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Beitrag zur Geschichte der revolutionären Bewegung

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Bergleuten, auf den Werften, bei den Matrosen und im Metallbereich.Vom Sommer 1919 an än<strong>der</strong>te die Zentrale um Levi und Brandlerihre Position von Grund auf, wobei politische Hintergedanken eineRolle spielten. Sie wollten sich den Unabhängigen <strong>der</strong> USPD nähern,die die Opposition in den Gewerkschaften kontrollierten. DieZentrale um Levi und Brandler griff die Linke als eine „gewerkschaftliche“Tendenz an. Aber tatsächlich stellte diese Tendenznur eine Min<strong>der</strong>heit dar. Hauptsächlich gab es sie an <strong>der</strong> Wasserkante(Bremen und Hamburg um Laufenberg und Wolffheim, dievon einer deutschen IWW träumten) und in Sachsen um Rühle.Diese beiden Tendenzen unterschätzten die Existenz einer politischenPartei des Proletariats, die sie auf einen Propagandakreis fürdie Unionen reduzierten. Aber auf die große Mehrheit, die späterim April 1920 die KAPD bilden sollte, traf dies nicht zu. Sie verwarfden Anarchosyndikalismus und den unpolitischen revolutionärenSyndikalismus. Aus ihrer Sicht waren die Unionen nurKampforganisationen, die den Direktiven <strong>der</strong> Partei folgten. Deswegenwaren sie keine „Syndikalisten“, son<strong>der</strong>n gegenüber denGewerkschaften feindlich eingestellt (1).Während <strong>der</strong> nationalen Konferenz von Frankfurt im Aug. 1919sprach sich Levi sowohl für eine Arbeit in den Gewerkschaften alsauch für eine Beteiligung am Parlament aus. Auf dem Oktoberkongress(dem sog. Heidelberger Kongress) trug Levi eine Resolutionvor, obgleich diese vorher nicht in den Sektionen <strong>der</strong> Parteivor dem Kongress diskutiert worden war, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Ausschluss<strong>der</strong> Elemente vorgeschlagen wurde, die sich nicht an <strong>der</strong> Arbeit inden Gewerkschaften und am Parlament beteiligen wollten. AllePrinzipien <strong>der</strong> Arbeiterdemokratie in <strong>der</strong> Partei verwerfend (je<strong>der</strong>Bereich verfügte über eine Stimme unabhängig von ihrer Größe)und die Entscheidung <strong>der</strong> Konferenz von Frankfurt über Bord werfend,wurde <strong>der</strong> Zentrale das Recht zugestanden, die Linke auszuschließen.Und diese wurde dann, obwohl sie in <strong>der</strong> KPD dieMehrheit darstellte, ausgeschlossen. Es ist wichtig zu betonen,dass die ausgeschlossene Opposition sich weigerte, Laufenberg,Wolffheim und Rühle zu unterstützen, die sofort eine neue Parteibilden wollten. Diese Haltung (2), bis zum Ende für die Wie<strong>der</strong>eroberung<strong>der</strong> Partei zu kämpfen, war ein Merkmal <strong>der</strong> kommunistischenLinke <strong>der</strong> damaligen Zeit, und sie stand in dieser Hinsicht<strong>der</strong> Fraktion um Bordiga sehr nahe.Die holländische Linke solidarisierte sich mit <strong>der</strong> deutschen Linken.Pannekoek griff insbeson<strong>der</strong>e Radek an, <strong>der</strong> in theoretischerHinsicht Levi in dessen Kampf gegen die deutsche Linke unterstützte.Er griff die Annäherung zwischen <strong>der</strong> KPD und den Unabhängigenan, die aus seiner Sicht ein Abgleiten zum Opportunismusbedeutete (4). Diese Politik spiegelte eine kleinbürgerlicheVorgehensweise wi<strong>der</strong>, eine „blanquistische“ Auffassung von <strong>der</strong>Partei. Indem die unmarxistische Theorie vertreten wurde, dass eine„revolutionäre Min<strong>der</strong>heit die politische Macht ergreifen undsie in ihren Händen halten könnte“, rechtfertigte Radek nur dieDiktatur <strong>der</strong> Zentrale um Levi innerhalb <strong>der</strong> Partei. Seine Parteistand auch im Gegensatz <strong>zur</strong> Politik <strong>der</strong> Bolschewiki. Denn diesehatten im Okt. 1917 keine Diktatur <strong>der</strong> Partei, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Rätegewollt:„Das wirkliche russische Beispiel findet man in den Tagen vorNov. 