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w 3828 fx hohenzollerische heimat - Hohenzollerischer ...

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HOHENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Herausgegeben vom<br />

W <strong>3828</strong> FX<br />

Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />

33. Jahrgang Nr. 1/März 1983<br />

Ehemalige Klosterkirche Inzigkofen, St. Johannes Bapt. Blick zum Chor. Die Kirche wurde 1780 von Christian Großhayer gebaut. Das Bild ist<br />

demneuen Thorheckehand »Christian Großbayer« von Eckart Hannmann und KarlWerner Steim entnommen. Foto: Thorbeckearchiv


CASIMIR BUMILLER<br />

»Ich bin des Teufels, wann er nur kam und holte mich!«<br />

Zwr Geschichte der Hexenverfolgung in Hohenzollern<br />

Die Hexenverfolgung in Europa gehört zu denjenigen geschichtlichen<br />

Erscheinungen, die sehr schwer zu verstehen<br />

und zu erklären sind, weil hierzu offensichtlich die rein<br />

historischen Methoden nicht mehr ausreichen; vielmehr müssen<br />

soziologische, psychologische, etnologische u. a. Deutungsansätze<br />

herangezogen werden. Dennoch ist seit mehr<br />

als hundert Jahren viel an der Entstehung der Hexenverfolgung<br />

herumgedeutet und -gedeutelt worden - allerdings kann<br />

man nicht sagen, daß wir bis heute diese Vorgänge zwischen<br />

ca. 1500 und 1750 gut verstehen gelernt hätten. Nun ist<br />

kürzlich ein sehr informatives Buch von G. Schormann 1<br />

erschienen - »Hexenprozesse in Deutschland« -, das diesen<br />

Mangel deutlich macht und aus dem man die Lehre ziehen<br />

kann, daß der Hexenforschung noch immer die quellenmäßigen<br />

Grundlangen fehlen. Seit J. Hansen (1901) 2 sind nicht<br />

mehr umfassende Quellen zur Hexenverfolgung ediert worden,<br />

und Hexenprozeßakten finden sich nur sehr verstreut<br />

und meist unzulänglich veröffentlicht. Es sind noch längst<br />

nicht aus allen Landschaften des früheren Deutschen Reiches<br />

die Hexenprozesse soweit gesichtet und bearbeitet, daß wir<br />

wenigstens halbwegs wüßten, wieviele Frauen und Männer<br />

Opfer dieser Verfolgungswelle(n) geworden sind. So können<br />

die Zahlenangaben von Hexen-Forschern gut zwischen einigen<br />

Hunderttausend und einigen Millionen schwanken -<br />

immerhin eine beträchtliche Differenz.<br />

1. Besinnung auf die Quellen<br />

Dies ist also bereits der erste Ansatz, wo wir gerade im<br />

Bereich einer kleinen Herrschaft aus den Sphären der Spekulation<br />

auf festen Boden herabsteigen können und müssen.<br />

Nun will ich nicht vorgeben, mit diesem kleinen Beitrag<br />

Pionierleistungen zu erbringen; die Hexenforschung in Hohenzollern<br />

ist mehr als hundert Jahre alt und besteht erfreulicherweise<br />

weitgehend in der Materialaufbereitung 3 . Zuletzt<br />

haben Rolf Burkarth 4 und J. A. Kraus 5 Listen der Opfer der<br />

Hexenverfolgung erstellt. Die wichtige (aber leider fast unzugängliche)<br />

Arbeit von Burkarth und die Kraus'sche Aufzählung<br />

der <strong>hohenzollerische</strong>n Hexenopfer behalten ihre volle<br />

Gültigkeit, zumal hier auf eine erweiterte Auflistung der<br />

Hexen aus Platzgründen verzichtet werden muß 6 . Diese<br />

Arbeit baut vielmehr auf den beiden genannten auf, sie sucht<br />

lediglich nach weiteren Hexenbelegen und wertet die Liste<br />

nach einigen Gesichtspunkten aus in der Erwartung, daß sich<br />

bereits hieraus Fragestellungen für die spätere inhaltliche<br />

Bearbeitung ergeben.<br />

Burkarth zählt in seiner Zulassungsarbeit 96 Opfer der<br />

Hexenverfolgung in ganz Hohenzollern auf, Kraus kommt<br />

auf die Zahl von 110 (plus einer ungenauen Anzahl weiterer<br />

Hexen). Beide benützten im wesentlichen die gleichen Quellen,<br />

und ihre Belege stimmen insofern weithin überein.<br />

Burkarth kennt zwar einige Hexen, die Kraus entgangen<br />

sind, insgesamt war letzterer jedoch fündiger. Beide Listen<br />

miteinander verglichen und gegeneinander ergänzt, ergibt<br />

sich eine Gesamtzahl von 126 ( + ) als Hexen verfolgten<br />

Personen im Bereich der Fürstentümer Hohenzollern-Sigmaringen<br />

und Hechingen in den Jahren zwischen ca. 1540 und<br />

1750. Dabei entfallen 106 Fälle von Hexereianklagen auf die<br />

Herrschaften Haigerloch, Hechingen und Trochtelfingen<br />

(Fürstenberg), also den Bereich des späteren Fürstentums<br />

Hechingen, und nur 20 Fälle auf die Herrschaften Gammertingen,<br />

Veringen und Sigmaringen. Wir sehen also, daß die<br />

2<br />

Hexenverfolgung im Bereich Hechingen-falls die Quellensituation<br />

nicht trügt - deutlich stärker grassierte als im Gebiet<br />

des Fürstentums Sigmaringen. Da die wenigen Prozesse in<br />

jenem Gebiet späte Ausläufer sind und in vielen Fällen gar<br />

nicht mehr den Charakter klassischer Hexenprozesse tragen,<br />

lasse ich sie hier einmal außer Acht und beziehe mich im<br />

folgenden nur auf die Herrschaften Trochtelfingen, Hechingen<br />

und Haigerloch mit seinen bisher bekannten 106 Fällen.<br />

Die oben genannten Zahlen wurden anhand des Prozeßmaterials<br />

im Staatsarchiv Sigmaringen ermittelt. Wenn wir nun<br />

nach Vollständigkeit streben, stellt sich die Frage, ob damit<br />

wirklich alle Personen erfaßt sind, die je vor den Justizbehörden<br />

als Hexen denunziert worden sind, oder ob es nicht<br />

weitere Quellen gibt, die uns neues Material liefern können.<br />

Schormann weist darauf hin, daß er Belege zur Hexenverfolgung<br />

sogar in ganz entlegenen Wirschaftsakten gefunden<br />

habe. In Hohenzollern finden sich ebenfalls weitere Hexereifälle<br />

in einer bekannten aber noch wenig ausgeschlachteten<br />

Quellengattung, den Urfehden.<br />

2. Neue Hexenbelege in Hohenzollern<br />

Urfehden (oder Urpheden) waren vom 14. bis 17. Jahrhundert<br />

eine gebräuchliche Form der Strafverfolgung, die eigentlich<br />

ein sehr eigenartiges Gemisch aus Bestrafung und »Strafbefreiung«<br />

darstellen. Sie sind in der Form von Urkunden<br />

gehalten und in feierlich-formelhafter Sprache nach streng<br />

formalisiertem und ritualisiertem Aufbau abgefaßt. Der Delinquent<br />

wird dabei in der Regel auf Fürsprache von Verwandten<br />

und Bekannten aus der Haft entlassen gegen eine<br />

Reihe von Bedingungen: er verspricht, nicht rückfällig zu<br />

werden und stellt hierfür eine Gruppe von Bürgen meist aus<br />

seiner Verwandtschaft; er verspricht, nicht gegen seine Denunzianten,<br />

gegen die Richter, herrschaftlichen Beamten und<br />

Gefängniswächter zu unternehmen; er verspricht, kein anderes<br />

Gericht in der fraglichen Sache gegen den Grafen/Fürsten<br />

anzurufen. Hinzu kommt die Umwandlung der Haftstrafe in<br />

eine andere Form, je nach Vergehen, und die Übernahme<br />

aller Kosten, die der Fall der »Staats«kasse verursacht hat.<br />

Moralisch werden die Verpflichtungen des Verurteilten<br />

durch einen heiligen Eid untermauert: er schwört die Urfehde<br />

»bei Gott und allen Heiligen mit erhobener Hand«.<br />

Im Staatsarchiv Sigmaringen sind unter der Rubrik Ho ICH<br />

2aa mehrere Hundert solcher Urfehden für Hohenzollern-<br />

Hechingen im Original oder in Abschriften erhalten (15.-17.<br />

Jh.). Bei der Durchsicht dieser Akten für alle Orte des<br />

Fürstentums Hohenzollern-Hechingen bin ich auf insgesamt<br />

neun Fälle von Hexerei(-verdacht) gestoßen, davon sechs<br />

Fälle, die bei Burkarth und Kraus fehlen, d. h. zu den bisher<br />

bekannten 106 Opfern der Hexenverfolgung kommen sicher<br />

diese secl^s neu hinzu:<br />

1) Agnes Knechtlin, Jacob Maurers Wwe., Grosselfingen<br />

1551<br />

(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 1 [Pak. 260], foll. 69r-70v)<br />

2) Barbara Mayrin, Georg Becks Frau, Jungingen 1568<br />

(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 1 [Pak. 260], foll. 344v-346r)<br />

3) Margaretha Richin, Jungingen, Zaubereiverdacht 1577<br />

(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 16 [Pak. 264])<br />

4) Margaretha Karrin, Grosselfingen 1610<br />

(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 11 [Pak. 263])


Verteilung und Häufigkeit der Hexenklagen<br />

5) Magdalena Rüdin, Wwe. in Rangendingen 1615<br />

(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 19 [Pak. 264])<br />

6) Anna Siegerin, Boll 1648<br />

(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 8 [Pak. 262])<br />

Hinzu kommt eine Urfehde der später hingerichteten Hexe<br />

Margaretha Hirrlingerin aus Weilheim von 1604, der Hexerei<br />

und Umgang mit einer verurteilten Hexe vorgeworfen wurde<br />

(StAS Ho 1 C II 2aa Nr. 28 [Pak. 265]; vgl. Kraus Nr. 40).<br />

Die Urfehden der Herrschaft Haigerloch hat G. Richter<br />

ausgewertet 7 . Er berichtet in seinem Untersuchungsgebiet<br />

ebenfalls von neun Fällen von Hexereiverdacht.<br />

Ein Blick in die Haigerlocher Urfehden zeigt, daß es sich um<br />

zehn verschiedene Personen handelt, die dort der Hexerei<br />

beschuldigt wurden; auch diese zehn Hexenopfer waren<br />

bisher nicht bekannt:<br />

1) Brisca Hammin, Hans Khenzelmanns Frau, und<br />

2) Barbara Klenckh, Adam Bürckhlins Frau, beide<br />

Heiligenzimmern, Verdacht der Zauberei<br />

und des Hexenwerks; Hausarrest 1589<br />

3) Maria Selline, Michel Speedts Wwe., Stetten b. Hgl.;<br />

1592<br />

Landesverweis (Reg. Nr. 53)<br />

4) Ottilia, Hans Nuffen Frau, Imnau 1593<br />

(Reg. Nr. 55)<br />

5) Katharina, Michel Böcks Wwe., Empfingen; Landesverweis<br />

1605<br />

(Reg. Nr. 70)<br />

6) Walpurga Koler, Michel Brauns Frau, Gruol 1609<br />

gerät erneut in Verdacht, wird auch beim zweiten u. 1612<br />

Mal wegen ihres hohen Alters nur unter Hausarrest<br />

gestellt (Reg. Nr. 84 u. 103)<br />

7) Agnes Wolpert, Jörg Beutters Frau, Imnau 1610<br />

wurde des Landes verwiesen und nach einer<br />

Heimkehr 1612<br />

erneut ausgewiesen (Reg. Nr. 93 u. 100)<br />

8) Hans Erdtrich, Steinmetz in Gruol 1613<br />

wird des Landes verwiesen, darf aber auf seinen<br />

Wunsch eine Wallfahrt nach Santiago di Compostella<br />

machen (Reg. Nr. 105)<br />

9) Margaretha Diener, Jörg Steckhs Wwe., Empfingen;<br />

1624<br />

(Reg. Nr. 127)<br />

10 Jakob Haußer, Beck und Gastwirt in Empfingen 1625<br />

auf Beschuldigung hingerichteter Hexen wegen<br />

Zauberei im Gefängnis (Reg. Nr. 130)<br />

Insgesamt bedeutet dies: es lassen sich für die Grafschaft/<br />

das Fürstentum Hechingen mit den Albgemeinden und<br />

für Haigerloch durchaus außerhalb der einschlägigen<br />

Hexenprozeßakten noch Belege zur Hexenverfolgung<br />

finden, wenn sich auch der Eindruck ergibt, daß sich<br />

damit allerdings unsere Möglichkeiten weitgehend erschöpft<br />

haben. Zu den bisher bekannten 106 Opfern<br />

kommen also die hier aufgeführten hinzu. Vielleicht wird<br />

sich bei weiterer Sichtung der Akten und durch Zufallsfunde<br />

die Zahl der belegbaren Fälle noch auf vielleicht 130<br />

erhöhen lassen - und das mag der Wirklichkeit durchaus<br />

nahekommen -, mehr werden die Quellen m.E. jedoch<br />

kaum hergeben. Wenn man die Vergleichszahlen bei<br />

Schormann 8 für andere Gebiete und Herrschaften bezieht,<br />

dann erscheint der so ermittelte Umfang der Hexenverfolgung<br />

im Raum Hechingen bereits verhältnismäßig<br />

groß, und das Fürstentum fügt sich damit ohne<br />

weiteres in den südwestdeutschen Raum als einem Gebiet<br />

besonders starker Hexenverfolgung ein.<br />

3. Die Zahl der Hexenopfer in Deutschland<br />

Nachdem wir nun für unseren Raum eine relativ wahrscheinliche<br />

und vermutlich endgültige Zahl der Opfer der Hexenverfolgung<br />

haben, können wir versuchen, die Schätzungen in<br />

Millionenhöhe für das Deutsche Reichsgebiet kritisch zu<br />

beleuchten. Bei 130 Hexen im Untersuchungsgebiet würden<br />

durchschnittlich etwa drei auf jeden der 41 Orte entfallen.<br />

Nehmen wir an, die Hexenverfolgung hatte das ganze Deutsche<br />

Reich gleichmäßig betroffen, so kämen wir hochgerechnet<br />

bei 138000 selbständigen Orten im Reichsgebiet (Grenzen<br />

von 1933) auf ca. 400000 Opfer der Hexenverfolgung.<br />

Oder ein anderes Exempel: Die beste Arbeit über Hexenprozesse<br />

in Südwestdeutschland, die des amerikanischen Wissenschaftlers<br />

H. C. E. Midelfort 9 ermittelt für ein Gebiet, das<br />

3


etwa dem heutigen Baden-Württemberg entspricht, 3229<br />

Hexenprozesse. Dabei hat er eine Reihe von Akten nicht<br />

auswerten können, und viele Hexenbelege werden auch<br />

anderswo wie in Hohenzollern nicht nur in den Prozeßakten<br />

zu finden sein. Da sich Midelfort für Hohenzollern auf die<br />

Arbeit von Burkarth stützt, sind ihm hier eben nur 3 A der<br />

tatsächlichen Fälle bekannt. Aber selbst wenn wir seine Zahl<br />

auf rund 6450 für das Gebiet Baden-Württembergs verdoppeln<br />

und diese Zahl auf das Reichsgebiet hochrechnen (mal<br />

14), so kamen wir nur auf ca. 90000 Hexenfälle.<br />

Rechnungen dieser Art beweisen natürlich nichts - man muß<br />

eben für jede Landschaft genaue Zahlen aus den Archiven<br />

ermitteln und diese addieren -, aber sie können doch unser<br />

Wahrscheinlichkeitsempfinden schärfen. Schormann kommt<br />

nach seiner Rechnung 10 ebenfalls auf eine Zahl von nicht ganz<br />

100000 Hexenprozessen, was durchaus zutreffen kann, da<br />

weite Gebiete Deutschlands von der Hexenverfolgung verschont<br />

oder fast verschont blieben und die Intensität der<br />

Hexenjagd auch sonst stark differierte. Insgesamt laufen alle<br />

Überlegungen, die auf Quellenstudium aufbauen, darauf<br />

hinaus, daß wir von der Vorstellung von Millionen Prozeßopfern<br />

- auch im europäischen Maßstab - Abschied nehmen<br />

müssen. Solche Phantasiezahlen beruhen offensichtlich darauf,<br />

daß das Ungeheure dieser Ereignisse durch ungeheuer<br />

hohe Zahlen ausgedrückt werden sollte, die jedoch in der<br />

Realität keine Stütze finden.<br />

4. Verfolgungswellen in Hohenzollern<br />

Wir können nun versuchen, unsere Liste von 122 bekannten<br />

Hexenopfern in Hohenzollern-Hechingen nach einigen Gesichtspunkten<br />

auszuwerten. Dabei interessiert zunächst die<br />

zeitliche und die örtliche Verteilung der Hexenfälle. Das eine<br />

läßt sich übersichtlich in einem Schaubild mit der Anzahl der<br />

Hexenuntersuchungen pro Jahr darstellen, das andere am<br />

besten in einer Karte.<br />

Das Schaubild zeigt, daß die Hexenverfolgung im Untersuchungsgebiet<br />

in Wellen erfolgte, wie in den übrigen deutschen<br />

Territorien auch. Wenn Schormann die Höhepunkte<br />

der Verfolgung auf die Jahre 1590, 1630 und 1660 legt, dann<br />

fügt sich der Befund für Hohenzollern hier ungefähr ein,<br />

wenn auch mit Abweichungen. Man erkennt, daß die Prozesse<br />

im 16. Jahrhundert ganz allmählich und vereinzelt beginnen,<br />

um 1590 erstmals ansteigen, um 1596 und 1598 einen<br />

ersten Höhepunkt zu erreichen. Dann beginnt mit dem<br />

zweiten Höhepunkt 1610 eine Welle, die praktisch bis 1630<br />

anhält. Und eine dritte Welle mit abebbender Tendenz reicht<br />

von 1640 bis 1655. Danach läuft die Verfolgung im Hechinger<br />

Raum mit vereinzelten Untersuchungen bis 1670 aus. Auffällig<br />

ist, daß die Verfolgung in den benachbarten Herrschaften<br />

des Fürstentums Sigmaringen nach unserem bisherigen Wissen<br />

erst jetzt, um 1650, beginnt - eine Tatsache, der man<br />

einmal nachgehen sollte.<br />

Aber auch in den hier untersuchten Herrschaften gibt es<br />

Unterschiede. So läßt etwa die fürstenbergische Herrschaft<br />

Trochtelfingen nur in den Jahren 1588 und 1598 - dann aber<br />

nach Massenprozessen - Hexen brennen. In Haigerloch gibt<br />

es Prozeßserien 1598, 1615-17, 1629/30 und 1651/52. Die<br />

zeitlich stärkste Verteilung von Hexenprozessen über den<br />

längsten Zeitraum und entsprechend mit den meisten Opfern<br />

trifft demnach die alte Grafschaft Zollern mit Hechingen im<br />

Mittelpunkt. Hier wurden nicht weniger als 75 Frauen Opfer<br />

der Hexenverfolgung, nach den neuen Funden mehr als<br />

doppelt soviele wie Burkarth kannte.<br />

5. Hexenzentren<br />

Betrachten wir nun noch die örtliche Verteilung der Hexenopfer,<br />

dann erhalten wir folgende Tabelle, die sich auf eine<br />

Karte übertragen läßt:<br />

4<br />

Herrschaft Trochtelfingen Grafschaft Zollern/<br />

Meldungen 4 Ftm. Hechingen<br />

Salmendingen 4 Hechingen 23<br />

Ringingen 2 Rangendingen 18<br />

Auswärtige 1 Jungingen 8<br />

11 Weilheim 6<br />

Owingen 3<br />

Herrschaft Haigerloch Hausen i. K. 3<br />

Gruol 6 Burladingen 2<br />

Imnau 6 Grosselfingen 2<br />

Empfingen 6 Hörschwag 2<br />

Stadt Haigerloch 4 Bechtoldsweiler 1<br />

Trillfingen 3 Sickingen 1<br />

Stetten b. Hgl. 3 Beuren 1<br />

Heiligenzimmern 3 Boll 1<br />

Bittelbronn 2 Wessingen 1<br />

Bietenhausen 1 (Schlatt, 1660 in 1<br />

Höfendorf 1 Gammertingen verbrannt)<br />

Auswärtige 1 Auswärtige 2<br />

36 75<br />

Es fällt auf, daß in der Grafschaft Zollern das Kirchspiel um<br />

Bisingen/Steinhofen von der Verfolgung offensichtlich völlig<br />

verschont blieb, während bestimmte Dörfer auffällig viele<br />

Hexen »produziert« haben. Neben der Stadt Hechingen<br />

stechen besonders die Orte Rangendingen, Jungingen und<br />

Weilheim ins Auge, in der Herrschaft Haigerloch fallen<br />

besonders Gruol, Empfingen und Imnau auf. Von ganz<br />

besonderem Interesse dürfte es sein, einmal die Rangendinger<br />

Hexen zu untersuchen, weil hier in den Massenprozessen von<br />

1598 und 1610 einiger Aufschluß über das soziale und<br />

psychologische Umfeld des Verfolgungssyndroms zu erwarten<br />

wäre.<br />

6. Wer waren die Hexen f<br />

Diese Frage ist vielfach schon beantwortet worden. Trotzdem<br />

noch einige Bemerkungen zur »typischen Hexe«, wie sie<br />

sich aus dem <strong>hohenzollerische</strong>n Material ergeben. Es ist<br />

bekannt, daß die Hexenverfolgung hauptsächlich Frauen<br />

betraf. Der Prediger Geiler von Kaysersberg sagte schon im<br />

16. Jahrhundert, »wenn man einen Mann verbrennt, so<br />

brennt man wohl zehn Frauen«. In Hohenzollern verschob<br />

sich dieses Verhältnis noch mehr zugunsten der Männer: auf<br />

die 122 belegten Hexenopfer kamen nur fünf Männer (darunter<br />

drei Zauberer). Eine gängige Ansicht ist, daß es sich bei<br />

Hexen hauptsächlich um Hebammen gehandelt habe. Dies<br />

läßt sich jedoch mit dem <strong>hohenzollerische</strong>n Material nicht<br />

bestätigen. Zwar gehörten Hebammen wegen ihrer Möglichkeit,<br />

an ungetaufte Kinder heranzukommen (deren Fett nach<br />

der Hexenlehre Bestandteil der Hexensalbe war), zu den<br />

gefährdeten Personen, doch in unserem Raum spielte diese<br />

Gruppe offensichtlich keine bedeutende Rolle. Nur zwei<br />

Hexen sind ausdrücklich als Hebammen gekennzeichnet;<br />

und selbst wenn einige andere ebenfalls Hebammen gewesen<br />

sein sollten, so würden sie doch nur eine kleine Gruppe unter<br />

den verfolgten Frauen bilden.<br />

Was die soziale Herkunft der Hexen angeht, so konnten<br />

grundsätzlich Personen jeden Standes in den Ruf der Hexerei<br />

geraten. Oft sind hochgestellte Persönlichkeiten und sogar<br />

Geistliche (Würzburg) Opfer der Verfolgung geworden.<br />

Auch in Hohenzollern endeten sechsmal Frauen von Dorfvögten<br />

oder Amtspersonen auf dem Scheiterhaufen, aber es<br />

unterliegt keinem Zweifel, daß die überwiegende Mehrzahl<br />

der Hexen den dörflichen Unterschichten entstammte. Und<br />

es kommt noch mehr dazu. 22 Hexen erscheinen ausdrücklich<br />

als Witwen; bei sehr vielen anderen kann man den<br />

Witwenstand voraussetzen. Überdies ist es für viele Fälle<br />

typisch, daß es zugezogene, eingeheiratete Frauen sind, die es


trifft, d. h. solche Frauen sind besonders gefährdet zur Hexe<br />

zu werden, die keinen oder geringen Rückhalt in Ehe, Familie<br />

und Sippe haben.<br />

Wenn man an die große Zahl Witwen denkt, die sich unter<br />

den Hexen befanden, dann liegt von vorneherein auf der<br />

Hand, daß es überwiegend Frauen mittleren und höheren<br />

Alters waren. Erst in der Endphase der Hexenverfolgung<br />

trifft es immer häufiger jüngere Frauen und Kinder (vgl. die<br />

Fälle in Hohenzollern-Sigmaringen).<br />

7. Strafarten<br />

Es ist eine gängige und aus der moralischen Entrüstung<br />

moderner Betrachter vielleicht verständliche Anschauung,<br />

daß die Hexenverfolgung unerbittlich und sadistisch war und<br />

zielsicher immer auf dem Scheiterhaufen endete; differenziert<br />

und wissenschaftlich ist dieses Urteil jedenfalls nicht. Wenn<br />

man vermeiden will, die Strafverfolgung jener Zeit ins Monströse<br />

und damit Irrationale abgleiten zu lassen, muß man die<br />

Möglichkeiten unterscheiden, die ihr zur Verfügung standen.<br />

Natürlich endeten die allermeisten Anklagen gegen Hexen<br />

mit der Todesstrafe in der Regel durch das Feuer. Aber bei<br />

einer großen Zahl von Prozessen ist uns das Urteil erst einmal<br />

gar nicht überliefert. Und überdies ist es auch Tatsache, daß<br />

eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Angeklagten mit<br />

dem Leben davon kam. Das betrifft z.B. alle jene Fälle, die<br />

uns in den Urfehden bekannt geworden sind; Urfehden<br />

stellen ja gerade eine Strafumformung dar. Das sind nun aber<br />

mindestens jene 16 Fälle, die in den Urfehden gefunden<br />

werden konnten, also - gemessen an 130 zu erwartenden<br />

Hexenopfern - immerhin schon gegen ein Achtel aller Hexen.<br />

Um nun jedoch diese Fälle von Erlaß der Todesstrafe ins<br />

rechte Licht zu rücken, muß man die tatsächlichen Strafen<br />

betrachten. Diese genannten Hexen kamen zwar mit dem<br />

Leben davon, aber unter welchen Bedingungen ? So wird etwa<br />

die Strafe des Landesverweises angewendet bei Agnes<br />

Knechtlin aus Grosselfingen (1551), Margaretha Richin aus<br />

Jungingen (1577) oder Martha Schetterin aus Beuren (1669;<br />

Nr. 96 bei Kraus). Eine andere Methode, Hexen und Zauberinnen<br />

unschädlich zu machen, ist der lebenslange Hausarrest,<br />

wie er in einigen neuen Belegen zutage tritt. So klagt sich<br />

1568 die Jungingerin Barbara Mayerin, Georg Becks Frau,<br />

selbst an, »... Das ich vor villenn Jaren vnnd noch in dem<br />

gemainen Verdacht bey menigelichen kommen vnnd gentzlich<br />

verargwont vnd verleimbt worden alß sollte ich mit dem<br />

laidigenn Sattan oder boßen Feindt zu schickhen vnd zu<br />

schaffen haben. Vnd Hexenwerckh vmbgehn vnnd Menschen<br />

vnndt Viech schaden zuefüegen, mich etlich mallen auch in<br />

Sachen selbs aigens muettwillens vnerbetten eingetrungen<br />

vnnd Sachen vnnderstannden zuverichten, so mir nit geratten,<br />

sonnder mißlungen vnnd schaden darauß ervolgtt vnnd<br />

dergleichen...« Sie wird unter folgender Bedingung aus dem<br />

Gefängnis entlassen: »Ich soll vnnd will mich auch bei<br />

obgethonnem in meinem geschwornnen Aidt die Zeit vnnd<br />

Tag, so lanng mich Gott im Leben last, zu Verhiettung vnd<br />

Ablainung hanndt ergernuß, vermuetung, Arckhwons vnnd<br />

Verdachts in meiner Behaußung enthalten über denn Haußschwellen<br />

herauß vnnd anderstwohin nimermehr gen, wandlen,<br />

straiffen noch kommen, weder geladen noch vngeladen,<br />

weder gepetten noch vngebeten, weder bey Tag oder Nacht,<br />

es werde dann vonn wolgedachtem M. g. H. oder ir Gn. Ober<br />

vnnd Vnnder Ampttleutt von ir gnaden wegen auß sondern<br />

gnaden mir widerumb erlaubtt vnnd zuegelassen.« Dies<br />

bedeutet also praktisch lebenslangen Hausarrest. Dieselbe<br />

Strafe trifft auch Anna Stegerin 1648, die einzige bisher<br />

bekannt gewordene Hexe aus Boll, oder etwa Walpurga<br />

Koler aus Gruol 1609 und 1612.<br />

8. Zum Verhältnis von Zauberei und Hexerei<br />

An dieser Stelle ergibt sich die Frage nach der Definition eines<br />

Opfers der Hexenverfolgung. Wir würden sicher nicht das<br />

Ausmaß und die Intensität des Hexenglaubens erfassen,<br />

wenn wir die zum Tod verurteilten Hexen von den anderen<br />

trennten. Jeder, der in den Ruf und in den Verdacht der<br />

Hexerei kommt, ist Opfer des Hexenglaubens, selbst wenn<br />

der Verdacht zurückgenommen werden muß, wie in wenigen<br />

Fällen. Nur so wird das Ausmaß der Verängstigung der<br />

Bevölkerung recht sichtbar. Auch die Anklage der (Schaden-<br />

Zauberei ist im Klima der Hexenverfolgung schon ein<br />

schwerwiegender Vorwurf. Ich zähle also wie Kraus und<br />

Burkarth auch die wenigen Zauberer und Zauberinnen zu den<br />

Opfern der Hexenverfolgung. Schormann will hier zwar eine<br />

strenge Trennung vollzogen wissen 11 . Zauberei ist nach<br />

seiner Definition nur ein kleiner Bestandteil der Hexerei, zu<br />

der noch neben der schädigenden Anwendung magischer<br />

Praktiken Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft und Hexensabbat<br />

