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HOHENZOLLERISCHE<br />
HEIMAT<br />
Herausgegeben vom<br />
W <strong>3828</strong> FX<br />
Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />
33. Jahrgang Nr. 1/März 1983<br />
Ehemalige Klosterkirche Inzigkofen, St. Johannes Bapt. Blick zum Chor. Die Kirche wurde 1780 von Christian Großhayer gebaut. Das Bild ist<br />
demneuen Thorheckehand »Christian Großbayer« von Eckart Hannmann und KarlWerner Steim entnommen. Foto: Thorbeckearchiv
CASIMIR BUMILLER<br />
»Ich bin des Teufels, wann er nur kam und holte mich!«<br />
Zwr Geschichte der Hexenverfolgung in Hohenzollern<br />
Die Hexenverfolgung in Europa gehört zu denjenigen geschichtlichen<br />
Erscheinungen, die sehr schwer zu verstehen<br />
und zu erklären sind, weil hierzu offensichtlich die rein<br />
historischen Methoden nicht mehr ausreichen; vielmehr müssen<br />
soziologische, psychologische, etnologische u. a. Deutungsansätze<br />
herangezogen werden. Dennoch ist seit mehr<br />
als hundert Jahren viel an der Entstehung der Hexenverfolgung<br />
herumgedeutet und -gedeutelt worden - allerdings kann<br />
man nicht sagen, daß wir bis heute diese Vorgänge zwischen<br />
ca. 1500 und 1750 gut verstehen gelernt hätten. Nun ist<br />
kürzlich ein sehr informatives Buch von G. Schormann 1<br />
erschienen - »Hexenprozesse in Deutschland« -, das diesen<br />
Mangel deutlich macht und aus dem man die Lehre ziehen<br />
kann, daß der Hexenforschung noch immer die quellenmäßigen<br />
Grundlangen fehlen. Seit J. Hansen (1901) 2 sind nicht<br />
mehr umfassende Quellen zur Hexenverfolgung ediert worden,<br />
und Hexenprozeßakten finden sich nur sehr verstreut<br />
und meist unzulänglich veröffentlicht. Es sind noch längst<br />
nicht aus allen Landschaften des früheren Deutschen Reiches<br />
die Hexenprozesse soweit gesichtet und bearbeitet, daß wir<br />
wenigstens halbwegs wüßten, wieviele Frauen und Männer<br />
Opfer dieser Verfolgungswelle(n) geworden sind. So können<br />
die Zahlenangaben von Hexen-Forschern gut zwischen einigen<br />
Hunderttausend und einigen Millionen schwanken -<br />
immerhin eine beträchtliche Differenz.<br />
1. Besinnung auf die Quellen<br />
Dies ist also bereits der erste Ansatz, wo wir gerade im<br />
Bereich einer kleinen Herrschaft aus den Sphären der Spekulation<br />
auf festen Boden herabsteigen können und müssen.<br />
Nun will ich nicht vorgeben, mit diesem kleinen Beitrag<br />
Pionierleistungen zu erbringen; die Hexenforschung in Hohenzollern<br />
ist mehr als hundert Jahre alt und besteht erfreulicherweise<br />
weitgehend in der Materialaufbereitung 3 . Zuletzt<br />
haben Rolf Burkarth 4 und J. A. Kraus 5 Listen der Opfer der<br />
Hexenverfolgung erstellt. Die wichtige (aber leider fast unzugängliche)<br />
Arbeit von Burkarth und die Kraus'sche Aufzählung<br />
der <strong>hohenzollerische</strong>n Hexenopfer behalten ihre volle<br />
Gültigkeit, zumal hier auf eine erweiterte Auflistung der<br />
Hexen aus Platzgründen verzichtet werden muß 6 . Diese<br />
Arbeit baut vielmehr auf den beiden genannten auf, sie sucht<br />
lediglich nach weiteren Hexenbelegen und wertet die Liste<br />
nach einigen Gesichtspunkten aus in der Erwartung, daß sich<br />
bereits hieraus Fragestellungen für die spätere inhaltliche<br />
Bearbeitung ergeben.<br />
Burkarth zählt in seiner Zulassungsarbeit 96 Opfer der<br />
Hexenverfolgung in ganz Hohenzollern auf, Kraus kommt<br />
auf die Zahl von 110 (plus einer ungenauen Anzahl weiterer<br />
Hexen). Beide benützten im wesentlichen die gleichen Quellen,<br />
und ihre Belege stimmen insofern weithin überein.<br />
Burkarth kennt zwar einige Hexen, die Kraus entgangen<br />
sind, insgesamt war letzterer jedoch fündiger. Beide Listen<br />
miteinander verglichen und gegeneinander ergänzt, ergibt<br />
sich eine Gesamtzahl von 126 ( + ) als Hexen verfolgten<br />
Personen im Bereich der Fürstentümer Hohenzollern-Sigmaringen<br />
und Hechingen in den Jahren zwischen ca. 1540 und<br />
1750. Dabei entfallen 106 Fälle von Hexereianklagen auf die<br />
Herrschaften Haigerloch, Hechingen und Trochtelfingen<br />
(Fürstenberg), also den Bereich des späteren Fürstentums<br />
Hechingen, und nur 20 Fälle auf die Herrschaften Gammertingen,<br />
Veringen und Sigmaringen. Wir sehen also, daß die<br />
2<br />
Hexenverfolgung im Bereich Hechingen-falls die Quellensituation<br />
nicht trügt - deutlich stärker grassierte als im Gebiet<br />
des Fürstentums Sigmaringen. Da die wenigen Prozesse in<br />
jenem Gebiet späte Ausläufer sind und in vielen Fällen gar<br />
nicht mehr den Charakter klassischer Hexenprozesse tragen,<br />
lasse ich sie hier einmal außer Acht und beziehe mich im<br />
folgenden nur auf die Herrschaften Trochtelfingen, Hechingen<br />
und Haigerloch mit seinen bisher bekannten 106 Fällen.<br />
Die oben genannten Zahlen wurden anhand des Prozeßmaterials<br />
im Staatsarchiv Sigmaringen ermittelt. Wenn wir nun<br />
nach Vollständigkeit streben, stellt sich die Frage, ob damit<br />
wirklich alle Personen erfaßt sind, die je vor den Justizbehörden<br />
als Hexen denunziert worden sind, oder ob es nicht<br />
weitere Quellen gibt, die uns neues Material liefern können.<br />
Schormann weist darauf hin, daß er Belege zur Hexenverfolgung<br />
sogar in ganz entlegenen Wirschaftsakten gefunden<br />
habe. In Hohenzollern finden sich ebenfalls weitere Hexereifälle<br />
in einer bekannten aber noch wenig ausgeschlachteten<br />
Quellengattung, den Urfehden.<br />
2. Neue Hexenbelege in Hohenzollern<br />
Urfehden (oder Urpheden) waren vom 14. bis 17. Jahrhundert<br />
eine gebräuchliche Form der Strafverfolgung, die eigentlich<br />
ein sehr eigenartiges Gemisch aus Bestrafung und »Strafbefreiung«<br />
darstellen. Sie sind in der Form von Urkunden<br />
gehalten und in feierlich-formelhafter Sprache nach streng<br />
formalisiertem und ritualisiertem Aufbau abgefaßt. Der Delinquent<br />
wird dabei in der Regel auf Fürsprache von Verwandten<br />
und Bekannten aus der Haft entlassen gegen eine<br />
Reihe von Bedingungen: er verspricht, nicht rückfällig zu<br />
werden und stellt hierfür eine Gruppe von Bürgen meist aus<br />
seiner Verwandtschaft; er verspricht, nicht gegen seine Denunzianten,<br />
gegen die Richter, herrschaftlichen Beamten und<br />
Gefängniswächter zu unternehmen; er verspricht, kein anderes<br />
Gericht in der fraglichen Sache gegen den Grafen/Fürsten<br />
anzurufen. Hinzu kommt die Umwandlung der Haftstrafe in<br />
eine andere Form, je nach Vergehen, und die Übernahme<br />
aller Kosten, die der Fall der »Staats«kasse verursacht hat.<br />
Moralisch werden die Verpflichtungen des Verurteilten<br />
durch einen heiligen Eid untermauert: er schwört die Urfehde<br />
»bei Gott und allen Heiligen mit erhobener Hand«.<br />
Im Staatsarchiv Sigmaringen sind unter der Rubrik Ho ICH<br />
2aa mehrere Hundert solcher Urfehden für Hohenzollern-<br />
Hechingen im Original oder in Abschriften erhalten (15.-17.<br />
Jh.). Bei der Durchsicht dieser Akten für alle Orte des<br />
Fürstentums Hohenzollern-Hechingen bin ich auf insgesamt<br />
neun Fälle von Hexerei(-verdacht) gestoßen, davon sechs<br />
Fälle, die bei Burkarth und Kraus fehlen, d. h. zu den bisher<br />
bekannten 106 Opfern der Hexenverfolgung kommen sicher<br />
diese secl^s neu hinzu:<br />
1) Agnes Knechtlin, Jacob Maurers Wwe., Grosselfingen<br />
1551<br />
(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 1 [Pak. 260], foll. 69r-70v)<br />
2) Barbara Mayrin, Georg Becks Frau, Jungingen 1568<br />
(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 1 [Pak. 260], foll. 344v-346r)<br />
3) Margaretha Richin, Jungingen, Zaubereiverdacht 1577<br />
(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 16 [Pak. 264])<br />
4) Margaretha Karrin, Grosselfingen 1610<br />
(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 11 [Pak. 263])
Verteilung und Häufigkeit der Hexenklagen<br />
5) Magdalena Rüdin, Wwe. in Rangendingen 1615<br />
(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 19 [Pak. 264])<br />
6) Anna Siegerin, Boll 1648<br />
(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 8 [Pak. 262])<br />
Hinzu kommt eine Urfehde der später hingerichteten Hexe<br />
Margaretha Hirrlingerin aus Weilheim von 1604, der Hexerei<br />
und Umgang mit einer verurteilten Hexe vorgeworfen wurde<br />
(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 28 [Pak. 265]; vgl. Kraus Nr. 40).<br />
Die Urfehden der Herrschaft Haigerloch hat G. Richter<br />
ausgewertet 7 . Er berichtet in seinem Untersuchungsgebiet<br />
ebenfalls von neun Fällen von Hexereiverdacht.<br />
Ein Blick in die Haigerlocher Urfehden zeigt, daß es sich um<br />
zehn verschiedene Personen handelt, die dort der Hexerei<br />
beschuldigt wurden; auch diese zehn Hexenopfer waren<br />
bisher nicht bekannt:<br />
1) Brisca Hammin, Hans Khenzelmanns Frau, und<br />
2) Barbara Klenckh, Adam Bürckhlins Frau, beide<br />
Heiligenzimmern, Verdacht der Zauberei<br />
und des Hexenwerks; Hausarrest 1589<br />
3) Maria Selline, Michel Speedts Wwe., Stetten b. Hgl.;<br />
1592<br />
Landesverweis (Reg. Nr. 53)<br />
4) Ottilia, Hans Nuffen Frau, Imnau 1593<br />
(Reg. Nr. 55)<br />
5) Katharina, Michel Böcks Wwe., Empfingen; Landesverweis<br />
1605<br />
(Reg. Nr. 70)<br />
6) Walpurga Koler, Michel Brauns Frau, Gruol 1609<br />
gerät erneut in Verdacht, wird auch beim zweiten u. 1612<br />
Mal wegen ihres hohen Alters nur unter Hausarrest<br />
gestellt (Reg. Nr. 84 u. 103)<br />
7) Agnes Wolpert, Jörg Beutters Frau, Imnau 1610<br />
wurde des Landes verwiesen und nach einer<br />
Heimkehr 1612<br />
erneut ausgewiesen (Reg. Nr. 93 u. 100)<br />
8) Hans Erdtrich, Steinmetz in Gruol 1613<br />
wird des Landes verwiesen, darf aber auf seinen<br />
Wunsch eine Wallfahrt nach Santiago di Compostella<br />
machen (Reg. Nr. 105)<br />
9) Margaretha Diener, Jörg Steckhs Wwe., Empfingen;<br />
1624<br />
(Reg. Nr. 127)<br />
10 Jakob Haußer, Beck und Gastwirt in Empfingen 1625<br />
auf Beschuldigung hingerichteter Hexen wegen<br />
Zauberei im Gefängnis (Reg. Nr. 130)<br />
Insgesamt bedeutet dies: es lassen sich für die Grafschaft/<br />
das Fürstentum Hechingen mit den Albgemeinden und<br />
für Haigerloch durchaus außerhalb der einschlägigen<br />
Hexenprozeßakten noch Belege zur Hexenverfolgung<br />
finden, wenn sich auch der Eindruck ergibt, daß sich<br />
damit allerdings unsere Möglichkeiten weitgehend erschöpft<br />
haben. Zu den bisher bekannten 106 Opfern<br />
kommen also die hier aufgeführten hinzu. Vielleicht wird<br />
sich bei weiterer Sichtung der Akten und durch Zufallsfunde<br />
die Zahl der belegbaren Fälle noch auf vielleicht 130<br />
erhöhen lassen - und das mag der Wirklichkeit durchaus<br />
nahekommen -, mehr werden die Quellen m.E. jedoch<br />
kaum hergeben. Wenn man die Vergleichszahlen bei<br />
Schormann 8 für andere Gebiete und Herrschaften bezieht,<br />
dann erscheint der so ermittelte Umfang der Hexenverfolgung<br />
im Raum Hechingen bereits verhältnismäßig<br />
groß, und das Fürstentum fügt sich damit ohne<br />
weiteres in den südwestdeutschen Raum als einem Gebiet<br />
besonders starker Hexenverfolgung ein.<br />
3. Die Zahl der Hexenopfer in Deutschland<br />
Nachdem wir nun für unseren Raum eine relativ wahrscheinliche<br />
und vermutlich endgültige Zahl der Opfer der Hexenverfolgung<br />
haben, können wir versuchen, die Schätzungen in<br />
Millionenhöhe für das Deutsche Reichsgebiet kritisch zu<br />
beleuchten. Bei 130 Hexen im Untersuchungsgebiet würden<br />
durchschnittlich etwa drei auf jeden der 41 Orte entfallen.<br />
Nehmen wir an, die Hexenverfolgung hatte das ganze Deutsche<br />
Reich gleichmäßig betroffen, so kämen wir hochgerechnet<br />
bei 138000 selbständigen Orten im Reichsgebiet (Grenzen<br />
von 1933) auf ca. 400000 Opfer der Hexenverfolgung.<br />
Oder ein anderes Exempel: Die beste Arbeit über Hexenprozesse<br />
in Südwestdeutschland, die des amerikanischen Wissenschaftlers<br />
H. C. E. Midelfort 9 ermittelt für ein Gebiet, das<br />
3
etwa dem heutigen Baden-Württemberg entspricht, 3229<br />
Hexenprozesse. Dabei hat er eine Reihe von Akten nicht<br />
auswerten können, und viele Hexenbelege werden auch<br />
anderswo wie in Hohenzollern nicht nur in den Prozeßakten<br />
zu finden sein. Da sich Midelfort für Hohenzollern auf die<br />
Arbeit von Burkarth stützt, sind ihm hier eben nur 3 A der<br />
tatsächlichen Fälle bekannt. Aber selbst wenn wir seine Zahl<br />
auf rund 6450 für das Gebiet Baden-Württembergs verdoppeln<br />
und diese Zahl auf das Reichsgebiet hochrechnen (mal<br />
14), so kamen wir nur auf ca. 90000 Hexenfälle.<br />
Rechnungen dieser Art beweisen natürlich nichts - man muß<br />
eben für jede Landschaft genaue Zahlen aus den Archiven<br />
ermitteln und diese addieren -, aber sie können doch unser<br />
Wahrscheinlichkeitsempfinden schärfen. Schormann kommt<br />
nach seiner Rechnung 10 ebenfalls auf eine Zahl von nicht ganz<br />
100000 Hexenprozessen, was durchaus zutreffen kann, da<br />
weite Gebiete Deutschlands von der Hexenverfolgung verschont<br />
oder fast verschont blieben und die Intensität der<br />
Hexenjagd auch sonst stark differierte. Insgesamt laufen alle<br />
Überlegungen, die auf Quellenstudium aufbauen, darauf<br />
hinaus, daß wir von der Vorstellung von Millionen Prozeßopfern<br />
- auch im europäischen Maßstab - Abschied nehmen<br />
müssen. Solche Phantasiezahlen beruhen offensichtlich darauf,<br />
daß das Ungeheure dieser Ereignisse durch ungeheuer<br />
hohe Zahlen ausgedrückt werden sollte, die jedoch in der<br />
Realität keine Stütze finden.<br />
4. Verfolgungswellen in Hohenzollern<br />
Wir können nun versuchen, unsere Liste von 122 bekannten<br />
Hexenopfern in Hohenzollern-Hechingen nach einigen Gesichtspunkten<br />
auszuwerten. Dabei interessiert zunächst die<br />
zeitliche und die örtliche Verteilung der Hexenfälle. Das eine<br />
läßt sich übersichtlich in einem Schaubild mit der Anzahl der<br />
Hexenuntersuchungen pro Jahr darstellen, das andere am<br />
besten in einer Karte.<br />
Das Schaubild zeigt, daß die Hexenverfolgung im Untersuchungsgebiet<br />
in Wellen erfolgte, wie in den übrigen deutschen<br />
Territorien auch. Wenn Schormann die Höhepunkte<br />
der Verfolgung auf die Jahre 1590, 1630 und 1660 legt, dann<br />
fügt sich der Befund für Hohenzollern hier ungefähr ein,<br />
wenn auch mit Abweichungen. Man erkennt, daß die Prozesse<br />
im 16. Jahrhundert ganz allmählich und vereinzelt beginnen,<br />
um 1590 erstmals ansteigen, um 1596 und 1598 einen<br />
ersten Höhepunkt zu erreichen. Dann beginnt mit dem<br />
zweiten Höhepunkt 1610 eine Welle, die praktisch bis 1630<br />
anhält. Und eine dritte Welle mit abebbender Tendenz reicht<br />
von 1640 bis 1655. Danach läuft die Verfolgung im Hechinger<br />
Raum mit vereinzelten Untersuchungen bis 1670 aus. Auffällig<br />
ist, daß die Verfolgung in den benachbarten Herrschaften<br />
des Fürstentums Sigmaringen nach unserem bisherigen Wissen<br />
erst jetzt, um 1650, beginnt - eine Tatsache, der man<br />
einmal nachgehen sollte.<br />
Aber auch in den hier untersuchten Herrschaften gibt es<br />
Unterschiede. So läßt etwa die fürstenbergische Herrschaft<br />
Trochtelfingen nur in den Jahren 1588 und 1598 - dann aber<br />
nach Massenprozessen - Hexen brennen. In Haigerloch gibt<br />
es Prozeßserien 1598, 1615-17, 1629/30 und 1651/52. Die<br />
zeitlich stärkste Verteilung von Hexenprozessen über den<br />
längsten Zeitraum und entsprechend mit den meisten Opfern<br />
trifft demnach die alte Grafschaft Zollern mit Hechingen im<br />
Mittelpunkt. Hier wurden nicht weniger als 75 Frauen Opfer<br />
der Hexenverfolgung, nach den neuen Funden mehr als<br />
doppelt soviele wie Burkarth kannte.<br />
5. Hexenzentren<br />
Betrachten wir nun noch die örtliche Verteilung der Hexenopfer,<br />
dann erhalten wir folgende Tabelle, die sich auf eine<br />
Karte übertragen läßt:<br />
4<br />
Herrschaft Trochtelfingen Grafschaft Zollern/<br />
Meldungen 4 Ftm. Hechingen<br />
Salmendingen 4 Hechingen 23<br />
Ringingen 2 Rangendingen 18<br />
Auswärtige 1 Jungingen 8<br />
11 Weilheim 6<br />
Owingen 3<br />
Herrschaft Haigerloch Hausen i. K. 3<br />
Gruol 6 Burladingen 2<br />
Imnau 6 Grosselfingen 2<br />
Empfingen 6 Hörschwag 2<br />
Stadt Haigerloch 4 Bechtoldsweiler 1<br />
Trillfingen 3 Sickingen 1<br />
Stetten b. Hgl. 3 Beuren 1<br />
Heiligenzimmern 3 Boll 1<br />
Bittelbronn 2 Wessingen 1<br />
Bietenhausen 1 (Schlatt, 1660 in 1<br />
Höfendorf 1 Gammertingen verbrannt)<br />
Auswärtige 1 Auswärtige 2<br />
36 75<br />
Es fällt auf, daß in der Grafschaft Zollern das Kirchspiel um<br />
Bisingen/Steinhofen von der Verfolgung offensichtlich völlig<br />
verschont blieb, während bestimmte Dörfer auffällig viele<br />
Hexen »produziert« haben. Neben der Stadt Hechingen<br />
stechen besonders die Orte Rangendingen, Jungingen und<br />
Weilheim ins Auge, in der Herrschaft Haigerloch fallen<br />
besonders Gruol, Empfingen und Imnau auf. Von ganz<br />
besonderem Interesse dürfte es sein, einmal die Rangendinger<br />
Hexen zu untersuchen, weil hier in den Massenprozessen von<br />
1598 und 1610 einiger Aufschluß über das soziale und<br />
psychologische Umfeld des Verfolgungssyndroms zu erwarten<br />
wäre.<br />
6. Wer waren die Hexen f<br />
Diese Frage ist vielfach schon beantwortet worden. Trotzdem<br />
noch einige Bemerkungen zur »typischen Hexe«, wie sie<br />
sich aus dem <strong>hohenzollerische</strong>n Material ergeben. Es ist<br />
bekannt, daß die Hexenverfolgung hauptsächlich Frauen<br />
betraf. Der Prediger Geiler von Kaysersberg sagte schon im<br />
16. Jahrhundert, »wenn man einen Mann verbrennt, so<br />
brennt man wohl zehn Frauen«. In Hohenzollern verschob<br />
sich dieses Verhältnis noch mehr zugunsten der Männer: auf<br />
die 122 belegten Hexenopfer kamen nur fünf Männer (darunter<br />
drei Zauberer). Eine gängige Ansicht ist, daß es sich bei<br />
Hexen hauptsächlich um Hebammen gehandelt habe. Dies<br />
läßt sich jedoch mit dem <strong>hohenzollerische</strong>n Material nicht<br />
bestätigen. Zwar gehörten Hebammen wegen ihrer Möglichkeit,<br />
an ungetaufte Kinder heranzukommen (deren Fett nach<br />
der Hexenlehre Bestandteil der Hexensalbe war), zu den<br />
gefährdeten Personen, doch in unserem Raum spielte diese<br />
Gruppe offensichtlich keine bedeutende Rolle. Nur zwei<br />
Hexen sind ausdrücklich als Hebammen gekennzeichnet;<br />
und selbst wenn einige andere ebenfalls Hebammen gewesen<br />
sein sollten, so würden sie doch nur eine kleine Gruppe unter<br />
den verfolgten Frauen bilden.<br />
Was die soziale Herkunft der Hexen angeht, so konnten<br />
grundsätzlich Personen jeden Standes in den Ruf der Hexerei<br />
geraten. Oft sind hochgestellte Persönlichkeiten und sogar<br />
Geistliche (Würzburg) Opfer der Verfolgung geworden.<br />
Auch in Hohenzollern endeten sechsmal Frauen von Dorfvögten<br />
oder Amtspersonen auf dem Scheiterhaufen, aber es<br />
unterliegt keinem Zweifel, daß die überwiegende Mehrzahl<br />
der Hexen den dörflichen Unterschichten entstammte. Und<br />
es kommt noch mehr dazu. 22 Hexen erscheinen ausdrücklich<br />
als Witwen; bei sehr vielen anderen kann man den<br />
Witwenstand voraussetzen. Überdies ist es für viele Fälle<br />
typisch, daß es zugezogene, eingeheiratete Frauen sind, die es
trifft, d. h. solche Frauen sind besonders gefährdet zur Hexe<br />
zu werden, die keinen oder geringen Rückhalt in Ehe, Familie<br />
und Sippe haben.<br />
Wenn man an die große Zahl Witwen denkt, die sich unter<br />
den Hexen befanden, dann liegt von vorneherein auf der<br />
Hand, daß es überwiegend Frauen mittleren und höheren<br />
Alters waren. Erst in der Endphase der Hexenverfolgung<br />
trifft es immer häufiger jüngere Frauen und Kinder (vgl. die<br />
Fälle in Hohenzollern-Sigmaringen).<br />
7. Strafarten<br />
Es ist eine gängige und aus der moralischen Entrüstung<br />
moderner Betrachter vielleicht verständliche Anschauung,<br />
daß die Hexenverfolgung unerbittlich und sadistisch war und<br />
zielsicher immer auf dem Scheiterhaufen endete; differenziert<br />
und wissenschaftlich ist dieses Urteil jedenfalls nicht. Wenn<br />
man vermeiden will, die Strafverfolgung jener Zeit ins Monströse<br />
und damit Irrationale abgleiten zu lassen, muß man die<br />
Möglichkeiten unterscheiden, die ihr zur Verfügung standen.<br />
Natürlich endeten die allermeisten Anklagen gegen Hexen<br />
mit der Todesstrafe in der Regel durch das Feuer. Aber bei<br />
einer großen Zahl von Prozessen ist uns das Urteil erst einmal<br />
gar nicht überliefert. Und überdies ist es auch Tatsache, daß<br />
eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Angeklagten mit<br />
dem Leben davon kam. Das betrifft z.B. alle jene Fälle, die<br />
uns in den Urfehden bekannt geworden sind; Urfehden<br />
stellen ja gerade eine Strafumformung dar. Das sind nun aber<br />
mindestens jene 16 Fälle, die in den Urfehden gefunden<br />
werden konnten, also - gemessen an 130 zu erwartenden<br />
Hexenopfern - immerhin schon gegen ein Achtel aller Hexen.<br />
Um nun jedoch diese Fälle von Erlaß der Todesstrafe ins<br />
rechte Licht zu rücken, muß man die tatsächlichen Strafen<br />
betrachten. Diese genannten Hexen kamen zwar mit dem<br />
Leben davon, aber unter welchen Bedingungen ? So wird etwa<br />
die Strafe des Landesverweises angewendet bei Agnes<br />
Knechtlin aus Grosselfingen (1551), Margaretha Richin aus<br />
Jungingen (1577) oder Martha Schetterin aus Beuren (1669;<br />
Nr. 96 bei Kraus). Eine andere Methode, Hexen und Zauberinnen<br />
unschädlich zu machen, ist der lebenslange Hausarrest,<br />
wie er in einigen neuen Belegen zutage tritt. So klagt sich<br />
1568 die Jungingerin Barbara Mayerin, Georg Becks Frau,<br />
selbst an, »... Das ich vor villenn Jaren vnnd noch in dem<br />
gemainen Verdacht bey menigelichen kommen vnnd gentzlich<br />
verargwont vnd verleimbt worden alß sollte ich mit dem<br />
laidigenn Sattan oder boßen Feindt zu schickhen vnd zu<br />
schaffen haben. Vnd Hexenwerckh vmbgehn vnnd Menschen<br />
vnndt Viech schaden zuefüegen, mich etlich mallen auch in<br />
Sachen selbs aigens muettwillens vnerbetten eingetrungen<br />
vnnd Sachen vnnderstannden zuverichten, so mir nit geratten,<br />
sonnder mißlungen vnnd schaden darauß ervolgtt vnnd<br />
dergleichen...« Sie wird unter folgender Bedingung aus dem<br />
Gefängnis entlassen: »Ich soll vnnd will mich auch bei<br />
obgethonnem in meinem geschwornnen Aidt die Zeit vnnd<br />
Tag, so lanng mich Gott im Leben last, zu Verhiettung vnd<br />
Ablainung hanndt ergernuß, vermuetung, Arckhwons vnnd<br />
Verdachts in meiner Behaußung enthalten über denn Haußschwellen<br />
herauß vnnd anderstwohin nimermehr gen, wandlen,<br />
straiffen noch kommen, weder geladen noch vngeladen,<br />
weder gepetten noch vngebeten, weder bey Tag oder Nacht,<br />
es werde dann vonn wolgedachtem M. g. H. oder ir Gn. Ober<br />
vnnd Vnnder Ampttleutt von ir gnaden wegen auß sondern<br />
gnaden mir widerumb erlaubtt vnnd zuegelassen.« Dies<br />
bedeutet also praktisch lebenslangen Hausarrest. Dieselbe<br />
Strafe trifft auch Anna Stegerin 1648, die einzige bisher<br />
bekannt gewordene Hexe aus Boll, oder etwa Walpurga<br />
Koler aus Gruol 1609 und 1612.<br />
8. Zum Verhältnis von Zauberei und Hexerei<br />
An dieser Stelle ergibt sich die Frage nach der Definition eines<br />
Opfers der Hexenverfolgung. Wir würden sicher nicht das<br />
Ausmaß und die Intensität des Hexenglaubens erfassen,<br />
wenn wir die zum Tod verurteilten Hexen von den anderen<br />
trennten. Jeder, der in den Ruf und in den Verdacht der<br />
Hexerei kommt, ist Opfer des Hexenglaubens, selbst wenn<br />
der Verdacht zurückgenommen werden muß, wie in wenigen<br />
Fällen. Nur so wird das Ausmaß der Verängstigung der<br />
Bevölkerung recht sichtbar. Auch die Anklage der (Schaden-<br />
Zauberei ist im Klima der Hexenverfolgung schon ein<br />
schwerwiegender Vorwurf. Ich zähle also wie Kraus und<br />
Burkarth auch die wenigen Zauberer und Zauberinnen zu den<br />
Opfern der Hexenverfolgung. Schormann will hier zwar eine<br />
strenge Trennung vollzogen wissen 11 . Zauberei ist nach<br />
seiner Definition nur ein kleiner Bestandteil der Hexerei, zu<br />
der noch neben der schädigenden Anwendung magischer<br />
Praktiken Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft und Hexensabbat<br />
hinzutreten. Nun ist diese rein akademische Trennung von<br />
Zauberei und Hexerei zwar absolut richtig, aber was bringt<br />
sie für unser Verständnis des Hexenwahns? Natürlich ist<br />
Zauberei nur ein Bestandteil von Hexerei, aber wer auf dem<br />
Dorf Zaubermittel kennt, ist immer in der Gefahr, bei<br />
Mißerfolgen verdächtig zu werden. Wessen Zaubermittel<br />
schaden, wird immer schon tendenziell mit dem Teufel in<br />
Verbindung gebracht. Und wer einmal in diesem Ruf steht,<br />
mag möglicherweise längere Zeit »geschoren« davonkommen,<br />
aber die Gefahr ist groß. In diesem Zusammenhang ist<br />
die Urfehde der Margaretha Hirrlingerin aus Weilheim von<br />
1604 sehr wichtig, die übrigens ahnen läßt, wie bedeutsam<br />
gerade die Urfehden für die Erforschung der Hexenverfolgung<br />
sein könnten. Bisher war bekannt, daß Margaretha<br />
Hirrlingerin im Jahr 1610 als Hexe verbrannt wurde (Nr. 40<br />
bei Kraus). Mit dieser Urfehde kommt nun ans Licht, daß<br />
offensichtlich dieselbe Margaretha bereits 1604 im Verdacht<br />
der Hexerei stand und des Umgangs mit einer Hexe geziehen<br />
wurde. Die »Laufbahn« einer Hexe konnte also durchaus mit<br />
Zauberei beginnen, die sogleich den Verdacht der Hexerei<br />
nach sich zog.<br />
9. Ein Zaubereiprozeß von 1577<br />
Man kann also Zauberei von Hexerei nicht so prinzipiell<br />
trennen, wie dies Schormann fordert. Dies zeigt auch die<br />
Urfehde der Margaretha Richin aus Jungingen (1577), der<br />
zwar nur Zauberei »nachgewiesen« wurde, die aber von der<br />
Anklage doch auf die Teufelsbuhlschaft festgenagelt werden<br />
sollte. Der Fall ragt insgesamt nicht besonders heraus, aber<br />
für unseren Zusammenhang ist er doch sehr aufschlußreich.<br />
Quellenkundlich ist er insofern von Bedeutung, als dies eine<br />
der seltenen Urfehden ist, deren das Verhandlungsprotokoll<br />
beigelegt ist: zehn schwer lesbare Seiten mit Anklage, Verteidigung<br />
und Zeugenaussagen, so daß hier einmal der Hintergrund<br />
zur formal und inhaltlich »blutarm« gehaltenen Urfehde<br />
mitgeliefert wird. Die Anklage durch den Hechinger<br />
Schultheiß Caspar Lorch lautet: »...daß sie sich deß Eepruchs<br />
mit andern Mannen gepraucht onangesehen, das si ain<br />
aignen Eeman gehapt ... Zum andern so hab sy verschiner<br />
Zeit Melchior Burckharts Döchterlin zu Jungingen gelempt<br />
an beiden Knien mit ir Zauberei ... Den 4ten Articul, das si<br />
sich soll dem Besen [Bösen] ergeben haben...«<br />
Aus der Verteidigung der Margaretha Richin und den Aussagen<br />
von fünf Frauen und zwei Männern aus Jungingen läßt<br />
sich der Hergang folgendermaßen rekonstruieren: Die Tochter<br />
des Melchior Burckarth aus Jungingen war an den Knien<br />
und Augen krank. Offensichtlich stand Margaretha im Ruf,<br />
heilende Kräfte zu besitzen, denn der verzweifelte Vater hatte<br />
sie mehrmals gebeten und ihr laut einer Zeugenaussage »mit<br />
5
der Faust vnd letstlich mit dem Wöhr [Gewehr] gethroet, sy<br />
mieß seinem Khind helffen«. Eine Augenzeugin hat gesehen,<br />
wie die Heilerin - so gezwungen - dem kranken Mädchen die<br />
geschwollenen Knie bestrichen habe, »do sei es hinweg<br />
gangen als wan im nichts prest« - aber an den Augen konnte<br />
sie dem Kind nicht helfen. Drei Zeuginnen erzählen, daß die<br />
Heilkundige der Mutter des Kindes geraten habe, ein Katzen-<br />
Werk (?) zur Engelswiese zu tragen (= eine Wallfahrt nach<br />
Engels wies zu machen?) und dem Kind ein Hühnlein zu<br />
braten; der einen Zeugin habe die Angeklagte jedoch beim<br />
Lichtgang erklärt, »dem Khind werde nimmer geholffen«.<br />
Einige Zeit darauf, als die Angeklagte Besuch bekam, buk sie<br />
Pfannkuchen, von denen sie zwei dem kranken Kind brachte.<br />
Aber die Mutter klagte später, »mein Khind thuet nichts dan<br />
schreyen, ... seither es die Pfannenkuechen gessen«.<br />
Wer sich auf die komplizierten Künste der Volksheilkunde<br />
und sympathetischen Rezepte versteht, wer die Kräfte der<br />
weißen Magie anrufen kann, der ist der Arzt der armen Leute.<br />
Wo jedoch der Heilerfolg ausbleibt, muß Schaden zugefügt<br />
worden sein. Wer Schaden zufügen kann, ist aber ein Zauberer.<br />
Und von der Zauberei zum Teufelspakt ist oft ein kleiner<br />
Schritt... An diesem Punkt fällt den Zeugen und Zeuginnen<br />
ein äußerst verdächtiger Ausruf der Angeklagten ein, den der<br />
Anklagevertreter auch entsprechend breittreten läßt. Der<br />
erste Anklagepunkt gegen Margaretha Richin war ja Ehebruch.<br />
Als man sie wegen dieses Vergehens in ihrem Haus<br />
abholte, waren vier der sieben Zeugen anwesend. Alle erinnern<br />
sich, was die Angeklagte angesichts der Büttel in ihrer<br />
Verzweiflung gerufen hatte, und alle zitieren den belastenden<br />
Satz im gleichen Tenor. Sie »sei... vor dem Haus gestanden,<br />
gesagt, wan nur der Teuffei kern vnd holet si, wolt sie auff dise<br />
Nacht ain Unhold werden, vnd sy sey sein«. Oder in einer<br />
zweiten Version: »... als man si gefangen, sei si damalen vir<br />
das Haus gloffen, die Hend ob dem Kopff zusamen geschlagen,<br />
sagte, si sey des Teuffels, wan er si nur holete...« Der<br />
Büttel, der sie gefangen nehmen mußte, hat den Satz auch<br />
gehört: »E, ich bin des Teuffels, ich weis, das ich sein bin,<br />
wan er nur kheme vnd holet mich.« Und dem Wächter, der<br />
sie bewachen mußte, hat sie gesagt, es »solle si der Teuffei<br />
holen (am Rand: mit Leib vnd Seel)«. Der Vogt hatte sie noch<br />
beschwichtigt, sie »soll solliche Wort nit reden«, weil er<br />
natürlich wußte, wie sie sich mit diesem verzweifelten Ausruf<br />
selbst belastete, aber der so gut belegte Satz bewog natürlich<br />
die Anklage, der armen Frau den Pakt und die Buhlschaft mit<br />
dem Teufel nachzuweisen, und das Gericht beschloß auch<br />
folgerichtig, die Angeklagte mit diesem Ziel foltern zu lassen.<br />
Da jedoch offensichtlich auch diese Tortur ihr das gewünschte<br />
Geständnis nicht entlockt hat, blieb es bei der Verurteilung<br />
wegen Zauberei; die Strafe war der Landesverweis. In ihrer<br />
Urfehde mußte Margaretha Richin schwören: ich »soll vnnd<br />
will irer Gnaden Land-, Graff- vnnd Herrschafft meydenn<br />
vnnd mich strackhs (am Rand: in Monats frist) darauß<br />
machen vnnd nit mehr darein khomen noch finden lassen«.<br />
10. Schluß<br />
Welche Schlußfolgerungen ergeben sich aus der bisherigen<br />
Darstellung? Angeregt durch neuere Arbeiten zur Geschichte<br />
der Hexenverfolgung in Südwestdeutschland und im gesamten<br />
Gebiet des Deutschen Reichs sollte versucht werden, für<br />
den relativ kleinen Bereich der beiden Fürstentümer Hohenzollern<br />
eine vorläufige Bilanz der Hexenverfolgung zu ziehen.<br />
Dabei sollte zunächst als faktische Grundlage die Zahl<br />
der Hexenopfer auf den neuesten Stand gebracht werden.<br />
Durch vorliegende Arbeiten und eigene Bemühungen sind<br />
inzwischen mindestens 122 Hexen im Bereich der Herrschaften<br />
Haigerloch, Hohenzollern-Hechingen und Trochtelfingen<br />
(und 142 in ganz Hohenzollern) quellenmäßig zu belegen<br />
- eine Zahl, die wohl nur noch durch Zufallsfunde unwesent-<br />
6<br />
lich überschritten werden dürfte. Mit Hilfe dieser Zahl haben<br />
wir versucht, das Ausmaß der Hexenverfolgung im gesamten<br />
Reich realistischer zu fassen als dies häufig getan wird.<br />
Man kann diese Zahl mit einfachen statistischen Methoden<br />
nach ihrer zeitlichen und räumlichen Verteilung auswerten in<br />
der Hoffnung, daß allein die sich so ergebenden Bilder den<br />
Weg der weiteren Beschäftigung weisen. Z. B. wird in der<br />
Karte sichtbar, daß neben der Stadt Hechingen besonders die<br />
Dörfer Rangendingen, Jungingen und Weilheim Hexen hervorgebracht<br />
haben. Gerade eine Untersuchung dieser Orte<br />
und ihrer Hexen könnte vielleicht den Anteil der dörflichen<br />
Verhältnisse im Gesamtzusammenhang der Hexenverfolgung<br />
bestimmen helfen. Mir sind zwar die sozialen Verhältnisse<br />
von Rangendingen und Weilheim im 16. und 17.<br />
Jahrhundert nicht bekannt, das Dorf Jungingen ist allerdings<br />
um 1600 durch ein auffällig starkes soziales Gefälle geprägt:<br />
es gibt grob gesagt zwei etwa gleich große Bevölkerungsgruppen,<br />
die >Arm< und >Reich< darstellen. Die >Reichen< ringen<br />
zugleich um die Fäden der bescheidenen Macht im Dorf. Die<br />
menschlichen Beziehungen sind dabei durch ein hohes Maß<br />
an Aggressivität gekennzeichnet 12 . Die acht bekannten Hexen<br />
dieses Dorfes entstammten sämtlich der dörflichen Unterschicht,<br />
sechs von ihnen waren außerdem sicher »hereingeschmeckt«.<br />
Es traf also in Jungingen die schwächsten<br />
Glieder in der sozialen Kette. Dies kann noch keine Erklärung<br />
der Hexenverfolgung sein, soll jedoch andeuten, in<br />
welchem Rahmen man die örtlichen Verhältnisse ins Erklärungsschema<br />
einbeziehen könnte.<br />
Des weiteren zeigen die Wellen der Hexenverfolgung, daß es<br />
auch darauf ankommt, den großen geschichtlichen Hintergrund<br />
bestimmter Jahre zu untersuchen (um 1590, um 1610,<br />
um 1650), also: wie war die geistige Situation der Zeit, welche<br />
politischen Verhältnisse herrschten insgesamt und in Hohenzollern<br />
selbst, inwiefern wirkten die Ereignisse des 30jährigen<br />
Krieges fördernd auf die Hexenverfolgung?<br />
Ein letzter wichtiger Fragenkomplex betrifft die Hexen<br />
selbst, denn es dürfte klar sein, daß die Hexen nicht nur von<br />
ihrer Umwelt »gemacht« worden sind, sondern daß ein<br />
bestimmter Personenkreis gewisse «Vorleistungen« erbringen<br />
mußte, um von der Bevölkerung als Hexe »erkannt« zu<br />
werden. Insbesondere könnte die inhaltliche Auseinandersetzung<br />
mit dem <strong>hohenzollerische</strong>n Prozeßmaterial die Frage<br />
erhellen helfen, ob es geheime Hexenbunde und den »Hexenkult«<br />
überhaupt gab. Sowohl Midelfort als auch Schormann<br />
lehnen es nach ihren Forschungen ab, so etwas wie Hexenvereinigungen<br />
anzuerkennen. Dem ist sicher zuzustimmen,<br />
wenn man diese Vereinigungen im Sinne einer Sekte versteht,<br />
die auf dem Sabbat ihrer geheimen Gegen-Religion frönt, wie<br />
dies die englische Forscherin M. A. Murray sah 13 . Andererseits<br />
bin ich mir nicht so sicher, daß es nicht doch in engen<br />
sozialen Bereichen häufig Kontakte zwischen Kräuterfrauen,<br />
Zauberkundigen und auch anderen Frauen gab, gerade wenn<br />
sie allein und sozial isoliert lebten. Bei solchen Treffen mögen<br />
auch Heil- und Zaubermittel, insbesondere Salben, ausgetauscht<br />
worden sein. Diesen Schluß legt jedenfalls der Prozeß<br />
der Anna Küentzlerin aus Jungingen nahe (1648) H , und auch<br />
R. Burkarth fiel auf, daß das Killertal offenbar ein Zentrum<br />
des Salbenhandels gewesen sei. Es ist einfach denkbar, daß<br />
sich im Klima der Verfolgung Frauen, die sich bedroht<br />
fühlten, trotz aller Eigenbrötlerei enger aneinander schlossen<br />
und damit erst recht den Verdacht eines »Komplotts« durch<br />
die »Hexensekte« schürten. Jedenfalls wäre es auch hier<br />
wichtig, in Quellen außerhalb der Prozeßakten nach Verbindungslinien<br />
zwischen solchen Frauen zu suchen, die dann als<br />
Hexen erscheinen.<br />
Es gibt also noch viele Probleme in der Erforschung der<br />
Hexenverfolgung, für die gerade die engere lokale Forschung<br />
einiges beitragen kann.
