12.07.2015 Aufrufe

BGH VIII ZR 330/06 Abgrenzung Sachmangel und ... - Kanzlei-roth.de

BGH VIII ZR 330/06 Abgrenzung Sachmangel und ... - Kanzlei-roth.de

BGH VIII ZR 330/06 Abgrenzung Sachmangel und ... - Kanzlei-roth.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

BUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKES<strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>330</strong>/<strong>06</strong>Nachschlagewerk:<strong>BGH</strong>Z:<strong>BGH</strong>R:VERSÄUMNISURTEILin <strong>de</strong>m RechtsstreitjaneinjaVerkün<strong>de</strong>t am:10. Oktober 2007Ermel,Justizangestellteals Urk<strong>und</strong>sbeamtin<strong>de</strong>r GeschäftsstelleBGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a) Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann <strong>de</strong>r Käufer, wenn keinebeson<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong> vorliegen, im Sinne <strong>de</strong>s § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten,dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei <strong>de</strong>m es zu mehr als "Bagatellschä<strong>de</strong>n"gekommen ist.b) Zur <strong>Abgrenzung</strong> zwischen einem "Bagatellscha<strong>de</strong>n" <strong>und</strong> einem <strong>Sachmangel</strong> imSinne <strong>de</strong>s § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.c) Ein Fahrzeug, das einen Unfall erlitten hat, bei <strong>de</strong>m es zu mehr als "Bagatellschä<strong>de</strong>n"gekommen ist, ist auch dann nicht frei von Sachmängeln im Sinne <strong>de</strong>s § 434Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, wenn es nach <strong>de</strong>m Unfall fachgerecht repariert wor<strong>de</strong>nist.<strong>BGH</strong>, Versäumnisurteil vom 10. Oktober 2007 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>330</strong>/<strong>06</strong> - LG Berlin


- 2 -Der <strong>VIII</strong>. Zivilsenat <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlungvom 10. Oktober 2007 durch <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n Richter Ball, <strong>de</strong>n Richter Wiechers,die Richterin Hermanns, <strong>de</strong>n Richter Dr. Koch <strong>und</strong> die RichterinDr. Hesselfür Recht erkannt:Auf die Revision <strong>de</strong>r Klägerin wird das Urteil <strong>de</strong>r Zivilkammer 4<strong>de</strong>s Landgerichts Berlin vom 6. Oktober 20<strong>06</strong> aufgehoben.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.000 € Zug um Zuggegen Rückgewähr <strong>de</strong>s PKW Ford Cougar mit <strong>de</strong>r Fahrzeugi<strong>de</strong>ntifizierungsnummerWFÜHT61L6X5226317 zu zahlen.Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidung,auch über die Kosten <strong>de</strong>s Revisionsverfahrens, an dasLandgericht zurückverwiesen.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Von Rechts wegenTatbestand:1Die Klägerin verlangt von <strong>de</strong>r Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertragsüber einen Gebrauchtwagen. Mit Vertrag vom 31. März / 8. April 2005erwarb die Klägerin von <strong>de</strong>r Beklagten einen gebrauchten Ford Cougar, Erstzulassung24. August 1999, Laufleistung 54.795 Kilometer, zu einem Kaufpreisvon 9.000 €. Das Bestellformular enthält folgen<strong>de</strong> Rubriken, die keine Eintragungen<strong>de</strong>r Parteien aufweisen:


- 3 -O Zahl, Art <strong>und</strong> Umfang von Unfallschä<strong>de</strong>n laut Vorbesitzer: _____________________O Dem Verkäufer sind auf an<strong>de</strong>re Weise Unfallschä<strong>de</strong>n bekanntO ja O neinO wenn ja, folgen<strong>de</strong>: _____________________________________________________2 Mit Anwaltsschreiben vom 9. Mai 2005 erklärte die Klägerin die Anfechtungihrer auf <strong>de</strong>n Abschluss <strong>de</strong>s Kaufvertrages gerichteten Willenserklärung<strong>und</strong> begrün<strong>de</strong>te dies damit, dass das Fahrzeug an <strong>de</strong>r linken Tür <strong>und</strong> <strong>de</strong>m linkenhinteren Seitenteil einen Karosseriescha<strong>de</strong>n habe, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Beklagtenauf zweimalige Nachfrage nicht offenbart wor<strong>de</strong>n sei. Die Beklagte wi<strong>de</strong>rsprach<strong>de</strong>r Anfechtung mit Anwaltsschreiben vom 13. Mai 2005 <strong>und</strong> erklärte, dass sie,sollte ein <strong>Sachmangel</strong> an <strong>de</strong>r linken Tür vorhan<strong>de</strong>n sein, einen Austausch <strong>de</strong>rTür veranlassen wer<strong>de</strong> <strong>und</strong> dass sie, sofern weitere Mängel vorliegen sollten,auch insoweit zur Nachbesserung bzw. Nacherfüllung bereit sei. Die Klägerinteilte mit Anwaltsschreiben vom 18. Mai 2005 mit, dass sie einen Austausch <strong>de</strong>rUnfalltür nicht akzeptiere, <strong>und</strong> erklärte hilfsweise <strong>de</strong>n Rücktritt vom Kaufvertrag.34Die Klägerin hat für die Zulassung <strong>de</strong>s Ford Cougar 38,90 € <strong>und</strong> für dasKfz-Kennzeichen 5,60 € gezahlt. Für die Kfz-Steuer <strong>und</strong> die Haftpflichtversicherunghat sie 56,00 € <strong>und</strong> 436,77 € entrichtet. Für TÜV-Gutachten hat sie252,76 € aufgewandt. Für <strong>de</strong>n Kfz-Einstellplatz, auf <strong>de</strong>m sie das von ihr nichtgenutzte Fahrzeug untergestellt hat, sind ihr für vier Monate Kosten in Höhevon 102,24 € entstan<strong>de</strong>n. Die Gesamtkosten <strong>de</strong>r Klägerin betragen damit892,27 €.Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.000 €nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe <strong>de</strong>s Fahrzeugs sowie weitere892,27 € zu zahlen, <strong>und</strong> festzustellen, dass die Beklagte sich mit <strong>de</strong>r Annahme<strong>de</strong>s Fahrzeugs in Annahmeverzug befin<strong>de</strong>t.


- 4 -5Das Landgericht hat die Klage - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens<strong>und</strong> Vernehmung von Zeugen - abgewiesen. Mit ihrer vom Senatzugelassenen Sprungrevision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.Entscheidungsgrün<strong>de</strong>:6 Die Revision <strong>de</strong>r Klägerin hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäßdurch Versäumnisurteil zu entschei<strong>de</strong>n, da die Beklagte in <strong>de</strong>r mündlichenRevisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlichvertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil in<strong>de</strong>ssen nicht auf <strong>de</strong>r Säumnis <strong>de</strong>rBeklagten, son<strong>de</strong>rn auf einer Sachprüfung (vgl. <strong>BGH</strong>Z 37, 79, 81 f.).I.78Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichenausgeführt:Die Klägerin könne die Beklagte nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1,§ 123 Abs. 1 Alt. 1, § 142 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung <strong>de</strong>s Kaufpreises in Anspruchnehmen. Sie sei nicht berechtigt, die auf <strong>de</strong>n Abschluss <strong>de</strong>s Kaufvertragsgerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung anzufechten. DieBeklagte habe sie nicht über die Freiheit von Unfallschä<strong>de</strong>n getäuscht. Dabeisei es ohne Belang, ob die Beklagte, in<strong>de</strong>m sie in <strong>de</strong>m Kaufvertragsformular dieZeile "Zahl, Art <strong>und</strong> Umfang von Unfallschä<strong>de</strong>n laut Vorbesitzer" <strong>und</strong> die Zeile"Dem Verkäufer sind auf an<strong>de</strong>re Weise Unfallschä<strong>de</strong>n bekannt" offen gelassenhabe, konklu<strong>de</strong>nt erklärt habe, <strong>de</strong>r Wagen weise keinen Unfallscha<strong>de</strong>n auf.Denn die Klägerin habe nur erwarten dürfen, über erhebliche Unfallschä<strong>de</strong>naufgeklärt zu wer<strong>de</strong>n. Das Fahrzeug habe jedoch keinen über einen Bagatellscha<strong>de</strong>nhinausgehen<strong>de</strong>n Unfallscha<strong>de</strong>n erlitten.