hinzutreten. Nun ist diese rein akademische Trennung von<br />

Zauberei und Hexerei zwar absolut richtig, aber was bringt<br />

sie für unser Verständnis des Hexenwahns? Natürlich ist<br />

Zauberei nur ein Bestandteil von Hexerei, aber wer auf dem<br />

Dorf Zaubermittel kennt, ist immer in der Gefahr, bei<br />

Mißerfolgen verdächtig zu werden. Wessen Zaubermittel<br />

schaden, wird immer schon tendenziell mit dem Teufel in<br />

Verbindung gebracht. Und wer einmal in diesem Ruf steht,<br />

mag möglicherweise längere Zeit »geschoren« davonkommen,<br />

aber die Gefahr ist groß. In diesem Zusammenhang ist<br />

die Urfehde der Margaretha Hirrlingerin aus Weilheim von<br />

1604 sehr wichtig, die übrigens ahnen läßt, wie bedeutsam<br />

gerade die Urfehden für die Erforschung der Hexenverfolgung<br />

sein könnten. Bisher war bekannt, daß Margaretha<br />

Hirrlingerin im Jahr 1610 als Hexe verbrannt wurde (Nr. 40<br />

bei Kraus). Mit dieser Urfehde kommt nun ans Licht, daß<br />

offensichtlich dieselbe Margaretha bereits 1604 im Verdacht<br />

der Hexerei stand und des Umgangs mit einer Hexe geziehen<br />

wurde. Die »Laufbahn« einer Hexe konnte also durchaus mit<br />

Zauberei beginnen, die sogleich den Verdacht der Hexerei<br />

nach sich zog.<br />

9. Ein Zaubereiprozeß von 1577<br />

Man kann also Zauberei von Hexerei nicht so prinzipiell<br />

trennen, wie dies Schormann fordert. Dies zeigt auch die<br />

Urfehde der Margaretha Richin aus Jungingen (1577), der<br />

zwar nur Zauberei »nachgewiesen« wurde, die aber von der<br />

Anklage doch auf die Teufelsbuhlschaft festgenagelt werden<br />

sollte. Der Fall ragt insgesamt nicht besonders heraus, aber<br />

für unseren Zusammenhang ist er doch sehr aufschlußreich.<br />

Quellenkundlich ist er insofern von Bedeutung, als dies eine<br />

der seltenen Urfehden ist, deren das Verhandlungsprotokoll<br />

beigelegt ist: zehn schwer lesbare Seiten mit Anklage, Verteidigung<br />

und Zeugenaussagen, so daß hier einmal der Hintergrund<br />

zur formal und inhaltlich »blutarm« gehaltenen Urfehde<br />

mitgeliefert wird. Die Anklage durch den Hechinger<br />

Schultheiß Caspar Lorch lautet: »...daß sie sich deß Eepruchs<br />

mit andern Mannen gepraucht onangesehen, das si ain<br />

aignen Eeman gehapt ... Zum andern so hab sy verschiner<br />

Zeit Melchior Burckharts Döchterlin zu Jungingen gelempt<br />

an beiden Knien mit ir Zauberei ... Den 4ten Articul, das si<br />

sich soll dem Besen [Bösen] ergeben haben...«<br />

Aus der Verteidigung der Margaretha Richin und den Aussagen<br />

von fünf Frauen und zwei Männern aus Jungingen läßt<br />

sich der Hergang folgendermaßen rekonstruieren: Die Tochter<br />

des Melchior Burckarth aus Jungingen war an den Knien<br />

und Augen krank. Offensichtlich stand Margaretha im Ruf,<br />

heilende Kräfte zu besitzen, denn der verzweifelte Vater hatte<br />

sie mehrmals gebeten und ihr laut einer Zeugenaussage »mit<br />

5


der Faust vnd letstlich mit dem Wöhr [Gewehr] gethroet, sy<br />

mieß seinem Khind helffen«. Eine Augenzeugin hat gesehen,<br />

wie die Heilerin - so gezwungen - dem kranken Mädchen die<br />

geschwollenen Knie bestrichen habe, »do sei es hinweg<br />

gangen als wan im nichts prest« - aber an den Augen konnte<br />

sie dem Kind nicht helfen. Drei Zeuginnen erzählen, daß die<br />

Heilkundige der Mutter des Kindes geraten habe, ein Katzen-<br />

Werk (?) zur Engelswiese zu tragen (= eine Wallfahrt nach<br />

Engels wies zu machen?) und dem Kind ein Hühnlein zu<br />

braten; der einen Zeugin habe die Angeklagte jedoch beim<br />

Lichtgang erklärt, »dem Khind werde nimmer geholffen«.<br />

Einige Zeit darauf, als die Angeklagte Besuch bekam, buk sie<br />

Pfannkuchen, von denen sie zwei dem kranken Kind brachte.<br />

Aber die Mutter klagte später, »mein Khind thuet nichts dan<br />

schreyen, ... seither es die Pfannenkuechen gessen«.<br />

Wer sich auf die komplizierten Künste der Volksheilkunde<br />

und sympathetischen Rezepte versteht, wer die Kräfte der<br />

weißen Magie anrufen kann, der ist der Arzt der armen Leute.<br />

Wo jedoch der Heilerfolg ausbleibt, muß Schaden zugefügt<br />

worden sein. Wer Schaden zufügen kann, ist aber ein Zauberer.<br />

Und von der Zauberei zum Teufelspakt ist oft ein kleiner<br />

Schritt... An diesem Punkt fällt den Zeugen und Zeuginnen<br />

ein äußerst verdächtiger Ausruf der Angeklagten ein, den der<br />

Anklagevertreter auch entsprechend breittreten läßt. Der<br />

erste Anklagepunkt gegen Margaretha Richin war ja Ehebruch.<br />

Als man sie wegen dieses Vergehens in ihrem Haus<br />

abholte, waren vier der sieben Zeugen anwesend. Alle erinnern<br />

sich, was die Angeklagte angesichts der Büttel in ihrer<br />

Verzweiflung gerufen hatte, und alle zitieren den belastenden<br />

Satz im gleichen Tenor. Sie »sei... vor dem Haus gestanden,<br />

gesagt, wan nur der Teuffei kern vnd holet si, wolt sie auff dise<br />

Nacht ain Unhold werden, vnd sy sey sein«. Oder in einer<br />

zweiten Version: »... als man si gefangen, sei si damalen vir<br />

das Haus gloffen, die Hend ob dem Kopff zusamen geschlagen,<br />

sagte, si sey des Teuffels, wan er si nur holete...« Der<br />

Büttel, der sie gefangen nehmen mußte, hat den Satz auch<br />

gehört: »E, ich bin des Teuffels, ich weis, das ich sein bin,<br />

wan er nur kheme vnd holet mich.« Und dem Wächter, der<br />

sie bewachen mußte, hat sie gesagt, es »solle si der Teuffei<br />

holen (am Rand: mit Leib vnd Seel)«. Der Vogt hatte sie noch<br />

beschwichtigt, sie »soll solliche Wort nit reden«, weil er<br />

natürlich wußte, wie sie sich mit diesem verzweifelten Ausruf<br />

selbst belastete, aber der so gut belegte Satz bewog natürlich<br />

die Anklage, der armen Frau den Pakt und die Buhlschaft mit<br />

dem Teufel nachzuweisen, und das Gericht beschloß auch<br />

folgerichtig, die Angeklagte mit diesem Ziel foltern zu lassen.<br />

Da jedoch offensichtlich auch diese Tortur ihr das gewünschte<br />

Geständnis nicht entlockt hat, blieb es bei der Verurteilung<br />

wegen Zauberei; die Strafe war der Landesverweis. In ihrer<br />

Urfehde mußte Margaretha Richin schwören: ich »soll vnnd<br />

will irer Gnaden Land-, Graff- vnnd Herrschafft meydenn<br />

vnnd mich strackhs (am Rand: in Monats frist) darauß<br />

machen vnnd nit mehr darein khomen noch finden lassen«.<br />

10. Schluß<br />

Welche Schlußfolgerungen ergeben sich aus der bisherigen<br />

Darstellung? Angeregt durch neuere Arbeiten zur Geschichte<br />

der Hexenverfolgung in Südwestdeutschland und im gesamten<br />

Gebiet des Deutschen Reichs sollte versucht werden, für<br />

den relativ kleinen Bereich der beiden Fürstentümer Hohenzollern<br />

eine vorläufige Bilanz der Hexenverfolgung zu ziehen.<br />

Dabei sollte zunächst als faktische Grundlage die Zahl<br />

der Hexenopfer auf den neuesten Stand gebracht werden.<br />

Durch vorliegende Arbeiten und eigene Bemühungen sind<br />

inzwischen mindestens 122 Hexen im Bereich der Herrschaften<br />

Haigerloch, Hohenzollern-Hechingen und Trochtelfingen<br />

(und 142 in ganz Hohenzollern) quellenmäßig zu belegen<br />

- eine Zahl, die wohl nur noch durch Zufallsfunde unwesent-<br />

6<br />

lich überschritten werden dürfte. Mit Hilfe dieser Zahl haben<br />

wir versucht, das Ausmaß der Hexenverfolgung im gesamten<br />

Reich realistischer zu fassen als dies häufig getan wird.<br />

Man kann diese Zahl mit einfachen statistischen Methoden<br />

nach ihrer zeitlichen und räumlichen Verteilung auswerten in<br />

der Hoffnung, daß allein die sich so ergebenden Bilder den<br />

Weg der weiteren Beschäftigung weisen. Z. B. wird in der<br />

Karte sichtbar, daß neben der Stadt Hechingen besonders die<br />

Dörfer Rangendingen, Jungingen und Weilheim Hexen hervorgebracht<br />

haben. Gerade eine Untersuchung dieser Orte<br />

und ihrer Hexen könnte vielleicht den Anteil der dörflichen<br />

Verhältnisse im Gesamtzusammenhang der Hexenverfolgung<br />

bestimmen helfen. Mir sind zwar die sozialen Verhältnisse<br />

von Rangendingen und Weilheim im 16. und 17.<br />

Jahrhundert nicht bekannt, das Dorf Jungingen ist allerdings<br />

um 1600 durch ein auffällig starkes soziales Gefälle geprägt:<br />

es gibt grob gesagt zwei etwa gleich große Bevölkerungsgruppen,<br />

die >Arm< und >Reich< darstellen. Die >Reichen< ringen<br />

zugleich um die Fäden der bescheidenen Macht im Dorf. Die<br />

menschlichen Beziehungen sind dabei durch ein hohes Maß<br />

an Aggressivität gekennzeichnet 12 . Die acht bekannten Hexen<br />

dieses Dorfes entstammten sämtlich der dörflichen Unterschicht,<br />

sechs von ihnen waren außerdem sicher »hereingeschmeckt«.<br />

Es traf also in Jungingen die schwächsten<br />

Glieder in der sozialen Kette. Dies kann noch keine Erklärung<br />

der Hexenverfolgung sein, soll jedoch andeuten, in<br />

welchem Rahmen man die örtlichen Verhältnisse ins Erklärungsschema<br />

einbeziehen könnte.<br />

Des weiteren zeigen die Wellen der Hexenverfolgung, daß es<br />

auch darauf ankommt, den großen geschichtlichen Hintergrund<br />

bestimmter Jahre zu untersuchen (um 1590, um 1610,<br />

um 1650), also: wie war die geistige Situation der Zeit, welche<br />

politischen Verhältnisse herrschten insgesamt und in Hohenzollern<br />

selbst, inwiefern wirkten die Ereignisse des 30jährigen<br />

Krieges fördernd auf die Hexenverfolgung?<br />

Ein letzter wichtiger Fragenkomplex betrifft die Hexen<br />

selbst, denn es dürfte klar sein, daß die Hexen nicht nur von<br />

ihrer Umwelt »gemacht« worden sind, sondern daß ein<br />

bestimmter Personenkreis gewisse «Vorleistungen« erbringen<br />

mußte, um von der Bevölkerung als Hexe »erkannt« zu<br />

werden. Insbesondere könnte die inhaltliche Auseinandersetzung<br />

mit dem <strong>hohenzollerische</strong>n Prozeßmaterial die Frage<br />

erhellen helfen, ob es geheime Hexenbunde und den »Hexenkult«<br />

überhaupt gab. Sowohl Midelfort als auch Schormann<br />

lehnen es nach ihren Forschungen ab, so etwas wie Hexenvereinigungen<br />

anzuerkennen. Dem ist sicher zuzustimmen,<br />

wenn man diese Vereinigungen im Sinne einer Sekte versteht,<br />

die auf dem Sabbat ihrer geheimen Gegen-Religion frönt, wie<br />

dies die englische Forscherin M. A. Murray sah 13 . Andererseits<br />

bin ich mir nicht so sicher, daß es nicht doch in engen<br />

sozialen Bereichen häufig Kontakte zwischen Kräuterfrauen,<br />

Zauberkundigen und auch anderen Frauen gab, gerade wenn<br />

sie allein und sozial isoliert lebten. Bei solchen Treffen mögen<br />

auch Heil- und Zaubermittel, insbesondere Salben, ausgetauscht<br />

worden sein. Diesen Schluß legt jedenfalls der Prozeß<br />

der Anna Küentzlerin aus Jungingen nahe (1648) H , und auch<br />

R. Burkarth fiel auf, daß das Killertal offenbar ein Zentrum<br />

des Salbenhandels gewesen sei. Es ist einfach denkbar, daß<br />

sich im Klima der Verfolgung Frauen, die sich bedroht<br />

fühlten, trotz aller Eigenbrötlerei enger aneinander schlossen<br />

und damit erst recht den Verdacht eines »Komplotts« durch<br />

die »Hexensekte« schürten. Jedenfalls wäre es auch hier<br />

wichtig, in Quellen außerhalb der Prozeßakten nach Verbindungslinien<br />

zwischen solchen Frauen zu suchen, die dann als<br />

Hexen erscheinen.<br />

Es gibt also noch viele Probleme in der Erforschung der<br />

Hexenverfolgung, für die gerade die engere lokale Forschung<br />

einiges beitragen kann.


Anmerkungen<br />

Gerhard Schormann, Hexenprozesse in Deutschland. Göttingen<br />

1981.<br />

1<br />

Joseph Hansen, Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des<br />

Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter. Bonn 1901<br />

(Nachdruck Hildesheim 1963).<br />

1<br />

Eugen Schnell, Zur Geschichte der Criminal-Justiz und besonders<br />

der Hexenprozesse in Hohenzollern, in: Mitt. Hohz. VII (1873/<br />

74), S. 69-99; Gustav Hebeisen, Hexenprozesse aus Hohenzollern-Hechingen,<br />

in: Hohenz. Heimatblatt 1931 H. 4 bis 1933 H.<br />

1; Hexen in Hohenzollern-Hechingen, in: H. H. 4/1952.<br />

1<br />

Rolf Burkarth, Die Hexenprozesse in Hohenzollern. Zulassungsarbeit<br />

an der PH Reutlingen 1965.<br />

' Johann Adam Kraus, Opfer des Hexenwahns in Hohenzollern, in:<br />

H. H. 1/1967.<br />

' Eine vollständige Liste der <strong>hohenzollerische</strong>n Hexenopfer mit<br />

allen für die Forschung notwendigen Einzeldaten sollte veröffentlicht<br />

werden, wenn wirklich einmal alle Quellen gesichtet sind.<br />

ithl<br />

Gregor Richter, Urfehden als rechts-, orts- und landesgeschichtliche<br />

Quellen, in: ZHG 14 (1978), S. 63-76. Die Haigerlocher<br />

Urfehden sind im Staatsarchiv Sigmaringen registriert worden.<br />

Die Nummern der folgenden Liste beziehen sich auf die Regesten.<br />

Schormann, a. a. O., S. 63 ff.<br />

H. C. Erik Midelfort, Witch Hunting in Southwestern Germany<br />

1562-1684 (Hexenverfolgung in Südwestdeutschland). Stanford<br />

1972; hier S. 31 f.<br />

Schormann, a. a. O., S. 71.<br />

Schormann, a. a. O., S. 22-29.<br />

Eine ausführliche Darstellung dieser Verhältnisse soll demnächst<br />

veröffentlicht werden.<br />

M. A. Murray, The Witch-Cult in Western Europe (Der Hexenkult<br />

in Westeuropa). Oxford '962.<br />

Dieser Hexenprozeß ist relativ gut ediert von Thele: Ein Hexenprozeß<br />

zu Hechingen anno 1648, in: Mitt. Hohz. 15, S. 32ff.<br />

Wellen der Hexenverfolgung in der Grafschaft Zollern (Hechingen), den Herrschaften Haigerloch und Trochtelfingen<br />

JOSEF MUHLEBACH<br />

Der Orchesterverein Sigmaringen (Schluß)<br />

Ein geschichtlicher Rückblick<br />

1946 mühte sich eine strebsame Gruppe um Emil Ramsperger<br />

um eine Neugründung des Vereins, der sich jetzt »Chor- und<br />

Orchesterverein« nannte. Es gelang auch, eine neue Musikgemeinschaft<br />

ins Leben zu rufen, die etwa 1947 eine Aufführung<br />

unter der Direktion von Rudolf Lamy veranstaltete.<br />

Rudolf Lamy, vor dem Krieg Leiter der »Singgemeinschaft<br />

Rudolf Lamy« in Berlin, hat sich später in München ebenfalls<br />

unter der Bezeichnung »Singgemeinschaft Rudolf Lamy«<br />

einen neuen Wirkungskreis geschaffen. Das genannte Konzert<br />

wurde im Freien, auf dem Rathausplatz, veranstaltet,<br />

nachdem die französische Besatzungsmacht ein Lokal für die<br />

Aufführung nicht zur Verfügung stellte. Rudolf Lamy ist in<br />

München am 3. März 1962 gestorben.<br />

Beim Chor- und Orchesterverein wirkten dann - wenn auch<br />

nur kurzfristig - die Dirigenten Studienrat Fritz Schulten,<br />

geboren 1897, gestorben als Oberstudienrat 1968 in Ravensburg,<br />

dann Studienrat Rodewald, weiter Fritz Rotschuh vom<br />

Baur und Musiklehrer Max Kohler aus Sigmaringen, jetzt<br />

Chorleiter an der Christ-Königskirche in München.<br />

Nach diesen kurzfristigen Tätigkeiten gelang es, zum Schuljahrbeginn<br />

1951 Oberstudienrat Gustav Behrendt, später<br />

Gymnasial-Professor am Hohenzollern-Gymnasium Sigmaringen<br />

und Fachberater für Schulmusik beim Oberschulamt<br />

Tübingen, als Dirigenten für den Verein, der sich jetzt die<br />

frühere Bezeichnung »Orchesterverein« zulegte, zu gewinnen.<br />

Damit war wieder ein Zustand erreicht, der eine förderliche<br />

Tätigkeit auf hoher Ebene mit anspruchsvollem Niveau<br />

ermöglichte. Die Konzertveranstaltungen unter Behrendt<br />

fanden dann auch in der Bevölkerung hohe Anerkennung und<br />

Wertschätzung. Im Jahre 1970 hat sich der gemischte Chor<br />

7


abgezweigt; der Orchesterverein hat sich als solcher später<br />

auf reine Orchestertätigkeit beschränkt.<br />

Es ist hier nicht der Raum geboten, die Vielzahl der Konzerte<br />

anzusprechen, die wir Herrn Behrendt verdanken. Gustav<br />

Behrendt hat in einem Tätigkeitsbericht 1981 eine umfangreiche<br />

Darstellung von seinem Wirken geboten. Der Bericht ist<br />

ein Zeugnis, mit welcher Vielseitigkeit die Konzerte in die<br />

Öffentlichkeit hinein gewirkt haben.<br />

Gustav Behrendt hat auch, das sei noch abschließend herausgestellt,<br />

1949 die Musikschule gegründet, die auf sein Betreiben<br />

später in eine städtische Musikschule umgewandelt wurde.<br />

Nur als Beispiele für die Fülle der Veranstaltungen unter<br />

Behrendt seien folgende Werke genannt:<br />

1952 Georg Friedrich Händel: »Acis und Galatea«, Pastoral<br />

für Soli, Chor und Orchester<br />

1960 Georg Friedrich Händel: Oratorium »Alexanders<br />

Fest« oder die »Macht der Musik«<br />

1964 Christoph Willibald Gluck: »Orpheus und Eurydike«.<br />

JOHANNES WANNENMACHER<br />

Abschließend möchte man als ein Zeichen der Dokumentation<br />

öffentlicher Anerkennung aus einer Zuschrift des damaligen<br />

Bürgermeisters Franz Schiek im Jahre 1960 folgenden<br />

Passus herausstellen: »Ihr gestriges Konzert hat einen so<br />

hohen Rang musikalischen Könnens und feinen Zusammenspiels<br />

verraten, daß ich nicht umhin kann, Lob, Bewunderung<br />

und Anerkennung zu zollen. Gleichzeitig möchte ich<br />

Ihnen und Ihrem Orchester den gebührenden Dank der Stadt<br />

für diese hervorragende Leistung zum Ausdruck bringen.«<br />

Fast drei Jahrzehnte lang hat Gustav Behrendt, zuletzt<br />

Oberstudienrat und Gymnasial-Professor, den Orchesterverein<br />

geleitet. Aus gesundheitlichen und Altersgründen<br />

stellte er im Jahre 1982 sein Amt zur Verfügung. Oberstudienrat<br />

Friedemann Babst am Hohenzollern-Gymnasium hat<br />

die Nachfolge angetreten. Im September 1982 präsentierte<br />

sich der Verein unter der neuen Leitung der Öffentlichkeit.<br />

Die örtliche Presse kommentierte die Aufführung mit der<br />

lobenden Anerkennung: »Voll Lebendigkeit und mit Freude<br />

musiziert.« Damit ist der Anschluß an die Vergangenheit und<br />

die Richtung für die Zukunft aufs schönste gewährleistet.<br />

Aus der Mundart unserer Heimat - Alte Ausdrücke und Redensarten<br />

Das noch aus einer bäuerlichen Welt stammende Bildungsgut<br />

aus Religion, Sprache, Sitte und Brauchtum ist in den letzten<br />

Jahrzehnten rasch in den Hintergrund gedrängt worden. Sehr<br />

schnell ist das Industriezeitalter eingebrochen, und Wandel<br />

und sogenannter Fortschritt kannten auf allen Lebensgebieten<br />

keinen Halt und keine Grenzen mehr. Jetzt erst erkennt<br />

man nun so richtig den seelischen Verlust, von unbedingt<br />

notwendigen, urgewachsenen Bildungswerten des Lebens.<br />

Man sucht wieder nach ihnen und bringt sie in die Lebensmitte.<br />

Zu diesen Bildungsgütern gehört vor allem auch die<br />

Mundart. Bei den verschiedensten Anlässen zeigt sich eine<br />

wachsende Vorliebe für sie. Unmittelbar erfaßt sie Verstand,<br />

Seele, Herz und Gemüt! Nachstehend alte Ausdrücke und<br />

Redensarten aus der Mundart von Rangendingen.<br />

Da hat sich jemand äußerlich eine Verletzung zugezogen. Die<br />

Wunde wächst zu, und es bildet sich eine bräunliche Kruste,<br />

die man im Volksmund » R u f a « nennt. Die Heilwirkung der<br />

»Rufa« und ihre Behandlung ist jedermann bekannt.<br />

Im späten Herbst werden die Tannenzapfen reif. Sie heißen in<br />

der Mundart » K i a 1 e «. Früher hat die Gemeinde das Ernten<br />

von Tannenzapfen in Waldschlägen verpachtet. Meist waren<br />

es ledige Männer mit Berufen, die man in den Wintermonaten<br />

nicht ausüben konnte, die dann die Tannenzapfen von den<br />

Waldbäumen pflückten. Es war dies eine oft mühsame und<br />

gefährliche Arbeit. Die »Kiale« wurden dann in die »Dörre«<br />

gebracht, wo man dann den wertvollen Samen aus ihnen<br />

herausholte. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Rangendingen<br />