Anmerkungen<br />
Gerhard Schormann, Hexenprozesse in Deutschland. Göttingen<br />
1981.<br />
1<br />
Joseph Hansen, Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des<br />
Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter. Bonn 1901<br />
(Nachdruck Hildesheim 1963).<br />
1<br />
Eugen Schnell, Zur Geschichte der Criminal-Justiz und besonders<br />
der Hexenprozesse in Hohenzollern, in: Mitt. Hohz. VII (1873/<br />
74), S. 69-99; Gustav Hebeisen, Hexenprozesse aus Hohenzollern-Hechingen,<br />
in: Hohenz. Heimatblatt 1931 H. 4 bis 1933 H.<br />
1; Hexen in Hohenzollern-Hechingen, in: H. H. 4/1952.<br />
1<br />
Rolf Burkarth, Die Hexenprozesse in Hohenzollern. Zulassungsarbeit<br />
an der PH Reutlingen 1965.<br />
' Johann Adam Kraus, Opfer des Hexenwahns in Hohenzollern, in:<br />
H. H. 1/1967.<br />
' Eine vollständige Liste der <strong>hohenzollerische</strong>n Hexenopfer mit<br />
allen für die Forschung notwendigen Einzeldaten sollte veröffentlicht<br />
werden, wenn wirklich einmal alle Quellen gesichtet sind.<br />
ithl<br />
Gregor Richter, Urfehden als rechts-, orts- und landesgeschichtliche<br />
Quellen, in: ZHG 14 (1978), S. 63-76. Die Haigerlocher<br />
Urfehden sind im Staatsarchiv Sigmaringen registriert worden.<br />
Die Nummern der folgenden Liste beziehen sich auf die Regesten.<br />
Schormann, a. a. O., S. 63 ff.<br />
H. C. Erik Midelfort, Witch Hunting in Southwestern Germany<br />
1562-1684 (Hexenverfolgung in Südwestdeutschland). Stanford<br />
1972; hier S. 31 f.<br />
Schormann, a. a. O., S. 71.<br />
Schormann, a. a. O., S. 22-29.<br />
Eine ausführliche Darstellung dieser Verhältnisse soll demnächst<br />
veröffentlicht werden.<br />
M. A. Murray, The Witch-Cult in Western Europe (Der Hexenkult<br />
in Westeuropa). Oxford '962.<br />
Dieser Hexenprozeß ist relativ gut ediert von Thele: Ein Hexenprozeß<br />
zu Hechingen anno 1648, in: Mitt. Hohz. 15, S. 32ff.<br />
Wellen der Hexenverfolgung in der Grafschaft Zollern (Hechingen), den Herrschaften Haigerloch und Trochtelfingen<br />
JOSEF MUHLEBACH<br />
Der Orchesterverein Sigmaringen (Schluß)<br />
Ein geschichtlicher Rückblick<br />
1946 mühte sich eine strebsame Gruppe um Emil Ramsperger<br />
um eine Neugründung des Vereins, der sich jetzt »Chor- und<br />
Orchesterverein« nannte. Es gelang auch, eine neue Musikgemeinschaft<br />
ins Leben zu rufen, die etwa 1947 eine Aufführung<br />
unter der Direktion von Rudolf Lamy veranstaltete.<br />
Rudolf Lamy, vor dem Krieg Leiter der »Singgemeinschaft<br />
Rudolf Lamy« in Berlin, hat sich später in München ebenfalls<br />
unter der Bezeichnung »Singgemeinschaft Rudolf Lamy«<br />
einen neuen Wirkungskreis geschaffen. Das genannte Konzert<br />
wurde im Freien, auf dem Rathausplatz, veranstaltet,<br />
nachdem die französische Besatzungsmacht ein Lokal für die<br />
Aufführung nicht zur Verfügung stellte. Rudolf Lamy ist in<br />
München am 3. März 1962 gestorben.<br />
Beim Chor- und Orchesterverein wirkten dann - wenn auch<br />
nur kurzfristig - die Dirigenten Studienrat Fritz Schulten,<br />
geboren 1897, gestorben als Oberstudienrat 1968 in Ravensburg,<br />
dann Studienrat Rodewald, weiter Fritz Rotschuh vom<br />
Baur und Musiklehrer Max Kohler aus Sigmaringen, jetzt<br />
Chorleiter an der Christ-Königskirche in München.<br />
Nach diesen kurzfristigen Tätigkeiten gelang es, zum Schuljahrbeginn<br />
1951 Oberstudienrat Gustav Behrendt, später<br />
Gymnasial-Professor am Hohenzollern-Gymnasium Sigmaringen<br />
und Fachberater für Schulmusik beim Oberschulamt<br />
Tübingen, als Dirigenten für den Verein, der sich jetzt die<br />
frühere Bezeichnung »Orchesterverein« zulegte, zu gewinnen.<br />
Damit war wieder ein Zustand erreicht, der eine förderliche<br />
Tätigkeit auf hoher Ebene mit anspruchsvollem Niveau<br />
ermöglichte. Die Konzertveranstaltungen unter Behrendt<br />
fanden dann auch in der Bevölkerung hohe Anerkennung und<br />
Wertschätzung. Im Jahre 1970 hat sich der gemischte Chor<br />
7
abgezweigt; der Orchesterverein hat sich als solcher später<br />
auf reine Orchestertätigkeit beschränkt.<br />
Es ist hier nicht der Raum geboten, die Vielzahl der Konzerte<br />
anzusprechen, die wir Herrn Behrendt verdanken. Gustav<br />
Behrendt hat in einem Tätigkeitsbericht 1981 eine umfangreiche<br />
Darstellung von seinem Wirken geboten. Der Bericht ist<br />
ein Zeugnis, mit welcher Vielseitigkeit die Konzerte in die<br />
Öffentlichkeit hinein gewirkt haben.<br />
Gustav Behrendt hat auch, das sei noch abschließend herausgestellt,<br />
1949 die Musikschule gegründet, die auf sein Betreiben<br />
später in eine städtische Musikschule umgewandelt wurde.<br />
Nur als Beispiele für die Fülle der Veranstaltungen unter<br />
Behrendt seien folgende Werke genannt:<br />
1952 Georg Friedrich Händel: »Acis und Galatea«, Pastoral<br />
für Soli, Chor und Orchester<br />
1960 Georg Friedrich Händel: Oratorium »Alexanders<br />
Fest« oder die »Macht der Musik«<br />
1964 Christoph Willibald Gluck: »Orpheus und Eurydike«.<br />
JOHANNES WANNENMACHER<br />
Abschließend möchte man als ein Zeichen der Dokumentation<br />
öffentlicher Anerkennung aus einer Zuschrift des damaligen<br />
Bürgermeisters Franz Schiek im Jahre 1960 folgenden<br />
Passus herausstellen: »Ihr gestriges Konzert hat einen so<br />
hohen Rang musikalischen Könnens und feinen Zusammenspiels<br />
verraten, daß ich nicht umhin kann, Lob, Bewunderung<br />
und Anerkennung zu zollen. Gleichzeitig möchte ich<br />
Ihnen und Ihrem Orchester den gebührenden Dank der Stadt<br />
für diese hervorragende Leistung zum Ausdruck bringen.«<br />
Fast drei Jahrzehnte lang hat Gustav Behrendt, zuletzt<br />
Oberstudienrat und Gymnasial-Professor, den Orchesterverein<br />
geleitet. Aus gesundheitlichen und Altersgründen<br />
stellte er im Jahre 1982 sein Amt zur Verfügung. Oberstudienrat<br />
Friedemann Babst am Hohenzollern-Gymnasium hat<br />
die Nachfolge angetreten. Im September 1982 präsentierte<br />
sich der Verein unter der neuen Leitung der Öffentlichkeit.<br />
Die örtliche Presse kommentierte die Aufführung mit der<br />
lobenden Anerkennung: »Voll Lebendigkeit und mit Freude<br />
musiziert.« Damit ist der Anschluß an die Vergangenheit und<br />
die Richtung für die Zukunft aufs schönste gewährleistet.<br />
Aus der Mundart unserer Heimat - Alte Ausdrücke und Redensarten<br />
Das noch aus einer bäuerlichen Welt stammende Bildungsgut<br />
aus Religion, Sprache, Sitte und Brauchtum ist in den letzten<br />
Jahrzehnten rasch in den Hintergrund gedrängt worden. Sehr<br />
schnell ist das Industriezeitalter eingebrochen, und Wandel<br />
und sogenannter Fortschritt kannten auf allen Lebensgebieten<br />
keinen Halt und keine Grenzen mehr. Jetzt erst erkennt<br />
man nun so richtig den seelischen Verlust, von unbedingt<br />
notwendigen, urgewachsenen Bildungswerten des Lebens.<br />
Man sucht wieder nach ihnen und bringt sie in die Lebensmitte.<br />
Zu diesen Bildungsgütern gehört vor allem auch die<br />
Mundart. Bei den verschiedensten Anlässen zeigt sich eine<br />
wachsende Vorliebe für sie. Unmittelbar erfaßt sie Verstand,<br />
Seele, Herz und Gemüt! Nachstehend alte Ausdrücke und<br />
Redensarten aus der Mundart von Rangendingen.<br />
Da hat sich jemand äußerlich eine Verletzung zugezogen. Die<br />
Wunde wächst zu, und es bildet sich eine bräunliche Kruste,<br />
die man im Volksmund » R u f a « nennt. Die Heilwirkung der<br />
»Rufa« und ihre Behandlung ist jedermann bekannt.<br />
Im späten Herbst werden die Tannenzapfen reif. Sie heißen in<br />
der Mundart » K i a 1 e «. Früher hat die Gemeinde das Ernten<br />
von Tannenzapfen in Waldschlägen verpachtet. Meist waren<br />
es ledige Männer mit Berufen, die man in den Wintermonaten<br />
nicht ausüben konnte, die dann die Tannenzapfen von den<br />
Waldbäumen pflückten. Es war dies eine oft mühsame und<br />
gefährliche Arbeit. Die »Kiale« wurden dann in die »Dörre«<br />
gebracht, wo man dann den wertvollen Samen aus ihnen<br />
herausholte. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Rangendingen<br />
noch zwei Dörranstalten. Die eine gehörte dem Franz<br />
Wild (Somafranz genannt), und die andere dem Josef<br />
Schwenk, Küfer. Die von den Samen befreiten »Kiale« die<br />
man im Sommer auch noch oft im Walde fand, waren für die<br />
Hausfrauen ein begehrtes Brennmaterial, das sich besonders<br />
gut zum Feueranmachen in Herd und Ofen eignete.<br />
8<br />
Kinder sind beim Essen manchmal unvorsichtig und lassen<br />
von dem übervollen Löffel mit Brei einen Teil fallen. Dann<br />
haben sie einen »Pflädder« auf Hose oder Kleid. Wenn<br />
Kinder wegen Nichterfüllung ihrer Wünsche oft lang und<br />
breit weinen und stöhnen, dann tun sie »blären«. »Dös hot mi<br />
aber« >keitkeiaWaidag< ischt a waidageter >Waidag
HUBERT STEKELER<br />
Thalheim - Besiedlung und herrschaftspolitische Entwicklung<br />
Die ersten von Menschen hinterlassenen Spuren in Thalheim<br />
finden wir unweit der Leibertinger Gemarkungsgrenze im<br />
oberen Hennenbühl. Nur wenige Schritte vom Feld in den<br />
lichten Buchenwald hinein stoßen wir auf einen merkwürdig<br />
langgestreckten baumbewachsenen Hügel, der in seinen Maßen<br />
ca. 15 X 7 Meter aufweist. Die Höhe des Scheitelpunktes<br />
liegt bei ca. 1.50 m. Wir stehen hier vermutlich vor einem<br />
Hünengrab aus der Jungsteinzeit. Die Einschränkung »vermutlich«<br />
ist notwendig, da dieser Hügel bisher noch nie<br />
wissenschaftlich untersucht wurde. Vergleichen wir den Hügel<br />
aber mit den untersuchten Hühnengräbern im Wiesenried<br />
zwischen Worndorf und Neuhausen, so ist die Ähnlichkeit<br />
unschwer zu erkennen. Durch die wenig exponierte Lage des<br />
Thalheimers Hügels im Wald kann man diesen jedoch erst<br />
erkennen, wenn man unmittelbar vor ihm steht.<br />
Diese Gräber sind nun in der Regel nicht etwa nur aufgeschichtete<br />
Steinhaufen über einem Leichnam, sondern bestehen<br />
aus einem ovalen Rund von senkrechten Felssäulen, über<br />
die als Abdeckung eine Felsplatte gelegt wurde. Über diesen<br />
Grabraum aus Felsen wurden nun Steine und Boden gehäuft.<br />
Da man sich lange Zeit nur vorstellen konnte, daß ausschließlich<br />
hünenhafte Menschen solch große Felsen auftürmen<br />
konnten, gab man den Gräbern den Namen Hünengräber.<br />
Untersuchte Gräber zeigten aber bald, daß die Jungsteinzeitmenschen<br />
keineswegs hünenhaft gewachsen waren. Sie<br />
bedienten sich lediglich der Transporttechnik der schiefen<br />
Ebene mit Zuhilfenahme von Holzrollen.<br />
Setzen wir die Annahme, daß es sich bei dem Thalheimer<br />
Hügel im Hennenbühl um ein solches Hünengrab handelt<br />
(der häufig gesehene Zusammenhang zwischen dem Namen<br />
Hünengrab und dem Flurnamen Hennenbühl [Hühenbühl]<br />
müßte noch genauer untersucht werden), als richtig voraus,<br />
so besitzen wir hiermit ein erstes Zeugnis für menschliches<br />
Wirken in unserer Gegend. Ob es sich hierbei um eine<br />
Siedlung handelte, oder ob das Grab anläßlich eines ausgedehnteren<br />
Jagdzuges entstand, könnte wahrscheinlich die<br />
Spatenforschung näher erhellen. Auch bei einer eventuellen<br />
Besiedlung können wir auf jeden Fall annehmen, daß unsere<br />
Gemarkung zu jener Zeit noch hauptsächlich aus Eichen,<br />
Buchen und Birkenwald bestand.<br />
Die zweiten menschlichen Spuren in unserer unmittelbaren<br />
Nähe finden wir auf der Leibertinger Gemarkung unweit der<br />
Thalheimer Grenze, direkt beim Mühleichenhof, ungefährt<br />
1 km südlich des genannten Hünengrabes. Deutlich erkennbar<br />
sind hier die im Rechteck aufgeschütteten Wälle einer<br />
sogenannten Keltenschanze, einer Wehrmauer um eine keltische<br />
Ansiedlung bzw. keltische Opferstätte. Eine solche<br />
Keltenschanze finden wir im übrigen auch auf der Neuhauser<br />
Gemarkung in Richtung Worndorf. Wir können also auch<br />
für unsere Gegend eine keltische Besiedlung um 500 vor<br />
Christus annehmen. Da für Thalheim keine solchen keltischen<br />
Funde vorliegen, dürfen wir annehmen, daß die heutige<br />
Thalheimer Gemarkung immer noch weitgehend mit Wald<br />
bedeckt war. Um 83 nach Christus wurden die Kelten von<br />
den Römern aus Süddeutschland vertrieben. Das in unserer<br />
Gegend ohnehin schwach besiedelte Land wurde nun fast<br />
menschenleer. Die Römer durchzogen das Land mit Heerstraßen,<br />
Kastellen und Gutshöfen. Auch für unsere nähere<br />
Umgebung liegen römische Zeugnisse vor. Vor allem beein-<br />
druckt hier der römische Gutshof bei der Altstatt auf Heudorfer<br />
Gemarkung. Ob es sich bei dem teilweise im Geländeschnitt<br />
sichtbaren Weg durch den Thalheimer Röschenberg<br />
und über die Wagenstelle tatsächlich um eine Römerstraße<br />
handelt, müßte näher untersucht werden. Fest steht, daß<br />
1333 in einem Thalheimer Güterverzeichnis eine »Heerstraße«<br />
genannt wird. In einer vorhandenen Gemarkungskarte<br />
von Thalheim aus dem Jahre 1700 ist der Verlauf dieser Straße<br />
als Hauptweg eingezeichnet.<br />
Mit dem alamannischen Sturm von der Elbe nach Süddeutschland<br />
in den Jahren 270-400 nach Christus wurden die<br />
Römer aus unserem Gebiet wieder vertrieben. Nun kam auch<br />
wieder mehr Leben in unsere Gegend. Die Alamannen<br />
gründeten in ihrer Landnahmezeit bis 700 viele neue Siedlungen,<br />
in denen sie vorwiegend Rinderzucht auf der Basis der<br />
Weidewirtschaft trieben. Ackerbau wurde nur sehr unplanmäßig<br />
betrieben. Das in Besitz genommene Land teilten die<br />
Alamannen in Gaue oder Baare (Bezirke) und Hundertschaften<br />
(Kreise) ein. Die Kreise erhielten meist den Namen des<br />
Hundertschaftsanführers, der das jeweilige Gebiet eroberte.<br />
In unserem Fall vertrieb wohl ein gewisser Goldin mit seiner<br />
Hundertschaft (Huntare) die Römer und besiedelte das Land,<br />
daher unsere ehemalige Zugehörigkeit zum Kreis Goldineshuntare.<br />
Hinsichtlich der übergeordneten Gauzugehörigkeit<br />
scheinen wir an der Grenze des Scherragaus und der Bertoldsbaar<br />
gelegen zu haben. 861 werden Beuron und Buchheim als<br />
im Scherragau gelegen genannt. Sigmaringen wurde für diese<br />
Zeit hingegen der Bertoldsbaar zugeordnet. Um 1000 verschwinden<br />
die Bezeichnungen Goldineshuntare, Scherragau<br />
und Bertoldsbaar. Jetzt wird für unser Gebiet der Name<br />
Ratoldsbuch (ursprünglich Ortsbeschreibung für Hoppetenzell)<br />
genannt.<br />
Die Namen der alamannischen Siedlungen in der Landnahmezeit<br />
bis in das Jahr 700 richtete sich nach dem Namen des<br />
Sippenanführers (z.B. Sigmar), der mit seiner Sippe eine<br />
Siedlung gründete. Dem Namen des Sippenanführers wurde<br />
hinzugestellt, daß dort auch seine Leute lebten. Hierfür steht<br />
die Endung -ingen (Sigmar -ingen). Andere Beispiele wären<br />
Fridingen oder Leibertingen. Um 700 war die Unterwerfung<br />
der Alamannen durch die Franken abgeschlossen. Unter der<br />
Herrschaft der Franken wurden die Alamannen zwar nicht<br />
vertrieben, mußten aber doch einige einschneidende Maßnahmen<br />
über sich ergehen lassen. Jetzt wurde zwangsweise<br />
die Dreifelderwirtschaft eingeführt. Für die Alamannen gab<br />
es jetzt auch feste Gebietsgrenzen, aus denen sie nicht mehr<br />
wie bisher ausbrechen konnten. Die Folge war, daß mit<br />
zunehmender Bevölkerung der alte Siedlungsraum in Alamannien<br />
zusehends enger wurde. Zwischen den alten »ingen«-Dörfern<br />
wurden jetzt Tochtersiedlungen gegründet,<br />
die auch unwirtlichere Gegenden nicht verschmähten. Diese<br />
Siedlungen aus der sogenannten Ausbauzeit der Alamannen<br />
von 700-900 n. Chr. enden auf »hausen«, »Stadt«, »dorf«,<br />
»Stetten«, »beuren«, »weiler«. Vorgeschaltet wurde jeweils<br />
wieder der Name des Sippenführers. Beispiele hierfür sind<br />
Walbertsweiler, Worndorf und wahrscheinlich auch Kreenheinstetten.<br />
Zeitlich einher mit dieser alamannischen Ausbauzeit ging die<br />
Sicherungskolonisation der herrschenden Franken. Sie bestand<br />
in der Anlage eines Netzes von Heeresstützpunkten,<br />
9
\ v \<br />
Buchheim<br />
kreenhelfiffo^n<br />
O<br />
O alamannische Besiedlung in der Landnahmezeit bis 700<br />
® alamannische Besiedlung in der Ausbauzeit 700-900<br />
• fränkische Wehrbauernbesiedlung 700-900<br />
relativ flache alamannische Siedlungsfläche<br />
'// von Alamannen unbesiedelter Waldgürtel am Albaufstieg<br />
die zugleich Mittelpunkte ausgedehnter Ländereien waren,<br />
welche man aus vorher unbesiedeltem Land und von beschlagnahmten<br />
Besitzungen der Alamannen gewann. Hier<br />
wurden nun bäuerliche Kolonien wie auch Militärkolonien<br />
mit fränkischen Wehrbauern angelegt. Man kann auch sagen,<br />
daß in diesen Siedlungen die fränkische Besatzungsmacht<br />
präsent war. Diese fränkischen Siedlungen im bisher von<br />
Alamannen nicht besiedelten Raum enden in der Regel aus<br />
»-heim« oder aus »-dorf«, sofern bei letzterem der Vorsatz<br />
nicht in einem Vornamen, sondern in einer Eigenschaft<br />
besteht wie bei Heudorf oder Rohrdorf. Wir sind also nun in<br />
der Entstehungszeit der heutigen Siedlung Thalheim angelangt,<br />
die wir für die Jahre von 700 bis 900 datieren dürfen.<br />
Die Nennung vom Nachbarort Altheim im Jahre 768 läßt auf<br />
eine gemeinsame Kolonisationszeit für diese Zeit schließen.<br />
Thalheim präsentiert sich somit als eine staatlich angeordnete<br />
Neusiedlung fränkischer Wehrbauern in einem Waldband,<br />
das von alamannischen Alt- und Neusiedlungen umgeben<br />
war. In diesem von fränkischen Wehrbauern neu besiedelten<br />
Waldgürtel liegen auch die Dörfer Altheim, Heudorf und<br />
Rohrdorf, wobei Rohrdorf ob seiner späteren Geschichte<br />
vielleicht mehr der Charakter einer Militärkolonie zukam,<br />
die jedoch im Notfall jederzeit auf die Wehrbauern der<br />
anderen genannten Dörfer zurückgreifen konnte. Von der<br />
fränkischen Besiedelung zeugt noch 1333 in dem schon<br />
genannten Thalheimer Güterverzeichnis der Flur- oder Personenname<br />
»Francken«.<br />
Für die ersten 300 Jahre der Thalheimer Ortsgeschichte läßt<br />
sich nur schwer erkennen, zu welcher lokalen Herrschaft das<br />
Dorf Thalheim gehörte. Lediglich eine durch die Siedlungsgeschichte<br />
untermauerte Vermutung läßt auf eine schon<br />
damals etablierte Herrschaft Rohrdorf, erwachsen aus einer<br />
fränkischen Wehrkolonie, schließen, zu der Thalheim gehörte.<br />
Diese Vermutung verdichtet sich, wenn man berücksichtigt,<br />
daß die Herrschaft Rohrdorf um 1200 noch Besitzungen<br />
und den Groß- und Kleinzehnten in Thalheim besaß, obwohl<br />
das Dorf schon der Herrschaft Sigmaringen zugeschlagen<br />
war. In dieser Zuordnung von Thalheim an die Herrschaft<br />
Sigmaringen liegt nun auch das große Fragezeichen in der<br />
frühen Thalheimer herrschaftspolitischen Entwicklungsge-<br />
10<br />
schichte. Geht man davon aus, daß um das Jahr 1050 das<br />
Gebiet der Grafschaft Rohrdorf und der Grafschaft Sigmaringen<br />
mit dem Gebiet der früheren Goldineshuntare identisch<br />
ist, so muß diese sich um diese Zeit in die zwei<br />
Grafschaften getrennt haben. Warum Thalheim nun bei<br />
dieser Teilung nicht an Rohrdorf, sondern an Sigmaringen<br />
fiel, ist um so undurchsichtiger, da Thalheim jetzt als separates<br />
Sigmaringer Dorf, als eine Exklave, hinter dem Rohrdorfer<br />
Gebiet lag. Logisch wäre einzig und allein die Zuordnung<br />
von Thalheim nach Rohrdorf gewesen. Welcher Handel<br />
zwischen den beiden Grafschaften für diese Zuordnung<br />
ausschlaggebend war, bleibt im dunkeln. Vielleicht hatte der<br />
Rohrdorfer Herrscher zuwenig Grundbesitz in Thalheim,<br />
um sich durchzusetzen. Vielleicht pochte auch die mächtigere<br />
Sigmaringer Herrschaft bewußt auf dieses Dorf im Rücken<br />
des Rohrdorfer Gebiets, um so eine bessere Kontrolle über<br />
die Nachbargrafschaft zu besitzen. Seit dieser Zeit gehörte<br />
Thalheim auf jeden Fall zur Herrschaft Sigmaringen und<br />
vollzog deren Entwicklung bis heute mit. Bis zur Kreisreform<br />
1973 war Thalheim dabei immer eine Sigmaringer<br />
Exklave, umgeben von »ausländischen« Dörfern. Der Vollständigkeit<br />
halber soll nun in tabellarischer Form die Herrschaftszugehörigkeit<br />
von Thalheim aufgelistet werden:<br />
um 750:<br />
um 1000:<br />
um 1050:<br />
12. Jahrh.<br />
um 1250:<br />
1291:<br />
1325:<br />
1399:<br />
1535:<br />
1632:<br />
Fränkische Wehrbauernneusiedelung im alamannischen<br />
Scherragau bzw. Bertoldsbaar,<br />
Goldineshuntare<br />
Neuer Gauname Ratoldsbuch<br />
Teilung der Goldineshuntare in die Herrschaften<br />
Rohrdorf und Sigmaringen, wobei<br />
Thalheim der Herrschaft Sigmaringen zugeschlagen<br />
wurde<br />
Sigmaringen - Helfenstein<br />
Sigmaringen - Montfort<br />
Oberhoheit Habsburg<br />
Württemberg<br />
Sigmaringen-Werdenberg<br />
Sigmaringen-Hohenzollern<br />
aus der Grafschaft wird das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen<br />
Max Gögler und<br />
GregurßkhWFÜlreR.I<br />
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OTTO WERNER<br />
Strittige Fuhrfronen zur Reparatur des Hechinger Residenzschlosses<br />
(1737-1760)<br />
Die am Ende des 16. Jahrhunderts von Graf Eitel Friedrich I.<br />
von Hohenzollern-Hechingen erbaute »Friedrichsburg«<br />
muß sich gut hundert Jahre später in einem ziemlich schlechten<br />
Bauzustand befunden haben. Fürst Friedrich Ludwig<br />
(1735-1750) sah sich 1737 genötigt, »den an etlichen Orthen<br />
sehr schadhaften Dachstuhl in der Fürstlichen Residenz<br />
repariren zu lassen«. Da die »herrschaftlichen ordinari Frohnen«<br />
zur Beiführung des gefällten Bauholzes nicht ausreichten,<br />
stellte die Stadt Hechingen »auf gnädigster Herrschaft<br />
Ansuchen« Fuhrwerkes zur Verfügung, jedoch nicht ohne<br />
die Versicherung, daß diese freiwilligen Fuhren der Stadt »an<br />
ihren habenden Privilegiis und Frohnfreiheiten keineswegs<br />
präjudicirlich und nachtheilig seyn« sollten. Ein entsprechendes<br />
Revers wurde der Stadt Hechingen von der Hochfürstlich<br />
Hohenzollerischen Kammerkanzlei am 7. Juni 1737 ausgefertigt<br />
und mit dem Landessiegel versehen 1 .<br />
Als Fürst Friedrich Ludwig am 4. Juni 1750 das Zeitliche<br />
segnete, übernahm dessen Vetter Fürst Joseph Wilhelm<br />
(1750-1798) die Regierung.<br />
Bereits am 4. Februar 1751 wurden neben dem »löblichen<br />
Stadtgericht« auch die Hechinger Fuhrleute ins Rathaus<br />
berufen, wo ihnen von Herrn Rat und Stadtschultheiß Andreas<br />
Vieheuser ein Befehl der Fürstlichen Hofkanzlei in<br />
Bezug auf die Reparatur des Residenzschlosses eröffnet<br />
wurde: Ihre Hochfürstliche Durchlaucht sehe sich gezwungen,<br />
im Frühjahr mit der »höchst benöthigten Haupt-<br />
Reparation dero Fürstlichen Residenz« zu beginnen, um<br />
weiteren und größeren Schaden an dem Renaissanceschloß<br />
vorzubeugen; u.a. solle ein neuer Dachstuhl auf der einen<br />
Seite verfertigt werden. Es sei Pflicht der Untertanen, bei<br />
dergleichen »an Landesfürstlichen Residenzien vornehmendten<br />
Haupt Bauwesen« nach Vermögen mitzuhelfen. Der<br />
Fürst verlange diesmal weiter nichts, als daß das benötigte<br />
Bauholz angefahren werde. Herr Rat und Stadtschulthaiß<br />
Vieheuser solle den Bürgern, die über Fuhrwerke verfügen,<br />
befehlen, daß zur bestimmten Zeit »alle Züge ohne Ausnahm<br />
mit tauglichen Wägen und Geschirren sich zeitlich bey dem<br />
neuen Bau im Sautiergarten einfinden, das allda ihnen anweisende<br />
Bauholtz aufladen, und hieher auf die Reüthbahn<br />
[südlich des Schlosses] führen sollen«. Außerdem wolle<br />
Vieheuser einen Baumeister beauftragen, der die Fuhrleute zu<br />
ihrer Schuldigkeit anweise und anhalte, damit diese ordentlich<br />
auflüden und den Tag nicht liederlich versäumten 2 .<br />
Das Stadtgericht brachte daraufhin den vor vierzehn Jahren<br />
»erhaltenen und in originali producirten Revers« bei, aus dem<br />
hervorging, daß bei der damals nötigen Reparatur des Dachstuhls<br />
die Stadt Hechingen auf gnädigster Herrschaft Ansuchen<br />
freiwillig Fuhren geleistet hatte, die ihren Privilegien<br />
und Fronfreiheiten aber nicht abträglich sein sollten.<br />
Sowohl das Stadtgericht als auch die anwesenden Fuhrleute<br />
beschlossen in Anbetracht dessen: Aus Respekt vor und<br />
Ergebenheit für Durchlaucht sei man nicht nur ein-, zwei-,<br />
drei- und mehrmals Bauholz zu führen willig und bereit,<br />
dergleichen Dienste dürften aber nicht zur Folge haben, daß<br />
die Privilegien der Bürger der Stadt Hechingen beschnitten<br />
würden. Aus diesem Grunde solle zuvor der Stadt ein<br />
neuerliches entsprechendes Revers ausgefertigt werden.<br />
Beide Herren Bürgermeister Werner und Freüdenmann wurden<br />
abgeordnet, dies Kanzler Mader zu unterbreiten. Sie<br />
wurden aber abschlägig beschieden und überbrachten die<br />
Antwort, »daß die Burgerschaft zur Fürstlichen Residenz in<br />
alle weeg zu frohnen von rechts wegen verbunden«, der im<br />
Jahre 1737 erteilte Revers »nicht zu ästimiren noch zu einer<br />
Ausflucht dienlich seye« 3 .<br />
Als die Fuhrleute diese Nachricht hörten, blieben sie nicht<br />
länger. Um nicht in Ungnade zu fallen, wurde ihnen »bey der<br />
Statteinigungsstraf« aber geboten, am Nachmittag um ein<br />
Uhr wiederum im Rathaus zu erscheinen. Dort wurden sie<br />
vom Stadtschultheiß ernsthaft erinnert, ja ihnen befohlen, am<br />
morgigen Tag sich mit ihren Fuhrwerken einzufinden, um<br />
das Bauholz - neben anderen Untertanen - zur Reitbahn zu<br />
führen. Sie erklärten sich wohl oder übel damit einverstanden,<br />
jedoch in der Hoffnung, daß gemeiner Stadt - wie im<br />
Jahre 1737 - ein Revers mit den ausbedungenen Klauseln<br />
zugestellt werde.<br />
Im Jahre 1758 erlaubte Fürst Joseph Wilhelm der Stadt »aus<br />
besonderer Gnade«, den Schutt und Urbau, der beim Schloßhof<br />
lag und wohl von der 1751 begonnenen »Haupt-Reparation«<br />
stammte, auf die Straße vor dem oberen Tor bis zu<br />
einem eben neu gemachten Weg abführen zu lassen 4 .<br />
Offensichtlich bestand Fürst Joseph Wilhelm nicht auf der<br />
1751 erteilten Weisung, daß die Stadt Fuhrfronen für die<br />
»landesfürstlichen Residenzien« leisten müsse, denn 1760<br />
kam es wegen der Schloßfronen zu einer Klage von zwei<br />
Landesdeputierten beim Kaiserlichen Kammergericht in<br />
Wetzlar, die sie - ohne Auftrag - auch im Namen der Stadt<br />
Hechingen vorbrachten. Als die Fürstliche Regierung davon<br />
Kenntnis erhielt, wurde eine Deputation des Stadtgerichts in<br />
die Fürstliche Hofratskanzlei berufen und ihr dieser Tatbestand<br />
eröffnet. Seitens der Stadt wunderte man sich nicht<br />
wenig, weil hiervon nicht das geringste bekannt war. So<br />
wurde vom Stadtgericht am 28. Juni 1760 ein Attest ausgefertigt,<br />
daß man »zu dergleichen Schloß-Frohnen niemahlen<br />
wäre angehalten worden«. Bevor aber das Attest, in dem auch<br />
noch die Unkenntnis über die Entsendung von Deputierten<br />
vermerkt war, in Wetzlar eintraf, war dort schon ein Urteil<br />
abgefaßt worden »des Jnnhalts, daß biß zu weitherer Erörtherung,<br />
so wohl die Stadt alß Landt die quäst. Frohn-Fuhren<br />
zum Schloßbauw ohnverwaigerlich ... gehorsambst vollziehen,<br />
auch beynebens ihrem gnädigsten Fürsten und Landesherren<br />
in all übrigem ihren unterthänigst schuldigsten Gehorsam<br />
laisten sollen«. Dies wurde der stadtgerichtlichen Deputation<br />
»deutlich eröffnet und abgelesen«. Was das Land<br />
betraf, hatten die Deputierten der Stadt gegen das kaiserliche<br />
Kammergerichtsurteil nichts einzuwenden, wohl aber, daß<br />
»auch die Stadt hierinnen, und darmit eingeflochten und<br />
unterschoben worden seye, wo man doch derentwillen,<br />
weder einige Ciagen selbsten geführet, ebensowenig jemandt<br />
anderen hierzu Gewalt und Vollmacht gegeben«. Durch das<br />
ausgestellte Attest zeige sich dies hinlänglich; man sei genötigt<br />
zu protestieren. Die gnädigste Herrschaft werde doch<br />
nicht glauben, »daß die Stadt sich so weith vergessen solle,<br />
wider etwas eine Clag zu führen, worzu man bis auf den<br />
heutigen Tag niemahlen angehalten, vil weniger auch nur eine<br />
Prätension hiervon gemachet worden seye« 5 .<br />
Tatsächlich hatte aber doch ein Bürger der Stadt Hechingen,<br />
Hafner Johannes Mutschier, die Klageschrift der Wessinger<br />
Bauern unterschrieben, wie sich bei der Rückkehr der beiden<br />
nach Wetzlar deputierten herausstellte. Er hatte dies - wie er<br />
auf Befragen vor dem Stadtgericht zugab - aber nur getan,<br />
11
»umb den alten Proceß zu betreiben, nicht aber eine Klag<br />
wegen deren dem Landt umgelegten Schloßfrohnen zu formieren«<br />
6 .<br />
Am 22. August 1760 bekundeten die Bürgermeister, Gerichtsherren,<br />
Vierer und Achter der Stadt Hechingen in<br />
einem Schreiben an die Fürstliche Regierung, wie mißfällig<br />
man es von der Stadt gesehen, daß Johannes Mutschier seinen<br />
Namen unter die Klageschrift der Wessinger Bauern geschrieben<br />
»und sich hierdurch zum Landt geschlagen habe«.<br />
Die Fürstliche Regierung wurde gebeten, den zwei Deputierten<br />
- Christ Ruef von Wessingen und Michel Vogt von<br />
Bisingen -, welche den Namen der Stadt beim Kaiserlichen<br />
Kammergericht fälschlich angegeben hatten, aufzutragen,<br />
»daß selbe zu billicher Satisfaction gemeiner Statt bey höchst<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
erwehnt Kayserlichem Cammergericht... ihre ohnehin dissfahls<br />
nichtige Clagden annullieren sollen«.<br />
Johannes Mutschier aber wurde das Bürgerrecht abgesprochen<br />
und mußte die Stadt »mit sackh und packh... räumen« 1 .<br />
Anmerkungen<br />
Zur Flurnamenkunde: Wort, Wöhrd oder Wert?<br />
In Hechingen-Schlatt gab es bis vor wenigen Jahren die<br />
Fluren Wörth und Brunnenwörth, gesprochen mit langem ö.<br />
Neueren Bestrebungen folgend hat man diese altertümlichen<br />
Namen umgeändert in »Wert«, was schwäbisch Weart zu<br />
sprechen wäre. Einige Heimatfreunde haben vergebens Bedenken<br />
geäußert. Zwar gab es im Mittelhochdeutschen, etwa<br />
ums Jahr 1300, den Begriff Wert, jedoch in doppelter Bedeutung:<br />
einmal als (Geldes-)Wert und dann als »erhöhtes Land<br />
am Wasser, Flußinsel, Damm«. Unsere naturverbundenen<br />
Vorfahren fanden es vernünftig, um Verwechslungen auszuschließen,<br />
in dieser letzten Bedeutung (ohne übergeordnete<br />
Sprachregulierung) eine abweichende Wortform zu entwikkeln.<br />
Je nach Landschaft sprachen und schrieben sie bis in<br />
neuere Zeit von Woerth, Wörth, Wöhrden, entrundet auch<br />
da und dort Weerth, Werd, Werder o. ä. Solche Wortbildungen<br />
finden sich heute noch dutzendmal in Orts- oder Siedlungsnamen<br />
unangefochten und wohlgelitten. Man denke<br />
nur an Donauwörth, Frauenwöhrt, mehrere Wort an Donau<br />
und Rhein vom Elsaß nach Norden und tief nach Bayern<br />
hinein, die jeweils »Land am Wasser« bedeuten! Gelehrten<br />
unserer Tage gefielen diese teils schwülstigen Bezeichnungen,<br />
soweit sie Flurnamen meinen, nicht mehr. So haben sie, dem<br />
Fortschritt dienend -, welch spektakuläres Schauspiel für<br />
Sprachfreunde! - das Rad der volkstümlichen Entwicklung<br />
bei Flurnamen radikal um 600 Jahre zurückgedreht! Und dies<br />
trotz der Tatsache, daß daraus Unsicherheit und Vernebelung<br />
der Bedeutung entstehen muß. Nun soll nur noch die Wortform<br />
»Wert« gültig sein, Wörth, Wöhrd, Weerth usf.<br />
dagegen seien falsch!<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Gruol: vergessene Klostergebäude<br />
Uber das ehemalige Dominikanerinnenkloster Gruol, das zu<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts wie viele andere der Umgebung<br />
der Säkularisation zum Opfer fiel, ist schon vieles berichtet<br />
worden (Vgl. Bilbliographie Hohenzollerns 1974, S. 363).<br />
Uber den Umfang des Konventsgebäudes, seiner Ein- und<br />
Unterteilung, ist bisher wenig erforscht. Das »Wochenblatt<br />
für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen« vom Jahre<br />
1828 enthält die Verkaufsausschreibung des Klostergebäudes<br />
vom 21. Januar 1828, in der das damalige Konventsgebäude<br />
genau beschrieben ist.<br />
12<br />
1<br />
Stadtgerichtsprotokolle, Folio A 10, Actum den 4. Februar 1751<br />
2<br />
Wie Anm. 1<br />
3<br />
Wie Anm. 1<br />
4<br />
Stadtgerichtsprotokolle, Folio All, Actum den 30. Oktober 1758<br />
5<br />
Stadtgerichtsprotokolle, Folio A 11, Actum den 22. August 1760<br />
6<br />
Wie Anm. 5<br />
7<br />
Stadtgerichtsprotokolle, Folio All, Actum den 3. Oktober 1760<br />
Lagerort der Stadtgerichtsprotokolle: Stadtarchiv Hechingen<br />
So schrieb der sonst allgemein hochgeschätzte Arzt, Volkskundler<br />
und Forscher Michel R. Buck schon 1880 und dieses<br />
wiederholte das »Flurnamenbuch« des württembergischen<br />
Landesvermessungsamtes im Jahre 1958 Seite 153. Wieso<br />
aber soll falsch sein, was eine Sache eindeutig benennt und<br />
bestimmt? Waren unsere Vorfahren denn so dumm?<br />
Doch siehe da: Das »Ethymologische Wörterbuch der deutschen<br />
Sprache« von Kluge-Mitzka hat 1963 in seiner 19. Auflage<br />
(S. 858 unter »Werder«) wieder die altüberlieferte Volksweisheit<br />
entdeckt und den Flurnamen »Wort« (erhöhtes<br />
Land am Wasser) als durchaus richtig, eindeutig und deutsch<br />
erklärt. Die Volksüberlieferung besteht also zu Recht. Sie<br />
unterscheidet vernünftig zwischen (Geldes-)Wert (schwäb.<br />
Weart) und Wort oder Wöhrd gleich Land am Wasser. Die<br />
Bewohner von Schlatt und anderen Orten bräuchten somit<br />
ihre alten Flurnamen nicht in mehrdeutiges »Wert« umzuändern,<br />
sondern lediglich die alten oe in ö und zur besseren<br />
Verdeutlichung ein wohlbegründetes Dehnung-»H« einzuschieben,<br />
falls dies für nötig befunden wird.<br />
PS. In der Stuttgarter Zeitung (Abt. 6) vom 15. Febr. 1983<br />
schrieb »akm« eine geistreiche Glosse mit dem Titel »Unter<br />
Wöhrd verkauft« zu der Ablehnung von Wöhrd usw. zugunsten<br />
von »Wert«, wobei keine sprachkundlichen Erkenntnisse<br />
erarbeitet seien, sondern man sich auf offizielle Berater in<br />
Städten berufe. Die neue Schreibung Wert statt Wöhrd (Land<br />
am Wasser) für Straßen, Wege, Fluren seien für die Gemeinden<br />
durchaus nicht bindend und bringe keinerlei Wertverbesserung.<br />
Praktisch bedeutet die Änderung in »Wert« eine<br />
Verschlechterung und Vernebelung.<br />
Es heißt dort: »Gruel (Haus- und Güterverkauf). Das unterfertigte<br />
Rentamt ist höheren Orts beauftragt worden, das<br />
Kloster zu Gruel mit Zuteilung sämtlicher Gärten und einer<br />
Wiese, Lämmerwiese genannt, im öffentlichen Aufstreiche<br />
zu verkaufen. Die Verkaufsgegenstände liegen in einem<br />
offenen reizenden Tale, welches von einem starken Bache, die<br />
Stunzen genannt, durchströmt wird, auf der mittäglichen<br />
Seite von Gruel, einem % Stunden von der Oberamtsstadt<br />
Haigerloch, 2 Stunden von den königl. Württemberg. Oberamtstädten<br />
Balingen und Sulz, 1 Stunde von den Städten<br />
Rosenfeld und Binsdorf entfernten großen Pfarrdorfe.
Dieselben bestehen aus a) dem Klostergebäude, b) einer<br />
Wagen- und Holzremise mit Schweinestallung, c) ungefähr<br />
5V2 Morgen Gärten, d) 2Vi Morgen Wiesen. Die Gebäude<br />
sind in bestem Zustande und durch einen sehr geräumigen<br />
geschlossenen Hof, in welchem ein wasserreicher laufender<br />
Brunnen und der Konventgarten ungefähr ein Viertel im Meß<br />
haltend, sich befinden, miteinander verbunden. Ein Arm des<br />
Baches ist absichtlich unter dem Klostergebäude und durch<br />
den Konventgarten geleitet. (Ähnlich war dies im Kloster<br />
St. Peter auf dem Schwarzwald der Fall). Das Klostergebäude<br />
ist 97 Schuh (wohl zu 28, 612 cm) lang und 56 Schuh breit,<br />
enthält einen guten, geräumigen Keller nebst noch einigen<br />
kleineren Gemächern zur Aufbewahrung von Obst, Gemüse<br />
usw., und im unteren Stockwerk eine heizbare Gesindestube<br />
nebst Einrichtung zum Backen, Branntweinbrennen und<br />
Metzgen. Im zweiten Stock sind das schöne helle Konventzimmer<br />
mit der schönen Aussicht auf Gärten, Wiesen, Felder<br />
und mit Wald bewachsene Berge, sodann noch vier weitere<br />
heizbare Zimmer, eine große helle Küche mit Speis- und noch<br />
einer weiteren Kammer. Im dritten Stock sind 15 Zellen und<br />
unter dem Dachwerk sieben Kammern, unter dem Kehlge-<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Hechinger als Mönche in Allerheiligen<br />
Nur mit Wehmut kann der Wanderer, der die Schönheiten<br />
des Schwarzwaldes bei Oppenau genießend die dortigen<br />
Wasserfälle hinaufgestiegen ist, die Ruinen des ehemaligen<br />
Prämonstratenserklosters Allerheiligen (1194-1803), Gemeinde<br />
Lierbach bei Oberkirch) betrachten, in dem 600 Jahre<br />
lang die regulierten Chorherren des hl. Norbert von<br />
Premontre das Lob Gottes verkündeten. Nach Aufhebung<br />
des Klosters fielen die Gebäude schon 1813 einem Blitzschlag<br />
zum Opfer. Die Ruinen der um 1260 erbauten und 1470<br />
erneuerten Kirche sind Zeugnis einer bedeutenden Kunst des<br />
ausgehenden Mittelalters. Oft ist Allerheiligen auch das Ziel<br />
von Ausflüglern aus dem Kreis Hechingen. Daß auch einige<br />
Bürgersöhne aus der bisherigen Kreisstadt Hechingen selber<br />
im 17. und 18. Jahrhundert hier dem Orden beitraten und<br />
zwei von ihnen zur Würde des Abtes erhoben wurden,<br />
scheint bei uns weithin unbekannt zu sein. Das Erzbischöfliche<br />
Archiv in Freiburg verwahrt einen schmalen Band mit der<br />
Signatur Ha 561, in dem die Chorherren des 18. Jahrhunderts<br />
die Namen von Insassen und Vorstehern des Stiftes mit ihrem<br />
Profeßjahr aufgezeichnet haben.<br />
Es finden sich:<br />
Nr. 272 Rev. Pater Edmundus Ripp, Hechinganus, prof.<br />
1696.<br />
273 R. P. Franziscus Moser, Hechinganus, prof. 1698.<br />
278 R. P. Joachimus Baehr, Hechinganus, prof. 1706,<br />
38. Vorsteher (6. Abt.).<br />
284 R. P. Iffridus Baehr, Hechinganus, prof. 1710.<br />
292 R. P. Carolus Pulser, Hechinganus, prof. 1718,40. Vorsteher<br />
(8 Abt.).<br />
298 R. P. Joannes Baehr, Hechinganus, prof. 1726.<br />
303 Frater Josephus Baehr, Hechinganus, diaconus, prof.<br />
1738.<br />
Auf Seite 8 steht nun Näheres über den 38. Vorsteher bzw. 6.<br />
Abt des Klosters: »Er hat auf diesen Blättern die Geschichte<br />
seiner Vorgänger beschrieben und seinem, der ewigen Seligkeit<br />
würdigen Namen noch beigefügt: Joachimus Baehr, zum<br />
Abt gewählt am 30. Juni 1718. Er stammte aus Hechingen,<br />
war vor der Wahl Subprior, Novizenmeister und mehrere<br />
Jahre Professor der Philosophie und Theologie. Er leitete das<br />
bälk aber zwei große Fruchtböden. Die Gärten, welche in<br />
Lust-, Küchen-, Gras- und Baumgärten abgeteilt sind, liegen<br />
nebst der Wiese hinter den Gebäuden. Auch ist in dem<br />
Konventgarten ein Gartenhäuschen. Wegen seiner Geräumigkeit,<br />
Bequemlichkeit und vorteilhaften Lage eignet sich<br />
das Klostergebäude zu Betreibung eines jeden größeren<br />
Gewerbes oder einer Fabrik.<br />
Die Aufstreichverhandlung, bei welcher zugleich noch die<br />
näheren Bedingungen eröffnet werden, wird Dienstag, den<br />
8. April d.J. in dem Orte Gruel vor sich gehen. Vorläufig<br />
wird bemerkt, daß die Kaufliebhaber Vermögens- und Leumundzeugnisse<br />
vorzuweisen haben. Haigerloch, den 21.<br />
Januar 1828. Hochfürstl. Hohenzollernsches Rentamt.«<br />
Das Konventgebäude wurde dann 1833 abgebrochen. Erhalten<br />
ist die Klosterscheuer als Erinnerung an alte Zeiten.<br />
(Stünz = Stunzach, die in die Eyach fließt). Noch nie sind die<br />
Daten über Gruol verwertet, die K. O. Müller in »Quellen<br />
zur Verwaltung d. Grafsch. Hohenberg«, Stuttg., 2 Bände,<br />
1953/1959 anführt.<br />
Kloster 28 Jahre«. Dann: Er war ein Mann von gefälligem und<br />
heiterem Wesen, bei den Seinen wie auch bei den Fremden<br />
(besonders den Fürsten) wegen seiner guten Sitten und<br />
frommen Lebens sehr beliebt, ein Vorbild im Studieren und<br />
Beten und den geistlichen Übungen für unsere Gemeinschaft.<br />
Unter ihm stieg nicht nur die Zahl der Mitbrüder, sondern<br />
auch die klösterliche Zucht, die Studien und das familiäre<br />
Zusammenleben ungemein. Die zum Weinbau nötigen Gebäude<br />
und Ställe, die durch vorausgehende Kriege zerstört<br />
waren, hat er teils repariert, teils neu errichtet, baute auch das<br />
Pfarrhaus zu Appenweier und hier in Allerheiligen das<br />
Gästehaus neu, wie auch andere Gebäude in und außer dem<br />
Kloster. Er renovierte die Kirche und stattete die armselige<br />
Sakristei reichlich mit Paramenten aus. Er tat sich hervor<br />
durch Freigebigkeit und Hilfsbereitschaft gegen die Armen.<br />
Auch leuchtete er hervor durch Sittenreinheit und von jung<br />
an in Selbstzucht und übte bewundernswerte Zurückhaltung<br />
und Vorsicht gegenüber Frauen. Seine hervorragenden Werke<br />
der Ökonomie sind im Protokoll des hochwürdigen Abtes<br />
Carl weiter unten beschrieben. Abt Joachim starb hier im<br />
Kloster an einer kleinen Wunde am Fuß, die durch einen<br />
Nagelriß verursacht war, wozu nachher eine tötliche Blutvergiftung<br />
kam, am 18. Mai des Jahres 1746. Beerdigt wurde er<br />
im Heiligtum, wo sich die Chorstühle befinden.«<br />
Der 40. Vorsteher und 8. Abt: »Der hochwst. Herr Carolus<br />
Pulser aus Hechingen wurde am 19. August 1756 (nach dem<br />
Tod des Abtes Laurez Schlecht) gewählt und vom hochw.<br />
Prälaten Benedikt (Rischer) von Gengenbach am 10. Juli 1757<br />
geweiht unter Assistenz der Benediktineräbte Bernhard<br />
(Beck) von Schwarzach und Carolus (Vogel) von Schuttern<br />
und zwar in der Pfarrkirche von Oberkirch. Die Weihe hatte<br />
sich wegen Schwierigkeiten mit dem zuständigen Bischof von<br />
Straßburg verzögert! Abt Carolus Pulser leitete uns in hervorragender<br />
Weise zu höchstem Nutzen der Wissenschaft<br />
und Ökonomie. Er starb selig im Herrn am 16. September<br />
1766 im Alter von 66 Jahren, im 42 Jahre seines Priestertums.<br />
Sein Leib ruht am Eingang des neuen Heiligtums (sanctuarium)<br />
unter der Ampel. Es möge ihm leuchten das ewige<br />
Licht. Amen.«<br />
13
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Rangendinger Seelsorger<br />
Vorbemerkung: Das ins 5./6. Jahrhundert zurückreichende<br />
Dorf Rangendingen taucht erstmals in einer Urkunde des<br />
Klosters St. Gallen (Schweiz) aus dem Jahr 795 (vielleicht<br />
793) als Rangodinga auf. Der Name dürfte auf einen Personennamen<br />
Ragingod oder Rangod führen 1 . Diese Urkunde<br />
ist wohl nach der von 731 betr. Glatt 2 das ältest nachweisbare<br />
Schriftstück, das in Hohenzollern ausgestellt wurde. Der<br />
lateinische Text 3 ist für einen nur des klassischen Lateins<br />
kundigen Heimatfreund nicht leicht verständlich. Sie enthält<br />
die erste Nachricht über eine Kirche und einen Geistlichen<br />
am Ort, und schon 802 folgt eine zweite Urkunde desselben<br />
Klosters, die wieder einen Geistlichen nennt und zugleich<br />
erkennen läßt, warum der hl. Gallus Kirchenpatron in<br />
Rangendingen ist. Sie seien darum der Pfarrliste vorangestellt.<br />
»Im Namen Gottes. Ich Heriker habe den Plan gefaßt, aus<br />
Liebe zu Gott und zu meinem Seelenheil mein Eigentum<br />
hinzugeben. Und zwar übergebe ich es an die Kirche, die im<br />
Dorfe Rangodinga mit dem Patrozinium des hl. Petrus erbaut<br />
ist. Folgendes schenke ich auf der Gemarkung Rangodingas,<br />
was ich eigen besitze und erworben habe, mit Ausnahme des<br />
vierten Teils. Ich übermache es an die genannte Kirche des hl.<br />
Petrus: Acker, Wiesen, Weiden, Felder, Wälder, Wasser,<br />
Wasserläufe, daß die Kirche dies alles in Besitz nehme und<br />
behalte, damit auch nach freiem Willen handle. Falls aber,<br />
was hoffentlich nicht eintritt, ich selber oder einer meiner<br />
Erben und Nacherben gegen diese Übergabe angehen wollte,<br />
soll er zunächst den Zorn Gottes erfahren, dann muß er der<br />
zuständigen Staatskasse (Fiskus) Strafe zahlen, nämlich drei<br />
Pfund Gold und fünf Pfund Silber. Zudem soll er, was er<br />
genommen, nicht behalten dürfen. Vielmehr muß diese Urkunde<br />
(epistola) mit förmlicher Bestätigung (stipulatione<br />
subnixa) für alle Zeiten gelten und fest bleiben. Öffentlich<br />
geschehen im Dorfe Rangodinga. (Es unterzeichnen mit<br />
einem Kreuzlein:) Heriger, der diese Schenkungsurkunde<br />
veranlaßte, Rihpert, Hrodhoh, Wioland, Witfrid, Gisalpert,<br />
Erpho, Wolfhoh, Toato, Anno und Teoto. Im 25. Jahr der<br />
Regierung unseres Königs Karl (des Großen), an den 5. Nonen<br />
des Monats Mai (d. i. 3. Mai). Notiert habe ichs am<br />
Sonntag. Ich der Priester Audadcar habe es geschrieben. (Ein<br />
et subscripsit, das Wartmann anfügt, fehlt in der Ablichtung<br />
des Originals!) (Nachschrift mit anderer Feder aber von<br />
gleicher Hand:) Und dieser Priester schenkt dem genannten<br />
Heriger vom Kirchengut leinene Kleider auf ein Jahr, wollene<br />
Kleider auf zwei Jahre und Getreide im Wert von zwei<br />
Drittelschillingen auf drei Jahre, dazu Speise, falls er will.<br />
Alles aus Liebe zu Gott und dem hl. Petrus. Er darf wählen,<br />
wohin man diese Dinge liefern und die Speisung gewähren<br />
solle«.<br />
Karl der Große regierte seit Oktober 768, was nach 25 Jahren<br />
793 ergäbe. Da aber erst im Jahr 795 der Sonntag auf einen<br />
dritten Mai fällt, nahm Wartmann an, der Schreiber habe sich<br />
im Regierungsjahr geirrt, es müsse heißen: »im 27. Jahr der<br />
Regierung«. Da jedoch im Original vor dem Wort »Notiert«<br />
deutlich ein Punkt zu erkennen ist, könnte man vermuten, die<br />
Urkunde sei am 3. Mai 793 verfaßt und am folgenden<br />
Sonntag, den 5. Mai ins Reine geschrieben worden, also zwei<br />
Jahre früher, als bisher angenommen. Da die Urkunde im<br />
Stiftsarchiv von St. Gallen liegt und in einem weiteren<br />
Urkunden-Fragment daselbst die Rede ist von einer<br />
Schenkung von Gütern und einer Kirche zu Rangendingen<br />
ans genannte Kloster (unterm 19. August 802), die der<br />
Priester Tachari zu Rangendingen tätigt, muß man annehmen,<br />
dieser als Besitzer der Kirche habe sie samt den Gütern<br />
14<br />
nach St. Gallen tradiert. Daher wird es kommen, daß in der<br />
Folge in Rangendingen nicht mehr der hl. Petrus, sondern der<br />
hl. Gallus als Kirchenpatron erscheint 4 .<br />
Anmerkungen:<br />
1 Mitt. Hohz. 31, 1897, 96.<br />
2 Hohz. Heimat 1959, 11.<br />
3 Wartmann UB von St. Gallen I, 131 und Mitt. Hohz. 31, 1877, 22.<br />
4 Mitt. Hohz. 31, 1877, 25-26.<br />
Liste der Rangendinger Seelsorger<br />
1 795 presbyter Audadcar an der .Peterskirche<br />
2 802 presbyter Tachari in Rangendingen (später Galluskirche!)<br />
2a 1275 rector N. non est residens: habet 5 marcas (Zell hat<br />
10!)<br />
3 1323 März 1: Kirchherr Marquard Pfinneblater.<br />
4 1419 Ulrich Klüpfel, rector ecclesiae; Erstfrüchte 26 fl.<br />
5 1436 Nikolaus N. wegen Verletzung der Residenzpflicht<br />
nach Konstanz zitiert: 19. III. 1438.<br />
5a 1437 Verweser N.<br />
6 1453-69 Michael von Gärtringen (adelig).<br />
7 bis 1480 + Ludwig Schmid aus Hechingen, tot 1480.<br />
8 1480-88 Johannes Kredler aus Neuffen, prokl. 15. III.<br />
präs. durch Pfalzgräfin Mechtild, invest. 11. IV. 1480.,<br />
nimmt schon 12. V. 80 für 1 Jahr Absenz. Verzichtet<br />
1488.<br />
9 1488-1514 t Johannes Bader, prokl. 25. VII.<br />
10 1531-50 Wolfgang Mene (Man), invest. 13. VI. 50, Dekan<br />
ist 1550 tot.<br />
11 1550-1602 t Konrad Strobel, Kammerer, 1599 Dekan.<br />
12 1602-10 f Daniel Eschay aus Munderkingen, starb als<br />
Kammerer 19. XI. 10.<br />
13 1610-49 f Leonhard Mock aus Sigmaringen; f 17. II. 49,<br />
lang krank.<br />
14 1643-56 Michael Agrikola, Aushelfer bis 1649, dann<br />
Pfarrer, resignierte 1656 (vgl. Grosselfingen).<br />
15 1656-67Johann Christoph Mager aus Rottenburg, invest.<br />
14. 12. 56., starb ca. 1680 in Rottenburg.<br />
16 1667-68 Johann Konrad Saile (Saylin) aus Hechingen,<br />
invest. 25. X.<br />
17 1668-70 Johann Wilhelm Fischbach aus Villingen, invest.<br />
14. IX. 68., schuldet im J. 1681 als Kaplan in Hundersingen<br />
dem Bischof noch 8 fl.<br />
18 1670-72 Michael Aichgasser aus Hechingen, invest. 22. I.<br />
71.<br />
19 1672-1714Johann Ba.pt. Pflaum aus Zimmern, invest. 28.<br />
6. 72.<br />
20 1715-58 Johann Christoph Mang aus Ehingen, gb. 21.<br />
VII. 1683 (war 1711 in Jungingen).<br />
21 1759-92 t Johann Bapt. Schetter, gb. Hechingen 30. V.<br />
19, bisher in Stein., starb 24. III. 1792.<br />
22 1792-1819 f Karl Kolb aus Buchau, gb. 25. II. 45, Pr.<br />
1770, f 8. XII. 1819. War vorher in Stein gewesen.<br />
23 1821-31 Meinrad Ertle aus Söflingen, gb. 13. VI. 66; Pr.<br />
11. VII. 1790 als Franziskaner in St. Luzen, war bisher in<br />
Stein; in Rangend. seit 23. I. 1820, ging 1831 nach<br />
Grosselfingen, dort f 27. III. 1845.<br />
(Schluß folgt)
Zum 150. Geburtstag<br />
von Michel Buck<br />
Am 26. September 1832 wurde in Ertingen bei Riedlingen der<br />
spätere Amtsarzt, Volkskundler und Mundartdichter Michael<br />
Buck geboren. Dies war für die Gemeinde Ertingen und<br />
den Kreis Biberach Anlaß, der bedeutenden Persönlichkeit<br />
zu gedenken.<br />
Das »Michel-Buck-Jahr« wurde am 18. Juni 1982 mit einer<br />
Ausstellung »Michel Buck - Leben und Werk« in Biberach<br />
begonnen. Landrat Steuer eröffnete die Ausstellung, welche<br />
Bilder, Urkunden, Manuskripte und Bücher von Buck zeigte.<br />
Ab 24. September 1982 wurde diese Ausstellung in<br />
Ertingen fortgesetzt. Bei der Eröffnung stellte Bürgermeister<br />
Petermann von Ertingen das neue, von der Gemeinde herausgegebene<br />
Buch »Dr. Michel Buck« vor. An der Michel-Buck-<br />
Schule in Ertingen wurde eine Gedenktafel enthüllt, die<br />
Buck, umgeben von bäuerlichen Motiven aus seinen Gedichten,<br />
zeigt. In einer Feierstunde in Ertingen wurden Bucks<br />
Persönlichkeit und Werk in Reden und Vorträgen gewürdigt.<br />
Bucks Gedichte wurden vorgetragen und eine Laienspielgruppe<br />
spielte Bucks (einziges) Theaterstück »Der Bröller<br />
kommt«.<br />
Verfasser des schon erwähnte Michel Buck-Buches ist Rektor<br />
Walter Bleicher aus Mengen. Bleicher suchte nach Spuren des<br />
Dichters und des Menschen Buck in Briefen und im schriftlichen<br />
Nachlaß, der im Schiller-National-Museum von Marbach<br />
a. N. aufbewahrt wird. Buck besuchte in Biberach und<br />
Ehingen das Gymnasium und studierte in Tübingen Medizin,<br />
nicht katholische Theologie, wie man von ihm erwartet hatte.<br />
Schon 1853 schrieb der Medizinstudent Buck in der Riedlinger<br />
Zeitung über die »Götterverehrung der heidnischen<br />
Schwaben«. Der Student trug das schwarz-weiß-gelbe Band<br />
der Landsmannschaft »Ulmia«. Nach vier feucht-fröhlichen<br />
Jahren verließ er die Alma Mater Tubingensis, um in München<br />
weiter zu studieren. 1857 promovierte er und verbrachte<br />
1858 noch ein Semester in Wien. Im gleichen Jahr legte er in<br />
Tübingen die gerichtsärztliche Prüfung ab, was die Voraussetzung<br />
für eine spätere Tätigkeit als Amtsarzt war. Ende des<br />
Jahres 1858 ließ er sich in Munderkingen nieder, wo er<br />
»vergebens einem Patienten entgegensah«.<br />
Schon nach kurzer Zeit verlegte er seine Praxis nach<br />
Königseggwald, weil dort ein Fixum von 150 Gulden und<br />
freie Wohnung geboten wurden. Hier heiratete er dann im<br />
Mai 1859 Crescentia Brandegger, Mohrenwirts Töchterlein<br />
aus Baach bei Zwiefalten. Im Herbst 1860 zog Buck nach<br />
Hohentengen. Mit seinem Freund Birlinger schrieb er an dem<br />
Werk »Volkstümliches aus Schwaben«, das dieser dann unter<br />
seinem Namen erscheinen ließ. Buck war so enttäuscht, daß<br />
er seine literarische Tätigkeit ganz aufgeben wollte.<br />
Diesem Entschluß bleib er allerdings nicht lange treu. 1865<br />
erschein seine kulturgeschichtliche Skizze »Medicinischer<br />
Volksglauben und Volksaberglauben in Schwaben«. Zur<br />
gleichen Zeit ging er als Fabrikarzt nach Altshausen, was er<br />
aber nur 4 Monate durchhielt. Er sah sich nach einer anderen<br />
Praxis um und ging nach Aulendorf. Zahlreiche Gedichte<br />
entstanden in diesen Jahren und in Sigmaringen bei C. Tappen<br />
erschien »Der Bussen und seine Umgebung«. Fürst Karl<br />
Anton von Hohenzollern-Sigmaringen hätte Buck gerne<br />
nach Sigmaringen gebracht und bot ihm die Stelle eines<br />
fürstlichen Archivars an. Die Verhandlungen scheiterten<br />
jedoch schließlich an den Honorarvorstellungen von Buck.<br />
Dabei schien er damals nicht abgeneigt zu sein, sich der<br />
anstrengenden ärztlichen Tätigkeit zu entledigen. Zumal das<br />
ihm »sehr verhaßte Geschäft des Geburtshelfers« hätte er<br />
gerne aufgegeben. In der eigenen Familie blieb ihm Leid nicht<br />
erspart. 1871 starb das siebenjährige Töchterlein Hilda an<br />
einer Blinddarmentzündung. Wer nicht weiß, warum man<br />
heute auch auf den Verdacht hin, operiert, möge den Bericht<br />
des Vaters über Leiden und Sterben des Kindes lesen (S. 76 f.).<br />
Im gleichen Jahr wurde Buck Vater eines Sohnes, was die<br />
Familie ein wenig über den Verlust des Töchterleins tröstete.<br />
Er erscheint nun auch einige Male als Autor in den »Mitteilungen<br />
des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in<br />
Hohenzollern«. Im folgenden Jahr starb der kleine Sohn an<br />
»Zahnkrämpfen«. Der Tod der beiden Kinder nahm den<br />
Vater so mit, daß er selbst schwer erkrankte. Zur Erholung<br />
reiste er mit seiner klein gewordenen Familie nach Oberbayern<br />
und Österreich.<br />
Buck gewann seine Schaffenskraft wieder, sowohl für die<br />
Berufsarbeit, wie für Dichtkunst und Wissenschaft. Schon<br />
seit Jahren arbeitete er an seinem »Oberdeutschen Flurnamenbuch«,<br />
das immer umfangreicher wurde. Im Mai 1874<br />
nahm Bucks berufliche Laufbahn die entscheidende Wendung.<br />
»S. kgl. Majestät geruhten gnädigst das Oberamtsphysikat<br />
Ehingen dem praktischen Arzt Dr. Buck in Aulendorf<br />
zu übertragen«. Mit einem »Wartegeld« von 1800 Gulden<br />
war er finanziell abgesichert. Als erstes ging er daran, sich ein<br />
Haus im italienischen Renaissancestil zu bauen, das er im<br />
November 1875 beziehen konnte. Buck war Biertrinker und<br />
er pries das Ehinger Pilsener als »superfeinen Stoff«. Immerhin<br />
hatte Ehingen damals noch 23 Brauereien. Alle Abende<br />
traf er sich mit den »beamteten Bierphilistern« in der »Linde«,<br />
wo er seine drei oder vier Halb trefflichen »Lindengebräudes«<br />
trank. Trotz der erbeblichen Schulden hatte er an<br />
Haus und Garten große Freude.<br />
Kaum hatte Buck das eigene Haus bezogen, begann er mit der<br />
Planung eines Bezirkskrankenhauses. Trotz seines, sich immer<br />
mehr bemerkbar machenden Nierenleidens, arbeitete er<br />
unentwegt auch an literarischen Werken. 1879 erschien sein<br />
»Oberdeutsches Flurnamenbuch«, das er dem Fürsten Karl<br />
Anton von Hohenzollern widmete. Das Werk machte ihn<br />
weit bekannt und trug ihm reiche Anerkennung ein.<br />
Die Tätigkeit als Amtsarzt machte ihm Freude; mit Ausnahme<br />
der beschwerlichen Bezirksvisitationen, konnte er doch<br />
seiner Sache »großenteils in der Stube vorstehen«. Auch<br />
äußere Anerkennung ließ nicht auf sich warten. Er wurde<br />
Korrespondent des kgl. Konservatoriums der vaterländischen<br />
Kunst- und Altertumsdenkmale. Der Fürst von Hohenzollern<br />
verlieh ihm das Ehrenkreuz III. Klasse des Hohenzollerischen<br />
Hausordens. Buck hatte eine ausgedehnte<br />
Korrespondenz. Freunden schrieb er sogar in Althochdeutsch,<br />
das ihm »gar trefflich aus der Feder floß«. Doch die<br />
Familie wurde erneut von großem Leid betroffen. Im Juli<br />
1883 starb die kleine Tochter Hilda Kreszentia an einer<br />
Hirnhautentzündung.<br />
Bucks Nierensteinleiden meldete sich wieder. Geistig, so<br />
schrieb er, sei er immer sehr tätig, aber körperlich ein<br />
»steinsiecher Krüppel«. 1886 wurde mit dem Bau des Bezirkskrankenhauses<br />
begonnen. Statt der ursprünglich geplanten<br />
32, bekam das Haus nun 59 Betten. Das Krankenhaus<br />
bildete den Ursprung des heutigen Kreiskrankenhauses. Am<br />
5. März 1888 bekam Buck für seine Verdienste das Ritterkreuz<br />
I. Klasse des Friedrichsordens. Lange konnte er sich<br />
nicht mehr an den Ehrungen freuen. Sein Nierenleiden<br />
verschlimmerte sich rasch. Am 15. September 1888 verstarb<br />
er im Alter von 56 Jahren. Große Trauer herrschte nicht nur<br />
in Ehingen, sondern bei allen, die Buck als Wissenschaftler<br />
oder Dichter schätzten. 1892 gab Friedrich Pressel unter dem<br />
Titel »Bagenga« Bucks Oberschwäbische Gedichte heraus.<br />
15
Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschichtsverein<br />
Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />
W <strong>3828</strong> FX<br />
Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />
Bleicher läßt in seinem Buch größtenteils Buck selbst zu Wort<br />
kommen, meistens mit Zitaten aus Briefen. Zahlreiche Abbildungen<br />
alter Stiche, Gemälde und Fotografien zeigen die<br />
Orte und Landschaften in denen Buck lebte und wirkte.<br />
Fotos aus dem »Familienalbum« machen mit den handelnden<br />
Personen vertraut. Martin Blümcke schreibt in einer Besprechung<br />
des Buches in der »Schwäbischen Heimat«: »Walter<br />
Bleichers Spurensuche ist die verdienstvollste Arbeit im<br />
Michel-Buck-Jahr 1982«. Das Buch von Walter Bleicher ist<br />
erhältlich bei der Gemeindeverwaltung 7943 Ertingen und im<br />
Buchhandel.<br />
Werke von Michel Buck sind teilweise in Neuauflagen und<br />
Faksimiledrucken wieder zugänglich. So herausgegeben von<br />
Dr. Heinz Eugen Schramm das »Michel-Buck-Brevier« mit<br />
»Bagenga« und den »Kindheitserinnerungen«. Faksimiledrucke<br />
von »Medizinischer Volksglauben und Volksaberglauben<br />
und »Auf dem Bussen« sind bei der Ulrich'schen<br />
Druckerei in Riedlingen erschienen.<br />
Buchbesprechung<br />
Eckart Hannmann und Karl Werner Steim<br />
Christian Großbayer (1718-1782).<br />
Ein <strong>hohenzollerische</strong>r Baumeister des Spätbarock.<br />
In Hohenzollern und Umgebung gibt es zahlreiche Bauten,<br />
vor allem Kirchen, die von Christian Großbayer stammen.<br />
Uber den Baumeister selbst wußte man bisher wenig. So ist<br />
man dankbar für das Buch von Eckart Hannmann und Karl<br />
Werner Steim, das der Thorbecke Verlag zum 200. Todestag<br />
Großbayers vorlegte.<br />
Im ersten Teil des Buches wird dem Leben und Wirken<br />
Großbayers nachgegangen. Viele Quellen konnten erschlossen<br />
werden, so daß über Herkunft und Familie des Baumeisters<br />
sich ein vollständiges Bild ergibt. Weniger ist über den<br />
beruflichen Werdegang bekannt.<br />
1739 hat er in Haigerloch geheiratet und war damals wohl<br />
schon Maurermeister. Er arbeitete in seiner Heimatstadt und<br />
deren Umgebung als Maurer und Steinmetz. Da der ältere<br />
Bruder Franz Großbayer Hofmaurer in Haigerloch war, trat<br />
Christian in die Dienste des Fürsten von Hechingen. Neben<br />
HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />
hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />
Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />
ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />
besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />
und der angrenzenden Landesteile mit der<br />
Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär<br />
gehaltene Beiträge.<br />
Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />
Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />
803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
(BLZ 65351050).<br />
Druck:<br />
M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />
7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />
16<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
HERRN/FR AU/FHAEULE IN 00 1605<br />
1213<br />
ZE KORN HEINZ<br />
AMTSRAT<br />
karlstrasse ia<br />
7480 S I0.MARI NGEN 1<br />
Casimir Bumiller<br />
Freiburger Straße 5, 7801 Norsingen<br />
Josef Mühlebach<br />
Landesverwaltungsrat i. R.<br />
Leopoldstraße 41, 7480 Sigmaringen<br />
Johannes Wannenmacher, Schulrat i. R.<br />
Eichertstraße 9, 7487 Gammertingen<br />
Hubert Stekeler<br />
Hohenzollernstraße 8, 7795 Thalheim<br />
Otto Werner, Rektor<br />
Friedrich-List-Straße 55, 7450 Hechingen<br />
Pfr. Johann Adam Kraus<br />
Erzbischöfl. Archivar i. R.<br />
Badstraße 8, 7800 Freiburg-Littenweiler<br />
Neue Kontonummer!<br />
Bitte beachten Sie bei Zahlungen die neue Kontonummer<br />
803 843 bei der Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
(BLZ 653 51050). Die anderen Konten sind erloschen.<br />
seiner Tätigkeit als Bauinspektor führte er als Bauunternehmer<br />
und Architekt viele Bauten im Fürstentum und der<br />
Umgebung aus. Manches bisher Zweifelhafte konnte nun<br />
geklärt werden. So stammt z. B. die Kirche von Hausen im<br />
Killertal nicht, wie bisher angenommen von Großbayer; sie<br />
wurde erst nach seinem Tode gebaut.<br />
Der zweite Teil des Buches behandelt die Werke Großbayers,<br />
Kirchen und Profanbauten, wobei die Kirchen auch heute<br />
noch augenfällig sind. 1741/42 baute er die Haigerlocher<br />
Unterstadtkirche um. Zehn Jahre später baute er Kloster und<br />
Klosterkirche in Rangendingen, ein Bauwerk, das bisher dem<br />
Münchner Baumeister J. M. Fischer zugeschrieben wurde.<br />
Jetzt kann belegt werden, daß Großbayer der Baumeister<br />
war. Auch am Bau der Hechinger Stiftskirche war er als<br />
Bauleiter beteiligt. Eines der letzten Werke Großbayers war<br />
die Klosterkirche von Inzigkofen. Dies mag als Beweis für<br />
den guten Ruf dienen, den der Baumeister sich erworben<br />
hatte.<br />
An den Textteil, der mehrere Grundrisse enthält, schließt<br />
sich ein Bildteil mit vielen Abbildungen von Gebäuden und<br />
Innenräumen an. Auch einige Entwurf- und Bauzeichnungen<br />
Großbayers werden gezeigt. Der Baumeister selbst ist auf<br />
einem Votivbild von 1780, zwei Jahre vor seinem Tode zu<br />
sehen. Beim Bau der St. Annakirche in Haigerloch (1753/57)<br />
soll er ein Bein gebrochen haben. Im Lauf der Jahre entwikkelten<br />
sich schwere Durchblutungsstörungen, die zu ausgedehnten<br />
Unterschenkelgeschwüren führten. Jetzt bittet er die<br />
Muttergottes um Heilung oder vielleicht nur um Linderung<br />
seiner Schmerzen.<br />
Das Buch stellt eine wesentliche Bereicherung der <strong>hohenzollerische</strong>n<br />
Literatur dar. Es hat 108 Seiten mit 16 Strichzeichnungen<br />
im Text und 62 Abbildungen, darunter 7 farbige.<br />
Preis DM 18.-<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth,<br />
7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />
verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />
sind als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />
werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />
Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />
Heimat« weiter zu empfehlen.