- 5 -910Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Tatsachenfeststellungen <strong>de</strong>s Sachverständigen sei davonauszugehen, dass <strong>de</strong>r PKW mit an Sicherheit grenzen<strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeiteinen streifen<strong>de</strong>n Anstoß gegen die Tür links <strong>und</strong> das Seitenteil links erhaltenhabe; dabei seien die Tür <strong>und</strong> das Seitenteil eingebeult wor<strong>de</strong>n, wobei die Einbeulungmit an Sicherheit grenzen<strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeit ursprünglich tiefer alsdie bis zu 5 mm starke Schichtstärke <strong>de</strong>s Spachtelauftrags gewesen sei. Diedamit feststehen<strong>de</strong>n Beeinträchtigungen an <strong>de</strong>r Fahrzeugkarosserie begrün<strong>de</strong>tenin<strong>de</strong>s noch keinen erheblichen Unfallscha<strong>de</strong>n. Denn eine Einbeulung vonwenigen Millimetern lasse sich nach <strong>de</strong>n Feststellungen <strong>de</strong>s Sachverständigenrückstandsfrei beseitigen. Es bestehe auch nicht die entfernte Möglichkeit, dasseine oberflächliche Beschädigung von kleinflächigen Bereichen <strong>de</strong>r Tür <strong>und</strong> <strong>de</strong>shinteren Seitenteiles die Fahr- o<strong>de</strong>r Verkehrstüchtigkeit <strong>de</strong>s PKW beeinträchtige.Ein erheblicher Unfallscha<strong>de</strong>n sei nicht allein mit Blick auf die Reparaturkostenzu bejahen, weil an<strong>de</strong>rnfalls auch aufgr<strong>und</strong> erheblicher Instandsetzungskostenzur Beseitigung bloßer Lackschä<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r kleinster Dellen in <strong>de</strong>r Karosserieein erheblicher Unfallscha<strong>de</strong>n bejaht wer<strong>de</strong>n könnte.Die Klägerin könne auch nicht gemäß § 437 Nr. 2, § 440, § 323 <strong>und</strong>§ 326 Abs. 5 BGB von <strong>de</strong>m Vertrag zurücktreten. Denn sie habe <strong>de</strong>r Beklagtenentgegen § 440, § 323 Abs. 1, § 326 Abs. 5 BGB keine Frist zur Nachbesserung<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n Feststellungen <strong>de</strong>s Sachverständigen nicht sachgerechtausgeführten Reparaturarbeiten gesetzt. Entgegen <strong>de</strong>r Ansicht <strong>de</strong>r Klägerin seieine Fristsetzung nicht gemäß § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich gewesen. Insbeson<strong>de</strong>rehabe die Beklagte sie nicht über Unfallschä<strong>de</strong>n getäuscht.


- 6 -II.11 Diese Beurteilung hält <strong>de</strong>r revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.Die Revision, die es hinnimmt, dass das Landgericht <strong>de</strong>r Klägerin keinen Anspruchauf Rückabwicklung <strong>de</strong>s Kaufvertrages nach <strong>de</strong>n Vorschriften über dieungerechtfertigte Bereicherung zuerkannt hat, macht zutreffend geltend, dassdieser Anspruch, entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>s Landgerichts, nach <strong>de</strong>n Regelnüber die kaufrechtliche Sachmängelhaftung begrün<strong>de</strong>t ist.1213141. Die Klägerin konnte gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB von <strong>de</strong>m Kaufvertragzurücktreten, weil das Fahrzeug mangelhaft ist.Das Landgericht hat offenbar angenommen, die Klägerin habe <strong>de</strong>n Mangel<strong>de</strong>s Fahrzeugs, <strong>de</strong>r sie zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtige, darin gesehen,dass die Karosserieschä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r linken Tür <strong>und</strong> <strong>de</strong>m linken hinterenSeitenteil <strong>de</strong>s Fahrzeugs nicht fachgerecht repariert wor<strong>de</strong>n waren. Dies ergibtsich daraus, dass das Landgericht gemeint hat, die Klägerin könne von <strong>de</strong>mVertrag nicht zurücktreten, weil sie <strong>de</strong>r Beklagten keine Frist zur Nachbesserung<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n Feststellungen <strong>de</strong>s Sachverständigen nicht sachgerechtausgeführten Reparaturarbeiten gesetzt habe.Das Landgericht hat damit verkannt, dass die Klägerin <strong>de</strong>n zum Rücktrittberechtigen<strong>de</strong>n Mangel <strong>de</strong>s Fahrzeugs nicht in <strong>de</strong>r unfachmännischen Reparatur<strong>de</strong>r Karosserieschä<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r wegen dieser Karosserieschä<strong>de</strong>n- selbst bei fachgerechter Reparatur - fehlen<strong>de</strong>n Unfallfreiheit <strong>de</strong>s Fahrzeugsgesehen hat. Das Landgericht hat <strong>de</strong>shalb nicht geprüft, ob die aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>rKarosserieschä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r linken Tür <strong>und</strong> <strong>de</strong>m linken hinteren Seitenteil fehlen<strong>de</strong>Unfallfreiheit <strong>de</strong>s Fahrzeugs einen zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigen<strong>de</strong>nMangel darstellt. Diese Prüfung kann <strong>de</strong>r Senat selbst vornehmen, dainsoweit keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind.