noch zwei Dörranstalten. Die eine gehörte dem Franz<br />

Wild (Somafranz genannt), und die andere dem Josef<br />

Schwenk, Küfer. Die von den Samen befreiten »Kiale« die<br />

man im Sommer auch noch oft im Walde fand, waren für die<br />

Hausfrauen ein begehrtes Brennmaterial, das sich besonders<br />

gut zum Feueranmachen in Herd und Ofen eignete.<br />

8<br />

Kinder sind beim Essen manchmal unvorsichtig und lassen<br />

von dem übervollen Löffel mit Brei einen Teil fallen. Dann<br />

haben sie einen »Pflädder« auf Hose oder Kleid. Wenn<br />

Kinder wegen Nichterfüllung ihrer Wünsche oft lang und<br />

breit weinen und stöhnen, dann tun sie »blären«. »Dös hot mi<br />

aber« >keitkeiaWaidag< ischt a waidageter >Waidag


HUBERT STEKELER<br />

Thalheim - Besiedlung und herrschaftspolitische Entwicklung<br />

Die ersten von Menschen hinterlassenen Spuren in Thalheim<br />

finden wir unweit der Leibertinger Gemarkungsgrenze im<br />

oberen Hennenbühl. Nur wenige Schritte vom Feld in den<br />

lichten Buchenwald hinein stoßen wir auf einen merkwürdig<br />

langgestreckten baumbewachsenen Hügel, der in seinen Maßen<br />

ca. 15 X 7 Meter aufweist. Die Höhe des Scheitelpunktes<br />

liegt bei ca. 1.50 m. Wir stehen hier vermutlich vor einem<br />

Hünengrab aus der Jungsteinzeit. Die Einschränkung »vermutlich«<br />

ist notwendig, da dieser Hügel bisher noch nie<br />

wissenschaftlich untersucht wurde. Vergleichen wir den Hügel<br />

aber mit den untersuchten Hühnengräbern im Wiesenried<br />

zwischen Worndorf und Neuhausen, so ist die Ähnlichkeit<br />

unschwer zu erkennen. Durch die wenig exponierte Lage des<br />

Thalheimers Hügels im Wald kann man diesen jedoch erst<br />

erkennen, wenn man unmittelbar vor ihm steht.<br />

Diese Gräber sind nun in der Regel nicht etwa nur aufgeschichtete<br />

Steinhaufen über einem Leichnam, sondern bestehen<br />

aus einem ovalen Rund von senkrechten Felssäulen, über<br />

die als Abdeckung eine Felsplatte gelegt wurde. Über diesen<br />

Grabraum aus Felsen wurden nun Steine und Boden gehäuft.<br />

Da man sich lange Zeit nur vorstellen konnte, daß ausschließlich<br />

hünenhafte Menschen solch große Felsen auftürmen<br />

konnten, gab man den Gräbern den Namen Hünengräber.<br />

Untersuchte Gräber zeigten aber bald, daß die Jungsteinzeitmenschen<br />

keineswegs hünenhaft gewachsen waren. Sie<br />

bedienten sich lediglich der Transporttechnik der schiefen<br />

Ebene mit Zuhilfenahme von Holzrollen.<br />

Setzen wir die Annahme, daß es sich bei dem Thalheimer<br />

Hügel im Hennenbühl um ein solches Hünengrab handelt<br />

(der häufig gesehene Zusammenhang zwischen dem Namen<br />

Hünengrab und dem Flurnamen Hennenbühl [Hühenbühl]<br />

müßte noch genauer untersucht werden), als richtig voraus,<br />

so besitzen wir hiermit ein erstes Zeugnis für menschliches<br />

Wirken in unserer Gegend. Ob es sich hierbei um eine<br />

Siedlung handelte, oder ob das Grab anläßlich eines ausgedehnteren<br />

Jagdzuges entstand, könnte wahrscheinlich die<br />

Spatenforschung näher erhellen. Auch bei einer eventuellen<br />

Besiedlung können wir auf jeden Fall annehmen, daß unsere<br />

Gemarkung zu jener Zeit noch hauptsächlich aus Eichen,<br />

Buchen und Birkenwald bestand.<br />

Die zweiten menschlichen Spuren in unserer unmittelbaren<br />

Nähe finden wir auf der Leibertinger Gemarkung unweit der<br />

Thalheimer Grenze, direkt beim Mühleichenhof, ungefährt<br />

1 km südlich des genannten Hünengrabes. Deutlich erkennbar<br />

sind hier die im Rechteck aufgeschütteten Wälle einer<br />

sogenannten Keltenschanze, einer Wehrmauer um eine keltische<br />

Ansiedlung bzw. keltische Opferstätte. Eine solche<br />

Keltenschanze finden wir im übrigen auch auf der Neuhauser<br />

Gemarkung in Richtung Worndorf. Wir können also auch<br />

für unsere Gegend eine keltische Besiedlung um 500 vor<br />

Christus annehmen. Da für Thalheim keine solchen keltischen<br />

Funde vorliegen, dürfen wir annehmen, daß die heutige<br />

Thalheimer Gemarkung immer noch weitgehend mit Wald<br />

bedeckt war. Um 83 nach Christus wurden die Kelten von<br />

den Römern aus Süddeutschland vertrieben. Das in unserer<br />

Gegend ohnehin schwach besiedelte Land wurde nun fast<br />

menschenleer. Die Römer durchzogen das Land mit Heerstraßen,<br />

Kastellen und Gutshöfen. Auch für unsere nähere<br />

Umgebung liegen römische Zeugnisse vor. Vor allem beein-<br />

druckt hier der römische Gutshof bei der Altstatt auf Heudorfer<br />

Gemarkung. Ob es sich bei dem teilweise im Geländeschnitt<br />

sichtbaren Weg durch den Thalheimer Röschenberg<br />

und über die Wagenstelle tatsächlich um eine Römerstraße<br />

handelt, müßte näher untersucht werden. Fest steht, daß<br />

1333 in einem Thalheimer Güterverzeichnis eine »Heerstraße«<br />

genannt wird. In einer vorhandenen Gemarkungskarte<br />

von Thalheim aus dem Jahre 1700 ist der Verlauf dieser Straße<br />

als Hauptweg eingezeichnet.<br />

Mit dem alamannischen Sturm von der Elbe nach Süddeutschland<br />

in den Jahren 270-400 nach Christus wurden die<br />

Römer aus unserem Gebiet wieder vertrieben. Nun kam auch<br />

wieder mehr Leben in unsere Gegend. Die Alamannen<br />

gründeten in ihrer Landnahmezeit bis 700 viele neue Siedlungen,<br />

in denen sie vorwiegend Rinderzucht auf der Basis der<br />

Weidewirtschaft trieben. Ackerbau wurde nur sehr unplanmäßig<br />

betrieben. Das in Besitz genommene Land teilten die<br />

Alamannen in Gaue oder Baare (Bezirke) und Hundertschaften<br />

(Kreise) ein. Die Kreise erhielten meist den Namen des<br />

Hundertschaftsanführers, der das jeweilige Gebiet eroberte.<br />

In unserem Fall vertrieb wohl ein gewisser Goldin mit seiner<br />

Hundertschaft (Huntare) die Römer und besiedelte das Land,<br />

daher unsere ehemalige Zugehörigkeit zum Kreis Goldineshuntare.<br />

Hinsichtlich der übergeordneten Gauzugehörigkeit<br />

scheinen wir an der Grenze des Scherragaus und der Bertoldsbaar<br />

gelegen zu haben. 861 werden Beuron und Buchheim als<br />

im Scherragau gelegen genannt. Sigmaringen wurde für diese<br />

Zeit hingegen der Bertoldsbaar zugeordnet. Um 1000 verschwinden<br />

die Bezeichnungen Goldineshuntare, Scherragau<br />

und Bertoldsbaar. Jetzt wird für unser Gebiet der Name<br />

Ratoldsbuch (ursprünglich Ortsbeschreibung für Hoppetenzell)<br />

genannt.<br />

Die Namen der alamannischen Siedlungen in der Landnahmezeit<br />

bis in das Jahr 700 richtete sich nach dem Namen des<br />

Sippenanführers (z.B. Sigmar), der mit seiner Sippe eine<br />

Siedlung gründete. Dem Namen des Sippenanführers wurde<br />

hinzugestellt, daß dort auch seine Leute lebten. Hierfür steht<br />

die Endung -ingen (Sigmar -ingen). Andere Beispiele wären<br />

Fridingen oder Leibertingen. Um 700 war die Unterwerfung<br />

der Alamannen durch die Franken abgeschlossen. Unter der<br />

Herrschaft der Franken wurden die Alamannen zwar nicht<br />

vertrieben, mußten aber doch einige einschneidende Maßnahmen<br />

über sich ergehen lassen. Jetzt wurde zwangsweise<br />

die Dreifelderwirtschaft eingeführt. Für die Alamannen gab<br />

es jetzt auch feste Gebietsgrenzen, aus denen sie nicht mehr<br />

wie bisher ausbrechen konnten. Die Folge war, daß mit<br />

zunehmender Bevölkerung der alte Siedlungsraum in Alamannien<br />

zusehends enger wurde. Zwischen den alten »ingen«-Dörfern<br />

wurden jetzt Tochtersiedlungen gegründet,<br />

die auch unwirtlichere Gegenden nicht verschmähten. Diese<br />

Siedlungen aus der sogenannten Ausbauzeit der Alamannen<br />

von 700-900 n. Chr. enden auf »hausen«, »Stadt«, »dorf«,<br />

»Stetten«, »beuren«, »weiler«. Vorgeschaltet wurde jeweils<br />

wieder der Name des Sippenführers. Beispiele hierfür sind<br />

Walbertsweiler, Worndorf und wahrscheinlich auch Kreenheinstetten.<br />

Zeitlich einher mit dieser alamannischen Ausbauzeit ging die<br />

Sicherungskolonisation der herrschenden Franken. Sie bestand<br />

in der Anlage eines Netzes von Heeresstützpunkten,<br />

9


\ v \<br />

Buchheim<br />

kreenhelfiffo^n<br />

O<br />

O alamannische Besiedlung in der Landnahmezeit bis 700<br />

® alamannische Besiedlung in der Ausbauzeit 700-900<br />

• fränkische Wehrbauernbesiedlung 700-900<br />

relativ flache alamannische Siedlungsfläche<br />

'// von Alamannen unbesiedelter Waldgürtel am Albaufstieg<br />

die zugleich Mittelpunkte ausgedehnter Ländereien waren,<br />

welche man aus vorher unbesiedeltem Land und von beschlagnahmten<br />

Besitzungen der Alamannen gewann. Hier<br />

wurden nun bäuerliche Kolonien wie auch Militärkolonien<br />

mit fränkischen Wehrbauern angelegt. Man kann auch sagen,<br />

daß in diesen Siedlungen die fränkische Besatzungsmacht<br />

präsent war. Diese fränkischen Siedlungen im bisher von<br />

Alamannen nicht besiedelten Raum enden in der Regel aus<br />

»-heim« oder aus »-dorf«, sofern bei letzterem der Vorsatz<br />

nicht in einem Vornamen, sondern in einer Eigenschaft<br />

besteht wie bei Heudorf oder Rohrdorf. Wir sind also nun in<br />

der Entstehungszeit der heutigen Siedlung Thalheim angelangt,<br />

die wir für die Jahre von 700 bis 900 datieren dürfen.<br />

Die Nennung vom Nachbarort Altheim im Jahre 768 läßt auf<br />

eine gemeinsame Kolonisationszeit für diese Zeit schließen.<br />

Thalheim präsentiert sich somit als eine staatlich angeordnete<br />

Neusiedlung fränkischer Wehrbauern in einem Waldband,<br />

das von alamannischen Alt- und Neusiedlungen umgeben<br />

war. In diesem von fränkischen Wehrbauern neu besiedelten<br />

Waldgürtel liegen auch die Dörfer Altheim, Heudorf und<br />

Rohrdorf, wobei Rohrdorf ob seiner späteren Geschichte<br />

vielleicht mehr der Charakter einer Militärkolonie zukam,<br />

die jedoch im Notfall jederzeit auf die Wehrbauern der<br />

anderen genannten Dörfer zurückgreifen konnte. Von der<br />

fränkischen Besiedelung zeugt noch 1333 in dem schon<br />

genannten Thalheimer Güterverzeichnis der Flur- oder Personenname<br />

»Francken«.<br />

Für die ersten 300 Jahre der Thalheimer Ortsgeschichte läßt<br />

sich nur schwer erkennen, zu welcher lokalen Herrschaft das<br />

Dorf Thalheim gehörte. Lediglich eine durch die Siedlungsgeschichte<br />

untermauerte Vermutung läßt auf eine schon<br />

damals etablierte Herrschaft Rohrdorf, erwachsen aus einer<br />

fränkischen Wehrkolonie, schließen, zu der Thalheim gehörte.<br />

Diese Vermutung verdichtet sich, wenn man berücksichtigt,<br />

daß die Herrschaft Rohrdorf um 1200 noch Besitzungen<br />

und den Groß- und Kleinzehnten in Thalheim besaß, obwohl<br />

das Dorf schon der Herrschaft Sigmaringen zugeschlagen<br />

war. In dieser Zuordnung von Thalheim an die Herrschaft<br />

Sigmaringen liegt nun auch das große Fragezeichen in der<br />

frühen Thalheimer herrschaftspolitischen Entwicklungsge-<br />

10<br />

schichte. Geht man davon aus, daß um das Jahr 1050 das<br />

Gebiet der Grafschaft Rohrdorf und der Grafschaft Sigmaringen<br />

mit dem Gebiet der früheren Goldineshuntare identisch<br />

ist, so muß diese sich um diese Zeit in die zwei<br />

Grafschaften getrennt haben. Warum Thalheim nun bei<br />

dieser Teilung nicht an Rohrdorf, sondern an Sigmaringen<br />

fiel, ist um so undurchsichtiger, da Thalheim jetzt als separates<br />

Sigmaringer Dorf, als eine Exklave, hinter dem Rohrdorfer<br />

Gebiet lag. Logisch wäre einzig und allein die Zuordnung<br />

von Thalheim nach Rohrdorf gewesen. Welcher Handel<br />

zwischen den beiden Grafschaften für diese Zuordnung<br />

ausschlaggebend war, bleibt im dunkeln. Vielleicht hatte der<br />

Rohrdorfer Herrscher zuwenig Grundbesitz in Thalheim,<br />

um sich durchzusetzen. Vielleicht pochte auch die mächtigere<br />

Sigmaringer Herrschaft bewußt auf dieses Dorf im Rücken<br />

des Rohrdorfer Gebiets, um so eine bessere Kontrolle über<br />

die Nachbargrafschaft zu besitzen. Seit dieser Zeit gehörte<br />

Thalheim auf jeden Fall zur Herrschaft Sigmaringen und<br />

vollzog deren Entwicklung bis heute mit. Bis zur Kreisreform<br />

1973 war Thalheim dabei immer eine Sigmaringer<br />

Exklave, umgeben von »ausländischen« Dörfern. Der Vollständigkeit<br />

halber soll nun in tabellarischer Form die Herrschaftszugehörigkeit<br />

von Thalheim aufgelistet werden:<br />

um 750:<br />

um 1000:<br />

um 1050:<br />

12. Jahrh.<br />

um 1250:<br />

1291:<br />

1325:<br />

1399:<br />

1535:<br />

1632:<br />

Fränkische Wehrbauernneusiedelung im alamannischen<br />

Scherragau bzw. Bertoldsbaar,<br />

Goldineshuntare<br />

Neuer Gauname Ratoldsbuch<br />

Teilung der Goldineshuntare in die Herrschaften<br />

Rohrdorf und Sigmaringen, wobei<br />

Thalheim der Herrschaft Sigmaringen zugeschlagen<br />

wurde<br />

Sigmaringen - Helfenstein<br />

Sigmaringen - Montfort<br />

Oberhoheit Habsburg<br />

Württemberg<br />

Sigmaringen-Werdenberg<br />

Sigmaringen-Hohenzollern<br />

aus der Grafschaft wird das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen<br />

Max Gögler und<br />

GregurßkhWFÜlreR.I<br />

Das 1 and<br />

Aiirttcni ><br />

H«»hen/oilern<br />

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Herausgegeben von Max Gögler<br />

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Mit 28 Beiträgen von 17 Autoren,<br />

u. a. Walter Atorf, Max<br />

Gögler, Bruno Heck, Paul<br />

Hellersberg, Kurt Georg Kiesinger,<br />

Gebhard Müller, Gregor<br />

Richter, Friedrich Roemer, Willi<br />

Schefold, Gustav von Schmoller<br />

und Hans Speidel.<br />

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Jlb Jan Thorbecke Verlag • Postf. 546 • Sigmaringen


OTTO WERNER<br />

Strittige Fuhrfronen zur Reparatur des Hechinger Residenzschlosses<br />

(1737-1760)<br />

Die am Ende des 16. Jahrhunderts von Graf Eitel Friedrich I.<br />

von Hohenzollern-Hechingen erbaute »Friedrichsburg«<br />

muß sich gut hundert Jahre später in einem ziemlich schlechten<br />

Bauzustand befunden haben. Fürst Friedrich Ludwig<br />

(1735-1750) sah sich 1737 genötigt, »den an etlichen Orthen<br />

sehr schadhaften Dachstuhl in der Fürstlichen Residenz<br />

repariren zu lassen«. Da die »herrschaftlichen ordinari Frohnen«<br />

zur Beiführung des gefällten Bauholzes nicht ausreichten,<br />

stellte die Stadt Hechingen »auf gnädigster Herrschaft<br />

Ansuchen« Fuhrwerkes zur Verfügung, jedoch nicht ohne<br />

die Versicherung, daß diese freiwilligen Fuhren der Stadt »an<br />

ihren habenden Privilegiis und Frohnfreiheiten keineswegs<br />

präjudicirlich und nachtheilig seyn« sollten. Ein entsprechendes<br />

Revers wurde der Stadt Hechingen von der Hochfürstlich<br />

Hohenzollerischen Kammerkanzlei am 7. Juni 1737 ausgefertigt<br />

und mit dem Landessiegel versehen 1 .<br />

Als Fürst Friedrich Ludwig am 4. Juni 1750 das Zeitliche<br />

segnete, übernahm dessen Vetter Fürst Joseph Wilhelm<br />

(1750-1798) die Regierung.<br />

Bereits am 4. Februar 1751 wurden neben dem »löblichen<br />

Stadtgericht« auch die Hechinger Fuhrleute ins Rathaus<br />

berufen, wo ihnen von Herrn Rat und Stadtschultheiß Andreas<br />

Vieheuser ein Befehl der Fürstlichen Hofkanzlei in<br />

Bezug auf die Reparatur des Residenzschlosses eröffnet<br />

wurde: Ihre Hochfürstliche Durchlaucht sehe sich gezwungen,<br />

im Frühjahr mit der »höchst benöthigten Haupt-<br />

Reparation dero Fürstlichen Residenz« zu beginnen, um<br />

weiteren und größeren Schaden an dem Renaissanceschloß<br />

vorzubeugen; u.a. solle ein neuer Dachstuhl auf der einen<br />

Seite verfertigt werden. Es sei Pflicht der Untertanen, bei<br />

dergleichen »an Landesfürstlichen Residenzien vornehmendten<br />

Haupt Bauwesen« nach Vermögen mitzuhelfen. Der<br />

Fürst verlange diesmal weiter nichts, als daß das benötigte<br />

Bauholz angefahren werde. Herr Rat und Stadtschulthaiß<br />

Vieheuser solle den Bürgern, die über Fuhrwerke verfügen,<br />

befehlen, daß zur bestimmten Zeit »alle Züge ohne Ausnahm<br />

mit tauglichen Wägen und Geschirren sich zeitlich bey dem<br />

neuen Bau im Sautiergarten einfinden, das allda ihnen anweisende<br />

Bauholtz aufladen, und hieher auf die Reüthbahn<br />

[südlich des Schlosses] führen sollen«. Außerdem wolle<br />

Vieheuser einen Baumeister beauftragen, der die Fuhrleute zu<br />

ihrer Schuldigkeit anweise und anhalte, damit diese ordentlich<br />

auflüden und den Tag nicht liederlich versäumten 2 .<br />

Das Stadtgericht brachte daraufhin den vor vierzehn Jahren<br />

»erhaltenen und in originali producirten Revers« bei, aus dem<br />

hervorging, daß bei der damals nötigen Reparatur des Dachstuhls<br />

die Stadt Hechingen auf gnädigster Herrschaft Ansuchen<br />

freiwillig Fuhren geleistet hatte, die ihren Privilegien<br />

und Fronfreiheiten aber nicht abträglich sein sollten.<br />

Sowohl das Stadtgericht als auch die anwesenden Fuhrleute<br />

beschlossen in Anbetracht dessen: Aus Respekt vor und<br />

Ergebenheit für Durchlaucht sei man nicht nur ein-, zwei-,<br />

drei- und mehrmals Bauholz zu führen willig und bereit,<br />

dergleichen Dienste dürften aber nicht zur Folge haben, daß<br />

die Privilegien der Bürger der Stadt Hechingen beschnitten<br />

würden. Aus diesem Grunde solle zuvor der Stadt ein<br />

neuerliches entsprechendes Revers ausgefertigt werden.<br />

Beide Herren Bürgermeister Werner und Freüdenmann wurden<br />

abgeordnet, dies Kanzler Mader zu unterbreiten. Sie<br />

wurden aber abschlägig beschieden und überbrachten die<br />

Antwort, »daß die Burgerschaft zur Fürstlichen Residenz in<br />

alle weeg zu frohnen von rechts wegen verbunden«, der im<br />

Jahre 1737 erteilte Revers »nicht zu ästimiren noch zu einer<br />

Ausflucht dienlich seye« 3 .<br />

Als die Fuhrleute diese Nachricht hörten, blieben sie nicht<br />

länger. Um nicht in Ungnade zu fallen, wurde ihnen »bey der<br />

Statteinigungsstraf« aber geboten, am Nachmittag um ein<br />

Uhr wiederum im Rathaus zu erscheinen. Dort wurden sie<br />

vom Stadtschultheiß ernsthaft erinnert, ja ihnen befohlen, am<br />

morgigen Tag sich mit ihren Fuhrwerken einzufinden, um<br />

das Bauholz - neben anderen Untertanen - zur Reitbahn zu<br />

führen. Sie erklärten sich wohl oder übel damit einverstanden,<br />

jedoch in der Hoffnung, daß gemeiner Stadt - wie im<br />

Jahre 1737 - ein Revers mit den ausbedungenen Klauseln<br />

zugestellt werde.<br />

Im Jahre 1758 erlaubte Fürst Joseph Wilhelm der Stadt »aus<br />

besonderer Gnade«, den Schutt und Urbau, der beim Schloßhof<br />

lag und wohl von der 1751 begonnenen »Haupt-Reparation«<br />

stammte, auf die Straße vor dem oberen Tor bis zu<br />

einem eben neu gemachten Weg abführen zu lassen 4 .<br />

Offensichtlich bestand Fürst Joseph Wilhelm nicht auf der<br />

1751 erteilten Weisung, daß die Stadt Fuhrfronen für die<br />

»landesfürstlichen Residenzien« leisten müsse, denn 1760<br />

kam es wegen der Schloßfronen zu einer Klage von zwei<br />

Landesdeputierten beim Kaiserlichen Kammergericht in<br />

Wetzlar, die sie - ohne Auftrag - auch im Namen der Stadt<br />

Hechingen vorbrachten. Als die Fürstliche Regierung davon<br />

Kenntnis erhielt, wurde eine Deputation des Stadtgerichts in<br />

die Fürstliche Hofratskanzlei berufen und ihr dieser Tatbestand<br />

eröffnet. Seitens der Stadt wunderte man sich nicht<br />

wenig, weil hiervon nicht das geringste bekannt war. So<br />

wurde vom Stadtgericht am 28. Juni 1760 ein Attest ausgefertigt,<br />

daß man »zu dergleichen Schloß-Frohnen niemahlen<br />

wäre angehalten worden«. Bevor aber das Attest, in dem auch<br />

noch die Unkenntnis über die Entsendung von Deputierten<br />

vermerkt war, in Wetzlar eintraf, war dort schon ein Urteil<br />

abgefaßt worden »des Jnnhalts, daß biß zu weitherer Erörtherung,<br />

so wohl die Stadt alß Landt die quäst. Frohn-Fuhren<br />

zum Schloßbauw ohnverwaigerlich ... gehorsambst vollziehen,<br />

auch beynebens ihrem gnädigsten Fürsten und Landesherren<br />

in all übrigem ihren unterthänigst schuldigsten Gehorsam<br />

laisten sollen«. Dies wurde der stadtgerichtlichen Deputation<br />

»deutlich eröffnet und abgelesen«. Was das Land<br />

betraf, hatten die Deputierten der Stadt gegen das kaiserliche<br />

Kammergerichtsurteil nichts einzuwenden, wohl aber, daß<br />

»auch die Stadt hierinnen, und darmit eingeflochten und<br />

unterschoben worden seye, wo man doch derentwillen,<br />

weder einige Ciagen selbsten geführet, ebensowenig jemandt<br />

anderen hierzu Gewalt und Vollmacht gegeben«. Durch das<br />

ausgestellte Attest zeige sich dies hinlänglich; man sei genötigt<br />

zu protestieren. Die gnädigste Herrschaft werde doch<br />

nicht glauben, »daß die Stadt sich so weith vergessen solle,<br />

wider etwas eine Clag zu führen, worzu man bis auf den<br />

heutigen Tag niemahlen angehalten, vil weniger auch nur eine<br />

Prätension hiervon gemachet worden seye« 5 .<br />

Tatsächlich hatte aber doch ein Bürger der Stadt Hechingen,<br />

Hafner Johannes Mutschier, die Klageschrift der Wessinger<br />

Bauern unterschrieben, wie sich bei der Rückkehr der beiden<br />

nach Wetzlar deputierten herausstellte. Er hatte dies - wie er<br />

auf Befragen vor dem Stadtgericht zugab - aber nur getan,<br />

11


»umb den alten Proceß zu betreiben, nicht aber eine Klag<br />

wegen deren dem Landt umgelegten Schloßfrohnen zu formieren«<br />

6 .<br />

Am 22. August 1760 bekundeten die Bürgermeister, Gerichtsherren,<br />

Vierer und Achter der Stadt Hechingen in<br />

einem Schreiben an die Fürstliche Regierung, wie mißfällig<br />

man es von der Stadt gesehen, daß Johannes Mutschier seinen<br />

Namen unter die Klageschrift der Wessinger Bauern geschrieben<br />

»und sich hierdurch zum Landt geschlagen habe«.<br />

Die Fürstliche Regierung wurde gebeten, den zwei Deputierten<br />

- Christ Ruef von Wessingen und Michel Vogt von<br />

Bisingen -, welche den Namen der Stadt beim Kaiserlichen<br />

Kammergericht fälschlich angegeben hatten, aufzutragen,<br />

»daß selbe zu billicher Satisfaction gemeiner Statt bey höchst<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

erwehnt Kayserlichem Cammergericht... ihre ohnehin dissfahls<br />

nichtige Clagden annullieren sollen«.<br />

Johannes Mutschier aber wurde das Bürgerrecht abgesprochen<br />

und mußte die Stadt »mit sackh und packh... räumen« 1 .<br />

Anmerkungen<br />

Zur Flurnamenkunde: Wort, Wöhrd oder Wert?<br />

In Hechingen-Schlatt gab es bis vor wenigen Jahren die<br />

Fluren Wörth und Brunnenwörth, gesprochen mit langem ö.<br />

Neueren Bestrebungen folgend hat man diese altertümlichen<br />

Namen umgeändert in »Wert«, was schwäbisch Weart zu<br />

sprechen wäre. Einige Heimatfreunde haben vergebens Bedenken<br />

geäußert. Zwar gab es im Mittelhochdeutschen, etwa<br />

ums Jahr 1300, den Begriff Wert, jedoch in doppelter Bedeutung:<br />

einmal als (Geldes-)Wert und dann als »erhöhtes Land<br />

am Wasser, Flußinsel, Damm«. Unsere naturverbundenen<br />

Vorfahren fanden es vernünftig, um Verwechslungen auszuschließen,<br />

in dieser letzten Bedeutung (ohne übergeordnete<br />

Sprachregulierung) eine abweichende Wortform zu entwikkeln.<br />

Je nach Landschaft sprachen und schrieben sie bis in<br />

neuere Zeit von Woerth, Wörth, Wöhrden, entrundet auch<br />

da und dort Weerth, Werd, Werder o. ä. Solche Wortbildungen<br />

finden sich heute noch dutzendmal in Orts- oder Siedlungsnamen<br />

unangefochten und wohlgelitten. Man denke<br />

nur an Donauwörth, Frauenwöhrt, mehrere Wort an Donau<br />

und Rhein vom Elsaß nach Norden und tief nach Bayern<br />

hinein, die jeweils »Land am Wasser« bedeuten! Gelehrten<br />

unserer Tage gefielen diese teils schwülstigen Bezeichnungen,<br />

soweit sie Flurnamen meinen, nicht mehr. So haben sie, dem<br />

Fortschritt dienend -, welch spektakuläres Schauspiel für<br />

Sprachfreunde! - das Rad der volkstümlichen Entwicklung<br />

bei Flurnamen radikal um 600 Jahre zurückgedreht! Und dies<br />

trotz der Tatsache, daß daraus Unsicherheit und Vernebelung<br />

der Bedeutung entstehen muß. Nun soll nur noch die Wortform<br />

»Wert« gültig sein, Wörth, Wöhrd, Weerth usf.<br />

dagegen seien falsch!<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Gruol: vergessene Klostergebäude<br />

Uber das ehemalige Dominikanerinnenkloster Gruol, das zu<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts wie viele andere der Umgebung<br />

der Säkularisation zum Opfer fiel, ist schon vieles berichtet<br />

worden (Vgl. Bilbliographie Hohenzollerns 1974, S. 363).<br />

Uber den Umfang des Konventsgebäudes, seiner Ein- und<br />

Unterteilung, ist bisher wenig erforscht. Das »Wochenblatt<br />

für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen« vom Jahre<br />

1828 enthält die Verkaufsausschreibung des Klostergebäudes<br />

vom 21. Januar 1828, in der das damalige Konventsgebäude<br />

genau beschrieben ist.<br />

12<br />

1<br />

Stadtgerichtsprotokolle, Folio A 10, Actum den 4. Februar 1751<br />

2<br />

Wie Anm. 1<br />

3<br />

Wie Anm. 1<br />

4<br />

Stadtgerichtsprotokolle, Folio All, Actum den 30. Oktober 1758<br />

5<br />

Stadtgerichtsprotokolle, Folio A 11, Actum den 22. August 1760<br />

6<br />

Wie Anm. 5<br />

7<br />

Stadtgerichtsprotokolle, Folio All, Actum den 3. Oktober 1760<br />

Lagerort der Stadtgerichtsprotokolle: Stadtarchiv Hechingen<br />

So schrieb der sonst allgemein hochgeschätzte Arzt, Volkskundler<br />

und Forscher Michel R. Buck schon 1880 und dieses<br />

wiederholte das »Flurnamenbuch« des württembergischen<br />

Landesvermessungsamtes im Jahre 1958 Seite 153. Wieso<br />

aber soll falsch sein, was eine Sache eindeutig benennt und<br />

bestimmt? Waren unsere Vorfahren denn so dumm?<br />

Doch siehe da: Das »Ethymologische Wörterbuch der deutschen<br />

Sprache« von Kluge-Mitzka hat 1963 in seiner 19. Auflage<br />

(S. 858 unter »Werder«) wieder die altüberlieferte Volksweisheit<br />

entdeckt und den Flurnamen »Wort« (erhöhtes<br />

Land am Wasser) als durchaus richtig, eindeutig und deutsch<br />

erklärt. Die Volksüberlieferung besteht also zu Recht. Sie<br />

unterscheidet vernünftig zwischen (Geldes-)Wert (schwäb.<br />

Weart) und Wort oder Wöhrd gleich Land am Wasser. Die<br />

Bewohner von Schlatt und anderen Orten bräuchten somit<br />

ihre alten Flurnamen nicht in mehrdeutiges »Wert« umzuändern,<br />

sondern lediglich die alten oe in ö und zur besseren<br />

Verdeutlichung ein wohlbegründetes Dehnung-»H« einzuschieben,<br />

falls dies für nötig befunden wird.<br />

PS. In der Stuttgarter Zeitung (Abt. 6) vom 15. Febr. 1983<br />

schrieb »akm« eine geistreiche Glosse mit dem Titel »Unter<br />

Wöhrd verkauft« zu der Ablehnung von Wöhrd usw. zugunsten<br />

von »Wert«, wobei keine sprachkundlichen Erkenntnisse<br />

erarbeitet seien, sondern man sich auf offizielle Berater in<br />

Städten berufe. Die neue Schreibung Wert statt Wöhrd (Land<br />

am Wasser) für Straßen, Wege, Fluren seien für die Gemeinden<br />

durchaus nicht bindend und bringe keinerlei Wertverbesserung.<br />

Praktisch bedeutet die Änderung in »Wert« eine<br />

Verschlechterung und Vernebelung.<br />

Es heißt dort: »Gruel (Haus- und Güterverkauf). Das unterfertigte<br />

Rentamt ist höheren Orts beauftragt worden, das<br />

Kloster zu Gruel mit Zuteilung sämtlicher Gärten und einer<br />

Wiese, Lämmerwiese genannt, im öffentlichen Aufstreiche<br />

zu verkaufen. Die Verkaufsgegenstände liegen in einem<br />

offenen reizenden Tale, welches von einem starken Bache, die<br />

Stunzen genannt, durchströmt wird, auf der mittäglichen<br />

Seite von Gruel, einem % Stunden von der Oberamtsstadt<br />

Haigerloch, 2 Stunden von den königl. Württemberg. Oberamtstädten<br />

Balingen und Sulz, 1 Stunde von den Städten<br />

Rosenfeld und Binsdorf entfernten großen Pfarrdorfe.


Dieselben bestehen aus a) dem Klostergebäude, b) einer<br />

Wagen- und Holzremise mit Schweinestallung, c) ungefähr<br />

5V2 Morgen Gärten, d) 2Vi Morgen Wiesen. Die Gebäude<br />

sind in bestem Zustande und durch einen sehr geräumigen<br />

geschlossenen Hof, in welchem ein wasserreicher laufender<br />

Brunnen und der Konventgarten ungefähr ein Viertel im Meß<br />

haltend, sich befinden, miteinander verbunden. Ein Arm des<br />

Baches ist absichtlich unter dem Klostergebäude und durch<br />

den Konventgarten geleitet. (Ähnlich war dies im Kloster<br />

St. Peter auf dem Schwarzwald der Fall). Das Klostergebäude<br />

ist 97 Schuh (wohl zu 28, 612 cm) lang und 56 Schuh breit,<br />

enthält einen guten, geräumigen Keller nebst noch einigen<br />

kleineren Gemächern zur Aufbewahrung von Obst, Gemüse<br />

usw., und im unteren Stockwerk eine heizbare Gesindestube<br />

nebst Einrichtung zum Backen, Branntweinbrennen und<br />

Metzgen. Im zweiten Stock sind das schöne helle Konventzimmer<br />

mit der schönen Aussicht auf Gärten, Wiesen, Felder<br />

und mit Wald bewachsene Berge, sodann noch vier weitere<br />

heizbare Zimmer, eine große helle Küche mit Speis- und noch<br />

einer weiteren Kammer. Im dritten Stock sind 15 Zellen und<br />

unter dem Dachwerk sieben Kammern, unter dem Kehlge-<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Hechinger als Mönche in Allerheiligen<br />

Nur mit Wehmut kann der Wanderer, der die Schönheiten<br />

des Schwarzwaldes bei Oppenau genießend die dortigen<br />

Wasserfälle hinaufgestiegen ist, die Ruinen des ehemaligen<br />

Prämonstratenserklosters Allerheiligen (1194-1803), Gemeinde<br />

Lierbach bei Oberkirch) betrachten, in dem 600 Jahre<br />

lang die regulierten Chorherren des hl. Norbert von<br />

Premontre das Lob Gottes verkündeten. Nach Aufhebung<br />

des Klosters fielen die Gebäude schon 1813 einem Blitzschlag<br />

zum Opfer. Die Ruinen der um 1260 erbauten und 1470<br />

erneuerten Kirche sind Zeugnis einer bedeutenden Kunst des<br />

ausgehenden Mittelalters. Oft ist Allerheiligen auch das Ziel<br />

von Ausflüglern aus dem Kreis Hechingen. Daß auch einige<br />

Bürgersöhne aus der bisherigen Kreisstadt Hechingen selber<br />

im 17. und 18. Jahrhundert hier dem Orden beitraten und<br />

zwei von ihnen zur Würde des Abtes erhoben wurden,<br />

scheint bei uns weithin unbekannt zu sein. Das Erzbischöfliche<br />

Archiv in Freiburg verwahrt einen schmalen Band mit der<br />

Signatur Ha 561, in dem die Chorherren des 18. Jahrhunderts<br />

die Namen von Insassen und Vorstehern des Stiftes mit ihrem<br />

Profeßjahr aufgezeichnet haben.<br />

Es finden sich:<br />

Nr. 272 Rev. Pater Edmundus Ripp, Hechinganus, prof.<br />

1696.<br />

273 R. P. Franziscus Moser, Hechinganus, prof. 1698.<br />

278 R. P. Joachimus Baehr, Hechinganus, prof. 1706,<br />

38. Vorsteher (6. Abt.).<br />

284 R. P. Iffridus Baehr, Hechinganus, prof. 1710.<br />

292 R. P. Carolus Pulser, Hechinganus, prof. 1718,40. Vorsteher<br />

(8 Abt.).<br />

298 R. P. Joannes Baehr, Hechinganus, prof. 1726.<br />

303 Frater Josephus Baehr, Hechinganus, diaconus, prof.<br />

1738.<br />

Auf Seite 8 steht nun Näheres über den 38. Vorsteher bzw. 6.<br />

Abt des Klosters: »Er hat auf diesen Blättern die Geschichte<br />

seiner Vorgänger beschrieben und seinem, der ewigen Seligkeit<br />

würdigen Namen noch beigefügt: Joachimus Baehr, zum<br />

Abt gewählt am 30. Juni 1718. Er stammte aus Hechingen,<br />

war vor der Wahl Subprior, Novizenmeister und mehrere<br />

Jahre Professor der Philosophie und Theologie. Er leitete das<br />

bälk aber zwei große Fruchtböden. Die Gärten, welche in<br />

Lust-, Küchen-, Gras- und Baumgärten abgeteilt sind, liegen<br />

nebst der Wiese hinter den Gebäuden. Auch ist in dem<br />

Konventgarten ein Gartenhäuschen. Wegen seiner Geräumigkeit,<br />

Bequemlichkeit und vorteilhaften Lage eignet sich<br />

das Klostergebäude zu Betreibung eines jeden größeren<br />

Gewerbes oder einer Fabrik.<br />

Die Aufstreichverhandlung, bei welcher zugleich noch die<br />

näheren Bedingungen eröffnet werden, wird Dienstag, den<br />

8. April d.J. in dem Orte Gruel vor sich gehen. Vorläufig<br />

wird bemerkt, daß die Kaufliebhaber Vermögens- und Leumundzeugnisse<br />

vorzuweisen haben. Haigerloch, den 21.<br />

Januar 1828. Hochfürstl. Hohenzollernsches Rentamt.«<br />

Das Konventgebäude wurde dann 1833 abgebrochen. Erhalten<br />

ist die Klosterscheuer als Erinnerung an alte Zeiten.<br />

(Stünz = Stunzach, die in die Eyach fließt). Noch nie sind die<br />

Daten über Gruol verwertet, die K. O. Müller in »Quellen<br />

zur Verwaltung d. Grafsch. Hohenberg«, Stuttg., 2 Bände,<br />

1953/1959 anführt.<br />

Kloster 28 Jahre«. Dann: Er war ein Mann von gefälligem und<br />

heiterem Wesen, bei den Seinen wie auch bei den Fremden<br />

(besonders den Fürsten) wegen seiner guten Sitten und<br />

frommen Lebens sehr beliebt, ein Vorbild im Studieren und<br />

Beten und den geistlichen Übungen für unsere Gemeinschaft.<br />

Unter ihm stieg nicht nur die Zahl der Mitbrüder, sondern<br />

auch die klösterliche Zucht, die Studien und das familiäre<br />

Zusammenleben ungemein. Die zum Weinbau nötigen Gebäude<br />

und Ställe, die durch vorausgehende Kriege zerstört<br />

waren, hat er teils repariert, teils neu errichtet, baute auch das<br />

Pfarrhaus zu Appenweier und hier in Allerheiligen das<br />

Gästehaus neu, wie auch andere Gebäude in und außer dem<br />

Kloster. Er renovierte die Kirche und stattete die armselige<br />

Sakristei reichlich mit Paramenten aus. Er tat sich hervor<br />

durch Freigebigkeit und Hilfsbereitschaft gegen die Armen.<br />

Auch leuchtete er hervor durch Sittenreinheit und von jung<br />

an in Selbstzucht und übte bewundernswerte Zurückhaltung<br />

und Vorsicht gegenüber Frauen. Seine hervorragenden Werke<br />

der Ökonomie sind im Protokoll des hochwürdigen Abtes<br />

Carl weiter unten beschrieben. Abt Joachim starb hier im<br />

Kloster an einer kleinen Wunde am Fuß, die durch einen<br />

Nagelriß verursacht war, wozu nachher eine tötliche Blutvergiftung<br />

kam, am 18. Mai des Jahres 1746. Beerdigt wurde er<br />

im Heiligtum, wo sich die Chorstühle befinden.«<br />

Der 40. Vorsteher und 8. Abt: »Der hochwst. Herr Carolus<br />

Pulser aus Hechingen wurde am 19. August 1756 (nach dem<br />

Tod des Abtes Laurez Schlecht) gewählt und vom hochw.<br />

Prälaten Benedikt (Rischer) von Gengenbach am 10. Juli 1757<br />

geweiht unter Assistenz der Benediktineräbte Bernhard<br />

(Beck) von Schwarzach und Carolus (Vogel) von Schuttern<br />

und zwar in der Pfarrkirche von Oberkirch. Die Weihe hatte<br />

sich wegen Schwierigkeiten mit dem zuständigen Bischof von<br />

Straßburg verzögert! Abt Carolus Pulser leitete uns in hervorragender<br />

Weise zu höchstem Nutzen der Wissenschaft<br />

und Ökonomie. Er starb selig im Herrn am 16. September<br />

1766 im Alter von 66 Jahren, im 42 Jahre seines Priestertums.<br />

Sein Leib ruht am Eingang des neuen Heiligtums (sanctuarium)<br />

unter der Ampel. Es möge ihm leuchten das ewige<br />

Licht. Amen.«<br />

13


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Rangendinger Seelsorger<br />

