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Viktor und Eleonore Frankl bei Papst Paul VI.DAS LEBENzu Hause - ein kleines Marmorstück miteinem hebräischen Buchstaben auf, dassein Vater unter den Trümmern der größtenSynagoge Wiens, die in der „Reichskristallnacht“niedergebrannt wordenwar, gefunden hatte. Sein Vater konnteaufgrund des einen Buchstabens dieBibelstelle identifizieren: „Ehre deinenVater und deine Mutter, auf daß dulange lebest im Lande ...“ Die Entscheidungwar gefallen. Kurz daraufheiratete Viktor Frankl die StationsschwesterTilly Grosser.KZ prägt sein LebenDie politische Lage spitzte sich zu.Unter diesem Druck schrieb Frankl daserste Buch über Logotherapie, die „ÄrztlicheSeelsorge“ (das Manuskript wurde- trotz aller Versuche Frankls, es zuretten - im Konzentrationslager vernichtet).Bereits im September 1942 kamener, seine Frau und seine Eltern ins KonzentrationslagerTheresienstadt. DerVater starb ein halbes Jahr später anHungersschwäche. Im Oktober 1944wurde Frankl nach Auschwitz gebracht,seiner Frau gelang es mitzukommen,sie blieb aber von ihm getrennt. Kurzdarauf mußte die Mutter in die Gaskammer.Ende April 1945 wurde Frankl - imKonzentrationslager auf 36 Kilogrammabgemagert - befreit. Im August kam ernach Wien zurück - und erfuhr vom Todseiner Frau und seiner Mutter. DenFreunden Frankls ist es zu danken, daßer den seelischen Zusammenbruch überlebte.Sie brachten ihm Verständnis,Mitgefühl und Trost entgegen und„zwangen“ ihn zum Leben: Der RechtsanwaltBruno Pittermann ließ ihn einleeres Formular unterschreiben, aus demer danach ein Ansuchen um eine Stelleals Primararzt machte. Also wurdeFrankl 1945 Leiter der neurologischenAbteilung der Wiener Polyklinik - undblieb bis zu seiner Pensionierung 1970in diesem Amt.Zwei Wesenszüge verschafftenFrankl weltweit großen Respekt:die versöhnende Haltung eines KZ-Überlebenden, der sich auf dasGute konzentrierte, weil am Endenur das Gute zählen wird (Franklwar der „ärztliche Seelsorger“ imKapmf gegen den Nihilismus); undsein unerschütterlicher Sinn-Glaube,der ihn „trotz allem“ weiterlebenließ. Alfried LängleVon Millionen gelesenAuf Drängen seiner Bekannten beganner wieder zu schreiben: In neunTagen diktierte er sich sein Buch überdie Erlebnisse im Konzentrationslager„von der Seele“; drei einander ablösendeStenotypistinnen schrieben die „ÄrztlicheSeelsorge“, die seine Habilitationsschriftwurde. Beide Bücher erschienen1946. Die „Ärztliche Seelsorge“war drei Tage nach ihrem Erscheinenvergriffen, 1948 erschien bereits diefünfte Auflage (heute elf). Das „KZ-Buch“ hingegen verkaufte sich nur langsam.Erst Jahre später kam der Durchbruch:1963 in Amerika verlegt, in derFolge fünf Mal das „Buch des Jahres“,bis 1995 neun Millionen Exemplareerschienen.Es war charakteristisch für Frankl,seine Bücher möglichst preisgünstigzu veröffentlichen und seineVorträge ohne Eintrittsgeld zu halten.Bei privaten Therapien hat ernach dem Krieg nie Geld verlangt,sondern allenfalls ein freiwilligesHonorar angenommen. Daß eineAusbildung in Logotherapie Geldkostet, war ihm zuwider. Alles, wasmit Hilfe an Menschen zu tun hat,sollte ehrenamtlich, zumindest aberkostenlos für den Empfänger sein.Alfried LängleNach dem Krieg engagierte sichFrankl als Bekämpfer der These von der„Kollektivschuld“. Er, der als Jude Jahreim Konzentrationslager durchlittenhatte, bezeugte aus eigenem Erleben,daß es sehr wohl auch SS-Leute gegebenhätte, die sich in humanitärer Gesinnungoft auch illegal für die Gefangeneneingesetzt hätten - auf eigeneKosten und eigene Gefahr.Nun begann auch eine vielbeachteteVortrags- und Vorlesungstätigkeit. 1947heiratete Frankl die KrankenschwesterEleonore Katharina Schmidt. 1949 erwarber mit seiner Arbeit „Der unbewußteGott“ ein Doktorat in Philosphie.In diesem Jahr kam auch das einzigeKind des Ehepaars Frankl zur Welt -Gabriele. (Sie studierte Psychologie, istverheiratet und Mutter zweier Kinder.)Vorträge in aller WeltIn den Sechzigerjahren wurde Franklinternational zu einem begehrten Referenten.Er unternahm an die hundertVortragsreisen in die USA, vier davonführten ihn rund um die Welt. Höhepunktder Einladungen stellte sicher einePrivataudienz bei Papst Paul VI. dar.Als er 1970 die Leitung der Poliklinikzurücklegte, erhielt er in Kaliforniendie erste Professur für Logotherapie. Indiesem Jahr erschien auch die erste Dissertationüber Logotherapie in Wien(weltweit waren es schon einige Dutzendgewesen). Frankl ist Verfasser von31 Büchern und über vierhundert Artikeln;Übersetzungen in 24 Sprachenliegen vor. Insgesamt erhielt er 28 (!)Ehrendoktorate.Frankls Arbeitsweise: die kleinstenDinge ebenso gründlich tun wie diegrößten und dafür die größten ebensoruhig wie die kleinsten - und dasUnangenehme immer früher machenals das Angenehme.In seinen letzten Jahren wurden Herzund Augenlicht schwach. 1996/97 hielter seine letzte Vorlesung. Am 2. September1997 starb er in Wien.P. André (vor allem nach: Alfried Längle,Viktor Frankl. Ein Porträt; Piper, 1998)20

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