- 7 -15a) Entgegen <strong>de</strong>r Ansicht <strong>de</strong>r Revision ist die Unfallfreiheit allerdings nichtzum Bestandteil einer Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne <strong>de</strong>s § 434 Abs. 1Satz 1 BGB gewor<strong>de</strong>n.16 Das Landgericht hat zwar in an<strong>de</strong>rem Zusammenhang ausgeführt, es seiohne Belang, ob die Beklagte, in<strong>de</strong>m sie in <strong>de</strong>m Kaufvertragsformular die Zeile"Zahl, Art <strong>und</strong> Umfang von Unfallschä<strong>de</strong>n laut Vorbesitzer" <strong>und</strong> die Zeile "DemVerkäufer sind auf an<strong>de</strong>re Weise Unfallschä<strong>de</strong>n bekannt" offen gelassen habe,konklu<strong>de</strong>nt erklärt habe, <strong>de</strong>r Wagen weise keinen Unfallscha<strong>de</strong>n auf. An<strong>de</strong>rsals die Revision meint, ist <strong>de</strong>shalb aber nicht für die revisionsgerichtliche Beurteilungdavon auszugehen, dass im Offenlassen dieser Rubriken eine solcheErklärung zu sehen ist. In <strong>de</strong>r Revisionsinstanz sind <strong>de</strong>r rechtlichen Beurteilungbei Fehlen tatrichterlicher Feststellungen zwar die von <strong>de</strong>r Partei behauptetenTatsachen zugunsten <strong>de</strong>r Revision als zutreffend zugr<strong>und</strong>e zu legen. Soweit dieVorinstanz jedoch - wie hier - die rechtliche Beurteilung festgestellter Tatsachenoffen gelassen hat, darf das Revisionsgericht nicht die <strong>de</strong>r Revision günstigeBeurteilung als richtig unterstellen, son<strong>de</strong>rn muss es diese Tatsachen, soweitsie entscheidungserheblich sind, selbst rechtlich zutreffend würdigen.17Die Parteien haben im Hinblick auf Unfallschä<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Fahrzeugs keine- auch keine konklu<strong>de</strong>nte - Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Die Unfallschä<strong>de</strong>nbetreffen<strong>de</strong>n Rubriken <strong>de</strong>s Formulars enthalten keine Eintragungen<strong>de</strong>r Parteien; <strong>de</strong>shalb fehlt es an einer positiven Beschaffenheitsvereinbarung,ob <strong>und</strong> inwieweit es sich bei <strong>de</strong>m Fahrzeug um ein Unfallfahrzeug han<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>rob das Fahrzeug unfallfrei ist. Da die Frage nach "Zahl, Art <strong>und</strong> Umfang vonUnfallschä<strong>de</strong>n laut Vorbesitzer" nicht mit "keine" o<strong>de</strong>r "nicht bekannt" <strong>und</strong> dieFrage "Dem Verkäufer sind auf an<strong>de</strong>re Weise Unfallschä<strong>de</strong>n bekannt" nicht mit"nein" beantwortet ist, kommt eine negative Beschaffenheitsvereinbarung, dass