Eyach bei Owingen mit Weilerkirche<br />
DIETGER HÄSKE<br />
Die Eyach in Owingen<br />
HOHENZOLLERISCHE<br />
HEIMAT<br />
Die Eyach, die an den meisten Tagen im Jahr friedlich durch<br />
die Talauen fließt, war bis vor 25 Jahren das größte Sorgenkind<br />
der Gemeinde Owingen.<br />
Die Eyach entspringt bei Pfeffingen in einer Höhe von 770 m<br />
ü. N. N. und mündet nach 57,1 km bei Eyach in einer Höhe<br />
von 370 m ü. N. N. in den Neckar. Auf einer Strecke von 20<br />
km zwischen Owingen und Bad Imnau fließt sie dabei durch<br />
<strong>hohenzollerische</strong>s Gebiet.<br />
Von der Quelle bis zur Mündung beträgt das Gefälle 400<br />
Meter. Dies macht auch verständlich, daß das sonst friedliche<br />
Bächlein bei der Schneeschmelze oder nach einem starken<br />
oder lang anhaltenden Regen plötzlich zu einem reißenden<br />
Fluß wird.<br />
Herausgegeben vom<br />
W <strong>3828</strong> FX<br />
Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />
33. Jahrgang Nr.2/Juni 1983<br />
Die Eyach hat auf unserer Gemarkung schon oft das ganze<br />
Tal überflutet. Das zeigen die vielen Schutt- und Geröllablagerungen<br />
und die Altwasserrinnen, die links und rechts des<br />
Flußufers festzustellen sind.<br />
Woher der Name »Eyach« kommt, ist nicht genau geklärt.<br />
Der Name hat sich im Laufe der Jahrhunderte oftmals auch<br />
geändert. In Owingen selber wird von der »Eya« gesprochen.<br />
In alten Urkunden und Schriften wechselt der Name von<br />
»Yhen, Eyhen, Eien u.ä.«. Manche meinen, der Name<br />
komme von Eiben, die vor langer Zeit einmal als Urbäume in<br />
diesem Gebiet standen.<br />
Schon zu Zeiten der Römer bestand unterhalb von Owingen<br />
ein Ubergang über die Eyach. Wo diese von Rottweil nach
Rottenburg führende Römerstraße nun genau die Eyach<br />
überquerte, ist nicht mehr feststellbar. Die Römerstraße, die<br />
auf der ganzen Gemarkung noch gut zu verfolgen ist, führte<br />
an der Brunnenstube vorbei und von dort zum Hochgesträß.<br />
Im Bereich dieser Linie muß der Ubergang über die Eyach<br />
erfolgt sein.<br />
Beim Verlegen des Hauptsammlers von Owingen zur Sammelkläranlage<br />
wurden die Kanalisationsrohre bis zu 4 m tief<br />
entlang der Eyach im Boden verlegt. Auch bei diesen Arbeiten<br />
konnte nicht festgestellt werden, wo sich früher die Furt<br />
befunden hatte. Die Eyach hat alle Spuren in diesem Bereich<br />
beseitigt.<br />
Den Owingern hat die Eyach schon immer sehr viel Kummer<br />
bereitet. Sie mußten immer wieder große Schäden an den<br />
Feldern und an Gebäuden hinnehmen und vielleicht auch<br />
manchmal Reißaus nehmen. Vielleicht war auch die Eyach<br />
mit ein Grund dafür, daß die alten Oberowinger ihr Dorf<br />
dort oben verließen und sich weiter talabwärts ansiedelten.<br />
Der Talgrund mit seinem Schwemmboden ist ein tiefgründiger<br />
und fruchtbarer Boden, aber mit einem hohen Grundwasserstand.<br />
Die Flächen im Talgrund konnten aber immer nur<br />
als Wiesen genutzt werden, da die jährliche Hochwassergefahr<br />
ein zu hohes Risiko für einen Ausfall der Getreideernte<br />
bedeutet hätte.<br />
Bei den Verhandlungen der Gemeinde Owingen mit dem<br />
Grafen Eitel Friedrich I. über künftig zu leistende Fronen<br />
machte sie im Jahre 1579 folgendes geltend: »Kündten sie mit<br />
heuen oder embden nichts anerpieten, dann sie eine arme<br />
Gemaidt, geben große lehengülten und haben ein gefahrliches<br />
thal zu heuen und zu embden. Möge ihnen leichtlich durch<br />
das gewässer schaden geschehen.«<br />
Imjahre 1589 bittet die Gemeinde den Grafen Eitel Friedrich<br />
um Zustimmung, die im Tal noch vorhandenen Acker in<br />
Wiesen verwandeln zu dürfen, da sie sehr naß seien.<br />
Im Visitationsbericht über die Landpfarreien in der Grafschaft<br />
Hechingen um das Jahr 1585/1590 wird über den<br />
damaligen Pfarrer Jakobus Pfaff gesagt: »Klagt sunst, daß<br />
ihm das wasser großen schaden thue, und offt in eyner stund<br />
alles ertrenckt, was er das gantz Jahr außgesehet, dafor kann<br />
aber niemand.«<br />
Uber Jahrhunderte hindurch haben die Owinger versucht,<br />
die Fluten der Eyach zu bändigen. Es gelang nie. Selbst als<br />
man im Jahre 1956 mit großem Aufwand an Technik, Maschinen<br />
und Material die Korrektur der Eyach in Angriff nahm,<br />
blieben die meisten Owinger dem Vorhaben gegenüber skeptisch<br />
und glaubten nicht an eine dauerhafte Lösung.<br />
Der Grund für die bisher immer fehlgeschlagenen Maßnahmen<br />
ist im Untergrund des Eyachbettes vorhanden. Bis zum<br />
Eintritt in die Gemarkung Owingen verläuft die Eyach in<br />
einem Felsenbett, etwa bis zu den Frühmeß wiesen. Auch<br />
beim Verlassen der Owinger Markung trifft sie ab dem<br />
Stettener Wehr wieder auf felsigen Untergund. Dazwischen<br />
aber verläuft die Eyach in einem Kiesbett, das sich mit den<br />
damaligen technischen Mitteln nicht befestigen ließ.<br />
Die Ausgaben der Gemeinde Owingen für die Bändigung der<br />
Eyach verschlang zu allen Zeiten große Summen. Die Gemeinde<br />
war arm und mußte das wenige Geld, das sie hatte,<br />
buchstäblich in die Eyach stecken. Sie mußte sogar dafür<br />
Schulden machen.<br />
1934 schreibt die Gemeinde: »Die größte Belastung in finanzieller<br />
Hinsicht ist für die Gemeinde die nie endende Unterhaltung<br />
und Instandhaltung der Eyach. So rückt die Flußbettunterhaltung<br />
selbst die nötigsten Arbeiten auf weite Sicht<br />
hinaus, ja macht sie geradezu unmöglich. Andere Gemeinden<br />
bauen Wald- und Feldwege, wir stecken unser Geld in die<br />
Eyach, fast ohne Erfolg. Diesen hohen Ausgabeposten vom<br />
18<br />
Staat abgenommen zu erhalten, wäre der größte Wunsch zum<br />
Segen und zum Aufstieg der Gemeinde.« Die Äußerung der<br />
Gemeinde sagt alles über die Last mit der Eyach.<br />
Jede Generation hatte ihren Kampf mit der Eyach zu bestehen.<br />
Für die heutige Generation ist dies gar nicht mehr<br />
vorstellbar. Bei Hochwasser standen nicht nur das Wiesental<br />
unter Wasser, sondern auch die unteren Teile des Dorfes. Das<br />
Hochwasser ging im Unterdorf oft bis zur Höhe der heutigen<br />
Hofstraße. In der Mühle mußte in solchen Fällen das dort<br />
lagernde Holz mit Ketten festgebunden werden, damit es<br />
nicht fortschwamm.<br />
Das Wiesenheu wurde wagenweise abgeschwemmt. Nach<br />
dem Hochwasser war das Heu in Senken angelandet und<br />
natürlich nicht mehr brauchbar. Auch anderer Unrat und<br />
Treibholz war auf den Feldern abgelagert, so daß alles<br />
abgerecht werden mußte.<br />
Besonders schlecht war es, wenn die Heuernte noch nicht<br />
begonnen hatte und Hochwasser kam. Dann hatte sich alles<br />
mögliche Treibgut im noch nicht abgemähten Gras verfangen.<br />
Nucht nur, daß das Heu verloren war, es war auch<br />
äußerst mühselig, die Wiesen von dem angeschwemmten<br />
Unrat zu säubern.<br />
Wenn man die Liste der Überschwemmungsjahre ansieht,<br />
sind es eigentlich nur sehr wenige Jahre, an denen die Eyach<br />
nicht über die Ufer trat. Eine große Überschwemmung gab es<br />
nach alten Berichten im Jahre 1744.<br />
Am 12. Juni 1824 trat die Eyach wieder einmal über die Ufer.<br />
Der Fuhrmann Dominikus Welte aus Erlaheim, der mit<br />
seinem Fuhrwerk von Rottenburg kam, wurde bei der »Ketterer<br />
Wies« in der Nähe der Äußeren Mühle vom Wasser<br />
erfaßt und ertrank mit seinen beiden Pferden. 1831 wird<br />
berichtet, ist die Eyach fünfmal über die Ufer getreten. Viel<br />
Heu wurde abgeschwemmt. 1834 wurde die Eyach in<br />
Kappenäcker und Untere Gutersteig »abgegraben« d.h., es<br />
wurden Begradigungen vorgenommen. Imjahre 1838 wurde<br />
die Vicinalstraße von Owingen nach Stetten gebaut. Im Zuge<br />
dieses Anbaues wurde die erste Brücke über die Eyach<br />
gebaut, die die bisherige Furt ersetzte.<br />
1851, 1881 und vor allem 1895 waren schwere Hochwasserjahre.<br />
Bei diesem starken Hochwasser im Frühsommer 1895<br />
wurde die Brücke beim Weiler weggerissen. Der Chronist<br />
berichtet darüber: Anhaltende Gewitter mit schwerem Regen<br />
am 4., 5. und 6. Juni 1895 ließen die Eyach mächtig anschwellen.<br />
Ungeheure Wassermassen schössen zu Tal. In Balingen<br />
ertranken 11 Menschen, weitere 30 Personen ertranken in<br />
Pfeffingen, Margrethausen, Lautlingen, Laufen, Dürrwangen<br />
und Frommern. Auf dem Baiinger Friedhof sollen sogar<br />
Särge herausgeschwemmt worden sein, die dann abgetrieben<br />
wurden. Totes Vieh und Hausrat aller Art blieben nach<br />
Rückgang des Wassers auf den Wiesen von Owingen liegen.<br />
In den Jahren 1904/1905 wurden zwei neue Eyachbrücken<br />
gebaut. Die Brücke bei der Weilerkirche steht heute noch,<br />
während die andere Brücke an der Vicinalstraße nach Stetten<br />
bei der Eyachkorrektur 1958 gesprengt wurde.<br />
Im Zusammenhang mit dem Brückenbau war 1904 ein erster<br />
Ausbau der Eyach auf der gesamten Gemarkung erfolgt. Ein<br />
Abfluß von 75 cbm Wasser pro Sekunde war seinerzeit dem<br />
Ausbau zugrundgelegt worden. Man meinte damals, mit<br />
diesem Ausbau alle Gefahren beseitigt zu haben. Aber bereits<br />
im Jahre 1906 machte ein starkes Hochwasser den ein Jahr<br />
zuvor erfolgten Ausbau zunichte.<br />
Das Bachbett war wegen zu geringem Fassungsvermögen,<br />
wegen zu starken Krümmungen und zu schwacher Befestigung<br />
zerstört worden. Deshalb erfolgte imjahre 1906/1907<br />
ein teilweise zweiter Ausbau. Vor allem nahm man etwa<br />
oberhalb des Friedhofes einen zweiten Durchstich vor, d. h.
eine starke Begradigung des Flußbettes, weil hier ein Jahr<br />
zuvor die Schäden am größten gewesen waren. Im übrigen<br />
wurde das alte Profil wieder hergestellt und mit Faschinen<br />
und Rauhpflaster wieder neu befestigt.<br />
Entgegen allen Hoffnungen war durch diese Baumaßnahme<br />
die Hochwassergefahr für Owingen damit nicht beseitigt<br />
worden, da das Fassungsvermögen des Bachbettes zu gering<br />
war. Deshalb waren in der Folgezeit weitere Ausbesserungsarbeiten<br />
unablässig notwendig, so im unteren Teil der Eyach<br />
in den Jahren 1928/1929, im oberen Teil wieder 1930/1931.<br />
Die immer wiederkehrenden Überschwemmungen in den<br />
Jahren 1936, 1937, 1938, 1940, 1946, 1952, 1953, 1954 und<br />
1955, die jeweils das Bachbett zerstörten, veranlaßten die<br />
Gemeinde, an höheren Stellen immer wieder auf einen ausreichenden<br />
Ausbau zu drängen. Daher erschien am 12. 3. 1955<br />
folgender Artikel in der Hohenz. Zeitung unter der Überschrift:<br />
»Das Sorgenkind von Owingen - Eyachregulierung<br />
muß Sache des Staates werden«. Für Owingen ist das Sorgenkind<br />
die Eyach. Die Elementarkraft das Wassers hat so<br />
radikale Arbeit geleistet, daß es ganz unmöglich ist, auch nur<br />
den Versuch zu unternehmen, dieses Kind mit den Mitteln<br />
der Gemeinde zu heilen. Von unterhalb dem Kühlen Grund<br />
im Gewann Wolfenbach zieht sich bis zum Stettener Wehr<br />
ein kilometerlanger Kraterstrang mit teils haushohen Uferbrüchen,<br />
die zeitweilig so weit in die Breite gehen, daß halbe,<br />
ja ganze Wiesen einfach nicht mehr da sind und den Besitzern<br />
im Laufe der Zeit oder auch während eines Hochwassers<br />
buchstäblich weggestohlen wurden. Diese Anlieger sind<br />
schwer geschädigt. Wer gibt Ihnen etwas? Niemand. Was ist<br />
zu machen? Höhere Gewalt liegt vor. Während die Eyach bis<br />
zum Wolfenbach und desgleichen vom Stettener Wehr über<br />
felsigen Untergrund ihre Wassermassen rollt, trifft sie auf der<br />
dazwischen liegenden Strecke von Owingen durchweg auf<br />
reinen kiesigen Untergrund, der sich in die Tiefe erstreckt.<br />
Diese Kiesunterlage ist es, die noch jedes Projekt zum<br />
Scheitern brachte. Es ist nicht gesagt, daß man gegen das Übel<br />
von staatlicher und vor allem von Owinger Seite nichts<br />
dagegen getan hätte. Es ist gerade umgekehrt. Für Owingen<br />
haben diese Bauten schon Geld und Material verschlungen,<br />
die zu anderen Dingen verwendet, gepflasterte und geteerte<br />
Feld- und Waldwege ergeben hätten. Das Geld zum Eyachausbau<br />
aber hat der Neckar verschluckt. Tausende Sack<br />
Zement, unzählbare Pfähle, Faschinen, Senkwellen, Drahtgeflechte<br />
und Eisen, alles ist fortgeschwemmt. Frage einer<br />
heute die noch lebenden alten Eyach-Spezialarbeiter, den<br />
Weilermesner, den Schmocker Legad, den Häusel Jakob, den<br />
Edele Jakob, wie viele Meter Faschinen sie gebunden, wie<br />
viele Pfähle sie gespitzt und in den Boden gerammt, wieviel<br />
Maschendraht sie über fein säuberlich mit der Wasserwaage<br />
ausgeglichene Böschungen gespannt haben. Kein Zentimeter<br />
durfte fehlen. Schön sauber nivelliert mußten die Böschungen<br />
sein, eben die Sohle. So arbeiteten die Männer tage- und<br />
wochenlang, oft bis zum Leib im Wasser stehend, und es ist<br />
dutzendemale passiert, daß während einer Bauperiode ein<br />
Wasser kam und buchstäblich vor den Augen des Unternehmers<br />
und der Arbeiter oder über Nacht das bereits Geschaffene<br />
mitsamt Material, Gerüstholz und Werkzeug einfach<br />
wegschwemmte. Manch unliebsame Sache, viele und stürmische<br />
Gemeinderatssitzungen brachte das ungute Kind. Was<br />
wird in Zukunft zu seiner Heilung getan werden? Das wissen<br />
wir nicht, aber das wissen wir und können es prophetisch<br />
voraussagen, daß sich kein Owinger Bürgermeister an das<br />
Kind zwecks Heilung wagt, denn er würde, bevor er die<br />
Operation beendet hätte, selbst daran zugrunde gehen. Er<br />
würde einfach auch hinweggeschwemmt. Dieses Kind gehört<br />
in höhere Behandlung. Nur der Vater Staat kann sie überneh-<br />
Dieser flammende Appell an die vorgesetzten Behörden<br />
führte letztlich doch dazu, daß das Land Baden-Württemberg<br />
dem Wasserwirtschaftsamt in Sigmaringen den Auftrag<br />
gab, die Regulierung der Eyach in großzügiger und ausreichender<br />
Weise zu planen. Die Planungen wurde 1955 aufgenommen.<br />
Gebaut wurde dann 1956-1959 und zwar in drei<br />
Bauabschnitten auf insgesamt 5 Flußkilometern.<br />
Die bis dahin vorhandenen Flußkrümmungen wurde herausgenommen<br />
und begradigt. Der Flußlauf, der vorher bis<br />
unmittelbar an den Ortsrand verlief, wurde etwa 300 m weg<br />
von der Ortslage gerückt und dort so ausgebaut, daß das<br />
Bachbett in diesem Bereich eine Wasserabflußmenge von 210<br />
cbm/sek aufnehmen kann. Dem ersten Ausbau von 1904<br />
gegenüber, kann das Bachbett jetzt die dreifache Wassermenge<br />
für die Ortslage unschädlich aufnehmen. Oberhalb der<br />
Ortslage ist die Eyach für ein Fassungsvermögen von 85 cbm/<br />
sek und unterhalb von Owingen für ein solches von 130 cbm<br />
pro Sekunde ausgebaut.<br />
Die Bauleistungen betrugen:<br />
Erdaushub 127000 cbm<br />
Senkwellen (Steinfaschinen) 3000 lfdm<br />
Steinwurf für Böschungsfuß 7000 cbm<br />
Steinpflaster 12000 qm<br />
Spreutlage 4000 qm<br />
Rasensatz 50000 qm<br />
Maschendrahtsicherung 48000 qm<br />
Außerdem wurden vier Sohlabstürze gebaut, wovon drei eine<br />
Fallhöhe von 1,40 m haben und der Vierte bei einer Fallhöhe<br />
von 2,20 mit einer eingebauten Fischtreppe versehen ist. Es<br />
wurden zwei Brücken neu gebaut, die Reiterstaigbrücke mit<br />
16,10 m und die Brücke bei der Äußeren Mühle mit 32 m<br />
1. W. und einer Nutzlast von je 12 to. Oberhalb vom<br />
Stettener Wehr wurde noch eine Hochwasserentlastungsanlage<br />
gebaut. Insgesamt wurde bei allen Vorhaben 1600 cbm<br />
Beton verarbeitet.<br />
Auch der Rötenbach hat für die Ortslage immer wieder<br />
Gefahren durch Überschwemmungen gebracht. Um das<br />
Wasser schadlos für die Ortslage abführen zu können, wurde<br />
ein Rückhaltedamm gebaut. In den Erddamm wurden 7000<br />
cbm Boden verdichtet. Dahinter entstand ein Rückhaltebekken<br />
mit einem Fassungsvermögen von rd. 42000 cbm. Die<br />
Baumaßnahmen an Eyach und Rötenbach erforderten einen<br />
Aufwand in Höhe von insgesamt 2 Millionen DM. Die<br />
Finanzierung erfolgte durch 375 00 DM Eigenmittel der<br />
Gemeinde, dazu ein zinsverbilligtes Darlehen mit 175000<br />
DM und einer Landesbeihilfe von 1,5 Mio DM. Die Finanzierung<br />
war äußerst günstig.<br />
Nach ihrem Ausbau wurde die Eyach als Gewässer I. Ordnung<br />
eingestuft. Dies bedeutete, daß die Unterhaltsunglast<br />
nun ganz in die Verantwortung des Landes überging. Die<br />
Gemeinde muß lediglich einen verhältnismäßig geringen<br />
jährlichen Unterhaltungsbeitrag leisten.<br />
Seit nun 25 Jahren sind die Owinger die Sorgen mit der Eyach<br />
los. Aus Sicht der Owinger hat sich die Regulierung bewährt.<br />
Entgegen der Ansichten der Skeptiker hat das neue Bett der<br />
Eyach gehalten und die Eyach ist seither im Ortsbereich nie<br />
wieder über die Ufer getreten.<br />
Eine endgültige Bewährung hat sie am 21. 6. 1977 bestanden.<br />
Damals brach über Stetten, Haigerloch und die weiter flußabwärts<br />
liegenden Gemeinden eine Hochwasserkatastrophe<br />
herein. Die Owinger Gemarkung blieb dank der erfolgten<br />
Regulierung ohne Schaden, obwohl der Wasserstand der<br />
höchste war, der je gemessen wurde.<br />
Der Ausbau der Eyach im Bereich Owingen erreicht durch<br />
die Begradigung einen schnelleren Abfluß der Wassermassen.<br />
Dies führt aber zwangsläufig dazu, daß im Bereich der<br />
19
darunterliegenden Flußabschnitte, die noch nicht ausgebaut<br />
sind, sich die Wassermassen aufstauen. Daher sind die unterhalb<br />
von Owingen liegenden Gemeinden mehr hochwassergefährdet<br />
wie früher.<br />
Die Eyach war früher ein gutes und artenreiches Fischwasser.<br />
Die Weißfische, wie Döbel, Barben, Nasen und auch Aale<br />
stellten den größten Anteil. Aber auch Karpfen und Forellen<br />
wurden gut gefangen. Während des letzten Krieges wurde<br />
etwa ab 1943/1944 in Frommern Ölschiefer abgebaut. Dabei<br />
gelangten Schadstoffe in das Wasser der Eyach, die schlagartig<br />
alle Fische vernichteten.<br />
Nach dem Krieg gelangten durch die fortschreitende Industrialisierung<br />
immer mehr Schadstoffe in das Wasser der<br />
Eyach. Dies führte schließlich dazu, daß so bis etwa 1975 fast<br />
KARL WERNER STEIM<br />
150 Jahre Pfarrkirche »St. Markus« in Stein<br />
Ein Beitrag zur Baugeschichte<br />
Im Juni 1983 hat die katholische Pfarrgemeinde Stein bei<br />
Hechingen das 150jährige Jubiläum ihrer Pfarrkirche<br />
»St. Markus« gefeiert. Die Kirche war 1831/32 an Stelle einer<br />
älteren Kirche erbaut und 1833 eingeweiht worden. Im<br />
nachstehenden Beitrag geht es im wesentlichen um die Baugeschichte<br />
der heutigen Pfarrkirche, beruhend fast ausschließlich<br />
auf Akten im Staatsarchiv Sigmaringen (Ho 235,1, X, H,<br />
Nr. 1035).<br />
Uber ältere Kirchenbauten in Stein ist nur sehr wenig überliefert.<br />
Der für das Jahr 1252 belegte Pfarrer in Stein, »Gerone,<br />
plebanus in Stain«, dürfte seinen Gottesdienst bereits in einer<br />
eigenen Pfarrkirche gefeiert haben. Frühere Pfarrer oder<br />
Kirchen in Stein sind nicht bekannt.<br />
Auch in den folgenden Jahrhunderten erfährt man nicht viel<br />
über die Kirche von Stein. 1747 wurde ein Altar bei der<br />
Kirche im Friedhof zur Ehre des hl. Markus geweiht. Dieser<br />
Altar soll überdacht an der Kirche gestanden haben, damit<br />
man dort am Patroziniumstag des Evangelisten den feierlichen<br />
Gottesdienst abhalten konnte, weil die Kirche zu klein<br />
war. 1781 heißt es in einer Eingabe, die Kirche in Stein sei für<br />
die drei zur Pfarrei gehörenden Orte Stein, Sickingen und<br />
Bechtoldsweiler zu klein, es werde eine Erweiterung gewünscht.<br />
Im 19. Jahrhundert muß die alte Kirche von Stein allmählich<br />
auch baufällig geworden sein, insbesondere der - nach Aktenlage<br />
eindeutig - massiv aufgeführte Turm der Kirche.<br />
Werkmeister Andreas Wiest, der spätere fürstliche Bauinspektor,<br />
stellte in einem Gutachten vom 27. April 1830<br />
(»nach erhaltenem höchsten Auftrage hat unterthänigst Unterzeichneter<br />
die Kirche in Stein eingesehen und folgendes<br />
befunden«) fest, daß die gegen Morgen (Osten) gekehrte<br />
Turmseite, in dem sich auch der Chor befinde, mehrere<br />
Sprünge habe, die stärksten bis zu IV2 Zoll. Als Hauptursache<br />
dafür nahm der Werkmeister »die während des Leutens<br />
der Gloken statt habende, stärkere Bewegung des Thurms«<br />
an. Außerdem befinde sich auch der Glockenstuhl in einer<br />
schlechten Verfassung. Das über dem Chor befindliche Backstein-Gewölbe<br />
sei aber noch in gutem Zustand. Sollten sich<br />
jedoch die beschriebenen Mauerrisse weiter öffnen, wäre es<br />
unumgänglich, statt des Gewölbes eine Gipsdecke anzubringen.<br />
Der Baumeister schlug vor, Maßnahmen zu treffen, die<br />
klären, ob sich weitere Veränderungen am Turm ergeben.<br />
Erst danach solle man entscheiden, was zu tun sei.<br />
20<br />
keine Fische mehr in der Eyach lebten. Mit dem Bau von<br />
Kläranlagen in der Zeit zwischen 1975 und 1980 hat sich die<br />
Situation an der Eyach wesentlich verändert. Die Abwässer<br />
der Gemeinden werden vor ihrer Einleitung in die Eyach<br />
durch die Kläranlagen gleitet und dort zuerst mechanisch und<br />
dann biologisch gereinigt. Die Wasserqualität hat sich dadurch<br />
wesentlich verbessert.<br />
Negativ ist aber zu bemerken, daß die Farbabwässer der<br />
Färbereien immer noch ungereinigt in die Eyach fließen. Von<br />
der Industrie wird dabei betont, daß die Farbabwässer aus<br />
pflanzlichen Stoffen bestehen und deshalb völlig ungiftig<br />
wären. Die Verschmutzung sei deshalb nur »optisch« vorhanden.<br />
Obwohl eine Reihe von Versuchen in den Kläranlagen<br />
laufen, ist es noch nicht gelungen, hier wirksame Abhilfe<br />
zu schaffen.<br />
Aus einem Schreiben der Hechinger Regierung vom 26. Oktober<br />
1830 geht hervor, daß man sich inzwischen entschieden<br />
hatte, zumindest den Turm abzubrechen. Man machte sich<br />
bereits darüber Gedanken, »wer die Kosten des Abbruchs<br />
und Wiederaufbauens des Kirchthurms in Stein zu übernehmen<br />
habe.« In dem Gutachten heißt es weiter, der Kirchturm<br />
sei ein integrierter Teil der Kirche, da sich in ihm Chor mit<br />
Hochaltar usw. »befand« (war der Turm also bereits abgebrochen?).<br />
Auch wenn kein neuer Turm erstellt werde,<br />
müßte an diesen Platz doch ein Anbau kommen, »daß die<br />
Kirche dadurch ihre alte nothwendige Ausdehnung, welche<br />
für die Gemeinde ohnehin kaum hinreichend ist, wieder<br />
erhalte.«<br />
Daraus folgere, daß die Turm-Reparatur hauptsächlich als<br />
notwendige Wiederherstellung am Kirchengebäude selbst<br />
anzusehen sei. Somit seien Abbruch und Wiederaufbau des<br />
Turms aus dem Kirchenfond von Stein zu bestreiten. Wenn<br />
die Mittel dafür nicht ausreichten, seien die baupflichtig, die<br />
Einkünfte von der Kirche bezögen, also der Zehntherr, dann<br />
der Pfarrer und endlich der Patron. Da außerdem gewöhnlich<br />
der Turm, die Glocken und die Kirchenuhr zum Teil auf<br />
Kosten der Kirche und zum Teil auf Kosten der Gemeinde<br />
erbaut bzw. angeschafft würden, und der Turm in Stein<br />
zugleich Glocken und eine Uhr trage, die nach allgemeiner<br />
Ansicht von der Gemeinde anzuschaffen und zu unterhalten<br />
seien, solle die Kirchenfabrik Stein - soweit sie es könne -<br />
dazu beitragen. Den Rest sollten Zehntherr und Gemeinde<br />
Stein zu gleichen Teilen tragen.<br />
Ein weiteres Gutachten vom 5. November 1830 stimmte dem<br />
vorigen zwar grundsätzlich zu, doch heißt es, der Kirchturm<br />
in Stein bilde nur bis an die Verdachung ein Ganzes, der<br />
übrige, obere Teil sei erst als Turm zu betrachten. Das<br />
Verhältnis betrage nach Auskunft von Werkmeister Wiest<br />
Vi: 2 /}. Somit solle die Fürstliche Hofkammer 'A der Kosten<br />
und die Gemeinde 2 A der Kosten des Abbruchs tragen. Die<br />
Kostenverteilung bei einem Neubau sei noch offen.<br />
Pfarrer Lorenz Kohler und die Gemeinde Stein wandten sich<br />
schließlich am 3. Juli 1831 an die Fürstliche Heiligen-Kommission<br />
und bedankten sich, daß der Fürst von Hohenzollern-Hechingen<br />
»gnädigst geruht, die neue Pfarrkirche in<br />
Stein zu erbauen.« Für die neue Kirche benötige man aber<br />
dringend eine neue Orgel und ein Altarblatt für den Hochaltar<br />
sowie eine Kanzel. Man rechne dafür mit 600 bis 650 Gul-
den Kosten, die man selbst nicht bestreiten könne. Die<br />
Antragsteller baten um Erlaubnis, vom Heiligenvermögen<br />
300 Gulden dafür zu verwenden. 100 Gulden könne man<br />
noch für die alte Orgel erlösen, 130 Gulden milde Gaben<br />
seien »unaufgefordert« in Stein bereits eingegangen. Den<br />
Rest wolle man durch eine Sammlung bei anderen Gemeinden<br />
zusammenbringen.<br />
Wenige Wochen später legten Baumeister Wiest, Pfarrer und<br />
Gemeinde eine genaue Berechnung vor. Danach sollten die<br />
Reparatur des Hochaltars 15 Gulden und die farbige Fassung<br />
weitere 10 Gulden kosten, die Holz-Kanzel wurde auf<br />
49 Gulden und ihre Fassung auf 22 Gulden veranschlagt.<br />
Eine neue Orgel sollte 600 Gulden, also insgesamt 696 Gulden<br />
kosten. Aufbringen wollte man das Geld wie folgt:<br />
Heiligenpflege 300 Gulden, Erlös der alten Orgel 100 Gulden,<br />
Bruderschaft 45 Gulden, 150 Gulden aus den drei Gemeinden<br />
Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler (bereits vorhanden).<br />
Die restlichen 101 Gulden wollte man durch eine<br />
Sammlung zusammenbringen.<br />
Von Baumeister Wiest liegt schließlich eine Baukosten-Übersicht<br />
vom 26. Oktober 1832 vor. Danach kostete der Abbruch<br />
der alten Kirche samt Turm 120 Gulden. Die neue<br />
Kirche war (ohne Holz und Fuhrlohn) auf 6007 Gulden<br />
veranschlagt. Das Tannen- und Eiche-Bauholz, das vom<br />
Fürstlichen Forstamt für die Kirche abgegeben wurde und<br />
teils gekauft werden mußte, belief sich auf 1670 Gulden.<br />
Anstreichen der Gesimse und Säulen sowie Anschaffung der<br />
Fenster-Gitter waren mit 500 Gulden veranschlagt. Somit<br />
betrugen die Baukosten insgesamt 8297 Gulden. Nach Aktenlage<br />
ist davon auszugehen, daß der mehrfach genannte<br />
Baumeister Andreas Wiest auch der Architekt (oder wenigstens<br />
der Bauleiter) der Kirche war.<br />
Im Jahre 1847 bedankten sich Pfarrer und Gemeinde von<br />
Stein beim Fürsten, daß er zur Fassung der Altäre, der Kanzel<br />
und Orgel ein Gnadengeschenk gegeben habe. Diese waren<br />
also bis dahin nicht gestrichen worden.<br />
Aus dem Jahre 1868 ist überliefert, daß die Pfarrangehörigen<br />
von Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler wegen eines Prozesses<br />
gegen das Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen<br />
Prozeßkosten an das Oberamt in Hechingen entrichten<br />
mußten. Es war um Frondienste für Kirchen- und Pfarrhofbau<br />
gegangen. Die Zahlung wurde auf die Pfarrangehörigen<br />
umgelegt.<br />
Wie erst aus späteren Akten hervorgeht, verzichtete man in<br />
Stein beim damaligen Kirchenbau von 1831/32 auf einen<br />
eigenen Kirchturm. Die Kosten hätten die drei Gemeinden<br />
Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler selbst aufbringen müssen.<br />
So wurde nur ein Dachreiter aufgesetzt.<br />
Baumeister Beuter aus Hechingen, der im Auftrag des Pfarrers<br />
von Stein die Kirche bezüglich der Verbesserung oder<br />
eventuellen Erneuerung des Dachreiters untersucht hatte,<br />
legte am 28. September 1897 einen Bericht vor. Er bemerkte<br />
eingangs, schon vor vier Jahren habe er festgestellt, daß eine<br />
nachhaltige Verbesserung der Situation nur mit Schwierigkeiten<br />
und erheblichen Kosten möglich sei. Inzwischen sei er der<br />
Auffassung, schrieb Beuter, daß bei einem längeren Verbleiben<br />
des Zustandes Gefahr für die Kirche selbst drohe. Wie<br />
weiter zu erfahren ist, wurden im Jahre 1894 das Kirchenschiff<br />
und der Chor im Innern frisch getüncht. Gleichzeitig<br />
wurden damals zahlreiche Risse an Decke und Wänden<br />
zugeputzt. Jetzt stellte Beuter neben den alten Rissen neue an<br />
den Umfassungen des Schiffs und über den Fensterbögen<br />
fest. Beuter riet von einer Erneuerung des Dachreiters ab, da<br />
die Last immer den Umfassungswänden des Kirchenschiffs<br />
zufalle. Der Baumeister regte - wie schon früher - an, »einen<br />
Turm von Grund aufzubauen.«<br />
Ein weiteres Gutachten über die Dachreiter-Situation liegt<br />
von Pfarrer Detzel, Vorsitzender des Rottenburger Diözesan-Vereins<br />
für christliche Kunst, aus St. Christina bei<br />
Ravensburg vor, datiert vom 4. Oktober 1897. Auch dieses<br />
Gutachten war vom Pfarrer in Stein angefordert worden.<br />
Darin heißt es, der Fachwerkdachreiter stelle eine »Unzierde«<br />
für die Kirche dar. Infolge Erschütterungen durch das<br />
Läuten und durch Witterungseinflüsse sei das Türmchen aus<br />
den Fugen geraten und es drohe in Kürze eine Katastrophe.<br />
Der Dachreiter sei, so heißt es weiter, auf das Deckengebälk<br />
des Schiffs aufgesetzt, zwei der tragenden Balken liefen auf<br />
zwei Deckenbalken in die Mitte des Schiffs hinein und seien<br />
mit diesem fest verbunden. Durch das Läuten werde das<br />
ganze Schiff in Mitleidenschaft gezogen. Auch der Pfarrer riet<br />
von Ausbesserungsmaßnahmen ab und schlug einen völlig<br />
neuen Dachreiter vor, dessen Schwerpunkt auf das Gemäuer<br />
der Westfassade kommen sollte. Abschließend heißt es, daß<br />
eigentlich nur ein neuer Turm erbaut werden könnte, am<br />
besten an der Südseite des Chores.<br />
In einem Schreiben vom 14. Oktober 1897 bestätigte der<br />
Kirchenvorstand von Stein, man habe seinerzeit auf einen<br />
eigenen Kirchturm verzichtet, da in diesem Fall die Gemeinde<br />
baupflichtig gewesen wäre. Der Fürst von Hechingen<br />
wiederum habe nur seine Baupflicht für die Kirche anerkannt<br />
und dann auch den Dachreiter erstellen lassen. Dann ging es<br />
um die Finanzierung eines neuen Turmes. Die Gemeinde<br />
Stein mit 413 Einwohnern und auch Sickingen und Bechtoldsweiler<br />
seien dazu allein nicht in der Lage. Die Regierung<br />
in Sigmaringen wurde deshalb gebeten, eine Lotterie zu<br />
genehmigen, was vom Hechinger Oberamt befürwortet wurde.<br />
Die Regierung forderte zunächst ein Gutachten von<br />
Architekt Wilhelm Friedrich Laur an.<br />
Letzterer legte am 27. Dezember 1897 einen umfangreichen<br />
Bericht vor, der auch auf die Vorgeschichte einging. Aus<br />
Kostengründen sei ein - dem vorhandenen Geläut entsprechender<br />
- Dachreiter auf das Langhausdach aufgesetzt worden.<br />
Die Anbringung sei sehr verfehlt gewesen. Der Dachreiter<br />
sei selbst baufällig, auch die Kirche habe durch ihn<br />
bedenklichen Schaden erlitten, so zeigten die ziemlich starken<br />
Mauern vielfach Risse, die nur durch starke Erschütterungen<br />
entstanden sein könnten. Die meisten und größten<br />
Risse befänden sich naturgemäß an der westlichen Giebelund<br />
den anschließenden Giebelmauern; aber auch die übrigen<br />
Umfassungsmauern seien stark in Mitleidenschaft gezogen.<br />
Sämtliche Fensterbögen im Langhaus und sogar im Chor<br />
21
seien »gebrochen«, die Risse setzten sich an den Fensterbrüstungen<br />
bis auf den Boden der Kirche fort. Laur stellte sogar<br />
fest, daß »die Schwenkungen des Dachreiters beim Läuten...<br />
auf eine ziemliche Entfernung deutlich sichtbar« seien.<br />
Als Ursache nannte der Architekt das große Gewicht der<br />
Glocken (drei) mit zusammen acht Zentnern, die schlechte<br />
Konstruktion von Türmchen und Dachstuhl. Zudem hingen<br />
die Glocken mit elf Metern Höhe über dem Dachgebälk zu<br />
hoch. Die Schwingungen der Glocken würden sich über den<br />
Glockenstuhl und den Dachreiter auf die Kirche übertragen.<br />
Vor allem fehle es an ausreichenden Horizontalverstrebungen<br />
usw. Auch ein vor etwa 25 Jahren zur Verstärkung<br />
OTTO H. BECKER<br />
Das Kloster Inzigkofen seit der Säkularisation<br />
Bei der Säkularisation im Jahre 1802, der auch das Augustinerchorfrauenstift<br />
Inzigkofen anheimfiel, handelt es sich<br />
keineswegs um einen einmaligen historischen Vorgang.<br />
Die Säkularisation von Kirchengütern, d. h. »die einseitig von<br />
der Staatsgewalt vorgenommene Einziehung kirchlichen Vermögens<br />
und der Bestimmung desselben zu weltlichen oder<br />
wenigstens nicht unmittelbaren kirchlichen Zwecken«, lassen<br />
sich mit unterschiedlicher Intensität bis ins frühe Mittelalter<br />
zurückverfolgen. Man denke hier nur an den Einzug von<br />
Kirchenvermögen, den der Hausmaier Karl Martell im<br />
8. Jahrhundert zur Abwehr der im Frankenreich eingefallenen<br />
Araber vornahm.<br />
Einmalig war die Säkularisation von 1802 im Reich nur<br />
hinsichtlich des Umfangs des eingezogenen Kirchengats.<br />
Wurden doch sämtliche 112 geistliche Fürsten mit Ausnahme<br />
des Hoch- und Deutschmeisters und des Kurfürsten von<br />
Mainz enteignet, wodurch etwa 3 Millionen Menschen ihre<br />
Staatsangehörigkeit wechselten. Die Zahl der landsässigen<br />
Klöster, die auf Grund des Reichsdeputationshauptschlusses<br />
aufgehoben wurden, läßt sich nicht mehr genau feststellen. In<br />
den drei süddeutschen Monarchien, also in Bayern, Württemberg<br />
und Baden, sollen es allein 450 gewesen sein.<br />
Die Rechtshistorie hat vier Grundtypen der Säkularisation<br />
festgestellt:<br />
1. Die Entwidmung von Reichskirchengut in der Zeit des<br />
mittelalterlichen Eigenkirchenrechts.<br />
2. Die Einziehung von Kirchenvermögen durch den Landesherrn<br />
aufgrund des »ius reformandi«.<br />
3. Die Verstaatlichung von Kirchengut zur Zeit des Absolutismus<br />
kraft der staatlichen Souveränität.<br />
4. Die Nationalisierung alles geistlichen Eigentums durch das<br />
revolutionäre Frankreich aufgrund der demokratischen<br />
volonté générale.<br />
22<br />
eingefügtes Strebewerk habe die Festigkeit nicht besonders<br />
erhöhen können.<br />
Auch Wilhelm Friedrich Laur sah keine Chance für eine<br />
Reparatur. »Eine gründliche Abhilfe kann deshalb nur durch<br />
gänzliches Abtragen des Dachreiters und Erbauung eines<br />
massiven Thurmes, der jedoch nicht in direkter Verbindung<br />
mit dem Mauerwerk der Kirche stehen dürfte, erreicht<br />
werden.« Auf jeden Fall sollten die beiden großen Glocken<br />
sofort entfernt werden.<br />
Bis schließlich der Turm - von Architekt Laur - erstellt<br />
werden konnte, sollte freilich das Jahr 1901 geschrieben<br />
werden. Der »sehr aufwendig nach dem Vorbild der Hechinger<br />
Stadtkirche entworfene Turm an der Südseite des Chores«<br />
ist wohl der letzte klassizistische Kirchturm in Hohenzollern,<br />
der gebaut wurde. Er bestätigt gleichzeitig das Können<br />
des ersten <strong>hohenzollerische</strong>n Landeskonservators, der hier<br />
bereits praktische Denkmalpflege betrieben hat und dem<br />
bescheidenden klassizistischen Bau zu einer stilechten Zierde<br />
verhalf. Die Kirche selbst, ein langgestreckter, rechteckiger<br />
Bau mit eingezogenem, halbrund geschlossenem Chor, erinnert<br />
im Grundriß übrigens stark an den vom Haigerlocher<br />
Barockbaumeister Christian Großbayer geprägten Kirchentyp.<br />
Vielleicht haben seine Kirchen, die ja überwiegend rings<br />
um Hechingen - und somit auch Stein - zu finden sind, noch<br />
posthum die Kirche von Stein beeinflußt.<br />
Waren die Übergriffe des Staats auf Kirchenvermögen im<br />
Mittelalter noch vereinzelt, nahmen sie infolge der Reformation<br />
einen beträchtlichen Umfang an. Nach Abschluß des<br />
Westfälischen Friedens trat dann eine gewisse Beruhigung<br />
ein. Bis 1802/3 galt die Garantieklausel des Osnabrücker<br />
Friedensinstruments, die den vermögensrechtlichen Besitzstand<br />
der Religionsparteien nach dem Stand des Normaljahres<br />
1624 gewährleistete.<br />
Die Gültigkeit dieses Reichsgesetzes wurde im Verlauf des<br />
18. Jahrhunderts durch die aufkommenden Ideen der Aufklärung<br />
und des Staatskirchentums, von denen die protestantischen<br />
und die katholischen Reichsfürsten gleichermaßen<br />
erfaßt wurden, mehr und mehr in Frage gestellt. Einen<br />
weiteren Vorwand zur Enteignung von Kirchenvermögen<br />
durch den Staat lieferte die Kirche selbst, als Papst Klemens-<br />
XIV. 1773 den Jesuitenorden auflöste und das Vermögen der<br />
einzelnen Ordensniederlassungen dem jeweiligen Landesherrn<br />
zuwies.<br />
Auf diese Weise gelangte auch das Vermögen des Jesuitenkollegs<br />
in Freiburg im Breisgau an Osterreich. Das Vorgehen der<br />
vorderösterreichischen Regierung gegen die Ordensniederlassung<br />
sollte sich in den Säkularisationen danach wiederholen.<br />
Nach Verkündung des Aufhebungserlasses wurden die<br />
Wertbehältnisse unter Verschluß genommen, das gesamte<br />
Vermögen inventarisiert, den nunmehrigen Exjesuiten wurde<br />
der landesfürstliche Schutz zugesichert, wenn sie sich als<br />
treue Diener des Staats und der Kirche zeigten; und jedem<br />
wurde eine Pension zugewiesen. Die Novizen und noch nicht<br />
ordinierten Fratres erhielten eine Abfindung, die Ordinierten<br />
wurden dem Schuldienst zugewiesen.<br />
Die Landesherrin, Kaiserin Maria Theresia, war zwar grundsätzlich<br />
gegen eine Beseitigung der Klöster, aber auch sie war<br />
zumindest in ihren letzten Regierungsjahren bestrebt, deren
Eigentumszuwachs einzudämmen und in das Klosterleben,<br />
sofern es notwendig erschien, einzugreifen. Vor allem vertrat<br />
sie die Auffassung, daß weibliche Orden zu nützlichen<br />
Tätigkeiten wie z. B. dem Schulunterricht zugeführt werden<br />
sollten.<br />
Die Vorbehalte der Kaiserin wurden von ihrem Sohn und<br />
Nachfolger, Kaiser Josef II., nicht geteilt. Von den Ideen der<br />
Aufklärung und des Staatskirchentums beseelt, konnte es für<br />
den Kaiser in den Osterreichischen Stammlanden keinen<br />
Platz für Selbstverwaltungskörperschaften mehr geben. Die<br />
Kirchen und ihre Einrichtungen mußten dem Staat dienen<br />
und sollten deshalb seiner Bürokratie unterstellt werden.<br />
Die Intentionen des Kaisers richteten sich in erster Linie<br />
gegen die Klöster und Orden. Ihnen lag die Uberzeugung<br />
zugrunde, daß Orden, die dem Nächsten keinen Nutzen<br />
brächten, auch Gott nicht gefällig sein könnten und deshalb<br />
auch das Vermögen all derer, die weder in der Schule noch im<br />
Krankendienst tätig seien, zu enteignen und mit ihnen zu<br />
verfahren sei wie mit den Jesuiten.<br />
Damit waren die Kartäuser und Eremiten, die Karmeliterinnen,<br />
Klarissinnen, Kapuzinerinnen und andere Korporationen<br />
vom Dritten Orden des hl. Franziskus und alle diejenigen<br />
gemeint, die keine Schulen unterhielten, Kranke versorgten,<br />
Sakramente spendeten und Seelsorge betrieben; d. h. alle<br />
diejenigen Religiösen, die kontemplativen Orden und Kongregationen<br />
angehörten.<br />
Die Niederlassungen dieser Orden sollten aufgehoben und<br />
ihr Vermögen einem Religionsfonds zugewiesen werden.<br />
Aus dem Fonds sollten dann die Pensionen für die Angehörigen<br />
der aufgehobenen Korporationen bezahlt sowie die<br />
Mittel für die Finanzierung neu errichteter Pfarreien und die<br />
Versorgung von Seelsorgen bereitgestellt werden. Die Verwaltung<br />
des Fonds oblag dem Staat.<br />
Die Absichten Kaiser Josefs II., alle kontemplativen Orden<br />
und Gemeinschaften im Bereich seiner Stammlande aufzulösen,<br />
fanden ihren Niederschlag in dem sogenannten Aufhebungsdekret<br />
vom 12. Januar 1782. Mit dieser Publikation<br />
setzte sich der Kaiser rücksichtslos über die im Osnabrücker<br />
Friedenstraktat enthaltene Garantie des kirchlichen Besitzstandes<br />
hinweg.<br />
Die Aufhebung der kontemplativen Orden bot Osterreich<br />
einen weiteren Vorwand, seinen Landeshoheitsanspruch<br />
auch in der Grafschaft Sigmaringen sichtbar zur Geltung zu<br />
bringen. Ohne Rücksprache mit dem Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen<br />
wurden vier Wochen nach der Veröffentlichung<br />
des Dekrets die beiden Franziskanerklöster Gorheim<br />
und Laiz aufgehoben. Die verbalen Proteste des Fürsten Karl<br />
Friedrich fruchteten nichts. Als der Verkauf des gesamten<br />
Klosterbesitzes zugunsten des vorderösterreichischen<br />
Religionsfonds, der im Zusammenhang mit dem Aufhebungsdekret<br />
gegründet wurde, stattfand, mußte sich der<br />
Sigmaringer Fürst damit zufriedengeben, daß er für 31000 fl<br />
den Großteil der Güter dieser beiden Klöster kaufweise an<br />
sich bringen konnte.<br />
Von der Aufhebung verschont blieb das Augustinerchorfrauenstift<br />
Inzigkofen. Die Gründe hierfür mögen in erster Linie<br />
darin gelegen haben, daß das Stift im Unterschied zu den<br />
aufgelösten Franziskanerinnenklöster Gorheim und Laiz<br />
durch seine Armenspeisungen und durch seine Apotheke<br />
seine Nützlichkeit für die Allgemeinheit unter Beweis gestellt<br />
hatte.<br />
Der Einzug von Kirchenvermögen für staatliche Zwecke<br />
durch Kaiser Josef II. war bekanntlich nur ein Vorgeplänkel<br />
zu der großen Säkularisation von 1802. Für ihre Durchsetzung<br />
waren vor allem militärisch-politische Gründe maßgeblich.<br />
Der große Verlierer des 2. Koalitionskrieges war Österreich.<br />
Kaiser Franz II. sah sich schließlich gezwungen, am 9. Februar<br />
1801 mit der französischen Republik in Lunéville<br />
sowohl für Österreich als auch für das Reich Frieden zu<br />
schließen. Der Friedenstraktat stellte die endgültige Abtretung<br />
des gesamten linken Rheinufers fest. Im Artikel 7 wurde<br />
vereinbart, daß die hierdurch den erblichen Fürsten entstandenen<br />
Verluste vom gesamten Reich getragen werden<br />
mußten, daß also für den Verlust von Reichsgebiet nur<br />
innerdeutsche Territorien, und zwar allein geistliche und<br />
reichsstädtische als Entschädigungen in Betracht kamen.<br />
Hinsichtlich der Regelung der Entschädigungsfragen wurde<br />
Frankreich und Rußland ein entscheidendes Mitspracherecht<br />
eingeräumt.<br />
Noch im Oktober 1801 wurde zur Ausarbeitung eines entsprechenden<br />
Plans eine außerordentliche Reichsdeputation<br />
bestellt, der außer Kurmainz die Reichsstände Böhmen,<br />
Sachsen, Brandenburg, Bayern, Württemberg, Hessen-Kassel<br />
und der Hoch- und Deutschmeister angehörten.<br />
Die Fürsten von Hechingen und Sigmaringen, die sich nach<br />
dem Verlust ihrer niederländischen Besitzungen ebenfalls<br />
Hoffnungen auf Entschädigungen machten, entwickelten<br />
eine fieberhafte diplomatische Aktivität. Fürst Anton Aloys<br />
von Hohenzollern-Sigmaringen betrieb die Erwerbung der<br />
Klöster Zwiefalten, Marchtal und Schussenried. Fürst Hermann<br />
von Hohenzollern-Hechingen begehrte die Klöster<br />
Rottenmünster und Mariaberg.<br />
Doch trotz guter Beziehungen der Fürstin Amalie Zephyrine<br />
von Hohenzollern-Sigmaringen zum 1. Konsul Napoléon<br />
Bonaparte und trotz diplomatischer Rückendeckung durch<br />
Preußen sahen sich die schwäbischen Hohenzollern alsbald<br />
um ihre Hoffnungen betrogen. Frankreich hatte schon vor<br />
dem Zusammentreten der Reichsdeputation im August 1802<br />
in Regensburg die Erwerbung dieser Klöster Württemberg<br />
vertraglich zugesichert.<br />
Der Spielraum der Reichsdeputation blieb auch in der Folgezeit<br />
beschränkt. Die wichtigen Entscheidungen in dem Länderschacher<br />
behielten sich Frankreich und Rußland vor. Das<br />
Ergebnis der Verhandlungen, der sogenannte Reichsdeputationshauptschluß<br />
wurde vom Kaiser am 27. April 1803 als<br />
Reichsgesetz verkündet.<br />
Die Fürsten erhielten durch das Gesetz die generelle Befugnis,<br />
alle Klöster, Stifte und auch die Bettelorden, die sich<br />
unter ihrer Landeshoheit befanden, nach ihrem Belieben<br />
einzuziehen. Als Termin für die Übergabe der einzelnen<br />
Entschädigungsobjekte wurde rückwirkend der 1. Dezember<br />
1802 festgesetzt. Auch wurde es dem Gutdünken der Landesherren<br />
anheimgestellt, die Aufnahme von Novizinnen zu<br />
gestatten oder zu verbieten. Die Auflösung von Frauenklöstern<br />
hingegen bedurfte der Zustimmung des zuständigen<br />
Diözesanbischofs.<br />
Dem Recht der Säkularisatoren auf freie Verfügbarkeit des<br />
kirchlichen Vermögens setzte der Reichsdeputationshauptschluß<br />
die Verpflichtung auf eine gesicherte Versorgung der<br />
Betroffenen entgegen. Wichtig war vor allem der Grundsatz<br />
der »verhältnismäßigen Pension«, das bedeutete, daß keine<br />
einheitlichen Pensionen eingeführt wurden, sondern ihre<br />
Höhe vom Vermögen der jeweiligen geistlichen Korporation<br />
abhängig gemacht wurde.<br />
So wurden für die Fürstbischöfe, Reichsprälaten und Äbtissinnen<br />
ein jeweiliges Maximum von 12000 fl und Minimum<br />
von 2000 fl jährliche Pension festgelegt. Die Regularen sollten<br />
eine Pension zwischen 300 fl und 600 fl erhalten.<br />
Wichtig war auch die Bestimmung des Reichsdeputationshauptschlusses,<br />
daß Fromme und milde Stiftungen, z. B.<br />
Meßstiftungen bei Klöstern nicht inkammeriert werden durften,<br />
sondern unter landesherrlicher Aufsicht erhalten bleiben<br />
mußten.<br />
23
Wie schon erwähnt, konnten die Fürsten von Hohenzollern-<br />
Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen ihre allzuhohen<br />
Erwartungen, die sie in das Entschädigungsgeschäft gesetzt<br />
hatten, nicht realisieren. Ihre Hartnäckigkeit und nicht zuletzt<br />
auch die guten Beziehungen der Fürstin Amalie Zephyrine<br />
von Hohenzollern-Sigmaringen haben dann doch dazu<br />
geführt, daß sie bei der Säkularisation nicht leer ausgingen.<br />
Im § 10 des Reichsdeputationshauptschlusses erhielt Fürst<br />
Anton Aloys für seine niederländischen Besitzungen die<br />
Herrschaft Glatt am Neckar aus dem Besitz der Fürstabtei<br />
Muri in der Schweiz, das Augustinerchorherrenstift Beuron,<br />
das Benediktinerinnenkloster Holzen bei Donauwörth und<br />
schließlich das landsässige Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen.<br />
Dieser Übereignung lag der sogenannte »plan général et<br />
définitif d'indemnité« Frankreichs und Rußlands vom 8. Oktober<br />
1802 zugrunde. Schon am 19. Oktober teilte Fürst<br />
Anton Aloys der Pröpstin von Inzigkofen die alsbaldige<br />
provisorische Zivilbesitznahme des Klosters mit, die der<br />
Geheime Rat von Mayersburg im Namen des Fürsten am<br />
5. November mit der Inbesitznahme aller liegenden und<br />
fahrenden Güter des Klosters vollzog. Am 10. Dezember<br />
schloß der Geheime Rat dann einen förmlichen Vertrag mit<br />
der Pröpstin und dem Konvent des Klosters ab, der einen Tag<br />
später von Fürst Anton Aloys ratifiziert wurde. Am 16. Dezember<br />
schließlich wurden die Fahrnisse des Klosters versteigert.<br />
Die auffällige Eile, die bei der Inbesitznahme des Klosters<br />
Inzigkofen an den Tag gelegt wurde, ist möglicherweise der<br />
Furcht entsprungen, der Lehensherr Osterreich könnte dem<br />
Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen seine Rechte noch<br />
streitig machen. Im Hinblick auf das Entschädigungsgeschäft<br />
äußerte sich von Mayersburg schon 1801: »Wenn wir auch<br />
mehr Glück haben sollten, als wir hoffen können, so wird<br />
unsre lehenbare Landplage uns doch wieder alles verbittern«.<br />
Von Mayersburg sollte sich nicht getäuscht haben. Kaum<br />
hatte Fürst Anton Aloys von den Entschädigungsobjekten<br />
Besitz ergriffen, beschlagnahmte Osterreich alle Besitzungen<br />
und Gefälle der säkularisierten geistlichen Korporationen<br />
innerhalb der österreichischen Landeshoheit. Der Wiener<br />
Hof begründete diese Aktion mit dem sogenannten Epavenrecht,<br />
das besagte, daß das jus circa sacra et politica dem<br />
Landesherrn erlaube, bei der Aufhebung geistlicher Stiftungen<br />
über deren Rechte und Besitzungen verfügen zu dürfen,<br />
soweit sie in seinem Territorium gelegen sind.<br />
Die Anwendung dieses Rechts durch Osterreich stand im<br />
Widerspruch zum ausdrücklichen Wortlaut des Reichsdeputationshauptschlusses.<br />
Im Artikel 36 war nämlich ausdrücklich<br />
festgelegt, daß die Entschädigungsobjekte »mit allen<br />
Gütern, Rechten, Kapitalien und Einkünften, wo immer sie<br />
auch gelegen sind«, an ihre neuen Besitzer übergehen.<br />
Für den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen bedeutete<br />
die Beschlagnahme nach eigenen Angaben den Verlust von<br />
dreiviertel der Einnahmen von Beuron, von je einem Viertel<br />
von Glatt und Holzen und die Hälfte der Einkünfte von<br />
Inzigkofen. Letztere resultierten vor allem aus der Beschlagnahme<br />
der ehemaligen Güter der Chorfrauen von Inzigkofen<br />
in der Göge.<br />
Im Herbst 1803 äußerte Fürst Anton Aloys, er werde sich aus<br />
der Sequesteraffäre, d. h. der Beschlagnahme, wohl nur durch<br />
eine Abmachung mit Osterreich ziehen können, denn auf die<br />
Dauer stehe man vor der Alternative, entweder die Mönche<br />
und Nonnen verhungern zu lassen oder sich durch Großzügigkeit<br />
und Mitleid zu ruinieren. Von diesen düsteren Perspektiven<br />
wurde der Fürst mit der Unterstützung Frankreichs<br />
durch die Auflösung der Lehenbande mit Osterreich<br />
und der Allodifikation seiner Güter 1805 erlöst, seine Lage-<br />
24<br />
beurteilung war zu dem damaligen Zeitpunkt jedoch durchaus<br />
realistisch.<br />
Der Reichsdeputationshauptschluß begründete, wie wir bereits<br />
gesehen haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten<br />
des Säkulisators gegenüber den enteigneten Religiösen. Die<br />
Beziehungen des Fürsten zu den Angehörigen des aufgehobenen<br />
Chorfrauenstifts Inzigkofen wurden in dem ebenfalls<br />
schon erwähnten Vertrag vom 10./II. Dezemnber 1802<br />
geregelt.<br />
Der Fürst sicherte in diesem Dokument den Augustinerinnen<br />
das Recht zu, bis an ihr Lebensende in dem Klostergebäude<br />
verbleiben und nach ihren Ordensregeln leben zu dürfen. Für<br />
ihren Lebensunterhalt wurden Pensionen ausgesetzt. Die<br />
Pröpstin erhielt 600 fl, die Priorin 300 fl, die 24 Klosterfrauen<br />
und die 12 Laienschwestern jeweils 200 fl. Der Beichtiger<br />
Egle bekam wie die Priorin 600 fl, seinem Helfer Schell<br />
wurden bis zu einer anderweitigen Versorgung 260 fl zugesagt.<br />
Außerdem wurden zur Unterhaltung des Personals<br />
200 fl und für Wachs und Öl 100 fl ausgesetzt. Die Kosten<br />
beliefen sich insgesamt auf 9260 fl.<br />
Der Fürst verpflichtete sich ferner, von den 5425 fl bestehenden<br />
Depositen, solange eine Klosterfrau lebt, die anfallenden<br />
Zinsen zu zahlen.<br />
Diesen aktiven Leistungen an die Augustinerinnen folgten<br />
noch eine Reihe von passiven Leistungen der Herrschaft. Die<br />
Wohnung der Frauen im Klostergebäude war mietfrei: Auch<br />
die Reparaturen an den Gebäuden und der Brunnenleitung<br />
wurde von der fürstlichen Verwaltung übernommen. Dagegen<br />
sollten »Schönheitsreparaturen« von den Schwestern<br />
durchgeführt und beglichen werden.<br />
Die Herrschaft verpflichtete sich ferner, den Klosterfrauen<br />
Früchte, Wein und Stroh zu den jeweiligen Niedrigstpreisen<br />
zu liefern. Schließlich wurde ihnen auch das benötigte Hausund<br />
Küchengerät an Silber, Paramenten, Weißzeug, Betten,<br />
Zinn und Kupfer sowie die Apotheke gegen Bescheinigung<br />
zu freiem Gebrauch übergeben.<br />
Nach dem Vertrag sollten die Schwestern jährlich 150 Klafter<br />
Holz zu 1 fl 30 x geliefert bekommen. Was sie darüber hinaus<br />
noch benötigten, mußte zum jeweiligen Marktpreis erworben<br />
werden. Ferner wurden ihnen die Klostergärten zur<br />
Haltung von 4 Stück Melkvieh, 2 Schweinen und 2 Pferden<br />
zugewiesen. Der Pachtschilling betrug 102 fl.<br />
Zur Verwaltung der Güter und Einkünfte des enteigneten<br />
Klosters wurde das Kameralamt Inzigkofen geschaffen. Es<br />
wurde 1823 aufgehoben und seine Funktionen dem Rentamt<br />
Sigmaringen zugewiesen.<br />
Die jährlichen Einnahmen an Zehnten, Gülten, Waldungen,<br />
Weingütern und an Zinsen von ausstehenden Kapitalien des<br />
Klosters Inzigkofen wurden bei der Säkularisation zu<br />
11000 fl angeschlagen. Stellt man diesen Einkünften allein die<br />
Unterhaltungskosten für die Klosterinsassen und ihr Personal<br />
in Höhe von 9260 fl entgegen, dann war der tatsächliche<br />
Gewinn sicherlich nicht groß. Die Beschlagnahme der Hälfte<br />
dieser Einkünfte durch Österreich mußte Fürst Anton Aloys<br />