Vorbemerkung: Das ins 5./6. Jahrhundert zurückreichende<br />

Dorf Rangendingen taucht erstmals in einer Urkunde des<br />

Klosters St. Gallen (Schweiz) aus dem Jahr 795 (vielleicht<br />

793) als Rangodinga auf. Der Name dürfte auf einen Personennamen<br />

Ragingod oder Rangod führen 1 . Diese Urkunde<br />

ist wohl nach der von 731 betr. Glatt 2 das ältest nachweisbare<br />

Schriftstück, das in Hohenzollern ausgestellt wurde. Der<br />

lateinische Text 3 ist für einen nur des klassischen Lateins<br />

kundigen Heimatfreund nicht leicht verständlich. Sie enthält<br />

die erste Nachricht über eine Kirche und einen Geistlichen<br />

am Ort, und schon 802 folgt eine zweite Urkunde desselben<br />

Klosters, die wieder einen Geistlichen nennt und zugleich<br />

erkennen läßt, warum der hl. Gallus Kirchenpatron in<br />

Rangendingen ist. Sie seien darum der Pfarrliste vorangestellt.<br />

»Im Namen Gottes. Ich Heriker habe den Plan gefaßt, aus<br />

Liebe zu Gott und zu meinem Seelenheil mein Eigentum<br />

hinzugeben. Und zwar übergebe ich es an die Kirche, die im<br />

Dorfe Rangodinga mit dem Patrozinium des hl. Petrus erbaut<br />

ist. Folgendes schenke ich auf der Gemarkung Rangodingas,<br />

was ich eigen besitze und erworben habe, mit Ausnahme des<br />

vierten Teils. Ich übermache es an die genannte Kirche des hl.<br />

Petrus: Acker, Wiesen, Weiden, Felder, Wälder, Wasser,<br />

Wasserläufe, daß die Kirche dies alles in Besitz nehme und<br />

behalte, damit auch nach freiem Willen handle. Falls aber,<br />

was hoffentlich nicht eintritt, ich selber oder einer meiner<br />

Erben und Nacherben gegen diese Übergabe angehen wollte,<br />

soll er zunächst den Zorn Gottes erfahren, dann muß er der<br />

zuständigen Staatskasse (Fiskus) Strafe zahlen, nämlich drei<br />

Pfund Gold und fünf Pfund Silber. Zudem soll er, was er<br />

genommen, nicht behalten dürfen. Vielmehr muß diese Urkunde<br />

(epistola) mit förmlicher Bestätigung (stipulatione<br />

subnixa) für alle Zeiten gelten und fest bleiben. Öffentlich<br />

geschehen im Dorfe Rangodinga. (Es unterzeichnen mit<br />

einem Kreuzlein:) Heriger, der diese Schenkungsurkunde<br />

veranlaßte, Rihpert, Hrodhoh, Wioland, Witfrid, Gisalpert,<br />

Erpho, Wolfhoh, Toato, Anno und Teoto. Im 25. Jahr der<br />

Regierung unseres Königs Karl (des Großen), an den 5. Nonen<br />

des Monats Mai (d. i. 3. Mai). Notiert habe ichs am<br />

Sonntag. Ich der Priester Audadcar habe es geschrieben. (Ein<br />

et subscripsit, das Wartmann anfügt, fehlt in der Ablichtung<br />

des Originals!) (Nachschrift mit anderer Feder aber von<br />

gleicher Hand:) Und dieser Priester schenkt dem genannten<br />

Heriger vom Kirchengut leinene Kleider auf ein Jahr, wollene<br />

Kleider auf zwei Jahre und Getreide im Wert von zwei<br />

Drittelschillingen auf drei Jahre, dazu Speise, falls er will.<br />

Alles aus Liebe zu Gott und dem hl. Petrus. Er darf wählen,<br />

wohin man diese Dinge liefern und die Speisung gewähren<br />

solle«.<br />

Karl der Große regierte seit Oktober 768, was nach 25 Jahren<br />

793 ergäbe. Da aber erst im Jahr 795 der Sonntag auf einen<br />

dritten Mai fällt, nahm Wartmann an, der Schreiber habe sich<br />

im Regierungsjahr geirrt, es müsse heißen: »im 27. Jahr der<br />

Regierung«. Da jedoch im Original vor dem Wort »Notiert«<br />

deutlich ein Punkt zu erkennen ist, könnte man vermuten, die<br />

Urkunde sei am 3. Mai 793 verfaßt und am folgenden<br />

Sonntag, den 5. Mai ins Reine geschrieben worden, also zwei<br />

Jahre früher, als bisher angenommen. Da die Urkunde im<br />

Stiftsarchiv von St. Gallen liegt und in einem weiteren<br />

Urkunden-Fragment daselbst die Rede ist von einer<br />

Schenkung von Gütern und einer Kirche zu Rangendingen<br />

ans genannte Kloster (unterm 19. August 802), die der<br />

Priester Tachari zu Rangendingen tätigt, muß man annehmen,<br />

dieser als Besitzer der Kirche habe sie samt den Gütern<br />

14<br />

nach St. Gallen tradiert. Daher wird es kommen, daß in der<br />

Folge in Rangendingen nicht mehr der hl. Petrus, sondern der<br />

hl. Gallus als Kirchenpatron erscheint 4 .<br />

Anmerkungen:<br />

1 Mitt. Hohz. 31, 1897, 96.<br />

2 Hohz. Heimat 1959, 11.<br />

3 Wartmann UB von St. Gallen I, 131 und Mitt. Hohz. 31, 1877, 22.<br />

4 Mitt. Hohz. 31, 1877, 25-26.<br />

Liste der Rangendinger Seelsorger<br />

1 795 presbyter Audadcar an der .Peterskirche<br />

2 802 presbyter Tachari in Rangendingen (später Galluskirche!)<br />

2a 1275 rector N. non est residens: habet 5 marcas (Zell hat<br />

10!)<br />

3 1323 März 1: Kirchherr Marquard Pfinneblater.<br />

4 1419 Ulrich Klüpfel, rector ecclesiae; Erstfrüchte 26 fl.<br />

5 1436 Nikolaus N. wegen Verletzung der Residenzpflicht<br />

nach Konstanz zitiert: 19. III. 1438.<br />

5a 1437 Verweser N.<br />

6 1453-69 Michael von Gärtringen (adelig).<br />

7 bis 1480 + Ludwig Schmid aus Hechingen, tot 1480.<br />

8 1480-88 Johannes Kredler aus Neuffen, prokl. 15. III.<br />

präs. durch Pfalzgräfin Mechtild, invest. 11. IV. 1480.,<br />

nimmt schon 12. V. 80 für 1 Jahr Absenz. Verzichtet<br />

1488.<br />

9 1488-1514 t Johannes Bader, prokl. 25. VII.<br />

10 1531-50 Wolfgang Mene (Man), invest. 13. VI. 50, Dekan<br />

ist 1550 tot.<br />

11 1550-1602 t Konrad Strobel, Kammerer, 1599 Dekan.<br />

12 1602-10 f Daniel Eschay aus Munderkingen, starb als<br />

Kammerer 19. XI. 10.<br />

13 1610-49 f Leonhard Mock aus Sigmaringen; f 17. II. 49,<br />

lang krank.<br />

14 1643-56 Michael Agrikola, Aushelfer bis 1649, dann<br />

Pfarrer, resignierte 1656 (vgl. Grosselfingen).<br />

15 1656-67Johann Christoph Mager aus Rottenburg, invest.<br />

14. 12. 56., starb ca. 1680 in Rottenburg.<br />

16 1667-68 Johann Konrad Saile (Saylin) aus Hechingen,<br />

invest. 25. X.<br />

17 1668-70 Johann Wilhelm Fischbach aus Villingen, invest.<br />

14. IX. 68., schuldet im J. 1681 als Kaplan in Hundersingen<br />

dem Bischof noch 8 fl.<br />

18 1670-72 Michael Aichgasser aus Hechingen, invest. 22. I.<br />

71.<br />

19 1672-1714Johann Ba.pt. Pflaum aus Zimmern, invest. 28.<br />

6. 72.<br />

20 1715-58 Johann Christoph Mang aus Ehingen, gb. 21.<br />

VII. 1683 (war 1711 in Jungingen).<br />

21 1759-92 t Johann Bapt. Schetter, gb. Hechingen 30. V.<br />

19, bisher in Stein., starb 24. III. 1792.<br />

22 1792-1819 f Karl Kolb aus Buchau, gb. 25. II. 45, Pr.<br />

1770, f 8. XII. 1819. War vorher in Stein gewesen.<br />

23 1821-31 Meinrad Ertle aus Söflingen, gb. 13. VI. 66; Pr.<br />

11. VII. 1790 als Franziskaner in St. Luzen, war bisher in<br />

Stein; in Rangend. seit 23. I. 1820, ging 1831 nach<br />

Grosselfingen, dort f 27. III. 1845.<br />

(Schluß folgt)


Zum 150. Geburtstag<br />

von Michel Buck<br />

Am 26. September 1832 wurde in Ertingen bei Riedlingen der<br />

spätere Amtsarzt, Volkskundler und Mundartdichter Michael<br />

Buck geboren. Dies war für die Gemeinde Ertingen und<br />

den Kreis Biberach Anlaß, der bedeutenden Persönlichkeit<br />

zu gedenken.<br />

Das »Michel-Buck-Jahr« wurde am 18. Juni 1982 mit einer<br />

Ausstellung »Michel Buck - Leben und Werk« in Biberach<br />

begonnen. Landrat Steuer eröffnete die Ausstellung, welche<br />

Bilder, Urkunden, Manuskripte und Bücher von Buck zeigte.<br />

Ab 24. September 1982 wurde diese Ausstellung in<br />

Ertingen fortgesetzt. Bei der Eröffnung stellte Bürgermeister<br />

Petermann von Ertingen das neue, von der Gemeinde herausgegebene<br />

Buch »Dr. Michel Buck« vor. An der Michel-Buck-<br />

Schule in Ertingen wurde eine Gedenktafel enthüllt, die<br />

Buck, umgeben von bäuerlichen Motiven aus seinen Gedichten,<br />

zeigt. In einer Feierstunde in Ertingen wurden Bucks<br />

Persönlichkeit und Werk in Reden und Vorträgen gewürdigt.<br />

Bucks Gedichte wurden vorgetragen und eine Laienspielgruppe<br />

spielte Bucks (einziges) Theaterstück »Der Bröller<br />

kommt«.<br />

Verfasser des schon erwähnte Michel Buck-Buches ist Rektor<br />

Walter Bleicher aus Mengen. Bleicher suchte nach Spuren des<br />

Dichters und des Menschen Buck in Briefen und im schriftlichen<br />

Nachlaß, der im Schiller-National-Museum von Marbach<br />

a. N. aufbewahrt wird. Buck besuchte in Biberach und<br />

Ehingen das Gymnasium und studierte in Tübingen Medizin,<br />

nicht katholische Theologie, wie man von ihm erwartet hatte.<br />

Schon 1853 schrieb der Medizinstudent Buck in der Riedlinger<br />

Zeitung über die »Götterverehrung der heidnischen<br />

Schwaben«. Der Student trug das schwarz-weiß-gelbe Band<br />

der Landsmannschaft »Ulmia«. Nach vier feucht-fröhlichen<br />

Jahren verließ er die Alma Mater Tubingensis, um in München<br />

weiter zu studieren. 1857 promovierte er und verbrachte<br />

1858 noch ein Semester in Wien. Im gleichen Jahr legte er in<br />

Tübingen die gerichtsärztliche Prüfung ab, was die Voraussetzung<br />

für eine spätere Tätigkeit als Amtsarzt war. Ende des<br />

Jahres 1858 ließ er sich in Munderkingen nieder, wo er<br />

»vergebens einem Patienten entgegensah«.<br />

Schon nach kurzer Zeit verlegte er seine Praxis nach<br />

Königseggwald, weil dort ein Fixum von 150 Gulden und<br />

freie Wohnung geboten wurden. Hier heiratete er dann im<br />

Mai 1859 Crescentia Brandegger, Mohrenwirts Töchterlein<br />

aus Baach bei Zwiefalten. Im Herbst 1860 zog Buck nach<br />

Hohentengen. Mit seinem Freund Birlinger schrieb er an dem<br />

Werk »Volkstümliches aus Schwaben«, das dieser dann unter<br />

seinem Namen erscheinen ließ. Buck war so enttäuscht, daß<br />

er seine literarische Tätigkeit ganz aufgeben wollte.<br />

Diesem Entschluß bleib er allerdings nicht lange treu. 1865<br />

erschein seine kulturgeschichtliche Skizze »Medicinischer<br />

Volksglauben und Volksaberglauben in Schwaben«. Zur<br />

gleichen Zeit ging er als Fabrikarzt nach Altshausen, was er<br />

aber nur 4 Monate durchhielt. Er sah sich nach einer anderen<br />

Praxis um und ging nach Aulendorf. Zahlreiche Gedichte<br />

entstanden in diesen Jahren und in Sigmaringen bei C. Tappen<br />

erschien »Der Bussen und seine Umgebung«. Fürst Karl<br />

Anton von Hohenzollern-Sigmaringen hätte Buck gerne<br />

nach Sigmaringen gebracht und bot ihm die Stelle eines<br />

fürstlichen Archivars an. Die Verhandlungen scheiterten<br />

jedoch schließlich an den Honorarvorstellungen von Buck.<br />

Dabei schien er damals nicht abgeneigt zu sein, sich der<br />

anstrengenden ärztlichen Tätigkeit zu entledigen. Zumal das<br />

ihm »sehr verhaßte Geschäft des Geburtshelfers« hätte er<br />

gerne aufgegeben. In der eigenen Familie blieb ihm Leid nicht<br />

erspart. 1871 starb das siebenjährige Töchterlein Hilda an<br />

einer Blinddarmentzündung. Wer nicht weiß, warum man<br />

heute auch auf den Verdacht hin, operiert, möge den Bericht<br />

des Vaters über Leiden und Sterben des Kindes lesen (S. 76 f.).<br />

Im gleichen Jahr wurde Buck Vater eines Sohnes, was die<br />

Familie ein wenig über den Verlust des Töchterleins tröstete.<br />

Er erscheint nun auch einige Male als Autor in den »Mitteilungen<br />

des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in<br />

Hohenzollern«. Im folgenden Jahr starb der kleine Sohn an<br />

»Zahnkrämpfen«. Der Tod der beiden Kinder nahm den<br />

Vater so mit, daß er selbst schwer erkrankte. Zur Erholung<br />

reiste er mit seiner klein gewordenen Familie nach Oberbayern<br />

und Österreich.<br />

Buck gewann seine Schaffenskraft wieder, sowohl für die<br />

Berufsarbeit, wie für Dichtkunst und Wissenschaft. Schon<br />

seit Jahren arbeitete er an seinem »Oberdeutschen Flurnamenbuch«,<br />

das immer umfangreicher wurde. Im Mai 1874<br />

nahm Bucks berufliche Laufbahn die entscheidende Wendung.<br />

»S. kgl. Majestät geruhten gnädigst das Oberamtsphysikat<br />

Ehingen dem praktischen Arzt Dr. Buck in Aulendorf<br />

zu übertragen«. Mit einem »Wartegeld« von 1800 Gulden<br />

war er finanziell abgesichert. Als erstes ging er daran, sich ein<br />

Haus im italienischen Renaissancestil zu bauen, das er im<br />

November 1875 beziehen konnte. Buck war Biertrinker und<br />

er pries das Ehinger Pilsener als »superfeinen Stoff«. Immerhin<br />

hatte Ehingen damals noch 23 Brauereien. Alle Abende<br />

traf er sich mit den »beamteten Bierphilistern« in der »Linde«,<br />

wo er seine drei oder vier Halb trefflichen »Lindengebräudes«<br />

trank. Trotz der erbeblichen Schulden hatte er an<br />

Haus und Garten große Freude.<br />

Kaum hatte Buck das eigene Haus bezogen, begann er mit der<br />

Planung eines Bezirkskrankenhauses. Trotz seines, sich immer<br />

mehr bemerkbar machenden Nierenleidens, arbeitete er<br />

unentwegt auch an literarischen Werken. 1879 erschien sein<br />

»Oberdeutsches Flurnamenbuch«, das er dem Fürsten Karl<br />

Anton von Hohenzollern widmete. Das Werk machte ihn<br />

weit bekannt und trug ihm reiche Anerkennung ein.<br />

Die Tätigkeit als Amtsarzt machte ihm Freude; mit Ausnahme<br />

der beschwerlichen Bezirksvisitationen, konnte er doch<br />

seiner Sache »großenteils in der Stube vorstehen«. Auch<br />

äußere Anerkennung ließ nicht auf sich warten. Er wurde<br />

Korrespondent des kgl. Konservatoriums der vaterländischen<br />

Kunst- und Altertumsdenkmale. Der Fürst von Hohenzollern<br />

verlieh ihm das Ehrenkreuz III. Klasse des Hohenzollerischen<br />

Hausordens. Buck hatte eine ausgedehnte<br />

Korrespondenz. Freunden schrieb er sogar in Althochdeutsch,<br />

das ihm »gar trefflich aus der Feder floß«. Doch die<br />

Familie wurde erneut von großem Leid betroffen. Im Juli<br />

1883 starb die kleine Tochter Hilda Kreszentia an einer<br />

Hirnhautentzündung.<br />

Bucks Nierensteinleiden meldete sich wieder. Geistig, so<br />

schrieb er, sei er immer sehr tätig, aber körperlich ein<br />

»steinsiecher Krüppel«. 1886 wurde mit dem Bau des Bezirkskrankenhauses<br />

begonnen. Statt der ursprünglich geplanten<br />

32, bekam das Haus nun 59 Betten. Das Krankenhaus<br />

bildete den Ursprung des heutigen Kreiskrankenhauses. Am<br />

5. März 1888 bekam Buck für seine Verdienste das Ritterkreuz<br />

I. Klasse des Friedrichsordens. Lange konnte er sich<br />

nicht mehr an den Ehrungen freuen. Sein Nierenleiden<br />

verschlimmerte sich rasch. Am 15. September 1888 verstarb<br />

er im Alter von 56 Jahren. Große Trauer herrschte nicht nur<br />

in Ehingen, sondern bei allen, die Buck als Wissenschaftler<br />

oder Dichter schätzten. 1892 gab Friedrich Pressel unter dem<br />

Titel »Bagenga« Bucks Oberschwäbische Gedichte heraus.<br />

15


Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschichtsverein<br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

W <strong>3828</strong> FX<br />

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />

Bleicher läßt in seinem Buch größtenteils Buck selbst zu Wort<br />

kommen, meistens mit Zitaten aus Briefen. Zahlreiche Abbildungen<br />

alter Stiche, Gemälde und Fotografien zeigen die<br />

Orte und Landschaften in denen Buck lebte und wirkte.<br />

Fotos aus dem »Familienalbum« machen mit den handelnden<br />

Personen vertraut. Martin Blümcke schreibt in einer Besprechung<br />

des Buches in der »Schwäbischen Heimat«: »Walter<br />

Bleichers Spurensuche ist die verdienstvollste Arbeit im<br />

Michel-Buck-Jahr 1982«. Das Buch von Walter Bleicher ist<br />

erhältlich bei der Gemeindeverwaltung 7943 Ertingen und im<br />

Buchhandel.<br />

Werke von Michel Buck sind teilweise in Neuauflagen und<br />

Faksimiledrucken wieder zugänglich. So herausgegeben von<br />

Dr. Heinz Eugen Schramm das »Michel-Buck-Brevier« mit<br />

»Bagenga« und den »Kindheitserinnerungen«. Faksimiledrucke<br />

von »Medizinischer Volksglauben und Volksaberglauben<br />

und »Auf dem Bussen« sind bei der Ulrich'schen<br />

Druckerei in Riedlingen erschienen.<br />

Buchbesprechung<br />

Eckart Hannmann und Karl Werner Steim<br />

Christian Großbayer (1718-1782).<br />

Ein <strong>hohenzollerische</strong>r Baumeister des Spätbarock.<br />

In Hohenzollern und Umgebung gibt es zahlreiche Bauten,<br />

vor allem Kirchen, die von Christian Großbayer stammen.<br />

Uber den Baumeister selbst wußte man bisher wenig. So ist<br />

man dankbar für das Buch von Eckart Hannmann und Karl<br />

Werner Steim, das der Thorbecke Verlag zum 200. Todestag<br />

Großbayers vorlegte.<br />

Im ersten Teil des Buches wird dem Leben und Wirken<br />

Großbayers nachgegangen. Viele Quellen konnten erschlossen<br />

werden, so daß über Herkunft und Familie des Baumeisters<br />

sich ein vollständiges Bild ergibt. Weniger ist über den<br />

beruflichen Werdegang bekannt.<br />

1739 hat er in Haigerloch geheiratet und war damals wohl<br />

schon Maurermeister. Er arbeitete in seiner Heimatstadt und<br />

deren Umgebung als Maurer und Steinmetz. Da der ältere<br />

Bruder Franz Großbayer Hofmaurer in Haigerloch war, trat<br />

Christian in die Dienste des Fürsten von Hechingen. Neben<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 65351050).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

16<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

HERRN/FR AU/FHAEULE IN 00 1605<br />

1213<br />

ZE KORN HEINZ<br />

AMTSRAT<br />

karlstrasse ia<br />

7480 S I0.MARI NGEN 1<br />

Casimir Bumiller<br />

Freiburger Straße 5, 7801 Norsingen<br />

Josef Mühlebach<br />

Landesverwaltungsrat i. R.<br />

Leopoldstraße 41, 7480 Sigmaringen<br />

Johannes Wannenmacher, Schulrat i. R.<br />

Eichertstraße 9, 7487 Gammertingen<br />

Hubert Stekeler<br />

Hohenzollernstraße 8, 7795 Thalheim<br />

Otto Werner, Rektor<br />

Friedrich-List-Straße 55, 7450 Hechingen<br />

Pfr. Johann Adam Kraus<br />

Erzbischöfl. Archivar i. R.<br />

Badstraße 8, 7800 Freiburg-Littenweiler<br />

Neue Kontonummer!<br />

Bitte beachten Sie bei Zahlungen die neue Kontonummer<br />

803 843 bei der Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 653 51050). Die anderen Konten sind erloschen.<br />

seiner Tätigkeit als Bauinspektor führte er als Bauunternehmer<br />

und Architekt viele Bauten im Fürstentum und der<br />

Umgebung aus. Manches bisher Zweifelhafte konnte nun<br />

geklärt werden. So stammt z. B. die Kirche von Hausen im<br />

Killertal nicht, wie bisher angenommen von Großbayer; sie<br />

wurde erst nach seinem Tode gebaut.<br />

Der zweite Teil des Buches behandelt die Werke Großbayers,<br />

Kirchen und Profanbauten, wobei die Kirchen auch heute<br />

noch augenfällig sind. 1741/42 baute er die Haigerlocher<br />

Unterstadtkirche um. Zehn Jahre später baute er Kloster und<br />

Klosterkirche in Rangendingen, ein Bauwerk, das bisher dem<br />

Münchner Baumeister J. M. Fischer zugeschrieben wurde.<br />

Jetzt kann belegt werden, daß Großbayer der Baumeister<br />

war. Auch am Bau der Hechinger Stiftskirche war er als<br />

Bauleiter beteiligt. Eines der letzten Werke Großbayers war<br />

die Klosterkirche von Inzigkofen. Dies mag als Beweis für<br />

den guten Ruf dienen, den der Baumeister sich erworben<br />

hatte.<br />

An den Textteil, der mehrere Grundrisse enthält, schließt<br />

sich ein Bildteil mit vielen Abbildungen von Gebäuden und<br />

Innenräumen an. Auch einige Entwurf- und Bauzeichnungen<br />

Großbayers werden gezeigt. Der Baumeister selbst ist auf<br />

einem Votivbild von 1780, zwei Jahre vor seinem Tode zu<br />

sehen. Beim Bau der St. Annakirche in Haigerloch (1753/57)<br />

soll er ein Bein gebrochen haben. Im Lauf der Jahre entwikkelten<br />

sich schwere Durchblutungsstörungen, die zu ausgedehnten<br />

Unterschenkelgeschwüren führten. Jetzt bittet er die<br />

Muttergottes um Heilung oder vielleicht nur um Linderung<br />

seiner Schmerzen.<br />

Das Buch stellt eine wesentliche Bereicherung der <strong>hohenzollerische</strong>n<br />

Literatur dar. Es hat 108 Seiten mit 16 Strichzeichnungen<br />

im Text und 62 Abbildungen, darunter 7 farbige.<br />

Preis DM 18.-<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.


Eyach bei Owingen mit Weilerkirche<br />

DIETGER HÄSKE<br />

Die Eyach in Owingen<br />

HOHENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Die Eyach, die an den meisten Tagen im Jahr friedlich durch<br />