- 8 -das Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, weil es <strong>de</strong>m Verkäufer unbekannteUnfallschä<strong>de</strong>n hat, gleichfalls nicht in Betracht.18 b) Da es somit hinsichtlich von Unfallschä<strong>de</strong>n an einer Beschaffenheitsvereinbarung(§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) fehlt <strong>und</strong> die in Re<strong>de</strong> stehen<strong>de</strong> Sollbeschaffenheitsich auch nicht aus <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Vertrag vorausgesetzten Verwendung(§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) ergibt, ist das Fahrzeug nach § 434Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn es sich für die gewöhnlicheVerwendung eignet <strong>und</strong> eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen <strong>de</strong>rgleichen Art üblich ist <strong>und</strong> die <strong>de</strong>r Käufer nach <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Sache erwarten kann.Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein gebrauchter Personenkraftwagengr<strong>und</strong>sätzlich dann, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die dieZulassung zum Straßenverkehr hin<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r die Gebrauchsfähigkeit aufhebeno<strong>de</strong>r beeinträchtigen (vgl. Palandt/Wei<strong>de</strong>nkaff, BGB, 66. Aufl., § 434 Rdnr. 70).Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Das Fahrzeug weist jedoch nicht eine Beschaffenheitauf, die bei einem Gebrauchtwagen üblich ist <strong>und</strong> die <strong>de</strong>r Käufererwarten kann.19Bei einem Gebrauchtwagen ist, sofern keine beson<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong> gegebensind, je<strong>de</strong>nfalls <strong>de</strong>r normale alters- <strong>und</strong> gebrauchsbedingte Verschleißüblich <strong>und</strong> hinzunehmen (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong>43/05, NJW 20<strong>06</strong>, 434, unter II 1 a bb, m.w.N.). Welche Beschaffenheit üblichist, hängt im Übrigen von <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Einzelfalles ab, wie beispielsweise<strong>de</strong>m Alter <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Laufleistung <strong>de</strong>s Fahrzeugs, <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Vorbesitzer<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Vorbenutzung; für das, was <strong>de</strong>r Käufer erwarten darf, kann ferner<strong>de</strong>r Kaufpreis o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Käufer erkennbare Pflegezustand <strong>de</strong>s Fahrzeugsvon Be<strong>de</strong>utung sein (OLG Düsseldorf, Scha<strong>de</strong>n-Praxis 2007, 32; Palandt/Wei<strong>de</strong>nkaff,aaO, Rdnr. 29 <strong>und</strong> 30; Reinking/Eggert, Der Autokauf,9. Aufl., Rdnr. 1236). Bei Beschädigungen <strong>de</strong>s Fahrzeugs kann es für die Un-


- 9 -terscheidung, ob es sich um einen möglicherweise nicht unüblichen <strong>und</strong> daherhinzunehmen<strong>de</strong>n "Bagatellscha<strong>de</strong>n" o<strong>de</strong>r um einen außergewöhnlichen, nichtzu erwarten<strong>de</strong>n Fahrzeugmangel han<strong>de</strong>lt, auf die Art <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns <strong>und</strong> dieHöhe <strong>de</strong>r Reparaturkosten ankommen.20 Der Revision ist darin beizupflichten, dass zur <strong>Abgrenzung</strong> zwischen einem"Bagatellscha<strong>de</strong>n" <strong>und</strong> einem <strong>Sachmangel</strong> im Sinne <strong>de</strong>s § 434 Abs. 1Satz 2 Nr. 2 BGB auf die ständige Rechtsprechung <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esgerichtshofs zurOffenbarungspflicht von Schä<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Unfällen beim Gebrauchtwagenkauf zurückgegriffenwer<strong>de</strong>n kann. Danach muss <strong>de</strong>r Verkäufer eines Gebrauchtwagenseinen Scha<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Unfall, <strong>de</strong>r ihm bekannt ist o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>ssen Vorhan<strong>de</strong>nseiner rechnet, gr<strong>und</strong>sätzlich auch ungefragt <strong>de</strong>m Käufer mitteilen, wenn ersich nicht <strong>de</strong>m Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will, es sei <strong>de</strong>nn,<strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise<strong>de</strong>n Kaufentschluss nicht beeinflussen kann. Die Grenze für nichtmitteilungspflichtige "Bagatellschä<strong>de</strong>n" ist bei Personenkraftwagen sehr eng zuziehen. Als "Bagatellschä<strong>de</strong>n" hat <strong>de</strong>r Senat bei Personenkraftwagen nur ganzgeringfügige, äußere (Lack-)Schä<strong>de</strong>n anerkannt, nicht dagegen an<strong>de</strong>re (Blech-)Schä<strong>de</strong>n, auch wenn sie keine weitergehen<strong>de</strong>n Folgen hatten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Reparaturaufwandnur gering (in einem Falle aus <strong>de</strong>m Jahre 1961 332,55 DM) war(Senatsurteile vom 3. Dezember 1986 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> 345/85, WM 1987, 137, unter II2 b <strong>und</strong> vom 3. März 1982 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> 78/81, WM 1982, 511, unter II 2 a <strong>und</strong> b,jeweils m.w.N.; vgl. Senatsurteil vom 20. März 1967 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> 288/64, NJW1967, 1222). Ob das Fahrzeug nach <strong>de</strong>m Unfall fachgerecht repariert wor<strong>de</strong>nist, ist nicht von Be<strong>de</strong>utung (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 1983 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> 92/82,WM 1983, 934, unter II 2). Alleine die Tatsache, dass das Fahrzeug bei einemUnfall einen erheblichen Scha<strong>de</strong>n erlitten hat, stellt einen <strong>Sachmangel</strong> im Sinne<strong>de</strong>s § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar. Auch beim Kauf eines gebrauchtenKraftfahrzeugs kann <strong>de</strong>r Käufer, wenn keine beson<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong> vorliegen,