somit zu recht als Katastrophe empfinden.<br />
Nach der sogenannten Pensionskonvention wurde das gesamte<br />
Hab und Gut des Klosters und seiner Mitglieder in den<br />
Zivilbesitz des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen übergeführt.<br />
Von einer vollständigen Enteignung der Augustinerinnen<br />
bei der Säkularisation kann jedoch keine Rede sein. So<br />
blieb das Inventar der einzelnen Zellen unangetastet, es galt<br />
als Eigentum der Klosterfrauen und wurde deshalb auch zu<br />
der am 16. Dezember 1802 durchgeführten Versteigerung<br />
nicht herangezogen.<br />
Desgleichen galten auch die Mitgift und Erbschaften der<br />
einzelnen Schwestern als deren freies Eigentum, über das sie
frei verfügen konnten, wie einige Testamente von Klosterfrauen<br />
beweisen. Ebenso frei durften sie mit den Pensionen<br />
verfahren.<br />
Dieses Entgegenkommen darf nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
daß die Einstellung des Landesherrn und seiner Beamten<br />
gegenüber den Augustinerinnen und ihren Belangen nicht<br />
immer gerade positiv war. So durfte Maria Ignatia Geißenhof<br />
als Nachfolgerin der am 19. September 1808 verstorbenen<br />
Pröpstin Maria Xaveria Braig nur noch den Titel Vorsteherin<br />
führen. Die Wahlen fanden im Beisein eines fürstlichen<br />
Kommissars statt und bedurften der landesherrlichen Genehmigung<br />
und Bestätigung.<br />
Vor allem aber das Verbot, neue Novizinnen aufnehmen zu<br />
dürfen, macht deutlich, daß an einem Weiterleben der<br />
Klostergemeinschaft kein Interesse bestand, was im Zeitalter<br />
des Staatskirchentums jedoch die Regel war.<br />
Obwohl die Pensionszahlungen durch den natürlichen Abgang<br />
der Schwestern durch Tod ständig zurückging, suchte<br />
man durch weitere restriktive Maßnahmen, die Kosten zu<br />
senken.<br />
So wurden nach einer Eingabe des Pfarrers Eger in Vilsingen<br />
vom 1. Juli 1852 der letzten Vorsteherin des Klosters Inzigkofen,<br />
Maria Maximiiiana Geißenhof, die am 23. Mai desselben<br />
Jahres verstorben war, statt der ursprünglich vereinbarten<br />
Pension in Höhe von 600 fl nur noch 400 fl gezahlt.<br />
Wegen Unkenntnis der Apothekerin und den daraus für<br />
Kranke drohenden Gefahren, wie es in einem Visitationsbericht<br />
heißt, wurde 1834 die Apotheke des Klosters Inzigkofen<br />
geschlossen. Die Gerätschaften und Substanzen sollten verkauft<br />
werden, wurden den Schwestern jedoch auf ihre Bitten<br />
hin gegen den Schätzwert von 43 fl 38 x kaufweise überlassen.<br />
Auch in ihrem Ordensleben erfuhren die Schwestern manche<br />
Beeinträchtigungen. Als die Fürstin Amalie Zephyrine von<br />
Hohenzollern-Sigmaringen 1811 im ehemaligen Amtshaus<br />
des Klosters Wohnung nahm, sahen sich die Schwestern, um<br />
die Nachtruhe ihrer hochgestellten Nachbarin nicht zu stören,<br />
veranlaßt, den Nachtchor abzuschaffen.<br />
Das nunmehrige Schloß Inzigkofen war nach der Fürstin<br />
Amalie Zephyrine beliebter Wohnsitz des Erbprinzen Karl<br />
Anton und seiner Gemahlin Josefine. Hier erblickte auch der<br />
vierte Sohn des Ehepaars, Prinz Friedrich von Hohenzollern-<br />
Sigmaringen, das Licht der Welt.<br />
Die Auszehrung der Schwesterngemeinschaft in Inzigkofen<br />
machte auch vor der wichtigen Institution des Beichtigers<br />
nicht halt. War diese Stelle in der Pensionskonvention noch<br />
mit 600 fl dotiert, wurde sie ab 1826 auf 450 fl zurückgestuft.<br />
Nach 1845 stand den wenigen Schwestern kein eigener<br />
Seelsorger im Kloster mehr zur Verfügung.<br />
Diese Funktion ging nebenamtlich auf den Kuratkaplan<br />
Pfister von Laiz über, der im Auftrag des erzbischöflichen<br />
Ordinariats Freiburg sowie derFürstl. Hohenz. Hofkammer<br />
für die Augustinerinnen zwei- bis dreimal in der Woche die<br />
Messe las. Er erhielt für diese Tätigkeit vom Fürstl. Rentamt<br />
Sigmaringen 100 fl ausbezahlt. Später übernahm er auf Bitten<br />
der Gemeinde Inzigkofen auch noch den sonntäglichen Gottesdienst.<br />
Nachfolger von Kaplan Pfister, der 1851 starb, war bis 1854<br />
Thomas Geiselhart. Er wurde zusammen mit Pfarrer Eger<br />
von Vilsingen zum Rechtsbeistand der letzten beiden noch in<br />
Inzigkofen lebenden Augustinerinnen eingesetzt.<br />
Das Ende ihres Lebens vor Augen, hatten die Chorfrauen<br />
Maria Gabriele Geißenhof und Maria Salesia Pfeiffer sowie<br />
die Laienschwestern Maria Alexia Osterried und Maria<br />
Mechthildis Zoll am 17. Juli 1852 ein gemeinsames Testa-<br />
ment errichtet, in dem sich die Frauen gegenseitig zu ihren<br />
Erben einsetzten.<br />
Als letzte ihres Kreises starb am 31. Juli 1856 die Chorfrau<br />
Maria Salesia Pfeiffer im Alter von 82 Jahren. Die Geschichte<br />
des Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen war damit endgültig<br />
abgeschlossen.<br />
Die Schwestern hatten für diesen Fall den Freiburger Erzbischof<br />
Hermann von Vicari bzw. seinen Amtsnachfolger<br />
formell als Erben ihrer Verlassenschaft eingesetzt. Diese<br />
bestand einmal aus Bargeld in Höhe von 1000 fl und einem<br />
Sparkonto über 2000 fl bei der Spar- und Leihkasse in<br />
Sigmaringen und zum anderen aus nicht näher bezeichneten<br />
Mobilien im Klostergebäude sowie aus Vieh, Vorräten und<br />
landwirtschaftlichen Geräten. Die Testamentsvollstrecker,<br />
Dekan Franz Xaver Eger, Pfarrer Thomas Geiselhart und<br />
Kreisrichter Karl Schnell aus Hechingen, waren angewiesen,<br />
ihre Verlassenschaft auszuscheiden und zu verkaufen.<br />
Ausdrücklich nicht verkauft werden sollten dagegen religiöse<br />
und geweihte Gegenstände wie Reliquien, Bilder, Tafeln,<br />
Bücher u. ä. Die Schwestern hatten vielmehr angeordnet,<br />
diese Gegenstände auch unentgeltlich an solche abzugeben,<br />
die sie in Ehren halten.<br />
Der Testamentsvollstrecker Thomas Geiselhart hat diese<br />
Bestimmung offenbar als Aufforderung an seine Person<br />
empfunden und mit diesen Gegenständen dann seine Gründungen,<br />
das Fidelishaus und das Haus Nazareth, ausgestattet.<br />
Aus dem Nachlaß sollten sodann ein Jahrtag zum Gedächtnis<br />
der Schwestern in der Pfarrkirche von Laiz mit einem Gründungskapital<br />
von 100 fl gestiftet werden. Insgesamt 1950 fl<br />
vermachten die Augustinerinnen ihrem Personal, den Armen<br />
von Inzigkofen und ihren eigenen Verwandten. Den Rest der<br />
Geldmittel sollte Erzbischof von Vicari erhalten. Die Nachlaßgeber<br />
knüpften daran den aufschlußreichen Wunsch, der<br />
Erzbischof möchte dieses Geld für ein Knabenseminar verwenden.<br />
Thomas Geiselhart, der Rechtsberater und Testamentsvollstrecker<br />
der Augustinerinnen von Inzigkofen,<br />
eröffnete am 10. Juni 1855 im Fidelishaus in Sigmaringen ein<br />
solches Knabenseminar.<br />
Das Klostergebäude und die den Schwestern nur zur Nutzung<br />
überlassenen Gegenstände wurden nach dem Ableben<br />
der letzten Klosterfrau der Fürstl. Hohenz. Hofverwaltung<br />
zugewiesen. Die als wertvoll erachteten Stücke gelangten in<br />
die Fürstl. Hofbibliothek bzw. in die Sammlungen. Der<br />
Großteil der Mobilien indes wurde verkauft oder verblieb im<br />
Klostergebäude.<br />
In Inzigkofen blieben ferner alle für den Gottesdienst notwendigen<br />
Requisiten. Sie wurden auf Bitten der Gemeinde<br />
zur widerruflichen Nutzung der dortigen Filialkirchengemeinde<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Nach dem Tod der letzten Augustinerin blieb das Kloster,<br />
von vereinzelten Besuchen der Novizen des Klosters Gorheim<br />
in Sigmaringen abgesehen, unbewohnt. Im Kriegsjahr<br />
1870 ließ Fürst Karl Anton von Hohenzollern ein Lazarett<br />
einrichten, das aber nie benutzt wurde. In der Folgezeit<br />
diente das Gebäude als Magazin von Möbeln und anderen<br />
Gerätschaften. 1938 wurden die Räumlichkeiten dann für den<br />
weiblichen Arbeitsdienst hergerichtet. Auch eine Dienststelle<br />
des Abwehrchefs Canaris soll im ehemaligen Kloster gewesen<br />
sein.<br />
Von 1945 bis 1947 beherbergte das Kloster nacheinander<br />
zwangsverpflichtete Italiener, Polen und Letten. Im August<br />
1947 wurde dort ein Ferienlager für 80 französische Kinder<br />
eingerichtet, das im Herbst desselben Jahres wieder aufgehoben<br />
wurde. 1948 schließlich bezog das Volkshochschulheim<br />
die Räumlichkeiten des Klostergebäudes.<br />
25
WILHELM BURTH<br />
Die Gremiich v. Jungingen zu Menningen<br />
Generallandesarchiv 44/171 (Adelsarchive)<br />
1) 1615 März 23 Meersburg im bischöfl. Schloß<br />
Junker Ebert (Eberhard) Grämlich v. Jungingen zu Menningen<br />
setzt durch notarielles Testament seinen unehelichen<br />
Sohn Johann Gremblich, »so ich ledigen Standts von<br />
Agatha Müehlerin erzeuget«, zum Universalerben ein, da<br />
sonst keine Leibserben vorhanden sind, und vermacht seiner<br />
Hausfrau (NN) den Jahreszins von 3000 Gulden als Witwengut.<br />
2) 1650 Sept. 4<br />
Die Eheleute Junker Hans Gremiich zu Jungingen und<br />
Elisabeth Gremiich geborene v. Preunigkofen setzen sich<br />
gegenseitig zu Erben ein (wobei die Mühle ausdrücklich<br />
einbezogen ist).<br />
Der Junker bekennt, daß seine Frau »ihr ganzes Gut, Geld,<br />
Kleinodien und Kotten alles in seiner höchsten Notturff<br />
hergeben und umb solches bishero nichts empfangen, sondern<br />
auch mit ihrer getrewen Vorsorg, Mühe und Arbeit<br />
nicht wie eine Ehefrau, sondern merer als eine Magd Tag und<br />
Nacht in Sorgfeltigkeit soe müeheselig ihr Zeit umgebracht,<br />
wie meniglich bekannt«.<br />
Die Ehefrau Elisabeth Gremiich v. Preunigkofen verordnet,<br />
daß nach ihres Mannes Tod der Maierhof, den derzeit<br />
Mathheiß Pfaw zu Leitishofen leiblehensweise innehat,<br />
durch Kauf vom Spital Pfullendorf, dem Gotteshaus der Frau<br />
Meisterin und den Schwestern St. Francisci Ordens in Pfullendorf<br />
zufallen soll, »dergestalten, daß...«.<br />
Ferner vermacht sie den Zins von 300 fl, damit man zu<br />
Pfullendorf alle Donnerstag abend für ein Glockenzeichen,<br />
»die Angst genannt am Ohlberg«, der Fabric gebe 2 Pf., dem<br />
Pfarrer IV2 fl«, damit er jährlich einmal in der Fastenzeit in<br />
einer »sonderbahren Prödig sein Thema darauff richte«. - Es<br />
folgen weitere Legate an den Magistrat und den Mesner. Die<br />
erste Ehefrau war Anna Maria v. Rosenberg.<br />
3) 1671 Juni 22 Weingarten<br />
Testament der Elisabeth Gremiich zu Jungingen geb. Prinigkoferin.<br />
Sie verordnet ihr Begräbnis »in der Wilhelmiten<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Laiz, ein Rätselname<br />
Der Name des jetzt nach Sigmaringen einverleibten aber viel<br />
länger als dieses existierenden Dorfes Laiz am altrömischen<br />
Donauübergang stellt ein großes Rätsel dar. Seit dem Jahre<br />
1231 als Laizen, bis 1310 Laiz, Laize, Laitze, Laytz und<br />
wieder Laizen nachweisbar, heißt es im Volksmund Loiz 1 .<br />
Diese Form beweise nach Buck ein mittelhochdeutsches Leiz<br />
und schließe i und lite aus. Er tippt vielmehr auf altes Laido<br />
(Person Laidirat) oder Latho (= Lathomar) mit angehängter<br />
Verkleinerungssilbe -izo. Also könnte Laidizo zu Laiz geworden<br />
sein. An einen Besitzernamen, wie in der Ravensburger<br />
Gegend gebräuchlich, sei nicht zu denken, weil hier an<br />
der Donau die Besiedlung anders verlief. Buck denkt vielmehr<br />
an einen alten Flurnamen Lait in Wasserlait oder<br />
Wässere und führt als Beispiel ein Loiz bei Schwerin an. Laiz<br />
könne aber auch aus Laitense entstanden sein, wie Itz aus<br />
Itasa oder Boms (1275 Bamse) aus Bamese gebildet ist.<br />
26<br />
Chor zu Mengen, allwo ich ihnen einen Altar machen lassen,<br />
und die Bruoderschaft des Scapuliers einführen helffen,<br />
gleichwie sie mir auch die Begräbnuß zuegesagt und versprochen«.<br />
Den Wilhelmiten zu Mengen vermacht sie außerdem<br />
200 fl. »Daß sie deswegen am Samstag vor der ersten Vesper<br />
bis zur Veesper am Sonntag ein Ampelen oder Licht von Ohl<br />
für die Abgestorbenen brennen.«<br />
Denselben verschreibt sie 800 fl zu einem Seelgerät, nämlich<br />
wöchentlich eine hl. Messe, vierteljährlich ein gesungenes<br />
Amt de Requie nebst drei anderen hl. Messen, ferner »zur<br />
Erhaltung der Scapulierbruderschaft einen Rebgarten zu<br />
Steißlingen«, damit man den Musikanten, die zur Eröffnung<br />
des Gottesdienstes beigezogen werden, einen Trunk geben<br />
könne »und sie desto mehr zue Beywohnung und Zierung des<br />
Gottesdiensts anraizen könne«.<br />
Bedacht mit je 500 fl werden das »Dominicanerinnenkloster<br />
Ennetach« und Kloster »Guoten Aeelhait« zu Wollmatingen.<br />
Dieselbe Summe erhalten das »Adeliche Gotteshaus Günterstal<br />
Bernhardiner Ordens«, welche auf dem Freiherrn v.<br />
Reischach stehen »und von meinem liebsten Herrn Bruder<br />
sei. Pater Jacob Brinnigcofen, geweßtem Stiftsherrn zu<br />
Murbach Benedictinerordens, so von unserer Großfraumutter<br />
seel. Anna v. Reischach geb. v. Rotbach ihm freyledig<br />
geschenkt worden.« Diese sollen verbleiben zu einem Jahrtag<br />
mit einem Amt und mehreren hl. Messen.<br />
4)1672 Aug. 26<br />
Vergleichsrezeß über die Vollstreckung des obigen Testaments<br />
nach Ableben der Testantin (nicht ausgezogen).<br />
5) 1672 Aug. 26 Pfullendorf<br />
Der Prior der Wilhelmiten zu Mengen, P. Benedict Hefeli,<br />
quittiert den Empfang der 500 fl aus der Gremlichschen<br />
Erbschaft.<br />
PS. Die Urkunde Nr. 1 klärt das Rätsel, warum das Wappen<br />
des letzten Grämlich in der Menninger Kirche einen Schrägfaden<br />
enthält, das Zeichen seiner unebenbürtigen Herkunft<br />
von Agatha Müelerin!<br />
M. E. müßte man die verschiedenen deutschen Ortsnamen<br />
auf Lat-, Laten-, Lad-, auch Leitzingen, Leitheim, Leithausen,<br />
Leizen, Leitzweiler an der Nahe und andere Ortsnamen,<br />
wie sie das Postleitzahl-Verzeichnis aufzählt, beiziehen. Das<br />
genannte Bames, -asa führt Buck auf izze = essen (abäsen)<br />
und somit auf ein Weidegebiet zurück. Er meint, Laiz sei altes<br />
Laitese, eine Viehweide am Laitgraben oder Lait als Fischgrube.<br />
Eine vermutete Form Laitzun würde nach Buck ein<br />
Grenzzaun oder Zaun am Wässerungsgraben sein. Doch dies<br />
alles führt nicht über reine Vermutungen hinaus.<br />
Wilhelm Schneider weist dagegen 2 auf den Zusammenhang<br />
der spätromanischen laeti und die frühmittelalterlichen Leten<br />
hin, die durch freiwillige Unterwerfung unter die Römer<br />
bzw. Germanenstämme entstanden, und an die Scholle gebunden<br />
waren. Für sie laute die althochdeutsche Form laz, in<br />
jüngeren Denkmälern lazzi und lassi. Schneider führt aus:
»Viele laeti seien als Arbeiter und Halbfreie der Franken und<br />
Alamannen beschäftigt worden. Luxemburg habe z. B. alt<br />
Letzeburg geheißten und in Alt-Echternach habe es sieben<br />
Letzen (Bezirke) gegeben. Vielerorts habe man in Reihengräbern<br />
Hinweise gefunden über Begrabene, die diesen »laeten«<br />
zuzurechnen seien.«<br />
Sollte unser Laiz, so möchte man fragen, etwa eine Siedlung<br />
von solchen Arbeitern in Stellung zwischen Freien und<br />
Knechten in Nähe der Römerstraße, des vermuteten Römerkastells<br />
bzw. der gefundenen Straßenstation gewesen sein?<br />
Ferner schreibt Schneider 3 : »Der Ortsname Laiz könne ein<br />
Insassenname sein und auf den Namen der spätrömischen<br />
und frühmittelalterlichen Laeten (mit Diphtongierung des<br />
langen e zu ai) zurückgehen«.<br />
M. E. kann sogar Laizen auf eine Form Laizheim deuten!<br />
Endlich darf man noch hinweisen auf die (laut Heinichens<br />
lateinischem Schulwörterbuch) schon dem Caesar bekannten<br />
Latovici oder Latobrigi (Breg-, Brig= Berg?), die er ein<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Rätsel im Wappen Grämlich-Jungingen<br />
Der aus Pfullendorf stammende Professor Dr. Josef Groner<br />
(kein Unbekannter in unserem Blatt) brachte einen Prachtband<br />
»Chroniken von Pfullendorf« heraus (Verlag der Gemeinde),<br />
in dem auch ein farbiges Wappen des Letzten vom<br />
Geschlecht der adeligen Grämlich von Jungingen zu sehen<br />
ist. Bekanntlich haben nach Aussterben unserer Herren von<br />
Jungingen (am 16. Januar 1501) die durch Heirat verschwägerten<br />
Grämlich von Pfullendorf das Junginger Wappen dem<br />
ihren beigefügt und nannten sich fortan Grämlich von Jungingen<br />
(bzw. Gremiich), obwohl sie mit unserem Jungingen<br />
im Killertal kaum etwas zu tun hatten. Nach O. v. Albertis<br />
württembergischem Wappenbuch enthielt das viergeteilte<br />
Grämlichwappen nach 1500 in Feld 1 und 4 den schwarzen<br />
steigenden Steinbock der Grämlich, in Feld 2 und 3 das<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Das Hudelgäu - ein in Hechingen mißdeuteter Flurname<br />
Schon vor etwa 100 Jahren hat in Hechingen der bekannte<br />
Heimatforscher und Dichter Ludwig Egler und seitdem<br />
manch anderer sich mit einem Deutungsversuch des merkwürdigen<br />
Flurnamens Hudelgäu (mit Hudelwiesen) in Schadenweiler<br />
(Richtung Stetten) herumgeschlagen. In der Neuausgabe<br />
der Eglerschen Stadtchronik vor 75 Jahren erwähnt<br />
M. Rudolf von Ehrenberg den Namen mehrfach und vermutet<br />
(S. 148) in Anmerkung als »unsichere Erklärung« den<br />
Begriff Düngeland. Ein hoffnungsloser Versuch, einen alten<br />
Namen ohne historischen Beleg erklären zu können! Es<br />
stellte sich nämlich heraus, daß schon die schwäbische Endung<br />
gai, wenn man sie als gäu wiedergiebt, in die Irre führen<br />
mußte.<br />
Anwohner der betreffenden Flur sollen sich sogar beleidigt<br />
gefühlt haben. Denn ein Hudler ist schon 1551 allerwärts als<br />
Lumpenkerl tituliert und Johann Christoph von Schmid<br />
erklärt 1831 in seinem »Schwäbischen Wörterbuch« Hudelmannsware<br />
als »schlechtes Gesindel« und Hudel als Lumpen<br />
oder Tuchpietz. Gäu dagegen gilt wohl überall als Gegend.<br />
germanisches Volk an den Quellen des Neckars und der<br />
Donau nennt! In ihrem Namen steckt wieder das verdächtige<br />
Lat.<br />
Seit der Gründungszeit von Laiz sind allerlei Kürzungen<br />
möglich gewesen, wie beispielsweise seit 1209 Hilitpoltiswilare<br />
bei Wald zu Hippetsweiler werden konnte, was den<br />
Familiennamen Hipp erklärt. Am wahrscheinlichsten will die<br />
Form Laizen, als Heimatort der Laiten, Laitheim der Laito-<br />
Leute o. ä. erscheinen. Auf alle Fälle ist dies auch künftig bei<br />
Forschungen im Auge zu behalten. Ein Urteil ist noch nicht<br />
möglich!<br />
Anmerkungen<br />
1<br />
Hohz. Heimat 1969, Anhang S. 7: Michel Buck in Mitt. Hohenz.<br />
6, 1872, 65 f.<br />
2<br />
Wilhelm Schneider, Arbeiten zur altalamannischen Frühgeschichte,<br />
Heft II, Tübingen 1975, S. 74.<br />
3<br />
Note 2: Heft VIII, Tübingen 1979, S. 379.<br />
(spätere) Junginger Wappen blau-weiß geviertet. Nun fällt in<br />
der von Groner veröffentlichten Wappentafel, die aus der<br />
Menninger Kirche stammt, auf, daß das Feld 2 ein goldener<br />
Schrägfaden durchzieht, sonst das Zeichen eines spurius,<br />
d. h. unehelichen bzw. unebenbürtigen Sprosses der Familie.<br />
Wer kann einen Grund hierfür angeben? Bezieht sich der<br />
Faden auf die Junginger, was naheläge, oder auf die Grämlich?<br />
Junge Historiker könnten sich da ihre Sporen verdienen!<br />
Die Junginger Herren behandelte Pfarrer Friedrich Eisele in<br />
Mitteilungen d. Vereins f. Hohenzollern 1931/32. Der ihm<br />
unbekannt gebliebene Todestag des Letzten »von Jungingen«<br />
stand auf der Totentafel im Kloster Salem, wie in der<br />
Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 1916, 146, zu<br />
ersehen ist.<br />
Hudel hieß noch zu Menschengedenken in dem Gebiet von<br />
Hechingen die Getreidesense (Seages von ahd segense, von<br />
lat. secare, verwandt mit Sichel, Seach, bad. Sexle und dem<br />
germanischen Kurzschwert Sax). Diese war auf der Alb mit<br />
langen Holzzähnen versehen (Haberg'schirr, anderwärts<br />
Reff genannt) im Unterland jedoch mit einem Stück Tuch<br />
bespannt. Zähne und Tuch hatten den Zweck, das Umfallen<br />
der geschnittenen langen Halme zu verhindern und eine<br />
ordentliche Ablage in langen Mahden zu gewährleisten.<br />
Hudeln als Tätigkeitswort wird verstanden als »hastig<br />
schlecht arbeiten«, wohl abgeleitet von der eben genannten<br />
Getreidesense, weil man beim Mähen mit ihr hin und her<br />
fuhr.<br />
Das Hudelgäu gab somit bissiger Phantasie weitesten Spielraum,<br />
war aber eben nicht erklärt. Da konnte dann im J. 1965<br />
nachgewiesen werden, daß auf der Alb in Ringingen eine bis<br />
heute Hasengaile genannte Flur (der vermutlich die eben im<br />
Gang befindliche Güterzusammenlegung wie auch anderen<br />
Gewandnamen den Garaus machten!) im 16. Jahrhundert<br />
27
Hasenger hieß, die ein dreieckspitziges, ger- oder speerähnliches<br />
Grundstück eines Bauern Haas war. Die schwäbische<br />
Aussprache, die lange E und Ö zu Ai werden läßt (Klai,<br />
Schnai, Bodasai) ergab Hasengair oder in Verkleinerung und<br />
mit Abstoßung des R ein Hasengaile. Sollte so etwas auch<br />
beim Hechinger Rätselwort Hudelgäu vorliegen?<br />
Zu großer Überraschung fand sich im 1435 entstandenen<br />
Bickelspergschen zollerischen Lagerbuch (hgg. von F. Herberhold<br />
1941, S. 38) bei Hechingen die Stelle: »2 Juchart<br />
Acker heißt der Hudelger«. Somit wurde klar, daß die alten<br />
Hechinger auch seit etwa 1550 Hudeigair sagten, worauf sich<br />
in der Folge das Schluß-R abschliff.<br />
Des Schwäbischen Unkundige, oder solche, die sich seiner<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Burg Hohenberg seit 1158<br />
Grafen von Hohenberg und damit auch ihre namengebende<br />
Burg bei Schörzingen in Nähe Rottweils kennt man nach<br />
Eugen Stemmlers Aufsatz 1 , der sich auf eingehende Forschungen<br />
vieler Gelehrter stützt 2 seit dem Jahre 1170. Dieses<br />
Herrengeschlecht zweigte sich im 12. Jahrhundert von den<br />
Grafen von Zollern 3 ab, die durch eine kurze Chroniknotiz<br />
im Jahre 1061 ins Licht der Geschichte traten, wie Rudolf<br />
Seigel im Einzelnen dartat 4 . Es heißt in Bertholds Chronik<br />
kurz: »Burkart und Wezel (d. i. Werner) von Zolorin werden<br />
1061 (mit Gewalt) getötet«. Nun scheint eine Hohenberg<br />
betreffende Urkunde (die 12 Jahre älter ist, als Stemmler s. Zt.<br />
mitteilte, nämlich) vom Jahre 1158, bisher übersehen worden<br />
zu sein, die Karl Schmid in seinem Buch über den Grafen<br />
Rudolf von Pfullendorf 5 dem Inhalt nach anzog. Das fehlerhafte<br />
Schriftstück des 13. Jahrhunderts stammt als schlechte<br />
Kopie aus dem Archiv der französischen Stadt Marseille und<br />
bringt eine Anzahl hoher Zeugen Barbarossas, deren Namen<br />
zwar teils verstümmelt, aber doch deutbar sind.<br />
Es heißt da: Am 25. Oktober des Jahres 1158 wurde eine<br />
Urkunde für den Johanniterorden in Deutschland vom Kaiser<br />
Friedrich I. Barbarossa in der Grafschaft Verona (Italien)<br />
ausgestellt. Unter den Zeugen finden sich u. a. Pfalzgraf Otto<br />
von Wittelsbach. Gr. Berthold von Andechs, Markgraf Hermann<br />
von Baden, Gr. Emicho von Leiningen. Gr. Berengar<br />
von Sulzbach, Gr. Adelbert von Tirol, Fredericus comes<br />
(Graf) de Hohenburg, Gr. Witego von Sualenberg, Gr.<br />
Rudolf von Bregante (d.i. Brezenz) und andere mehr.<br />
Daß hier Hohenburg steht statt Hohenberg darf nicht irre<br />
machen. Gemeint ist der Wohnsitz des Mannes und das Wort<br />
Burg kommt von »bergend oder schutzgewährend«. Dieser<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Zur Geschichte Bietenhausens<br />
Auch nach der mit großem Fleiß und Sachkenntnis zusammengetragenen<br />
Geschichte des Oberamts Haigerloch 1928,<br />
worin Franz Xaver Hodler auch Bietenhausen behandelte, ist<br />
für interessierte Heimatfreunde einiges zu forschen. So stellte<br />
sich jetzt erst heraus, daß die nach Hodler früheste Nennung<br />
unseres Dorfes mit dem adeligen »Hugo von Betenhusen«<br />
28<br />
schämten, haben dann zum Überfluß aus Hudelgai(r) ein<br />
Hudelgäu gemacht. Der Familienname Hudel findet sich<br />
mehrfach im genannten Lagerbuch, allerdings mehr um<br />
Burladingen. Über die Herkunft dieses Namens für Personen<br />
mag man Betrachtungen anstellen. War der erste Hudel ein<br />
Hersteller von Hudeln, was wahrscheinlich ist (in Burladingen<br />
wurden noch zu Menschengedenken viele Geräte aus<br />
Holz hergestellt!), oder wars ein Übername für Lump? Wir<br />
wissen es nicht. Hudel selbst hängt mit Hader zusammen,<br />
stammt von althochdeutschen hadara gleich Lappen, ist mit<br />
englisch mundartlich hater gleich Kleider verwandt und<br />
ebenso mit unserem schwäbischen Häß gleich Kleid oder<br />
Kleider.<br />
sonst bis ins Jahr 1195 nachweisbare Graf Friedrich von<br />
Hohenberg, sicher ein schon gestandener Krieger, taucht<br />
somit 1158 erstmals urkundlich auf. Seine Familie erbte (?)<br />
zwischen 1162 und 1170 das Gebiet um Haigerloch und<br />
vielleicht auch Rottenburg. Diese Erwerbung Haigerlochs<br />
kann erst nach dem 13. Juni 1162 erfolgt sein, da unter diesem<br />
Datum noch ein Graf Wezel von Haigerloch am Leben war<br />
und in Pavia (Italien) als Zeuge Barbarossas in dessen Urkunde<br />
für die Bischofskirche von Basel genannt ist 6 .<br />
Man nimmt an, Friedrich von Hohenbergs Vater Burkart von<br />
Zollern (ca. 1125-50) habe das Gebiet Haigerloch samt dem<br />
weiß-rot geteilten Wappenschild mit einer Haigerlocher<br />
Grafentochter erheiratet.<br />
Der letzte Graf von Hohenberg war Sigmund (1404-86) zu<br />
Ebingen. Sein Gebiet ist schon 1381 an Österreich übergegangen.<br />
Sigmunds Familienglieder und verzweigte Vorfahrenschaft<br />
seit dem Jahr 1226 hat Prof. Decker-Hauff 1973<br />
zusammengestellt 7 .<br />
Anmerkungen<br />
1<br />
Hohz. JHeft 1961, 30.<br />
2<br />
Siehe »Hohenzollerische Bibliographie« in Zeitschrift f. hohz.<br />
Geschichte 1974: Hohenberg Seite 462ff. Urstamm Zollern Seite<br />
401 ff.<br />
3<br />
Hans Jänichen in Hohz. JHeft 1961, 14 f.<br />
4<br />
Rud. Seigel im Hohz. JHeft 1961, 23f.<br />
5<br />
Karl Schmid, »Graf Rudolf von Pfullendorf«, Freiburg 1954,<br />
S. 271.<br />
6<br />
Ebenda Seite 277.<br />
7<br />
Zeitschr. f. hohz. Gesch. 1973, 126: Zusammenfassung nach<br />
vorausgehendem Text.<br />
1246 auf einem Irrtum beruht, dem schon Bruno Stehle 1925<br />
und K. W. Steim 1966 in einem Aufsatz der Hohenzollerischen<br />
Zeitung vom 24. Aug. 1966 zum Opfer fielen. Dieser<br />
Adelige gehörte nämlich nach Bettenhausen an der Glatt (bei<br />
Leinstetten im früheren Oberamt Sulz), wo noch ein Angehöriger<br />
der Adelsfamilie 1332 mit Hugo v. B. vorkommt. Es
war also auch von mir abwegig, hier in Bietenhausen eine<br />
Burg suchen zu wollen (Hohz. Heimat 1969, S. 66). Somit<br />
wäre die älteste Nachricht über unser Dorf 1275 im Kirchl.<br />
Zehntregister und der Besitz des Grafen Albert II. von<br />
Hohenberg, des Minnesängers, der« im J. 1298 im Kampfe<br />
fiel. Eine weitere Verwechslung liegt in der Angabe, in<br />
unserer Agathakirche seien Angehörige des Grafenhauses<br />
von Hohenberg begraben, vielmehr war ihr Begräbnisort die<br />
St. Moritzkirche in Rottenburg-Ehingen.<br />
Zur Pfarrliste bei Hodler sind folgende Nachträge zu machen:<br />
Der erste bekannte Pfarrer ist der Kirchherr Rudolf<br />
1382; dann wird 1413 ein Hans Söll genannt. Frühmesser<br />
oder Kaplan (Kp.) Oswald Saeli c. 1485; Pf. Hans Stanner<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Die Seelsorger von Weilheim (b. Hechg.)<br />
Vorbemerkung: Der Name unseres Dorfes, das im Liber<br />
decimationsis, dem Zehntregister des Bistums Konstanz von<br />
1275 mit einem Kirchrektor erstmals sicher aufgeführt wird,<br />
dürfte mit den vielen römischen Resten von Villen, z. B. auf<br />
Maurig, und sonst auf der Gemarkung in Zusammenhang<br />
stehen (Zollerländle 1926, 1 f.). Zur Pfarrei gehörten ehemals<br />
auch Grosselfingen und Wessingen. G. Johler bringt in<br />
seiner »Geschichte Hohenzollerns« 1824, 99 noch eine sonst<br />
nicht bekannte frühere Nachricht, wonach Graf Friedrich<br />
von Zollern im Jahre 1267 die Schenkung eines Hofes zu<br />
Owingen durch Hugo von Stauffenberg an seinen Bruder<br />
Gero, Mönch zu Kirchberg, bei der Kirche zu Weilheim<br />
bestätigt habe. Im J. 1285 findet sich in den Stettener<br />
Klosterurkunden ein B(erthold) von Wilhain. Die Pfarrkirche<br />
von Weilheim stellt mit dem ehemaligen Kirchhof und<br />
Pfarrhaus eine Wehrkirche dar (Hohz. Heimat 1969, An-<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Rangendinger Seelsorger (Fortsetzung)<br />
24 1831-51 ^Josef Ant. Maier aus Hechingen, gb. 13. III. 97;<br />
Pr. 1821, war seit 1821 in Thanheim, seit 1826 in Jungingen,<br />
starb in Rangd. 24. V. 51.<br />
25 1847 Vikar Josef Baur, gb. Hechingen 20. IX. 22, Pr.<br />
1846; später 1864 Pfr. i. Dietershofen, 1887 Veringendorf;<br />
t 2. II. 1893.<br />
26 1851-57 Verw. Raphael Bumiller aus Jungingen, gb.<br />
1823, Pr. 49; t 7. V. 94.<br />
26a Aushelfer: Wilhelm Bosch, gb. Jungingen 5. VII. 19; Pr.<br />
1844, t 24. VII. 66.<br />
26b 1852-56 Friedrich Saile aus Beuren, gb. 22. X. 20, Pr.<br />
1847; f 6. VI. 1900 als Kaplan in Straßberg.<br />
26c 1856//«&er//o«orzM5ausUttenweiler, gb. 13. XI. 1816;<br />
Pr. 1842; 1857 Pfr. in Diessen, 1887 Esseratsweiler; f 25.<br />
IV. 94.<br />
27 1857-67 Bernhard Pfeffer aus Rottweil, gb. 9. IV. 1816,<br />
Pr. 1844; invest. 19. II. 57. nahm 1867 Absenz nach<br />
Siberatsweiler, 1873 Pfr. Bisingen bis 1901; f Sigmaringen<br />
2. VII. 1905.<br />
28 1867-86 Eugen Brucker aus Straßberg, gb. 4. 9. 1841, Pr.<br />
1865; invest. 17. V. 73. Ging nach Harthausen/Scher,<br />
1895-1916 Dekan; f 25. V. 1920.<br />
29 1887-90+Friedrich Mayer aus Hechingen, gb. 7. V. 1841,<br />
Pr. 1867, bisher in Boll, invest. 8. II. 88; t 7. I. 90.<br />
1485; Pf. Hieronymus Oesterreicher c. 1500; Pf. Johann<br />
Zürner; Kp. Mathias Flyn 1518; Pf. und Magister Michael<br />
Koller bis 1519; Kp. Jakob Rem 1521 nach Resignation des<br />
Mathias Flyn. Pf. Hans Keller 1519-27; Jakob Halfinger<br />
(Hailfinger) aus Rottenburg wird 1527 Pfarrer, bisher hier<br />
schon Frühmesser oder Kaplan. Er blieb bis 1545. Kpl. Hans<br />
Palmer 1527 fg.; Kp. Georg Schneider 1531; Pfv. Jakob<br />
Wachendorfer 1550; Pf. Laurenz Wernher 1551-54; Kp.<br />
Petrus Krug seit 1553; Pf. Martin Kätzlin 1554-71. Pf. Adam<br />
Kreb 1586; Pf. Michael Ryeber (oder Reiber) 1587-1597; Kp.<br />
Leonhard Reiber 1591-1616. Pf. Mathis Walraff seit 1597.<br />
Kp. Johannes Eger resigniert 1622; ihm folgt Johann Ludwig<br />
Kübel, Pf. Martin Haizmann 1659-64, seit 1663 auch Inhaber<br />
der Frühmeßpfründe.<br />
hang). In Hagens Lagerbuch (fürstl. hohz. Arch. Sigmaringen)<br />
von 1544 heißt es: »Der Heilige besitzt das Kornhaus<br />
unter dem Pfarrhaus, darin etliche Fruchtkästen, ebenso die<br />
Kruft (Krypta?), darin auch etliche Fruchtkästen sind und das<br />
Häuslein auf dem Kirch(-hof-)tor. Das gebraucht die Paurschaft<br />
zur Zeit, ihre Dorfhandlungen und von Amtsgeschäften<br />
wegen (als Rathaus)«. Man denkt da an die noch in<br />
Siebenbürgern erhaltenen Kirchenburgen mit Vorratskammern<br />
für die Ortsbewohner. Man beachte in Weilheim die<br />
starke Ummauerung des Kirchhügels. Das Kornhaus wurde<br />
von Pfarrer Debele um 1767 abgebrochen und der Platz zur<br />
Erweiterung des Pfarrhauses genommen. Die Stellung und<br />
Form des im Westen der Kirche ehemals frei gestandenen<br />
Turmes mit seinem Eingang in 5,5 m Höhe deutet auf eine<br />
ehemalige Ritterburg.<br />
Fortsetzungfolgt<br />
30 1890-91: Nach Aushilfe durch Pfr. Hch. Hutmacher zu<br />
Hart (gb. Haigerl. 3. X. 40, Pr. 1868; 1891-1914 Pfr. in<br />
Gruol; dortf 13. III. 15) kam am 20. Aug. als Verw. Carl<br />
Haiß, gb. Jungingen 2. I. 54; Pr. 1880; kam 1891 als Pfr.<br />
nach Feldhausen, 1911 mit Absenzins Waisenhaus Nazareth<br />
i. Sigmaringen, resig. 1916; f dort 10. III. 1917.<br />
31 1891-1902 Josef Pfister aus Gruol, gb. 21. III. 43; Pr.<br />
1871, invest. (nach bisherigem Wirken in Fischingen) 4.<br />
VIII. 91, ging nach Dettlingen, pens. 1910; f Gruol 15.<br />
VII. 1929.<br />
32 1902 Juni 12: Verw. Johann Nep. Steinhart, bisher Weildorf,<br />
gb. Inzigkofen 26. IV. 1873; Pr. 1897. Kam 1903 als<br />
Kapl. nach Ostrach, 1907 Pfr. in Betra; f 29. VI. 27.<br />
33 1903-12 Oskar Witz, gb. Höfendorf 28. VII. 1868, Pr.<br />
1892; Aufzug 11. Aug. invest. 18. VIII. 03; lange krank;<br />
f Rottenmünster 18. X. 25; beerd. Rangdg.<br />
34 1912: Verw. seit 1. Aug. Karl Miller, gb. Bingen 26. II.<br />
86, Pr. 1911; bisher in Wald; 1929 Pfr. in Harthausen/<br />
Sch. t Sigmarg. 14. IV. 1940.<br />
35 1913 31. Aug.: Vik. Karl Kreidler, gb. Dießen 2. VI. 89,<br />
später Pfr. in Walbertsweiler; verungl. bei Dürrheim 18.<br />
V. 1962.<br />
36 1914 6. Novb.: Vik. Otto Freitag, bisher Achkarren,<br />
später Pfr. in Winzenhofen, t 12. III. 1965.<br />
29
37 1915 9. Aug. Vik. Max Schlenk, gb. Rust 14. VII. 1890,<br />
Pr. 1915; starb als Pfr. in Leipferdingen 30. V. 1944.<br />
Aushilfe durch Gorheimer Pater.<br />
38 1920 15. Jan. Aushilfe durch Peter Sickler, bisher Bisingen,<br />
ab 1925 hier Pfarrer.<br />
39 1920 4. Aug. Fidelis Wieland, gb. Bernweiler 5. XI. 88.<br />
Wurde 1922 Vikar in Stein, am 2. VI. 1929 Pfr. in<br />
Thalheim, Ruhestand 1. Aug. 70 in Allmandingen; f 15.<br />
I. 1972.<br />
40 1922 Juli 12: Martin Stadler, gb. Rast 6. II. 96, Pr. 1922,<br />
später Pfr. in Aach, f 27. V. 1963.<br />
41 1923 Aug. 1: Peter Heinzelmann, gb. Melchingen 1897,<br />
später Pfr. i. Mindersdorf, dann Ringingen. Gest. in der<br />
Heimat 30. VI. 1973.<br />
42 Sept. 9: Bernhard Merkel, gb. Reichental 10. IV. 88, Pr.<br />
1914, später Ballrechten, 1926 Pfr. Hartheim, 1933 Beuren<br />
a.d. Aach; t 2. XII. 1933.<br />
43 1925-45 Peter Sickler, gb. Dettingen 25. X. 1890, Pr.<br />
1915. Aufzug 22. Dez. invest. 27. Dez. 1945 Schlaganfall,<br />
t 18. IV. 46.<br />
44 1945 Verw. Augustin Mayer, gb. Oberwolfach 5. X. 97;<br />
Pr. 1924. bisher pens. als Naziverfolgter in Burladingen;<br />
starb 1962 als Pfr. von Hügelsheim.<br />
45 1946- Stephan Gauggel gb. Benzingen 4. I. 05, Pr. 1931,<br />
bisher Fischingen; hier seit 19. Dez. 46, invest. 19. I. 47,<br />
seit 16.1. 64 Dekan. Gauggel ging 1978 als Pensionär nach<br />
Benzingen.<br />
46 1978-Norbert Dilger, gb. Furtwangen 14. 5. 46; ord. 19.<br />
5. 74; invest. 9. 11. 80, bisher Vik. in Ettlingen.<br />
Buchbesprechungen<br />
Monografie für einen Turm<br />
»Buch« ist ein bißchen zuviel gesagt für eine Schrift von kaum<br />
60 Seiten im DIN-A 5-Format. Aber es gibt ja nicht die<br />
Seitenzahl den Wert einer Schrift an. Der Sigmaringer Bürger-<br />
und Handwerkersohn Georg Gauggel, früherer Konrektor<br />
an einer der beiden Grund- und Hauptschulen, hat über<br />
den »Kirchturm von St. Johann« geschrieben. Nur über den<br />
Turm - und eine solche Arbeit könnte anregend wirken auf<br />
andere Autoren in der Heimatkunde. Es ist durchaus denkbar,<br />
daß es anderswo Teile eines Gebäudes gibt, die ihre<br />
eigene Geschichte haben. Es muß nicht immer das Ganze<br />
sein.<br />
Der Autor verbindet mit dieser Schrift zweierlei miteinander;<br />
einmal wird der nicht festgelegte Preis als »Baustein« verwendet<br />
für die abgeschlossene, aber noch nicht bezahlte große<br />
Renovierung von Turm und Kirche. Andererseits aber hat<br />
Georg Gauggel mit diesem Solo für einen Kirchturm wirklich<br />
etwas Neues aufgegriffen. Denn die Sigmaringer Stadtkirche<br />
ist verschiedentlich erschöpfend behandelt worden, nicht<br />
zuletzt in den »Kunstdenkmälern, Band 2«. An diesen Turm<br />
aber hat sich ein ganzes Gewebe von Stadt- und Kulturgeschichtlichem<br />
angehängt, so daß er durchaus als etwas Selbständiges<br />
erscheint. Nicht nur sind die dreierlei, teilweise<br />
viererlei Geläute beschrieben (zwei sind zum größeren Teil<br />
den Kriegen zum Opfer gefallen, nachdem erst 1908 fast alle<br />
Glocken neu geschaffen wurden), sondern auch, daß der<br />
Meßner an Festtagen die fürstlichen Kutscher herüberholen<br />
mußte und daß es für diese kräftigen Männer sogar ein eigenes<br />
Türle im Turm gab. - Eine sehr interessante und sehr<br />
aufschlußreiche Schrift (zu beziehen durch das Stadtpfarramt<br />
St. Johann in Sigmaringen), die einmal zeigt, wie sehr schon<br />
30<br />
Rangendinger Frühmesser<br />
Zustiftung zur Frühmesspfründe: Hohz. Heimat 1961, 9-11.<br />
1428 Okt. 21: Hans Wilhamer, zugleich Kirchherr zu Weildorf!<br />
1442 Jan. 16: Johannes Schmid, Frühmesser in Rangend.,<br />
wird wegen homicidium seiner Pfründe und Habe beraubt,<br />
eine Laie aber wegen Gefangennahme des Kirchherrn von der<br />
Zensur freigesprochen.<br />
1464 Michael Husner, resigniert u. geht als Kapl. nach Killer.<br />
1464 Okt. 15: Johannes Kymerlin aus Hechingen, alias aus<br />
Beuren, bisher in Killer, wird Frühmesser in Rangendingen,<br />
resign. aber schon 1465. Ist ca. 1480 Kapl. am Laurentiusaltar<br />
in St. Luzen-Hechingen.<br />
1465 Dez. 19 wird eingesetzt Michael Betz aus Balingen,<br />
resign. 1466.<br />
1466 Okt. 4: Konrad Kotz, auch 13. Okt. als Frühmesser<br />
erwähnt.<br />
bis 1483 Martin Gutthrot, wo er stirbt.<br />
bis 1490 Dietricus N, primissarius in Rangendingen.<br />
1519 Johannes N. Frühmesser in R.<br />
1532 Laurentius Werner, (1531 Pfarrer in Dusslingen) ist<br />
Frühmesser in Rangendingen.<br />
1593 Der Pfarrer Christoph Härlin in Stein versieht auch die<br />
Frühmesserpfrd. in Rangendingen bzw. bezieht die Einkünfte.<br />
1599 der Pfarrer Mathäus Rausch in Stein ebenso.<br />
1624 Kap. Ver. Johann Kretz aus Hayingen.<br />
ein Kirchturm allein ein Teil des bürgerlichen Lebens einer<br />
Stadt sein kann. Gauggel hat Neuland beschritten, es wäre zu<br />
wünschen, daß andere ihm nachfolgen. W. F.<br />
Werner Zintgraf: Hugo Hermann's Weg nach Trossingen.<br />
Dokumentation zur Reform der Musik für Harmonika-<br />
Instrumente und zur Entwicklung einer »pädagogischen Provinz«.<br />
160 S., 22 Fotos, Personen- und Sachregister (650), Werkverz.<br />
Von Loeper-Verlag Karlsruhe 31 (Pf 311206); 20 DM.<br />
Als die Firma Matth. Hohner AG 1931 den Versuch unternahm,<br />
mit Hilfe des zum »Donaueschinger Kreis« gehörenden<br />
Komponisten Hugo Herrmann (19. 4. 1896 Ravensburg<br />
bis 7. 9. 1967 Stuttgart) eine Harmonika-Fachschule und<br />
einen Verlag zu gründen, war nicht vorauszusehen, welche<br />
Resonanz die pädagogischen Ziele Herrmann's Hand in<br />
Hand mit der Verbesserung und Ausweitung des Hohner-<br />
Instrumentariums in allen fünf Kontinenten auslösten: Aus<br />
den bescheidenen Anfängen entwickelte sich noch eine Staad.<br />
Musikhochschule, ein Internat. Institut für Jugend- und<br />
Volksmusik, eine Bundesakademie für musikalische Jugendbildung<br />
sowie eine internationale Verbandsorganisation.<br />
Erstmals wurde jetzt von Werner Zintgraf der Versuch<br />
unternommen, diese vielzahnige junge Trossinger Musikgeschichte<br />
dokumentarisch in allen Entwicklungsphasen, aber<br />
auch das Ringen um diese keineswegs geradlinig verlaufenden<br />
humanistischen und künstlerischen Bestrebungen, zu beschreiben.<br />
Der Autor will damit allen an der Musikentwicklung<br />
im 20. Jahrhundert interessierten Menschen Quellengrundlagen<br />
für Informationen und Studien bieten, zumal die<br />
Trossinger Aufbauphase in die Zeit des NS-Regimes fiel und<br />
Hugo Herrmann mancherlei Repressalien über sich ergehen<br />
lassen mußte.
Die 160seitige Broschüre mit einem über 650 Namen umfassenden<br />
Personen- und Sachregister stellt nur einen Ausschnitt<br />
aus Herrmann's vielseitigem kompositorischem, pädagogischem<br />
und organisatorischem Schaffen dar. Weitere Dokumentationen<br />
sind in Vorbereitung; als Folgeband die erste<br />
komplette Darstellung der »Donaueschinger Musikfeste 1913<br />
bis 1950«.<br />
Zum Autor: Geboren 1921 in Gauselfingen/Zollernalb; Studium<br />
am Hochschulinstitut für Musik Trossingen; Musikpädagoge,<br />
Konzertsänger, Chorleiter; lebt seit 1971 als freier<br />
Journalist in Egenhausen (Kr. Calw).<br />
Wolfgang Kimmig: Die Heuneburg an der oberen Donau.<br />
Die Heuneburg, seit der Kreisreform im Kreis Sigmaringen<br />
gelegen, ist eines der hervorragendsten archäologischen<br />
Denkmäler in Südwestdeutschland. Seit Beginn der Ausgrabungen<br />
1950 war das Interesse der Öffentlichkeit an der<br />
Heuneburg groß. Der erste Heuneburgführer, der 1968<br />
erschien, war bald vergriffen.<br />
Die zweite Auflage wurde stark erweitert; sie berücksichtigt<br />
nicht nur die neuen Grabungs- und Forschungsergebnisse,<br />
sondern auch das Umland mit den großen Grabhügeln und<br />
einem keltischen Viereckheiligtum. Zahlreiche Pläne und<br />
Rekonstruktionszeichnungen lassen ein deutliches Bild des<br />
Fürstensitzes und der Kultur jener Zeit entstehen. Das<br />
handliche Buch, ganz auf Kunstdruckpapier gedruckt, erschien<br />
im Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, 228 Seiten mit<br />
126, teilweise farbigen Abbildungen, DM 24,80.<br />
Botho Walldorf: Gammertingen in alten Ansichten<br />
Verlag »Europäische Bibliothek« Zaltbommel, Niederlande.<br />
Der Verlag bringt seit längerer Zeit Bändchen mit alten<br />
Ansichten größerer und auch kleinerer Städte in Europa<br />
heraus. Aus Hohenzollern sind bisher Haigerloch und Burladingen<br />
von K. W. Steim erschienen.<br />
Im April 1983 erschien der Band »Gammertingen in alten<br />
Ansichten«. Der Verfasser, Botho Walldorf, hat schon seit<br />
vielen Jahren alte Fotos aus Gammertingen gesammelt. Von<br />
Gammertingen gibt es nicht nur viele alte Ansichtspostkarten,<br />
hier war auch schon seit 1896 ein rühriger Fotograf in<br />
Person des unteren Müllers Josef Reiser tätig. Leider sind<br />
seine Glasplatten längst den Weg alles Irdischen gegangen. So<br />
konnte Walldorf nur noch da und dort in alten Haushaltungen<br />
Fotos von Reiser auftreiben. Fast alle dieser Bilder sind<br />
unwiderbringliche Dokumente. Sie zeigen nicht nur das alte<br />
Oberamtsstädtchen und seine Bewohner, sondern auch die<br />
Fluren und die bewaldeten Höhen der Umgebung. Walldorf<br />
kennt die Geschichte fast jeden Hauses und Winkels und<br />
weiß Anekdoten über Häuser und Menschen zu erzählen.<br />
Nicht nur die Gammertinger, alle die zu Gammertingen<br />
irgend eine Beziehung haben, werden sich an dem Büchlein<br />
freuen (erhältlich im Buchhandel, Preis DM 29,50).<br />
Albrecht Brugger/Erika Dillmann: Der Bodensee<br />
Eine Landeskunde im Luftbild, 144 Seiten, 84 ganzseitige<br />
Fotos, davon 62 in Farbe. DM 68,-. Konrad Theiss Verlag,<br />
Stuttgart.<br />
Zum Tode von Johannes Wannenmacher<br />
Im 87. Lebensjahr verstarb in Gammertingen Schulrat a. D.<br />
Johannes Wannenmacher. Der Verstorbene ist gebürtig von<br />
Rangendingen. Er absolvierte das Lehrerseminar in Hechingen<br />
und Boppard. Nach dem ersten Weltkrieg, an dem er als<br />
Offizier teilnahm, hatte er verschiedene Lehrerstellen. Längere<br />
Zeit war er in Bärenthal, später Rektor der Volksschule<br />
in Sigmaringen und seit 1940 Schulrat im Landkreis<br />
Jülich.<br />
Albrecht Brugger, bekannter Luftbildfotograf und Erika<br />
Dillmann, Journalistin und Schriftstellerin, fangen in diesem<br />
großen Bildband die Bodenseeregion in ihrer ganzen Vielfalt<br />
ein. Der See zeigt hier seine verschiedenen Gesichter vom<br />
tiefeingeschnittenen Überlinger See, dem lieblichen Untersee<br />
bis zur Weite des Obersees mit dem Panorama der Alpen im<br />
Hintergrund.<br />
Zahlreiche tiefgeflogene Aufnahmen mit ausführlichen Bilderläuterungen<br />
von Erika Dillmann zeigen Pfahlbauten, Dörfer,<br />
Burgen, Schlösser, Klöster und Städte. Neben der Idylle,<br />
der Lieblichkeit des Sees bleiben die Probleme, Ausuferung<br />
von Städten und Industrie, Verschmutzung von Luft und<br />
Wasser nicht verborgen. Jeder Freund des Bodensees und<br />
seiner Landschaft wird dieses Buch immer wieder gerne zur<br />
Hand nehmen. Auch als Geschenk dürfte es viel Freude<br />
bereiten.<br />
Urgeschichte in Baden-Württemberg<br />
Herausgegeben von Hansjürgen Müller-Beck. 548 Seiten mit<br />
270 teils farbigen Abbildungen, DM 74,-. Konrad Theiss<br />
Verlag, Stuttgart.<br />
Das Sachbuch und Nachschlagewerk zur Urgeschichte in<br />
Baden-Württemberg. Bekannte Archäologen und Naturwissenschaftler<br />
zeigen, welch hohen Forschungsstand die Urgeschichte<br />
in den letzten Jahren erreicht hat. In der Einleitung<br />
wird auch kurz auf die Geschichte der Urgeschichtsforschung<br />
in Südwestdeutschland eingegangen. Ausführlich<br />
wird über die Formung der Landschaft durch die Eiszeiten<br />
berichtet, über die verschiedenen Zeitalter und über Fauna<br />
und Flora der Kalt- und Warmzeiten. Durch Zeichnungen<br />
und Karten wird diese schwierige Materie veranschaulicht.<br />
Die weltberühmten Funde von Mauer (Homo heidelbergensis),<br />
Steinheim an der Murr, im Travertin von Stuttgart-Bad<br />
Cannstatt und von der Schwäbischen Alb zeugen davon, daß<br />
Südwestdeutschland zu den ältesten Siedlungsgebieten der<br />
Welt gehört. Eingehend wird die Entwicklung des Menschen<br />
und der Kulturen der Steinzeit beschrieben. Bei den Werkzeugen<br />
wird auch die Verwendung gezeigt, man sieht, wie die<br />
Menschen gekleidet waren und wie sie jagten. Auch die<br />
Anfänge von Feldbau und Tierhaltung lernt man kennen. Das<br />
Buch enthält zahlreiche Abbildungen und instruktive Zeichnungen.<br />
Ein Fundstellenverzeichnis und umfangreiche Literaturangaben<br />
ergänzen den Band. Bis 31. 12. 1983 gilt noch<br />
der Einführungspreis von DM 64,-.<br />
Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland:<br />
Tübingen und das Obere Gäu<br />
264 Seiten mit 130 Abbildungen, DM 24,80, im Abonnement<br />
DM 19,80.<br />
Der Führer hat seine Schwerpunkte um Tübingen, Rottenburg,<br />
Nagold und Herrenberg. Neben grundlegenden Beiträgen<br />
zur Landschaft und den vor- und frühgeschichtlichen<br />
Epochen werden die einzelnen Denkmäler beschrieben:<br />
Grabhügel, Viereckschanzen, römische Gutshöfe, Burgen,<br />
Klöster und Schlösser. Das Buch ist ein vielseitiges Nachschlagewerk<br />
und wendet sich an alle für Heimatkunde und<br />
historische Landeskunde Interessierten.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg war er 11 Jahre als Lehrer in<br />
Bad Imnau. Seit 1965 lebte er als Pensionär in Gammertingen,<br />
wo er sich ein Haus gebaut hatte.<br />
Johannes Wannenmacher widmete sich neben seinem Lehrerberuf<br />
der Heimat- und Volkskunde. Schon 1926 finden wir<br />
im »Zollerländle« Beiträge von Johannes Wannenmacher,<br />
Lehrer in Bärenthal. Über die Jahrzehnte hinweg schrieb er<br />
zahlreiche Aufsätze in Tageszeitungen, Festschriften und<br />
31
Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschichtsverein<br />
Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />
W <strong>3828</strong> FX<br />
Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />
nicht zuletzt in der »Hohenzollerischen Heimat«. Für unsere<br />
Zeitschrift hatte er immer großes Interesse und hat ihr viele<br />
Beiträge geliefert. Neben volkskundlichen Dingen befaßte er<br />
sich vor allem mit Dialektforschung. Die Bewahrung des<br />
Echten und Überlieferten, das heute unterzugehen droht, lag<br />
Register 1982<br />
Adel von Schlatt (und Beuren?) S. 10<br />
Baur, Willy, feierte seinen 80. Geburtstag S. 48<br />
Buchbesprechungen:<br />
Albstadt S. 63<br />
Abschied von der Dorfidylle S. 63<br />
Baldenstein, Das alte Schloß bei Gammertingen S. 63<br />
Der Bussen und seine Umgebung S. 32<br />
Deutsche Volkskunst-Schwaben S. 32<br />
Der Schwabe und sein Häs S. 63<br />
Fasnet im Hegau und Linzgau S. 63<br />
Hechingen und Zollerburgen in alten Ansichten S. 31<br />
Ich denke oft an Hohenzollern S. 32<br />
Von der Donau zum See - Ein oberschwäbisches<br />
Skizzenbuch * S. 63<br />
Burg Baldenstein, Sitz der Grafen von Gammertingen S. 2<br />
Burgennamen S. 38<br />
Burladinger Burgen: Kapfburg, Schirmberg, Lägstein S. 40<br />
Familien- und Übernamen, Deutung S. 28<br />
Familiennamen: Bailer, Dehmer, Dehner, Emele,<br />
Hipp, Beuter, Bieger, Kaibacher, Stauß, Strobel,<br />
Wiest S. 41<br />
Honer, Kästle, Mauz, Simmendinger S. 31<br />
Ringinger Maichle I S. 31<br />
Ringinger Maichle II S. 40<br />
Viesel, Neues zum Namen S. 60<br />
Feldhausen, Seelsorger S. 46<br />
Grafen von Gammertingen, Auf den Spuren der... S. 1<br />
Hechingen, Jüdische Bruderschaften und Vereine I S. 11<br />
Hechingen, Jüdische Bruderschaften und Vereine II S. 20<br />
Hechingen, ... und der Bau der Stiftskirche vor<br />
200 Jahren S. 22<br />
Hechingen - Stein, Lag Solicinio bei Stein? S. 24<br />
Hechingen - Stein, Bedeutung der Ruinen im Rom.<br />
Straßennetz S. 42<br />
HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />
hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />
Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />
ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />
besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />
und der angrenzenden Landesteile mit der<br />
Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär<br />
gehaltene Beiträge.<br />
Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />
Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />
803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
(BLZ 65351050).<br />
Druck:<br />
M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />
7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />
32<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
Dr. Otto H. Becker<br />
Gustav-Bregenzer-Straße 4<br />
7480 Sigmaringen<br />
Geistl. Rat Wilhelm Burth<br />
Herrenstraße 18<br />
7800 Freiburg i. Br.<br />
Dietger Häske<br />
Eyachwasen 1<br />
7482 Haigerloch-Owingen<br />
Johann Adam Kraus<br />
Erzb. Archivar i. R.<br />
Badstraße 8, 7800 Freiburg i. Br.<br />
Karl Werner Steim, Journalist<br />
In der Au, 7480 Sigmaringen<br />
ihm am Herzen. Bis zu seinem plötzlichen Tode war Wannenmacher<br />
körperlich rüstig und geistig außerordentlich<br />
rege. Er hatte noch Pläne für eine ganze Anzahl von Veröffentlichungen.<br />
Alle, die ihn kannten, werden ihm ein ehrendes<br />
Andenken bewahren.<br />
Herbertingen, Ausstellung der Kunstfreunde<br />
Donau e.V. S. 64<br />
Holnstein, Melchingen, Lichtenstein S. 27<br />
v. Hornstein und v. Hertenstein, Burgen in unserer<br />
Gegend I S. 44<br />
v. Hornstein und v. Hertenstein, Burgen in unserer<br />
Gegendll S. 55<br />
Hohenzollerische Heimatbücherei in Hechingen S. 3<br />
Inzigkofen, Ausstellung Kloster Inzigkofen S. 64<br />
Inzigkofen, Stift und Klause, Rechtliche und<br />
wirtschaftliche Grundlagen S. 33<br />
Inzigkofen, Zur Geschichte des Chorfrauenstiftes S. 49<br />
Jungingen, Vorindustrielles Handwerk und<br />
Industrialisierung S. 17<br />
Laucherthal, 125 Jahre Betriebskrankenkasse S. 53<br />
Melchinger Sühnekreuze S. 23<br />
Mühlebach, Josef, 80 Jahre S. 48<br />
Mundart als ein Stück Menschlichkeit geschätzt S. 15<br />
Mundart, Alte und sinnvolle Ausdrücke S. 61<br />
Ringingen und Stetten u.H., 570 Jahre Bildstock<br />
St. Johannes S. 10<br />
Rangendingen, Erinnerungen an den Anbau von<br />
Hopfen S. 25<br />
Sigmaringen, Der Orchesterverein S. 62<br />
Professor Friedrich Stegmüller gestorben S. 16<br />
Thalheimer Jäger H. J. Legerluz, Der gewaltsame<br />
Tod des... S. 36<br />
Thalheimer Wendelinusfest S. 38<br />
Ungelehrt, Johann Ludwig Minorit aus Pfullendorf II S. 6<br />
Veringer Gerichtsurteile S. 23<br />
Viereckschanze zwischen Kettenacker und Tigerfeld S. 5<br />
Villa Eugenie, letzte Residenz... (Bild) S. 17<br />
Wald, Zur Geschichte von Kloster... S. 26<br />
v. Zimmern, Wilhelm Werner, literarische<br />
Hinterlassenschaft S. 57<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth,<br />
7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />
verantwordich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />
sind als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />
werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />
Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />
Heimat« weiter zu empfehlen.
