111 - Zeidner Nachbarschaft
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Titelthema<br />
Freitagnachmittag stand der bunte<br />
Nachmittag im Kulturhaus auf dem<br />
Programm, zu dem alle Bürger der<br />
Stadt eingeladen waren. Wie zu erfahren<br />
war, sind auch <strong>Zeidner</strong> Rumänen<br />
der Einladung zu dieser Veranstaltung<br />
gefolgt. Zweieinhalb Stunden lang<br />
wurde eine sehr gelungene Mischung<br />
aus siebenbürgisch-sächsischem und<br />
rumänischem Können geboten. Die<br />
Rumänen präsentierten temperamentvolle<br />
Volkstänze, etwa die berühmten<br />
Călusari, von einer Sängerin waren<br />
fröhliche Lieder zu hören und schließlich<br />
riss ein Volksensemble mit der<br />
Ciocărlia die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen<br />
hin.<br />
Als Kontrast dann die beiden deutschen<br />
Tanzgruppen – etwa mit einem<br />
Tanz, den schon Generationen von<br />
Kindern und Schülern mitgemacht<br />
haben: „De reklech Med“. Der <strong>Zeidner</strong><br />
Kirchenchor unter der Leitung von<br />
Klaus Dieter Untch sang einige Volkslieder.<br />
Mit einem nachdenklicheren<br />
Teil, etwa dem Rudi-Gross-Lied „Ein<br />
Dorf im Burzenland“, und danach einem<br />
fl otteren Swingsong trat das Gesangstrio<br />
auf. Zusätzlich präsentierte<br />
es das Gedicht „Somnoroase păsăarele“<br />
von Mihai Eminescu auf Deutsch und<br />
Rumänisch in einer wunderbaren musikalischen<br />
Bearbeitung von Professor<br />
Heinz Acker. Aufgelockert wurde das<br />
Programm durch Gedichte des <strong>Zeidner</strong><br />
rumänischen Dichters Tudor Păun und<br />
der nach Rostock ausgereisten Daniela<br />
Boltres, die ihre eigenen Verse zu Zeiden<br />
und dem Th ema Ausreise dreisprachig<br />
– auf Deutsch, Rumänisch und<br />
Sächsisch – rezitierte.<br />
Den krönenden und mit viel Applaus<br />
begleiteten Abschluss bildete die Burzenländer<br />
Blasmusik, die durch die aus<br />
Deutschland angereisten <strong>Zeidner</strong> Musikanten<br />
ergänzt wurde. Die <strong>Zeidner</strong> Musiker<br />
waren danach voll des Lobes und<br />
schwer beeindruckt vom Können der<br />
Burzenländer Kollegen, die unter der<br />
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Leitung des Musiklehrers Vasile Glăvan<br />
spielen. Über die Hälft e der Musiker<br />
soll in Kronstadt in Profi orchestern tätig<br />
sein – und das hörte man auch.<br />
Wer meinte, mit dem Gehörten<br />
und Gesehenen im Kulturhaus sei an<br />
diesem Tag alles Wichtige gelaufen,<br />
musste sich eines Besseren belehren<br />
lassen. Die Burzenländer Blaskapelle<br />
setzte zur Freude der Gäste ihr Konzert<br />
in der „Burg“ fort und sofort war die<br />
Tanzfl äche belegt, wie man das von anderen<br />
siebenbürgischen Veranstaltungen<br />
kennt. Über zwei Stunden rissen<br />
die Musikanten mit fl otten Stücken die<br />
<strong>Zeidner</strong> von den Stühlen. Zuvor lud<br />
Nachbarvater Udo Buhn jedoch noch<br />
zu einem Kurzvortrag ein, der ebenfalls<br />
in der „Burg“ stattfand. Er hatte<br />
eine Menge Material gesammelt und<br />
viele alte Schrift en zur Geschichte des<br />
Restaurants ausgewertet, das in diesem<br />
Jahr seinen 100. Geburtstag feiert.<br />
Nach Vortrag, Blasmusik und Abendessen<br />
sorgte eine Kronstädter Band dafür,<br />
dass noch einige Stunden munter<br />
weitergetanzt wurde.<br />
�<br />
Samstag: kluge Worte in der Kirche,<br />
viele Tränen auf dem Friedhof<br />
Samstagvormittag freut sich Pfarrer<br />
Hartig über eine so volle Kirche. Er<br />
wählt in seiner Predigt ein zeitgemäßes,<br />
immer aktuelles Th ema: Es geht darum,<br />
Veränderungen zu meistern, Krisen als<br />
Chancen zu begreifen. Und er belässt<br />
es nicht bei theoretischen Überlegungen.<br />
Irgendwann ruft er aus: „Nach<br />
den großen Umbrüchen 1989 hat man<br />
der evangelischen Kirche in Rumänien<br />
keine großen Überlebenschancen gegeben.<br />
Und jetzt, 21 Jahre später, sind<br />
wir immer noch da.“ Man müsse in<br />
Krisenzeiten zusammenstehen, „in die<br />
gleiche Richtung“ ziehen. Und obwohl<br />
die Freiheit ihren Tribut gefordert habe<br />
und viele Siebenbürger Sachsen nach<br />
der Wende ausgewandert seien, müsse<br />
Eindrücke vom Treff en:<br />
Pfarrer Andreas Hartig<br />
(oben rechts) hielt<br />
am Samstag die Predigt<br />
zum Abendmahlgottesdienst.<br />
Danach<br />
ging es zum Friedhof,<br />
wo der Toten gedacht<br />
wurde (drittes Bild<br />
von oben). Am Freitag<br />
hielt der Historiker<br />
Liviu Câmpeanu den<br />
Festvortrag in der<br />
Kirche zur Geschichte<br />
des Deutschen Ordens<br />
(zweites Bild von<br />
oben). Interessiert hörten<br />
viele Besucher die<br />
Redner zur Eröff nung<br />
der Begegnung im<br />
Kirchhof (Bild unten).<br />
man an einer gemeinsamen<br />
Zukunft arbeiten.<br />
Sein Optimismus war<br />
ihm auch am Nachmittag<br />
im ortsgeschichtlichen Gesprächs-<br />
G h<br />
kreis anzumerken, als er eine Bilanz seiner<br />
ersten beiden Jahre in Zeiden zog.<br />
Ja, er habe die Möglichkeit gehabt, als<br />
junger, gut ausgebildeter Mensch nach<br />
Deutschland zu wechseln. Aber er habe<br />
sich entschieden, seine Aufgaben hier<br />
in Siebenbürgen, in Zeiden, wahrzunehmen.<br />
Und obwohl er erst 29 Jahre<br />
alt sei, habe er das Gefühl, schon einiges<br />
bewegt zu haben und noch bewegen<br />
zu können. Wichtiges Anliegen sei<br />
ihm, die Kirche für die Jugend attraktiv<br />
zu gestalten, damit diese „aus Überzeu-