die Talauen fließt, war bis vor 25 Jahren das größte Sorgenkind<br />

der Gemeinde Owingen.<br />

Die Eyach entspringt bei Pfeffingen in einer Höhe von 770 m<br />

ü. N. N. und mündet nach 57,1 km bei Eyach in einer Höhe<br />

von 370 m ü. N. N. in den Neckar. Auf einer Strecke von 20<br />

km zwischen Owingen und Bad Imnau fließt sie dabei durch<br />

<strong>hohenzollerische</strong>s Gebiet.<br />

Von der Quelle bis zur Mündung beträgt das Gefälle 400<br />

Meter. Dies macht auch verständlich, daß das sonst friedliche<br />

Bächlein bei der Schneeschmelze oder nach einem starken<br />

oder lang anhaltenden Regen plötzlich zu einem reißenden<br />

Fluß wird.<br />

Herausgegeben vom<br />

W <strong>3828</strong> FX<br />

Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />

33. Jahrgang Nr.2/Juni 1983<br />

Die Eyach hat auf unserer Gemarkung schon oft das ganze<br />

Tal überflutet. Das zeigen die vielen Schutt- und Geröllablagerungen<br />

und die Altwasserrinnen, die links und rechts des<br />

Flußufers festzustellen sind.<br />

Woher der Name »Eyach« kommt, ist nicht genau geklärt.<br />

Der Name hat sich im Laufe der Jahrhunderte oftmals auch<br />

geändert. In Owingen selber wird von der »Eya« gesprochen.<br />

In alten Urkunden und Schriften wechselt der Name von<br />

»Yhen, Eyhen, Eien u.ä.«. Manche meinen, der Name<br />

komme von Eiben, die vor langer Zeit einmal als Urbäume in<br />

diesem Gebiet standen.<br />

Schon zu Zeiten der Römer bestand unterhalb von Owingen<br />

ein Ubergang über die Eyach. Wo diese von Rottweil nach


Rottenburg führende Römerstraße nun genau die Eyach<br />

überquerte, ist nicht mehr feststellbar. Die Römerstraße, die<br />

auf der ganzen Gemarkung noch gut zu verfolgen ist, führte<br />

an der Brunnenstube vorbei und von dort zum Hochgesträß.<br />

Im Bereich dieser Linie muß der Ubergang über die Eyach<br />

erfolgt sein.<br />

Beim Verlegen des Hauptsammlers von Owingen zur Sammelkläranlage<br />

wurden die Kanalisationsrohre bis zu 4 m tief<br />

entlang der Eyach im Boden verlegt. Auch bei diesen Arbeiten<br />

konnte nicht festgestellt werden, wo sich früher die Furt<br />

befunden hatte. Die Eyach hat alle Spuren in diesem Bereich<br />

beseitigt.<br />

Den Owingern hat die Eyach schon immer sehr viel Kummer<br />

bereitet. Sie mußten immer wieder große Schäden an den<br />

Feldern und an Gebäuden hinnehmen und vielleicht auch<br />

manchmal Reißaus nehmen. Vielleicht war auch die Eyach<br />

mit ein Grund dafür, daß die alten Oberowinger ihr Dorf<br />

dort oben verließen und sich weiter talabwärts ansiedelten.<br />

Der Talgrund mit seinem Schwemmboden ist ein tiefgründiger<br />

und fruchtbarer Boden, aber mit einem hohen Grundwasserstand.<br />

Die Flächen im Talgrund konnten aber immer nur<br />

als Wiesen genutzt werden, da die jährliche Hochwassergefahr<br />

ein zu hohes Risiko für einen Ausfall der Getreideernte<br />

bedeutet hätte.<br />

Bei den Verhandlungen der Gemeinde Owingen mit dem<br />

Grafen Eitel Friedrich I. über künftig zu leistende Fronen<br />

machte sie im Jahre 1579 folgendes geltend: »Kündten sie mit<br />

heuen oder embden nichts anerpieten, dann sie eine arme<br />

Gemaidt, geben große lehengülten und haben ein gefahrliches<br />

thal zu heuen und zu embden. Möge ihnen leichtlich durch<br />

das gewässer schaden geschehen.«<br />

Imjahre 1589 bittet die Gemeinde den Grafen Eitel Friedrich<br />

um Zustimmung, die im Tal noch vorhandenen Acker in<br />

Wiesen verwandeln zu dürfen, da sie sehr naß seien.<br />

Im Visitationsbericht über die Landpfarreien in der Grafschaft<br />

Hechingen um das Jahr 1585/1590 wird über den<br />

damaligen Pfarrer Jakobus Pfaff gesagt: »Klagt sunst, daß<br />

ihm das wasser großen schaden thue, und offt in eyner stund<br />

alles ertrenckt, was er das gantz Jahr außgesehet, dafor kann<br />

aber niemand.«<br />

Uber Jahrhunderte hindurch haben die Owinger versucht,<br />

die Fluten der Eyach zu bändigen. Es gelang nie. Selbst als<br />

man im Jahre 1956 mit großem Aufwand an Technik, Maschinen<br />

und Material die Korrektur der Eyach in Angriff nahm,<br />

blieben die meisten Owinger dem Vorhaben gegenüber skeptisch<br />

und glaubten nicht an eine dauerhafte Lösung.<br />

Der Grund für die bisher immer fehlgeschlagenen Maßnahmen<br />

ist im Untergrund des Eyachbettes vorhanden. Bis zum<br />

Eintritt in die Gemarkung Owingen verläuft die Eyach in<br />

einem Felsenbett, etwa bis zu den Frühmeß wiesen. Auch<br />

beim Verlassen der Owinger Markung trifft sie ab dem<br />

Stettener Wehr wieder auf felsigen Untergund. Dazwischen<br />

aber verläuft die Eyach in einem Kiesbett, das sich mit den<br />

damaligen technischen Mitteln nicht befestigen ließ.<br />

Die Ausgaben der Gemeinde Owingen für die Bändigung der<br />

Eyach verschlang zu allen Zeiten große Summen. Die Gemeinde<br />

war arm und mußte das wenige Geld, das sie hatte,<br />

buchstäblich in die Eyach stecken. Sie mußte sogar dafür<br />

Schulden machen.<br />

1934 schreibt die Gemeinde: »Die größte Belastung in finanzieller<br />

Hinsicht ist für die Gemeinde die nie endende Unterhaltung<br />

und Instandhaltung der Eyach. So rückt die Flußbettunterhaltung<br />

selbst die nötigsten Arbeiten auf weite Sicht<br />

hinaus, ja macht sie geradezu unmöglich. Andere Gemeinden<br />

bauen Wald- und Feldwege, wir stecken unser Geld in die<br />

Eyach, fast ohne Erfolg. Diesen hohen Ausgabeposten vom<br />

18<br />

Staat abgenommen zu erhalten, wäre der größte Wunsch zum<br />

Segen und zum Aufstieg der Gemeinde.« Die Äußerung der<br />

Gemeinde sagt alles über die Last mit der Eyach.<br />

Jede Generation hatte ihren Kampf mit der Eyach zu bestehen.<br />

Für die heutige Generation ist dies gar nicht mehr<br />

vorstellbar. Bei Hochwasser standen nicht nur das Wiesental<br />

unter Wasser, sondern auch die unteren Teile des Dorfes. Das<br />

Hochwasser ging im Unterdorf oft bis zur Höhe der heutigen<br />

Hofstraße. In der Mühle mußte in solchen Fällen das dort<br />

lagernde Holz mit Ketten festgebunden werden, damit es<br />

nicht fortschwamm.<br />

Das Wiesenheu wurde wagenweise abgeschwemmt. Nach<br />

dem Hochwasser war das Heu in Senken angelandet und<br />

natürlich nicht mehr brauchbar. Auch anderer Unrat und<br />

Treibholz war auf den Feldern abgelagert, so daß alles<br />

abgerecht werden mußte.<br />

Besonders schlecht war es, wenn die Heuernte noch nicht<br />

begonnen hatte und Hochwasser kam. Dann hatte sich alles<br />

mögliche Treibgut im noch nicht abgemähten Gras verfangen.<br />

Nucht nur, daß das Heu verloren war, es war auch<br />

äußerst mühselig, die Wiesen von dem angeschwemmten<br />

Unrat zu säubern.<br />

Wenn man die Liste der Überschwemmungsjahre ansieht,<br />

sind es eigentlich nur sehr wenige Jahre, an denen die Eyach<br />

nicht über die Ufer trat. Eine große Überschwemmung gab es<br />

nach alten Berichten im Jahre 1744.<br />

Am 12. Juni 1824 trat die Eyach wieder einmal über die Ufer.<br />

Der Fuhrmann Dominikus Welte aus Erlaheim, der mit<br />

seinem Fuhrwerk von Rottenburg kam, wurde bei der »Ketterer<br />

Wies« in der Nähe der Äußeren Mühle vom Wasser<br />

erfaßt und ertrank mit seinen beiden Pferden. 1831 wird<br />

berichtet, ist die Eyach fünfmal über die Ufer getreten. Viel<br />

Heu wurde abgeschwemmt. 1834 wurde die Eyach in<br />

Kappenäcker und Untere Gutersteig »abgegraben« d.h., es<br />

wurden Begradigungen vorgenommen. Imjahre 1838 wurde<br />

die Vicinalstraße von Owingen nach Stetten gebaut. Im Zuge<br />

dieses Anbaues wurde die erste Brücke über die Eyach<br />

gebaut, die die bisherige Furt ersetzte.<br />

1851, 1881 und vor allem 1895 waren schwere Hochwasserjahre.<br />

Bei diesem starken Hochwasser im Frühsommer 1895<br />

wurde die Brücke beim Weiler weggerissen. Der Chronist<br />

berichtet darüber: Anhaltende Gewitter mit schwerem Regen<br />

am 4., 5. und 6. Juni 1895 ließen die Eyach mächtig anschwellen.<br />

Ungeheure Wassermassen schössen zu Tal. In Balingen<br />

ertranken 11 Menschen, weitere 30 Personen ertranken in<br />

Pfeffingen, Margrethausen, Lautlingen, Laufen, Dürrwangen<br />

und Frommern. Auf dem Baiinger Friedhof sollen sogar<br />

Särge herausgeschwemmt worden sein, die dann abgetrieben<br />

wurden. Totes Vieh und Hausrat aller Art blieben nach<br />

Rückgang des Wassers auf den Wiesen von Owingen liegen.<br />

In den Jahren 1904/1905 wurden zwei neue Eyachbrücken<br />

gebaut. Die Brücke bei der Weilerkirche steht heute noch,<br />

während die andere Brücke an der Vicinalstraße nach Stetten<br />

bei der Eyachkorrektur 1958 gesprengt wurde.<br />

Im Zusammenhang mit dem Brückenbau war 1904 ein erster<br />

Ausbau der Eyach auf der gesamten Gemarkung erfolgt. Ein<br />

Abfluß von 75 cbm Wasser pro Sekunde war seinerzeit dem<br />

Ausbau zugrundgelegt worden. Man meinte damals, mit<br />

diesem Ausbau alle Gefahren beseitigt zu haben. Aber bereits<br />

im Jahre 1906 machte ein starkes Hochwasser den ein Jahr<br />

zuvor erfolgten Ausbau zunichte.<br />

Das Bachbett war wegen zu geringem Fassungsvermögen,<br />

wegen zu starken Krümmungen und zu schwacher Befestigung<br />

zerstört worden. Deshalb erfolgte imjahre 1906/1907<br />

ein teilweise zweiter Ausbau. Vor allem nahm man etwa<br />

oberhalb des Friedhofes einen zweiten Durchstich vor, d. h.


eine starke Begradigung des Flußbettes, weil hier ein Jahr<br />

zuvor die Schäden am größten gewesen waren. Im übrigen<br />

wurde das alte Profil wieder hergestellt und mit Faschinen<br />

und Rauhpflaster wieder neu befestigt.<br />

Entgegen allen Hoffnungen war durch diese Baumaßnahme<br />

die Hochwassergefahr für Owingen damit nicht beseitigt<br />

worden, da das Fassungsvermögen des Bachbettes zu gering<br />

war. Deshalb waren in der Folgezeit weitere Ausbesserungsarbeiten<br />

unablässig notwendig, so im unteren Teil der Eyach<br />

in den Jahren 1928/1929, im oberen Teil wieder 1930/1931.<br />

Die immer wiederkehrenden Überschwemmungen in den<br />

Jahren 1936, 1937, 1938, 1940, 1946, 1952, 1953, 1954 und<br />

1955, die jeweils das Bachbett zerstörten, veranlaßten die<br />

Gemeinde, an höheren Stellen immer wieder auf einen ausreichenden<br />

Ausbau zu drängen. Daher erschien am 12. 3. 1955<br />

folgender Artikel in der Hohenz. Zeitung unter der Überschrift:<br />

»Das Sorgenkind von Owingen - Eyachregulierung<br />

muß Sache des Staates werden«. Für Owingen ist das Sorgenkind<br />

die Eyach. Die Elementarkraft das Wassers hat so<br />

radikale Arbeit geleistet, daß es ganz unmöglich ist, auch nur<br />

den Versuch zu unternehmen, dieses Kind mit den Mitteln<br />

der Gemeinde zu heilen. Von unterhalb dem Kühlen Grund<br />

im Gewann Wolfenbach zieht sich bis zum Stettener Wehr<br />

ein kilometerlanger Kraterstrang mit teils haushohen Uferbrüchen,<br />

die zeitweilig so weit in die Breite gehen, daß halbe,<br />

ja ganze Wiesen einfach nicht mehr da sind und den Besitzern<br />

im Laufe der Zeit oder auch während eines Hochwassers<br />

buchstäblich weggestohlen wurden. Diese Anlieger sind<br />

schwer geschädigt. Wer gibt Ihnen etwas? Niemand. Was ist<br />

zu machen? Höhere Gewalt liegt vor. Während die Eyach bis<br />

zum Wolfenbach und desgleichen vom Stettener Wehr über<br />

felsigen Untergrund ihre Wassermassen rollt, trifft sie auf der<br />

dazwischen liegenden Strecke von Owingen durchweg auf<br />

reinen kiesigen Untergrund, der sich in die Tiefe erstreckt.<br />

Diese Kiesunterlage ist es, die noch jedes Projekt zum<br />

Scheitern brachte. Es ist nicht gesagt, daß man gegen das Übel<br />

von staatlicher und vor allem von Owinger Seite nichts<br />

dagegen getan hätte. Es ist gerade umgekehrt. Für Owingen<br />

haben diese Bauten schon Geld und Material verschlungen,<br />

die zu anderen Dingen verwendet, gepflasterte und geteerte<br />

Feld- und Waldwege ergeben hätten. Das Geld zum Eyachausbau<br />

aber hat der Neckar verschluckt. Tausende Sack<br />

Zement, unzählbare Pfähle, Faschinen, Senkwellen, Drahtgeflechte<br />

und Eisen, alles ist fortgeschwemmt. Frage einer<br />

heute die noch lebenden alten Eyach-Spezialarbeiter, den<br />

Weilermesner, den Schmocker Legad, den Häusel Jakob, den<br />

Edele Jakob, wie viele Meter Faschinen sie gebunden, wie<br />

viele Pfähle sie gespitzt und in den Boden gerammt, wieviel<br />

Maschendraht sie über fein säuberlich mit der Wasserwaage<br />

ausgeglichene Böschungen gespannt haben. Kein Zentimeter<br />

durfte fehlen. Schön sauber nivelliert mußten die Böschungen<br />

sein, eben die Sohle. So arbeiteten die Männer tage- und<br />

wochenlang, oft bis zum Leib im Wasser stehend, und es ist<br />

dutzendemale passiert, daß während einer Bauperiode ein<br />

Wasser kam und buchstäblich vor den Augen des Unternehmers<br />

und der Arbeiter oder über Nacht das bereits Geschaffene<br />

mitsamt Material, Gerüstholz und Werkzeug einfach<br />

wegschwemmte. Manch unliebsame Sache, viele und stürmische<br />

Gemeinderatssitzungen brachte das ungute Kind. Was<br />

wird in Zukunft zu seiner Heilung getan werden? Das wissen<br />

wir nicht, aber das wissen wir und können es prophetisch<br />

voraussagen, daß sich kein Owinger Bürgermeister an das<br />

Kind zwecks Heilung wagt, denn er würde, bevor er die<br />

Operation beendet hätte, selbst daran zugrunde gehen. Er<br />

würde einfach auch hinweggeschwemmt. Dieses Kind gehört<br />

in höhere Behandlung. Nur der Vater Staat kann sie überneh-<br />

Dieser flammende Appell an die vorgesetzten Behörden<br />

führte letztlich doch dazu, daß das Land Baden-Württemberg<br />

dem Wasserwirtschaftsamt in Sigmaringen den Auftrag<br />

gab, die Regulierung der Eyach in großzügiger und ausreichender<br />

Weise zu planen. Die Planungen wurde 1955 aufgenommen.<br />

Gebaut wurde dann 1956-1959 und zwar in drei<br />

Bauabschnitten auf insgesamt 5 Flußkilometern.<br />

Die bis dahin vorhandenen Flußkrümmungen wurde herausgenommen<br />

und begradigt. Der Flußlauf, der vorher bis<br />

unmittelbar an den Ortsrand verlief, wurde etwa 300 m weg<br />

von der Ortslage gerückt und dort so ausgebaut, daß das<br />

Bachbett in diesem Bereich eine Wasserabflußmenge von 210<br />

cbm/sek aufnehmen kann. Dem ersten Ausbau von 1904<br />

gegenüber, kann das Bachbett jetzt die dreifache Wassermenge<br />

für die Ortslage unschädlich aufnehmen. Oberhalb der<br />

Ortslage ist die Eyach für ein Fassungsvermögen von 85 cbm/<br />

sek und unterhalb von Owingen für ein solches von 130 cbm<br />

pro Sekunde ausgebaut.<br />

Die Bauleistungen betrugen:<br />

Erdaushub 127000 cbm<br />

Senkwellen (Steinfaschinen) 3000 lfdm<br />

Steinwurf für Böschungsfuß 7000 cbm<br />

Steinpflaster 12000 qm<br />

Spreutlage 4000 qm<br />

Rasensatz 50000 qm<br />

Maschendrahtsicherung 48000 qm<br />

Außerdem wurden vier Sohlabstürze gebaut, wovon drei eine<br />

Fallhöhe von 1,40 m haben und der Vierte bei einer Fallhöhe<br />

von 2,20 mit einer eingebauten Fischtreppe versehen ist. Es<br />

wurden zwei Brücken neu gebaut, die Reiterstaigbrücke mit<br />

16,10 m und die Brücke bei der Äußeren Mühle mit 32 m<br />

1. W. und einer Nutzlast von je 12 to. Oberhalb vom<br />

Stettener Wehr wurde noch eine Hochwasserentlastungsanlage<br />

gebaut. Insgesamt wurde bei allen Vorhaben 1600 cbm<br />

Beton verarbeitet.<br />

Auch der Rötenbach hat für die Ortslage immer wieder<br />

Gefahren durch Überschwemmungen gebracht. Um das<br />

Wasser schadlos für die Ortslage abführen zu können, wurde<br />

ein Rückhaltedamm gebaut. In den Erddamm wurden 7000<br />

cbm Boden verdichtet. Dahinter entstand ein Rückhaltebekken<br />

mit einem Fassungsvermögen von rd. 42000 cbm. Die<br />

Baumaßnahmen an Eyach und Rötenbach erforderten einen<br />

Aufwand in Höhe von insgesamt 2 Millionen DM. Die<br />

Finanzierung erfolgte durch 375 00 DM Eigenmittel der<br />

Gemeinde, dazu ein zinsverbilligtes Darlehen mit 175000<br />

DM und einer Landesbeihilfe von 1,5 Mio DM. Die Finanzierung<br />

war äußerst günstig.<br />

Nach ihrem Ausbau wurde die Eyach als Gewässer I. Ordnung<br />

eingestuft. Dies bedeutete, daß die Unterhaltsunglast<br />

nun ganz in die Verantwortung des Landes überging. Die<br />

Gemeinde muß lediglich einen verhältnismäßig geringen<br />

jährlichen Unterhaltungsbeitrag leisten.<br />

Seit nun 25 Jahren sind die Owinger die Sorgen mit der Eyach<br />

los. Aus Sicht der Owinger hat sich die Regulierung bewährt.<br />

Entgegen der Ansichten der Skeptiker hat das neue Bett der<br />

Eyach gehalten und die Eyach ist seither im Ortsbereich nie<br />

wieder über die Ufer getreten.<br />

Eine endgültige Bewährung hat sie am 21. 6. 1977 bestanden.<br />

Damals brach über Stetten, Haigerloch und die weiter flußabwärts<br />

liegenden Gemeinden eine Hochwasserkatastrophe<br />

herein. Die Owinger Gemarkung blieb dank der erfolgten<br />

Regulierung ohne Schaden, obwohl der Wasserstand der<br />

höchste war, der je gemessen wurde.<br />

Der Ausbau der Eyach im Bereich Owingen erreicht durch<br />

die Begradigung einen schnelleren Abfluß der Wassermassen.<br />

Dies führt aber zwangsläufig dazu, daß im Bereich der<br />

19


darunterliegenden Flußabschnitte, die noch nicht ausgebaut<br />

sind, sich die Wassermassen aufstauen. Daher sind die unterhalb<br />

von Owingen liegenden Gemeinden mehr hochwassergefährdet<br />

wie früher.<br />

Die Eyach war früher ein gutes und artenreiches Fischwasser.<br />

Die Weißfische, wie Döbel, Barben, Nasen und auch Aale<br />

stellten den größten Anteil. Aber auch Karpfen und Forellen<br />

wurden gut gefangen. Während des letzten Krieges wurde<br />

etwa ab 1943/1944 in Frommern Ölschiefer abgebaut. Dabei<br />

gelangten Schadstoffe in das Wasser der Eyach, die schlagartig<br />

alle Fische vernichteten.<br />

Nach dem Krieg gelangten durch die fortschreitende Industrialisierung<br />

immer mehr Schadstoffe in das Wasser der<br />

Eyach. Dies führte schließlich dazu, daß so bis etwa 1975 fast<br />

KARL WERNER STEIM<br />

150 Jahre Pfarrkirche »St. Markus« in Stein<br />

Ein Beitrag zur Baugeschichte<br />

Im Juni 1983 hat die katholische Pfarrgemeinde Stein bei<br />

Hechingen das 150jährige Jubiläum ihrer Pfarrkirche<br />

»St. Markus« gefeiert. Die Kirche war 1831/32 an Stelle einer<br />

älteren Kirche erbaut und 1833 eingeweiht worden. Im<br />

nachstehenden Beitrag geht es im wesentlichen um die Baugeschichte<br />

der heutigen Pfarrkirche, beruhend fast ausschließlich<br />

auf Akten im Staatsarchiv Sigmaringen (Ho 235,1, X, H,<br />

Nr. 1035).<br />

Uber ältere Kirchenbauten in Stein ist nur sehr wenig überliefert.<br />

Der für das Jahr 1252 belegte Pfarrer in Stein, »Gerone,<br />

plebanus in Stain«, dürfte seinen Gottesdienst bereits in einer<br />

eigenen Pfarrkirche gefeiert haben. Frühere Pfarrer oder<br />

Kirchen in Stein sind nicht bekannt.<br />

Auch in den folgenden Jahrhunderten erfährt man nicht viel<br />

über die Kirche von Stein. 1747 wurde ein Altar bei der<br />

Kirche im Friedhof zur Ehre des hl. Markus geweiht. Dieser<br />

Altar soll überdacht an der Kirche gestanden haben, damit<br />

man dort am Patroziniumstag des Evangelisten den feierlichen<br />

Gottesdienst abhalten konnte, weil die Kirche zu klein<br />

war. 1781 heißt es in einer Eingabe, die Kirche in Stein sei für<br />

die drei zur Pfarrei gehörenden Orte Stein, Sickingen und<br />

Bechtoldsweiler zu klein, es werde eine Erweiterung gewünscht.<br />

Im 19. Jahrhundert muß die alte Kirche von Stein allmählich<br />

auch baufällig geworden sein, insbesondere der - nach Aktenlage<br />

eindeutig - massiv aufgeführte Turm der Kirche.<br />

Werkmeister Andreas Wiest, der spätere fürstliche Bauinspektor,<br />

stellte in einem Gutachten vom 27. April 1830<br />

(»nach erhaltenem höchsten Auftrage hat unterthänigst Unterzeichneter<br />

die Kirche in Stein eingesehen und folgendes<br />

befunden«) fest, daß die gegen Morgen (Osten) gekehrte<br />

Turmseite, in dem sich auch der Chor befinde, mehrere<br />

Sprünge habe, die stärksten bis zu IV2 Zoll. Als Hauptursache<br />

dafür nahm der Werkmeister »die während des Leutens<br />

der Gloken statt habende, stärkere Bewegung des Thurms«<br />

an. Außerdem befinde sich auch der Glockenstuhl in einer<br />

schlechten Verfassung. Das über dem Chor befindliche Backstein-Gewölbe<br />

sei aber noch in gutem Zustand. Sollten sich<br />

jedoch die beschriebenen Mauerrisse weiter öffnen, wäre es<br />

unumgänglich, statt des Gewölbes eine Gipsdecke anzubringen.<br />

Der Baumeister schlug vor, Maßnahmen zu treffen, die<br />

klären, ob sich weitere Veränderungen am Turm ergeben.<br />

Erst danach solle man entscheiden, was zu tun sei.<br />

20<br />

keine Fische mehr in der Eyach lebten. Mit dem Bau von<br />

Kläranlagen in der Zeit zwischen 1975 und 1980 hat sich die<br />

Situation an der Eyach wesentlich verändert. Die Abwässer<br />

der Gemeinden werden vor ihrer Einleitung in die Eyach<br />

durch die Kläranlagen gleitet und dort zuerst mechanisch und<br />

dann biologisch gereinigt. Die Wasserqualität hat sich dadurch<br />

wesentlich verbessert.<br />

Negativ ist aber zu bemerken, daß die Farbabwässer der<br />

Färbereien immer noch ungereinigt in die Eyach fließen. Von<br />

der Industrie wird dabei betont, daß die Farbabwässer aus<br />

pflanzlichen Stoffen bestehen und deshalb völlig ungiftig<br />

wären. Die Verschmutzung sei deshalb nur »optisch« vorhanden.<br />

Obwohl eine Reihe von Versuchen in den Kläranlagen<br />

laufen, ist es noch nicht gelungen, hier wirksame Abhilfe<br />

zu schaffen.<br />

Aus einem Schreiben der Hechinger Regierung vom 26. Oktober<br />

1830 geht hervor, daß man sich inzwischen entschieden<br />

hatte, zumindest den Turm abzubrechen. Man machte sich<br />

bereits darüber Gedanken, »wer die Kosten des Abbruchs<br />

und Wiederaufbauens des Kirchthurms in Stein zu übernehmen<br />

habe.« In dem Gutachten heißt es weiter, der Kirchturm<br />

sei ein integrierter Teil der Kirche, da sich in ihm Chor mit<br />

Hochaltar usw. »befand« (war der Turm also bereits abgebrochen?).<br />

Auch wenn kein neuer Turm erstellt werde,<br />

müßte an diesen Platz doch ein Anbau kommen, »daß die<br />

Kirche dadurch ihre alte nothwendige Ausdehnung, welche<br />

für die Gemeinde ohnehin kaum hinreichend ist, wieder<br />

erhalte.«<br />

Daraus folgere, daß die Turm-Reparatur hauptsächlich als<br />

notwendige Wiederherstellung am Kirchengebäude selbst<br />

anzusehen sei. Somit seien Abbruch und Wiederaufbau des<br />

Turms aus dem Kirchenfond von Stein zu bestreiten. Wenn<br />

die Mittel dafür nicht ausreichten, seien die baupflichtig, die<br />

Einkünfte von der Kirche bezögen, also der Zehntherr, dann<br />

der Pfarrer und endlich der Patron. Da außerdem gewöhnlich<br />

der Turm, die Glocken und die Kirchenuhr zum Teil auf<br />

Kosten der Kirche und zum Teil auf Kosten der Gemeinde<br />

erbaut bzw. angeschafft würden, und der Turm in Stein<br />

zugleich Glocken und eine Uhr trage, die nach allgemeiner<br />

Ansicht von der Gemeinde anzuschaffen und zu unterhalten<br />

seien, solle die Kirchenfabrik Stein - soweit sie es könne -<br />

dazu beitragen. Den Rest sollten Zehntherr und Gemeinde<br />

Stein zu gleichen Teilen tragen.<br />

Ein weiteres Gutachten vom 5. November 1830 stimmte dem<br />

vorigen zwar grundsätzlich zu, doch heißt es, der Kirchturm<br />

in Stein bilde nur bis an die Verdachung ein Ganzes, der<br />

übrige, obere Teil sei erst als Turm zu betrachten. Das<br />

Verhältnis betrage nach Auskunft von Werkmeister Wiest<br />

Vi: 2 /}. Somit solle die Fürstliche Hofkammer 'A der Kosten<br />

und die Gemeinde 2 A der Kosten des Abbruchs tragen. Die<br />

Kostenverteilung bei einem Neubau sei noch offen.<br />

Pfarrer Lorenz Kohler und die Gemeinde Stein wandten sich<br />

schließlich am 3. Juli 1831 an die Fürstliche Heiligen-Kommission<br />

und bedankten sich, daß der Fürst von Hohenzollern-Hechingen<br />

»gnädigst geruht, die neue Pfarrkirche in<br />

Stein zu erbauen.« Für die neue Kirche benötige man aber<br />

dringend eine neue Orgel und ein Altarblatt für den Hochaltar<br />

sowie eine Kanzel. Man rechne dafür mit 600 bis 650 Gul-


den Kosten, die man selbst nicht bestreiten könne. Die<br />

Antragsteller baten um Erlaubnis, vom Heiligenvermögen<br />

300 Gulden dafür zu verwenden. 100 Gulden könne man<br />

noch für die alte Orgel erlösen, 130 Gulden milde Gaben<br />

seien »unaufgefordert« in Stein bereits eingegangen. Den<br />

Rest wolle man durch eine Sammlung bei anderen Gemeinden<br />

zusammenbringen.<br />

Wenige Wochen später legten Baumeister Wiest, Pfarrer und<br />

Gemeinde eine genaue Berechnung vor. Danach sollten die<br />

Reparatur des Hochaltars 15 Gulden und die farbige Fassung<br />

weitere 10 Gulden kosten, die Holz-Kanzel wurde auf<br />

49 Gulden und ihre Fassung auf 22 Gulden veranschlagt.<br />

Eine neue Orgel sollte 600 Gulden, also insgesamt 696 Gulden<br />

kosten. Aufbringen wollte man das Geld wie folgt:<br />

Heiligenpflege 300 Gulden, Erlös der alten Orgel 100 Gulden,<br />

Bruderschaft 45 Gulden, 150 Gulden aus den drei Gemeinden<br />

Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler (bereits vorhanden).<br />

Die restlichen 101 Gulden wollte man durch eine<br />

Sammlung zusammenbringen.<br />

Von Baumeister Wiest liegt schließlich eine Baukosten-Übersicht<br />

vom 26. Oktober 1832 vor. Danach kostete der Abbruch<br />

der alten Kirche samt Turm 120 Gulden. Die neue<br />

Kirche war (ohne Holz und Fuhrlohn) auf 6007 Gulden<br />

veranschlagt. Das Tannen- und Eiche-Bauholz, das vom<br />

Fürstlichen Forstamt für die Kirche abgegeben wurde und<br />

teils gekauft werden mußte, belief sich auf 1670 Gulden.<br />

Anstreichen der Gesimse und Säulen sowie Anschaffung der<br />

Fenster-Gitter waren mit 500 Gulden veranschlagt. Somit<br />

betrugen die Baukosten insgesamt 8297 Gulden. Nach Aktenlage<br />

ist davon auszugehen, daß der mehrfach genannte<br />

Baumeister Andreas Wiest auch der Architekt (oder wenigstens<br />

der Bauleiter) der Kirche war.<br />

Im Jahre 1847 bedankten sich Pfarrer und Gemeinde von<br />

Stein beim Fürsten, daß er zur Fassung der Altäre, der Kanzel<br />

und Orgel ein Gnadengeschenk gegeben habe. Diese waren<br />

also bis dahin nicht gestrichen worden.<br />

Aus dem Jahre 1868 ist überliefert, daß die Pfarrangehörigen<br />

von Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler wegen eines Prozesses<br />

gegen das Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen<br />

Prozeßkosten an das Oberamt in Hechingen entrichten<br />

mußten. Es war um Frondienste für Kirchen- und Pfarrhofbau<br />

gegangen. Die Zahlung wurde auf die Pfarrangehörigen<br />

umgelegt.<br />

Wie erst aus späteren Akten hervorgeht, verzichtete man in<br />

Stein beim damaligen Kirchenbau von 1831/32 auf einen<br />

eigenen Kirchturm. Die Kosten hätten die drei Gemeinden<br />

Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler selbst aufbringen müssen.<br />

So wurde nur ein Dachreiter aufgesetzt.<br />

Baumeister Beuter aus Hechingen, der im Auftrag des Pfarrers<br />

von Stein die Kirche bezüglich der Verbesserung oder<br />

eventuellen Erneuerung des Dachreiters untersucht hatte,<br />

legte am 28. September 1897 einen Bericht vor. Er bemerkte<br />

eingangs, schon vor vier Jahren habe er festgestellt, daß eine<br />

nachhaltige Verbesserung der Situation nur mit Schwierigkeiten<br />

und erheblichen Kosten möglich sei. Inzwischen sei er der<br />

Auffassung, schrieb Beuter, daß bei einem längeren Verbleiben<br />

des Zustandes Gefahr für die Kirche selbst drohe. Wie<br />

weiter zu erfahren ist, wurden im Jahre 1894 das Kirchenschiff<br />

und der Chor im Innern frisch getüncht. Gleichzeitig<br />

wurden damals zahlreiche Risse an Decke und Wänden<br />

zugeputzt. Jetzt stellte Beuter neben den alten Rissen neue an<br />

den Umfassungen des Schiffs und über den Fensterbögen<br />

fest. Beuter riet von einer Erneuerung des Dachreiters ab, da<br />

die Last immer den Umfassungswänden des Kirchenschiffs<br />

zufalle. Der Baumeister regte - wie schon früher - an, »einen<br />

Turm von Grund aufzubauen.«<br />

Ein weiteres Gutachten über die Dachreiter-Situation liegt<br />

von Pfarrer Detzel, Vorsitzender des Rottenburger Diözesan-Vereins<br />

für christliche Kunst, aus St. Christina bei<br />

Ravensburg vor, datiert vom 4. Oktober 1897. Auch dieses<br />

Gutachten war vom Pfarrer in Stein angefordert worden.<br />

Darin heißt es, der Fachwerkdachreiter stelle eine »Unzierde«<br />

für die Kirche dar. Infolge Erschütterungen durch das<br />

Läuten und durch Witterungseinflüsse sei das Türmchen aus<br />

den Fugen geraten und es drohe in Kürze eine Katastrophe.<br />

Der Dachreiter sei, so heißt es weiter, auf das Deckengebälk<br />

des Schiffs aufgesetzt, zwei der tragenden Balken liefen auf<br />

zwei Deckenbalken in die Mitte des Schiffs hinein und seien<br />

mit diesem fest verbunden. Durch das Läuten werde das<br />

ganze Schiff in Mitleidenschaft gezogen. Auch der Pfarrer riet<br />

von Ausbesserungsmaßnahmen ab und schlug einen völlig<br />

neuen Dachreiter vor, dessen Schwerpunkt auf das Gemäuer<br />

der Westfassade kommen sollte. Abschließend heißt es, daß<br />

eigentlich nur ein neuer Turm erbaut werden könnte, am<br />

besten an der Südseite des Chores.<br />

In einem Schreiben vom 14. Oktober 1897 bestätigte der<br />

Kirchenvorstand von Stein, man habe seinerzeit auf einen<br />

eigenen Kirchturm verzichtet, da in diesem Fall die Gemeinde<br />

baupflichtig gewesen wäre. Der Fürst von Hechingen<br />

wiederum habe nur seine Baupflicht für die Kirche anerkannt<br />

und dann auch den Dachreiter erstellen lassen. Dann ging es<br />

um die Finanzierung eines neuen Turmes. Die Gemeinde<br />

Stein mit 413 Einwohnern und auch Sickingen und Bechtoldsweiler<br />

seien dazu allein nicht in der Lage. Die Regierung<br />

in Sigmaringen wurde deshalb gebeten, eine Lotterie zu<br />

genehmigen, was vom Hechinger Oberamt befürwortet wurde.<br />

Die Regierung forderte zunächst ein Gutachten von<br />

Architekt Wilhelm Friedrich Laur an.<br />

Letzterer legte am 27. Dezember 1897 einen umfangreichen<br />

Bericht vor, der auch auf die Vorgeschichte einging. Aus<br />

Kostengründen sei ein - dem vorhandenen Geläut entsprechender<br />

- Dachreiter auf das Langhausdach aufgesetzt worden.<br />

Die Anbringung sei sehr verfehlt gewesen. Der Dachreiter<br />

sei selbst baufällig, auch die Kirche habe durch ihn<br />

bedenklichen Schaden erlitten, so zeigten die ziemlich starken<br />

Mauern vielfach Risse, die nur durch starke Erschütterungen<br />

entstanden sein könnten. Die meisten und größten<br />

Risse befänden sich naturgemäß an der westlichen Giebelund<br />

den anschließenden Giebelmauern; aber auch die übrigen<br />

Umfassungsmauern seien stark in Mitleidenschaft gezogen.<br />

Sämtliche Fensterbögen im Langhaus und sogar im Chor<br />

21


seien »gebrochen«, die Risse setzten sich an den Fensterbrüstungen<br />

bis auf den Boden der Kirche fort. Laur stellte sogar<br />

fest, daß »die Schwenkungen des Dachreiters beim Läuten...<br />

auf eine ziemliche Entfernung deutlich sichtbar« seien.<br />

Als Ursache nannte der Architekt das große Gewicht der<br />

Glocken (drei) mit zusammen acht Zentnern, die schlechte<br />

Konstruktion von Türmchen und Dachstuhl. Zudem hingen<br />

die Glocken mit elf Metern Höhe über dem Dachgebälk zu<br />

hoch. Die Schwingungen der Glocken würden sich über den<br />

Glockenstuhl und den Dachreiter auf die Kirche übertragen.<br />

Vor allem fehle es an ausreichenden Horizontalverstrebungen<br />

usw. Auch ein vor etwa 25 Jahren zur Verstärkung<br />

OTTO H. BECKER<br />

Das Kloster Inzigkofen seit der Säkularisation<br />

Bei der Säkularisation im Jahre 1802, der auch das Augustinerchorfrauenstift<br />