HOHENZOLLERISCHE<br />
HEIMAT<br />
Das Gutensteiner Schwert<br />
Herausgegeben vom<br />
W <strong>3828</strong> FX<br />
Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />
Einer der bedeutendsten Funde aus der Alemannenzeit. Das Schwert wurde um 1888 von<br />
Baurat E. Eulenstein aus Sigmaringen bei Gutenstein im Donautal gefunden. Es kam in ein<br />
Berliner Museum und ist seit 1945 verschwunden. Das Foto stammt aus dem Nachlaß von<br />
Eulenstein.<br />
33. Jahrgang Nr. 3/September 1983
SIEGWALT SCHIEK<br />
Zur Geschichte der archäologischen Denkmalpflege in Hohenzollern<br />
Wie in Baden und Württemberg begann auch in Hohenzollern<br />
die Beschäftigung mit der Hinterlassenschaft aus vorund<br />
frühgeschichtlicher Zeit, soweit wir sehen, zu Anfang<br />
des 19. Jahrhunderts durch interessierte Laien. An erster<br />
Stelle mag hier an Freiherrn Carl von Mayenfisch<br />
(1803-1877) erinnert werden, der sich allerdings mehr als<br />
Sammler denn als Ausgräber betätigte. 1846 trat er in die<br />
Dienste des Fürsten Karl Anton als diensttuender Hofkavalier<br />
der regierenden Fürstin und Leiter der Fürstlichen Sammlungen.<br />
Leider hat er nie etwas über die Fundgeschichte der<br />
von ihm erworbenen Gegenstände veröffentlicht und ein von<br />
seiner Hand stammendes und mit kolorierten Zeichnungen<br />
bebildertes Verzeichnis der Fundstücke ist 1944 dem Kriege<br />
zum Opfer gefallen. 1866 verkaufte er seine Sammlung, die<br />
schon vorher im Schloß zu Sigmaringen aufgestellt war, an<br />
den Fürsten, dessen vor- und frühgeschichtliche Sammlung<br />
von Ludwig Lindenschmit, dem Direktor des Römisch-<br />
Germanischen Zentralmuseums in Mainz, bearbeitet wurde.<br />
Der gedruckte Katalog mit auswertendem Text erschien<br />
1860.<br />
Über frühere Unternehmungen in Hohenzollern ist nur<br />
wenig bekannt. Gelegentlich erschienen Artikel über Grabungen<br />
in der lokalen Presse, so z. B. 1832 der mit Abbildungen<br />
versehene Bericht »Ueber aufgefundene altgermanische<br />
Grabmäler in der Gegend von Sigmaringen« und deren<br />
Ausgrabung von Hermann von Hövel im »Wochenblatt von<br />
Sigmaringen«. Der geringe Niederschlag über Ausgrabungen<br />
in der Literatur mag z. T. daran liegen, daß sich in Hohenzollern<br />
kein <strong>heimat</strong>kundlicher Verein mit eigener Zeitschrift<br />
anbot. Erst 1867 wurde der »Verein für Geschichte und<br />
Altertumskunde in Hohenzollern« gegründet, der eine jährlich<br />
erscheinende Zeitschrift, gelegentlich mit archäologischen<br />
Beiträgen, herausbrachte.<br />
Ein guter Kenner archäologischer Denkmale in Hohenzollern<br />
war Pfarrer Josef Baur (1822-1893), der die meisten<br />
damals bekannten Fundstellen aus eigenem Augenschein<br />
kannte und viele neue dazu fand. Das Ergebnis seiner Bemühungen<br />
war eine 1884 erstellte archäologische Karte, der als<br />
Grundlage eine Generalstabskarte aus dem Jahre 1863 diente,<br />
in die er alle ihm bekannten Fundpunkte, vor allem Grabhügel,<br />
eintrug. Das ungedruckte Original dieser Karte liegt in<br />
der Fürstlichen Hofbibliothek zu Sigmaringen. Abgesehen<br />
von einer Untersuchung hallstattzeitlicher Grabhügel bei<br />
Kappel scheint er jedoch keine Ausgrabungen vorgenommen<br />
zu haben.<br />
Bei Inzigkofen und Sigmaringen führte Eduard Schwarzmann<br />
(1815-1869), Fürstlich <strong>Hohenzollerischer</strong> Regierungsregistrator,<br />
ab 1849 Königlich Preußischer Archivrat zu<br />
Sigmaringen, in den vierziger Jahren in römischen Gutshöfen<br />
Grabungen durch. Auch Friedrich August Lehner<br />
(1824-1895), der Vater des Bonner Museumsdirektors Hans<br />
Lehner, grub 1881 bei Sigmaringen das Hauptgebäude eines<br />
weiteren römischen Gutshofes aus. Lehner war 1864 unter<br />
Ernennung zum Hofrat als Nachfolger des Freiherrn von<br />
Mayenfisch zum Hofbibliothekar und Leiter der Fürstlichen<br />
Sammlungen bestellt worden.<br />
Um die Jahrhundertwende entwickelte eine intensive archäologische<br />
Tätigkeit der aus Ebingen stammende Apotheker<br />
Hyronimus Edelmann (1853-1922), der sich 1894 als Privatier<br />
in Sigmaringen niedergelassen hatte und ab 1895 als<br />
Gauobmann des Schwäbischen Albvereins weit im Lande<br />
34<br />
herumkam. Er führte sowohl im Württembergischen als auch<br />
in Hohenzollern mehrere Grabungen durch. Seine Sammlung,<br />
die er durch zahlreiche Ankäufe von Einzelfunden<br />
erweiterte, gelangte 1908 in das Eigentum des Britischen<br />
Museums in London und wurde 1969 als Katalog von<br />
H. Zürn und S. Schiek veröffentlicht.<br />
Durch Karl Theodor Zingeler (1845-1923) erhielt die archäologische<br />
Forschung in Hohenzollern eine feste Grundlage,<br />
Grund genug, sich mit diesem außergewöhnlichen Manne<br />
etwas näher zu beschäftigen. Wegen Mittellosigkeit seiner<br />
Eltern erlernte der 1845 in Bonn Geborene zunächst das<br />
Metzgerhandwerk. Nachdem er über Eigenstudium und<br />
Privatunterricht das Abitur erreicht hatte, studierte er in<br />
seiner Heimatstadt Mathematik und Naturwisenschaften. Ab<br />
1871 finden wir ihn am Sigmaringer Hof als Prinzenerzieher.<br />
1875 wird er als Fürstlich <strong>Hohenzollerischer</strong> Archivassessor<br />
angestellt, 1891 übernimmt er die Leitung des Haus- und<br />
Domänenarchivs. Von seiner Ausbildung her als Laie zu<br />
betrachten, hat sich Zingeler in geradezu erstaunlicher Weise<br />
in die Geschichte des Landes eingearbeitet, sich sowohl mit<br />
seinen Baudenkmalen als auch den archäologischen Fundstellen<br />
und Funden beschäftigt. 1894 erschien von ihm in den<br />
»Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde<br />
in Hohenzollern« die zusammenfassende Arbeit »Die vorund<br />
frühgeschichtliche Forschung in Hohenzollern« mit<br />
einem ausführlichen Fundstellenverzeichnis. Eine archäologische<br />
Karte legte er dem von ihm und Wilhelm Friedrich<br />
Laur (1858-1934) bearbeiteten Band »Die Bau- und Kunstdenkmäler<br />
in den Hohenzollern'schen Landen« (1896) bei.<br />
Für diese Inventarisationsarbeiten durchwanderte er, gelegentlich<br />
von Edelmann begleitet, unermüdlich das Land und<br />
besuchte sämtliche bis dahin bekannten Fundstellen, wobei<br />
ihm auch eine Reihe von neuen Entdeckungen gelang. Mit<br />
seinem Inventar schuf Zingeler die Basis für weitere archäologische<br />
Forschungen in Hohenzollern.<br />
Eine Staatliche Denkmalpflege begann in Hohenzollern,<br />
soweit ich sehe, nur sehr zögernd. Als 1849 Fürst Karl Anton<br />
auf seine Souveränitätsrechte zugunsten des Königs von<br />
Preußen verzichtete, wurde der bereits sechs Jahre zuvor für<br />
die Preußischen Provinzen zum Konservator bestellte Architekt<br />
Ferdinand von Quast (1807-1877) auch für Hohenzollern<br />
zuständig. Ein eigener Landeskonservator, allerdings<br />
nur ehrenamtlich, wurde für die Hohenzollerischen Lande<br />
jedoch erst 1896 in der Person des Architekten Wilhelm<br />
Friedrich Laur berufen. Seine Tätigkeitti beschränkte sich<br />
weitgehend auf die Aufgaben der Bau- und Kunstdenkmalpflege,<br />
die er bis zu seinem Tode wahrnahm. Ihm ist die<br />
Gründung der Hohenzollerischen Landessammlung zu verdanken,<br />
die er auf dem Schloß Hohenzollern einrichtete. Die<br />
Beweggründe, die ihn hierzu veranlaßten, waren die gleichen<br />
wie jene Haßlers, die zur Gründung der Altertümersammlung<br />
in Stuttgart führten.<br />
Laur nahm sich nach Zingelers Tod, soweit ihm dies möglich<br />
war, auch der archäologischen Aufgaben an. Aber auch<br />
Veeck und Paret von der Altertümersammlung in Stuttgart<br />
waren im Auftrag des Hohenzollerischen Landesausschusses<br />
in Hohenzollern tätig. Um eine regelmäßige Berichterstattung<br />
zu ermöglichen, erschienen in den »Fundberichten aus<br />
Schwaben« Neue Folge Band 4 (1928) erstmals als Anhang die<br />
»Fundberichte aus Hohenzollern« mit einem von Laur und<br />
Paret gemeinsam unterzeichneten Geleitwort. Heft 2 er-
schien 1930 wiederum als Anhang zu den »Fundberichten aus<br />
Schwaben« und enthält unter anderem eine Zusammenstellung<br />
sämtlicher römischer Siedlungsstellen, die von Paret im<br />
Gelände überprüft wurden.<br />
Die Voraussetzungen für eine geordnete archäologische<br />
Denkmalpflege wurden mit der Verabschiedung des für die<br />
Preußischen Provinzen geltenden Ausgrabungsgesetzes vom<br />
26. März 1914gegeben. In den sechs Jahre später, am20. Juli<br />
1920, erlassenen Ausführungsbestimmungen sind »Vertrauensmänner<br />
für kulturgeschichtliche Bodenaltertümer«<br />
vorgesehen, die sich neben- oder ehrenamtlich der archäologischen<br />
Denkmalpflege annehmen sollten. Der erste Vertrauensmann<br />
wurde in Hohenzollern jedoch erst nach Laurs Tod<br />
berufen. Als Landeskonservator folgte ihm 1934 Regierungsbaumeister<br />
Walther Genzmer, neben ihm stand als Vertrauensmann<br />
Eduard Peters (1869-1948), ein vorzeitig in den<br />
Ruhestand getretener Oberpostrat, der nach seiner Pensionierung<br />
einige Semester Vorgeschichte bei Georg Kraft in<br />
Freiburg studiert hatte. Peters hat sich bei seiner Tätigkeit in<br />
Hohenzollern, seinen Neigungn entsprechend, weitgehend<br />
auf die Untersuchung von Höhlen beschränkt. Die gemeinsam<br />
mit Paret durchgeführte Grabung in einem jungsteinzeitlichen<br />
Moordorf bei Ruhestetten oder die Freilegung<br />
alamannischer Gräber bei Bingen bildeten Ausnahmen. Mit<br />
Paret bearbeitete er dann noch das dritte und letzte Heft der<br />
»Fundberichte aus Hohenzollern« (1935), anschließend<br />
brachte er leider nur noch summarische Tätigkeitsberichte für<br />
die Jahre 1935 bis 1939 in den Hohenzollerischen Jahresheften<br />
3, 1936 bis 7, 1940. Die Akten des Vertrauensmannes<br />
lagen im Landeshaus in Sigmaringen. Leider gingen sie dort<br />
1945 verloren.<br />
In Peters Amtszeit fällt das Kriegsende 1945 und die Vereinigung<br />
Hohenzollerns mit den französisch besetzten Teilen<br />
Württembergs zu dem Land Württemberg-Hohenzollern, in<br />
dem Hohenzollern mit dem Landeskommunalverband jedoch<br />
in einigen Bereichen seine Selbstverwaltung behielt.<br />
Darunter fiel auch die Denkmalpflege. Während Genzmer<br />
bis 1967 als Landeskonservator amtete, wurde die archäologische<br />
Denkmalpflege vom Landesamt, ab 1953 Staatlichen<br />
Amt für Denkmalpflege in Tübingen aus betreut (A. Rieth,<br />
ab 1951 zusätzlich S. Schiek). 1967 übernahm nach dem<br />
Ausscheiden von Genzmer der damals in den Ruhestand<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Zur Trochtelfinger Urkunde 1161<br />
Sie handelt von Zehntstreitigkeiten der Kirchen Kohlstetten<br />
und Offenhausen (unweit davon) und den Schlichtungen<br />
durch Bischof Hermann von Konstanz (1138-1165) unter<br />
Beteiligung vieler Geistlicher, auch Adeliger, freier und<br />
einfacher Leute der Umgegend, und schließlich geht sonderbar<br />
unbegründet der Zehnte vom unfernen Bernloch an das<br />
Kl. Weißenau bei Ravensburg. Und dies, nachdem Graf<br />
Adelbert von Achalm(-Gammertingen) und Kuno von Horb<br />
als zuständige Dorfvögte der beiden leidtragenden Kirchen<br />
Kohlstetten und Offenhausen diese guttatweise (!?) entschädigt<br />
hatten (Wirtebg. UB 2, S. 137f.).<br />
»Allen Christgläubigen sei kund, daß ich Hermann, Bischof<br />
von Konstanz, mit unserem bischöflichen Hof und anderen<br />
Geistlichen und Adeligen, auch vielen Ortskennern den<br />
Zehntstreit zwischen den Kirchen von Kohlstetten und Offenhausen<br />
richterlich zu Radolfzell schlichtete. Mit Zustimmung<br />
der streitenden Parteien hat der Priester Burkart von<br />
Karl Theodor Zingeler (1845-1923)<br />
getretene Tübinger Baudenkmalpfleger Oskar Heck<br />
(1902-1975) die Aufgaben des Landeskonservators, 1968<br />
wurde Schiek vom Regierungspräsidenten nebenamtlich zum<br />
»Vertrauensmann für kulturgeschichtliche Bodenaltertümer«<br />
in Hohenzollern bestellt. O. Heck und S. Schiek waren die<br />
beiden letzten Denkmalpfleger in Hohenzollern, denn die<br />
Gebietsreform in Baden-Württemberg hat auch die ehemaligen<br />
Hohenzollerischen Lande nicht verschont. Der Landeskommunalverband<br />
wurde aufgelöst und die Denkmalpflege<br />
vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg übernommen.<br />
Erschienen in »Denkmalpflege in Baden-Württemberg« Sonderheft<br />
1983. Wir danken für die Genehmigung zum Abdruck.<br />
Offenhausen die fraglichen Zehnten bezogen, deren Ertrag<br />
das Konstanzer Generalkapitel und ich entgegennahmen und<br />
ich die entsprechende Geldsumme den Armen zukommen<br />
ließ. Trotz dieser Entscheidung unsererseits hörten die<br />
Rechtshändel nicht auf. So verfügten wir uns laut Diözesanrechts<br />
nach Truhdolvingin (Trochtelfingen), wo beide<br />
Parteien die Zehnten in Bernloch als ihnen gehörig beanspruchten.<br />
Nach langem hin und her hat Graf Adelbert von<br />
Achalm(-Gammertingen, letzter des Geschlechts!) als Vogt<br />
von Kohlstetten seine dortigen freien Güter und Zehnten der<br />
dortigen Kirche zugeteilt, was der dortig Priester bestätigte.<br />
Anderseits hat Kuno von Horb, Vogt für Offenhausen,<br />
dieser Kirche sein halbes Bauerngut daselbst und in (Ober-)-<br />
Hausen (Echaz) den Mühlenplatz samt einer Frau Hademuth<br />
mit ihren drei Kindern gegeben und so die Zehnten zu<br />
Offenhausen kompensiert. Dann wurde mit Zustimmung des<br />
erstgenannten Vogts und mir, sowie der Geistlichen und<br />
35
Walthers von Kohlstetten und des Lautpriesters Burkhart<br />
von Offenhausen der Gesamtertrag der Zehnten von Bernloch<br />
(östl. der Trochtelfinger Haid) dem Kloster Weißenau<br />
bei Ravensburg unterm Vorsteher Hermann zugeteilt. Wir<br />
(der Bischof) bestätigen und ratifizieren dieses für immer.<br />
Zuwiderhandelnde trifft der Bann und Kirchenausschluß.<br />
Dies geschah im Jahre 1161 unter der Regierung des römischen<br />
Kaisers Friedrich (Barbarossa). Da ist dies alles von mir<br />
und meinen Kanonikern betätigt worden, nämlich von Friedrich<br />
und Rudolf und dem Erzpriester Eberhard im Beisein der<br />
beiden Dekane Friedrich von Pfullingen und seiner Mitbrüder<br />
des Landkapitels. Ebenso des Dekans Burkart von Offenhausen<br />
und seiner geistlichen Mitbrüder und vieler adeliger<br />
Landsleute, wie Adelsberts von Oberstetten mit seinem<br />
Bruder Heinrich, Ernst von Anegestingin (Engstingen) und<br />
des Vogt Werner von da, ferner Adelberts, Chilians und aller<br />
Einwohner von da, Gerolds von Haideck und all seiner<br />
Söhne. Ferner wohnten bei von Pfullingen: Kuno und sein<br />
Bruder Gebene, Eggebrecht und alle freien Leute von da,<br />
Adelbert von (Ober-)Hausen (Echaz) und alle Freien von da,<br />
auch Rudolf von (Oeden-)Waldstetten und alle Einwohner<br />
von da. Sie alle nahmen an der feierlichen Handlung teil.«<br />
Der Gegensatz der beiden Schlichtungen und die ganz unbegründeten<br />
Zehntempfänger (Arme u. Kloster Weißenau)<br />
HERBERT BURKARTH<br />
Hohenzollern und die angrenzenden Gebiete vor 200 Jahren<br />
Manches, was man für modern und neuzeitlich hält, gibt es<br />
schon lange, soz. B. Adreßbücher. Schon vor 200 Jahren gab<br />
es ein »Staats- und Adreßbuch des Schwäbischen Kreises«.<br />
Die mir vorliegende Ausgabe erschien 1785 und bringt auf<br />
323 Seiten zahlreiche Daten über die Gebiete des Schwäbischen<br />
Kreises. Hier wurden die Kapitel ausgesucht, welche<br />
Herrschaften betreffen, die später zu den Hohenzollerischen<br />
Landen gehörten oder in nachbarlichen Beziehungen dazu<br />
stehen. Das alte »Heilige Römische Reich« war damals zwei<br />
Jahrzehnte vor seinem Ende. Aber niemand ahnte etwas<br />
davon oder hätte sich das im Jahre 1785 auch nur vorstellen<br />
können.<br />
Im Südwesten des Reiches gab es zwei »Hauptmächte«, den<br />
Schwäbischen Kreis, eine Einrichtung des Reiches, in der<br />
verschiedene Stände vertreten waren, und Österreich mit den<br />
Vorderösterreichischen Landen, die von 24 Oberämtern<br />
verwaltet wurden. Daneben gab es noch einige kleine und<br />
kleinste Gebiete, die weder zum Schwäbischen Kreis, noch<br />
zu Österreich gehörten. Das waren zum Beispiel die<br />
Reichsritterschaften. Manche Herrschaften, wie die Klöster<br />
Beuron oder Mariaberg, wurden ganz vergessen. Auch die<br />
Donaustädte Mengen und Saulgau werden nicht erwähnt.<br />
Zur Verfassung des Schwäbischen Kreises<br />
Die Stände des Schwäbischen Kreises saßen auf fünf Bänken:<br />
1. Geistliche Fürsten. Es waren der Bischof von Augsburg,<br />
der Bischof von Konstanz, der Probst von Ellwangen und<br />
der Abt von Kempten.<br />
2. Weltliche Fürsten und Stifte. Die Bank der weltlichen<br />
Fürsten wurde angeführt vom Herzog von Württemberg<br />
und vom Markgrafen von Baden. An dritter und vierter<br />
36<br />
erscheinen so merkwürdig, daß man an eine künstlich fabrizierte<br />
»Urkunde« (in übrigens herrlicher Schrift!) denken<br />
möchte. Also Fälschung? Man vergleiche dazu die nüchternen<br />
chronikalischen Notizen des Kl. Weißenau hierzu in<br />
»Zeitschrift f. Gesch. d. Oberrheins« 29, 1877, 33 f. Die Burg<br />
Haideck stand bei Trochtelfingen: »Hintere Burg« Rand der<br />
sog. Haid (Hohenz. Heimat 1967, 20). Zur Urkunde sind die<br />
Fälschungen Reichenaus unter den damaligen Haideck-Äbten<br />
aus gleicher Zeit zu vergleichen, die Hans Jänichen in<br />
»Zeitschrift f. württb. Landesgeschichte« 1968, S. 18f. behandelt<br />
hat. Obige Urkunde findet sich in anderer Ubersetzung<br />
S. 84 in dem Buch »1200 Jahre Engstingen« der Gemeinde<br />
1983. Dabei findet sich auch ein Foto des Originals<br />
von 1161.<br />
Ein Zusammenhang unserer freien Herren von Haideck<br />
(Heidegge) mit dem gleichnamigen Geschlecht auf Burg<br />
Heidegg bei Hitzkirch im schweizerischen Amt Hochdorf<br />
(Kanton Luzern) ist zu vermuten, aber nicht erwiesen (Merz-<br />
Hegi, die Wappenrolle von Zürich 1930, S. 153f.). Als<br />
Wappen unserer schwäbischen Herren käme der »schwarze<br />
Eisenhut in Gold« der älteren Schweizer Herren in Betracht:<br />
Heinrich 1276, 1279, Hiltpold 1266 und Konrad 1274. Zum<br />
Grafen Adelbert von Achalm-Gammertingen und seiner<br />
Verwandtschaft vgl. Arnim Wolf in »Zeitschr. f. württ.<br />
Geschichte« Jg. 40, 1981, 235 (erschien erst 1982!).<br />
Stelle folgten die Fürsten von Hohenzollern-Hechingen<br />
und von Hohenzollern-Sigmaringen. Nach den gefürsteten<br />
Äbtissinnen von Lindau und Buchau kamen sechs<br />
weitere Fürsten, darunter der Fürst von Fürstenberg.<br />
3. Bank der Prälaten. Zur Bank der Prälaten gehörten 22 Abte<br />
und Äbtissinnen, deren Klöster ausnahmslos 18 Jahre<br />
später der Säkularisation zum Opfer fielen. Sie waren im<br />
Jahre 1785 noch Reichsunmittelbar, alles bekannte Namen,<br />
wie Salmannsweiler, Zwiefalten, Obermarchtal,<br />
St. Blasien usw.<br />
4. Grafen und Herren. Zu dieser Bank gehörte z. B. der<br />
Deutsche Ritterorden in Altshausen, Grafen von Zeil, von<br />
Wolfegg, Fugger usw.<br />
5. Die Reichsstädte. Auf der Bank der Reichsstädte saßen 32<br />
Reichsstädte von Augsburg bis Zell am Harmersbach.<br />
Organ des Schwäbischen Kreises war der Kreistag. Die<br />
größeren Mitglieder hatten einen eigenen Legationsrat beim<br />
Kreistag.<br />
Das Militär des Schwäbischen Kreises<br />
Der Schwäbische Kreis mußte ein Kontingent für die<br />
Reichsarmee bereit halten. In Friedenszeiten war die Zahl der<br />
stehenden Truppen klein, die Stäbe waren jedoch immer<br />
bereit. Im Kriegsfall konnten die Regimenter mit ausgehobenen<br />
Soldaten aufgefüllt werden. Die Kreistruppen bestanden<br />
aus dem Generalstab, der Artillerie, dem Kriegskommissariat,<br />
dem Württembergischen Infanterie-Regiment, der Baden-Durlachschen<br />
Infanterie, der Fugger-Infanterie, der<br />
Wolfegg-Infanterie, den Württembergischen Dragonern und<br />
dem Hohenzollern-Sigmaringer Kürassier-Regiment.
Oberster im Generalstab war Generalfeldmarschall Carl,<br />
regierender Herzog zu Württemberg. Generalfeldmarschall-<br />
Lieutenant war der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />
Der Fürst war gleichzeitig Obrist des Regimentes Hohenzollern-Sigmaringen.<br />
Obristlieutenant war Generalmajor Baron<br />
von Raßler. Major war Obrist Baron von Schenk; Kapitän-<br />
Leutnant Major Baron von Donnersberg, Regimentsquartiermeister<br />
und Adjutant in Personalunion war Leutnant<br />
Maierhofer. Eine wichtige Person im Regiment war anscheinend<br />
der Pauker Obermaier. Die Regimentsmusik war rot<br />
gekleidet mit weißen Aufschlägen, die Hohenzollern-Kürassiere<br />
mit hellglänzendem Küraß, hohen Stulpenstiefeln und<br />
Lederhosen, die »preußischen Hüte« weiß bordiert und<br />
bebuscht.<br />
Altes Reichsfürstliches Haus Hohenzollern-Sigmaringen.<br />
Regierender Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen war 1785<br />
Carolus Fridericus, geb. am 9. Januar 1724, Nachfolger<br />
seines Vaters am 8. Dezember 1769, des Hl. Rom. Reiches<br />
Fürst zu Hohenzollern, Burggraf zu Nürnberg, Graf zu<br />
Sigmaringen und Vöhringen, Herr zu Haigerloch und Wehrstein,<br />
des Hl. Rom. Reiches Erbkämmerer, des Löblichen<br />
Schwäbischen Kreises Generalfeldmarschall-Lieutenant und<br />
Obrist über ein Kavallerie-Regiment.<br />
Gemahlin: Johanna Josepha Sophia, geb. 14. April 1727,<br />
Fürstin zu Hohenzollern-Sigmaringen und des Hl. Rom.<br />
Reiches Gräfin zu Hohenzollern-Berg, Markgräfin zu Berg-<br />
Opzom, Freifrau zu Bexmeer, Frau zu Chamblife, Bilendt,<br />
Witsch, Pervez, Düxmiden, Habs, Sambegg und Berstell,<br />
vermählt am 24. Februar 1749.<br />
Kinder: a) Anton Aloys., Erbprinz geb. 20. Juni 1762, des<br />
Löbl. schw. Kreises Obrister, verm. mit Amalia Zephyrina,<br />
Prinzessin von Salm-Kyrburg, am 12. August 1782. Ihr Kind<br />
Fried. Em. Karl Joseph Anton, Prinz zu Hohenzollern ist<br />
geboren am 3. September 1783 und am 8. »eusd. Mensis &<br />
anni«gestorben.<br />
b) Johanna Franc. Antonia, geb. 3. Mai 1765, verm. mitjoh.<br />
Frid. Otto, regierendem Fürsten von Salm-Kyrburg am<br />
29. November 1781. Ihr Kind Philippina Friderica, Prinzessin<br />
von Salm-Kyrburg, geb. 12. Juli 1783.<br />
c) Schwester Maria Johanna, geb. 13. Dez. 1726, Canonissin<br />
und Seniorin zu Buchau (eine Tante, Schwester des Fürsten,<br />
war ebenfalls Stiftsdame in Buchau).<br />
Hofstaat: Michael Baron de Nöel, Hof-Cavalier. Frid. Anton<br />
Baron von Laßberg, Hof-Caval. Franz Joseph Besserer<br />
von Besserseck, Kammerjunker. Anton Kipf, des Hochfürstl.<br />
Hohenz. Kreis-Küras. Reg. Cofnet und Stallmeister.<br />
Fidelis Hiller, Hofkaplan. Meinrad Lehle, Jagdkaplan. Michael<br />
Una, Kammerdiener und Leibchirurg. Paul Pammert,<br />
Hausmeister. Meinrad Rebsam, Kellermeister. Thaddäus<br />
Aicheier, Hofkoch. Fidel Kleenach, Hof- und Lustgärtner.<br />
Lorenz Ferrari, Portier und 14 Lakaien.<br />
Regierung und Kanzlei: J. D. M. von Frank, Fürstlich<br />
Hohenz. Heching. und Sigmaringen Geheimer Rat und<br />
Kanzler. Jud. Thadd. von Mayersburg, geh. Rat und Regierungskanzleidirektor.<br />