- 10 -erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei <strong>de</strong>m es zu mehr als"Bagatellschä<strong>de</strong>n" gekommen ist.21 Nach diesen Gr<strong>und</strong>sätzen liegt im Streitfall - wie die Revision zu Rechtgeltend macht - kein "Bagatellscha<strong>de</strong>n", son<strong>de</strong>rn ein Fahrzeugmangel vor.Nach <strong>de</strong>n vom Landgericht seiner Entscheidung - im Zusammenhang mit <strong>de</strong>rPrüfung <strong>de</strong>s Bereicherungsanspruchs - zugr<strong>und</strong>e gelegten Feststellungen <strong>de</strong>sSachverständigen han<strong>de</strong>lt es sich bei <strong>de</strong>n Karosserieschä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r linken Tür<strong>und</strong> <strong>de</strong>m linken hinteren Seitenteil <strong>de</strong>s Fahrzeugs nicht nur um Lackschä<strong>de</strong>n,son<strong>de</strong>rn um Blechschä<strong>de</strong>n, die mit an Sicherheit grenzen<strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitursprünglich tiefer als die bis zu 5 mm starke Schichtstärke <strong>de</strong>s Spachtelauftragswaren. Der Kostenaufwand zur fachgerechten Beseitigung dieser Blechschä<strong>de</strong>nbeträgt nach <strong>de</strong>r Kalkulation <strong>de</strong>s Sachverständigen 1.774,67 €. Einsolcher Scha<strong>de</strong>n kann je<strong>de</strong>nfalls bei einem knapp fünfeinhalb Jahre alten Fahrzeugmit einer Laufleistung von r<strong>und</strong> 54.000 km nicht als "Bagatellscha<strong>de</strong>n"angesehen wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>m ein Käufer vernünftigerweise rechnen muss.22Demgegenüber kommt es nicht darauf an, dass - wie das Landgerichtausgeführt hat - sich eine Einbeulung von wenigen Millimetern rückstandsfreibeseitigen lässt <strong>und</strong> auch nicht die entfernte Möglichkeit besteht, dass eineoberflächliche Beschädigung von kleinflächigen Bereichen <strong>de</strong>r Tür <strong>und</strong> <strong>de</strong>s hinterenSeitenteiles die Fahr- o<strong>de</strong>r Verkehrstüchtigkeit <strong>de</strong>s PKW beeinträchtigt.Denn ein Gebrauchtwagen ist nicht schon dann mangelfrei, wenn er sich nur fürdie gewöhnliche Verwendung eignet, also zulassungsfähig <strong>und</strong> fahrtüchtig ist.Soweit das Landgericht meint, ein erheblicher Unfallscha<strong>de</strong>n sei nicht allein mitBlick auf die Reparaturkosten zu bejahen, weil an<strong>de</strong>rnfalls auch aufgr<strong>und</strong> erheblicherInstandsetzungskosten zur Beseitigung bloßer Lackschä<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>rkleinster Dellen in <strong>de</strong>r Karosserie ein erheblicher Unfallscha<strong>de</strong>n bejaht wer<strong>de</strong>nkönnte, verkennt es, dass es hier nicht um bloße Lackschä<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r "kleinste


