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treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal

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10 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />

mai 2007<br />

Das Google-Diplom – fälschen im Studium<br />

Du, du, du! Bist ein ganz<br />

Das Google-Diplom, Trendsport Copy &<br />

Paste, Examensarbeit in fünf Minuten – den<br />

Medien zufolge sind Studenten in Deutschland<br />

an Dreistheit kaum zu schlagen, wenn<br />

es darum geht, fremde Inhalte als eigene<br />

darzustellen. Tendenz steigend. Die Gründe<br />

seien vielfältig: Zu einfache Beschaffung,<br />

Faulheit, fehlendes Unrechtsbewusstsein.<br />

Eine ganze Generation von Fälschern auch<br />

bei uns an der <strong>Hochschule</strong>? <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />

ist der Sache nachgegangen.<br />

Sebastian ist unter Zeitdruck. Nur noch drei Tage und er muss<br />

seine Hausarbeit abgegeben haben. Es ist seine erste in seinem<br />

Studium an der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong>, er ist<br />

zwar im dritten Semester, aber wie es so richtig geht, weiß er<br />

noch nicht. Bislang haben die mündlichen Vorträge und praktischen<br />

Arbeiten immer dominiert. Ist aber auch nicht schlimm,<br />

denkt er sich, ist halt learning by doing. Und er kommt gut voran,<br />

arbeitet sich rein, ist fast fertig. Doch das mit der Zeit, das<br />

hat er überschätzt. Literatur gibt es zu Hauf, aber welche<br />

davon ist jetzt wichtig? Wie sieht die beste Gliederung aus?<br />

Und muss man wirklich überall Fußnoten setzen? Einen Abend<br />

vor dem Abgabetermin fehlt Sebastian noch ein Absatz, einen<br />

Aspekt hat er noch nicht beleuchtet. Da findet er auf Wikipedia<br />

einen vielversprechenden Link: Ein Aufsatz eines Studenten<br />

aus Bamberg, gerade passend für den letzten Teil. Sebastian<br />

kürzt ein bisschen hier, dreht ein bisschen da – fertig.<br />

Genauso wollte er es auch schreiben! Eine Woche später<br />

bekommt er eine E-Mail von seinem Professor: „Es tut mir leid,<br />

aber ihre Hausarbeit kann ich nicht werten, sie haben betrogen.“<br />

Sebastian ist entsetzt: Nur wegen eines Absatzes?<br />

Auch wenn Sebastians Fall nur ein fiktives Beispiel ist, seine<br />

Situation kommt dem einen oder anderen vielleicht bekannt<br />

oder gar vertraut vor, wenn vielleicht auch nicht mit gleichem<br />

Endergebnis. Abschreiben ohne eine Quelle zu zitieren,<br />

Copy&Paste-Methode, sich mit fremden Federn schmücken –<br />

das Plagiat ist bewusst oder unbewusst ein ständiger Begleiter<br />

eines jeden Akademikers. Es geht dabei um handwerklich<br />

sauberes und wissenschaftliches Arbeiten, um eine eigenständige<br />

Leistung und nicht zuletzt um die Ehre und das<br />

Recht des Autors. Doch wo fängt das Plagiieren an, ab wann<br />

sollte es unter Strafe gestellt werden und ist es denn überhaupt<br />

so schlimm?<br />

„Das ist fast schon eine philosophische Frage,“ findet Prof. Dr.<br />

Christine Strothotte, Prorektorin der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<br />

<strong>Stendal</strong> im Bereich Studium und Lehre, und erklärt: „Wenn<br />

eigene Ideen, Texte, aber auch Bilder und Videos in einer eigenen<br />

kreativen Leistung erstellt wurden, unterliegen sie dem<br />

Urheberrecht. Wer die als sein Eigen ausgibt, der plagiiert.“<br />

Was genau jedoch eine eigene kreative Leistung darstellt, ist<br />

oft schwierig zu beurteilen: Muss es ein ganzer Absatz sein,<br />

der kopiert wurde, oder reicht schon eine identische Argumentationsstruktur<br />

mit anderen Worten? Und wie ist die Lage<br />

bei Bildern, Zeichnungen oder Filmen? An der <strong>Hochschule</strong><br />

bleibt dies eine Entscheidung von Fall zu Fall, denn: „Eine offizille<br />

Richtlinie der <strong>Hochschule</strong> mit dem Umgang mit Plagiaten<br />

gibt es nicht,“ so Christine Strothotte. Was jedoch die Strafen<br />

jedoch angeht, so gibt es in jeder Prüfungsordnung einen Passus,<br />

der ganz allgemein den Versuch der Täuschung mit „unzulässigen<br />

Hilfsmitteln“ unter Strafe stellt – mit anderen Worten:<br />

Wer abschreibt, besteht nicht. „Von einigen Fachbereichen<br />

weiß ich, dass teilweise 10 Prozent der Hausarbeiten zurückgewiesen<br />

werden. Die werden dann entweder nicht gewertet<br />

oder erneut geschrieben,“ so Strothotte. Die „Diebe“ kommen<br />

also mit einem erhobenen Zeigefinger davon. Ein akutes Problem<br />

in der Lehre sieht die Professorin für die <strong>Hochschule</strong> aber<br />

nicht. Unehrlichkeit beim wissenschaftlichen Arbeiten ist<br />

schließlich keine Erfindung des 21. Jahrhunderts – obgleich<br />

das moderne Plagiat ein paar neuen Spielregeln folgt.<br />

Gestern wie heute – Plagiate waren immer schon Gesprächsstoff.<br />

Anfang des vergangenen Jahrhunderts diskutierten Kritiker<br />

über das Gedicht „Ein Gleiches“ des Großmeisters<br />

Johann Wolfgang von Goethe, welches verblüffende Ähnlichkeit<br />

mit einem Gedicht von Johann Daniel Falk aufweist. Hatte<br />

Goethe plagiiert? Hätte er den anderen Autor nennen müssen?<br />

Und erst im vergangenen Jahr machte der russische Präsident<br />

Wladimir Putin Schlagzeilen, als ihm nach einem<br />

Bericht in der „Washington Times“ vorgeworfen, seine Dissertation<br />

aus dem Jahr 1997 mit zahlreichen Passagen aus<br />

Werken amerikanischer Autoren verschönert zu haben – insgesamt<br />

16 Seiten. Alle Medienberichte über die neue Generation<br />

der Fälscher also nur halb so schlimm? Nicht ganz,<br />

denn gerade seit Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich einiges<br />

verändert. Heute ist es leichter und vor allem schneller möglich,<br />

als je zuvor, ein Plagiat zu basteln, lediglich drei Bausteine<br />

sind nötig: Das Internet, Kopieren und Einsetzen, letztere<br />

Goethe wurde bereits beschuldigt...<br />

bastian ehl

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