strong>in</strong>e Handlungsanleitungund e<strong>in</strong> Werkzeug zu geben,um die oben geschilderten, aus verschiedenenRechtsgrundlagen erwachsendenAnforderungen erfüllen zu können [2, 3]:• Anforderungen aus der Baustellenverordnungnach Berücksichtigung des § 4ArbSchG bei der Planung der Ausführung,• Anforderungen aus § 17 Gefahrstoffverordnungzur Mitwirkung bei der Gefährdungsbeurteilungund Festlegung vonArbeitsverfahren und Schutzmaßnahmen,• Anforderungen aus der VOB Teil C, dieSchutzmaßnahmen für <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten<strong>Bereichen</strong> als besondere Leistungene<strong>in</strong>stuft (VOB C, DIN ATV 18299,4.2.5),• Anforderungen aus dem BGB und densich aus § 242 ergebenden Informationspflichten“des Bauherrn/Auftraggebers,• Anforderungen aus dem Strafgesetzbuch,<strong>in</strong>sbesondere § 319 „Baugefährdung“.Fazit<strong>Bauen</strong> <strong>im</strong> <strong>Bestand</strong> – der Titel wurde so gewählt,weil es nicht nur die spektakulären„Altlastenbaustellen“ s<strong>in</strong>d, auf die die obengeschilderten Regularien zutreffen, sondernsie betreffen jede Baustelle, bei dermit „kontam<strong>in</strong>ierten <strong>Bereichen</strong>“ zu rechnenist, d.h. jede <strong>in</strong>nerstädtische Baustelle,bei der Gefahrstoffe <strong>im</strong> Boden zuvermuten s<strong>in</strong>d, jede Umbau-, SanierungsoderRückbaumaßnahme an alten Gebäuden,<strong>in</strong> denen <strong>in</strong> früheren Jahren Gefahrstoffeverbaut oder durch entsprechendeNutzung freigesetzt worden s<strong>in</strong>d und sichnun <strong>im</strong> Putz, Fachwerk oder Fußboden vorf<strong>in</strong>den.Aus den genannten Rechtsgrundlagen ergibtsich die Mitwirkungspflicht des Bauherrn,diejenigen Gefährdungen, die ausse<strong>in</strong>em Verantwortungsbereich Baugrundrisiko,für die Beschäftigten der ausführendenUnternehmen heraus entstehen könnten,schon <strong>im</strong> Rahmen der Planung zu vermeidenbzw. zu m<strong>in</strong><strong>im</strong>ieren. Nach den e<strong>in</strong>schlägigenRegelungen der VOB Teile Bund C hat der Bauherr die Kosten für diebei diesen <strong>Arbeiten</strong> zu treffenden besonderenSchutzmaßnahmen zu tragen. Daherbesitzt er auch e<strong>in</strong> großes Interesse daran,zu ermitteln, ob die Schutzmaßnahmen, dieer zu bezahlen hat, auch „angemessen“s<strong>in</strong>d und auch daran, <strong>im</strong> Vorfeld e<strong>in</strong>igermaßensicher abschätzen zu können, wassie ihn kosten werden. Mit dem Instrumentdes Arbeits- und Sicherheitsplans nachBGR 128 erhält er die Möglichkeit, selbst <strong>in</strong>diesen Prozess steuernd e<strong>in</strong>zugreifen, Bauverzögerungenwegen unsachgemäßemVorgehen oder mangelnden Schutze<strong>in</strong>richtungenzu vermeiden und sich damit <strong>in</strong>sbesondereRechts- und Kostensicherheit zuverschaffen.Aber, das sei noch zur Klarstellung der Verantwortlichkeitenangefügt, trotz dieser„Vorleistungen“ des Bauherrn bleibt dieVerantwortlichkeit des Arbeitgebers zurDurchführung der Gefährdungsbeurteilung<strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne des ArbSchG <strong>in</strong> vollem Umfangerhalten. Er hat die Ausführungen desArbeits- und Sicherheitsplans des Bauherrnzu prüfen und ggf. die Maßnahmen auf derGrundlage se<strong>in</strong>er eigenen Gefährdungsbeurteilunganzupassen. Diese Chance hater aber nur, wenn er vom Bauherrn dieentsprechende Datengrundlage erhaltenhat, den Arbeits- und Sicherheitsplan nachBGR 128.Literatur[1] Nachhaltiges <strong>Bauen</strong> <strong>im</strong> <strong>Bestand</strong>,Dokumentation e<strong>in</strong>es Workshops zumThema „<strong>Bauen</strong> und Wohnen“ – Konzeptefür die Zukunft, Bundesm<strong>in</strong>isteriumfür Bildung und Forschung, März2002[2] Fuchs, Dr. jur.; Schneeweiß, Dr. jur.: DerBauherr von <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten<strong>Bereichen</strong> als Inverkehrbr<strong>in</strong>ger vonGefahrstoffen <strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne der Gefahrstoffverordnung,Teil 1, TIEFBAU 5/2008,S. 292–295[3] Fuchs, Dr. jur.; Schneeweiß, Dr. jur.: DerBauherr von <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>ierten<strong>Bereichen</strong> als Inverkehrbr<strong>in</strong>ger vonGefahrstoffen <strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne der Gefahrstoffverordnung,Teil 2, Überblick überPflichten des Bauherren und derenRechtsgrundlagen, TIEFBAU 8/2008,S. 485–489Autor:Dipl.-Geol. Andreas Feige-Munzig,BG BAU Prävention, Referat „Altlastensanierung“Dr. jur. André Schneeweiß undDr. jur. Bastian Fuchs,Fachanwälte für Bau- und Architekturrecht, Partnerder Rechtsanwaltsgesellschaft Topjus80 TIEFBAU 2/2009


Abb. 8: Die Tabelle ist nur e<strong>in</strong> Darstellungsbeispiel – Die dargestellte Expositionsabschätzung, die Gefährdungsbeurteilung sowie die Auswahl der Schutzmaßnahmens<strong>in</strong>d nicht allgeme<strong>in</strong>gültig für <strong>Arbeiten</strong> zum Rückbau der Teergruben e<strong>in</strong>es GaswerkesTIEFBAU 2/200981

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