- 11 -Dellen" in <strong>de</strong>r Karosserie, son<strong>de</strong>rn um einen beträchtlichen Blechscha<strong>de</strong>n geht.Dieser Scha<strong>de</strong>n ist auch im Hinblick auf die Reparaturkosten von 1.774,67 €nicht als unerheblich anzusehen.23 2. Da <strong>de</strong>r Gebrauchtwagen bei Gefahrübergang nicht unfallfrei war,konnte die Klägerin gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs. 5, § 323 BGB vomVertrag zurücktreten. Einer vorangehen<strong>de</strong>n Fristsetzung zur Nacherfüllungdurch Nachbesserung <strong>de</strong>r nicht fachgerecht ausgeführten Reparaturarbeitenbedurfte es nicht, weil <strong>de</strong>r Mangel nicht behebbar ist (§ 326 Abs. 5 BGB). DurchNachbesserung lässt sich <strong>de</strong>r Charakter <strong>de</strong>s Fahrzeugs als Unfallwagen nichtkorrigieren. Eine Ersatzlieferung ist bei <strong>de</strong>m hier vorliegen<strong>de</strong>n Gebrauchtwagenkaufunmöglich (vgl. <strong>BGH</strong>Z 168, 64, 71 ff.). Die in <strong>de</strong>r Lieferung <strong>de</strong>s mangelhaftenFahrzeugs liegen<strong>de</strong> "Pflichtverletzung" ist schließlich nicht unerheblich,so dass <strong>de</strong>m Rücktritt auch nicht § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB entgegensteht.243. Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Rücktritts kann die Klägerin von <strong>de</strong>r Beklagten gemäߧ 346 Abs. 1, § 348 BGB die Rückzahlung <strong>de</strong>s Kaufpreises von 9.000 € Zug umZug gegen Rückgewähr <strong>de</strong>s Fahrzeugs verlangen. Ob die Ansprüche <strong>de</strong>r Klägerinauf Zinszahlung <strong>und</strong> auf Feststellung <strong>de</strong>s Annahmeverzugs begrün<strong>de</strong>tsind, kann mangels entsprechen<strong>de</strong>r Feststellungen <strong>de</strong>s Landgerichts zu <strong>de</strong>nVoraussetzungen <strong>de</strong>r § 346 Abs. 1 BGB (Herausgabe von gezogenen Nutzungen),§ 347 Abs. 1 BGB (Wertersatz für nicht gezogene Nutzungen), §§ 286 ff.BGB (Zahlungsverzug) <strong>und</strong> §§ 293 ff. BGB (Annahmeverzug) nicht beurteiltwer<strong>de</strong>n. Gleiches gilt für <strong>de</strong>n Anspruch <strong>de</strong>r Klägerin auf Ersatz ihres Scha<strong>de</strong>nsbzw. ihrer Aufwendungen von insgesamt 892,27 €; insoweit fehlt es an Feststellungen<strong>de</strong>s Landgerichts dazu, ob die Beklagte <strong>de</strong>n Mangel <strong>de</strong>s Fahrzeugs beiVertragsschluss kannte o<strong>de</strong>r ihre Unkenntnis zu vertreten hat (§ 311a Abs. 2BGB).


- 12 -III.25 Das die Klage abweisen<strong>de</strong> Urteil <strong>de</strong>s Landgerichts ist somit aufzuheben.Soweit die Klägerin Rückzahlung <strong>de</strong>s Kaufpreises von 9.000 € Zug um Zug gegenRückgewähr <strong>de</strong>s Fahrzeugs beansprucht, entschei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Senat abschließend,weil die Sache in diesem Umfang zur En<strong>de</strong>ntscheidung reif ist (§ 563Abs. 3 ZPO). Insoweit ist <strong>de</strong>r Klage aus <strong>de</strong>n unter II. dargelegten Grün<strong>de</strong>n stattzugeben.Im Übrigen ist die Sache zur neuen Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidungan das Landgericht zurückzuverweisen, da es insoweit weiterer tatsächlicherFeststellungen bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO).Ball Wiechers HermannsDr. KochDr. HesselVorinstanz:LG Berlin, Entscheidung vom <strong>06</strong>.10.20<strong>06</strong> - 4 O 722/05 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!