Franz Johann Abraham von Schmidsfeld,<br />
Hof- und Regierungsrat. Carl Rebsamen, Hof- und<br />
Reg. Rat. Joseph Tiberius Widmann, Hof- und Reg. Rat.<br />
Carl von Schütz, Hof- und Reg. Rat. Jos. Armbruster,<br />
Hofrat und Leib-Medicus. Franz Xaver Kolb, Rat und<br />
Registr. Math. Joseph Claß, Reg. Secret. J. J. Obermayer,<br />
Accessor. Math. Toniz, Access. Jos. Ign. Willib. Schießle,<br />
Exped. und erster Landschafts-Cassier. Franz Anton von<br />
Sättelin, Practicant. Anton Hiller, Stadtschultheiß. Fidel<br />
Lehle, Bürgermeister. Franz Jakob Kölble, Stadtschreiber,<br />
zweiter Landschaftscassier und Geom. Jur. Franz Joseph<br />
Beck, Steuereinzieher. Peter Loos Fabric. Pfleg. Christ.<br />
Fischer, Stadtschultheiß zu Vöhringen. Val. Hospach, Stadtschreiber<br />
allda.<br />
Forstamt: Oberjägermeister: vacant. J. Thad. von Mayersburg,<br />
geh. Rat und Forstamts-Director. Fried. Anton Baron<br />
von Laßberg, Oberforstmeister. Carl Rebsamen, Hofrat und<br />
Forstamts-Dep. Math. Toniz, Forstamts-Secr. Wunibald<br />
Bregenzer, Forstmeister. J. G. Karle, Gehegemeister. Fidel<br />
Karle, Büchsenspanner. Johann Karle, Hofjäger. Fidel Fischer,<br />
Oberjäger im Thalheimer Forst. Joh. Wanner, Oberjäger<br />
im Walder Forst. Anton Dollmayr, Oberjäger im Kreuzthaler<br />
Forst. Josef Karle, Oberjäger zu Krauchenwies. Eustachius<br />
Keller, Oberjäger im Großholz.<br />
Rentamt: Joh. Adam Landenberger, Kammerrath und<br />
Rentmeister. Chr. Frid. Speth, Rentschreiber. Caspar Danner,<br />
Bräuhausverwalter. Joh. Georg Buck. Kastenverwalter.<br />
Moriz Kramer, Baumeister. Joh. Bapt. Ott, Kastenknecht.<br />
Oberamt in Haigerloch: Josef Tiberi Widmann, Hof- und<br />
Reg. Rat. Oberamtmann. Joh. Jakob Dopfer, Kammerrath<br />
und Rentmeister. Franz Joseph Rehrer, Rath und Archivar.<br />
Fr. Anton von Lengst, Registrator. Jos. Mietingen, Oberamts-Secr.<br />
Jos. Meyerhofer Expeditor und Rentschreiber.<br />
Friedrich Pater, Stadtschultheiß und Landschaftscassier. Jos.<br />
Papolt, Stadtschreiber.<br />
Bergwerk im Laucherthal: Rath und Bergverwalter: Jakob<br />
Friedrich Meyer. Berg- und Gegenschreiber: vacant. Bestandswirt:<br />
Peter Gops.<br />
Auswärtige Gesandte und Agenten: Beym Reichstag: Friedr.<br />
Carl Freiherr Karg von Bebenburg, Comit. gesandter zu<br />
Regenspurg. Beym Kr. T. geh. Rat von Frank. Zu Wien: Edl.<br />
von Kirchbauer, Reichs-Hofrat, Agent, Fürstl. Hohenz.<br />
Hofrat und Agent. Müller von Milleck, K. u. K. Commerc.<br />
Rat und Hof-Agent. Wetzlar: von Postel, K. K. G. Procurat.<br />
u. Fürstl. Hohenz. Hofrat. München: Jakob Sedelmayer,<br />
Fürstl. Hohenz. Hofrat.<br />
Altes Reichsfürstliches Haus Hohenzollern-Hechingen<br />
Regierender Fürst: Josephus Wilhelmus, geb. 12. November<br />
1760, Fürst von Hohenzollern, Burggraf von Nürnberg,<br />
Graf zu Sigmaringen und Veringen, Herr zu Haigerloch und<br />
Wehrstein, des Hl. Rom. Reiches Erbkämmerer, des Königl.<br />
Preuß. schwarzen Adler Ordens Ritter, Ihro röm. kais. Maj.<br />
und des H. R. R. General der Cavallerie ect.<br />
Gemahlin (zweite): Maria Theresia Fürstin zu Hohenzollern,<br />
geb. des Rs. Erbtruchs, zu Zeil, Wurzach und Friedberg,<br />
geb. 26. Jan. 1732, verm. am 7. Jan. 1751.<br />
Prinzessin Tochter 2. Ehe: Maria Antonia, geb.<br />
10. Nov. 1760, verm. am 7. Jan. 1778 mit Josepho Maria<br />
Benedicto regier. Fürsten von Fürstenberg.<br />
Geschwister (des Fürsten): Franz Xaver, Graf zu Hohenzollern,<br />
geb. 1719, K. K. Gen. Feldmarsch, lieut. der Cavallerie,<br />
gest. 14. März 1765. (Bern. Es folgen sieben Geschwister des<br />
Fürsten mit Kindern, darunter der Nachfolger Hermann<br />
Friedrich und Grf. Meinrad, Domherr zu Konstanz, der 1823<br />
als Pfarrer von Veringendorf gestorben ist.)<br />
Hofstaat: Hofmarschall: vacant. Oberjägermeister: Karl<br />
Frhr. Schilling von Canstat. Stallmeister: Joh. Christ, von<br />
Höwel, Major des Wirtemberg. Kreis-Inf. Regim. Leib-<br />
Medicus: Aug. Rhein. Leib-Chirurg: Ernst Heinrich Giegling<br />
Rath. Hofkaplan: Jos. Anton Weiger. Beichtvater: P.<br />
Hillar. Allegrad. Kammerdiener: Joseph Zetschgi und Vitalowiz.<br />
Kammerlaquai: Fischerund Oker. Hausmeister: Joh.<br />
von Ow. Conditor: Joseph Zetschgi. Kellermeister: Fidel<br />
Leible. Hofkoch: Leonh. Lorch. Garderobb. Hipp.<br />
Regierung: Joh. Dan. Mar. von Frank, geh. Rat und Kanzler.<br />
Ebh. Christ. Schwalb, geh. Rat. Von Gruffy adel. HR. Fr.<br />
37
Joseph Giegling, Hofrath. Alb. Jos. von Ittner, HR. Markus<br />
Kaiser, Hofrath. Chr. Gottl. Böklin, Hofrath, wohnhaft in<br />
Esslingen. N. Bekkers, Hofrath in Wien. Chr. Gottf. Hofmann,<br />
Hofrath in Stuttgard. Carl Widmann Reg. Secr. Joh.<br />
Bapt Keßler, Regierungskanzlist.<br />
Gesandte und Agenten: Max Friedr. Freiherr Karg von<br />
Bebenburg R(eichs)T(ag) Gesandter. J. D. M. von Frank geh.<br />
Rath und Kanzler, auch Kreistags Gesandter. Legations<br />
Secretär Widmann. Flor, von Müller, Hofkriegsrat, Agent zu<br />
Wien. Ferd. von Brandt, geh. Rat und Agent bey dem kaiserl.<br />
Kammergericht zu Wetzlar. Von Kirchbaur, Agent bey dem<br />
K. R. Hofrath zu Wien. Joh. Cas. Schneider, Agent zu<br />
Frankfurt.<br />
Hofraths-Kanzley: Fr. Jos. Giegling, Hofrath. Marx Anton<br />
Kaifer, Hofrath. Secret. von Paur N. C. P. Kanzlist Ludw.<br />
Bekk.<br />
Forstamt und Jägerey: J. M. D. v. Frank geh. Rath und<br />
Forstamts-Direct. Karl Freiherr Schilling von Kanstadt,<br />
Oberjägermeister. J. Alb. von Ittner, Forstamts-Dep. Georg<br />
Holzel, Forstrath. Jos. Sträslen Forstmeister. Philipp Speidel,<br />
Gehägmeister. Carl Kölle, Waldberuter. Fridolin<br />
Oesterle, Hofjäger. Jak. Hensch, Vasanenjäger. Joh. Oesterle<br />
Oberjäger im Friedrichsthal. Carl Speidel, Büchsenspanner.<br />
Kasp. Fischer, Zeugjäger. Jäger im Unteren Forst:<br />
Friedrichsthaler Huth, Joh. Oesterle, Oberjäger. Thanheimer<br />
Huth, Jos. Schmid, Forstknecht. Steinhofer Huth, vac.<br />
Lindicher Huth, Jos. Gfrörer, Forstknecht. Großelfinger<br />
Huth, Joh. Pfister, Forstknecht. Rangendinger Huth, Math.<br />
Beck, Forstknecht. Beuremer Huth, Konr. Scheminger,<br />
Forstknecht. Jäger im Oberen Forst: Schnaider Huth, Joh.<br />
Fibbich, Oberjäger zu Starzel, Carl Haichle, Jäger daselbst.<br />
Chr. Schuler und Joh. Pfister, Forstknechte. Schwandel<br />
Huth, Gottl. Zentgraf, Forstknecht. Burladinger Huth, Chr.<br />
Schoy, Forstknecht. Gauselfinger Huth, Bernh. Sanntner,<br />
Forstknecht. Stettemer Huth, Joh. Lemp, Forstknecht.<br />
Rentkammer: Karl Brodorotti, Kammerer und Rentmeister.<br />
Joh. Christ. Wölfnig, Hofkammerer, zu Eßlingen wohnhaft.<br />
Widmann Rechnungs-Revisor. Joh. Weiß, Kastner. Joh.<br />
Sauter, Kammerschreiber und Expeditor. Schmid, Kammerbott.<br />
Bau-Officianten: Dixnard, Rath und Bau-Director. Fr.<br />
Baur, Weeg-Inspector. Bartol. Bausinger, Bauballier.<br />
Marstall: Stallmeister: J. Christ, von Höwel. Beureuter vac.<br />
Kreis Conting. Cavall. Rittmeister Adolf von Staader. Major<br />
des Hohenzoll. Kreis Cuiras. Rgt. Infanterie Hauptmann,<br />
Joh. Chr. von Höwel, Major des Wirtenberg. Krs. Inf. Rgt.<br />
Geistlichkeit: Collegiat-Stift St. Jakobus und Pfarrey Hechingen:<br />
J. Fr. Bodorotti, Stadtpfarrer. Franz Waibel Can.<br />
Jos. Müller Can. Seb. Haid, Stadtkaplan. Hechinger Rural-<br />
Capitul. Rau, Dekan und Pfarrer zu Großelfingen. Jos. Ant.<br />
Herp, Cammerer und Pfarrer zu Steinhofen. Joh. Georg<br />
Pfeiffer, Dep. u. Pfarrer zu Boll Joh. Bapt. Scheuer, Dep. u.<br />
Pfarrer zu Rangendingen. Carl Kolb, Pfr. zu Stein. N.<br />
Strobel, Pfr. zu Thanheim. Jos. Schwindemann, Pfr. zu<br />
Weilheim. Sebastian Werner, Benef. zu Zimmern. Trochtelfinger<br />
Rural-Capitul. v. Frank, Pfr. zu Burladingen. Jos.<br />
Stengele Pfr. zu Hausen. Jos. Anton Weiger, Pfr. zu Jungingen.<br />
Leop. v. Paur Pfr. zu Stetten Unterhöllstein. N. Bauemüllern,<br />
SS. Th. L. Pfr. zu Owingen, Cap. Rur. Haigerloch.<br />
Hieron Ferber, Th. M. L. Pfr. zu Wilflingen, Cap. Rur.<br />
Rothweilens is.<br />
Verwaltungen: Stiftsschn. Karl Brodorotti, Kammerer. Heil.<br />
Vogt, Jos. Speidel. Pflege der Fürstlich Fried. Ludwig,<br />
milden Stiftung, Georg Holzel, Forstrath. Hospit. Pfleger:<br />
Fr. Xaveri Bekk, Burgermeister und Jos. Gomeringer.<br />
Stadt Hechingen: Markus Anton Kaiser, Hofrath und Stadtschultheiß,<br />
auch Collect.-Cassier. Burgermeister: Kipf und<br />
38<br />
Bekk. Jos. Speidel, Stadtschreiber. Chr. Priemer, Salz-Factor.<br />
Joh. Freudenmann, Steuereinzieher.<br />
Gymnasium zu Hechingen: Praefect. Jos. Müller. Can. Prof.<br />
P. Phil. Weiber. Prof. Reg. Leix.<br />
Kloster zu St. Luzen: Franc. Ord. P. Guard. Onuphrius<br />
Stich.<br />
Kloster Gnadenthal zu Stetten: Ord. S. Domin. Priorin<br />
Werlin.<br />
Kloster Rangendingen: Ord. St. Dominici Priorin Ludowica<br />
Ehrenburgerin.<br />
Reichs-Adels Herrschaften<br />
Gammertingen: Stadt und Reichsherrschaft, auf der Alp<br />
gelegen, zu der Reichsritterschaft Donauviertel collectable,<br />
aus 5 Ortschaften und 2 ansehenlichen Kameral-Mayerhöfen<br />
bestehend. Regierender Herr: Marq. Carl Anton Frhr. von<br />
Speth auf Zwyfalten ect. s. t. t. sup. E. I. Canton Donau n.<br />
Gemahlin: Maria Maximiiiana geb. Speth zu Hettingen ect.<br />
Rath und Obervogt: Frz. Xav. von Merhart v. Bernegg.<br />
Amtsschreiber: Marx Jemiller. Hausmeister: Fidel Fauler.<br />
Hettingen: Bey Riedlingen, Reg. Herr: Frhr. von Speth zu<br />
Zwyfalten, s. t. t. sup. E. I. Canton Donau n. Gemahlin:<br />
Maria Josepha Freyin v. Rosenbach. Kinder: Frz. Conrad<br />
Domherr zu Würzburg und Konstanz. Friedrich, Edelpage<br />
zu Würzburg. Maria Amalia, Gem. d. Frhr. Casimir von<br />
Sickingen zu Freyburg (i. B.). Maximiiiana, Gem. d. Marq.<br />
Carl Anton von Speth zu Gamerdingen. Theresia Stiftsdame<br />
zu Augsburg.<br />
Stifter und Klöster<br />
Glatt am Neckar, Fürstl. Stift. Murisch. Dahin gehören<br />
Dettingen, Dürrenmettstetten hälftig, Dettlingen, Dießen,<br />
Dettensee, Neckarhausen. Stadthalter zu Glatt P. Leuntius<br />
Beuttier. Stadthalter zu Dießen P. Luitfr. Fälle. Oberamtmann<br />
über alle Orte Neumüller. Pfarrer: Albert Renner.<br />
Alt Reichsfürstliches Haus Fürstenberg<br />
Obervogteyamt Trochtelfingen<br />
Zum Justizwesen: Obervogt Joh. Bapt. Mors, Rath. Secret.<br />
Karl Friedrich von Barz. Pract. Joh. Nepomuk Link.<br />
Zum Cammeralwesen: Rentmeister Joh. Bapt. Hufschmid.<br />
Zum Pfarrwesen: Zu Trochtelfingen Stadtpfarrer Januarius<br />
Engelhard SS. Th. D. und Dekan des Trochtelfinger Rur.<br />
Capit. (Landkapitels). Stadtkapläne: ad S. Nicol. Engelhard,<br />
ad S. Magd. Kaiser, ad B. V. M. Fleischmann, ad Animar.<br />
Honold. Ringingen: Pfr. Seb. Schmid, SS. Th. C. Cand.<br />
Zu Ringingen: Resignirter Pfarrer Joh. Bapt. Bitzenhofer,<br />
Exdecan, v. Rur. Capit. Trochtelf. Salmendingen: Pfr. Mayer.<br />
Melchingen: Pfr. Riegger. Obervogteiamt Jungnau.<br />
Zum Justizwesen: Obervogt Karl Fidel Schneider, Rath.<br />
Waisenrechner: Peter Paul Vöhrenbach. Amtsschreiber:<br />
Martin Selb.<br />
Zum Pfarrwesen: Zu Jungnau: Hofkaplan J. Bapt. Heitzelmann.<br />
Inneringen: Pfr. Ignaz Frhr. von Laßberg. Kapl. NN<br />
Bäuerle. Vicar Fischerkeller.<br />
Storzingen: Pfr. Karle.<br />
Stift Buchau, gefürstete Abtey am Federsee<br />
Fürstin und Äbtissin: Maria Maximiiiana Esther, des HL. R.<br />
R. Fürstin und Äbtissin des kaiserlich gefürsteten und freyweltlichen<br />
Reichstiftes Buchau, Erbfr. der Herrschaft Straßberg,<br />
St. Kr. Ord. Dame. Geb. Reichsgräfin von Stadion zu<br />
Thann- und Warthausen ect., geb. 21. Juli 1737 erwählt<br />
18. Januar 1775.
Stifts- und Kapitulardamen: Maria Johanna Gräfin von Hohenzollern-Sigmaringen,<br />
Seniorin und Küsterin. Maria Eleonora<br />
Reichs-Erbtruchseß Gräfin von Wolfegg-Waldsee. M.<br />
Ernestina Liebsteinsky, Gräfin von Kollowrat, St. Kr. Ord.<br />
Dame. Maria Felcitas, Reichs-Erbtruchseß, Gräfin von Zeil-<br />
Wurzach. M. Anna Gräfin von Hohenzollern-Hechingen,<br />
kaiserliche Hofdame. M. Elisabeth Gräfin von Fugger-Glött.<br />
Carolina Gräfin von Fugger-Rorndorf. Josepha Gräfin von<br />
Königsegg-Aulendorf. Johanna Josepha Gräfin von Oettingen-Spielberg.<br />
Eleonora Waldburga Reichs-Erbtruchseß<br />
Gräfin von Wolfegg-Waldsee. M. Ludowica Reichs-Erbtruchseß<br />
Gräfin von Wolfegg-Wolfegg. (Bern. Im Stift befanden<br />
sich sieben Geistliche und 14 Regierungsbeamte).<br />
Obervogt zu Straßberg: Ignaz von Montelong, Hofrath.<br />
Pfarrer zu Straßberg: Dionys. Miller.<br />
Schenk von Castell.<br />
Franz Ludwig Schenk, Graf von Castell, Herr der Graf- und<br />
Herrschaften Schelklingen, Berg und Guttenstein, auch<br />
Ober-Dischingen, Bach, Hausen und Stetten am Kaltenmarkt.<br />
Herrschaft Gutenstein, Rath und Obervogt: Franz Conrad<br />
Schmid, JUL.<br />
Reichsstädte<br />
Pfullendorf. Kath. Relig. Raths-Collegium: Amtsburgermeister<br />
Joh. Georg Strobel. Alter Burgermeister, Franz Christ.<br />
Engel. Oberzunftmeister, Chrysostomus Baur. Oberbaumeister<br />
Thaddäus Ehren.<br />
Geheime: F. J. Sigle. J. Mich. Probst. Jak. Eisenhart. Neue<br />
Zunftmeister: Mich. Ehrat, Mich. Miller, Andreas Sautter,<br />
Jak. Wilhelm. Alte Zunftmeister: Martin Endres, Mich.<br />
Heilig, Mich. Waldschütz, G. Schweickert. Stadt-Kanzley:<br />
Conrad Mayer, Rathsconsulent und Kanzleyverwalter. Jos.<br />
Anton Kempter Registr. u. Actuarius. Stadtphysicus: F. J.<br />
Kern, Med. Dr. Stadtgericht: F. X. Walter, Stadtammann.<br />
Richter: J. G. Matheus. Anton Keßler. F. A. Ehrm. J. G.<br />
Baur. J. Gaber. J. Linder. Steph. Faigle. J. Amersin. F. J.<br />
Dreher. Matth. Sauter. Phil. Walk.<br />
Großspitalamt: F. J. Sigle, Pfleger. G. Hibschle, Pfleger.<br />
Matth. Schach, Amtsschreiber. St. Jakobi Pfleger Andreas<br />
Sauter, Matth. Essig. Leprosenpfleger Martin Endres, Georg<br />
Matheus. U. L. Fr. Pfleger Mich. Ehrat, G. Schweiggart.<br />
Allmosenpfleger M. Müller, J. Mohser.<br />
Venerabiiis Clerus: a) in der Stadt, Fidelis Walter, Stadtpfarrer.<br />
J. M. Krais, Paroch. libere. resign. Nachprediger, Capellani:<br />
Caspar Futterer. Mich. Bolder. Andr. Waldschütz.<br />
Mich. Mayer. Dominicus Walk. J. Meichle. Mich. Hibschle,<br />
Cooper. G. Müller, Cooper.<br />
b) außer der Stadt: J. M. Bregenzer, Pfr. inllmmensee. Ignaz<br />
Gasser v. Freyenhuben, Pfr. in Zell.<br />
Friedberg-Scheer. Diese Reichsgrafschaft wird seit 6. Juli<br />
1772 von den regierenden Herren Grafen Reichs-Erbtruchsessen<br />
Grafen zu Wolfegg-Waldsee, zu Zeil-Wurzach und zu<br />
Wolfegg-Wolfegg gemeinsam besessen. Hochgräfliche Räthe,<br />
Oberbeamte und Officianten zu Scheer. Franz Xaver<br />
Clavel J. U. L. erster Rath und Oberamtmann. Fr. Anton<br />
Ignaz Baur, Hofrath und Landschaftscassier. Jos. Laurent.<br />
Buzorini, Hofrath und Rentmeister. Jos. Frz. Xav. Epplen<br />
von Hertenstein, Hofrath und Archivar, Comes palat. Caes.<br />
Notar, publ. Clemens Conrad Sälzl, Secret, Joh. Dom.<br />
Willib. Ferber, Expeditor. Paul Schmid Rentschreiber. Jos.<br />
Karl von Finkele, Access. F. A. Liebherr, Herrschaftlicher<br />
Stadtammann zu Scheer. Heinrich Karl, Herrschaftl. Jäger<br />
und Fischer. Wunib. Kieferle, Kanzleybote. J. Mich. Best,<br />
Kanzleydiener.<br />
Amt Hohentengen: J. A. Eichbaum, Landammann. J. Eckstein,<br />
Herrschaftl. Oberjäger. Geistlichkeit in der Stadt<br />
Scheer und auf dem Lande. F. J. Prielmayer, SS. Th. et SS.<br />
CC. Pfr. zu Scheer. Fr. Kasp. Liebherr SS. Th. et SS. CC.<br />
Hofkaplan. Capell. Fr. Carl Volkwein. Nikol. Pfeiffer. J.<br />
Bapt. Gaißer, Kapell, und geistlicher Pfründerpfleger zu<br />
Scheer. Joh. Karl Prielmayer. Joh. Fuchsohr.<br />
Hohentengen: Pfarrer J. G. Reiffei SS. Th. et SS. CC. Capell.<br />
et Primiss. Jos. Näher, Capell. Aloys Fischer.<br />
Herbertingen: Pfr. Paul Theoph. Herp, Phil. Mag. et SS. Th.<br />
C. Kapläne: Wunib. Kleber und Joh. Rothmund.<br />
Mieterkingen: Pfr. Dominicus Gegel, Th. Mor. et SS. CC.<br />
auch Saulgauischen Kap. Deput.<br />
Fulgenstadt: Pfr. Franz Ignaz Schnitzer, Th. Mor. et SS. CC.<br />
Fürstenberg Mößkirch.<br />
Maria Gabriele Felicitas, Fürstin zu Fürstenberg, geb. Herzogin<br />
von Schleswig, Holstein, Stormarn und Diethmarsen,<br />
Gräfin zu Oldenburg, Delmenhorst. Erbfr. der Herrschaft<br />
Frischau, Boßitz und Gaywitz u. Weil. Carl Friedrich zu<br />
Fürstenberg Mößkirch zurückgelassene Gemahlin. Zu Eichstätt<br />
geboren am 21. Oktober 1716, verm. den<br />
23. May 1735, verwitw. am 7. Sept. 1744.<br />
Hochfürstl. Hofstaat der verw. Fürstin Durchlaucht zu<br />
Mößkirch. Hofdame: vac. Kammerfrau: M. Maria Anna<br />
Lindenmännin. Hausmeister: Carl Faller. Kammerdiener:<br />
Lindemann. Kammerlakai: Bühler. Tafeidecker: Rad.<br />
Oberamt Mößkirch.<br />
Zum Justizwesen: Oberamtmann Ignaz Heinrich Fischer,<br />
geheimer Rath. Oberamts-Secret. Joseph Gotthilf Schorer.<br />
Oberamtskanzlisten: Konitscheck und Heitz, Oberamtscopist<br />
Michael Cula. Practicant Aloys von Menshengen.<br />
Zum Cammeralwesen: Rentmeister Jakob Rautter, Rath.<br />
Commercien-Rath Franz Anton Gleitz. Interims Cameralamtmann<br />
zu Radolphzell N. N. Tobler. Burgvogt zu Wildenstein<br />
Painter. Kiefermeister Karrer. Control. im Bauhof.<br />
Bau-Inspector Joseph Anton Schlosser.<br />
Zum Pfarrwesen: Zu Mößkirch Stadtpfarrer Johann Georg<br />
Keller, V. R. C. Moesk. Decan. Kapläne: Fischerkeller,<br />
Lang. Frühmesser Mayer, v. Consoni, Heininger Coop.<br />
Benef. Zu Engelswies: Enggesser, Pfarr-Vicar allda. Oberbichtlingen:<br />
Vicar Hummel. Thalheim: Vicar Single. Bietingen:<br />
Pfr. Angstenberger, V. R. C. Cammerer. Boll: Pfr.<br />
Stärk. Gallmannsweil: Pfr. Schmid. Göggingen: Pfr. Johann<br />
Anton Hecht. Heudorf: Pfr. Fischerkeller. Kreenheinstetten:<br />
Pfr. Franz Joachim Gebele von Waldstein. Krumbach:<br />
Pfr. Endres. Leibertingen: Pfr. Andreas, Can. Reg. in Beuron.<br />
Menningen: Pfr. Massa.<br />
Des Heiligen Römischen Reiches Abt zu Salmannsweil,<br />
Cisterciens. Ord. Robert, geb. 28. Januar 1740. Erw. 4. Juni<br />
1778.<br />
Conting. Offic. u. a. Ans. Sutor, Cornet des Hohenz.<br />
Sigmar. Küras. Reg. Oberamtmann Jos. Sutor, Rath, für<br />
Ostrach und Bachhaupten. Obervogt Joh. Bapt. Schauber,<br />
Rath, für Stetten am kalten Markt. Hofmeister Januarius<br />
Glaiz, Fürstlich Fürstenbergischer Commercienrath für<br />
Mößkirch.<br />
Altshausen. Reichs-Land-Komthurey der Balley Elsaß und<br />
Burgund des deutschen Ritter-Ordens.<br />
Beatus Conr. Phil. Franz Freiherr Reutner von Weil ect.<br />
Landkomthur der Balley Elsaß Burgund und Hessen, Komthur<br />
zu Altshausen, Marburg, Maynau u. Wetzlar. K. K.<br />
wirkl. geh. Rath und des besagten hohen Ordens bey Sr. des<br />
Herrn Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog Maximilian zu<br />
39
Oesterreich. K. H. wirkl. Staats- und Conf. Minister, geb.<br />
17. August 1719.<br />
Herren Rathsgebietige, Kapitularen, Komthuren und Rittern<br />
der Balley Elsaß und Burgund. (Bem. Es sind insgesamt 15<br />
Personen aufgeführt; u. a. der Hoch- und Deutschmeister zu<br />
Mergentheim und Komt. zu Beuggen, der Komtur zu Ruffach,<br />
Andlau, Straßburg, Kaisersberg und Gebweiler, Komtur<br />
zu Hitzkirch, Komtur zu Rixheim, Basel und Mühlhausen,<br />
Komtur zu Rohr und Waldstetten, Komtur in Churpfalz.<br />
Der einheimische Adel ist spärlich vertreten. Anton<br />
Fidelis Dominicus Maria Freiherr von Hornstein zu Göffingen,<br />
Deutsch-Ordens-Ritter, Hauptmann des Churpfälzischen<br />
Garderegimentes zu Pferd. Franz Fidelis des Hl. Rom.<br />
Reiches Erbtruchseß und Graf zu Zeil Wurzach und Friedberg,<br />
Deutsch-Ordens-Ritter und Hauskomthur zu Altshausen,<br />
K. u. K. wirkl. Cämmerer, kommand. Obrist des gräfl.<br />
Wolfegg Schw. Kreises Infanterie Regimentes.)<br />
Ordenspriester: (sämtliche als Pfarrverweser in verschiedenen<br />
Ortschaften u.a. in später <strong>hohenzollerische</strong>n): Carl Säger,<br />
Pfarrverweser zu Liggersdorf. Carl Blumer, Pfarrverweser<br />
zu Esseratsweiler. Franz Joseph Hepp, Pfarrverweser zu<br />
Liggersdorf (Bem. unter den 14 Ordens-Priestern befindet<br />
sich kein Adeliger).<br />
Räthe und Officianten der Reichs-Land-Komthurey: (insgesamt<br />
6 Personen, darunter): Michael Nicolaus Ganter AA.<br />
LL. Phil, et M. D. Rath und Leib- auch Landschafts-Arzt.<br />
Anton Bagnato, Rath, Baudirector und Kastenamtmann zu<br />
Ravenspurg.<br />
Zur Landkomthurey gehörende Obervogteyen.<br />
Hohenfels: Phil. Jos. Schindler J. C. Hoch- und Deutschmeister-Hof-<br />
und Balleyrath, Obervogt.<br />
Achberg: Jos. Mandele, Obervogteyverweser.<br />
CASIMIR BUMILLER<br />
Banachbarte Württembergische Ämter:<br />
Bahlingen: Oberamtmann und Cho. Phil. Lotter. Spec.<br />
Superint. und Stadt-Pfarrer M. Geo. Cho. Reinhard. Stadtund<br />
Amtsphysicus Jos. Rud. Cammerer. Alpirsbacher Pfleger<br />
und Geistlicher Verwalter Theod. Fr. Kapf. Diacon und<br />
Pfarrer zu Heselwang Hofmann. Heiligen-Vogt Siegel.<br />
Stadt- und Amtsschreiber G. Chr. Hobbhan. Stadt- und<br />
Amtspfleger vac. Burgermeister Hirschmann-Judä. Praec.<br />
Schumacher. Collab. Wörner. Spitalpfl. Hartenstein.<br />
Comm. Rechn. Prob. Leonharder. Hauptzoll. Hirschmann.<br />
Stadt- und Schultheiß Roller. Kaiserlicher Reichs-Posthalter<br />
Roller.<br />
Ebingen, Dec. Bahlingen. Oberamtmann, Keller und geistlicher<br />
Verwalter J. Rud. Andler. Stadtpfarrer M. Auer. Diac.<br />
Hainlin. Stadtschreiber Ludwig Friedrich Geß. Praec. Pöcklin.<br />
Burgermeister Beck-Krimmel, auch Spitalpfleger und<br />
Kaiserlicher Reichs-Posthalter. Hauptzoll. Landenberger.<br />
Apotheker Rambold. Bitz Pf. DiacSup. (NN?).<br />
Pfullingen, weltl. Amt. Großengstingen Rom. Kath. Pfr.<br />
Schreyer, Herzogl. Hofkaplan.<br />
Uracher Amt: u. a. Haußen an der Lauchart Decanat Pfullingen<br />
Pfr. Glanz. Mägerkingen Dec. Pfullingen, Pfr. Hauff.<br />
Quelle: Des Hochlöbl. Schwäbischen Kreises, vollständiges<br />
Staats- und Addreß-Buch, auf das Jahr 1785. Als der zweyte<br />
Theil des Europäischen Staats- und Addreß-Buchs, worinnen<br />
Die in diesem Kreiß dermalen florierende Höchst- und Hohe<br />
Regenten, Der Geist- und Weltlichen Fürsten, Prälaten,<br />
Grafen und Herren, der Reichsstädte und unmittelbaren<br />
Reichsritterschaft, samt deroselben Ministern, Räthen,<br />
Canzleyen und übrigen Dienerschaften, nebst dieses Kreises<br />
Militair-Etat enthalten. Cum Privilegio Caesareo, welches<br />
dem ersten Theil vorgedruckt ist. Geißlingen, Reichsstadt-<br />
Ulmischer Herrschaft, ausgefertigt v. Gottfr. Paul Tilger,<br />
N.C.P.I.<br />
Jungingen zu Kaisers Zeiten im Spiegel der Polizeidienerbücher<br />
Das Junginger Gemeindearchiv verwahrt 17 gebundene<br />
Büchlein im Taschenbuchformat, die sich durch die aufgeklebten<br />
Papieretiketten als Dienstbücher der verschiedenen<br />
Polizeidiener der Gemeinde zu erkennen geben. Es sind uns<br />
leider nicht alle Dienstbücher der Kaiserzeit erhalten; bei<br />
genauer Betrachtung handelt es sich um eine bruchstückhafte<br />
Uberlieferung, die folgende Zeiträume abdeckt: die Zeit vom<br />
30. Sept. 1879 bis zum 24. Juni 1882 (drei Bücher), vom<br />
20. April 1884 bis zum 15. Januar 1888 (vier Bücher), vom<br />
27. Juni 1899 bis zum 2. Januar 1903 (fünf Bücher), vom<br />
11. Juni 1903 bis zum 24. Sept. 1906 (vier Bücher); schließlich<br />
existiert ein einzelnes Buch, das den interessanten Zeitraum<br />
vom 2. Juni 1914 bis zum 10. Februar 1915 abdeckt.<br />
Als Polizeidiener geben sich zu erkennen: Johann Müller<br />
(1879-1881) und Conrad Haiß (1881-1888); ein loses Blatt<br />
von 1890 nennt einen Polizeidiener Hennenlotter, und später<br />
finden sich - jeweils ohne Angabe des Vornamens - die<br />
Polizeidiener Speidel (1899/1900), Riester (1900-1902), Rominger<br />
(1903/04), Schuler (1904-1906) und Bosch (1914/15).<br />
Alle Polizeidiener außer Rominger entstammen dem Dorf<br />
Jungingen selbst.<br />
So unscheinbar und unbedeutend die Aufzeichnungen der<br />
40<br />
einzelnen Polizeidiener auf den ersten Blick sein mögen, so<br />
liefern sie uns doch unerwartet viel Einblick in die sozialen<br />
und kulturellen Verhältnisse des Dorfes zur Zeit der Gründerjahre.<br />
Sie beleuchten dabei verschiedene Seiten des dörflichen<br />
Alltagslebens, in erster Linie selbstverständlich den<br />
Alltag des Polizeidieners selbst.<br />
Der Alltag des Polizeidieners<br />
Der Polizeidiener ist in der Verwaltungskette vom preußischen<br />
Oberamt in Hechingen und dem Vogtamt der Gemeinde<br />
der niederste Beamte, der die verschiedenen polizeilichen<br />
Funktionen des Staates auf der untersten Ebene gegenüber<br />
den einzelnen Untertanen repräsentiert, kontrolliert und<br />
durchsetzt. Er ist ein behördliches Faktotum, ein >Mädchen<br />
für alles
unangenehm ist, ist er in der Tendenz eher unbeliebt; ihm<br />
bleibt aber in der Auslegung seiner Kompetenzen genügend<br />
Spielraum, um seine Beliebtheit in der Gemeinde etwas zu<br />
steuern.<br />
Der Polizeidiener ist viel auf den Beinen. Zweimal täglich<br />
patroulliert er durchs Dorf: oft schon um 6 Uhr in der Frühe,<br />
manchmal auch mittags, auf jeden Fall noch einmal abends<br />
zwischen 9 und 12 Uhr, jetzt auch, um in den Wirtschaften<br />
Feierabend zu bieten. Nicht jeden Tag, aber drei, vier Mal in<br />
der Woche hat er mit der Glocke amtliche Bekanntmachungen<br />
auszurufen; so ist etwa Johann Müller um 1880 schon oft<br />
»morgens von halb 7 bis 8 Uhr beschäftigt mit Schellruf«, was<br />
zugleich ein Hinweis auf das frühe Erwachen des Dorfes ist.<br />
Zu seinen regelmäßigen Pflichten zählt das »Vorladen der<br />
Bürgercollegien«, die Einberufung zu Gemeinderatssitzungen.<br />
Jedes Frühjahr (Januar/Februar) stehen die Holzversteigerungen<br />
im Wald an, die der Polizeidiener zu leiten hat.<br />
Jährlich revidiert und kontrolliert er auch die Düngerstätten<br />
(Misten), die Maße und Gewichte bei den Kaufleuten und<br />
(seit ca. 1900) die Hausnummern. Einmal im Jahr steht die<br />
Reinigung von Schul- und Rathaus an, die er beaufsichtigt.<br />
Im Frühjahr und im Herbst beruft er die Reservisten zu den<br />
Kontrollversammlungen ein, die jeweils auf dem Turnplatz in<br />
Hausen stattfinden. Regelmäßige Aufgaben sind schließlich<br />
der Steuereinzug und das Kassieren der Beiträge für die<br />
Brandkasse, und jeweils im Dezember händigt er den zahlreichen<br />
Junginger Hausierhändlern ihre Wandergewerbescheine<br />
aus. Zu seinen unangenehmen Pflichten gehören Pfändungen,<br />
wenn Bürger Zahlungsrückstände haben. Bei Haushaltsauflösungen<br />
übernimmt er, der das Versteigern von Amts<br />
wegen gewohnt ist, auch Mobiliar- und Güterversteigerungen,<br />
ja er wird sogar zum >Anzeigenblättle< für Privatannoncen,<br />
fragt beispielsweise an, »Wer von Josef Bosch Somerschuhe<br />
kaufen will« (17. 2. 1902) oder gibt bekannt: »Wer<br />
von Christian Haiß Wittwe einen Wagen, Waschkeßel &<br />
verschiedene Hausmopilarien kaufen will, muß morgen<br />
nachmittag 2 Uhr in jehrer Wohnung erscheinen« (14. 5. 02).<br />
Überdies ist der Polizeidiener das Fundbüro der Gemeinde:<br />
»Es sind siebenzig Mark in einem Taschentuch ferlohren<br />
gegangen, der retliche finder wolle sie beim Vogtamte abgeben«<br />
(24. 9. 1900) oder: »Es ist beim Bürgermeisteramte eine<br />
Henne abgeliefert worden, der Rechtmäßige Eigenthümer<br />
wolle dieselbe innerhalb 2 Tagen abholen« (23. 7. 06). Vielleicht<br />
ganz angenehm mögen seine Dienste bei Hochzeiten<br />
gewesen sein, wo er allerdings recht häufig bis nachts 2 Uhr<br />
für Ordnung sorgen, also etwa allzu Jugendliche vom Tanzboden<br />
fernhalten mußte: »Josephina Simmendinger unbefugter<br />
Weise auf dem Tanzboden angetroffen (30. 5. 1881). Die<br />
Polizeidiener haben uns an Hochzeiten sieben im Jahr 1881<br />
festgehalten, acht im Jahr 1887, ebensoviele 1900 und mindestens<br />
dieselbe Zahl 1906.<br />
In größeren Abständen gab es Volkszählungen (z. B. am<br />
1. 12. 1880, damals hatte Jungingen 887 Einwohner) und<br />
Gemeinderats- bzw. Vogt/Bürgermeisterwahlen; an der<br />
technischen Abwicklung solcher aufwendiger Aktionen war<br />
der Polizeidiener jeweils maßgeblich beteiligt. Solche seltenen<br />
Ereignisse zählen schon zu seinen aufregenderen Aufgaben.<br />
Übertroffen wurden sie nur noch durch die ganz<br />
seltenen Fälle, wo er gegen ein Verbrechen einschreiten muß,<br />
wie etwa Polizeidiener Riester, der am 6. 10. 1900 »Abends<br />
Vi 10 Uhr den Wilhelm Schaub von Killer ferhaftet und ins<br />
Arrestlokal gebracht« hat »wegen fahrlässiger Thötung«.<br />
Ansonsten ist der Dienst eher ruhig und wenig hektisch, er<br />
steigert sich zuweilen zu feierlichen Höhepunkten, so wenn<br />
der Polizeidiener Riester am 27. 1. 1902 aus Anlaß des<br />
»Geburtsfest Seiner Maistäd des Deutschen Kaisers« abends<br />
am Festbankett teilnehmen kann oder wenn derselbe am<br />
21. 6. 02 »wegen Festlichkeiten des Herrn Pischofs von<br />
Freiburg« aufs Rathaus laden darf. Feierlich gerät der Eintrag<br />
des Polizeidieners, wenn Seine Majestät ihre Verbundenheit<br />
mit den Untertanen zeigt: »dem Herrn Pfarrer 4 Exemplare<br />
von Seiner Maiestäten dem Kaiser u. der Kaiserin Silbernen<br />
Hochzeit ausgehändigt zur Aushändigung der besten Schüler«<br />
(19. 2. 06).<br />
Einen Polizeidiener bringt (fast) nichts aus der Ruhe. Tag für<br />
Tag läuft er seine Strecke. Er arbeitet 365 Tage im Jahr, es gibt<br />
keinen Urlaub, keinen Sonntag, keinen Feiertag. Wer wollte<br />
es dem Polizei Riester da nicht nachsehen, daß er am<br />
24. 12. 02 »betref des Heiligen abend keinerlei Dienste gethan«<br />
hat.<br />
Drei-Klassen-Gesellschaft<br />
Wir können in den Polizeidienerbüchern eine Reihe politischer<br />
Wahlen verfolgen. Zwar finden sich darin keine<br />
Reichstagswahlen (nur die Ersatzwahl eines Abgeordneten<br />
wird am 17. 1. 06 angekündigt), aber einige Vogt- und<br />
Gemeinderatswahlen haben sich hier niedergeschlagen. So ist<br />
etwa Johann Müller am 2. 8. 1880 (das ist ein Montag!) »von<br />
11 bis 2 Uhr auf dem Rathaus beschäftigt bei der Vogtwahl«<br />
(gewählt wurde damals, was er uns verschweigt, Georg<br />
Bumiller, 1880-1892). Besser sind wir durch Polizeidiener<br />
Schuler von der Bürgermeisterwahl 1904 unterrichtet:<br />
»Durch Schellenruf bekannt gemacht: Am 9. d(ieses) Monats)<br />
Nachmittags 3 Uhr findet die Bürgermeisterwahl hier<br />
statt. Wittwen haben Vertreter oder Vollmachten bis längstens<br />
3 Tage vor der Wahl beizubringen. Die Wählerliste liegt<br />
zu jedermanns Einsicht auf dem Rathause offen« (2. 1. 04).<br />
Am 13. Januar verkündet er »durch Schellenruf« das Ergebnis:<br />
»Bei der heutigen Bürgermeisterwahl wurde Burgermeister<br />
Kohler mit 122 gegen 74 Stimmen wiedergewählt«<br />
(Sebastian Kohler, »Bäschtel-Vogt«, war seit 1898 Vogt und<br />
von 1903 bis 1924 Bürgermeister von Jungingen).<br />
Der Bürgermeister wird von jedem Bürger, jedem Hausvorstand<br />
gewählt; da Frauen kein Wahlrecht haben, müssen sie,<br />
wenn sie als Witwe einem Haus vorstehen, Vertreter benennen.<br />
Noch anders sieht das Wahlrecht bei Gemeinderatswahlen<br />
aus, und zwar sind uns die Wahlen von 1901 und 1904<br />
erhalten. Polizeidiener Riester gibt am 22. 7. 01 bekannt:<br />
»Am Donnerstag finden die Wahlen der Gemeindefertretung<br />
stat, von morgens 8 bies 10 Uhr die drite Glasse, von 10 bies<br />
12 Uhr die 2te Glasse, von 4 bies 6 Uhr die erste Glasse;<br />
bemerkt wirth: die Wahl erfolgt durch Stimmenzetel von<br />
weis Papier.« Die Bürger sind nach ihrem Steueraufkommen<br />
in drei Klassen eingeteilt, und das so entstandene Drei-<br />
Klassen-Wahlrecht findet auch in der Gemeindepolitik seine<br />
Anwendung. Offensichtlich gelangten aus der zweiten und<br />
dritten Klasse je drei Bürger in den Gemeinderat (Bekanntmachung<br />
vom 25. 7. 01); die erste Klasse, in der hauptsächlich<br />
die Geschäftsleute vertreten waren, scheint mehr Bürger<br />
entsandt zu haben. Unter den beiden Bewerbern Eduard<br />
Bumiller (Postwirt) und Paul Bumiller (Fabrikant) kam es am<br />
29. 7. 01 zur Stichwahl; es scheint, daß der schwergewichtige<br />
und stattliche Postwirt, der wegen seiner Ähnlichkeit mit<br />
Bismarck »Reichskanzler« genannt wurde, das Rennen gemacht<br />
hätte (1904 ist er jedenfalls Vertreter der ersten Klasse).<br />
So spiegeln sich die Verhältnisse der großen Politik im kleinen<br />
Jungingen wieder, und das Dorf ist in mehr als dieser<br />
Hinsicht ein Reich im kleinen.<br />
Öffentliche Ordnung<br />
Der Polizeidiener ist die Ordnungsmacht dieses kleinen<br />
Reichs, in dem jeder jeden kennt. Er hat die Gebote und<br />
Verbote bekannt zu machen und ihre Einhaltung zu überwachen.<br />
Manche Regelungen sind saisonal bedingt und geben<br />
nebenbei interessante Einblicke ins kulturelle Leben. So muß<br />
im Winter an »das Verbot des Schneeballen u. Schlittenfahren<br />
41
in den Ortswegen« erinnert werden (16. 1. 1900) und noch<br />
am 21. 11. 1914 wird bekannt gemacht: »das Schlittschuhlaufen,<br />
Schlittenfahren, Schleifen und Schneeballwerfen innerhalb<br />
des Ortszirkels ist bei Strafe verboten.«<br />
Gegen alle möglichen Gesetz- und Ordnungswidrigkeiten<br />
muß der Polizeidiener einschreiten. Am 25. 6. 1886 notiert<br />
Polizei Haiß: »Abends zwischen 8 und 9 Uhr traf ich den<br />
Hund, dem Christian Keller Mezger gehörend, beim Hause<br />
herumlaufend ohne Maulkorb.« Oft muß er früh wach sein,<br />
um den Dingen auf die Spur zu kommen. Sonntag,<br />
21. 5. 1882: »Morgen V* nach 5 Uhr kam Fridrich Bumiller<br />
Wirth mit einem Wagen voll Reiswellen vom Weilerwald und<br />
hat dadurch den Sonntag entheiligt.« Der Sonntag hat es auch<br />
sonst in sich. Der Gottesdienst ist für bestimmte Vorhaben<br />
die günstigste Zeit: »während des vormittägigen Gottesdienstes<br />
traf ich den Sohn des Karl Friedrich Riester, Heinrich<br />
Hermann Riester, 10 Jahre alt, den Sohn des Xaver Speidel,<br />
Hermann Matthäus Speidel, 11 Jahre alt, in dem Garten der<br />
Johann Glamser Wittwe Obst herunter geworfen haben«<br />
(28. 8. 87). Am 2. 11. 79 »abends halb 9 Uhr traf ich nachstehende<br />
Sonntagsschüler mit ruhestörendem Lärm auf öffentlicher<br />
Gasse« (es folgen fünf Namen).<br />
Ruhestörung ist überhaupt die häufigste Ordnungswidrigkeit,<br />
die die Polizeidiener zu beklagen haben. Sie führen einen<br />
ewigen Kampf gegen die elementaren Mächte des Lebens, die<br />
sich leider Gottes allzu oft erst abends entfalten wollen.<br />
»Heute abend % nach 11 Uhr traf ich nachstehende Singend<br />
und Lärmend auf öffentlicher Gasse« (folgen vier Namen,<br />
7. 8. 80); »Abends halb 12 Uhr traf ich Matheus Löffler von<br />
Boll im Dorfe Singend umherziehend« (10. 4. 81); »Ein<br />
viertel vor 9 Uhr traf ich folgende Personen Lärmend und<br />
Ruhestörend auf der Straße an, nämlich Franziska Weith, Ida<br />
Dekel, Maximiiiana Simmendinger, Theresia Riester«<br />
(25. 2. 82); »nachts halb 12 Uhr traf ich Carl Joseph Simmendinger<br />
auf der Straße singend und jodelnd an« (21. 6. 85) -<br />
dies ist der ständige Tenor solcher Einträge. Die Männer und<br />
Frauen waren fröhlich in jenen Tagen. Hauptsächlich aber<br />
sonntags, wenn sie Zeit hatten, ausgelassen zu sein. Dann traf<br />
man sich in den verschiedenen Wirtschaften des Dorfes, die<br />
zum Teil brechend voll gewesen zu sein scheinen.<br />
Die Wirtshäuser<br />
Für das gesellschaftliche Leben auf dem Dorf aus vielen<br />
Gründen unentbehrlich, waren die Wirtshäuser für den<br />
Polizeidiener doch immer ein potentieller Unruheherd, und<br />
besonders unter dem Einfluß von Alkohol machten ihm die<br />
Besucher häufig zu schaffen.<br />
In der Zeit zwischen 1879 und 1888 gab es in Jungingen acht<br />
Wirtshäuser, die die Landstraße herunter wie Perlen an einer<br />
Kette aufgereiht waren: oben im Dorf der »Cive«, dann<br />
jeweils in enger Nachbarschaft folgend die »Kaiserburg«, die<br />
»Post«, der »Engel«, der »Adler«, der »Bier-Theodor«,<br />
schließlich die »Krone« und im Unterdorf der »Gambrinus«.<br />
Nach 1900 änderte sich die Wirtschaftslandschaft etwas: die<br />
Konzession der »Kaiserburg« ging 1901 auf die neu errichtete<br />
Bahnhofswirtschaft über, der Bier-Theodor ging 1907 im<br />
neuen »Hirsch« auf, die »Krone« verlegte sich von der Bruck<br />
an die neue Straße. Es gab jetzt sechs Wirtschaften: »Cive«,<br />
»Post«, »Adler«, »Hirsch«, »Krone« und »Bahnhof«, die<br />
außer dem »Cive« alle noch existieren.<br />
In den Wirtshäusern ging es sonntags hoch her. Bunte<br />
Gesellschaften kamen zusammen, sangen und jubilierten und<br />
hatten oft wenig Lust, um 10 Uhr nach Hause zu gehen. Auch<br />
nachdem am 11. 6. 1904 die Polizeistunde auf 11 Uhr verlegt<br />
wurde, war das vielen noch zu früh. Allein zwischen 1879<br />
und 1888 haben sich in den Polizeidienerbüchern nicht<br />
weniger als 62 Übertretungen der Polizeistunde niedergeschlagen,<br />
wobei am häufigsten in der »Kaiserburg« noch<br />
42<br />
Gäste zu finden waren. Noch spät (oder schon früh) sitzen<br />
bunt gemischte Gesellschaften zusammen; z.B. am<br />
6. 6. 1882: »Ein viertel vor 1 Uhr traf ich in der Wirthschaft<br />
des Sebasian Bumiller folgende Personen die Polizeistunde<br />
übersitzen, nämlich 1. Carl Friedrich Kohler, 2. dessen<br />
Ehefrau Josephine, 3. Johann Gonser, Schmied, 4. dessen<br />
Ehefrau Albertine Gonser, 5. Christian Glamser, 6.<br />
Konstantin Schuler, Mechanikus.« Überhaupt muß der Juni<br />
1882 ein heißer Monat gewesen sein, denn am 4., 6., 7., 8.,<br />
11., 13., 19., 21. und 24. Juni mußte Polizeidiener Haiß<br />
jeweils in mehreren Wirtshäusern späte Gäste nach Hause<br />
komplimentieren.<br />
In der Regel geht das ohne größere Umstände, das bloße<br />
Auftreten des Polizei bewegt die Gäste meist zum Gehen.<br />
Aber es gibt Situationen, wo die Autorität des Polizeidieners<br />
an ihre Grenzen stößt. »Vi nach 10 Uhr traf ich in der<br />
Wirthschaft des Fridrich Bumiller Mußig mit Tanz und<br />
ruhestörenden Lärm in der oberen Stube. Da nach wiederholter<br />
Ermahnung die Ruhe nicht hergestellt werden konnte, so<br />
wollte ich das obere Lokal schließen. Fridrich Bumiller<br />
brachte aber die fortgehenden Personen wieder in die Stube<br />
zurük mit dem Bemerken, daß es seine Stube sei und mich<br />
nichts angehe. Ich machte deßhalb königlichem Vogtamt<br />
Anzeige zu weiterer Verfügung« (20. 11. 81). Ein ander Mal:<br />
»Zwischen 9 und 10 Uhr in der Wirthschaft der Barbara Haiß<br />
Lärmen durch Jauchzen und Singen verursacht und die Ruhe<br />
der Nachbarschaft gestört, auf mehrmaliges Ermahnen zu<br />
Ruhe hieß der Sohn Egidi Riesters namens Christian mich im<br />
Arsch leken...« (2. 10. 87). Solche Beleidigung muß den<br />
Polizeidiener ebenso kränken wie seinen Kollegen später das<br />
kühle Verhalten eines Fabrikanten: »Bringe den Silvester<br />
Bosch, Tricotfabrikant, zur Anzeige, weil er in der Nacht<br />
vom 21/22 Februar in der Gastwirthschaft zur Post 10 Minuten<br />
nach 12 verweilt hat und trotz meinen und des Gastwirts<br />
ermanungen das Lokal nicht verlassen hat; er sagte, er müsse<br />
zuerst seine Cigarre rauchen, er habe zu Hause so kalt«<br />
(21. 2. 1904). Selten kommt es schließlich vor, daß ein<br />
Polizeidiener als letzte Maßnahme ein Lokal schließen muß:<br />
»Philipp Jakob Bumiller, Wirth, die Wirthschaft abends<br />
7 Uhr geschloßen wegen Händel & Streitereien, sogar Stechereien«<br />
(12. 2. 02).<br />
Jedoch auch wenn die Störung der Ordnung solche Formen<br />
annahm, so spielte sich das noch immer im Rahmen des<br />
Bekannten und Gewohnten ab; es handelte sich um Ausbrüche<br />
spontaner Lebendigkeit oder Aggressivität, wie sie in der<br />
dörflichen Gemeinschaft eben denkbar waren. Man war<br />
gewissermaßen noch unter sich. Aber es gab dann auch<br />
beunruhigende Störungen, die von außen kamen, das Fremde<br />
und Befremdliche, das bedrohliche Formen annehmen konnte.<br />
Bettler<br />
Am 15. Mai 1880 »überliefert« Polizeidiener Müller »den<br />
vom Gendarm Lasse und Sauder aufgegriffenen Gottlieb<br />
Eisele... wegen Betteins und Verdachts der Landstreicherei«<br />
ans Oberamt in Hechingen. Dies ist der frühe Auftakt zu<br />
einer wahren Bettlerwelle, die dann im Winter 1880/81 über<br />
Jungingen hereinbrechen sollte. Am 9. 11. 80 führt Müller<br />
den Bettler Wilhelm Wetter dem Vogt vor, am 24. 11. greift<br />
er »2 Handwerksburschen wegen Bettel« auf, tags darauf hat<br />
er »einige Zigeuner aus dem Dorf ausgewiesen«. Am 29. 11.<br />
führt er Johann Gustav Kanter aus Gersdorf bei Görlitz dem<br />
Vogt vor, am 16. 12. einen Josef Rösch aus Niederbayern.<br />
Am 15. Januar 1881 trifft er Johann Merz aus Hörschwag<br />
beim Betteln, am 17. Januar »Mittag 12 Uhr den Franz<br />
Wagner, Gärtner aus Speier, und den Wilhelm Gasgart,<br />
Maurer aus Selbach Amt Bieberach u. Abend 4 Uhr den<br />
Bartlome Kung von Grosselfingen«. Franz Xaver Nikenhau-
er, Bierbrauer aus Gammertingen, wird am 22. 1. 81 wegen<br />
Bettelns aufgegriffen. Am Sonntag, dem 13. 2. 81, lautet die<br />
Notiz: »Morgens 8 bis 9 Uhr das Dorf batroulliert und<br />
Gustav Werner, Schneider aus Caßel, am Bettel erwischt und<br />
aus dem Dorf gewiesen. Mittag 11 bis 1 Uhr das Dorf<br />
batroulliert und Johann Nepomuk Aiser von Gebrazhausen,<br />
Johann Fußer von Bern, Arbeitsuchender, am Bettel erwischt<br />
und aus dem Dorf gewiesen.« Am 16. 2. findet der Polizeidiener<br />
den Bäcker Julius Bankke von Zettwitz am Bettel,<br />
einen Tag später den Maurer Johann Baptist Lambert aus<br />
Einhard und Christian Krafft von Roßwangen. Die letzten<br />
Betteleinträge betreffen den 22. und den 25. Februar 1881:<br />
hier weist er den Hammerschmied Johann Friedrich Tausch<br />
aus Endringen und den Arbeitsuchenden Johann Köchler,<br />
zuletzt Hermann Saßmann aus Zittmannsdorf und Otto<br />
Laßing von Zittenrode wegen Bettel aus dem Dorf. Später<br />
sind Bettler nur noch für das Jahr 1900 belegt.<br />
Ich zitiere die Fälle deshalb so ausführlich, weil hier die so<br />
unbedeutende Quelle der Junginger Polizeidienerbücher auf<br />
eine soziale Katastrophe nationalen Ausmaßes hinweist. Es<br />
muß in diesem Winter 1880/81 im ganzen Reich eine ungeheure<br />
Wanderbewegung unter den wirtschaftlich und sozial<br />
Herausgefallenen geherrscht haben, die dann überall in den<br />
einzelnen Orten als Bettler auftraten. Diese wenigen Notizen<br />
des Polizeidieners stellen ein winziges Stück deutscher Sozialgeschichte<br />
dar, denn es liegt auf der Hand, daß diese<br />
Leute, wenn sie von Kassel, aus Sachsen und aus Bayern<br />
kamen, Hunderte von Kilometern zu Fuß zurückgelegt und<br />
Hunderte von Ortschaften aufgesucht hatten, bevor sie durch<br />
Jungingen kamen - und sie werden, hier wie überall verjagt,<br />
noch unzählige weitere Orte überall im Reich gesehen haben.<br />
Jede einzelne Gemeinde, die von den bettelnden Gruppen<br />
>heimgesucht< wurde, konnte dieses soziale Problem, das die<br />
ganze Gesellschaft betraf, natürlich nicht lösen, aber was<br />
wollte man dagegen tun? Man gründete einen Verein. Am<br />
28. 2. 81, als die Bettlerwelle schon über das Dorf hinweggegangen<br />
war, befand sich Polizeidiener Müller »von 11 bis<br />
12 Uhr Mittags bei der Wahl zum Vorstand gegen Hausbettelverein«<br />
. Auch dieses neue Steinchen im Mosaik der Junginger<br />
Vereinsgeschichte verdanken wir nur den Polizeidienerbüchern.<br />
Polizei Müller sammelt am 4. und 5. April 1881<br />
Beiträge zu diesem Verein, am 11. 9. 81, 9. 10. 81 und im<br />
April 1882 treffen wir ihn bei derselben Tätigkeit. Dieser<br />
»Verein gegen Haus- und Straßenbettel« scheint nur kurze<br />
Zeit bestanden zu haben. Seine Ziele ergeben sich aus dem<br />
Namen; wie er sich konkret der Bettelei erwehren wollte und<br />
wozu die Beitragsgelder verwandt wurden, ist unklar.<br />
Die in Jungingen auftretenden Bettler erweisen sich z. T. als<br />
Männer mit spezialisierten Berufen, die Arbeit suchen. Aber<br />
in Jungingen war ihnen nicht zu helfen, auch wenn es zu<br />
diesem Zeitpunkt bereits die ersten Fabriken gab.<br />
Arbeit<br />
Jungingen war im 19. Jahrhundert, abgesehen von einigen<br />
reichen Geschäftsleuten, selbst ein armes Dorf. Schmale<br />
Lebensgrundlage in fast allen Familien war ein bißchen<br />
Landwirtschaft. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
(25. 10. 04) zählt Polizeidiener 76 Misten im Dorf auf, was<br />
allerdings nur wenig mehr als die Hälfte war; in fast allen<br />
Häusern stand damals noch Vieh. Dennoch lebte praktisch<br />
niemand mehr ausschließlich von der Landwirtschaft. Es gab<br />
etwa 30 Handwerker und Geschäftsleute, darunter die acht<br />
Wirte, zwei Schmiede, zwei Sägemüller, zwei Metzger, dazu<br />
Wagner, Schreiner, Schuster, Kaufleute.<br />
Wie in den anderen Killertalgemeinden hatte man sich in<br />
Jungingen seit dem 18. Jahrhundert stark auf den Hausierhandel<br />
verlegt. Um 1900 gingen 230 Personen >auf die Reise
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Wie kam St. Verena nach Straßberg?<br />
Im Hohenz. Jahresheft 1959 berichtete ein größerer Aufsatz<br />
über die Vergangenheit von Straßberg an der Schmeie und<br />
dabei auch über die erste Nennung der hl. Verena als<br />
Kirchenpatronin im Jahre 843. Die Heilige lebte nach 300 als<br />
Wohltäterin und Mutter der Armen und Verlassenen in<br />
Zurzach am Rhein, wo die Römer zwei Brücken und zwei<br />
Kastelle hatten. Im genannten Jahr 843 schenkte ein Glied des<br />
Kaiserhauses, Adalhart von Burk, einige Güter unter bestimmten<br />
Bedingungen an die Verenakirche in Bure (S. 2),<br />
das ist Straßberg im Scherragau. Den Namen Burk trug der<br />
Ort noch bis um 1560 für den westlichen Teil mit der<br />
Pfarrkirche, während der Ortsteil östlich der Schmeie mit der<br />
trutzigen Höhenburg (Besitzer ist derzeit Dipl.-Ing. Laschimke)<br />
Straßberg genannt wurde, ohne daß wir über den<br />
Grund unterrichtet sind. Der Straßberger Bürgersohn Edmund<br />
Langenstein, pensionierter Bankbeamter in Hechingen,<br />
hat neuestens den Ort Zurzach, wenige Kilometer<br />
oberhalb der Einmündung der Aare in den Rhein, besucht<br />
und sich anhand des bei Schnell u. Steiner erschienenen<br />
Führers »St. Verena Zurzach« (3. Aufl. 1961) genauer umgesehen.<br />
Im westlichen ehemaligen Kastell, der Anhöhe »Kirchlibuck«,<br />
an den sich der Ortsteil »Burg« anlehnt, steht ein<br />
Kirchlein »St. Verena und Mauritius auf Burg«. Die Heilige<br />
Jungfrau ist nach der Uberlieferung dem Blutbad der thebäischen<br />
Legion unter Mauritius entkommen und lebte nach 300<br />
hier als Einsiedlerin und schloß auch hier ihr Leben. An<br />
ihrem Grab bestand schon vor dem Jahr 830 ein benediktini-<br />
WOLFGANG FREY<br />
Kleiner Ort mit bewegter Vergangenheit<br />
sches Doppelkloster, das in die Merowingerzeit zurückgehen<br />
dürfte. Die Verehrung Verenas wurde zweifellos von den<br />
Insassen dieses Klosters verbreitet und fand ihren Niederschlag<br />
außer in Burg-Straßberg auch als Patronin von Dettingen<br />
(Konstanz), Engelswies, Hüfingen, Mahlspüren, Oehningen,<br />
Rielasingen, Roggenbeuren, Andelshofen (b. Überlingen),<br />
Volkertshausen, Wiechs und in den württembergischen<br />
Orten Dautmergen b. Rottweil und Kehlen bei Tettnang.<br />
Durch die anzunehmende Missionierung durch das<br />
genannte Kloster, auch die Begünstigung durch den Hochadel<br />
und die schon vor dem Jahr 800 einsetzenden Pilgerfahrten<br />
nach Zurzach ist der Verenakult verbreitet worden, ohne<br />
daß wir für Straßberg-Burg eine genaue Zeit angeben könnten<br />
und noch weniger für die oben genannten Orte.<br />
Merkwürdig erscheint das Kirchlein »St. Verena und Mauritius«<br />
mit der Bezeichnung »auf Burg« wie unser westliches<br />
Straßberg im Jahre 843 und bis um 1560! Ist das Zufall? (Vgl.<br />
das Heft von Dr. Adolf Reinle bei Schnell u. Steiner von<br />
1961!) Durch die Tochter Irmingart des K. Ludwig des<br />
Deutschen (Hohenz. Jahresheft 1958, 180) kam vermutlich<br />
der östliche Teil Straßbergs links der Schmeie an Buchau, der<br />
westliche mit Kirche mag durch Hz. Burkart an die Herzogin<br />
Hadwig (f 994) auf dem Twiel und dann durch K. Heinrich<br />
II. mit dem dortigen Kloster ca. 1010 ans Kloster<br />
Stein a. Rh. gelangt sein. St. Verena brachten wohl um 700<br />
Mönche von Zurzach an die Schmeie, denn im Jahr 680 war<br />
nach dem Schriftsteller Agathias unser Land noch weithin<br />
heidnisch, mit Ausnahme der alten Römerorte am Rhein.<br />
Ortsteil Bittelschieß von Krauchenwies feierte sein 900jähriges Bestehen -1083 erstmals beurkundet<br />
Anfang des Jahres feierte der Ortsteil Bittelschieß von Krauchenwies<br />
sein 900jähriges Bestehen. Rechtzeitig zum Jubiläum<br />
war auch die Außenrenovation der St.-Kilians-Kirche<br />
dieses Gemeindeteils abgeschlossen worden. So wurde das<br />
Gotteshaus wieder zu einem Schmuckstück des Dorfes.<br />
Auf Grund der sechs Hallstatt- und Keltenburgen, die in der<br />
weiteren und näheren Umgebung Bittelschieß gelegen haben,<br />
ist anzunehmen, daß dieses Gebiet etwa um 500 bis 400 Jahre<br />
vor Christus besiedelt wurde. Die erste geschichtliche Nennung<br />
der Herren von Bittelschieß im Jahr 1083 läßt darauf<br />
schließen, daß zu diesem Zeitpunkt bereits dort eine größere<br />
Ansiedlung existierte.<br />
Die Herren von Bittelschieß nannten sich 1083 Bittelschiez,<br />
1223 Bivtelschiez, 1275 Buttelschiez. Schieß bedeutet soviel<br />
wie Winkel, Ecke, auch Giebel.<br />
In der Gütergeschichte des Kloster St. Georgen im Schwarzwald<br />
ist verbrieft, daß Berthold von Bittelschieß einer der<br />
Zeugen war, als der Adelige Hezelo am 4. Januar 1083 dem<br />
Grafen Mangold von Altshausen den Auftrag erteilte, das<br />
Gut Königseggwald mit Zubehör unter den Schutz des<br />
Papstes zu stellen. Am 2. Januar 1092 vermachte Ritter<br />
Berthold von Bittelschieß zwei Mansen (Höfe) in Wolfratsreute<br />
bei Saulgau dem Kloster St. Georgen.<br />
44<br />
Bittelschieß wird in einer Urkunde des Bischofs Heinrich von<br />
Tanne aus Konstanz vom 20. Oktober 1245 erwähnt, als<br />
Hugo von Bittelschieß Burg und Dorf dem Konstanzer<br />
Bischof übertragen und als Erblehen zurückerhalten hat.<br />
1248 schenkte Hugo von Bittelschieß Güter in Bittelschieß<br />
dem Gotteshaus Salmannsweiler (Salem).<br />
Ofenkacheln weisen auf Burg hin<br />
Obwohl nach einer Urkunde der Sitz der Herren von Bittelschieß<br />
die Burg auf dem Bergvorsprung gegenüber der Bittelschießer<br />
Mühle, an der Landstraße Krauchenwies-Pfullendorf-Wald<br />
angelegt war, wurden beim Abräumen dieses<br />
Bergrückens weder Quadersteine noch Mauerreste gefunden.<br />
Einige Zeit zuvor waren auf dem Bergvorsprung allerdings<br />
becherförmige Ofenkacheln aus dem 13. Jahrhundert entdeckt<br />
worden, die auf eine schlichte mittelalterliche Burganlage<br />
hindeuten.<br />
Der Ort Bittelschieß kam 1400 in den Besitz der Herren von<br />
Bodman, die ihn 1429 an das Haus Gremiich zu Pfullendorf<br />
um 495 Gulden verkauften. Das Dorf kam 1465 vorübergehend<br />
an die Herren von Reischach und fiel dann wieder an die<br />
Familie Gremiich zurück. Die Herren von Gremiich teilten<br />
sich später mit dem Bischof zu Konstanz den Besitz des<br />
Ortes. Im Jahr 1667 verkaufte Bischof Franz Johann in
Konstanz die Hälfte des Dörfleins Bittelschieß an einen<br />
gewissen Johann Hafner für 6500 Gulden. Im Jahr 1751<br />
wiederum erwarb der Edle Johann Baptist Stader von Adelsheim,<br />
Hofkanzler in Sigmaringen, das Dorf von Joseph<br />
Leodegar von Hafner um 32 000 Gulden. Als Herr von<br />
Staden 1766 starb, wurde seine verwitwete Frau Besitzerin<br />
von Bittelschieß. Sie verlegte jedoch ihren Wohnsitz nach<br />
Hechingen, wo ihre Tochter mit Hofrat und Hofkanzler von<br />
Franc verheiratet war und auch ihr Sohn Adolfus von Stader<br />
wohnte. 1786 kaufte Fürstin Johanna zu Hohenzollern-<br />
Sigmaringen, verwitwete Gemahlin des Fürsten Karl Friedrich,<br />
das Dorf von den Erben Stadens um 59 000 Gulden.<br />
Schon im folgenden Jahr ging nach ihrem Tod (am 22. Februar<br />
1787) ihr Bittelschießer Besitz an Alois Fürst Hohenzollern-Sigmaringen<br />
über.<br />
1263 wird als Pfarrer in Bittelschieß Burcardus plebanus<br />
genannt. Damals war nach dem »Liber decimationis« von<br />
1275 (einem Steuerregister) Bittelschieß selbständige Pfarrei.<br />
Die Einkünfte der Pfarrherren sind mit 30 Schillingen angegeben.<br />
Sie waren gering, daß sie auf die Dauer für den Unterhalt<br />
der Pfarrer nicht ausreichten. Deshalb wurde auf Bitten der<br />
Patrone vom Generalvikar des Bischofs zu Konstanz die<br />
Pfarrei Bittelschieß am 10. September 1429 mit der Pfarrei<br />
Hausen am Andelsbach vereinigt.<br />
Johann Baptist von Stader, Herr über Bittelschieß von 1751<br />
bis 1766, war mit Eifer darum bemüht, Bittelschieß wieder zu<br />
einer selbständigen Pfarrei zu machen. Seine Bemühungen<br />
blieben aber erfolglos. Immerhin wurde auf seine Initiative<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Die Seelsorger von Weilheim (b. Hechg.) (Schluß)<br />
Der Pfarrer bezog 1544 den Wein-, Groß-, Klein- und<br />
Heuzehnten aus Weilheim, Hausen (Hauserhof), Stauffenburg,<br />
Grosselfingen und teils Wessingen. Davon hatte er der<br />
Herrschaft Zollern 52 Mit. Vesen und 26 Mit. Haber zu<br />
liefern (sonst meist umgekehrt!). Außer Pfarrhaus, Scheuer,<br />
Baumgarten und 7 Juchert Feld besaß der Pfarrer einen<br />
Weingarten im Sickental. Ausgenommen war nur der sogenannte<br />
Ottenzehnt (auch Killeruehnt genannt) von 125 Juchert<br />
Feld, der von Hans Ott von Husen (Hauserhof) an die<br />
Herrschaft Zollern gekommen, früher offenbar den Herren<br />
von Killer gehört hatte (HJHeft 1954,106 zum Jahr 1328). Bei<br />
Hagen wird auch eine Kapelle Unserer Lieben Frau auf dem<br />
Berg ob Weilheim genannt, die mit der heutigen Urbanskapelle<br />
identisch sein dürfte. Die von dort stammende »thronende<br />
Madonna« von ca. 1380 ziert heute den Hochaltar der<br />
Pfarrkirche, die 1767 unter Pfarrer Debele von Großbayer<br />
erbaut und dann von Franz Ferd. Dent ausgemalt wurde.<br />
Merkwürdigerweise wußte man (nach Eisele) um 1738 nicht,<br />
welchen Tag man als Patrozinium feiern sollte und einigte<br />
sich auf Maria Heimsuchung. Dagegen 1612 heißen die<br />
Patrone Petrus und Paulus (die heute noch den Hochaltar<br />
seitlich zieren) und Katharina, aber nicht Maria! Dagegen<br />
wird 1592 Unsere Liebe Frau als »Heilige« von Weilheim<br />
genannt (Heimatklänge 1934,67). Sollten 1544 die genannte<br />
Kapelle als auch die Kirche dieselbe Hauptpatronin so nahe<br />
beieinander gehabt haben?<br />
Im Jahre 1964 wurden bei der Kirchenrenovation unter dem<br />
Putz zwei schadhafte Inschriften freigelegt, und zwar an der<br />
äußeren Außenmauer in Nähe des (inneren) Seitenaltars. Die<br />
eine steht auf dem eingemauerten Bruchstück eines Türsturzes,<br />
und wird ergänzt bzw. gedeutet als »Alma Domina sis<br />
hin 1758 an der Stelle »einer uralten ruinösen Kirche« ein<br />
neues, größeres Gotteshaus von Baumeister Martin Ilg gebaut.<br />
Die Kirche von Bittelschieß ist ein rechteckiges Langhaus mit<br />
eingezogenem dreiseitig geschlossenem Chor. An der Evangelienseite<br />
befindet sich die Sakristei, über der sich ein<br />
Oratorium mit zwei korbbogigen Arkaden gegen den Chor<br />
hin öffnet. Langhaus und Chor tragen flache, verputzte<br />
Holztonnen mit Stichkappen.<br />
Die Mittelspiegel beider Decken sind heute mit Bildern von<br />
August Braun aus Wangen versehen, die bei der Wiederherstellung<br />
der Kirche in den Jahren 1933/34 neu gemalt wurden.<br />
Das Hochaltarbild stammt von dem selben Maler. Nur die<br />
beiden Seitenaltarblätter sind noch von Andreas von Aw, eine<br />
Darstellung der 14 Nothelfer aus dem Jahre 1760.<br />
Das Innere der Kirche bewahrte die Geschlossenheit des<br />
Gesamteindrucks durch das ganze 19. Jahrhundert hindurch,<br />
und noch heute besticht es durch seine harmonischen Verhältnisse<br />
und die feine Ausführung der Stukkaturen. Lediglich<br />
die ursprünglichen Deckengemälde und das Hochaltarbild<br />
existieren nicht mehr. Sie fielen dem großen Erdbeben<br />
vom Jahre 1911 zum Opfer. Die anderen Schäden konnten,<br />
wenn auch jetzt noch Risse davon zeugen, später wieder<br />
ausgebessert werden. Gingen die Deckenfresken auch unwiderbringlich<br />
verloren, so vermittelt wenigstens eine erst vor<br />
wenigen Jahren im Kunsthandel aufgefundene Entwurfzeichnung<br />
zum Hauptgemälde im Langhaus eine gewisse Vorstellung<br />
von dem ursprünglichen Aussehen.<br />
nobis patrona = Hehre Herrin, sei uns Patronin!« Die<br />
Großbuchstaben scheinen aus dem 13. Jahrhundert zu stammen<br />
wie bei der folgenden, da will man lesen: »(Im Jahre<br />
1274) am Vortag von Chrysantus und Daria wurde diese<br />
Kirche geweiht vom Bischof (Hildebrand) von Ei(chstätt) zur<br />
Ehre...« (Hohz. Ztg. 6. II. 1965 und Hohz. Heimat<br />
1965,32).<br />
Der langjährige Oberlehrer und Chronist von Weilheim,<br />
Franz Xaver Pfeffer, gab 1959 neben einer sechsseitigen Beschreibung<br />
der Kirche 1958 auch eine Liste der ehemaligen<br />
Pfarrer heraus. Diese konnte in der Zwischenzeit ergänzt<br />
werden und sei hiermit vorgelegt:<br />
1275 ein ungenannter Kirchrektor.<br />
1 1296-1300 Magister Hug von Neuneck, rector ecclesie in<br />
Wilhain (Mitt. Hohz. 11,94f.). Anfang und Ende seiner<br />
hiesigen Tätigkeit sind nicht bekannt, wie bei vielen<br />
folgenden Pfarrern.<br />
2 1369-1376 Pfaff Albrecht der Hellegraf, Kirchherr, vergabt<br />
seinen Schwestern Kunigund und Adlun, Nonnen<br />
zu Stetten, Gilten aus einem Hof zu Weilheim (Urk.<br />
Stetten Nr. 278-293).<br />
3 1384—1391 Hans Hiirning, adeliger Kirchherr, nach<br />
Kernler um 1406 gestorben (Wappen: Halber Widder:<br />
Urk. Stetten S. 385). Er siegelte 21. Nov. 1391 für die<br />
Klause zu Weilheim (HH 1965,46).<br />
4 Zwischen 1410 und 1430 Pfaff Dietrich Kunig aus Mössingen,<br />
stritt wegen des Zehnten mit Werner Schenk von<br />
Stauffenberg, Kaplan zu Heiligkreuz-Hechingen, der<br />
1434 tot war.<br />
5 1430-1437 und länger Hermann Kern, Leutpriester und<br />
45
dann Dekan, siegelt 1437 eine Urkunde der Klause W.<br />
und war 1463 tot.<br />
6 1463-1470 Albertus Murer aus Hechingen, präsentiert<br />
durch die Grafen von Zollern, proklamiert 28. Juli,<br />
invest. 28. Aug. 63. Zahlt an den Bischof 14 fl Erstfrüchte.<br />
Im Jahre 1470 erhielt er Absenzerlaubnis, war 1493<br />
tot.<br />
7 1470f. Verweser Jakobus Pistorius (Pfister). Im Jahre 1472<br />
wurde Grosselfingen abgetrennt und selbständige Pfarrei.<br />
Am 22. September 1492 erhielt der Dekan des Kap.<br />
Hechingen den Verwaltungsauftrag für Weilheim.<br />
8 1492-1523 Michael Ott von Husen (Adeliger vom Hauser-Hof),<br />
bisher in Stein, proklamiert am 24. November,<br />
invest. 11. Dezember 1492. Er war 1520 noch nebenher<br />
Kaplan zu Hechingen auf einer von ihm 1515 gestifteten<br />
Pfründe.<br />
9 Seit 1523 Johannes N. (Geschlechtsname nicht genannt),<br />
zahlt 20 fl Erstfrüchte.<br />
10 1526 Magister Albrecht (Albert) Schultheiß, will 1526<br />
resignieren, darauf hat man am 16. August den Wolf gang<br />
Han aus Rottenburg für Weilheim proklamiert. Dieser<br />
zog jedoch am 24. November 1526 als Kaplan nach<br />
Heiligkreuz bei Hechingen. Schultheiß verzichtete nicht,<br />
sondern erhielt am 24. Juli 1527 auf 1 Jahr Absenzbewilligung<br />
von Weilheim.<br />
11 1529-1533 Georgius N., zahlt 24 fl Erstfrüchte. Doch war<br />
1533 die Pfründe wieder frei, der Dekan sollte für Verwaltung<br />
sorgen.<br />
12 1534—1535 Georg Schreiber, Sohn des gleichnamigen zollerischen<br />
Amtmanns, zahlte nur 8 fl Erstfrüchte. (Uber<br />
beide berichten die Zimmerische Chronik 4,309 f. und<br />
Jul. Cramer, »Grafschaft Hohenzollern« 1873,151 f.) Georg<br />
bekam 1535 Absenzerlaubnis.<br />
13 1538-1542 Johannes Berlin (Berlow) von Davantria (Deventer<br />
in Holland).<br />
14 1544—1562 und wohl länger Hans Sattler, seit 12. Februar<br />
1550 Dekan, tot 1574.<br />
15 1567-1570 Magister Christoph Buckenmaier, zahlt 24 fl<br />
Erstfrüchte, trat 1570 zurück.<br />
16 1570 Johann Georg Beuther, seit 15. April.<br />
17 Ca. 1576-1580 Konrad Ohnverdorben. Ihm habe Gr.<br />
Eitelfriedrich v. Z. den seinem früheren Vorgänger Hans<br />
Hürning gewährten Zehntbezug wieder genommen. Er<br />
ist dann 1594 Stiftsherr in Hechingen.<br />
18 1582 ein nicht genannter Verweser, vielleicht der folgende.<br />
19 1582-1602 Melchior Keyer aus Hechingen, Verweser bis<br />
1594, als Pfarrer proklamiert 16. Oktober, invest. 26.<br />
Oktober 1594, Erstfrüchte 20 fl, als Kammerer 1602<br />
gestorben (Pfarr-Einkommen 1592 siehe: Heimatklänge<br />
1934,64).<br />
20 1603-1611 Jakobus Bechtold (Bechtel). Habe seine persönlichen<br />
Güter (nach Pfeffer) dem Kloster Stetten vermacht.<br />
21 1611-1612 Johannes Halder aus Haigerloch, klagt über<br />
schlechten Zustand der kirchlichen Gebäude.<br />
22 1612-1624 Johannes Dietsche (Dietrich) aus Empfingen,<br />
starb 20. November 1624. Als Pfarrpatrone werden 1612<br />
genannt: Petrus, Paulus, Katharina. Ortsvogt ist Stephan<br />
Halder.<br />
23 1624-1629 Johannes Linstritt (Leinsdritt), (Leinstetter?).<br />
Wird am 6. Oktober 1629 tot genannt.<br />
24 Bis 1631 Johannes Merz-, ob investiert, ist nicht sicher.<br />
25 Bis 1637 Johannes Eberhard.<br />
26 1637-1651 Gallus Buckenmaier (junior), ist 1651 fast<br />
gelähmt, klagt über geringes Einkommen (HJHeft<br />
1963,162).<br />
27 1647-1648 Aushelfer Hans Martin Molitor (Müller), hat<br />
46<br />
Streit mit der Wessinger Heiligenpflege, stirbt 1651 in<br />
Heiligenzimmern.<br />
28 1654 Hans Walch (wohl aus Hechinger Familie), vermittelt<br />
mit Wessingen wegen der Gottesdienstordnung. Die<br />
Weilheimer verlangen alle Sonntagsgottesdienste und<br />
Spendung der Sakramente.<br />
29 1656-1670 Johannes Sickinger, von hier gebürtig, schon<br />
am 17. Dezember 1654 proklamiert, als Diakon 1655<br />
präsentiert, Priester seit 1. April 1656, invest. 18. März<br />
1656. Baut 1662 die Pfarrscheuer neu. Ist 1671 »gewester<br />
Pfarrer«.<br />
30 1671-1683 Magister Johannes Chrysost. Greulich aus<br />
Hechingen, invest. 6. Juni mit 27 Jahren, starb 1684 außer<br />
Landes. (Streit wegen Kleinzehnten zu Grosselfingen:<br />
HJHeft 1963,164.)<br />
31 1683-1686 Johann Georg Garb aus Rottenburg, geb.<br />
1650. Will den alten Pfarrhof abbrechen, der ruinös sei.<br />
Nach seinem 1686 erfolgten Tod wird die Pfarrei 2 Jahre<br />
durch Pfarrer Georg Seer von Grosselfingen versehen.<br />
Die Einkünfte sparte man offenbar zum Hausbau.<br />
32 1686-1710 Johann Georg Werner aus Hechingen, geb.<br />
1656, zunächst Verweser, hatte in Augsburg studiert, als<br />
Pfarrer präsentiert 3. September 1688, baute das Pfarrhaus<br />
neu, hat 1694 ca. 300 Parochianen (ohne die Kinder<br />
unter 14), 1706 dagegen 500. Im Jahre 1699 wird er<br />
getadelt, »er habe mit Kindern auf Plätzen mit Kügele<br />
gespielt«, und »scheint Taback zu rauchen«. Werner starb<br />
am 21. Oktober 1710.<br />
33 1710-1711 Johann Georg Emich aus Hechingen, präs. 30.<br />
Dez. 1710, prokl. 3. Februar 1711, zahlt 15fl 54 kr<br />
Erstfrüchte, starb schon am 29. Juni 1711.<br />
34 1 711-1734 Franz Jakob Funk aus Hechingen, präs. 3. Juli<br />
1711, prokl. 1. August 1711. Kammerer, stritt mit der<br />
Herrschaft wegen der Bezüge, starb 24. März 1734.<br />
35 1734 Friedrich Anton Leo aus Hechingen, nur vom<br />
20. April bis 13. Juni 1734, wo er starb. War bisher in<br />
Stetten unter Holstein, hatte ab 1716 in Freiburg studiert.<br />
36 1734-1774 Christian Debele aus Waldsee, geb. 1697,<br />
wurde 1741 Dekan, erweiterte die Kirche rückwärts bis<br />
zum Turm, der ein neues Dach bekam, beseitigte das<br />
Kornhaus und erweiterte das Pfarrhaus, schaffte eine<br />
Monstranz und andere Kunstwerke an und starb nach<br />
längerem Leiden am 3. April 1774.<br />
37 1769-1774 aushelfender Vikar Bernhard Buochmüller aus<br />
Jungingen, geb. 24. August 1744, später 24 Jahre Pfarrer<br />
in Owingen, wo er am 15. Mai 1805 das Zeitliche segnete.<br />
38 1774-1805 Joseph Schwendemann, geb. Haslach 29. Juni<br />
1727; war 26 Jahre Jesuitenpater, trat bei kirchlicher<br />
Auflösung des Ordens in Dienst der Diözese Konstanz.<br />
Ließ die Altäre von Franz Ferd. Dent fassen, wozu er<br />
300 fl gab, stiftete eine Orgel und stellte als Orgelschläger<br />
einen Mann namens Pfründer aus Geislingen bei Balingen<br />
an, der dann den hiesigen Jungbauern Xaver Konanz<br />
ausbildete. Der Pfarrer starb am 10. August 1805.<br />
39 1805-1839 Franz Joseph Giegling aus Hechingen, vorher<br />
Kanoniker daselbst, Kammerer seit 1809, seit 1817 Dekan,<br />
lebte 1771 bis 1839. (In FDA 1885 ff. sind die<br />
Nachrufe der seit 1827 verstorbenen Geistlichen zu finden.)<br />
40 1839-1863 Konrad Volm aus Hechingen, war 1821 Pfarrer<br />
in Hausen i. K. geworden, lebte 1796 bis 1877, starb in<br />
Hechingen.<br />
41 1863-1864 Verweser Gabriel Schlude aus Rulfingen, lebte<br />
1829 bis 1890.<br />
42 1864—1865 Verweser Thomas Speidel aus Grosselfingen,<br />
lebte 1821 bis 1892.<br />
43 1865-1867 Verweser Otto Fischer aus Iserlohn, ord.<br />
Mainz, war Cooperator in Hechingen, 1865 Verw. in
Weilheim, 1868 Pfarrer in Jungingen, 1886 in Fischingen,<br />
lebte 1839 bis 1898.<br />
44 1867-1871 Joseph Marx aus Rottweil, war 1857 Vikar in<br />
Empfingen, Kapl.-Verw. in Straßberg, Pfarrer in Hausen<br />
im Tal; Kapl.-Verw. in Bingen, 1867 Weilheim, 1871<br />
Pfarrer in Walbertsweiler bis 1907, starb 1914 in Sigmaringen<br />
(FDA 1918).<br />
45 1871-1872 Verweser Franz Xaver Fecht aus Krauchenwies,<br />
lebte 1842 bis 1909, zuletzt in Inneringen.<br />
46 1872-1902 Konstantin Speh aus Bingen, lebte 1844 bis<br />
1902 (FDA 1906).<br />
47 1902-1904 Verweser Johann Schuler aus Schlatt, dann<br />
viele Jahre Gymnasial-Professor in Konstanz, starb 1971<br />
mit 94 Jahren.<br />
Buchbesprechungen<br />
Franz X,. Vollmer: »Der Traum von der Freiheit.« Vormärz<br />
und 48er Revolution in Süddeutschland in zeitgenössischen<br />
Bildern. Mit 391 Abbildungen und 23 Karten, Konrad Theiß<br />
Verlag. DM 68,- Subskriptionspreis bis 10. 10. 83 DM 59,-<br />
Dieses Buch ist die erste zusammenfassende Darstellung des<br />
Vormärz und der Revolution von 1848/49 in Süddeutschland.<br />
Man bemerkt erst beim Lesen des Vollmer'schen Buches,<br />
daß es bisher an allgemein zugänglicher Literatur zu<br />
diesen Ereignissen gefehlt hat. Vollmer geht von zeitgenössischem<br />
Bildmaterial aus, das er in großer Fülle zusammengetragen<br />
hat. Es gab um diese Zeit schon eine aktuelle Bildberichterstattung,<br />
nicht in Fotos, sondern in Form von Lithographien<br />
und Holzstichen. Die Zeichner der Zeitungen und<br />
»Unterhaltungsblätter« vermittelten den Lesern stets die<br />
neuesten Ereignisse im Bild und die Meinung der Zeitungen<br />
kommt oft in Karikaturen zum Ausdruck.<br />
An das Bildmaterial anknüpfend werden die wechselvollen<br />
Begebenheiten der Revolutionszeit dargestellt. Jeweils an<br />
Hand eines Bildes wird chronologisch über die Ereignisse<br />
berichtet. Die »große Geschichte« in Frankfurt, Berlin und<br />
Wien steht am Rande, Mittelpunkt ist das Geschehen in<br />
Süddeutschland. Die tragenden Personen der Revolution und<br />
die »fortschrittlichen« Städte, aber auch die Verhältnisse in<br />
den einzelnen Staaten von Hessen bis Bayern werden eingehend<br />
geschildert.<br />
Auch die beiden <strong>hohenzollerische</strong>n Fürstentümer wurden<br />
von der Revolution ergriffen (Wichtigste Quelle: E. Gönner,<br />
Die Revolution 1848/49 in den Hohenzollerischen Fürstentümern<br />
und deren Anschluß an Preußen). Die Revolution<br />
nahm in den einzelnen Staaten einen ganz verschiedenen<br />
Verlauf. Im Grunde erwartete auch jeder »Unterthan« etwas<br />
anderes von der Revolution. Die Bauern wollten nur Befreiung<br />
von den alten Feudallasten, die Politik interessierte sie<br />
wenig. Die Bürger in den Städten wollten Volksbewaffnung,<br />
Pressefreiheit und eine unabhängige Gerichtsbarkeit.<br />
Am 24. September 1848 forderte auf einer Versammlung in<br />
Trillfingen der Rechtsanwalt Karl Würth eine demokratische<br />
und soziale Republik. Unter dem Eindruck der angeblichen<br />
Siege von Struve und Rau in Baden forderte er zwei Tage<br />
später in Sigmaringen die Herausgabe der Waffen und die<br />
Aufstellung eines Sicherheitsausschusses. Die Regierung floh<br />
aus dem Lande. In Wirklichkeit hatten schon am 24. September<br />
800 badische Soldaten in Staufen die ganze republikanische<br />
Armee in die Flucht gejagt. In Hohenzollern fühlte sich<br />
die Bevölkerung durch die Siegesnachrichten von Würth<br />
betrogen. Schon am 10. Oktober kam die fürstliche Regie-<br />
48 1904—1905 Eduard Burkhart aus Sigmaringen.<br />
49 1905-1947 Leo Saurer aus Veringendorf, lebte 1875 bis<br />
1959, war 1903 Verweser in Boll, 1904 in Kettenacker,<br />
1905 Siberatsweiler, Ruhestand 1947, starb in Sigmaringen<br />
1959 (FDA 1962).<br />
50 1950-1953 Wilhelm Dreher aus Frohnstetten, lebte 1871<br />
bis 1960, war 1927 in Zimmern, 1938 in Veringenstadt,<br />
1953 im Ruhestand in Sigmaringen, wo er 1960 starb,<br />
beerdigt in Frohnstetten (FDA 1962).<br />
51 1953-1956 Friedrich Wursthorn aus Bad Dürrheim, geb.<br />
1915, jetzt 1975 im Ruhestand in Königsfelden bei Villingen.<br />
52 1956 Dezember 1 Joseph Müßle aus Freiburg, geb. 1913,<br />
ord. 1938, investiert am 9. Mai 1958. Ad multos annos!<br />
rung unter dem Schutz bayerischer Besatzungstruppen zurück.<br />
Die Waffen wurden wieder eingesammelt.<br />
Im Mai 1849 kam es erneut zu Auseinandersetzungen um die<br />
in der Frankfurter Paulskirche entworfene Reichsverfassung.<br />
Der Fürst von Hohenzollern-Hechingen verließ am<br />
29. Mai 1849 sein Land für immer. Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen<br />
hatte schon am 27. August 1848 zu<br />
Gunsten seines Sohnes Karl-Anton abgedankt.<br />
In Hohenzollern endete die Revolution endgültig am 1. August.<br />
An dem Tag marschierten preußische Truppen in die<br />
Fürstentümer ein. Ein preußischer Offizier berichtet: »Die<br />
Heckerbilder nebst Blum, deren Anzahl in vielen Wohnungen<br />
beträchtlich waren, verschwanden im Nu in Koffern und<br />
Kisten, gleichsam in Arrest. Die Hahnfedern auf Kalebreserhüten<br />
wurden überall unsichtbar oder die Preußen machten<br />
sie unsichtbar, wenn eine in der Überraschung sitzen geblieben<br />
war.« So endete der Traum von der Freiheit, nicht nur in<br />
Hohenzollern.<br />
Am 6. und 8. April 1850 wurden die beiden Fürstentümer an<br />
das Königreich Preußen übergeben. Am 23. August 1851<br />
huldigten 300 Vertreter der <strong>hohenzollerische</strong>n Gemeinden,<br />
47
meistens Revolutionäre von 1848/49, König Friedrich Wilhelm<br />
von Preußen.<br />
Karl Werner Steim: Burladingen in alten Ansichten. Verlag<br />
Europäische Bibliothek, Zaltbommel/Niederlande 1983.<br />
»Burladingen. Ein Name, wie Duft von Nadelholz und der<br />
Sommersonne über Bergwiesen.« So schwärmte einst Marie<br />
Theres Baur, die Burladinger Dichterin. Tatsächlich hatte<br />
Burladingen eine herrliche Landschaft, ein breites Tal mit<br />
Wiesen und Feldern und hohe, mit Wäldern bedeckte Berge.<br />
Dieses schön gelegene, uralte Dorf wird auf einem Bild des<br />
Fotografen Anton Mayer aus der Zeit um 1870 gezeigt.<br />
In den Jahrzehnten danach waren es vor allem die Wirte,<br />
welche sich Postkarten machen ließen. Reichsadler, Hirsch-<br />
Post, Engel und vor allem das »Schlößle« sind mit Ansichten<br />
vertreten. Ein Jammer, wie das alte Jagdschloß der Grafen<br />
von Zollern Stück für Stück verschwand.<br />
Burladingen als einwohnerstärkstes Dorf in Hohenzollern<br />
hatte schon früh eine Apotheke, die natürlich auch auf einer<br />
Postkarte erscheint. Auf einem Foto von 1928 sieht Burladingen<br />
noch recht ländlich aus, obwohl es von den Nachbarn<br />
schon als Fabriknest bezeichnet wurde. Oberhalb der Bahnlinie<br />
werden gerade erst einzelne Häuser gebaut.<br />
Schon um die Jahrhundertwende hatte in Burladingen die<br />
Industrialisierung eingesetzt. Auch von den ersten Fabrikgebäuden<br />
gibt es noch einige Bilder. Kirchen, Fastnacht und<br />
Andenken an das immer schon rege Vereinsleben von Burladingen<br />
beschließen den Teil Burladingen 1.<br />
Seit der Gemeindereform hat sich Burladingen mächtig vergrößert,<br />
so daß nun auch die neuen Ortsteile in alten Ansichten<br />
gezeigt werden. Gauselfingen, Hermannsdorf, Hörschwag,<br />
Killer, Melchingen, Ringingen, Salmendingen, Starzein<br />
und Stetten unter Holstein. Es handelt sich meistens um<br />
interessante und dokumentarische Bilder. Das Büchlein ist<br />
für Burladingen mit Teilgemeinden und alle, die sich an<br />
Zollerischen Dingen erfreuen, eine echte Bereicherung.<br />
Weißenau in Geschichte und Gegenwart. Festschrift zur 700-<br />
Jahrfeier der Ubergabe der Heiligblutreliquie durch Rudolf<br />
von Habsburg an die Prämonstrantenserabtei Weißenau.<br />
Herausgegeben von Peter Eitel. Sigmaringen 1983. 466 S. mit<br />
105 Abbildungen.<br />
HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />
hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />
Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />
ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />
besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />
und der angrenzenden Landesteile mit der<br />
Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär<br />
gehaltene Beiträge.<br />
Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />
Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />
803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
(BLZ 65351050).<br />
Druck:<br />
M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />
7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />
48<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
Casimir Bumiller<br />
Wolfs winkel 12<br />
7814 Breisach-Gündlingen<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
Eichertstraße 6<br />
7487 Gammertingen<br />
Wolfgang Frey<br />
7798 Pfullendorf-Otterswang<br />
Pfr. Johann Adam Kraus<br />
Badstraße 8<br />
7800 Freiburg-Littenweiler<br />
Dr. Siegwalt Schiek<br />
Schillerplatz 1<br />
7000 Stuttgart 1<br />
Die Prämonstratenserreichsabtei Weißenau stand bisher immer<br />
im Schatten des nicht weit entfernt liegenden Benediktinerklosters<br />
Weingarten und blieb daher weitgehend unbekannt.<br />
Die Festschrift, die der Ravensburger Stadtarchivar<br />
Dr. Eitel sachkundig betreut hat, zeigt nun, welche reichhaltige<br />
Geschichte, welch tiefes geistliches und religiöses Leben<br />
bis zur Aufhebung 1803 hier bestand und welche künstlerischen<br />
Leistungen hier vollbracht wurden. Nicht ausgespart<br />
wurde die Neuzeit, die medizinische und soziale Arbeit im<br />
Psychiatrischen Landeskrankenhaus und die gewerblichen<br />
Erfolge des Bleich- und Textilveredelungswerks Weißenau,<br />
die beide im 19. Jahrhundert im Bereich der ehemaligen<br />
Abtei eingerichtet wurden.<br />
Nach einer Einführung in das Wirken des Prämonstrantenserordens<br />
in Oberschwaben wird die Geschichte der Abtei<br />
dargestellt. Neben der politischen Geschichte werden die<br />
Besitzgeschichte, die Beziehungen zu den mächtigen Nachbarn<br />
und ein früher bedeutender Wirtschaftszweig, der<br />
Weinbau, behandelt. Im Mittelpunkt des geistlichen Lebens<br />
stand die Verehrung der Heiligblutreliquie, die 1283 an die<br />
Abtei geschenkt wurde. Um diese würdig aufzubewahren<br />
und verehren zu können, entstanden nicht zuletzt der großartig<br />
barocke Kirchenbau und die Wohngebäude für die Chorherren,<br />
die von hervorragenden Künstlern der Zeit ausgestaltet<br />
wurden. In diesem Zusammenhang sind auch die Untersuchungen<br />
über die Klosterbibliothek und die Holhay-Orgel<br />
zu nennen.<br />
Mit der Säkularisation war die Geschichte in Weißenau<br />
jedoch nicht abgeschlossen. Die Bleicherei, Färberei und<br />
Appreturanstalt brachte 1839 neues Leben in die Abteigebäude.<br />
Das industrielle Zeitalter brach an. 50 Jahre später wurde<br />
daneben eine Irrenanstalt eingerichtet, die sich zu einem<br />
Psychiatrischen Landeskrankenhaus und zu einem akademischen<br />
Krankenhaus der Universität Ulm entwickelte.<br />
96 ausführlich kommentierte farbige und schwarz-weiße<br />
Bilder sowie Karten und Pläne illustrieren ausführlich die<br />
Geschichte. Eine Zeittafel und ein Orts- und Personenregister<br />
erschließen das Buch.<br />
Die Festschrift kann und will keine geschlossene Geschichte<br />
Weißenaus sein. Es ist den Autoren aber gelungen, eine auch<br />
für den Nichtfachmann lesbare und empfehlenswerte Darstellung<br />
vorzulegen, die einen weiten Bogen vom 12. Jahrhundert<br />
bis in unsere Zeit schlägt. W. Schöntag<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth,<br />
7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />
verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />
sind als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />
werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />
Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />
Heimat« weiter zu empfehlen.