Inzigkofen anheimfiel, handelt es sich<br />

keineswegs um einen einmaligen historischen Vorgang.<br />

Die Säkularisation von Kirchengütern, d. h. »die einseitig von<br />

der Staatsgewalt vorgenommene Einziehung kirchlichen Vermögens<br />

und der Bestimmung desselben zu weltlichen oder<br />

wenigstens nicht unmittelbaren kirchlichen Zwecken«, lassen<br />

sich mit unterschiedlicher Intensität bis ins frühe Mittelalter<br />

zurückverfolgen. Man denke hier nur an den Einzug von<br />

Kirchenvermögen, den der Hausmaier Karl Martell im<br />

8. Jahrhundert zur Abwehr der im Frankenreich eingefallenen<br />

Araber vornahm.<br />

Einmalig war die Säkularisation von 1802 im Reich nur<br />

hinsichtlich des Umfangs des eingezogenen Kirchengats.<br />

Wurden doch sämtliche 112 geistliche Fürsten mit Ausnahme<br />

des Hoch- und Deutschmeisters und des Kurfürsten von<br />

Mainz enteignet, wodurch etwa 3 Millionen Menschen ihre<br />

Staatsangehörigkeit wechselten. Die Zahl der landsässigen<br />

Klöster, die auf Grund des Reichsdeputationshauptschlusses<br />

aufgehoben wurden, läßt sich nicht mehr genau feststellen. In<br />

den drei süddeutschen Monarchien, also in Bayern, Württemberg<br />

und Baden, sollen es allein 450 gewesen sein.<br />

Die Rechtshistorie hat vier Grundtypen der Säkularisation<br />

festgestellt:<br />

1. Die Entwidmung von Reichskirchengut in der Zeit des<br />

mittelalterlichen Eigenkirchenrechts.<br />

2. Die Einziehung von Kirchenvermögen durch den Landesherrn<br />

aufgrund des »ius reformandi«.<br />

3. Die Verstaatlichung von Kirchengut zur Zeit des Absolutismus<br />

kraft der staatlichen Souveränität.<br />

4. Die Nationalisierung alles geistlichen Eigentums durch das<br />

revolutionäre Frankreich aufgrund der demokratischen<br />

volonté générale.<br />

22<br />

eingefügtes Strebewerk habe die Festigkeit nicht besonders<br />

erhöhen können.<br />

Auch Wilhelm Friedrich Laur sah keine Chance für eine<br />

Reparatur. »Eine gründliche Abhilfe kann deshalb nur durch<br />

gänzliches Abtragen des Dachreiters und Erbauung eines<br />

massiven Thurmes, der jedoch nicht in direkter Verbindung<br />

mit dem Mauerwerk der Kirche stehen dürfte, erreicht<br />

werden.« Auf jeden Fall sollten die beiden großen Glocken<br />

sofort entfernt werden.<br />

Bis schließlich der Turm - von Architekt Laur - erstellt<br />

werden konnte, sollte freilich das Jahr 1901 geschrieben<br />

werden. Der »sehr aufwendig nach dem Vorbild der Hechinger<br />

Stadtkirche entworfene Turm an der Südseite des Chores«<br />

ist wohl der letzte klassizistische Kirchturm in Hohenzollern,<br />

der gebaut wurde. Er bestätigt gleichzeitig das Können<br />

des ersten <strong>hohenzollerische</strong>n Landeskonservators, der hier<br />

bereits praktische Denkmalpflege betrieben hat und dem<br />

bescheidenden klassizistischen Bau zu einer stilechten Zierde<br />

verhalf. Die Kirche selbst, ein langgestreckter, rechteckiger<br />

Bau mit eingezogenem, halbrund geschlossenem Chor, erinnert<br />

im Grundriß übrigens stark an den vom Haigerlocher<br />

Barockbaumeister Christian Großbayer geprägten Kirchentyp.<br />

Vielleicht haben seine Kirchen, die ja überwiegend rings<br />

um Hechingen - und somit auch Stein - zu finden sind, noch<br />

posthum die Kirche von Stein beeinflußt.<br />

Waren die Übergriffe des Staats auf Kirchenvermögen im<br />

Mittelalter noch vereinzelt, nahmen sie infolge der Reformation<br />

einen beträchtlichen Umfang an. Nach Abschluß des<br />

Westfälischen Friedens trat dann eine gewisse Beruhigung<br />

ein. Bis 1802/3 galt die Garantieklausel des Osnabrücker<br />

Friedensinstruments, die den vermögensrechtlichen Besitzstand<br />

der Religionsparteien nach dem Stand des Normaljahres<br />

1624 gewährleistete.<br />

Die Gültigkeit dieses Reichsgesetzes wurde im Verlauf des<br />

18. Jahrhunderts durch die aufkommenden Ideen der Aufklärung<br />

und des Staatskirchentums, von denen die protestantischen<br />

und die katholischen Reichsfürsten gleichermaßen<br />

erfaßt wurden, mehr und mehr in Frage gestellt. Einen<br />

weiteren Vorwand zur Enteignung von Kirchenvermögen<br />

durch den Staat lieferte die Kirche selbst, als Papst Klemens-<br />

XIV. 1773 den Jesuitenorden auflöste und das Vermögen der<br />

einzelnen Ordensniederlassungen dem jeweiligen Landesherrn<br />

zuwies.<br />

Auf diese Weise gelangte auch das Vermögen des Jesuitenkollegs<br />

in Freiburg im Breisgau an Osterreich. Das Vorgehen der<br />

vorderösterreichischen Regierung gegen die Ordensniederlassung<br />

sollte sich in den Säkularisationen danach wiederholen.<br />

Nach Verkündung des Aufhebungserlasses wurden die<br />

Wertbehältnisse unter Verschluß genommen, das gesamte<br />

Vermögen inventarisiert, den nunmehrigen Exjesuiten wurde<br />

der landesfürstliche Schutz zugesichert, wenn sie sich als<br />

treue Diener des Staats und der Kirche zeigten; und jedem<br />

wurde eine Pension zugewiesen. Die Novizen und noch nicht<br />

ordinierten Fratres erhielten eine Abfindung, die Ordinierten<br />

wurden dem Schuldienst zugewiesen.<br />

Die Landesherrin, Kaiserin Maria Theresia, war zwar grundsätzlich<br />

gegen eine Beseitigung der Klöster, aber auch sie war<br />

zumindest in ihren letzten Regierungsjahren bestrebt, deren


Eigentumszuwachs einzudämmen und in das Klosterleben,<br />

sofern es notwendig erschien, einzugreifen. Vor allem vertrat<br />

sie die Auffassung, daß weibliche Orden zu nützlichen<br />

Tätigkeiten wie z. B. dem Schulunterricht zugeführt werden<br />

sollten.<br />

Die Vorbehalte der Kaiserin wurden von ihrem Sohn und<br />

Nachfolger, Kaiser Josef II., nicht geteilt. Von den Ideen der<br />

Aufklärung und des Staatskirchentums beseelt, konnte es für<br />

den Kaiser in den Osterreichischen Stammlanden keinen<br />

Platz für Selbstverwaltungskörperschaften mehr geben. Die<br />

Kirchen und ihre Einrichtungen mußten dem Staat dienen<br />

und sollten deshalb seiner Bürokratie unterstellt werden.<br />

Die Intentionen des Kaisers richteten sich in erster Linie<br />

gegen die Klöster und Orden. Ihnen lag die Uberzeugung<br />

zugrunde, daß Orden, die dem Nächsten keinen Nutzen<br />

brächten, auch Gott nicht gefällig sein könnten und deshalb<br />

auch das Vermögen all derer, die weder in der Schule noch im<br />

Krankendienst tätig seien, zu enteignen und mit ihnen zu<br />

verfahren sei wie mit den Jesuiten.<br />

Damit waren die Kartäuser und Eremiten, die Karmeliterinnen,<br />

Klarissinnen, Kapuzinerinnen und andere Korporationen<br />

vom Dritten Orden des hl. Franziskus und alle diejenigen<br />

gemeint, die keine Schulen unterhielten, Kranke versorgten,<br />

Sakramente spendeten und Seelsorge betrieben; d. h. alle<br />

diejenigen Religiösen, die kontemplativen Orden und Kongregationen<br />

angehörten.<br />

Die Niederlassungen dieser Orden sollten aufgehoben und<br />

ihr Vermögen einem Religionsfonds zugewiesen werden.<br />

Aus dem Fonds sollten dann die Pensionen für die Angehörigen<br />

der aufgehobenen Korporationen bezahlt sowie die<br />

Mittel für die Finanzierung neu errichteter Pfarreien und die<br />

Versorgung von Seelsorgen bereitgestellt werden. Die Verwaltung<br />

des Fonds oblag dem Staat.<br />

Die Absichten Kaiser Josefs II., alle kontemplativen Orden<br />

und Gemeinschaften im Bereich seiner Stammlande aufzulösen,<br />

fanden ihren Niederschlag in dem sogenannten Aufhebungsdekret<br />

vom 12. Januar 1782. Mit dieser Publikation<br />

setzte sich der Kaiser rücksichtslos über die im Osnabrücker<br />

Friedenstraktat enthaltene Garantie des kirchlichen Besitzstandes<br />

hinweg.<br />

Die Aufhebung der kontemplativen Orden bot Osterreich<br />

einen weiteren Vorwand, seinen Landeshoheitsanspruch<br />

auch in der Grafschaft Sigmaringen sichtbar zur Geltung zu<br />

bringen. Ohne Rücksprache mit dem Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

wurden vier Wochen nach der Veröffentlichung<br />

des Dekrets die beiden Franziskanerklöster Gorheim<br />

und Laiz aufgehoben. Die verbalen Proteste des Fürsten Karl<br />

Friedrich fruchteten nichts. Als der Verkauf des gesamten<br />

Klosterbesitzes zugunsten des vorderösterreichischen<br />

Religionsfonds, der im Zusammenhang mit dem Aufhebungsdekret<br />

gegründet wurde, stattfand, mußte sich der<br />

Sigmaringer Fürst damit zufriedengeben, daß er für 31000 fl<br />

den Großteil der Güter dieser beiden Klöster kaufweise an<br />

sich bringen konnte.<br />

Von der Aufhebung verschont blieb das Augustinerchorfrauenstift<br />

Inzigkofen. Die Gründe hierfür mögen in erster Linie<br />

darin gelegen haben, daß das Stift im Unterschied zu den<br />

aufgelösten Franziskanerinnenklöster Gorheim und Laiz<br />

durch seine Armenspeisungen und durch seine Apotheke<br />

seine Nützlichkeit für die Allgemeinheit unter Beweis gestellt<br />

hatte.<br />

Der Einzug von Kirchenvermögen für staatliche Zwecke<br />

durch Kaiser Josef II. war bekanntlich nur ein Vorgeplänkel<br />

zu der großen Säkularisation von 1802. Für ihre Durchsetzung<br />

waren vor allem militärisch-politische Gründe maßgeblich.<br />

Der große Verlierer des 2. Koalitionskrieges war Österreich.<br />

Kaiser Franz II. sah sich schließlich gezwungen, am 9. Februar<br />

1801 mit der französischen Republik in Lunéville<br />

sowohl für Österreich als auch für das Reich Frieden zu<br />

schließen. Der Friedenstraktat stellte die endgültige Abtretung<br />

des gesamten linken Rheinufers fest. Im Artikel 7 wurde<br />

vereinbart, daß die hierdurch den erblichen Fürsten entstandenen<br />

Verluste vom gesamten Reich getragen werden<br />

mußten, daß also für den Verlust von Reichsgebiet nur<br />

innerdeutsche Territorien, und zwar allein geistliche und<br />

reichsstädtische als Entschädigungen in Betracht kamen.<br />

Hinsichtlich der Regelung der Entschädigungsfragen wurde<br />

Frankreich und Rußland ein entscheidendes Mitspracherecht<br />

eingeräumt.<br />

Noch im Oktober 1801 wurde zur Ausarbeitung eines entsprechenden<br />

Plans eine außerordentliche Reichsdeputation<br />

bestellt, der außer Kurmainz die Reichsstände Böhmen,<br />

Sachsen, Brandenburg, Bayern, Württemberg, Hessen-Kassel<br />

und der Hoch- und Deutschmeister angehörten.<br />

Die Fürsten von Hechingen und Sigmaringen, die sich nach<br />

dem Verlust ihrer niederländischen Besitzungen ebenfalls<br />

Hoffnungen auf Entschädigungen machten, entwickelten<br />

eine fieberhafte diplomatische Aktivität. Fürst Anton Aloys<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen betrieb die Erwerbung der<br />

Klöster Zwiefalten, Marchtal und Schussenried. Fürst Hermann<br />

von Hohenzollern-Hechingen begehrte die Klöster<br />

Rottenmünster und Mariaberg.<br />

Doch trotz guter Beziehungen der Fürstin Amalie Zephyrine<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen zum 1. Konsul Napoléon<br />

Bonaparte und trotz diplomatischer Rückendeckung durch<br />

Preußen sahen sich die schwäbischen Hohenzollern alsbald<br />

um ihre Hoffnungen betrogen. Frankreich hatte schon vor<br />

dem Zusammentreten der Reichsdeputation im August 1802<br />

in Regensburg die Erwerbung dieser Klöster Württemberg<br />

vertraglich zugesichert.<br />

Der Spielraum der Reichsdeputation blieb auch in der Folgezeit<br />

beschränkt. Die wichtigen Entscheidungen in dem Länderschacher<br />

behielten sich Frankreich und Rußland vor. Das<br />

Ergebnis der Verhandlungen, der sogenannte Reichsdeputationshauptschluß<br />

wurde vom Kaiser am 27. April 1803 als<br />

Reichsgesetz verkündet.<br />

Die Fürsten erhielten durch das Gesetz die generelle Befugnis,<br />

alle Klöster, Stifte und auch die Bettelorden, die sich<br />

unter ihrer Landeshoheit befanden, nach ihrem Belieben<br />

einzuziehen. Als Termin für die Übergabe der einzelnen<br />

Entschädigungsobjekte wurde rückwirkend der 1. Dezember<br />

1802 festgesetzt. Auch wurde es dem Gutdünken der Landesherren<br />

anheimgestellt, die Aufnahme von Novizinnen zu<br />

gestatten oder zu verbieten. Die Auflösung von Frauenklöstern<br />

hingegen bedurfte der Zustimmung des zuständigen<br />

Diözesanbischofs.<br />

Dem Recht der Säkularisatoren auf freie Verfügbarkeit des<br />

kirchlichen Vermögens setzte der Reichsdeputationshauptschluß<br />

die Verpflichtung auf eine gesicherte Versorgung der<br />

Betroffenen entgegen. Wichtig war vor allem der Grundsatz<br />

der »verhältnismäßigen Pension«, das bedeutete, daß keine<br />

einheitlichen Pensionen eingeführt wurden, sondern ihre<br />

Höhe vom Vermögen der jeweiligen geistlichen Korporation<br />

abhängig gemacht wurde.<br />

So wurden für die Fürstbischöfe, Reichsprälaten und Äbtissinnen<br />

ein jeweiliges Maximum von 12000 fl und Minimum<br />

von 2000 fl jährliche Pension festgelegt. Die Regularen sollten<br />

eine Pension zwischen 300 fl und 600 fl erhalten.<br />

Wichtig war auch die Bestimmung des Reichsdeputationshauptschlusses,<br />

daß Fromme und milde Stiftungen, z. B.<br />

Meßstiftungen bei Klöstern nicht inkammeriert werden durften,<br />

sondern unter landesherrlicher Aufsicht erhalten bleiben<br />

mußten.<br />

23


Wie schon erwähnt, konnten die Fürsten von Hohenzollern-<br />

Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen ihre allzuhohen<br />

Erwartungen, die sie in das Entschädigungsgeschäft gesetzt<br />

hatten, nicht realisieren. Ihre Hartnäckigkeit und nicht zuletzt<br />

auch die guten Beziehungen der Fürstin Amalie Zephyrine<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen haben dann doch dazu<br />

geführt, daß sie bei der Säkularisation nicht leer ausgingen.<br />

Im § 10 des Reichsdeputationshauptschlusses erhielt Fürst<br />

Anton Aloys für seine niederländischen Besitzungen die<br />

Herrschaft Glatt am Neckar aus dem Besitz der Fürstabtei<br />

Muri in der Schweiz, das Augustinerchorherrenstift Beuron,<br />

das Benediktinerinnenkloster Holzen bei Donauwörth und<br />

schließlich das landsässige Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen.<br />

Dieser Übereignung lag der sogenannte »plan général et<br />

définitif d'indemnité« Frankreichs und Rußlands vom 8. Oktober<br />

1802 zugrunde. Schon am 19. Oktober teilte Fürst<br />

Anton Aloys der Pröpstin von Inzigkofen die alsbaldige<br />

provisorische Zivilbesitznahme des Klosters mit, die der<br />

Geheime Rat von Mayersburg im Namen des Fürsten am<br />

5. November mit der Inbesitznahme aller liegenden und<br />

fahrenden Güter des Klosters vollzog. Am 10. Dezember<br />

schloß der Geheime Rat dann einen förmlichen Vertrag mit<br />

der Pröpstin und dem Konvent des Klosters ab, der einen Tag<br />

später von Fürst Anton Aloys ratifiziert wurde. Am 16. Dezember<br />

schließlich wurden die Fahrnisse des Klosters versteigert.<br />

Die auffällige Eile, die bei der Inbesitznahme des Klosters<br />

Inzigkofen an den Tag gelegt wurde, ist möglicherweise der<br />

Furcht entsprungen, der Lehensherr Osterreich könnte dem<br />

Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen seine Rechte noch<br />

streitig machen. Im Hinblick auf das Entschädigungsgeschäft<br />

äußerte sich von Mayersburg schon 1801: »Wenn wir auch<br />

mehr Glück haben sollten, als wir hoffen können, so wird<br />

unsre lehenbare Landplage uns doch wieder alles verbittern«.<br />

Von Mayersburg sollte sich nicht getäuscht haben. Kaum<br />

hatte Fürst Anton Aloys von den Entschädigungsobjekten<br />

Besitz ergriffen, beschlagnahmte Osterreich alle Besitzungen<br />

und Gefälle der säkularisierten geistlichen Korporationen<br />

innerhalb der österreichischen Landeshoheit. Der Wiener<br />

Hof begründete diese Aktion mit dem sogenannten Epavenrecht,<br />

das besagte, daß das jus circa sacra et politica dem<br />

Landesherrn erlaube, bei der Aufhebung geistlicher Stiftungen<br />

über deren Rechte und Besitzungen verfügen zu dürfen,<br />

soweit sie in seinem Territorium gelegen sind.<br />

Die Anwendung dieses Rechts durch Osterreich stand im<br />

Widerspruch zum ausdrücklichen Wortlaut des Reichsdeputationshauptschlusses.<br />

Im Artikel 36 war nämlich ausdrücklich<br />

festgelegt, daß die Entschädigungsobjekte »mit allen<br />

Gütern, Rechten, Kapitalien und Einkünften, wo immer sie<br />

auch gelegen sind«, an ihre neuen Besitzer übergehen.<br />

Für den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen bedeutete<br />

die Beschlagnahme nach eigenen Angaben den Verlust von<br />

dreiviertel der Einnahmen von Beuron, von je einem Viertel<br />

von Glatt und Holzen und die Hälfte der Einkünfte von<br />

Inzigkofen. Letztere resultierten vor allem aus der Beschlagnahme<br />

der ehemaligen Güter der Chorfrauen von Inzigkofen<br />

in der Göge.<br />

Im Herbst 1803 äußerte Fürst Anton Aloys, er werde sich aus<br />

der Sequesteraffäre, d. h. der Beschlagnahme, wohl nur durch<br />

eine Abmachung mit Osterreich ziehen können, denn auf die<br />

Dauer stehe man vor der Alternative, entweder die Mönche<br />

und Nonnen verhungern zu lassen oder sich durch Großzügigkeit<br />

und Mitleid zu ruinieren. Von diesen düsteren Perspektiven<br />

wurde der Fürst mit der Unterstützung Frankreichs<br />

durch die Auflösung der Lehenbande mit Osterreich<br />

und der Allodifikation seiner Güter 1805 erlöst, seine Lage-<br />

24<br />

beurteilung war zu dem damaligen Zeitpunkt jedoch durchaus<br />

realistisch.<br />

Der Reichsdeputationshauptschluß begründete, wie wir bereits<br />

gesehen haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten<br />

des Säkulisators gegenüber den enteigneten Religiösen. Die<br />

Beziehungen des Fürsten zu den Angehörigen des aufgehobenen<br />

Chorfrauenstifts Inzigkofen wurden in dem ebenfalls<br />

schon erwähnten Vertrag vom 10./II. Dezemnber 1802<br />

geregelt.<br />

Der Fürst sicherte in diesem Dokument den Augustinerinnen<br />

das Recht zu, bis an ihr Lebensende in dem Klostergebäude<br />

verbleiben und nach ihren Ordensregeln leben zu dürfen. Für<br />

ihren Lebensunterhalt wurden Pensionen ausgesetzt. Die<br />

Pröpstin erhielt 600 fl, die Priorin 300 fl, die 24 Klosterfrauen<br />

und die 12 Laienschwestern jeweils 200 fl. Der Beichtiger<br />

Egle bekam wie die Priorin 600 fl, seinem Helfer Schell<br />

wurden bis zu einer anderweitigen Versorgung 260 fl zugesagt.<br />

Außerdem wurden zur Unterhaltung des Personals<br />

200 fl und für Wachs und Öl 100 fl ausgesetzt. Die Kosten<br />

beliefen sich insgesamt auf 9260 fl.<br />

Der Fürst verpflichtete sich ferner, von den 5425 fl bestehenden<br />

Depositen, solange eine Klosterfrau lebt, die anfallenden<br />

Zinsen zu zahlen.<br />

Diesen aktiven Leistungen an die Augustinerinnen folgten<br />

noch eine Reihe von passiven Leistungen der Herrschaft. Die<br />

Wohnung der Frauen im Klostergebäude war mietfrei: Auch<br />

die Reparaturen an den Gebäuden und der Brunnenleitung<br />

wurde von der fürstlichen Verwaltung übernommen. Dagegen<br />

sollten »Schönheitsreparaturen« von den Schwestern<br />

durchgeführt und beglichen werden.<br />

Die Herrschaft verpflichtete sich ferner, den Klosterfrauen<br />

Früchte, Wein und Stroh zu den jeweiligen Niedrigstpreisen<br />

zu liefern. Schließlich wurde ihnen auch das benötigte Hausund<br />

Küchengerät an Silber, Paramenten, Weißzeug, Betten,<br />

Zinn und Kupfer sowie die Apotheke gegen Bescheinigung<br />

zu freiem Gebrauch übergeben.<br />

Nach dem Vertrag sollten die Schwestern jährlich 150 Klafter<br />

Holz zu 1 fl 30 x geliefert bekommen. Was sie darüber hinaus<br />

noch benötigten, mußte zum jeweiligen Marktpreis erworben<br />

werden. Ferner wurden ihnen die Klostergärten zur<br />

Haltung von 4 Stück Melkvieh, 2 Schweinen und 2 Pferden<br />

zugewiesen. Der Pachtschilling betrug 102 fl.<br />

Zur Verwaltung der Güter und Einkünfte des enteigneten<br />

Klosters wurde das Kameralamt Inzigkofen geschaffen. Es<br />

wurde 1823 aufgehoben und seine Funktionen dem Rentamt<br />

Sigmaringen zugewiesen.<br />

Die jährlichen Einnahmen an Zehnten, Gülten, Waldungen,<br />

Weingütern und an Zinsen von ausstehenden Kapitalien des<br />

Klosters Inzigkofen wurden bei der Säkularisation zu<br />

11000 fl angeschlagen. Stellt man diesen Einkünften allein die<br />

Unterhaltungskosten für die Klosterinsassen und ihr Personal<br />

in Höhe von 9260 fl entgegen, dann war der tatsächliche<br />

Gewinn sicherlich nicht groß. Die Beschlagnahme der Hälfte<br />

dieser Einkünfte durch Österreich mußte Fürst Anton Aloys<br />

somit zu recht als Katastrophe empfinden.<br />

Nach der sogenannten Pensionskonvention wurde das gesamte<br />

Hab und Gut des Klosters und seiner Mitglieder in den<br />

Zivilbesitz des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen übergeführt.<br />

Von einer vollständigen Enteignung der Augustinerinnen<br />

bei der Säkularisation kann jedoch keine Rede sein. So<br />

blieb das Inventar der einzelnen Zellen unangetastet, es galt<br />

als Eigentum der Klosterfrauen und wurde deshalb auch zu<br />

der am 16. Dezember 1802 durchgeführten Versteigerung<br />

nicht herangezogen.<br />

Desgleichen galten auch die Mitgift und Erbschaften der<br />

einzelnen Schwestern als deren freies Eigentum, über das sie


frei verfügen konnten, wie einige Testamente von Klosterfrauen<br />

beweisen. Ebenso frei durften sie mit den Pensionen<br />

verfahren.<br />

Dieses Entgegenkommen darf nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

daß die Einstellung des Landesherrn und seiner Beamten<br />

gegenüber den Augustinerinnen und ihren Belangen nicht<br />

immer gerade positiv war. So durfte Maria Ignatia Geißenhof<br />

als Nachfolgerin der am 19. September 1808 verstorbenen<br />

Pröpstin Maria Xaveria Braig nur noch den Titel Vorsteherin<br />

führen. Die Wahlen fanden im Beisein eines fürstlichen<br />

Kommissars statt und bedurften der landesherrlichen Genehmigung<br />

und Bestätigung.<br />

Vor allem aber das Verbot, neue Novizinnen aufnehmen zu<br />

dürfen, macht deutlich, daß an einem Weiterleben der<br />

Klostergemeinschaft kein Interesse bestand, was im Zeitalter<br />

des Staatskirchentums jedoch die Regel war.<br />

Obwohl die Pensionszahlungen durch den natürlichen Abgang<br />

der Schwestern durch Tod ständig zurückging, suchte<br />

man durch weitere restriktive Maßnahmen, die Kosten zu<br />

senken.<br />

So wurden nach einer Eingabe des Pfarrers Eger in Vilsingen<br />

vom 1. Juli 1852 der letzten Vorsteherin des Klosters Inzigkofen,<br />

Maria Maximiiiana Geißenhof, die am 23. Mai desselben<br />

Jahres verstorben war, statt der ursprünglich vereinbarten<br />

Pension in Höhe von 600 fl nur noch 400 fl gezahlt.<br />

Wegen Unkenntnis der Apothekerin und den daraus für<br />

Kranke drohenden Gefahren, wie es in einem Visitationsbericht<br />

heißt, wurde 1834 die Apotheke des Klosters Inzigkofen<br />

geschlossen. Die Gerätschaften und Substanzen sollten verkauft<br />

werden, wurden den Schwestern jedoch auf ihre Bitten<br />

hin gegen den Schätzwert von 43 fl 38 x kaufweise überlassen.<br />

Auch in ihrem Ordensleben erfuhren die Schwestern manche<br />

Beeinträchtigungen. Als die Fürstin Amalie Zephyrine von<br />

Hohenzollern-Sigmaringen 1811 im ehemaligen Amtshaus<br />

des Klosters Wohnung nahm, sahen sich die Schwestern, um<br />

die Nachtruhe ihrer hochgestellten Nachbarin nicht zu stören,<br />

veranlaßt, den Nachtchor abzuschaffen.<br />

Das nunmehrige Schloß Inzigkofen war nach der Fürstin<br />

Amalie Zephyrine beliebter Wohnsitz des Erbprinzen Karl<br />

Anton und seiner Gemahlin Josefine. Hier erblickte auch der<br />

vierte Sohn des Ehepaars, Prinz Friedrich von Hohenzollern-<br />

Sigmaringen, das Licht der Welt.<br />

Die Auszehrung der Schwesterngemeinschaft in Inzigkofen<br />

machte auch vor der wichtigen Institution des Beichtigers<br />

nicht halt. War diese Stelle in der Pensionskonvention noch<br />

mit 600 fl dotiert, wurde sie ab 1826 auf 450 fl zurückgestuft.<br />

Nach 1845 stand den wenigen Schwestern kein eigener<br />

Seelsorger im Kloster mehr zur Verfügung.<br />

Diese Funktion ging nebenamtlich auf den Kuratkaplan<br />

Pfister von Laiz über, der im Auftrag des erzbischöflichen<br />

Ordinariats Freiburg sowie derFürstl. Hohenz. Hofkammer<br />

für die Augustinerinnen zwei- bis dreimal in der Woche die<br />

Messe las. Er erhielt für diese Tätigkeit vom Fürstl. Rentamt<br />

Sigmaringen 100 fl ausbezahlt. Später übernahm er auf Bitten<br />

der Gemeinde Inzigkofen auch noch den sonntäglichen Gottesdienst.<br />

Nachfolger von Kaplan Pfister, der 1851 starb, war bis 1854<br />

Thomas Geiselhart. Er wurde zusammen mit Pfarrer Eger<br />

von Vilsingen zum Rechtsbeistand der letzten beiden noch in<br />

Inzigkofen lebenden Augustinerinnen eingesetzt.<br />

Das Ende ihres Lebens vor Augen, hatten die Chorfrauen<br />

Maria Gabriele Geißenhof und Maria Salesia Pfeiffer sowie<br />

die Laienschwestern Maria Alexia Osterried und Maria<br />

Mechthildis Zoll am 17. Juli 1852 ein gemeinsames Testa-<br />

ment errichtet, in dem sich die Frauen gegenseitig zu ihren<br />

Erben einsetzten.<br />

Als letzte ihres Kreises starb am 31. Juli 1856 die Chorfrau<br />

Maria Salesia Pfeiffer im Alter von 82 Jahren. Die Geschichte<br />

des Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen war damit endgültig<br />

