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Determinismus in David Lynchs Mulholland Drive von Frank ...

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17beiden Frauen dort anstellen. Rita und Betty s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> gewisser Weise wie neugeborene K<strong>in</strong>der,Betty durch ihre Unbedarftheit, Rita durch ihre Amnesie. Sie suchen nach ihrer Identität undf<strong>in</strong>den nur e<strong>in</strong>e Rolle. Diese Art der Schicksalssuche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vom Unheimlichenbeherrschten Raum sche<strong>in</strong>t mir, ästhetisch gesehen, e<strong>in</strong>e Errungenschaft der letzten fünfzehnJahre zu se<strong>in</strong>. Sie f<strong>in</strong>den sie <strong>in</strong> ganz ähnlicher Weise <strong>in</strong> den Romanen des Japaners HarukiMurakami. Im Gegensatz zu Lynch ist bei Murakami die Suche nach dem Schicksal abernicht Absage, sondern Erfüllung der Identität, auch wenn sie sich – ich denke hier an denRoman Mr. Aufziehvogel- ebenfalls <strong>in</strong> unheimlichen, parallel angeordneten Se<strong>in</strong>sräumenvollzieht (das Motiv der parallelen Räume f<strong>in</strong>den Sie übrigens <strong>in</strong> <strong>David</strong> <strong>Lynchs</strong> LostHighway). Die Frage ist, warum Literatur und Film <strong>in</strong> den vergangenen Jahren den<strong>Determ<strong>in</strong>ismus</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fest der Bilder begehen. Natürlich ist es geradeKennzeichen der Moderne, ihren Individualismus gegen Determ<strong>in</strong>ismen anrennen zu lassen.Das ist etwa <strong>in</strong> den Romanen Kafkas bereits der Fall. Aber bei Kafka ist <strong>Determ<strong>in</strong>ismus</strong>letztlich säkular gefasst, es s<strong>in</strong>d Bürokratien, die sie verkörpern. Dasselbe gilt für die <strong>in</strong> denachtziger Jahren so populären Schriften Michel Foucaults. Noch heute ist die Zahl derDoktoranden enorm, die irgendwelche Texte nicht alle<strong>in</strong>, sondern mit Foucault lesen undgereizt reagieren, wenn man ihrem säkularen <strong>Determ<strong>in</strong>ismus</strong>, nach dem alles Macht sei und <strong>in</strong>Funktionen der Macht aufgehe, nicht folgen will. Man kann hier <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er grimmigen Lustam <strong>Determ<strong>in</strong>ismus</strong> sprechen. Das Erstaunliche der Ästhetik <strong>David</strong> <strong>Lynchs</strong>, Murakamis undanderer aber ist, dass der <strong>Determ<strong>in</strong>ismus</strong> hier nicht alle<strong>in</strong> als e<strong>in</strong> säkularer, durch Institutionenhergestellter ersche<strong>in</strong>t, sondern wieder metaphysisch wird. Ich glaube, dass dies mit e<strong>in</strong>emgewissen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel e<strong>in</strong>hergeht. Während Foucault und se<strong>in</strong>ezahlreichen Epigonen Macht <strong>in</strong> historisch fassbaren Institutionen verorten und ihrdiskont<strong>in</strong>uierliches Aufsteigen und Fallen beobachten, ist die Erfahrung der Globalisierungletztlich e<strong>in</strong>e andere: f<strong>in</strong>det der Diskurs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit an e<strong>in</strong>em bestimmten Ortstatt, ist die Erfahrung der Globalisierung e<strong>in</strong>e ubiquitäre. Man ist sich nicht mehr sicher, dassbestimmte Institutionen Ursache <strong>von</strong> Bemächtigungen des E<strong>in</strong>zelnen s<strong>in</strong>d. Alles hängt wiedermit allem zusammen. Das ist verwirrend und unheimlich. Außer der Chaostheorie bietet sichfür diese Erfahrung das gute alte Schicksal an. Es drückt Erfahrung aus, während Foucaults<strong>Determ<strong>in</strong>ismus</strong> so kontraempirisch ist, wie es der antike Fatalismus für uns heute zu se<strong>in</strong>sche<strong>in</strong>t. Das fatum verb<strong>in</strong>det sich daher mit Überzeugungen des 20. Jahrhunderts <strong>von</strong> derMacht der Institutionen. Das zeigt das Beispiel <strong>von</strong> Adam Kersher: Er gerät mit denProduzenten ane<strong>in</strong>ander, mit Trägern wirtschaftlicher Macht. Aber was er erlebt, sche<strong>in</strong>tgrößer zu se<strong>in</strong> als diese. Das fatum ist zurückgekehrt.

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