HÖH ENZOLLERISCHE<br />
HEIMAT<br />
Herausgegeben vom<br />
W <strong>3828</strong> FX<br />
Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />
33. Jahrgang Nr. 4 / Dezember 1983<br />
St. Georgskapelle beim Thiergartenhof im Donautal, von der man bisher annahm, daß sie um 1500 erbaut sei. ]. A. Kraus zeigt in seiner Arbeit,<br />
daß es sich um eine romanische Basilika handelt, die wohl um 300Jahre älter ist. Sie war einst Pfarrkirche des abgegangenen Ortes Weiler im<br />
Donautal. Foto E. Eulenstein 1889<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Rund um die St. Georgsbasilika beim Thiergartenhof<br />
Weiler - Vilsingen - Gutenstein - Pettinwilare<br />
In dem 1980 beim Thorbecke Verlag Sigmaringen erschienenen<br />
Geschichts- und Bildband über den vor wenigen Jahren<br />
neu gebildeten Kreis Sigmaringen findet man neben vielen<br />
anderen Kostbarkeiten auf Seite 43 die Farbaufnahme der<br />
»Georgskapelle« bei dem von der Eisenbahn kaum sichtbaren<br />
Thiergartenhof mit der Angabe, das Heiligtum sei ums Jahr<br />
1500 errichtet worden. Ein flüchtiger Blick zeigt jedoch dem<br />
aufmerksamen Betrachter, daß diese romanische dreischiffige<br />
»Basilika« in Kleinformat (Innenraum nur 121 qm!) weitaus<br />
älter sein muß, obwohl schon im Denkmälerwerk Sigmaringen<br />
des Jahres 1948 Seite 408 dieselbe unwahrscheinliche<br />
Zeitangabe für das damals noch auf badischem Boden stehende<br />
Kulturdenkmal zu lesen ist. M. W. scheint in neuerer Zeit<br />
noch kein Geschichts- oder Kunstkenner am Objekt selber<br />
oder aufgrund der im genannten Werk gebotenen Fotos<br />
Nr. 534 und 536 sich seine Gedanken gemacht zu haben.
A. Krieger bringt in seinem wertvollen Topographischen<br />
Wörterbuch von Baden (1904) keine Erwähnung.<br />
A. Beschreibung des Gebäudes<br />
Die Bearbeiter des erwähnten Denkmälerwerks teilen mit:<br />
»Die Kapelle besteht aus einem dreischiffigen basikalen<br />
Langhaus mit zwei Arkadenbögen und breiten Wandpfeilern<br />
und dem Chor von Breite des Mittelschiffes und Abschluß<br />
fünf Seiten des Achtecks. Die Schiffe sind mit Halbkreistonnen<br />
gewölbt, die Arkaden und das ebenfalls halbkreisförmige<br />
Mittelschiff und Chor haben steile Satteldächer, die Seitenschiffe<br />
flache Pultdächer. Am Ostgiebel des Mittelschiffs<br />
befindet sich ein achteckiger Dachreiter aus Fachwerk.«<br />
Dazu darf man noch bemerken: Die Bögen wirken ungemein<br />
massig, niedrig und schwer, die alten runden Fensterlein<br />
wirken echt romanisch. Einige größere Fensteröffnungen<br />
sind offenbar spätere Zutaten. Der nur 121 qm im Innern<br />
messende Bau sei laut Freiburger Realschematismus von 1939<br />
im Jahr 1670 renoviert worden und Eigentum der Fürstenbergischen<br />
Verwaltung. Monatlich sei da eine Hl. Messe von<br />
der jetzt zuständigen Pfarrei Gutenstein aus und am Sonntag<br />
nach Allerheiligen Gräberbesuch im Friedhof daran. Politisch<br />
ist Thiergarten Teil der Gemeinde Vilsingen. Die Kapelle<br />
gehört jetzt der Gemeinde Thiergarten.<br />
Das badische Kunstdenkmälerwerk, Band Konstanz, Seite<br />
404 vom Jahr 1887, bearbeitet von Prof. Fr. X. Kraus<br />
berichtet: »Auf den Thiergartener Höfen, 1 km weit vom Ort<br />
steht die Kapelle als eigentümlicher kleiner dreischiffiger<br />
Bau. Das Mittelschiff hat Tonnengewölbe mit je zwei Okuli<br />
als Oberlichter. Es öffnet sich nach Süden zu in zwei<br />
Rundarkaden mit abgefasten Kanten, die auf einem sehr<br />
schweren, rektangulären Pfeiler ruhen. Nach Norden zu nur<br />
eine Arkade. Die Abseiten haben ebenfalls Tonnengewölbe<br />
und ziemlich hohe rundbogige Fenster mit unprofilierter<br />
Leibung. Ob noch romanisch? Der aus drei Seiten des<br />
Achtecks geschlossene Chor hat ein sechsteiliges Gratgewölbe,<br />
zwei rundbogige Fenster und zwei runde Okuli. Kleiner<br />
Dachreiter. Die Fassade hat ein einfaches Rundportal. Man<br />
ist versucht, die Kapelle wenigstens in der Gründung noch<br />
für romanisch zu halten. Das Mobiliar ist zopfig, der Altar<br />
steht über einer anscheinend romanischen Steinmensa. Zwei<br />
geringe Ölgemälde, eines, den hl. Franz v. Sales darstellend<br />
von der Meßkircher Hammerschmiedzunft 1671 gestiftet.<br />
Rest eines Antependiums, Leinwandstickerei des 16./<br />
17. Jahrhunderts.«<br />
B. Blick in die Vergangenheit<br />
Offenbar ist bis 1931 gar nicht beachtet gewesen, daß es sich<br />
ursprünglich um eine ehemalige uralte Pfarrkirche handelt:<br />
des Dorfes Weiler im wasserreichen Donautal, die im Zehntbuch<br />
(über decimationis) der ehemaligen Diözese Konstanz<br />
des Jahres 1275 und im Dekanat Schömberg-Rottweil zwischen<br />
Hausen im Tal und Vilsingen aufgezählt ist 1 . Heute<br />
findet sich im Donautal zwischen den Gemeinden Hausen<br />
und Gutenstein das Überbleibsel des 1670 entstandenen und<br />
1863 stillgelegten fürstenbergischen Hüttenwerks Thiergarten,<br />
benannt nach dem zu Anfang des 16. Jahrhunderts unter<br />
den Grafen von Zimmern angelegten Wildgeheges, oder<br />
Tiergartens. Eine Tafel in der Kapelle berichtet: »Diese<br />
Hammerschmitte mit zugehörigen Gebäuden, welche man<br />
im Jahre 1670 zu bauen anfing, hat man heute durch die<br />
ehrwürdigen Väter Capuziner von Meßkirch zu Ehren der<br />
allerheiligsten Dreifaltigkeit, der hl. Muttergottes Maria, des<br />
seraphischen Vaters Franziskus, der hl. Agatha, der<br />
hl. Georg und Fridolin, wie auch besonders des hl. Franz von<br />
50<br />
Sales, dessen Fest heute, den 29. Januar anno 1671 gefeiert<br />
wird, benedizieren und darauf gleich das erstemal die Läuterfeuer<br />
angezunden auch die Hämmer gehen lassen, geläuterte<br />
Puppen gemacht und Eisen geschmiedet. 1671«.<br />
Wie bemerkt steht die Kapelle etwa 1 km samt Friedhof<br />
unterhalb des Eisenwerks bei zwei fürstenbergischen Pachthöfen.<br />
Schon der Gottesacker allein deutet auf eine ehemalige<br />
Pfarrkirche, eben auf Weiler unter der Doppelburg Falkenstein,<br />
die seit 1256 erwähnt wird. Die schon lange in Ruinen<br />
liegende Burg Falkenstein wurde seit 1976 von einer Interessengemeinschaft<br />
hochherzig konserviert. Ums Jahr 1600 ist<br />
der Name Weiler abgegangen, an den noch der Waldname<br />
Weilerhalde und 1490 ein Wylerholz bei Vilsingen erinnerte.<br />
Auch besteht noch ein Jörgenbrunnen in Erinnerung an den<br />
Kirchenpatron, wie vor Jahren in den Albvereinsblättern<br />
berichtet ist. Burg Falkenstein war 1318 in Besitz Burkarts<br />
von Rosenau (Rosna) 2 . Ein Gero v. Falkenstein erscheint<br />
1256 und vielleicht gehörten schon die 1213 vorkommenden<br />
Konrad, Heinrich und Lietho v. F. hierher. In einer Urkunde<br />
des Jahres 1390 heißt es: Albrecht von Magenbuch verkauft<br />
dem Heinrich von Bubenhofen die obere und untere Burg<br />
Falkenstein mit Gütern, auch Kreenheinstetten (Kraien heißt<br />
nach M. Buck: Felsen, wie in Hohenkräen) das Dorf mit<br />
Vogtei und Kirchensatz (Pfarrbesetzungsrecht!), auch<br />
Reinstetten (dabei abgegangen) und das Dorf Weiler unter<br />
Falkenstein mit dem Kirchensatz 3 . Die Falkensteiner hatten<br />
später den Beinamen Hasenbein im Gegensatz zu den anderen<br />
gleichnamigen Geschlechtern im Höllental und bei<br />
Schramberg. Von diesen ist nicht immer eine reinliche Scheidung<br />
möglich 4 .<br />
Die Zimmerische Chronik (Ausg. Barack-Hermann,<br />
Bd. 2,435) berichtet: Als Wolf von Bubenhofen den Falkenstein<br />
samt dem Weiler vergebens dem Sixt von Hausen (i. T.)<br />
anbot, seien die Karthäuser Mönche von Freiburg gekommen,<br />
hätten Falkenstein und das Weiler (die Kirche) besichtigt<br />
und hätten erwogen, im Weiler ein Kloster zu errichten,<br />
bis dann im Jahre 1516 Gottfried Wernher von Zimmern die<br />
Burg samt Kreenheinstetten, Reinstetten und den Weiler<br />
sowie die Mühle zu Neidingen um 4880 Gulden in Gold<br />
erwarb, was zu Ebingen verhandelt wurde. Wie lange der alte<br />
Herr von Magenbuch den Falkenstein mit dem Weiler etc.<br />
innehatte, ist der Chronik unbekannt, bis alles an den Sohn<br />
Wolf von Magenbuch gekommen. Dem Falkenstein gegenüber<br />
stand die Burg Lenzenberg (Benzenberg?), von der eine<br />
traurige Begebenheit erzählt wird.<br />
C. Eigener Adel von Weiler<br />
Wir wissen aus der Chronik des Klosters Zwiefalten von<br />
1138, daß etwas vorher ein edler Hug von Wilare (Weiler) den<br />
Mönchen eine Hube (Landgut) in Filsilingen (Vilsingen)<br />
schenkte. Ein Peter von Weiler wurde im Jahre 1367 vom<br />
Grafen Eberhard von Wirtemberg mit dem Zehnten zu<br />
Gorheim (b. Sigmaringen) belehnt, den früher die Herren<br />
von Weggenstein (bei Storzingen) innehatten. Er führte drei<br />
Menschenköpfe im Siegel. Ebenso ein Heinrich von Weiler,<br />
der 1434 eine Jahresgült aus Gütern zu Ostdorf (b. Balingen)<br />
verkaufte 5 .<br />
Die Zimmerische Chronik sagt dazu (2,363): »Im Weiler bei<br />
Falkenstein saß ein eigenes Adelsgeschlecht, dessen Wappen<br />
drei Mohrenköpfe in weißem Feld enthielt und auf dem Helm<br />
einen Mohrenkopf. Die Wohnung dieser Herren war in<br />
einem hohlen Felsen ob dem Weiler an einer gähen Wand,<br />
daß man nur mit Mühe hinaufkam und für sturmfrei galt.<br />
(Ortskenner müßten den Platz erkunden!) Oberhalb dieses<br />
Burgstalls ist der Felsen so gäh und hoch, als ob er mit der<br />
Schere beschnitten wäre. Er hat gleichfalls etliche Höhlen<br />
und Löcher, in denen vor vielen Jahren die Blaufußvögel ihre
Nester hatten. Die Herrschaft ließ manchmal die Jungen<br />
ausnehmen und verschenkte auch solche Vögel nach Lothringen<br />
und Frankreich. Vor wenigen Jahren haben etliche<br />
Welsche oder Sapheier (Savoyer) die Gegend durchstreift,<br />
heimlich an Seilen sich von oben an die Nester herabgelassen<br />
und die Vögel mit Butz und Stiel ausgenommen und nach<br />
Frankreich weggetragen. Nicht allein zu Weiler, sondern<br />
auch darum herum gab es Adelsfamilien, deren Mehrteil nach<br />
Weiler in die Kirche eingepfarrt waren und dort eine eigene<br />
Weihlege (Grabstätte) hatten. Man sagt, es seien einst sieben<br />
»fehene« Mäntel (aus Pelz) in damaliger Frauenmode zur<br />
Kirch gegangen und wegen ihrer Uneinigkeit hat jedes Geschlecht<br />
eine eigene Tür in der alten Kirche gehabt. (Natürlich<br />
Fabel!), um sich gegenseitig nicht zu behindern. Das<br />
jetzige Kirchle im Weiler ist in der Ehre des hl. Ritters<br />
St. Jörgen geweiht. Darin befand sich noch vor wenigen<br />
Jahren eine unscheinbare eichene Scheibe in Form und Größe<br />
eines ziemlichen Faßbodens. Das Gemälde darauf ist aus<br />
Alter abgegangen und nicht mehr zu erkennen gewesen. Man<br />
sagt gleichwohl, es sei ein Hailtumb (Reliquie) darin verborgen<br />
gewesen. Diese Eichenscheibe hatte die Kraft, in der<br />
Donau Ertrunkene zu finden. Man holte die Scheibe im<br />
Weiler, warf sie in den Fluß und sie schwamm bis an die<br />
Stelle, wo man den Toten fand, weil sie sich im Wirbel dort<br />
drehend blieb. Dies geschah früher oft. Doch ist die Scheibe<br />
jetzt (1565) nicht mehr vorhanden, sondern bei der abenteuerlichen<br />
Haushaltung verloren worden.«<br />
Laut Visitationsbericht des Jahres 1608 des Landkapitels<br />
Meßkirch 6 zelebrierte damals im Weiler der Pfarrer von<br />
Kreenheinstetten monatlich ein Mal. Das Notwendigste für<br />
das Gotteshaus St. Georg besorgte der Graf von Helfenstein<br />
(als Erbe der Grafen von Zimmern) von seiner Burg Falkenstein<br />
aus (die damals ja noch stand.<br />
D. Die Nachbarpfarreien Gutenstein und Vilsingen<br />
Die ehemalige Pfarrkirche Weiler zum Hl. Georg ist heute<br />
nach Gutenstein eingepfarrt, das eine Galluskirche hat und<br />
wohl auf die in der Vilsinger Gegend genannten St. Galler<br />
Besitzungen zurückzudeuten scheint. Gutenstein ist ein typischer<br />
Burgenname, wohl um 1200 entstanden, während<br />
Vilsingen (Filisninga, Filsilinga) als alemannischer Ingen-Ort<br />
ums Jahr 450 entstanden sein mag und schon 875 eine Kirche<br />
hatte. Ob der Platz des Burgfleckens Gutenstein zu Weiler<br />
oder Vilsingen gehörte, mögen die Gelehrten herausfinden 7 !<br />
Die erste Burg Gutenstein stand ehedem auf dem linken<br />
Donauufer, dem Felsen des »Burgfeildes«. Im Jahre 1279<br />
erscheint ein Wernher genannt Scherrer v. G. 8 «. Die Burg<br />
samt Gütern ist vor dem Jahre 1310 laut Habsburger Urbars<br />
von den Herren von Wildenstein als St. Galler Lehen an<br />
Osterreich verkauft worden. Das erklärt auch den Kirchenheiligen<br />
St. Gallus. Im Jahre 1345 wohnte ein Konrad von<br />
Magenbuch hier 9 .<br />
Das heutige sogenannte Schlößle ist späteren Datums. Nach<br />
Fr. Eisele war das viel ältere Vilsingen zwischen 1324 und<br />
1370 Filiale von Gutenstein geworden. Die 1456 genannten<br />
Kirchenheiligen Vilsingens, Maria und die Wetterpatrone<br />
Johannes und Paulus, reichen kaum ins 12. Jahrhundert<br />
zurück. Sie könnten durch einen Kirchenneubau veranlaßt<br />
sein. Erst 1817 wurde Vilsingen wieder eigene Pfarrei. Die<br />
Entfernung Vilsingens nach Gutenstein beträgt 5,6 km, von<br />
Gutenstein zur Georgskirche im alten Weiler (Thiergartenhof)<br />
etwa 3 km, zum Ort selbst nochmal ca. 1,5 km. Nach<br />
E. Bercker 10 hat König Ludwig im Jahre 875 bestätigt, daß<br />
Graf Adalhart dem Kloster St. Gallen in Filisninga eine<br />
Kirche mit Hofgut und Zehnten gegen 20 Jauchert Ackerfeld<br />
am gleichen Ort schenkte. Der Zehnt deutet auf eine Pfarrkir-<br />
che. Im Jahre 1225 gehört das Vilsinger Patronatsrecht noch<br />
an St. Gallen in der Schweiz, das aber begonnen hatte,<br />
allmählich alle weitabliegenden Besitzungen und Rechte im<br />
Tausch oder Verkauf abzustoßen. Die Pfarrei Vilsingen ist im<br />
»liber decimationis« von 1275 wie auch das alte Weiler unter<br />
den Pfarreien des Landkapitels Schömberg-Rottweil aufgezählt.<br />
Es ist im 14. Jahrhundert als gräflich Nellenburger<br />
Lehen in Hand der Herren von Reischach, die es 1421 an die<br />
Grafen von Werdenberg abgaben, welche die Lehenschaft<br />
ablösten. Deren Erbe waren 1534 die Fürstenberger. Die<br />
1461 erwähnte Kapelle im Oberdorf sollte, jetzt der hl. Anna<br />
geweiht, im Jahre 1715 erweitert werden 11 . Angeblich sei sie<br />
1840 abgegangen. Ich aber glaube, sie noch 1917/18 mit<br />
Sigmaringer Kameraden besucht zu haben.<br />
E. Wo stand Pettinwilare f<br />
Unser Heimatforscher Michael Walter hat in längeren Ausführungen<br />
die in St. Galler Urkunden von 735, 851 und 864<br />
erwähnte 12 Siedlung Pettinwilare etwa 900 m westnordwestlich<br />
von Vilsingen in dem heutigen Flurnamen »Weiler«<br />
finden wollen. Die aus dem Pfarrurbar Vilsingens aus dem<br />
Jahre 1456 bekannten Flurnamen »von der Wyler« (verlesen<br />
oder verdruckt?) und ein dort erwähnter »Sant Gallen Acker«<br />
sind ein magerer Beweis. Noch weniger stichhaltig erweisen<br />
sich nach 1000 Jahren Vergangenheit die »alten Dorfwege<br />
und beim Pflügen gefundene Mauerreste« Walters!<br />
Schreibt doch der jetzige Ortsvorsteher Vilsingens unter dem<br />
4. November 1983: »Mauerreste oder Dorfwege sind heute<br />
nicht mehr sichtbar. Ich weiß keinen Fall von Mauerresten.<br />
Auch findet sich im Gewann Weiler keine Quelle. Die<br />
nächste, der sogenannte Trögebrunnen, liegt etwa 700 m<br />
entfernt in südlicher Richtung«. Das läßt aber eine ehemalige<br />
Siedlung Weiler sehr zweifelhaft erscheinen!<br />
Im Jahre 735 schenkte ein gewisser Rinulf seinen Besitz in<br />
Pettinwilare nebst dem Hörigen Allidulf ans Kloster St. Gallen.<br />
Eine 817 in Ebingen ausgestellte Urkunde (also keineswegs<br />
bei Vilsingen!) besagt, ein Petto habe sowohl in Vilsingen<br />
als auch im (benachbarten) Engelswies Güter ans gleiche<br />
Kloster vermacht. Schon im Jahre 793 hatte Berthold<br />
(786-806 und vielleicht später Graf in der Bertholdsbaar) an<br />
St. Gallen Besitzungen in Filisninga (Vilsingen) und in Hohunsteti<br />
und Ebinga et alia Filisninga geschenkweise überlassen.<br />
(Hohunsteti ist wohl Heinstetten auf dem Heuberg.)<br />
Das »alia« - andere Filisninga - will Walter als einen Ortsteil<br />
des heutigen Vilsingen erklären, wogegen jedoch die Reihenfolge<br />
der Ortschaften schwerste Bedenken erhebt! Vielmehr<br />
dürfte Hans Jänichen 13 recht haben, der in dem »andern<br />
Vilsingen« das 842 erwähnte Wintarfulinga (also Winterlingen)<br />
sieht, wobei man selber sogar in »Anderalia« einen<br />
Hörfehler des Urkundenschreibers für Winterfilisninga nicht<br />
ausschließen möchte bzw. für möglich halten kann. Bemerkenswert<br />
scheint, daß 1436 in der Beschreibung des Vilsinger<br />
Pfyffers Gutes 14 viermal die Rede ist von der Flur Wylun<br />
(wohl Weiler?), davon einmal beim Benzenberg.<br />
Die Flur Weiler findet sich, wie gesagt, etwa 900 m von<br />
Vilsingen in Richtung des 4 km Luftlinie (über das später<br />
entstandene Gutenstein hinweg) entfernten wasserreichen<br />
alten Pfarrdorfs Weiler (Thiergartenhof). Da das Gebiet des<br />
um 450 n. Chr. gegründeten Vilsingen gegenüber den ca. 300<br />
Jahre oder später entstandenen Weilerorten sehr umfangreich<br />
gewesen sein wird, wage ich die Vermutung, die Güter des<br />
Dorfes Weiler im engen Donautal könnten sich sehr wohl bis<br />
auf die Höhe von Vilsingen erstreckt haben. Beim Verschwinden<br />
des Weilernamens an der Donau mögen die<br />
Vilsinger Bauern leicht den Namen der einst ins Tal gehörigen<br />
Weiler(-felder) weitergeführt haben. Somit wäre m. E. der<br />
alte Name Pettinwilare als ursprünglich für Weiler (später<br />
51
Thiergarten) durchaus erklärbar. Das frühere Weilerfeld<br />
brauchte nur zu Weiler (bzw. Wylun) abgeschliffen zu<br />
werden. Pettinwilare von 745 bis 864 wäre damit mit dem<br />
(Pfarrdorf) Weiler von 1275 gleichzusetzen.<br />
Oder bildet sich jemand ein, beweisen zu können, die<br />
Markungsgrenzen des frühalemannischen Vilsingen und des<br />
Weilers im Donautal (Pettinwilare) seien seit 1000 Jahren bis<br />
heute unverändert geblieben? Sicher hat das Pfarrdorf Weiler<br />
im Tal zur Lebensexistenz auch Felder auf der Höhe (bis<br />
gegen Vilsingen) benötigt. Vermutlich war der beschwerliche<br />
Weg dorthin mit wachsendem Ackerbau (statt früherer Weidewirtschaft)<br />
ein Grund, weshalb vom Pfarrdorf Weiler<br />
nachher nur noch zwei Herrschaftshöfe übrig blieben, bis das<br />
Hammerwerk 1670 neue Arbeitsplätze schuf und den Namen<br />
Weiler im Tal verschwinden ließ.<br />
Anmerkungen<br />
1 Zeitschr. Freiburger Diöz. Archiv Bd. 1, 1865, 1-304, und Bd. 59,<br />
1931, 335.<br />
WILFRIED SCHONTAG<br />
2<br />
Hohenz. JHefte 1936, 181<br />
3<br />
Fürstenbg. UB 6, 86.<br />
4<br />
Zingeler-Buck, Zollerische Schlösser etc. 1906, 76. Alb. Krieger,<br />
Topogr. Wörterb. f. Baden Bd. I, 1904, 566f.<br />
5<br />
O. v. Alberti, Württbg. Adels- u. Wappenbuch, Bd. 2, 1017.<br />
6<br />
Erzbischöfl. Archiv, Handschr. 62.<br />
7<br />
Friedr. Eisele, Zeitschr. Freiburger Diöz.Arch. 1923, 32 ff.<br />
8<br />
Alb. Krieger, wie Anm. 4:1, 803.<br />
9<br />
Cod. Salem 3,348.<br />
10<br />
Edm. Bercker, Die Kirchenpatrozinien im Kr. Sigmaringen,<br />
Heft 6, der Arbeiten z. Landeskunde Hohenzollerns, 1967, 160 f.<br />
11<br />
Hohenz. Heimat 1959, 64.<br />
12<br />
Ebd. 1956, 43 und 57ff. Vgl. Note 7.<br />
13<br />
Hans Jänichen, Kreisbeschreibung Balingen II, 1961, 903.<br />
14 Hohenz. Heimat 1971, 100.<br />
»Daß die Herstellung eines Ständesaales schicklich wäre«<br />
Zur Baugeschichte des ehemaligen Ständehauses in Sigmaringen<br />
Der Anstoß zum Bau eines Stände- und<br />
Verwaltungsgebäudes<br />
»Die Stadtverschönerungs-Commission wurde durch gnädigste<br />
Bewilligung mit herrschaftlichen Mitteln in Stand<br />
gesetzt, die zur angemessenen Herstellung des Carlsplatzes<br />
hinderlichen Gebäude zu erwerben, und zu entfernen, wodurch<br />
man nicht nur manchen schönen Bauplatz für Private,<br />
sondern auch einen solchen für das Ständehaus gewann«.<br />
Dies stellt der Bericht über die Verwaltungsergebnisse der<br />
Jahre 1843 bis 1846 fest, den der Dirigierende Geheime Rat<br />
Dr. Schenck zu Schweinsberg am 8. April 1847 dem Fürsten<br />
überreicht hatte. Um zum Bau eines Ständehauses zu kommen,<br />
war es ein langer Weg gewesen. Die Verfassung des<br />
Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen vom 11. Juli 1833<br />
sah einen Landtag vor, der nach dem Willen des Fürsten alle<br />
drei Jahre für eine Sitzungsperiode von etwa sechs Wochen<br />
einberufen werden sollte. In den ersten Jahren tagten die<br />
Landstände im Museumssaal, ab 1842 in einem in einem<br />
Wirtshaus angemieteten Lokal. Die landständischen Vertreter<br />
hatten keine Eile, ein eigenes Haus für sich zu erbauen,<br />
zumal nach 1840 der finanzielle Spielraum immer enger<br />
wurde. Die Anregung dazu ging von der Regierung aus. Seit<br />
1842 befaßten sich die Geheime Konferenz und die Landesregierung<br />
mit dem Bau eines Ständehauses, wie das Landtagsgebäude<br />
genannt wurde. Auch die von Dezember 1842 bis<br />
Januar 1843 tagende Ständeversammlung beschäftigte sich<br />
mit diesem Problem, vor allem mit der Finanzierung der<br />
damals dafür vorgesehenen 20 000 fl. Die Regierung hatte den<br />
Bau nicht so sehr wegen der Stände befürwortet, sondern<br />
wegen der Geschäftslokale, die für die Landeskasse und das<br />
Lithographie- und Katasterbüro benötigt wurden. Im Zuge<br />
der Landesvermessung fielen Jahr für Jahr mehr Vermessungsunterlagen,<br />
Lithographiesteine und Karten an, die einen<br />
beträchtlichen Wert darstellten und unbedingt sicher<br />
aufzubewahren waren. Allein, die Ständevertreter lehnten<br />
mit neun Neinstimmen und nur sechs Jastimmen den Antrag<br />
ab.<br />
52<br />
PS. Nach dem von Otto P. Clavadetscher im Jahre 1983 herausgebrachten<br />
»Cartularium Sangallense« Bd. III, S. 523,14, erscheint in<br />
einerSt. GallerUrkunde vom 17. Januar 1264 als Zeuge ein »adeliger<br />
Vogt R(udolf) von Gutenstain«. Möglicherweise gehörte auch der<br />
vor ihm genannte »R. von Wiler« in unseren Weiler im Donautal.<br />
Die Verwaltung plante jedoch weiter und sah im Entwurf des<br />
Finanzgesetzes für die Periode vom 1. Mai 1846 bis 30. April<br />
1849 im außerordentlichen Etat 66000 fl. für den Bau eines<br />
Ständehauses vor. Hierin sollten jedoch auch die Landeskasse,<br />
die Steuerrevision, die Landesvermessung, die Landwirtschaftliche<br />
Zentralstelle und die Spar- und Leihkasse untergebracht<br />
werden. Diesmal sahen die landständischen Vertreter<br />
die Notwendigkeit der gesicherten Unterbringung der Landeskasse<br />
und der Karten und Steine der Landesvermessung<br />
ein, »auch daß die Herstellung eines Ständesaales schicklich<br />
wäre.« Dagegen hielten sie jedoch den Aufwand für zu hoch<br />
und bewilligten nur 30000 fl.<br />
Da die Regierung den Ständevertretern schon im Januar/<br />
Februar 1846 mehrere Pläne vorgelegt hatte, konnten die<br />
Arbeiten nun zügig in die Wege geleitet werden. Am 10. Juni<br />
1846 beschloß die Geheime Konferenz formell den Bau des<br />
Ständehauses, und am 26. Juli kündigte der als Spezialkommissar<br />
für den Ständehausbau eingesetzte Regierungsrat<br />
Horn im Verordnungs- und Anzeigeblatt die Ausschreibungen<br />
an.<br />
Horn ging damals davon aus, daß der »Grundbau« des<br />
Ständehauses noch 1846 fertig werden sollte. In dem schon<br />
oben zitierten Rechenschaftsbericht von 1847 heißt es dazu:<br />
»Dasselbe ist begonnen und wird bis zum nächsten Landtage<br />
dem Gebrauch übergeben werden können. Eine schöne<br />
Baustelle auf dem Karlsplatz wurde zu diesem Bauwesen aus<br />
den Mitteln der Stadtverschönerungs-Commission schon<br />
früher beigeschafft. Äußerlich mit dem Ständehaus verbunden,<br />
jedoch innen durchaus geschieden, werden zwei Flügelgebäude<br />
auf Kosten der öffentlichen Spar- und Leihkasse<br />
hergestellt. Hierdurch gewinnt nicht nur das Äußere der<br />
Gebäude, die ein schönes Ganzes bilden, sondern es werden<br />
auch nicht unbedeutende Kosten erspart, die bei abgesonderter<br />
Herstellung der einzelnen Theile nothwendig geworden<br />
wären. Die Kosten der drei Gebäude, welche in drei Jahren<br />
(1846-1848) zur Vollendung kommen, werden sich auf etwa
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Fassade des Ständehauses in Sigmaringen, entworfen von Werkmeister Wilhelm Laur, 1846. Vorlage: Staatsarchiv Sigmaringen Ho 301.<br />
80000 fl. - ohne Anschlag des Bauplatzes - belaufen. Sie<br />
gewähren ein günstiges Mittel, eine Menge Bedürftige aus der<br />
Nachbarschaft der Residenz zu beschäftigen.«<br />
Die städtebauliche Lage des Ständehauses<br />
Die Stadt Sigmaringen besaß um 1810 noch ihr mittelalterliches<br />
Bild. Nachdem 1812 das Mühltor im Osten und im<br />
Westen 1831 das Laizertor abgebrochen worden waren, und<br />
nachdem der Stadtgraben aufgefüllt und als Gartenfläche<br />
genutzt wurde, fiel nach und nach die Stadtmauer. Die Stadt<br />
konnte sich ausdehnen. Zunächst waren es fürstliche Gebäude,<br />
die der Stadt ein residenzähnliches Aussehen gaben, nach<br />
der Aufhebung des Hofstattrechts konnten auch die Bürger<br />
freier bauen. Das 1822 begonnene Prinzenpalais an der Straße<br />
nach Hedingen und die 1836 von Fürst Karl in die Wege<br />
geleitete Anlage der Karlstraße und deren planmäßige Bebauung<br />
bildeten den Ausgangspunkt für die Gestaltung des<br />
»Carlsplatzes«, wie der heutige Leopoldplatz damals hieß.<br />
Die südöstliche Ecke der Stadtmauer war hier abgerundet,<br />
jenseits des Stadtgrabens lag der alte Friedhof. Gefördert<br />
wurde diese Entwicklung durch eine 1840 eingesetzte Stadtverschönerungs-Kommission,<br />
die Erbprinz Karl Anton leitete.<br />
Die für den Karlsplatz benötigte Fläche wurde teilweise<br />
von der Kommission aufgekauft und acht Häuser an der<br />
südöstlichen Ecke der Stadtmauer abgerissen. In kurzer Zeit<br />
entstanden drei- und vierstöckige Privathäuser an der Ostund<br />
Südseite des Platzes (Inhaber: Horn, Beck, Bilharz,<br />
Gastel). Im Norden schlossen die verschiedenen Bauteile des<br />
Neuen und Alten Prinzenbaues sowie des dazugehörigen<br />
Küchengebäudes den Platz ab. Nur nach Nordwesten, zur<br />
Altstadt hin, fehlte der Abschluß. An diese Stelle wurde das<br />
Ständehaus gesetzt.<br />
Bevor mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte, mußte<br />
die von der heutigen Apotheke Pfeiffer im Bogen zur alten<br />
Fluchtlinie des Gasthauses Adler verlaufende Stadtmauer<br />
abgetragen und das zum Langen Garten hin abfallende<br />
Gelände aufgeschüttet werden. Die an die Stadtmauer angebauten<br />
Gebäude, die Zehntscheune der Heiligenpflege und<br />
das Haus des Küfers Pfaff, wurden abgerissen.<br />
Ende August 1846 waren diese Abbrucharbeiten in Gange.<br />
Als am 26. August das Pfaffsche Haus und die angrenzende<br />
Stadtmauer abgebrochen wurde, kam das Wohnhaus des<br />
Adlerwirts zu Schaden, da eine Fundamentwand, die mit der<br />
Stadtmauer in Verbindung stand, abbröckelte. Es gab aber<br />
auch eine andere Überraschung, die über die frühe Geschichte<br />
der Stadt Aufschluß gab. Innerhalb der alten Stadtmauer<br />
fand man beim Ausgraben der Fundamentgräben in einem<br />
grabartigen Steinverschluß zwei breite Schwerter, einen<br />
Dolch, ein Messer, 20 Stücke Eisen von einer Pickelhaube,<br />
13 Stücke aus Bronze, die zu Haften, Knöpfen und Kettenringen<br />
gehört hatten, und einen sehr großen Menschenschädel.<br />
Damals ordnete man den Grabfund sofort der Römerzeit<br />
zu. Innerhalb der Mauern habe sich ein Römerlager befunden,<br />
der Römerturm auf dem Schloß habe diesem Lager als<br />
Schutz gedient. Die Funde nahm der Bauinspektor Laur<br />
(Lauer) an sich. Heute müssen sie als verloren gelten. Sie sind<br />
nie ausgewertet worden. Eine Zuordnung zu den verschiedenen<br />
Siedlungsschichten auf Sigmaringer Gemarkung ist somit<br />
nicht möglich.<br />
Die Bauarbeiten<br />
Die Geheime Konferenz hatte die Planung und Ausführung<br />
dem Ingenieur Kremer und dem Werkmeister Wilhelm Laur<br />
(Lauer) übertragen. Als wenige Wochen später Kremer eine<br />
Professur in Schleißheim annahm und fortzog, wurde Laur<br />
am 29. Juli 1846 zum Bauführer ernannt. Laur hatte im Juli<br />
1846 die Pläne und die Kostenvoranschläge vorgelegt. Für<br />
den mittleren Teil, in dem der Ständesaal sowie Räume für die<br />
53
Kommissionssitzungen und außerordentlichen Sitzungen<br />
vorgesehen waren, waren 34560 fl. veranschlagt, für den<br />
westlichen Teil, in dem die Spar- und Leihkasse sowie<br />
Bedienstetenwohnungen eingerichtet werden sollten,<br />
28 500 fl. Die Landeskasse mit Lithographie- und Katasterbüro,<br />
dem Steuerrevisorat und der Zentralstelle des Landwirtschaftlichen<br />
Vereins sollte im nordöstlichen Flügel untergebracht<br />
werden. Für die Baukosten sah Laur somit 84 716 fl.<br />
vor, hinzu kamen ca. 6000 fl. für den Bauplatz, so daß man<br />
mit einem Gesamtaufwand von rund 100000 fl. rechnete.<br />
Die Landstände hatten gefordert, daß die Bauarbeiten möglichst<br />
an Sigmaringer Handwerker vergeben würden. Hieran<br />
hielt sich Laur. Die Maurerarbeiten führten die Meister<br />
Griesmayer und Grom aus Sigmaringen und Meister Mendler<br />
aus Hitzkofen aus. Die Steinhauerarbeiten besorgte Meister<br />
Johann Schosser aus Sigmaringen, die Schlosserarbeiten<br />
Meinrad Jung und Josef Anton Lutz und die Zimmerarbeiten<br />
Anton Grom und Jakob Horner. Daneben waren weitere<br />
Handwerker mit kleineren Aufträgen beschäftigt und natürlich<br />
eine große Zahl von Handlangern.<br />
Der Rohbau war im Jahr 1847 fertiggestellt, das Dach wurde<br />
im September 1847 aufgerichtet. Ende des Jahres konnte<br />
Schosser mit den Arbeiten an der Außenfassade beginnen, die<br />
er dann 1848 abschließen konnte.<br />
Wegen der schlechten Ernte herrschte 1847 allgemeine Not<br />
im Fürstentum. Daher nahm man Abstand von einer feierlichen<br />
Grundsteinlegung. Am 10. Juni 1847 stellte Horn jedoch<br />
bei der Geheimen Konferenz einen Antrag, ob man<br />
nicht wenigstens ».. .die Einlegung einer Urkunde über die<br />
Entstehung, die Bestimmung und die Kosten dieses Gebäudes<br />
nebst deren Risse...« vornehmen und den beteiligten<br />
Handwerkern das übliche Gratiale von 100 fl. überreichen<br />
könne. Dies wurde genehmigt. Die genannten Gegenstände<br />
mitsamt Münzen wurden dann wahrscheinlich im Juni 1847<br />
ohne großes Aufheben eingemauert und das Gratiale verteilt.<br />
Im Dezember 1847 waren 44000 fl. verbaut worden und für<br />
die 1848 auszuführenden Arbeiten wurden nochmals<br />
32 295 fl. veranschlagt. Laur hatte damit den Kostenvoranschlag<br />
eingehalten, ja sogar weniger ausgegeben. Zusammen<br />
mit Horn beantragte er daher, die ins Auge gefaßten Streichungen<br />
bei der Inneneinrichtung des Ständesaals rückgängig<br />
zu machen. Da die Geheime Konferenz mit dem Baufortgang<br />
sehr zufrieden war, gab sie die Anweisung, in den folgenden<br />
Monaten dem Vestibül und dem Ständesaal «... eine würdige,<br />
aber keineswegs luxuriöse Ausschmückung...« zu geben.<br />
Die Stadt Sigmaringen richtete im Frühjahr 1848 den Karlsplatz<br />
her. Die Innenarbeiten kamen ebenfalls zum Ende. So<br />
wie die feierliche Grundsteinlegung im Hungerjahr 1847<br />
ausfallen mußte, so konnte auch wegen der politischen<br />
Wirren in Sigmaringen nach der Märzrevolution 1848 keine<br />
offizielle Einweihung stattfinden. Die Spar- und Leihkasse<br />
bezog wohl Anfang 1849 den für sie bestimmten Flügel, der<br />
Landtag tagte ab dem 11. April 1849 im Ständesaal und die<br />
anderen Dienststellen nahmen in diesen Wochen wohl ebenfalls<br />
Besitz von ihren Räumen. Die politische Entwicklung<br />
hatte den Ständesaal jedoch überholt und ihn seiner eigentlichen<br />
Bestimmung beraubt. Schon im Sommer 1849 wurde<br />
der Ständesaal zum Sitzungssaal für das neu eingerichtete<br />
Geschworenengericht umgebaut. Am 18. Juli 1849 fand hier<br />
die erste Sitzung des öffentlichen Geschworenengerichts im<br />
Fürstentum statt. Von der Galerie, von der aus die Bürger die<br />
Landtagsverhandlungen hatten verfolgen sollen, beobachteten<br />
sie nun den Ablauf der Gerichtssitzungen.<br />
Die Schlußabrechnungen über die Bauarbeiten zogen sich<br />
von September 1849 bis weit in das Jahr 1850 hinein. Für<br />
80231 fl. hatte Werkmeister Laur ein repräsentatives Gebäude<br />
geschaffen. Das langgestreckte Gebäude besaß eine feinge-<br />
54<br />
gliederte Fassade zum Karlsplatz hin, die durch einen Mittelrisalit<br />
mit einem mächtigen Zwerchgiebel gekrönt war. Die<br />
Rückseite des Gebäudes war dagegen unregelmäßig vorspringend<br />
gegliedert. Im Erdgeschoß des Mittelteils befand sich<br />
ein Vestibül, durch das man zu dem auf der Rückseite<br />
gelegenen Treppenhaus gelangte. Im ersten Stock befand sich<br />
der Ständesaal mit einer lichten Höhe von etwa 7 m. In der<br />
Fassadengestaltung wurde diese Höhe durch drei mächtige<br />
Fenster betont. Auf der Ebene des zweiten Stockes befanden<br />
sich die Logen bzw. Galerien für die Zuschauer.<br />
Die beiden Flügel waren entsprechend der Nutzung gegliedert.<br />
Der Zugang zur Spar- und Leihkasse lag nach hinten<br />
zum Gasthaus Adler hin, der nordöstliche Flügel hatte seinen<br />
Zugang von der Karlstraße her.<br />
Das Ständehaus nach 1850<br />
Der zentrale Teil des Gebäudes war nach 1850 seiner Funktion<br />
beraubt und wurde zum allgemeinen Fest- und Versammlungssaal<br />
umgewandelt. Hier fand z. B. am 4. Februar<br />
1850 die Gläubigerversammlung der Spar- und Leihkasse<br />
statt, hier richtete am 21. September 1850 die Sigmaringer<br />
Bürgerschaft ihren Festball zu Ehren des Prinzen von<br />
Preußen aus. Obwohl die Stände hier nur kurze Zeit getagt<br />
hatten, bleib die Bezeichnung »ehemaliges Ständehaus« bis in<br />
unser Jahrhundert erhalten.<br />
1857 kauften die Spar- und Leihkasse und der preußische<br />
Fiskus das gegenüber dem Eingang der Kasse liegende Wirtschaftsgebäude<br />
des Gasthauses Adler auf. Von dem nur<br />
wenige Meter entfernt liegenden Haus ging eine ständige<br />
Feuersgefahr aus, da hier die Gastpferde eingestellt wurden<br />
und nachts immer Licht brannte. Fast schlimmer war jedoch<br />
die ständige Geruchsbelästigung durch die Dunglege, die<br />
Kloake und den Abtritt des Gasthauses. Die Jauche war in die<br />
Kellerräume gezogen, schädigte die Grundmauern und<br />
machte eine Nutzung der Keller unmöglich. Der Adlerwirt<br />
Raible verkaufte für 2600 fl. die Parzelle 126. Nach dem<br />
Abbruch des Gebäudes wurde hier ein Garten angelegt und<br />
nach dem Verkauf des Platzes an die Stadt 1913 ein Brunnen<br />
errichtet, der nach dem Kriege einem Parkplatz weichen<br />
mußte.<br />
In preußischer Zeit war neben der Hauptkasse für die Hohenzollerischen<br />
Lande, der Katasterverwaltung, dem Steueramt,<br />
dem Grundbuchamt und der Landwirtschaftlichen Zentralstelle<br />
das Amtsgericht hier untergebracht. Dem preußischen<br />
Fiskus stand die Nutzung des Mittelbaus und nordöstlichen<br />
Flügels zu, der Spar- und Leihkasse der westliche Flügel. Erst<br />
1922 wurde das Miteigentum an den Gebäuden aufgelöst.<br />
Als die Räume für das Amtsgericht zu klein wurden, suchte<br />
man seit 1889 nach einem eigenen Bauplatz. Weder im<br />
fürstlichen Hofgarten noch entlang der Karlstraße oder oberhalb<br />
der evangelischen Kirche waren jedoch Bauplätze zu<br />
erhalten. Schließlich erteilte am 7. Januar 1897 das Ministerium<br />
für öffentliche Arbeiten den Auftrag, einen Entwurf für<br />
die Neuaufteilung des ehemaligen Ständehauses anzufertigen.<br />
Der Architekt und Landeskonservator Wilhelm Laur<br />
unterzeichnete am 2. April 1897 den Architektenvertrag.<br />
Zum Gründstück des Gasthauses Adler hin wurde eine<br />
Grenzbereinigung vorgenommen. Das Gebäude selbst sollte<br />
durch den Einzug von zwei Brandmauern über Dach in drei<br />
völlig voneinander getrennte Bauteile aufgeteilt werden. Die<br />
Brandmauern stellten die Grenze zwischen der Spar- und<br />
Leihkasse, der Regierungshauptkasse und den anderen Verwaltungszweigen<br />
im Mittelteil und dem Amtsgericht im<br />
anschließenden Flügel dar. Da vor allem im Mittelteil Mauern<br />
ausgebrochen und neu eingezogen werden mußten, waren<br />
hohe Baukosten zu erwarten. Der preußische Fiskus setzte
Sta ndaha.us in Sigmarmgen.<br />
Ansicht des Ständehauses in Sigmaringen, soweit es dem preußischen Staat gehörte. Die über das Dach reichenden Brandmauern sind zu sehen.<br />
Vorlage: Staatsarchiv Sigmaringen<br />
für das Haushaltsjahr 1898/99 daher 87000 Mark ein, der<br />
Landeskommunalverband für den Umbau des Westflügels<br />
50000 Mark.<br />
Die Kassenräume im Erdgeschoß der Spar- und Leihkasse<br />
mußten umgebaut werden, um Platz zur »Gewinnung eines<br />
Lokals für den Depositen-Verkehr« zu gewinnen, der als<br />
neuer Geschäftsbereich aufgenommen werden sollte. Um<br />
Licht zu erhalten, wurden die Fenster vergrößert. Die Fassade<br />
des Südflügels erhielt damals eine neue Gliederung. Das<br />
heute ungleiche Bild des Süd- und Nordflügels stammt also<br />
erst aus dieser Umbauphase.<br />
Am Mittelteil erfolgten die meisten Veränderungen. Um<br />
Flächen für die Regierungshauptkasse zu erhalten, wurde das<br />
Vestibül in Dienstzimmer aufgeteilt und der Ständesaal durch<br />
eine eingezogene Decke beseitigt. Auch die langen Fenster im<br />
Mittelrisalit mußten quergeteilt werden. Die Fassade des<br />
ehemaligen Ständehauses wurde damit entscheidend verändert<br />
und erhielt ein neues Aussehen.<br />
Als die Umbauarbeiten schon in die Wege geleitet waren,<br />
unterbreitete die Stadt Sigmaringen am 17. Mai 1898 der<br />
Regierung das Angebot, den Mittelteil und Ostflügel für<br />
50000 Mark zu kaufen. Durch den Umbau würden »... die<br />
für Ausstellungs- und andere gemeinnützige Zwecke bisher<br />
noch vorhanden gewesenen größeren Lokale beseitigt.« Die<br />
Bürgerschaft verlor einen repräsentativen Saal im Zentrum<br />
der Stadt. Nachdem sie zunächst die seit 1889 laufenden<br />
Bauplatzverhandlungen nicht unterstützt, ja unterlaufen hatte,<br />
erkannte sie die Zeichen der Zeit zu spät und wurde vor<br />
vollendete Tatsachen gestellt. Schon am 20. Mai 1898 lehnte<br />
der Regierungspräsident das Gesuch ab.<br />
Die Bauarbeiten gingen zügig voran, und ab Ende Januar<br />
1899 konnten die ersten Dienststellen die neuen Räume<br />
beziehen.<br />
Ausblick auf das weitere Schicksal<br />
des ehemaligen Ständehauses<br />
Uber ein halbes Jahrhundert bestand das Gebäude in der von<br />
Architekt Laur entworfenen Form. Die Nutzung blieb auch<br />
konstant: Spar- und Leihkasse bzw. Hohenzollerische Landesbank<br />
(ab 1929), Regierungshauptkasse und Teile der<br />
preußischen Regierung - im Gegensatz zum Regierungsgebäude<br />
in der Karlstraße wurde das ehemalige Ständehaus<br />
daher auch Regierung II genannt - und Amtsgericht. Nachdem<br />
die Hohenzollerische Landesbank die übrigen Gebäudeteile<br />
vom Land Baden-Württemberg gekauft hatte, baute es<br />
diese in den Jahren 1963 bis 1965 für ihre Bedürfnisse um. Die<br />
Fassade wurde hierbei wiederum vereinfacht. Das Amtsgericht<br />
blieb in seinen Räumen. Nach dem Abriß des Gasthauses<br />
Adler konnte die Bank von 1971 bis 1974 moderne<br />
Erweiterungsbauten vornehmen.<br />
Das ehemalige Ständehaus verkörpert ein Stück <strong>hohenzollerische</strong><br />
Geschichte wie vielleicht nur noch das Landeshaus, das<br />
die Tradition des Hohenzollerischen Landeskommunalverbands<br />
aufrecht erhält. Der Fürst und seine Beamten waren<br />
zunächst die treibenden Kräfte, die das Ständehaus gegen den<br />
Willen der Landstände planten. Dann aber wurde es zum<br />
Symbol für die im Zuge der Übergabe der Fürstentümer an<br />
Preußen kassierte Verfassung und damit auch Ständevertretung.<br />
Über ein Jahrhundert erhielt sich für das Gebäude die<br />
Bezeichnung »Ständehaus«, obwohl die Landstände nur eine<br />
Sitzungsperiode darin getagt hatten.<br />
Von der Vielzahl der Behörden sind allein das Amtsgericht<br />
und das Notariat übrig geblieben, während sich die Hohenzollerische<br />
Landesbank beträchtlich ausgedehnt hat. In den<br />
ersten Jahren nach der Gründung ohne eigenes Geschäftslokal<br />
fand sie seit 1849 hier ihre dauernde Bleibe. Es gibt wohl<br />
kaum eine Bank, die in einem solch traditionsgeladenen<br />
Gebäude residiert.<br />
55
Quellen und Literatur:<br />
Staatsarchiv Sigmaringen: Ständehausbaukommission 1846-1850<br />
NVA I 10976, 10977. Preußische Regierung Ho 235 I-III L 844;<br />
I-V D 172,1; 174; 191 Preuß. Staatshochbauamt Sigmaringen, vor<br />
allem Pläne Nr. 67 ff. Depositum Fürstl. Hohenz. Archiv, Hofkammer<br />
Rubrik 17 Nr. 8 Sigmaringen, vor allem NVA 16675,<br />
16680-16 682, 16 684. Weiterhin gibt es Unterlagen der Geh.<br />
Konferenz, der Regierung, der Spar- und Leihkasse, der Preuß.<br />
Regierung, des Landeskommunalverbands, die sich mit Baufragen<br />
befassen, die aber nicht einzeln aufgeführt werden können.<br />
Walter Genzmer f<br />
Verhandlungen der Ständeversammlung des Fürstentums Sigmaringen<br />
1842/43, 1845/46 und 1849, jeweils Protokolle und Beilagen.<br />
Verordnungs- und Anzeigeblatt für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen<br />
bzw. der Kgl. Preußischen Regierung zu Sigmaringen<br />
1846-1850.<br />
Dorothea Muessle: Die räumliche und strukturelle Entwicklung der<br />
Stadt Sigmaringen in preußischer Zeit. Wiss. Zulassungsarbeit<br />
Tübingen, masch. 1975.<br />
Oberregierung- und Oberbaurat a.D., Landeskonservator für die Kunstdenkmäler Hohenzollerns a.D.,<br />
geb. 22. 10. 1890 in Köln, gest. 13. 6. 1983 in Bonn-Bad Godesberg<br />
Im Alter von 92 Jahren verstarb Walter Genzmer. Seine<br />
besten Jahre hat er der Denkmalpflege in den Hohenzollerischen<br />
Landen gewidmet. Kaum eine Stadt, eine Kirche oder<br />
ein profanes Kunstdenkmal in Hohenzollern seien denkbar,<br />
die nicht Spuren seines Schaffens aufwiesen, stellte Landtagsvizepräsident<br />
Gog fest, als er 1967 Walter Genzmer in einer<br />
Sitzung des Hohenzollerischen Landesausschusses nach<br />
33jähriger Tätigkeit als Landeskonservator verabschiedete.<br />
Wer seine Tätigkeitsberichte über die Denkmalpflege liest,<br />
wird dies bestätigen. In wenigen Strichen zeichnet er bei den<br />
vielen von ihm bearbeiteten Objekten die Geschichte, die<br />
Umbauphasen und die Restaurierungs- oder Sanierungsarbeiten<br />
nach, die er zumeist in Zusammenarbeit mit hervorragenden<br />
Restauratoren und Architekten durchgeführt hatte.<br />
Für die Landesgeschichte sind diese Berichte eine Fundgrube.<br />
Als Regierungs- und Baurat Walter Genzmer sich 1933 auf<br />
eigenen Wunsch von Berlin an die Regierung in Sigmaringen<br />
versetzen ließ, hatte er schon eine steile Karriere hinter sich.<br />
1890 in Köln geboren, wuchs er 1892 bis 1904 in Halle/Saale<br />
auf, dann in Danzig. Hier legte er mit 17 Jahren das Abitur ab<br />
und begann mit dem Studium von Architektur und Kunstgeschichte,<br />
das er in München und Dresden fortsetzte. Seine<br />
technische wie musikalische Begabung wurde von den Eltern<br />
gefördert. Sein Vater war zuletzt Professor an der Technischen<br />
Hochschule in Dresden und die Eltern wie auch seine<br />
Geschwister waren hochmusikalisch. Als entscheidende Studienjahre<br />
sind daher neben der Münchner Zeit die Jahre in<br />
Dresden ab 1913 anzusehen. Hier erhielt er erste Einsicht in<br />
die Praxis unter dem Stadtbaudirektor Erlwein. In gleicher<br />
Weise prägte ihn das hochstehende Musikleben und die<br />
Anschauung und das Studium der barocken Baukunst im<br />
Zwinger. Der Kunsthistoriker wie der Musiker Walter Genzmer<br />
fand in Dresden die Erfüllung seiner künstlerischen<br />
Wünsche.<br />
Nach der Diplomhauptprüfung als Architekt und der Staatsprüfung<br />
zum Regierungsbaumeister, bei der er als bester<br />
Teilnehmer abschnitt, arbeitete er bei der preußischen Staatsbauverwaltung<br />
in Naumburg, Merseburg, Bad Homburg<br />
v. d. H. und ab 1919 bei der preußischen Regierung in<br />
Wiesbaden. 1928 wurde er als Regierungsbaurat an die<br />
Hochbauabteilung des preußischen Finanzministeriums in<br />
Berlin berufen. Neben der Betreuung der staatlichen Schlösser<br />
und Gärten in Berlin gehörte er dem Redaktionskollegium<br />
der staatlichen Bauzeitschriften an (Denkmalpflege und Heimatschutz,<br />
Zeitschrift für Bauwesen, Zentralblatt der Bauverwaltung).<br />
In dieser Zeit trat er in enge dienstliche und<br />
persönliche Verbindung mit vielen im Reich wie in Preußen<br />
für die Kulturpflege maßgeblichen Persönlichkeiten. Die<br />
damals erlangte Anerkennung und Wertschätzung kam ihm<br />
56<br />
dann in Hohenzollern immer wieder zugute. Mit Wirkung<br />
vom 1. Dezember 1933 wurde er an die Regierung in Sigmaringen<br />
versetzt, seinen Dienst trat er am 2. Januar 1934 an. Er<br />
leitete das Dezernat für das Hochbauwesen, nach dem Kriege<br />
und damit dem Ende der Regierung wurde er der Leiter des<br />
Staad. Hochbauamts Sigmaringen. Ein Jahr stand er dann<br />
noch als Oberregierungs- und Oberbaurat dem Staad. Hochbauamt<br />
Heilbronn vor, bis er 1955 pensioniert wurde.<br />
Als Pensionär behielt er bis 1967 das Amt des Landeskonservators<br />
bei, das ihm im Februar 1934 nach dem Tode des<br />
Landeskonservators Wilhelm Friedrich Laur vom Regierungspräsidenten<br />
(Verwaltung des Hohenzollerischen Landeskommunalverbands)<br />
übertragen worden war. Diese Aufgaben<br />
nahm er bis zu seinem Ausscheiden 1967 ehrenamtlich<br />
wahr. Sie wurden zu seiner Lebensaufgabe, hier erwarb er<br />
sich über Deutschlands Grenzen hinaus Rang und Namen.<br />
Als Nachfolger Laurs übernahm er im Auftrag der Generalverwaltung<br />
des ehemals regierenden Preußischen Königshauses<br />
die denkmalpflegerische Betreuung der Burg Hohenzollern<br />
und die Beaufsichtigung der baulichen Instandhaltung<br />
der Burg. Er vertrat weiterhin 25 Jahre lang Hohenzollern im<br />
Vorstand des »Bundes für Heimatschutz in Württemberg«,<br />
der sich dann in »Schwäbischer Heimatbund« umbenannte.<br />
Seine Neigungen brachten es mit sich, daß er sogleich dem<br />
»Verein für Geschichte, Kultur- und Landeskunde Hohenzollerns«<br />
beitrat und sofort in den wissenschaftlichen Ausschuß<br />
gewählt wurde. Nach dem Krieg wurde er Mitglied der<br />
Kommission für geschichtliche Landeskunde in Württemberg<br />
(1946) und des Denkmalrats für den Regierungsbezirk<br />
Südwürttemberg-Hohenzollern. Als in Sigmaringen die Gesellschaft<br />
für Kunst und Kultur gegründet wurde, gehörte er<br />
auch diesem Vorstand an und leitete die Gesellschaft mehrere<br />
Jahre als 1. Vorsitzender. Sein Wirken in diesen Gremien und<br />
Vereinigungen, aber auch seine zahlreichen Vorträge, Führungen<br />
und auch Rundfunksendungen haben vielen Menschen<br />
neue Werte erschlossen und zur Vertiefung des Verständnisses<br />
für die Eigenart der heimischen Kultur wesentlich<br />
beigetragen.<br />
Walter Genzmer verließ sich nicht auf die Forschungen<br />
anderer, er ging selbst den Dingen nach. Die Bibliographie<br />
der <strong>hohenzollerische</strong>n Geschichte führt 43 große und kleine<br />
Veröffentlichungen von ihm auf. Erinnert sei allein an Bd. 1<br />
des Deutschen Glockenatlasses, an die Mitarbeit und Herausgeberschaft<br />
der beiden Bände Hechingen und Sigmaringen<br />
der »Kunstdenkmäler Hohenzollerns«, an den Bildband<br />
»Hohenzollern«, an die Führer für die Burg Hohenzollern<br />
und die Klosterkirche in Wald und an die Arbeiten über den<br />
Vorarlberger Baumeister Michael Beer, Meinrad von Ow und<br />
Johann Georg Weckenmann.