abgeschlossen.<br />

Die Schwestern hatten für diesen Fall den Freiburger Erzbischof<br />

Hermann von Vicari bzw. seinen Amtsnachfolger<br />

formell als Erben ihrer Verlassenschaft eingesetzt. Diese<br />

bestand einmal aus Bargeld in Höhe von 1000 fl und einem<br />

Sparkonto über 2000 fl bei der Spar- und Leihkasse in<br />

Sigmaringen und zum anderen aus nicht näher bezeichneten<br />

Mobilien im Klostergebäude sowie aus Vieh, Vorräten und<br />

landwirtschaftlichen Geräten. Die Testamentsvollstrecker,<br />

Dekan Franz Xaver Eger, Pfarrer Thomas Geiselhart und<br />

Kreisrichter Karl Schnell aus Hechingen, waren angewiesen,<br />

ihre Verlassenschaft auszuscheiden und zu verkaufen.<br />

Ausdrücklich nicht verkauft werden sollten dagegen religiöse<br />

und geweihte Gegenstände wie Reliquien, Bilder, Tafeln,<br />

Bücher u. ä. Die Schwestern hatten vielmehr angeordnet,<br />

diese Gegenstände auch unentgeltlich an solche abzugeben,<br />

die sie in Ehren halten.<br />

Der Testamentsvollstrecker Thomas Geiselhart hat diese<br />

Bestimmung offenbar als Aufforderung an seine Person<br />

empfunden und mit diesen Gegenständen dann seine Gründungen,<br />

das Fidelishaus und das Haus Nazareth, ausgestattet.<br />

Aus dem Nachlaß sollten sodann ein Jahrtag zum Gedächtnis<br />

der Schwestern in der Pfarrkirche von Laiz mit einem Gründungskapital<br />

von 100 fl gestiftet werden. Insgesamt 1950 fl<br />

vermachten die Augustinerinnen ihrem Personal, den Armen<br />

von Inzigkofen und ihren eigenen Verwandten. Den Rest der<br />

Geldmittel sollte Erzbischof von Vicari erhalten. Die Nachlaßgeber<br />

knüpften daran den aufschlußreichen Wunsch, der<br />

Erzbischof möchte dieses Geld für ein Knabenseminar verwenden.<br />

Thomas Geiselhart, der Rechtsberater und Testamentsvollstrecker<br />

der Augustinerinnen von Inzigkofen,<br />

eröffnete am 10. Juni 1855 im Fidelishaus in Sigmaringen ein<br />

solches Knabenseminar.<br />

Das Klostergebäude und die den Schwestern nur zur Nutzung<br />

überlassenen Gegenstände wurden nach dem Ableben<br />

der letzten Klosterfrau der Fürstl. Hohenz. Hofverwaltung<br />

zugewiesen. Die als wertvoll erachteten Stücke gelangten in<br />

die Fürstl. Hofbibliothek bzw. in die Sammlungen. Der<br />

Großteil der Mobilien indes wurde verkauft oder verblieb im<br />

Klostergebäude.<br />

In Inzigkofen blieben ferner alle für den Gottesdienst notwendigen<br />

Requisiten. Sie wurden auf Bitten der Gemeinde<br />

zur widerruflichen Nutzung der dortigen Filialkirchengemeinde<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Nach dem Tod der letzten Augustinerin blieb das Kloster,<br />

von vereinzelten Besuchen der Novizen des Klosters Gorheim<br />

in Sigmaringen abgesehen, unbewohnt. Im Kriegsjahr<br />

1870 ließ Fürst Karl Anton von Hohenzollern ein Lazarett<br />

einrichten, das aber nie benutzt wurde. In der Folgezeit<br />

diente das Gebäude als Magazin von Möbeln und anderen<br />

Gerätschaften. 1938 wurden die Räumlichkeiten dann für den<br />

weiblichen Arbeitsdienst hergerichtet. Auch eine Dienststelle<br />

des Abwehrchefs Canaris soll im ehemaligen Kloster gewesen<br />

sein.<br />

Von 1945 bis 1947 beherbergte das Kloster nacheinander<br />

zwangsverpflichtete Italiener, Polen und Letten. Im August<br />

1947 wurde dort ein Ferienlager für 80 französische Kinder<br />

eingerichtet, das im Herbst desselben Jahres wieder aufgehoben<br />

wurde. 1948 schließlich bezog das Volkshochschulheim<br />

die Räumlichkeiten des Klostergebäudes.<br />

25


WILHELM BURTH<br />

Die Gremiich v. Jungingen zu Menningen<br />

Generallandesarchiv 44/171 (Adelsarchive)<br />

1) 1615 März 23 Meersburg im bischöfl. Schloß<br />

Junker Ebert (Eberhard) Grämlich v. Jungingen zu Menningen<br />

setzt durch notarielles Testament seinen unehelichen<br />

Sohn Johann Gremblich, »so ich ledigen Standts von<br />

Agatha Müehlerin erzeuget«, zum Universalerben ein, da<br />

sonst keine Leibserben vorhanden sind, und vermacht seiner<br />

Hausfrau (NN) den Jahreszins von 3000 Gulden als Witwengut.<br />

2) 1650 Sept. 4<br />

Die Eheleute Junker Hans Gremiich zu Jungingen und<br />

Elisabeth Gremiich geborene v. Preunigkofen setzen sich<br />

gegenseitig zu Erben ein (wobei die Mühle ausdrücklich<br />

einbezogen ist).<br />

Der Junker bekennt, daß seine Frau »ihr ganzes Gut, Geld,<br />

Kleinodien und Kotten alles in seiner höchsten Notturff<br />

hergeben und umb solches bishero nichts empfangen, sondern<br />

auch mit ihrer getrewen Vorsorg, Mühe und Arbeit<br />

nicht wie eine Ehefrau, sondern merer als eine Magd Tag und<br />

Nacht in Sorgfeltigkeit soe müeheselig ihr Zeit umgebracht,<br />

wie meniglich bekannt«.<br />

Die Ehefrau Elisabeth Gremiich v. Preunigkofen verordnet,<br />

daß nach ihres Mannes Tod der Maierhof, den derzeit<br />

Mathheiß Pfaw zu Leitishofen leiblehensweise innehat,<br />

durch Kauf vom Spital Pfullendorf, dem Gotteshaus der Frau<br />

Meisterin und den Schwestern St. Francisci Ordens in Pfullendorf<br />

zufallen soll, »dergestalten, daß...«.<br />

Ferner vermacht sie den Zins von 300 fl, damit man zu<br />

Pfullendorf alle Donnerstag abend für ein Glockenzeichen,<br />

»die Angst genannt am Ohlberg«, der Fabric gebe 2 Pf., dem<br />

Pfarrer IV2 fl«, damit er jährlich einmal in der Fastenzeit in<br />

einer »sonderbahren Prödig sein Thema darauff richte«. - Es<br />

folgen weitere Legate an den Magistrat und den Mesner. Die<br />

erste Ehefrau war Anna Maria v. Rosenberg.<br />

3) 1671 Juni 22 Weingarten<br />

Testament der Elisabeth Gremiich zu Jungingen geb. Prinigkoferin.<br />

Sie verordnet ihr Begräbnis »in der Wilhelmiten<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Laiz, ein Rätselname<br />

Der Name des jetzt nach Sigmaringen einverleibten aber viel<br />

länger als dieses existierenden Dorfes Laiz am altrömischen<br />

Donauübergang stellt ein großes Rätsel dar. Seit dem Jahre<br />

1231 als Laizen, bis 1310 Laiz, Laize, Laitze, Laytz und<br />

wieder Laizen nachweisbar, heißt es im Volksmund Loiz 1 .<br />

Diese Form beweise nach Buck ein mittelhochdeutsches Leiz<br />

und schließe i und lite aus. Er tippt vielmehr auf altes Laido<br />

(Person Laidirat) oder Latho (= Lathomar) mit angehängter<br />

Verkleinerungssilbe -izo. Also könnte Laidizo zu Laiz geworden<br />

sein. An einen Besitzernamen, wie in der Ravensburger<br />

Gegend gebräuchlich, sei nicht zu denken, weil hier an<br />

der Donau die Besiedlung anders verlief. Buck denkt vielmehr<br />

an einen alten Flurnamen Lait in Wasserlait oder<br />

Wässere und führt als Beispiel ein Loiz bei Schwerin an. Laiz<br />

könne aber auch aus Laitense entstanden sein, wie Itz aus<br />

Itasa oder Boms (1275 Bamse) aus Bamese gebildet ist.<br />

26<br />

Chor zu Mengen, allwo ich ihnen einen Altar machen lassen,<br />

und die Bruoderschaft des Scapuliers einführen helffen,<br />

gleichwie sie mir auch die Begräbnuß zuegesagt und versprochen«.<br />

Den Wilhelmiten zu Mengen vermacht sie außerdem<br />

200 fl. »Daß sie deswegen am Samstag vor der ersten Vesper<br />

bis zur Veesper am Sonntag ein Ampelen oder Licht von Ohl<br />

für die Abgestorbenen brennen.«<br />

Denselben verschreibt sie 800 fl zu einem Seelgerät, nämlich<br />

wöchentlich eine hl. Messe, vierteljährlich ein gesungenes<br />

Amt de Requie nebst drei anderen hl. Messen, ferner »zur<br />

Erhaltung der Scapulierbruderschaft einen Rebgarten zu<br />

Steißlingen«, damit man den Musikanten, die zur Eröffnung<br />

des Gottesdienstes beigezogen werden, einen Trunk geben<br />

könne »und sie desto mehr zue Beywohnung und Zierung des<br />

Gottesdiensts anraizen könne«.<br />

Bedacht mit je 500 fl werden das »Dominicanerinnenkloster<br />

Ennetach« und Kloster »Guoten Aeelhait« zu Wollmatingen.<br />

Dieselbe Summe erhalten das »Adeliche Gotteshaus Günterstal<br />

Bernhardiner Ordens«, welche auf dem Freiherrn v.<br />

Reischach stehen »und von meinem liebsten Herrn Bruder<br />

sei. Pater Jacob Brinnigcofen, geweßtem Stiftsherrn zu<br />

Murbach Benedictinerordens, so von unserer Großfraumutter<br />

seel. Anna v. Reischach geb. v. Rotbach ihm freyledig<br />

geschenkt worden.« Diese sollen verbleiben zu einem Jahrtag<br />

mit einem Amt und mehreren hl. Messen.<br />

4)1672 Aug. 26<br />

Vergleichsrezeß über die Vollstreckung des obigen Testaments<br />

nach Ableben der Testantin (nicht ausgezogen).<br />

5) 1672 Aug. 26 Pfullendorf<br />

Der Prior der Wilhelmiten zu Mengen, P. Benedict Hefeli,<br />

quittiert den Empfang der 500 fl aus der Gremlichschen<br />

Erbschaft.<br />

PS. Die Urkunde Nr. 1 klärt das Rätsel, warum das Wappen<br />

des letzten Grämlich in der Menninger Kirche einen Schrägfaden<br />

enthält, das Zeichen seiner unebenbürtigen Herkunft<br />

von Agatha Müelerin!<br />

M. E. müßte man die verschiedenen deutschen Ortsnamen<br />

auf Lat-, Laten-, Lad-, auch Leitzingen, Leitheim, Leithausen,<br />

Leizen, Leitzweiler an der Nahe und andere Ortsnamen,<br />

wie sie das Postleitzahl-Verzeichnis aufzählt, beiziehen. Das<br />

genannte Bames, -asa führt Buck auf izze = essen (abäsen)<br />

und somit auf ein Weidegebiet zurück. Er meint, Laiz sei altes<br />

Laitese, eine Viehweide am Laitgraben oder Lait als Fischgrube.<br />

Eine vermutete Form Laitzun würde nach Buck ein<br />

Grenzzaun oder Zaun am Wässerungsgraben sein. Doch dies<br />

alles führt nicht über reine Vermutungen hinaus.<br />

Wilhelm Schneider weist dagegen 2 auf den Zusammenhang<br />

der spätromanischen laeti und die frühmittelalterlichen Leten<br />

hin, die durch freiwillige Unterwerfung unter die Römer<br />

bzw. Germanenstämme entstanden, und an die Scholle gebunden<br />

waren. Für sie laute die althochdeutsche Form laz, in<br />

jüngeren Denkmälern lazzi und lassi. Schneider führt aus:


»Viele laeti seien als Arbeiter und Halbfreie der Franken und<br />

Alamannen beschäftigt worden. Luxemburg habe z. B. alt<br />

Letzeburg geheißten und in Alt-Echternach habe es sieben<br />

Letzen (Bezirke) gegeben. Vielerorts habe man in Reihengräbern<br />

Hinweise gefunden über Begrabene, die diesen »laeten«<br />

zuzurechnen seien.«<br />

Sollte unser Laiz, so möchte man fragen, etwa eine Siedlung<br />

von solchen Arbeitern in Stellung zwischen Freien und<br />

Knechten in Nähe der Römerstraße, des vermuteten Römerkastells<br />

bzw. der gefundenen Straßenstation gewesen sein?<br />

Ferner schreibt Schneider 3 : »Der Ortsname Laiz könne ein<br />

Insassenname sein und auf den Namen der spätrömischen<br />

und frühmittelalterlichen Laeten (mit Diphtongierung des<br />

langen e zu ai) zurückgehen«.<br />

M. E. kann sogar Laizen auf eine Form Laizheim deuten!<br />

Endlich darf man noch hinweisen auf die (laut Heinichens<br />

lateinischem Schulwörterbuch) schon dem Caesar bekannten<br />

Latovici oder Latobrigi (Breg-, Brig= Berg?), die er ein<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Rätsel im Wappen Grämlich-Jungingen<br />

Der aus Pfullendorf stammende Professor Dr. Josef Groner<br />

(kein Unbekannter in unserem Blatt) brachte einen Prachtband<br />

»Chroniken von Pfullendorf« heraus (Verlag der Gemeinde),<br />

in dem auch ein farbiges Wappen des Letzten vom<br />

Geschlecht der adeligen Grämlich von Jungingen zu sehen<br />

ist. Bekanntlich haben nach Aussterben unserer Herren von<br />

Jungingen (am 16. Januar 1501) die durch Heirat verschwägerten<br />

Grämlich von Pfullendorf das Junginger Wappen dem<br />

ihren beigefügt und nannten sich fortan Grämlich von Jungingen<br />

(bzw. Gremiich), obwohl sie mit unserem Jungingen<br />

im Killertal kaum etwas zu tun hatten. Nach O. v. Albertis<br />

württembergischem Wappenbuch enthielt das viergeteilte<br />

Grämlichwappen nach 1500 in Feld 1 und 4 den schwarzen<br />

steigenden Steinbock der Grämlich, in Feld 2 und 3 das<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Das Hudelgäu - ein in Hechingen mißdeuteter Flurname<br />

Schon vor etwa 100 Jahren hat in Hechingen der bekannte<br />

Heimatforscher und Dichter Ludwig Egler und seitdem<br />

manch anderer sich mit einem Deutungsversuch des merkwürdigen<br />

Flurnamens Hudelgäu (mit Hudelwiesen) in Schadenweiler<br />

(Richtung Stetten) herumgeschlagen. In der Neuausgabe<br />

der Eglerschen Stadtchronik vor 75 Jahren erwähnt<br />

M. Rudolf von Ehrenberg den Namen mehrfach und vermutet<br />

(S. 148) in Anmerkung als »unsichere Erklärung« den<br />

Begriff Düngeland. Ein hoffnungsloser Versuch, einen alten<br />

Namen ohne historischen Beleg erklären zu können! Es<br />

stellte sich nämlich heraus, daß schon die schwäbische Endung<br />

gai, wenn man sie als gäu wiedergiebt, in die Irre führen<br />

mußte.<br />

Anwohner der betreffenden Flur sollen sich sogar beleidigt<br />

gefühlt haben. Denn ein Hudler ist schon 1551 allerwärts als<br />

Lumpenkerl tituliert und Johann Christoph von Schmid<br />

erklärt 1831 in seinem »Schwäbischen Wörterbuch« Hudelmannsware<br />

als »schlechtes Gesindel« und Hudel als Lumpen<br />

oder Tuchpietz. Gäu dagegen gilt wohl überall als Gegend.<br />

germanisches Volk an den Quellen des Neckars und der<br />

Donau nennt! In ihrem Namen steckt wieder das verdächtige<br />

Lat.<br />

Seit der Gründungszeit von Laiz sind allerlei Kürzungen<br />

möglich gewesen, wie beispielsweise seit 1209 Hilitpoltiswilare<br />

bei Wald zu Hippetsweiler werden konnte, was den<br />

Familiennamen Hipp erklärt. Am wahrscheinlichsten will die<br />

Form Laizen, als Heimatort der Laiten, Laitheim der Laito-<br />

Leute o. ä. erscheinen. Auf alle Fälle ist dies auch künftig bei<br />

Forschungen im Auge zu behalten. Ein Urteil ist noch nicht<br />

möglich!<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Hohz. Heimat 1969, Anhang S. 7: Michel Buck in Mitt. Hohenz.<br />

6, 1872, 65 f.<br />

2<br />

Wilhelm Schneider, Arbeiten zur altalamannischen Frühgeschichte,<br />

Heft II, Tübingen 1975, S. 74.<br />

3<br />

Note 2: Heft VIII, Tübingen 1979, S. 379.<br />

(spätere) Junginger Wappen blau-weiß geviertet. Nun fällt in<br />

der von Groner veröffentlichten Wappentafel, die aus der<br />

Menninger Kirche stammt, auf, daß das Feld 2 ein goldener<br />

Schrägfaden durchzieht, sonst das Zeichen eines spurius,<br />

d. h. unehelichen bzw. unebenbürtigen Sprosses der Familie.<br />

Wer kann einen Grund hierfür angeben? Bezieht sich der<br />

Faden auf die Junginger, was naheläge, oder auf die Grämlich?<br />

Junge Historiker könnten sich da ihre Sporen verdienen!<br />

Die Junginger Herren behandelte Pfarrer Friedrich Eisele in<br />

Mitteilungen d. Vereins f. Hohenzollern 1931/32. Der ihm<br />

unbekannt gebliebene Todestag des Letzten »von Jungingen«<br />

stand auf der Totentafel im Kloster Salem, wie in der<br />

Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 1916, 146, zu<br />

ersehen ist.<br />

Hudel hieß noch zu Menschengedenken in dem Gebiet von<br />

Hechingen die Getreidesense (Seages von ahd segense, von<br />

lat. secare, verwandt mit Sichel, Seach, bad. Sexle und dem<br />

germanischen Kurzschwert Sax). Diese war auf der Alb mit<br />

langen Holzzähnen versehen (Haberg'schirr, anderwärts<br />

Reff genannt) im Unterland jedoch mit einem Stück Tuch<br />

bespannt. Zähne und Tuch hatten den Zweck, das Umfallen<br />

der geschnittenen langen Halme zu verhindern und eine<br />

ordentliche Ablage in langen Mahden zu gewährleisten.<br />

Hudeln als Tätigkeitswort wird verstanden als »hastig<br />

schlecht arbeiten«, wohl abgeleitet von der eben genannten<br />

Getreidesense, weil man beim Mähen mit ihr hin und her<br />

fuhr.<br />

Das Hudelgäu gab somit bissiger Phantasie weitesten Spielraum,<br />

war aber eben nicht erklärt. Da konnte dann im J. 1965<br />

nachgewiesen werden, daß auf der Alb in Ringingen eine bis<br />

heute Hasengaile genannte Flur (der vermutlich die eben im<br />

Gang befindliche Güterzusammenlegung wie auch anderen<br />

Gewandnamen den Garaus machten!) im 16. Jahrhundert<br />

27


Hasenger hieß, die ein dreieckspitziges, ger- oder speerähnliches<br />

Grundstück eines Bauern Haas war. Die schwäbische<br />

Aussprache, die lange E und Ö zu Ai werden läßt (Klai,<br />

Schnai, Bodasai) ergab Hasengair oder in Verkleinerung und<br />

mit Abstoßung des R ein Hasengaile. Sollte so etwas auch<br />

beim Hechinger Rätselwort Hudelgäu vorliegen?<br />

Zu großer Überraschung fand sich im 1435 entstandenen<br />

Bickelspergschen zollerischen Lagerbuch (hgg. von F. Herberhold<br />

1941, S. 38) bei Hechingen die Stelle: »2 Juchart<br />

Acker heißt der Hudelger«. Somit wurde klar, daß die alten<br />

Hechinger auch seit etwa 1550 Hudeigair sagten, worauf sich<br />

in der Folge das Schluß-R abschliff.<br />

Des Schwäbischen Unkundige, oder solche, die sich seiner<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Burg Hohenberg seit 1158<br />

Grafen von Hohenberg und damit auch ihre namengebende<br />

Burg bei Schörzingen in Nähe Rottweils kennt man nach<br />

Eugen Stemmlers Aufsatz 1 , der sich auf eingehende Forschungen<br />

vieler Gelehrter stützt 2 seit dem Jahre 1170. Dieses<br />

Herrengeschlecht zweigte sich im 12. Jahrhundert von den<br />

Grafen von Zollern 3 ab, die durch eine kurze Chroniknotiz<br />

im Jahre 1061 ins Licht der Geschichte traten, wie Rudolf<br />

Seigel im Einzelnen dartat 4 . Es heißt in Bertholds Chronik<br />

kurz: »Burkart und Wezel (d. i. Werner) von Zolorin werden<br />

1061 (mit Gewalt) getötet«. Nun scheint eine Hohenberg<br />

betreffende Urkunde (die 12 Jahre älter ist, als Stemmler s. Zt.<br />

mitteilte, nämlich) vom Jahre 1158, bisher übersehen worden<br />

zu sein, die Karl Schmid in seinem Buch über den Grafen<br />

Rudolf von Pfullendorf 5 dem Inhalt nach anzog. Das fehlerhafte<br />

Schriftstück des 13. Jahrhunderts stammt als schlechte<br />

Kopie aus dem Archiv der französischen Stadt Marseille und<br />

bringt eine Anzahl hoher Zeugen Barbarossas, deren Namen<br />

zwar teils verstümmelt, aber doch deutbar sind.<br />

Es heißt da: Am 25. Oktober des Jahres 1158 wurde eine<br />

Urkunde für den Johanniterorden in Deutschland vom Kaiser<br />

Friedrich I. Barbarossa in der Grafschaft Verona (Italien)<br />

ausgestellt. Unter den Zeugen finden sich u. a. Pfalzgraf Otto<br />

von Wittelsbach. Gr. Berthold von Andechs, Markgraf Hermann<br />

von Baden, Gr. Emicho von Leiningen. Gr. Berengar<br />

von Sulzbach, Gr. Adelbert von Tirol, Fredericus comes<br />

(Graf) de Hohenburg, Gr. Witego von Sualenberg, Gr.<br />

Rudolf von Bregante (d.i. Brezenz) und andere mehr.<br />

Daß hier Hohenburg steht statt Hohenberg darf nicht irre<br />

machen. Gemeint ist der Wohnsitz des Mannes und das Wort<br />

Burg kommt von »bergend oder schutzgewährend«. Dieser<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Zur Geschichte Bietenhausens<br />

Auch nach der mit großem Fleiß und Sachkenntnis zusammengetragenen<br />

Geschichte des Oberamts Haigerloch 1928,<br />

worin Franz Xaver Hodler auch Bietenhausen behandelte, ist<br />

für interessierte Heimatfreunde einiges zu forschen. So stellte<br />

sich jetzt erst heraus, daß die nach Hodler früheste Nennung<br />

unseres Dorfes mit dem adeligen »Hugo von Betenhusen«<br />

28<br />

schämten, haben dann zum Überfluß aus Hudelgai(r) ein<br />

Hudelgäu gemacht. Der Familienname Hudel findet sich<br />

mehrfach im genannten Lagerbuch, allerdings mehr um<br />

Burladingen. Über die Herkunft dieses Namens für Personen<br />

mag man Betrachtungen anstellen. War der erste Hudel ein<br />

Hersteller von Hudeln, was wahrscheinlich ist (in Burladingen<br />

wurden noch zu Menschengedenken viele Geräte aus<br />

Holz hergestellt!), oder wars ein Übername für Lump? Wir<br />

wissen es nicht. Hudel selbst hängt mit Hader zusammen,<br />

stammt von althochdeutschen hadara gleich Lappen, ist mit<br />

englisch mundartlich hater gleich Kleider verwandt und<br />

ebenso mit unserem schwäbischen Häß gleich Kleid oder<br />

Kleider.<br />

sonst bis ins Jahr 1195 nachweisbare Graf Friedrich von<br />

Hohenberg, sicher ein schon gestandener Krieger, taucht<br />

somit 1158 erstmals urkundlich auf. Seine Familie erbte (?)<br />

zwischen 1162 und 1170 das Gebiet um Haigerloch und<br />

vielleicht auch Rottenburg. Diese Erwerbung Haigerlochs<br />

kann erst nach dem 13. Juni 1162 erfolgt sein, da unter diesem<br />

Datum noch ein Graf Wezel von Haigerloch am Leben war<br />

und in Pavia (Italien) als Zeuge Barbarossas in dessen Urkunde<br />

für die Bischofskirche von Basel genannt ist 6 .<br />

Man nimmt an, Friedrich von Hohenbergs Vater Burkart von<br />

Zollern (ca. 1125-50) habe das Gebiet Haigerloch samt dem<br />

weiß-rot geteilten Wappenschild mit einer Haigerlocher<br />

Grafentochter erheiratet.<br />

Der letzte Graf von Hohenberg war Sigmund (1404-86) zu<br />

Ebingen. Sein Gebiet ist schon 1381 an Österreich übergegangen.<br />

Sigmunds Familienglieder und verzweigte Vorfahrenschaft<br />

seit dem Jahr 1226 hat Prof. Decker-Hauff 1973<br />

zusammengestellt 7 .<br />

Anmerkungen<br />

1<br />

Hohz. JHeft 1961, 30.<br />

2<br />

Siehe »Hohenzollerische Bibliographie« in Zeitschrift f. hohz.<br />

Geschichte 1974: Hohenberg Seite 462ff. Urstamm Zollern Seite<br />

401 ff.<br />

3<br />

Hans Jänichen in Hohz. JHeft 1961, 14 f.<br />

4<br />

Rud. Seigel im Hohz. JHeft 1961, 23f.<br />

5<br />

Karl Schmid, »Graf Rudolf von Pfullendorf«, Freiburg 1954,<br />

S. 271.<br />

6<br />

Ebenda Seite 277.<br />

7<br />

Zeitschr. f. hohz. Gesch. 1973, 126: Zusammenfassung nach<br />

vorausgehendem Text.<br />

1246 auf einem Irrtum beruht, dem schon Bruno Stehle 1925<br />

und K. W. Steim 1966 in einem Aufsatz der Hohenzollerischen<br />

Zeitung vom 24. Aug. 1966 zum Opfer fielen. Dieser<br />

Adelige gehörte nämlich nach Bettenhausen an der Glatt (bei<br />

Leinstetten im früheren Oberamt Sulz), wo noch ein Angehöriger<br />

der Adelsfamilie 1332 mit Hugo v. B. vorkommt. Es


war also auch von mir abwegig, hier in Bietenhausen eine<br />

Burg suchen zu wollen (Hohz. Heimat 1969, S. 66). Somit<br />

wäre die älteste Nachricht über unser Dorf 1275 im Kirchl.<br />

Zehntregister und der Besitz des Grafen Albert II. von<br />

Hohenberg, des Minnesängers, der« im J. 1298 im Kampfe<br />

fiel. Eine weitere Verwechslung liegt in der Angabe, in<br />

unserer Agathakirche seien Angehörige des Grafenhauses<br />

von Hohenberg begraben, vielmehr war ihr Begräbnisort die<br />

St. Moritzkirche in Rottenburg-Ehingen.<br />

Zur Pfarrliste bei Hodler sind folgende Nachträge zu machen:<br />

Der erste bekannte Pfarrer ist der Kirchherr Rudolf<br />

1382; dann wird 1413 ein Hans Söll genannt. Frühmesser<br />

oder Kaplan (Kp.) Oswald Saeli c. 1485; Pf. Hans Stanner<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Die Seelsorger von Weilheim (b. Hechg.)<br />

Vorbemerkung: Der Name unseres Dorfes, das im Liber<br />

decimationsis, dem Zehntregister des Bistums Konstanz von<br />

1275 mit einem Kirchrektor erstmals sicher aufgeführt wird,<br />

dürfte mit den vielen römischen Resten von Villen, z. B. auf<br />

Maurig, und sonst auf der Gemarkung in Zusammenhang<br />

stehen (Zollerländle 1926, 1 f.). Zur Pfarrei gehörten ehemals<br />

auch Grosselfingen und Wessingen. G. Johler bringt in<br />

seiner »Geschichte Hohenzollerns« 1824, 99 noch eine sonst<br />

nicht bekannte frühere Nachricht, wonach Graf Friedrich<br />

von Zollern im Jahre 1267 die Schenkung eines Hofes zu<br />

Owingen durch Hugo von Stauffenberg an seinen Bruder<br />

Gero, Mönch zu Kirchberg, bei der Kirche zu Weilheim<br />

bestätigt habe. Im J. 1285 findet sich in den Stettener<br />

Klosterurkunden ein B(erthold) von Wilhain. Die Pfarrkirche<br />

von Weilheim stellt mit dem ehemaligen Kirchhof und<br />

Pfarrhaus eine Wehrkirche dar (Hohz. Heimat 1969, An-<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Rangendinger Seelsorger (Fortsetzung)<br />