1917. Dort hatte die Kommunistische Partei nie erklärt o<strong>der</strong>geglaubt, sie solle die Macht ergreifen und ihre Diktatur sei dieDiktatur <strong>der</strong> arbeitenden Massen. Sie erklärte immer, die Sowjets,die Vertreter <strong>der</strong> Massen, sollten die Macht ergreifen; sie selbststellte das Programm auf, kämpfte dafür, und als schließlich dieMehrheit <strong>der</strong> Sowjets die Richtigkeit dieses Programms erkannte,nahm sie die Herrschaft in die Hände“ („Der neue Blanquismus“,A. Pannekoek, in „Organisation und Taktik <strong>der</strong> proletarischen Revolution“S. 120). (1)Der Pannekoek des Jahres 1919 war noch nicht <strong>der</strong> rätekommunistischePannekoek <strong>der</strong> 30er und 40er Jahre. Wie diekommunistische Linke seit den 20er Jahren trat er auch für die unersetzbareRolle <strong>der</strong> Partei ein. Im Gegensatz zu den später von<strong>der</strong> bordigistischen Strömung erhobenen Vorwürfen haben Pannekoekund die holländische Linke nichts gemeinsam mit den PositionenRühles, <strong>der</strong> parteifeindlich und spontaneistisch war, und eineNachtrabpolitik gegenüber den Massen aufgrund eines demokratischenFormalismus betrieb:„Wir sind keine Fanatiker <strong>der</strong> Demokratie, wir haben keinen a-bergläubischen Respekt vor Mehrheitsbeschlüssen und huldigennicht dem Glauben, alles was sie (die Mehrheit) mache, sei gutund müsse geschehen“ (ebenda, S. 120).Die holländische Linke betonte immer die größeren Schwierigkeiten<strong>der</strong> Revolution in Westeuropa, <strong>der</strong>en Verlauf viel „langsamerund schwieriger sein würde“. Die Rezepte Radeks, um die Ereignissemit Hilfe einer Min<strong>der</strong>heitendiktatur in <strong>der</strong> Partei zu beschleunigen,führen nur zu einer Nie<strong>der</strong>lage.In den Län<strong>der</strong>n, in denen die alte bürgerliche Kultur noch vorherrschte,mit einem Geist des Individualismus und des Respektsgegenüber den ethischen Werten <strong>der</strong> Bourgeoisie, war die blanquistischeTaktik unmöglich. Nicht nur verwarf sie die Rolle <strong>der</strong>Massen als revolutionäres Subjekt, son<strong>der</strong>n sie unterschätzte auchdie Kraft des Feindes und die notwendige Arbeit <strong>der</strong> Propaganda<strong>zur</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Revolution. Nur die Entwicklung des Klassenbewusstseinsals ein schwieriger Prozess ermöglicht den Sieg<strong>der</strong> Revolution. Aus dieser Sicht verwarf Pannekoek zum erstenMal ausdrücklich die syndikalistische Taktik. Er unterstützte volldie deutsche Linke, die für die Bildung von Betriebsorganisationeneintrat (2). Viel weniger klar war dagegen die Position <strong>der</strong>Hollän<strong>der</strong> <strong>zur</strong> Frage des revolutionären Parlamentarismus. Pannekoekhatte eine Reihe von Artikeln in „Der Kommunist“ veröffentlicht,<strong>der</strong> als Organ <strong>der</strong> Opposition von Bremen erschien. Daringab es allerdings eine Haltung des zentristischen Hin- und Herschwankenszwischen <strong>der</strong> Rechten und Linken. Während die Unmöglichkeitdes Einsatzes des Parlamentarismus als „Methode“<strong>der</strong> proletarischen Revolution „im imperialistischen und revolutionärenZeitalter“ aufgezeigt wurde, schien Pannekoek die Arbeitauf <strong>der</strong> Parlamentstribüne in den weniger entwickelten Län<strong>der</strong>njedoch für möglich zuhalten. Dies hing ihm zufolge von <strong>der</strong> „Stärke,dem Entwicklungsgrad des Kapitalismus in jedem Lande ab“.Diese Theorie <strong>der</strong> „beson<strong>der</strong>en Fälle“ führte <strong>zur</strong> impliziten Verwerfungdes Antiparlamentarismus als ein neues Prinzip <strong>der</strong> revolutionären<strong>Bewegung</strong> im Zeitalter des dekadenten Imperialismus -„Periode <strong>der</strong> Krise und des Chaos“, und die weltweit in jedemLand gültig sei. Es ging also nicht mehr um eine Frage <strong>der</strong> Taktik,die man gemäß den Produktivkräften in einem Land zu bestimmenhatte. Obwohl diese Idee nur implizit entwickelt war, wurde sie imNachhinein von <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gehenden „bordigistischen“ Strömung(4) fortgesetzt.Die theoretische Auffassung <strong>der</strong> holländischen Linken entwickeltesich ziemlich langsam. Sie wurde bereichert durch die polemischeKonfrontation und durch die Erfahrung mit <strong>der</strong> deutschen Revolution.Dabei lernte sie sowohl von <strong>der</strong> deutschen Linken, wie auchdiese wie<strong>der</strong>um von <strong>der</strong> holländischen Linken. Es gab eine gegenseitigeBeeinflussung <strong>der</strong> verschiedenen Linken auf internationalerEbene. Das traf auch auf die italienische Linke zu. Die Kristallisierung<strong>der</strong> Position <strong>der</strong> kommunistischen Linken als ein Rahmenvon politischen Positionen wurde durch die Schaffung des AmsterdamerBüros <strong>der</strong> Kommunistischen Internationale weitgehendbegünstigt. Die Errichtung dieses Büros ist <strong>der</strong> Höhepunkt <strong>der</strong> internationalenAnerkennung <strong>der</strong> holländischen Linken in <strong>der</strong> revolutionärenWeltbewegung.3. DAS AMSTERDAMER BÜRO (1919-1920)Im Jahre 1919 befand sich das Zentrum <strong>der</strong> 3. Internationale in einemLand, das in einen Bürgerkrieg gestürzt worden war und im4

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