Entspannung von vielfältigen dienstlichen und freiwillig<br />
übernommenen Aufgaben fand Walter Genzmer zeitlebens<br />
bei der Musik. Die Musik Bachs war seine Welt, entsprechend<br />
waren Orgel und Cembalo seine Lieblingsinstrumente.<br />
Er war ein ausgezeichneter Interpret, der auch die moderne<br />
Musik nicht vernachlässigte. Lange Zeit spielte er an Sonnund<br />
Feiertagen in der evangelischen Kirche in Sigmaringen<br />
die Orgel. Seine Leidenschaft beleuchtet eine Begebenheit,<br />
die er in seinen Erinnerungen festgehalten hat. In Hechingen<br />
hörte er durch ein offenes Fenster hervorragend gespielte<br />
Klaviermusik. Er erkundigte sich sofort, wer dort wohne. Es<br />
war der Nobelpreisträger Werner Heisenberg, der mit dem<br />
Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik nach Hechingen gekommen<br />
war. Genzmer ließ sich vorstellen und eine musikalische<br />
Freundschaft entstand. Wenn Genzmer nun in Hechingen<br />
weilte, nahm er sich jeweils Zeit, mit Heisenberg vierhändig<br />
Klavier zu spielen.<br />
Für Walter Genzmer war die Betreuung der Bau- und<br />
Kunstdenkmäler in Hohenzollern eine Herzenssache. Sein<br />
sicheres Urteil, sein großes technisches Können und seine<br />
stille, verbindliche Art führten dazu, daß alle an einer<br />
Renovierung beteiligten Personen auf ein Ziel ausgerichtet<br />
wurden. Er versuchte vor allem, die im 19. Jahrhundert<br />
begangenen Bau- und Restaurierungsfehler wieder gutzumachen.<br />
Diese »Fehlinstandsetzungen«, wie er sie nannte, waren<br />
vor allem bei den barocken Kirchen zu beseitigen. Aber<br />
auch den neugotischen Kirchenbauten des 19. Jahrhunderts<br />
galt sein Augenmerk. Die Spannweite seiner Arbeiten kann<br />
nur an ausgewählten Beispielen aufgezeigt werden. Er führte<br />
die Rebarockisierung der Klosterkirche Beuron durch, er<br />
setzte die Pfarrkirchen in Sigmaringen, Laiz, Wald, Hettingen,<br />
Haigerloch, Hechingen und Inzigkofen wieder instand,<br />
wie auch die neugotischen Kirchen in Inneringen, Neufra<br />
und Veringenstadt. Er betreute die Burg Hohenzollern und<br />
richtete dort das Hohenzollernmuseum ein. Dem Stadtbild<br />
von Haigerloch galt seine Sorge. Beim Rathausumbau in<br />
Hechingen und der Stukkierung der Kirchendecke in Laiz<br />
bewies er sein Verständnis für die Zusammenarbeit mit<br />
hervorragenden Künstlern der Zeit, dem Architekten<br />
Schmitthenner und dem Bildhauer Henselmann. In gleicher<br />
Weise gelang es ihm, anerkannte Restauratoren für seine<br />
Arbeiten zu finden und zu gewinnen, mit denen er in<br />
produktive Wechselbeziehungen trat.<br />
Trotz des räumlich engen Wirkungskreises hat er die Verbindung<br />
und den Bezug zur deutschen und europäischen Kultur<br />
nie verloren. 1967 zog der hochgeehrte Walter Genzmer mit<br />
seiner Frau von Sigmaringen nach Berlin, dann nach Bonn-<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Abt Konrad von Gammertingen<br />
In der historischen Literatur Hohenzollerns ist schon oft<br />
über das Grafengeschlecht von Gammertingen gehandelt<br />
worden 1 . In der Geschichte des ehemaligen Benediktinerklosters<br />
Zwiefalten 2 nennt der Bearbeiter J. Zeller Seite 825 auch<br />
einen Abt Konrad von Gammertingen, der 1250 bis 1251 die<br />
Abtswürde besaß und bald darauf an einem 19. April gestorben<br />
sei, wie aus den Annales majores und dem Nekrolog<br />
Reinhards (also nicht lange nach 1250) zu entnehmen sei.<br />
Zeller rechnet diesen Abt Cuonradus de Gamertingin mit<br />
einem Propst Heinrich (nach Nekrolog zum 6. Oktober) und<br />
der Nonne Adelheid (vom 15. März) zu einer niederadeligen<br />
Familie, die sich nach dem um 1165/66 erfolgten Aussterben<br />
H<br />
Walter Genzmer im Alter von 77 Jahren<br />
Bad Godesberg. Es wurde still um den einst so schöpferischen<br />
und aktiven Menschen. Erblindet und an den Stuhl<br />
gefesselt verbrachte er zurückgezogen die letzten Lebensjahre,<br />
bis er nach kurzem schwerem Todeskampf erlöst wurde.<br />
In den Hohenzollerischen Landen und weit darüber hinaus<br />
bleibt Walter Genzmer in dankbarer Erinnerung.<br />
Wilfried Schöntag<br />
Anmerkung der Schriftleitung: Das Buch »Hohenzollern« von Walter<br />
Genzmer ist im Buchhandel zu bekommen. 36 Seiten Text und 96<br />
gute Abbildungen, Preis DM 26.- (Deutscher Kunstverlag München).<br />
der Grafen von Gammertingen nach diesem Ort nannte.<br />
Allerdings hält er irrig den Adelbert von Gammertingen einer<br />
Urkunde vom 21. April 1101 3 auch zum Niederadel. Den<br />
Zwiefalter Abt Konrad I. (1169-1193) machten spätere<br />
Chronisten laut Zeller ohne Beweise zu einem Grafen von<br />
Gammertingen.<br />
Hans Martin Maurer hat dann 1966 4 in seiner Familientafel<br />
des Grafenhauses diesen Konrad als Sohn des Grafen Ulrich<br />
II. von Gammertingen angesehen, was keineswegs sicher<br />
ist. Der Zwiefalter Abt Konrad I. starb am 20. Oktober<br />
1193 5 , kann somit wegen des Sterbedatums mit dem Abt<br />
57
Konrad von Gammertingen vom 19. April nicht identisch<br />
sein!<br />
Ahnlich hat neuestens Armin Wolf 6 in seiner Gammertinger<br />
Geschlechtstafel diesen (älteren) Konrad ohne Beweis als<br />
Sohn eines älteren Grafen Konrad von Gammertingen vermutet.<br />
Beide Geschlechtstafeln stimmen somit nicht überein.<br />
Eine genauere Untersuchung der Zwiefalter Nekrologe 7<br />
erschien somit zur Klärung der Unstimmigkeiten unumgänglich.<br />
Daher erging eine Bitte an unseren Landsmann<br />
Dr. Eberhard Gönner, den Präsidenten der badisch-württtembergischen<br />
Archive, durch einen Fachmann die im Original<br />
erhaltenen Nekrologe in der württembergischen Landesbibliothek<br />
in Stuttgart nachprüfen zu lassen. Die Erfüllung<br />
der Bitte geschah in großzügiger Weise durch Herrn<br />
Dr. Spelling an der genannten Bibliothek, der unter dem<br />
1. September 1983 berichtete:<br />
»Der ältere Nekrolog, Cod. theol. 141 aus dem 1. Viertel<br />
(also ca. 1125) des zwölften Jahrhunderts, enthält auf Seite<br />
184 als Nachtrag zum 19. April den Eintrag: >Conradus<br />
abbas de GamertinginCuonradus abbas de Gamertingin
mission und Anliegern einholte. Und 1911 kam noch die<br />
Peitschenfabrik der Gebr. Schuler hinzu, so daß es am<br />
Vorabend des 1. Weltkriegs in Jungingen nicht weniger als<br />
zehn Betriebe gab.<br />
Der plötzliche Reichtum dieser ersten Generation von Fabrikanten<br />
ließ sie ein Stück weit aus dem Kreis der Dorfgemeinschaft<br />
herauswachsen. Ihre Ansprüche, ihre Gepflogenheiten<br />
und ihr Verhalten wandelten sich; wir finden sie, wenn<br />
überhaupt, nur in den guten Weinlokalen, der »Post« und<br />
dem »Adler«. Wie der Fabrikant Silvester Bosch den Polizeidiener<br />
einmal abblitzen ließ, haben wir schon gehört; er<br />
scheint aber auch gegen höhere Amtspersonen recht stolz<br />
aufgetreten zu sein: »Silvester Bosch, Tricotfabrikant, wegen<br />
beleidigung des Bürgermeisters beauftrakt bies heute Mittag<br />
1 Uhr 100 Mk für die Armen zu bezahlen, widrigenfalls<br />
Glage erhoben wird« (13. 11. 02). Nach der Jahrhundertwende<br />
werden bereits die ersten Fabrikantenvillen gebaut.<br />
Vom Peitschenfabrikanten Anton Bumiller ist dagegen bekannt,<br />
daß er in Hechingen Wohnung bezog, weil seiner<br />
Gattin die dörfliche Umgebung nicht zusagte; er war es<br />
übrigens auch, der schon in den 90er Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts das erste Auto der ganzen Umgebung fuhr. Ihm<br />
tat es allerdings schon bald der Mechaniker Jakob Bosch von<br />
der Fa. Gebr. Bosch nach, der zu Beginn des Jahrhunderts ein<br />
Motorrad und schließlich ein Auto besitzt; am 20. 12. 1905<br />
wird ihm etwa »eröffnet, das er innerhalb 12 Tagen einen<br />
Schild mit Namen u. Wohnort an seinem Motorrad anbringen<br />
muß«.<br />
Ist es schon wenig, was sich über die ersten Fabrikanten sagen<br />
läßt, so sind wir über die erste Generation Fabrikarbeiter in<br />
Jungingen noch schlechter unterrichtet; deshalb wird für uns<br />
die geringste Notiz schon wichtig. Interessant werden dabei<br />
u. a. die Listen jener Personen, die der Polizeidiener wegen<br />
Ubersitzens der Polizeistunde aufgeschrieben hat, denn dort<br />
werden uns häufig Berufsbezeichnungen mitgeteilt. So sind<br />
als Mechaniker erwähnt ein Jakob Boß (23. 11. 79), Ludwig<br />
Zanger und Matheis Sauter (20. 3. 80), Johann Georg Bosch<br />
(5. 3. 81), Konstantin Schuler (6. 6. 82), Johann Bosch und<br />
Karl Deckel (11. 6. 82), Markus Bosch (17. 2. 85), Lukas<br />
und Albert Bosch (18. 10. 85), Lukas, Jihann und Wilhelm<br />
Bosch (31. 10. 86), Conrad und Carl Deckel (15. 12. 86) und<br />
Friedrich Deckel (8. 9. 87). Die verschiedenen Träger des<br />
Namens Bosch gehören fast ausschließlich der Gründerfamilie<br />
der Fa. Gebr. Bosch an oder sind Verwandte. Ludwig<br />
Zanger, Konstantin Schuler und die Brüder Deckel zählen<br />
zur ersten Generation Junginger Mechaniker, die bei der Fa.<br />
Bosch gelernt haben; Friedrich Deckel ist der nachmals nach<br />
München übersiedelte berühmte Firmengründer. In Jakob<br />
Boß und Matheis Sauter müssen wir wohl auswärtige Arbeiter<br />
sehen, die vermutlich aus dem Ebinger Raum nach<br />
Jungingen zur Arbeit kamen. Allein aus diesen Zufallserwähnungen<br />
teilt uns unsere Quelle wenigstens zehn Mitarbeiter<br />
der Fa. Gebr. Bosch in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts<br />
mit. An Peitschenmachern sind uns in derselben Zeit ein Paul<br />
Deckel (13. 6. 82 u. 4. 3. 85), Fidel Haiß (15. 11. 85), Sebastian<br />
Simmendinger aus Killer (10. 10. 87) und der schon<br />
erwähnte Tscheche Franz Soboda bekannt. Auch hier ergibt<br />
sich also das Bild: Zur ersten Arbeitergeneration in Jungingen<br />
zählen an erster Stelle Männer aus dem Dorf, aber es gibt auch<br />
schon »Einpendler« aus der näheren Nachbarschaft; der<br />
Ausländer Soboda ist wohl als >Mitbringsel< seines Chefs eine<br />
Ausnahme. Arbeiterinnen geben die Polizeidienerbücher zu<br />
diesem Zeitpunkt noch nicht zu erkennen, was allerdings<br />
nicht viel besagen muß.<br />
Uber Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit und Lohn erfahren<br />
wir hier gar nichts, aber seit 1900 werden die Polizeidienerbücher<br />
gesprächiger, was Arbeitsschutz, bau- und feuerpolizeiliche<br />
Maßnahmen in Betrieben und den Versicherungsschutz<br />
angeht, da der Polizeidiener hierfür jeweils die untere Ebene<br />
der Behörden vertritt.<br />
Am 8. 11. 1899 war der Polizeidiener »Bei Gebrüder Haiß<br />
betrefs Jugendlichen Arbeiter u. Arbeiterinnen«, am<br />
10. 8. 1901 hat er »die Arbeiter in den Fabriken mit Motorbetrieb<br />
aufgenommen«. Am 3. 12. 01 werden »Bei Geb.<br />
Haiß, Gebr. Bosch, Joh. Bosch Söhne + Anton Bumiller die<br />
Arbeiter refiediert«. Hier wie in allen weiteren Fällen werden<br />
uns allerdings die Zahlen der in den Betrieben Beschäftigten<br />
verschwiegen, aber diese Zahl muß inzwischen schon beträchtlich<br />
gewesen sein. Es wird jetzt verstärkt darauf geachtet,<br />
daß Maßnahmen zum Arbeitsschutz und feuerpolizeiliche<br />
Bestimmungen eingehalten werden. Am 29. 9. 01 wird<br />
»Gebr. Bosch den Gang zum Azittelin [Acetylen] aparat zu<br />
behellen eröffnet«, ebenso werden sie aufgefordert, das Treppenhaus<br />
zu beleuchten (6. 11. 01). Am 13. 8. 02 wird »die<br />
Arbeiterordnung in den Geschäften Schriftlich überbracht«,<br />
zwei Tage später wird »Gebr. Haiß eröffnet, den 14 Jahr alten<br />
nicht länger arbeiten laßen als 6 Stunden«. Derselbe Betrieb<br />
wird am 31. 10. 02 ermahnt, »feuerfeste Läden anbringen«<br />
zu lassen. Zugleich wird darauf gedrängt, daß die Arbeiter<br />
ordentlich versichert sind. Am 12. 11. 04 werden »die Arbeiter<br />
und Arbeiterinnen gezählt, welche in der Alters- und<br />
Invaliden Versicherung, aber nicht in der Krankenkasse sind.<br />
Das Ergebnis war 33« (es scheint sich dabei nur um die<br />
Arbeiter der Fa. Gebr. Haiß zu handeln, was eine Andeutung<br />
auf die Größenordnung der Belegschaften ist). Die Krankenversicherung<br />
scheint jedoch weiterhin nachlässig behandelt<br />
worden zu sein, denn am 11. 11. 05 werden sechs Betriebe<br />
ermahnt, »daß bis Montag abend sämtliche Arbeiter und<br />
Arbeiterinnen in die Krankenkasse angemeldet sein müssen,<br />
andernfalls sie bis zu 20 Mark bestraft würden«.<br />
Inzwischen schreitet die Mechanisierung der Junginger Industriebetriebe<br />
voran, so daß man am 28. 11. 02 »bei den<br />
Fabrikanten, welche Motorbetrieb haben, die Motorkräfte<br />
sowie die Maschinen & deren Arbeiter kontroliert«. Das<br />
Zeitalter der Kamine beginnt. Die erste Dampfmaschine war<br />
seit 1882 bei Gebr. Bosch in Betrieb. Von ca. 1900 stammt das<br />
Modell in der Trikotagenfabrik des Paul Bumiller, das bis<br />
heute zu bewundern ist. 1906 ging die Dampfmaschine des<br />
Möbelwerks Gebr. Riester in Betrieb, das im Volksmund<br />
überhaupt zur »Dampfe« wurde. Im selben Jahr (7. 9. 06)<br />
werden »den Gebrüder Haiß Bedingungen zur Genehmigung<br />
der Dampfkesselanlage ausgehändigt«. Diese Anlage kommt<br />
später noch einmal zur Sprache (21. 9. 1914): »Bei Geb. Haiß<br />
betr. Revision des Dampfkessels: der Mangel unter Ziffer 1<br />
betr. Manometer ist nicht beseitigt.«<br />
Der wohl interessanteste Eintrag zur Junginger Industriegeschichte<br />
in den Polizeidienerbüchern betrifft den<br />
17. Sept. 1904: unter diesem Datum wird bei Gebr. Bosch<br />
und Johann Bosch Sc Söhne, also den Mechanikbetrieben,<br />
nachgefragt, »ob Ihre Lieferungen nach Rußland u. Japan<br />
erheblich seien, sie sagten seitdem der Krieg währe, seien die<br />
Lieferungen ganz beschränkt, also nicht erheblich«. Bei<br />
diesem Krieg handelt es sich um den russisch-japanischen<br />
Konflikt 1904/05. Uns wird also hier ganz beiläufig mitgeteilt,<br />
daß Junginger Betriebe schon zu Beginn dieses Jahrhunderts<br />
Geschäftsbeziehungen bis ans andere Ende der Welt<br />
hatten.<br />
Fortschritt<br />
Das durch die zunehmende Industrialisierung um die Jahrhundertwende<br />
steigende Steueraufkommen Jungingens ermöglicht<br />
es der Gemeinde, den Zivilisationssprung, den<br />
Europa in jener Zeit erlebte, im kleinen mitzutun. Dabei ist<br />
der Anschluß an die Moderne kein reibungsloser Vorgang in<br />
der Gemeinde. Es ist ein Fort-Schritt, bei dem ein Fuß eine<br />
Zeitlang zögernd in der Luft verharrt. So wie schon die<br />
59
Industrie nur schleppend die gesetzlichen Forderungen von<br />
Bau- und Feuerpolizei, von Arbeitsschutz und Krankenversicherung<br />
erfüllt, so muß letztlich der gesamten Bürgerschaft<br />
teilweise unter Strafandrohung zu einem neuen Verständnis<br />
der Zukunft verholfen werden: es ist ein amtlich verordneter<br />
Fortschritt, der hier vollzogen wird. Und daß es bremsende<br />
Kräfte gab, zeigt sich beispielsweise daran, daß das reiche<br />
Jungingen - später als andere Gemeinden - erst nach dem<br />
1. Weltkieg ein Elektrizitätsnetz erhielt. Dennoch kann man<br />
sagen, daß in Jungingen ziemlich genau mit dem Jahr 1900 das<br />
neue Zeitalter begonnen hat. Es ist gekennzeichnet durch die<br />
Mechanisierung der Arbeit - auch in der Landwirtschaft<br />
finden Maschinen ihre Anwendung -, im Bauwesen durch<br />
Einführung neuer Baustoffe: Stahl und Beton, in der Organisation<br />
des alltäglichen Lebens durch Anschluß an gemeinsame<br />
zentrale Versorgungsnetze wie etwa die Hauswasserleitung.<br />
Hinzu kommen Wandlungen der Mentalität: etwa ein<br />
neues Verhältnis zur Hygiene oder ein wachsendes Bildungsbedürfnis.<br />
Nach der Begradigung der Starzel im Ortsbereich werden in<br />
Jungingen erstmals »5 Eiserne Bruken im submissionswege<br />
fergeben« (27. 8. 1901) nachdem es bisher nur Furten durch<br />
den Bach und hölzerne Stege gegeben hatte. So läutet sich die<br />
neue Zeit ein. Das größte Vorhaben der Gemeinde zu Beginn<br />
des neuen Jahrhunderts war allerdings der Bau einer Wasserleitung.<br />
Diese Geschichte hat, wie wir aus anderen Quellen<br />
und Erzählungen wissen, die Gemüter heftig erregt. In den<br />
Polizeidienstbüchern finden diese Auseinandersetzungen natürlich<br />
nicht statt, in ihnen zeigt sich nur der äußere Gang der<br />
Dinge. Am 17. 7. 04 werden erstmals »die Gemeinde Vertretung<br />
u. die Gemeinde Räthe geladen auf Morgen Abend<br />
8 Uhr wegen Brunnen u. Hauswasserleitung«. Am 31. 7.<br />
war der Polizeidiener unterwegs »bei den Bürgern Unterschreiben<br />
lassen wegen Hauswasserleitung«. Zugleich wird<br />
einigen Bürgern gesagt, »sie dürfen kein Abwasser mehr von<br />
der Küche über den Weg laufen lassen, entweder müssen die<br />
das unterirdisch fortrichten oder eine Senkgrube erichten«.<br />
(19. 4. 04). Im Jahr 1905 wird die Leitung jedenfalls gebaut.<br />
Am 5. Januar war Polizeidiener Schuler »Quellen messen mit<br />
Herrn Falkenstein aus Balingen«. Dies deutet den Beginn der<br />
Arbeiten an, und im Herbst scheint die Leitung fertig zu sein,<br />
wenn er verkünden muß: »An den Hydranten und Hahnen<br />
der Wasserleitungen, der alten wie an der neuen, hat außer<br />
dem Brunnenmeister Anton Haiß niemanden nur im geringsten<br />
etwas daran zu ändern«.<br />
Weniger aufregend, aber vielleicht noch zäher war der Kampf<br />
um die Einfriedung der Misten, der sich gewissermaßen über<br />
Jahrzehnte hinzieht. Bereits am 17. 7. 1881 klagt Polizeidiener<br />
Müller, daß Carl Friedrich Riester trotz »wiederholter<br />
Ermahnung seine Jauche aus der Miststatt laufen lies und<br />
dadurch der Polizeilichen Anordnung zuwider handelte«.<br />
Nach der Jahrhundertwende beginnt jedenfalls eine groß<br />
angelegte Kampagne: »Auf Anordnung des Königlichen<br />
Oberamts müßen sämdliche Dunglegen bies innerhalb<br />
14 Tagen eingemacht werden, jndem nachher eine Refission<br />
stadtfindet« (7. 3. 02). Am 6. 10. 04 erfolgt die Aufforderung,<br />
die Misten »innerhalb 2 Monaten« »mit Peton einzumachen«,<br />
und am 25. 10. sind im Dienstbuch jene 76 Besitzer<br />
namentlich aufgeführt, die der Anordnung noch nicht Folge<br />
geleistet haben. Am 17. 4. 05 versucht die Gemeinde den<br />
Bürgern die Einfriedung der Misten noch einmal zu erleichtern:<br />
»Die Besitzer der Dunglegen... werden ersucht, ihre<br />
Dungstätten bis Juni mit Beton einzumachen. Portlandzement<br />
hierzu liefert die Gemeinde den Sack zu 3 M. oder<br />
3.05 M. ...Bemerkt wird noch, daß die Dunglegen vorschriftsmäßig<br />
eingemacht sein müssen u. eignet sich am<br />
besten Beton, um nachher den Besitzer vor Strafe zu schützen.<br />
« So begann also das Betonzeitalter in Jungingen auf der<br />
Miste.<br />
60<br />
Aber der Fortschritt vollzog sich nicht nur im Materiellen,<br />
sondern etwa auch im Bereich der medizinischen Versorgung.<br />
Die ärztliche Betreuung erfolgte immer schon von<br />
Hechingen aus. Schon 1879 werden ein Arzt und zwei<br />
Apotheker erwähnt (23., 26. u. 27. 12. 79). Ebenfalls schon<br />
sehr früh lassen sich jährliche Impfaktionen nachweisen<br />
(zuerst 9., 15. u. 27. 7. 80). Nach der Jahrhundertwende<br />
werden die Bürger alljährlich im Gasthaus »Adler« geimpft<br />
(z.B. 17. 5. 01). Die Bürger werden auch amtlich über<br />
Krankheiten aufgeklärt: »alle forkommenden anstekenden<br />
Krangheiten durch Schellenruf bekannt gemacht«<br />
(23. 4. 1900). Die ärzttzliche Betreuung ist jetzt regelmäßig<br />
gewährleistet: »der Pragtische Artzt Dok. Ruff von Hechingen<br />
ist jeten Montag & Freitag in Jungingen bei Pfilieb<br />
Bumiller Wirth [»Engel«] zu sprechen« (20. 6. 01).<br />
Der Aufbruch in die neue Zeit war auch begleitet von einem<br />
neuen Bildungsbedürfnis. Den frühesten Beleg hierfür verdanken<br />
wir dem ordnungswidrigen Verhalten eines Jugendlichen:<br />
»Abend halb 8 Uhr traff ich den Bernard Heis mit<br />
Pfeifen vor dem Rathaus, welcher Stöhrung der Fortbildungsschule<br />
verursachte« (20. 11. 80); was hier gelernt wurde,<br />
erfahren wir leider nicht. Weitere Nachrichten betreffen<br />
erst wieder die Zeit nach 1900. »Vom 15. (März 1904) bis<br />
Freitag je nachmittags 2 Uhr hält Viehzuchtinstruktor Maier<br />
aus Sigmaringen einen Vortrag im Gasthof zur Krone, wozu<br />
auch erwachsene Weibliche Personen eingeladen sind.« Hier<br />
bezieht sich das Fortbildungsinteresse noch immer auf den<br />
traditionellen landwirtschaftlichen Bereich, aber es wird jetzt<br />
auch deutlich, daß seit einiger Zeit die haus- und handwerklichen<br />
Fähigkeiten der jugendlichen Junginger geschult werden,<br />
denn am 24. 8. 05 verkündet der Polizeidiener durch<br />
Schellenruf: »Nachdem die Industrielehrerin altershalber den<br />
Dienst gekündigt hat, so wollen sich bewerberinnen um diese<br />
Stelle innerhalb 8 Tagen mit gehaltsansprüche beim Bürgermeisteramte<br />
melden.«<br />
Ein wesentliches Kennzeichen des zivilisatorischen Fortschritts<br />
haben wir noch nicht angesprochen: die neue Art<br />
der Bewegung. Um 1900 beginnt für Jungingen auch das<br />
Zeitalter der Schnellebigkeit. Und dies muß gerade auf den<br />
Polizeidiener, der in seiner Ruhe und Gemächlichkeit so<br />
etwas wie ein Symbol dörflicher Idylle ist, bedrohlich wirken.<br />
Verkehr<br />
Das Reisemittel der Zeit vor 1900 ist die Postkutsche. Sie<br />
verkehrt selbstverständlich auch im Killertal und die »Post«<br />
in Jungingen ist Haltstation. Am 8. 9. 1887 am späten Abend<br />
»fuhren im kaiserlichen Postwagen Friedrich Dekel, Mechaniker,<br />
Christian Riester, Schreiner, beide von hier jauchzend<br />
und lärmend durch das Dorf bis zur Post, wobei die Ruhe der<br />
Nacht gestört wurde«. Neben diesem öffentlichen Verkehrsmittel<br />
gibt es Händlerfuhrwerke und private Verkehrsteilnehmer.<br />
Am 6. Mai 1884 »9Nachts 10 Uhr kam Kauffmann<br />
Heim von Burladingen, Emmelene Bumiller, Emilie Winter<br />
und Erna Müller gesellschaftlich in einer Chaise singend und<br />
ohne brennend Laterne durchs Dorf gefahren, liesen das<br />
Fuhrwerk gegen % Stundt ohne Aufsicht bei der Wirthschaft<br />
des Fridrich Bumiller stehen. Machte deßhalb beim kgl.<br />
Vogtamt die ergebene Anzeige...« Der Polizeidiener übernimmt<br />
nun auch die Funktion des Verkehrspolizisten, und<br />
die relative Hektik der Straße fordert seinen Zorn heraus,<br />
etwa als am 12. 3. 81 der »Heiligenpfleger von Hörschwag<br />
im starken Galopp durch das Dorf« fuhr. Wen wundert es so,<br />
daß die Straße schon damals gefährlich werden konnte. Am<br />
Ostersonntag 1880 »Abend halb 10 Uhr überfuhr Karl<br />
Schmid von Hechingen einen Bürger von hier mitten im<br />
Dorf«. Und am 4. 8. 02 »wurde mier durch Gregor Küster<br />
von Starzein die Anzeige gemacht, daß Gregor Keßelring von
Hechingen ferunglükt auserhalb des Dorfes mit seinem Fuhrwerk<br />
auf der Landstraße liekgen würde, von Polizeidiener &<br />
dem Stelfertreter Bürgermeister Kohler nach Hechingen ins<br />
Spital ferbracht«.<br />
Soweit bewegt sich alles noch in den alten Bahnen. Aber seit<br />
etwa 1900 wandelte sich die Art der Bewegung und die Art<br />
der Fortbewegungsmittel grundlegend. Am 16. 9. 02 hat der<br />
Polizeidiener »die Fahrradbesitzer ermittelt von hier, welche<br />
noch keine Fahrradkarten besitzen«. Und über die Fabrikanten<br />
hat auch bereits das Automobil, wie wir wissen, in<br />
Jungingen Eingang gefunden. Nach dem Peitschenfabrikanten<br />
Anton Bumiller, der seit den 90er Jahren mit einem<br />
Motorwagen von Benz durchs Dorf fährt, motorisiert sich<br />
auch der Mechaniker Jakob Bosch, dem am 13. 7. 06 gesagt<br />
wird, »er müsse sein Kraftfahrzeug beim Königlichen Steueramt<br />
melden«.<br />
Dies ist aber nur das eine Gleis des Wandels. Eine weitere<br />
Dimension der Verkehrsgeschichte wird hier mit dem Bau<br />
der Bahnlinie 1900/01 eröffnet. Die neuen Verkehrsmittel<br />
veränderten das Gefühl für Entfernung und Zeit, man mußte<br />
sich mit den neuen Verhältnissen erst vertraut machen. Der<br />
Polizeidiener muß bei einem wohl reisegewohnten Mitbürger<br />
anfragen, »ob man in einem Tag nach Sigmaringen kommen<br />
könne, wenn man sich um 9 Uhr stellen muß; er sagte nein,<br />
weil der Zug erst um Vi 10 Uhr in Sigmaringen ankommt«.<br />
So erhält Jungingen, das durch seinen Handel zwar auch<br />
früher nie >hinter dem Wald< lag, durch Verkehr und Industrie<br />
auf eine neue Weise Anschluß an die Welt. Aber auch das<br />
Leben auf dem Dorf spiegelt durch neue Gemeinschaftsformen<br />
den sozialen Wandel.<br />
Vereine<br />
Das Vereinswesen ist eine soziale Erscheinung des 19. Jahrhunderts.<br />
Der älteste Verein in Jungingen ist unserem bisherigen<br />
Wissen nach der Gesangverein von 1867. Dieser Verein<br />
und auch die Blasmusik, die wohl ähnlich lange gepflegt wird,<br />
findet sich in den Polizeidienerbüchern allerdings nie erwähnt.<br />
Dafür bereichert diese Quelle unser Wissen über die<br />
dörfliche Vereinsgeschichte um andere Einzelheiten.<br />
Wir haben oben schon des »Vereins gegen Haus- und Straßenbettel«<br />
gedacht, der offensichtlich nur in den Jahren 1881/<br />
82 bestanden hat. Später treten aber noch andere Vereinigungen<br />
auf, die heute nicht mehr existieren. So läßt sich etwa vom<br />
10. 6. 1900 an eine »Zuchtviehgenossenschaft« nachweisen -<br />
vom Polizeidiener meist nur kurz »Fiehferein« genannt -, die<br />
eine Jungviehweide betrieb und über die man offensichtlich<br />
günstig Fleisch beziehen konnte. Obmann war der Schmied<br />
Johann Bosch.<br />
Ebenfalls seit 1900 (21. 8.) läßt sich ein Gewerbeverein<br />
belegen. Dies scheint ein Zusammenschluß der Geschäftsleute<br />
und Fabrikanten gewesen zu sein; über Ziele und Tätigkeiten<br />
ist nichts bekannt, man kann sie lediglich aus seinem<br />
Namen erraten. Am 5. 8. 06 treibt der Verein von 29 Mitgliedern<br />
insgesamt 23,20 Mark an Beiträgen ein.<br />
Wenn der Polizeidiener am 5. 8. und 12. 8. 1900 »beim<br />
Scheibenschießen in der Farrenwies« Dienst tut, dann ist dies<br />
ein Hinweis auf die Existenz eines Schützenvereins bzw.<br />
eines Vorläufers, denn der jetzige Schützenverein ist nachweislich<br />
erst nach dem 1. Weltkieg gegründet worden.<br />
Den Gründungsvorgang eines neuen Vereins kriegen wir im<br />
Januar 1906 andeutungsweise mit, indem Polizeidiener Schuler<br />
verkündet: »Wer sich einem Obstbau-Verein anschließen<br />
will, muß Sonntag Nachmittag Vi 3 Uhr in der Wirtschaft des<br />
Philipp Bumiller erscheinen« (4. 1. 06). Am 5. 5. 06 schließlich<br />
»hält der hiesige Obstbau-Verein im Gasthaus zur Krone<br />
eine Versammlung ab«.<br />
Zu den Vereinen müssen wir wohl auch die Feuerwehr<br />
rechnen, die zwar eine besondere praktische Aufgabe im<br />
Dorf zu erfüllen hatte, die aber durch ihre regelmäßigen<br />
Zusammenkünfte immer schon Vereinscharakter besaß. Diese<br />
Pflichtfeuerwehr (!) ist von 1900 an bis in den Krieg hinein<br />
ständig erwähnt und wird vom Polizeidiener regelmäßig zur<br />
Probe einberufen. »Morgen abend brezies 7 Uhr haben<br />
sämtliche Steuger & Spritzenmanschaften vor dem Rathaus<br />
zu erscheinen« (21. 6. 01).<br />
Vom Leseverein, der ebenfalls um die Jahrhundertwende<br />
gegründet worden sein soll und der das Bildungsbedürfnis<br />
der Mitbürger befriedigen wollte, erfahren wir erst spät und<br />
nur dadurch, daß am 23. 8. 1914 im Nebenzimmer des<br />
»Adler« »einige Mitglieder des Lesevereins« die Polizeistunde<br />
übersaßen.<br />
Ein letztes Beispiel ist der Militärverein, der zu den ältesten<br />
Junginger Vereinen zählte und wohl auf die Veteranen von<br />
1870/71 zurückgeht. Er tritt uns in den Polizeidienerbüchern<br />
allerdings erst 1914 - und nun aus traurigem Anlaß - entgegen:<br />
am 14. 11. 14 lädt er ins Vereinslokal »Krone« zu einer<br />
»Besprechung über Kriegssterbekasse«.<br />
1914<br />
Eigentlich könnte man sagen, der Alltag ging im Krieg<br />
normal weiter. Man traf sich in den Wirtschaften, man war<br />
ausgelassen, der Polizeidiener tat seinen gewohnten Gang<br />
und notierte die gewohnten Vorkommnisse. Aber mit den<br />
fortschreitenden Kriegsereignissen atmen auch die Diensteinträge<br />
etwas Beklemmendes.<br />
Dem Ausbruch des 1. Weltkriegs haftet noch ein Bekanntmachungscharakter<br />
an. Am 31. Juli 9114 hat Polizeidiener<br />
Bosch »Plakate betr. Kriegszustand angeschlagen«. Tags<br />
darauf verkündet er per Schellenruf: »Alle Reservisten &<br />
Landwehrleute, welche Kriegsbeorderung zum lten Mobilmachungstage<br />
haben & die bei Bekanntwerden des Kriegszustandes<br />
sich stellen sollen, müssen heute noch abreisen.«<br />
Abends 7 Uhr ruft er die Mobilmachung aus. Am 8. 8. 1914<br />
werden acht junge Männer zur Musterung geladen, aber<br />
vielen der Jungen war noch nicht bewußt, was ihnen bevorstand.<br />
Am 15. August »12 Uhr nachts sang eine größere<br />
Anzahl Burschen patriotische Lieder das Dorf herunter, ich<br />
stellte dieselben und erklärte ihnen, daß dies in Anbetracht<br />
der vorgeschrittenen Zeit zu unterlassen sei. Johann Zanger,<br />
Mechaniker, 20 Jahre alt, leistete keine Folge und verleitete<br />
die übrigen zum Weitersingen«. Am 17. Dez. wird »dem<br />
Fabrikanten Brütsch eröffnet, er solle für seinen Arbeiter<br />
Hermann Bosch einen jüngeren Mann anlernen lassen, da<br />
Bosch zum Heere einberufen werde«. Die Kriegsbegeisterung<br />
der jungen Männer verband sich auch mit bestimmten<br />
Bräuchen: so wurde in der Sylvesternacht 1914 das neue Jahr<br />
mit Gewehrsalven angeschossen.<br />
Aber bald schon sollten sich die Auswirkungen der Kriegswirtschaft<br />
zeigen. Hatten schon am 2. 8. 1914 einige Wirte<br />
das Verbot erhalten, alkoholische Getränke auszuschenken,<br />
so werden schon am 15. 1. 1915 die Grundnahrungsmittel<br />
requiriert: »Sämtliche Getreidearten wie Korn, Weizen,<br />
Roggen, Hafer, Gerste usw. sind von der Heeresverwaltung<br />
beschlagnahmt. Der Verkauf von Getreide & Mehl auch in<br />
kleinsten Mengen ist bis auf Weiteres verboten. Es wird in<br />
nächsten Tagen eine Aufnahme der Vorräte stattfinden.<br />
Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung wird bis zu<br />
6 Monaten oder 1500 Mk bestraft.«<br />
Heute wissen wir, daß sich in solchen Maßnahmen schon<br />
früh das Ende ankündigte. Das letzte erhaltene Dienstbuch<br />
endet allerdings schon am 15. 2. 1915. Der Rest ist - was<br />
unsere Quelle angeht - Schweigen.<br />
61
GEORG GAUGGEL<br />
»Naus, na, nomm« oder: Wo ma vo Semmerenga aus na gau ka<br />
Wie oft am Tage sagen wir zu uns oder Andern: »I muaß<br />
schnell ge Hedinga naus« oder »Trag au schnell den Briaf auf<br />
d'Poscht na\« oder: »Heit Mittag ga-mer amol wieder ens<br />
Antonedäle hendere«, ohne daß wir uns groß Gedanken<br />
machen, wie dieses »naus« oder »na« oder »hendere« entstanden<br />
ist. Für den Bewohner der Stadtmitte ist es zwar selbstverständlich,<br />
daß er den Ochsa- oder Brunnaberg »nauf, ge<br />
Gora naus« und »en Badischa Bahof na goht«, aber denken<br />
die Bewohner vom »Ochsaberg« und »vom Badischa Bahof«<br />
nicht gerade umgekehrt? - Für »d'Hanferdäler« ist doch<br />
selbstverständlich daß »ma en d'Stadt nei goht«, während der<br />
Städter am Sonntagnachmittag »em Pfaua dussa« gern sein<br />
Schöpple trinkt.<br />
En »Schneckagata goht ma na«, während man ins Strandbad<br />
»hendere« goht, warum denn eigentlich? Ist es nicht ein und<br />
derselbe Weg? - Wohin »goht ma« denn eigentlich noh<br />
hendere«? »Ens Andonedäle hendere«, »ge Beiron hendere«<br />
oder »ens Schmeiadäle hendere« - , also wenn es sich um ein Tal<br />
handelt, wenn man hinter« einem Berg verschwindet, dann<br />
gehen wir offensichtlich »hendere«. Und wenn das Tal von<br />
dem Strandbad auch ziemlich breit ist, so »goht ma« halt doch<br />
»ens Strandbad hendere« und nicht »na«\ Wie es auch sei,<br />
schön ist es im Sommer dort trotzdem!<br />
Nach Hedinga »goht ma naus« zum »Zoller« ebenfalls und<br />
auch alle anderen Wege, die eben verlaufen, gehen wir<br />
»naus«. Warum aber gehen wir auch »ge Schmeia« oder »ge<br />
Jongna« »naus«, obwohl doch für beide ein »nom« oder<br />
nieber« richtiger wäre? - Wahrscheinlich wird dabei nur an<br />
das Stück bis nach Gorheim bzw. Zoller gedacht und nicht<br />
daran, daß erst dann der eigentliche Weg beginnt. - Allerdings,<br />
»ge Schmeia« ka ma au »hendere« gau, aber dann geht<br />
der Weg durchs Schmeiedäle und ist von der Stadt aus<br />
bedeutend weiter. - Und warum goht ma »ge Ebinga« »naus«<br />
und nicht »hendere«? - Fast möchte ich behaupten, daß<br />
dieses »naus« auch dann steht, wenn es sich um weite<br />
Entfernungen handelt; bei Jungnau und Ebingen stimmt es ja<br />
auch.<br />
Und da wir gerade von Entfernungen und von Jungnau<br />
sprechen, möchte ich etwas abschweifen und eine kleine<br />
Geschichte einflechten, bei der Jungnau eine Rolle spielt:<br />
Hatte einst ein ehrsamer Sigmaringer Handwerker, dessen<br />
Nachkommen jetzt noch dort leben, und den viele der<br />
Alteren noch gekannt haben, mit seiner Eheliebsten eine<br />
kleine Auseinandersetzung, in deren Verlauf sie ihm entrüstet<br />
vorwarf: »Bei Dir hot ma au koi guate Stond!«, und er ihr<br />
darauf zur Antwort gab: »No muascht halt amol ge Jongna<br />
JOHANNES WANNENMACHER t<br />
naus gau, do hoscht a guata Stond!« (zu gehen nämlich,<br />
meinte er!)<br />
Doch nun wieder zurück zu unserem Thema: »ge Enzkofa«<br />
goht ma »nauf«, wenn man ins Dorf will, aber »hendere«<br />
zum Bahnhof. - Und sonderbarerweise »goht ma« au an<br />
»Bodasee nauf«, obwohl der doch viel tiefer liegt als wir.<br />
Offenbar denken wir dabei nur an den Berg, den wir, aus der<br />
Stadt herausgekommen, zu überwinden haben und nicht<br />
daran, daß wir später ja ein viel größeres Stück bergab fahren<br />
dürfen.<br />
Genau umgekehrt verhält es sich mit Langenenslingen: denn<br />
dorthin goht ma »na«, obwohl es doch vom Hanfertal aus<br />
und erst recht nach Hitzkofen ganz schön »nauf« goht, und<br />
Langenenslingen höher über NN liegt als unser Städtle! -<br />
Aber vor Wilflingen darf man dann ja »na« fahraü!<br />
Der Wirklichkeit näher kommen wir da, wenn wir z. B. »ge<br />
Benga oder ge Hitzkofa nom gand«, denn dabei müssen wir<br />
ja tatsächlich über einen Berg »nom«\ Und ebenso verhält<br />
es sich bei Krauchenwies, Ablach und Rulfingen, wenn<br />
wir dorthin »nom« gand. - Nach Laucherthal allerdings<br />
»goht ma« eigentlich nia »nom«, sondern meistens »nieber«,<br />
was somit eine ganz ganz kleine sprachliche Sonderheit<br />
darstellt.<br />
Wenn wir »ge Loiz nauf« gand, so denken wir wohl daran,<br />
daß es donauaufwärts geht, denn auf der Straße ist für dieses<br />
»nauf« wohl kaum eine Berechtigung zu finden. - Unsere<br />
Laizer Mitbürger dagegen gehen selten »ge Semmerenga na«,<br />
sondern grundsätzlich »nei« \ Hier haben wir wahrscheinlich<br />
das Gegenstück zum oben erwähnten »naus«.<br />
Genau so richtig, wie wir »ge Loiz nauf« gand, genau so<br />
gehen wir »ens Dorf« oder »ge Menga» »na«, denn wir folgen<br />
dabei dem Lauf der Donau. - Weiter als Laiz gehen wir<br />
allerdings der Donau nach nicht »nauf«, denn gleich dahinter<br />
fängt ja's Donautal an und dort geht es, wie wir schon sahen,<br />
»hendere«\<br />
Ob wir nun »nauf«, »na«, »hendere«, »nom« oder nieber«<br />
gehen, ob wir uns dabei immer ganz richtig ausdrücken, ist<br />
nicht so wichtig; die Hauptsache bleibt, daß wir wissen,<br />
wohin wir gehen müssen!<br />
- Und zum Schluß sei mir noch ein wunderschöner schwäbischer<br />
Satz gestattet, der sogar beinahe chinesisch klingt, und<br />
so nur von einem echten Semmerenger gesagt werden kann:<br />
»Jetzt kennet mrgau gau, i muaß no noh zahla!« (Für Nicht-<br />
Semmerenger: »Jetzt können wir gleich gehen, ich muß nur<br />
noch bezahlen.«)<br />
Die Armut, das Wetter und alte Ausdrücke und Redewendungen<br />
in unserer Mundart<br />
Die Mundart ist altes Volksgut. Viele Generationen haben all<br />
das, was sie erfahren und was sie an Leib und Seele bewegte,<br />
sprachlich geformt und in der Mundart zum Ausdruck<br />
gebracht.<br />
Unsere bäuerlichen Vorfahren haben die Armut gescheut und<br />
alles getan, um nicht von ihr befallen zu werden. In tiefsinni-<br />
62<br />
gen Sprichwörtern und Redensarten haben sie sich über die<br />
Armut geäußert. Da hörte und hört man noch: »D'Armut<br />
ischt a Haderkatz«. - Armut bringt vielfach Zank und Streit<br />
mit sich. Die betroffenen Menschen bearbeiten und quälen<br />
sich oft wie Katzen, die mit ihren spitzen Krallen den Gegner<br />
zerfleischen. Jungen Leuten gab man entsprechend den frü-
heren Verhältnissen folgenden Rat mit auf den Lebensweg:<br />
»Wear nix verheirat und nix erbt, dear bleibt arm, bis daß er<br />
ste(i)rbt.«<br />
Den gleichen Sinn hat das heute noch ortsübliche Sprichwort<br />
»Bettescht guat - no (dann) leischt (liegst) guat.« - Wenn<br />
einer für sich und seine Familie kaum das Essen und Trinken<br />
aufbringt, dann heißt es »Der ischt so arm, wie a Kirchamaus«.<br />
In einer Kirche finden die Mäuse bekanntlich nicht<br />
viel Eßbares und bleiben so ständig hungrig. - Wer aber<br />
immer über seine Verhältnisse lebt, »dear tuat >aushausezunderschiebesche< (mit dem Kopf nach unten) zom Feaschter<br />
naus, wenn de it brav bischt!« droht man einem Jungen,<br />
der sich in der Wohnstube ungezogen benimmt. Wenn etwas<br />
zu lange dauert, dann »verloadet« es einem, wird langweilig.<br />
Man hört dann sagen: »S'ischt alles a Weile schö!« »I will gau<br />
gau« heißt: Ich will gleich gehen. Das Wörtchen »gau« hat<br />
aber mehrfache Bedeutung, wobei es auch darauf ankommt,<br />
ob es hoch oder tief, langsam oder schnell gesprochen wird.<br />
Schlägt man auf ein Stück Blech oder zieht es auf der Straße<br />
dahin, dann macht es einen großen Krach, es »schätteret«.<br />
Gläser, die man aneinanderstößt oder fallen läßt, »gläbberet«.<br />
Und wer im Halbschlaf noch eine Zeit verweilt, der<br />
»dosset« oder »dusslet« so dahin. Im Bach ist mitunter ein<br />
»Wehr«, womit das Wasser angestaut und in einen Kanal<br />
geleitet wird. Zu >Wehr< sagt man in der Mundart »Wuar«.<br />
Die Mundart hat Tradition und gibt jeder Landschaft ihre<br />
besondere sprachliche Färbung (Kolorit). Schätzen und erhalten<br />
wir die alten Grundwerte des Lebens!<br />
Neufra unter Lichtenstein<br />
1405 1. November. Cuntz Ruß (Bürger zu Veringen) und<br />
seine Frau Adelheid von Neufran under Lichtenstein verkaufen<br />
an Franz Dietrich Bürger zu Veringenstadt 1 Pfd Hlr<br />
jährlichen Zins aus 1 Jauchert Ackers in der unteren Au, 1<br />
Hanfgarten bei der Kaplan Scheuer, und 3 Jauchert Ackers<br />
auf Hupolz Wies an dem Espan. Graf Wolfrad von Veringen<br />
hängt sein Sigil an (S. fehlt).<br />
(S. Locher ebenda).<br />
unglaublich, an welche Einzelheiten des täglichen Lebens<br />
sich der Verfasser erinnert. Meistens sind es Dinge, die so<br />
alltäglich und selbstverständlich sind, daß niemand sie erwähnen<br />
würde. Einige Jahrzehnte später ist dann alles in Vergessenheit<br />
geraten, und es würde wohl auch vergessen bleiben,<br />
wenn nicht jemand den Mut hätte, darüber zu schreiben. Mit<br />
Recht bezeichnet Prof. Dölker das Buch als Geschichtsquelle,<br />
denn hier wird der ganze geschlossene Lebenskreis eines<br />
Dorfes in allen Erscheinungsformen geschildert. Es wurde<br />
oben gesagt, die Veröffentlichung des Buches sei ein Glücksfall;<br />
der größere Glücksfall ist natürlich, daß ein solches Buch<br />
geschrieben wurde. Der Verfasser hat zwar einen Preis für<br />
Heimatforschung bekommen, aber es scheint doch so, als<br />
wäre hier ein ganz wichtiges Kapitel Kulturgeschichte geschrieben<br />
worden. Jedem, der sich für Heimatgeschichte,<br />
Landwirtschaftsgeschichte, Volkstum, Kulturgeschichte<br />
usw. interessiert, ist die Lektüre dringend zu empfehlen,<br />
63
Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschichtsverein<br />
Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />
W <strong>3828</strong> FX<br />
Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />
mehr noch dem, der Freude daran hat, das tägliche Leben<br />
seiner bäuerlichen Vorfahren kennenzulernen.<br />
Louise Köml, Die Störleute. Erinnerungen an oberschwäbische<br />
Handwerker, die ihre Tätigkeit auf den Bauernhöfen<br />
ausübten. Verlag »Schwäbischer Bauer«, Gartenstraße 63,<br />
7980 Ravensburg.<br />
Die Verfasserin des Heftleins ist verstorben. Im Vorwort<br />
schildert sie, wie im Alter ihre Gedanken immer weiter<br />
zurückwanderten bis in die sonnenbeschienenen Pfade ihrer<br />
Jugendzeit. Gestalt um Gestalt zog an ihr vorbei, und sie griff<br />
zur Feder, um ein Stück ihres irdischen Wandels und ihrer<br />
Eigenart festzuhalten. Es sind mehr als 30 StörLeute geschildert,<br />
die den Rösslerhof zwischen Weingarten und Ankenreute,<br />
die Heimat der Verfasserin, aufgesucht haben. Viele<br />
Handwerke sind ganz ausgestorben, und man liest interessiert,<br />
was z. B. ein Wachszieher auf einem Bauernhof machte.<br />
»Der alte Achaz brachte schon meiner Großmutter die<br />
Kerzen und die Wachsrodel auf den Hof und nahm dafür<br />
Unschlitt (Rindertalg) und Bienenwachs mit... Damals waren<br />
die gewöhnlichen Unschlittkerzen neben der Petroleumlampe<br />
noch eine ganz notwendige Beleuchtung für Haus und<br />
Stall. Wachskerzen und Wachsstöckla dagegen waren für<br />
fromme Zwecke bestimmt...«. Man sollte es nicht glauben,<br />
auch ein Zigarrenmacher kam auf die Höfe, um dem Bauern<br />
seine eigenen Zigarren zu machen. »Der Krieg 1914 hat<br />
diesem Zeitalter ein jähes Ende gesetzt, er öffnete die Schleusen<br />
für einen neuen Zeitstrom.« Der schmale Band gehört<br />
nicht nur, wie der Landesbauernverband meint, in jede<br />
Bauernstube, heute ist das Interesse an der Vergangenheit in<br />
allen Schichten der Bevölkerung lebendig. Das Bändchen ist<br />
für DM 8,- im Buchhandel zu bekommen.<br />
Wanderführer durch den Fürstl. Park Inzigköfen, hrsg. von<br />
der Gemeinde Inzigköfen, bearb. von Max Beck, Tübingen:<br />
Gebr. Metz 1983. 20S. mit 12 Abb. undl Wanderkarte. Preis:<br />
DM 2.-<br />
Die Publikation, im wesentlichen von dem Inzigkofer Dorfchronisten<br />
Max Beck verfaßt, bietet einleitend einen kurzen<br />
historischen Uberblick über die Entstehung des Parks unter<br />
der Fürstin Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmarin-<br />
HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />
hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />
Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />
ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />
besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />
und der angrenzenden Landesteile mit der<br />
Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär<br />
gehaltene Beiträge.<br />
Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />
Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />
803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />
(BLZ 65351050).<br />
Druck:<br />
M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />
7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />
64<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
Casimir Bumiller<br />
Freiburger Straße 5, 7801 Norsingen<br />
Georg Gauggel, Konrektor i.R.<br />
Roystraße 13, 7480 Sigmaringen<br />
12000015.12 02<br />
HERRN<br />
AMTSRAT<br />
HEINZ ZEKORN<br />
KARLSTRASSE 18<br />
Pfr. Johann Adam Kraus<br />
Erzbischöfl. Archivar i.R.<br />
Badstraße 8, 7800 Freiburg-Littenweiler<br />
Dr. Wilfried Schöntag<br />
Staatsarchivdirektor<br />
Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />
Johannes Wannenmacher f<br />
Schulrat i.R.<br />
Eichertstraße 9, 7487 Gammertingen<br />
7480 SIGMAR INGEN 1<br />
01605,0<br />
Das Buch zur Geschichte von<br />
Gammertingen, Hettingen und Umgebung<br />
Herbert Burkarth<br />
Geschichte der<br />
Herrschaft<br />
Gammertingen- t<br />
Hettingen<br />
292 Seiten mit 127 Abb.. davon<br />
acht farbige. Leinen. DM 28.-<br />
1<br />
Jan Thorbecke Verlag<br />
Postf. 546 7480 Sigmaringen<br />
gen, die 1811 im ehemaligen Amtshaus des Klosters Inzigköfen,<br />
dem heutigen Schloß, Wohnung nahm, und die Vergrößerung<br />
der Anlage nach der Erwerbung des Fürstl. Fürstenbergischen<br />
Erblehenhofs Nickhof durch das Haus Hohenzollern-Sigmaringen<br />
) 841. Sodann wird der Rundwanderweg<br />
mit seinen einzelnen Stationen beschrieben und kommentiert:<br />
der Amalienfelsen, die Eremitage (Meinradskapelle),<br />
die Teufelsbrücke, das Känzele, die Grotten, die Lindenallee<br />
und schließlich die eindrucksvolle Anlage des ehemaligen<br />
Klosters Inzigköfen mit seinen Ökonomie- und Konventsgebäuden<br />
und der 1780 von dem Haigerlocher Baumeister<br />
Christian Großbayer errichteten Klosterkirche. Der Führer<br />
enthält ferner eine Zusammenstellung der Pflanzenwelt in<br />
dem ca. 25 Hektar umfassenden Parkgelände von Hans Scherer<br />
und eine Wanderkarte u. a. mit Angaben über Parkplätze,<br />
Wanderwege, Aussichtspunkte und Feuerstellen. Die Veröffentlichung<br />
wird durch 12 ausgezeichnete Farbfotos von<br />
Gerhard und Thomas Riedmann abgerundet und vervollständigt.<br />
- Mit der Herausgabe des Wanderführers hat die<br />
Gemeinde Inzigköfen einen gelungenen Beitrag zur Erschließung<br />
des Naturparks Obere Donau geleistet.<br />
Sigmaringen Otto H. Becker<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth,<br />
7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />
verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />
sind als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />
werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />
Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />
Heimat« weiter zu empfehlen.