24 1831-51 ^Josef Ant. Maier aus Hechingen, gb. 13. III. 97;<br />

Pr. 1821, war seit 1821 in Thanheim, seit 1826 in Jungingen,<br />

starb in Rangd. 24. V. 51.<br />

25 1847 Vikar Josef Baur, gb. Hechingen 20. IX. 22, Pr.<br />

1846; später 1864 Pfr. i. Dietershofen, 1887 Veringendorf;<br />

t 2. II. 1893.<br />

26 1851-57 Verw. Raphael Bumiller aus Jungingen, gb.<br />

1823, Pr. 49; t 7. V. 94.<br />

26a Aushelfer: Wilhelm Bosch, gb. Jungingen 5. VII. 19; Pr.<br />

1844, t 24. VII. 66.<br />

26b 1852-56 Friedrich Saile aus Beuren, gb. 22. X. 20, Pr.<br />

1847; f 6. VI. 1900 als Kaplan in Straßberg.<br />

26c 1856//«&er//o«orzM5ausUttenweiler, gb. 13. XI. 1816;<br />

Pr. 1842; 1857 Pfr. in Diessen, 1887 Esseratsweiler; f 25.<br />

IV. 94.<br />

27 1857-67 Bernhard Pfeffer aus Rottweil, gb. 9. IV. 1816,<br />

Pr. 1844; invest. 19. II. 57. nahm 1867 Absenz nach<br />

Siberatsweiler, 1873 Pfr. Bisingen bis 1901; f Sigmaringen<br />

2. VII. 1905.<br />

28 1867-86 Eugen Brucker aus Straßberg, gb. 4. 9. 1841, Pr.<br />

1865; invest. 17. V. 73. Ging nach Harthausen/Scher,<br />

1895-1916 Dekan; f 25. V. 1920.<br />

29 1887-90+Friedrich Mayer aus Hechingen, gb. 7. V. 1841,<br />

Pr. 1867, bisher in Boll, invest. 8. II. 88; t 7. I. 90.<br />

1485; Pf. Hieronymus Oesterreicher c. 1500; Pf. Johann<br />

Zürner; Kp. Mathias Flyn 1518; Pf. und Magister Michael<br />

Koller bis 1519; Kp. Jakob Rem 1521 nach Resignation des<br />

Mathias Flyn. Pf. Hans Keller 1519-27; Jakob Halfinger<br />

(Hailfinger) aus Rottenburg wird 1527 Pfarrer, bisher hier<br />

schon Frühmesser oder Kaplan. Er blieb bis 1545. Kpl. Hans<br />

Palmer 1527 fg.; Kp. Georg Schneider 1531; Pfv. Jakob<br />

Wachendorfer 1550; Pf. Laurenz Wernher 1551-54; Kp.<br />

Petrus Krug seit 1553; Pf. Martin Kätzlin 1554-71. Pf. Adam<br />

Kreb 1586; Pf. Michael Ryeber (oder Reiber) 1587-1597; Kp.<br />

Leonhard Reiber 1591-1616. Pf. Mathis Walraff seit 1597.<br />

Kp. Johannes Eger resigniert 1622; ihm folgt Johann Ludwig<br />

Kübel, Pf. Martin Haizmann 1659-64, seit 1663 auch Inhaber<br />

der Frühmeßpfründe.<br />

hang). In Hagens Lagerbuch (fürstl. hohz. Arch. Sigmaringen)<br />

von 1544 heißt es: »Der Heilige besitzt das Kornhaus<br />

unter dem Pfarrhaus, darin etliche Fruchtkästen, ebenso die<br />

Kruft (Krypta?), darin auch etliche Fruchtkästen sind und das<br />

Häuslein auf dem Kirch(-hof-)tor. Das gebraucht die Paurschaft<br />

zur Zeit, ihre Dorfhandlungen und von Amtsgeschäften<br />

wegen (als Rathaus)«. Man denkt da an die noch in<br />

Siebenbürgern erhaltenen Kirchenburgen mit Vorratskammern<br />

für die Ortsbewohner. Man beachte in Weilheim die<br />

starke Ummauerung des Kirchhügels. Das Kornhaus wurde<br />

von Pfarrer Debele um 1767 abgebrochen und der Platz zur<br />

Erweiterung des Pfarrhauses genommen. Die Stellung und<br />

Form des im Westen der Kirche ehemals frei gestandenen<br />

Turmes mit seinem Eingang in 5,5 m Höhe deutet auf eine<br />

ehemalige Ritterburg.<br />

Fortsetzungfolgt<br />

30 1890-91: Nach Aushilfe durch Pfr. Hch. Hutmacher zu<br />

Hart (gb. Haigerl. 3. X. 40, Pr. 1868; 1891-1914 Pfr. in<br />

Gruol; dortf 13. III. 15) kam am 20. Aug. als Verw. Carl<br />

Haiß, gb. Jungingen 2. I. 54; Pr. 1880; kam 1891 als Pfr.<br />

nach Feldhausen, 1911 mit Absenzins Waisenhaus Nazareth<br />

i. Sigmaringen, resig. 1916; f dort 10. III. 1917.<br />

31 1891-1902 Josef Pfister aus Gruol, gb. 21. III. 43; Pr.<br />

1871, invest. (nach bisherigem Wirken in Fischingen) 4.<br />

VIII. 91, ging nach Dettlingen, pens. 1910; f Gruol 15.<br />

VII. 1929.<br />

32 1902 Juni 12: Verw. Johann Nep. Steinhart, bisher Weildorf,<br />

gb. Inzigkofen 26. IV. 1873; Pr. 1897. Kam 1903 als<br />

Kapl. nach Ostrach, 1907 Pfr. in Betra; f 29. VI. 27.<br />

33 1903-12 Oskar Witz, gb. Höfendorf 28. VII. 1868, Pr.<br />

1892; Aufzug 11. Aug. invest. 18. VIII. 03; lange krank;<br />

f Rottenmünster 18. X. 25; beerd. Rangdg.<br />

34 1912: Verw. seit 1. Aug. Karl Miller, gb. Bingen 26. II.<br />

86, Pr. 1911; bisher in Wald; 1929 Pfr. in Harthausen/<br />

Sch. t Sigmarg. 14. IV. 1940.<br />

35 1913 31. Aug.: Vik. Karl Kreidler, gb. Dießen 2. VI. 89,<br />

später Pfr. in Walbertsweiler; verungl. bei Dürrheim 18.<br />

V. 1962.<br />

36 1914 6. Novb.: Vik. Otto Freitag, bisher Achkarren,<br />

später Pfr. in Winzenhofen, t 12. III. 1965.<br />

29


37 1915 9. Aug. Vik. Max Schlenk, gb. Rust 14. VII. 1890,<br />

Pr. 1915; starb als Pfr. in Leipferdingen 30. V. 1944.<br />

Aushilfe durch Gorheimer Pater.<br />

38 1920 15. Jan. Aushilfe durch Peter Sickler, bisher Bisingen,<br />

ab 1925 hier Pfarrer.<br />

39 1920 4. Aug. Fidelis Wieland, gb. Bernweiler 5. XI. 88.<br />

Wurde 1922 Vikar in Stein, am 2. VI. 1929 Pfr. in<br />

Thalheim, Ruhestand 1. Aug. 70 in Allmandingen; f 15.<br />

I. 1972.<br />

40 1922 Juli 12: Martin Stadler, gb. Rast 6. II. 96, Pr. 1922,<br />

später Pfr. in Aach, f 27. V. 1963.<br />

41 1923 Aug. 1: Peter Heinzelmann, gb. Melchingen 1897,<br />

später Pfr. i. Mindersdorf, dann Ringingen. Gest. in der<br />

Heimat 30. VI. 1973.<br />

42 Sept. 9: Bernhard Merkel, gb. Reichental 10. IV. 88, Pr.<br />

1914, später Ballrechten, 1926 Pfr. Hartheim, 1933 Beuren<br />

a.d. Aach; t 2. XII. 1933.<br />

43 1925-45 Peter Sickler, gb. Dettingen 25. X. 1890, Pr.<br />

1915. Aufzug 22. Dez. invest. 27. Dez. 1945 Schlaganfall,<br />

t 18. IV. 46.<br />

44 1945 Verw. Augustin Mayer, gb. Oberwolfach 5. X. 97;<br />

Pr. 1924. bisher pens. als Naziverfolgter in Burladingen;<br />

starb 1962 als Pfr. von Hügelsheim.<br />

45 1946- Stephan Gauggel gb. Benzingen 4. I. 05, Pr. 1931,<br />

bisher Fischingen; hier seit 19. Dez. 46, invest. 19. I. 47,<br />

seit 16.1. 64 Dekan. Gauggel ging 1978 als Pensionär nach<br />

Benzingen.<br />

46 1978-Norbert Dilger, gb. Furtwangen 14. 5. 46; ord. 19.<br />

5. 74; invest. 9. 11. 80, bisher Vik. in Ettlingen.<br />

Buchbesprechungen<br />

Monografie für einen Turm<br />

»Buch« ist ein bißchen zuviel gesagt für eine Schrift von kaum<br />

60 Seiten im DIN-A 5-Format. Aber es gibt ja nicht die<br />

Seitenzahl den Wert einer Schrift an. Der Sigmaringer Bürger-<br />

und Handwerkersohn Georg Gauggel, früherer Konrektor<br />

an einer der beiden Grund- und Hauptschulen, hat über<br />

den »Kirchturm von St. Johann« geschrieben. Nur über den<br />

Turm - und eine solche Arbeit könnte anregend wirken auf<br />

andere Autoren in der Heimatkunde. Es ist durchaus denkbar,<br />

daß es anderswo Teile eines Gebäudes gibt, die ihre<br />

eigene Geschichte haben. Es muß nicht immer das Ganze<br />

sein.<br />

Der Autor verbindet mit dieser Schrift zweierlei miteinander;<br />

einmal wird der nicht festgelegte Preis als »Baustein« verwendet<br />

für die abgeschlossene, aber noch nicht bezahlte große<br />

Renovierung von Turm und Kirche. Andererseits aber hat<br />

Georg Gauggel mit diesem Solo für einen Kirchturm wirklich<br />

etwas Neues aufgegriffen. Denn die Sigmaringer Stadtkirche<br />

ist verschiedentlich erschöpfend behandelt worden, nicht<br />

zuletzt in den »Kunstdenkmälern, Band 2«. An diesen Turm<br />

aber hat sich ein ganzes Gewebe von Stadt- und Kulturgeschichtlichem<br />

angehängt, so daß er durchaus als etwas Selbständiges<br />

erscheint. Nicht nur sind die dreierlei, teilweise<br />

viererlei Geläute beschrieben (zwei sind zum größeren Teil<br />

den Kriegen zum Opfer gefallen, nachdem erst 1908 fast alle<br />

Glocken neu geschaffen wurden), sondern auch, daß der<br />

Meßner an Festtagen die fürstlichen Kutscher herüberholen<br />

mußte und daß es für diese kräftigen Männer sogar ein eigenes<br />

Türle im Turm gab. - Eine sehr interessante und sehr<br />

aufschlußreiche Schrift (zu beziehen durch das Stadtpfarramt<br />

St. Johann in Sigmaringen), die einmal zeigt, wie sehr schon<br />

30<br />

Rangendinger Frühmesser<br />

Zustiftung zur Frühmesspfründe: Hohz. Heimat 1961, 9-11.<br />

1428 Okt. 21: Hans Wilhamer, zugleich Kirchherr zu Weildorf!<br />

1442 Jan. 16: Johannes Schmid, Frühmesser in Rangend.,<br />

wird wegen homicidium seiner Pfründe und Habe beraubt,<br />

eine Laie aber wegen Gefangennahme des Kirchherrn von der<br />

Zensur freigesprochen.<br />

1464 Michael Husner, resigniert u. geht als Kapl. nach Killer.<br />

1464 Okt. 15: Johannes Kymerlin aus Hechingen, alias aus<br />

Beuren, bisher in Killer, wird Frühmesser in Rangendingen,<br />

resign. aber schon 1465. Ist ca. 1480 Kapl. am Laurentiusaltar<br />

in St. Luzen-Hechingen.<br />

1465 Dez. 19 wird eingesetzt Michael Betz aus Balingen,<br />

resign. 1466.<br />

1466 Okt. 4: Konrad Kotz, auch 13. Okt. als Frühmesser<br />

erwähnt.<br />

bis 1483 Martin Gutthrot, wo er stirbt.<br />

bis 1490 Dietricus N, primissarius in Rangendingen.<br />

1519 Johannes N. Frühmesser in R.<br />

1532 Laurentius Werner, (1531 Pfarrer in Dusslingen) ist<br />

Frühmesser in Rangendingen.<br />

1593 Der Pfarrer Christoph Härlin in Stein versieht auch die<br />

Frühmesserpfrd. in Rangendingen bzw. bezieht die Einkünfte.<br />

1599 der Pfarrer Mathäus Rausch in Stein ebenso.<br />

1624 Kap. Ver. Johann Kretz aus Hayingen.<br />

ein Kirchturm allein ein Teil des bürgerlichen Lebens einer<br />

Stadt sein kann. Gauggel hat Neuland beschritten, es wäre zu<br />

wünschen, daß andere ihm nachfolgen. W. F.<br />

Werner Zintgraf: Hugo Hermann's Weg nach Trossingen.<br />

Dokumentation zur Reform der Musik für Harmonika-<br />

Instrumente und zur Entwicklung einer »pädagogischen Provinz«.<br />

160 S., 22 Fotos, Personen- und Sachregister (650), Werkverz.<br />

Von Loeper-Verlag Karlsruhe 31 (Pf 311206); 20 DM.<br />

Als die Firma Matth. Hohner AG 1931 den Versuch unternahm,<br />

mit Hilfe des zum »Donaueschinger Kreis« gehörenden<br />

Komponisten Hugo Herrmann (19. 4. 1896 Ravensburg<br />

bis 7. 9. 1967 Stuttgart) eine Harmonika-Fachschule und<br />

einen Verlag zu gründen, war nicht vorauszusehen, welche<br />

Resonanz die pädagogischen Ziele Herrmann's Hand in<br />

Hand mit der Verbesserung und Ausweitung des Hohner-<br />

Instrumentariums in allen fünf Kontinenten auslösten: Aus<br />

den bescheidenen Anfängen entwickelte sich noch eine Staad.<br />

Musikhochschule, ein Internat. Institut für Jugend- und<br />

Volksmusik, eine Bundesakademie für musikalische Jugendbildung<br />

sowie eine internationale Verbandsorganisation.<br />

Erstmals wurde jetzt von Werner Zintgraf der Versuch<br />

unternommen, diese vielzahnige junge Trossinger Musikgeschichte<br />

dokumentarisch in allen Entwicklungsphasen, aber<br />

auch das Ringen um diese keineswegs geradlinig verlaufenden<br />

humanistischen und künstlerischen Bestrebungen, zu beschreiben.<br />

Der Autor will damit allen an der Musikentwicklung<br />

im 20. Jahrhundert interessierten Menschen Quellengrundlagen<br />

für Informationen und Studien bieten, zumal die<br />

Trossinger Aufbauphase in die Zeit des NS-Regimes fiel und<br />

Hugo Herrmann mancherlei Repressalien über sich ergehen<br />

lassen mußte.


Die 160seitige Broschüre mit einem über 650 Namen umfassenden<br />

Personen- und Sachregister stellt nur einen Ausschnitt<br />

aus Herrmann's vielseitigem kompositorischem, pädagogischem<br />

und organisatorischem Schaffen dar. Weitere Dokumentationen<br />

sind in Vorbereitung; als Folgeband die erste<br />

komplette Darstellung der »Donaueschinger Musikfeste 1913<br />

bis 1950«.<br />

Zum Autor: Geboren 1921 in Gauselfingen/Zollernalb; Studium<br />

am Hochschulinstitut für Musik Trossingen; Musikpädagoge,<br />

Konzertsänger, Chorleiter; lebt seit 1971 als freier<br />

Journalist in Egenhausen (Kr. Calw).<br />

Wolfgang Kimmig: Die Heuneburg an der oberen Donau.<br />

Die Heuneburg, seit der Kreisreform im Kreis Sigmaringen<br />

gelegen, ist eines der hervorragendsten archäologischen<br />

Denkmäler in Südwestdeutschland. Seit Beginn der Ausgrabungen<br />

1950 war das Interesse der Öffentlichkeit an der<br />

Heuneburg groß. Der erste Heuneburgführer, der 1968<br />

erschien, war bald vergriffen.<br />

Die zweite Auflage wurde stark erweitert; sie berücksichtigt<br />

nicht nur die neuen Grabungs- und Forschungsergebnisse,<br />

sondern auch das Umland mit den großen Grabhügeln und<br />

einem keltischen Viereckheiligtum. Zahlreiche Pläne und<br />

Rekonstruktionszeichnungen lassen ein deutliches Bild des<br />

Fürstensitzes und der Kultur jener Zeit entstehen. Das<br />

handliche Buch, ganz auf Kunstdruckpapier gedruckt, erschien<br />

im Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, 228 Seiten mit<br />

126, teilweise farbigen Abbildungen, DM 24,80.<br />

Botho Walldorf: Gammertingen in alten Ansichten<br />

Verlag »Europäische Bibliothek« Zaltbommel, Niederlande.<br />

Der Verlag bringt seit längerer Zeit Bändchen mit alten<br />

Ansichten größerer und auch kleinerer Städte in Europa<br />

heraus. Aus Hohenzollern sind bisher Haigerloch und Burladingen<br />

von K. W. Steim erschienen.<br />

Im April 1983 erschien der Band »Gammertingen in alten<br />

Ansichten«. Der Verfasser, Botho Walldorf, hat schon seit<br />

vielen Jahren alte Fotos aus Gammertingen gesammelt. Von<br />

Gammertingen gibt es nicht nur viele alte Ansichtspostkarten,<br />

hier war auch schon seit 1896 ein rühriger Fotograf in<br />

Person des unteren Müllers Josef Reiser tätig. Leider sind<br />

seine Glasplatten längst den Weg alles Irdischen gegangen. So<br />

konnte Walldorf nur noch da und dort in alten Haushaltungen<br />

Fotos von Reiser auftreiben. Fast alle dieser Bilder sind<br />

unwiderbringliche Dokumente. Sie zeigen nicht nur das alte<br />

Oberamtsstädtchen und seine Bewohner, sondern auch die<br />

Fluren und die bewaldeten Höhen der Umgebung. Walldorf<br />

kennt die Geschichte fast jeden Hauses und Winkels und<br />

weiß Anekdoten über Häuser und Menschen zu erzählen.<br />

Nicht nur die Gammertinger, alle die zu Gammertingen<br />

irgend eine Beziehung haben, werden sich an dem Büchlein<br />

freuen (erhältlich im Buchhandel, Preis DM 29,50).<br />

Albrecht Brugger/Erika Dillmann: Der Bodensee<br />

Eine Landeskunde im Luftbild, 144 Seiten, 84 ganzseitige<br />

Fotos, davon 62 in Farbe. DM 68,-. Konrad Theiss Verlag,<br />

Stuttgart.<br />

Zum Tode von Johannes Wannenmacher<br />

Im 87. Lebensjahr verstarb in Gammertingen Schulrat a. D.<br />

Johannes Wannenmacher. Der Verstorbene ist gebürtig von<br />

Rangendingen. Er absolvierte das Lehrerseminar in Hechingen<br />

und Boppard. Nach dem ersten Weltkrieg, an dem er als<br />

Offizier teilnahm, hatte er verschiedene Lehrerstellen. Längere<br />

Zeit war er in Bärenthal, später Rektor der Volksschule<br />

in Sigmaringen und seit 1940 Schulrat im Landkreis<br />

Jülich.<br />

Albrecht Brugger, bekannter Luftbildfotograf und Erika<br />

Dillmann, Journalistin und Schriftstellerin, fangen in diesem<br />

großen Bildband die Bodenseeregion in ihrer ganzen Vielfalt<br />

ein. Der See zeigt hier seine verschiedenen Gesichter vom<br />

tiefeingeschnittenen Überlinger See, dem lieblichen Untersee<br />

bis zur Weite des Obersees mit dem Panorama der Alpen im<br />

Hintergrund.<br />

Zahlreiche tiefgeflogene Aufnahmen mit ausführlichen Bilderläuterungen<br />

von Erika Dillmann zeigen Pfahlbauten, Dörfer,<br />

Burgen, Schlösser, Klöster und Städte. Neben der Idylle,<br />

der Lieblichkeit des Sees bleiben die Probleme, Ausuferung<br />

von Städten und Industrie, Verschmutzung von Luft und<br />

Wasser nicht verborgen. Jeder Freund des Bodensees und<br />

seiner Landschaft wird dieses Buch immer wieder gerne zur<br />

Hand nehmen. Auch als Geschenk dürfte es viel Freude<br />

bereiten.<br />

Urgeschichte in Baden-Württemberg<br />

Herausgegeben von Hansjürgen Müller-Beck. 548 Seiten mit<br />

270 teils farbigen Abbildungen, DM 74,-. Konrad Theiss<br />

Verlag, Stuttgart.<br />

Das Sachbuch und Nachschlagewerk zur Urgeschichte in<br />

Baden-Württemberg. Bekannte Archäologen und Naturwissenschaftler<br />

zeigen, welch hohen Forschungsstand die Urgeschichte<br />

in den letzten Jahren erreicht hat. In der Einleitung<br />

wird auch kurz auf die Geschichte der Urgeschichtsforschung<br />

in Südwestdeutschland eingegangen. Ausführlich<br />

wird über die Formung der Landschaft durch die Eiszeiten<br />

berichtet, über die verschiedenen Zeitalter und über Fauna<br />

und Flora der Kalt- und Warmzeiten. Durch Zeichnungen<br />

und Karten wird diese schwierige Materie veranschaulicht.<br />

Die weltberühmten Funde von Mauer (Homo heidelbergensis),<br />

Steinheim an der Murr, im Travertin von Stuttgart-Bad<br />

Cannstatt und von der Schwäbischen Alb zeugen davon, daß<br />

Südwestdeutschland zu den ältesten Siedlungsgebieten der<br />

Welt gehört. Eingehend wird die Entwicklung des Menschen<br />

und der Kulturen der Steinzeit beschrieben. Bei den Werkzeugen<br />

wird auch die Verwendung gezeigt, man sieht, wie die<br />

Menschen gekleidet waren und wie sie jagten. Auch die<br />

Anfänge von Feldbau und Tierhaltung lernt man kennen. Das<br />

Buch enthält zahlreiche Abbildungen und instruktive Zeichnungen.<br />

Ein Fundstellenverzeichnis und umfangreiche Literaturangaben<br />

ergänzen den Band. Bis 31. 12. 1983 gilt noch<br />

der Einführungspreis von DM 64,-.<br />

Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland:<br />

Tübingen und das Obere Gäu<br />

264 Seiten mit 130 Abbildungen, DM 24,80, im Abonnement<br />

DM 19,80.<br />

Der Führer hat seine Schwerpunkte um Tübingen, Rottenburg,<br />

Nagold und Herrenberg. Neben grundlegenden Beiträgen<br />

zur Landschaft und den vor- und frühgeschichtlichen<br />

Epochen werden die einzelnen Denkmäler beschrieben:<br />

Grabhügel, Viereckschanzen, römische Gutshöfe, Burgen,<br />

Klöster und Schlösser. Das Buch ist ein vielseitiges Nachschlagewerk<br />

und wendet sich an alle für Heimatkunde und<br />

historische Landeskunde Interessierten.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg war er 11 Jahre als Lehrer in<br />

Bad Imnau. Seit 1965 lebte er als Pensionär in Gammertingen,<br />

wo er sich ein Haus gebaut hatte.<br />

Johannes Wannenmacher widmete sich neben seinem Lehrerberuf<br />

der Heimat- und Volkskunde. Schon 1926 finden wir<br />

im »Zollerländle« Beiträge von Johannes Wannenmacher,<br />

Lehrer in Bärenthal. Über die Jahrzehnte hinweg schrieb er<br />

zahlreiche Aufsätze in Tageszeitungen, Festschriften und<br />

31


Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschichtsverein<br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

W <strong>3828</strong> FX<br />

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />

nicht zuletzt in der »Hohenzollerischen Heimat«. Für unsere<br />

Zeitschrift hatte er immer großes Interesse und hat ihr viele<br />

Beiträge geliefert. Neben volkskundlichen Dingen befaßte er<br />

sich vor allem mit Dialektforschung. Die Bewahrung des<br />

Echten und Überlieferten, das heute unterzugehen droht, lag<br />

Register 1982<br />

Adel von Schlatt (und Beuren?) S. 10<br />

Baur, Willy, feierte seinen 80. Geburtstag S. 48<br />

Buchbesprechungen:<br />

Albstadt S. 63<br />

Abschied von der Dorfidylle S. 63<br />

Baldenstein, Das alte Schloß bei Gammertingen S. 63<br />

Der Bussen und seine Umgebung S. 32<br />

Deutsche Volkskunst-Schwaben S. 32<br />

Der Schwabe und sein Häs S. 63<br />

Fasnet im Hegau und Linzgau S. 63<br />

Hechingen und Zollerburgen in alten Ansichten S. 31<br />

Ich denke oft an Hohenzollern S. 32<br />

Von der Donau zum See - Ein oberschwäbisches<br />

Skizzenbuch * S. 63<br />

Burg Baldenstein, Sitz der Grafen von Gammertingen S. 2<br />

Burgennamen S. 38<br />

Burladinger Burgen: Kapfburg, Schirmberg, Lägstein S. 40<br />

Familien- und Übernamen, Deutung S. 28<br />

Familiennamen: Bailer, Dehmer, Dehner, Emele,<br />

Hipp, Beuter, Bieger, Kaibacher, Stauß, Strobel,<br />

Wiest S. 41<br />

Honer, Kästle, Mauz, Simmendinger S. 31<br />

Ringinger Maichle I S. 31<br />

Ringinger Maichle II S. 40<br />

Viesel, Neues zum Namen S. 60<br />

Feldhausen, Seelsorger S. 46<br />

Grafen von Gammertingen, Auf den Spuren der... S. 1<br />

Hechingen, Jüdische Bruderschaften und Vereine I S. 11<br />

Hechingen, Jüdische Bruderschaften und Vereine II S. 20<br />

Hechingen, ... und der Bau der Stiftskirche vor<br />

200 Jahren S. 22<br />

Hechingen - Stein, Lag Solicinio bei Stein? S. 24<br />

Hechingen - Stein, Bedeutung der Ruinen im Rom.<br />

Straßennetz S. 42<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 65351050).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

32<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Dr. Otto H. Becker<br />

Gustav-Bregenzer-Straße 4<br />

7480 Sigmaringen<br />

Geistl. Rat Wilhelm Burth<br />

Herrenstraße 18<br />

7800 Freiburg i. Br.<br />

Dietger Häske<br />

Eyachwasen 1<br />

7482 Haigerloch-Owingen<br />

Johann Adam Kraus<br />

Erzb. Archivar i. R.<br />

Badstraße 8, 7800 Freiburg i. Br.<br />

Karl Werner Steim, Journalist<br />

In der Au, 7480 Sigmaringen<br />

ihm am Herzen. Bis zu seinem plötzlichen Tode war Wannenmacher<br />

körperlich rüstig und geistig außerordentlich<br />

rege. Er hatte noch Pläne für eine ganze Anzahl von Veröffentlichungen.<br />

Alle, die ihn kannten, werden ihm ein ehrendes<br />

Andenken bewahren.<br />

Herbertingen, Ausstellung der Kunstfreunde<br />

Donau e.V. S. 64<br />

Holnstein, Melchingen, Lichtenstein S. 27<br />

v. Hornstein und v. Hertenstein, Burgen in unserer<br />

Gegend I S. 44<br />

v. Hornstein und v. Hertenstein, Burgen in unserer<br />

Gegendll S. 55<br />

Hohenzollerische Heimatbücherei in Hechingen S. 3<br />

Inzigkofen, Ausstellung Kloster Inzigkofen S. 64<br />

Inzigkofen, Stift und Klause, Rechtliche und<br />

wirtschaftliche Grundlagen S. 33<br />

Inzigkofen, Zur Geschichte des Chorfrauenstiftes S. 49<br />

Jungingen, Vorindustrielles Handwerk und<br />

Industrialisierung S. 17<br />

Laucherthal, 125 Jahre Betriebskrankenkasse S. 53<br />

Melchinger Sühnekreuze S. 23<br />

Mühlebach, Josef, 80 Jahre S. 48<br />

Mundart als ein Stück Menschlichkeit geschätzt S. 15<br />

Mundart, Alte und sinnvolle Ausdrücke S. 61<br />

Ringingen und Stetten u.H., 570 Jahre Bildstock<br />

St. Johannes S. 10<br />

Rangendingen, Erinnerungen an den Anbau von<br />

Hopfen S. 25<br />

Sigmaringen, Der Orchesterverein S. 62<br />

Professor Friedrich Stegmüller gestorben S. 16<br />

Thalheimer Jäger H. J. Legerluz, Der gewaltsame<br />

Tod des... S. 36<br />

Thalheimer Wendelinusfest S. 38<br />

Ungelehrt, Johann Ludwig Minorit aus Pfullendorf II S. 6<br />

Veringer Gerichtsurteile S. 23<br />

Viereckschanze zwischen Kettenacker und Tigerfeld S. 5<br />

Villa Eugenie, letzte Residenz... (Bild) S. 17<br />

Wald, Zur Geschichte von Kloster... S. 26<br />

v. Zimmern, Wilhelm Werner, literarische<br />

Hinterlassenschaft S. 57<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwordich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.


HOHENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Das Gutensteiner Schwert<br />

Herausgegeben vom<br />

W <strong>3828</strong> FX<br />

Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />

Einer der bedeutendsten Funde aus der Alemannenzeit. Das Schwert wurde um 1888 von<br />

Baurat E. Eulenstein aus Sigmaringen bei Gutenstein im Donautal gefunden. Es kam in ein<br />

Berliner Museum und ist seit 1945 verschwunden. Das Foto stammt aus dem Nachlaß von<br />

Eulenstein.<br />

33. Jahrgang Nr. 3/September 1983


SIEGWALT SCHIEK<br />

Zur Geschichte der archäologischen Denkmalpflege in Hohenzollern<br />

Wie in Baden und Württemberg begann auch in Hohenzollern<br />

die Beschäftigung mit der Hinterlassenschaft aus vorund<br />

frühgeschichtlicher Zeit, soweit wir sehen, zu Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts durch interessierte Laien. An erster<br />

Stelle mag hier an Freiherrn Carl von Mayenfisch<br />

(1803-1877) erinnert werden, der sich allerdings mehr als<br />

Sammler denn als Ausgräber betätigte. 1846 trat er in die<br />

Dienste des Fürsten Karl Anton als diensttuender Hofkavalier<br />

der regierenden Fürstin und Leiter der Fürstlichen Sammlungen.<br />

Leider hat er nie etwas über die Fundgeschichte der<br />

von ihm erworbenen Gegenstände veröffentlicht und ein von<br />

seiner Hand stammendes und mit kolorierten Zeichnungen<br />

bebildertes Verzeichnis der Fundstücke ist 1944 dem Kriege<br />

zum Opfer gefallen. 1866 verkaufte er seine Sammlung, die<br />

schon vorher im Schloß zu Sigmaringen aufgestellt war, an<br />

den Fürsten, dessen vor- und frühgeschichtliche Sammlung<br />

von Ludwig Lindenschmit, dem Direktor des Römisch-<br />

Germanischen Zentralmuseums in Mainz, bearbeitet wurde.<br />

Der gedruckte Katalog mit auswertendem Text erschien<br />

1860.<br />

Über frühere Unternehmungen in Hohenzollern ist nur<br />

wenig bekannt. Gelegentlich erschienen Artikel über Grabungen<br />

in der lokalen Presse, so z. B. 1832 der mit Abbildungen<br />

versehene Bericht »Ueber aufgefundene altgermanische<br />

Grabmäler in der Gegend von Sigmaringen« und deren<br />

Ausgrabung von Hermann von Hövel im »Wochenblatt von<br />

Sigmaringen«. Der geringe Niederschlag über Ausgrabungen<br />

in der Literatur mag z. T. daran liegen, daß sich in Hohenzollern<br />

kein <strong>heimat</strong>kundlicher Verein mit eigener Zeitschrift<br />

anbot. Erst 1867 wurde der »Verein für Geschichte und<br />

Altertumskunde in Hohenzollern« gegründet, der eine jährlich<br />

erscheinende Zeitschrift, gelegentlich mit archäologischen<br />

Beiträgen, herausbrachte.<br />

Ein guter Kenner archäologischer Denkmale in Hohenzollern<br />

war Pfarrer Josef Baur (1822-1893), der die meisten<br />

damals bekannten Fundstellen aus eigenem Augenschein<br />

kannte und viele neue dazu fand. Das Ergebnis seiner Bemühungen<br />

war eine 1884 erstellte archäologische Karte, der als<br />

Grundlage eine Generalstabskarte aus dem Jahre 1863 diente,<br />

in die er alle ihm bekannten Fundpunkte, vor allem Grabhügel,<br />

eintrug. Das ungedruckte Original dieser Karte liegt in<br />

der Fürstlichen Hofbibliothek zu Sigmaringen. Abgesehen<br />

von einer Untersuchung hallstattzeitlicher Grabhügel bei<br />

Kappel scheint er jedoch keine Ausgrabungen vorgenommen<br />

zu haben.<br />

Bei Inzigkofen und Sigmaringen führte Eduard Schwarzmann<br />

(1815-1869), Fürstlich <strong>Hohenzollerischer</strong> Regierungsregistrator,<br />

ab 1849 Königlich Preußischer Archivrat zu<br />

Sigmaringen, in den vierziger Jahren in römischen Gutshöfen<br />

Grabungen durch. Auch Friedrich August Lehner<br />

(1824-1895), der Vater des Bonner Museumsdirektors Hans<br />

Lehner, grub 1881 bei Sigmaringen das Hauptgebäude eines<br />

weiteren römischen Gutshofes aus. Lehner war 1864 unter<br />

Ernennung zum Hofrat als Nachfolger des Freiherrn von<br />

Mayenfisch zum Hofbibliothekar und Leiter der Fürstlichen<br />

Sammlungen bestellt worden.<br />

Um die Jahrhundertwende entwickelte eine intensive archäologische<br />

Tätigkeit der aus Ebingen stammende Apotheker<br />

Hyronimus Edelmann (1853-1922), der sich 1894 als Privatier<br />

in Sigmaringen niedergelassen hatte und ab 1895 als<br />

Gauobmann des Schwäbischen Albvereins weit im Lande<br />

34<br />

herumkam. Er führte sowohl im Württembergischen als auch<br />

in Hohenzollern mehrere Grabungen durch. Seine Sammlung,<br />

die er durch zahlreiche Ankäufe von Einzelfunden<br />

erweiterte, gelangte 1908 in das Eigentum des Britischen<br />

Museums in London und wurde 1969 als Katalog von<br />

H. Zürn und S. Schiek veröffentlicht.<br />

Durch Karl Theodor Zingeler (1845-1923) erhielt die archäologische<br />

Forschung in Hohenzollern eine feste Grundlage,<br />

Grund genug, sich mit diesem außergewöhnlichen Manne<br />

etwas näher zu beschäftigen. Wegen Mittellosigkeit seiner<br />

Eltern erlernte der 1845 in Bonn Geborene zunächst das<br />

Metzgerhandwerk. Nachdem er über Eigenstudium und<br />

Privatunterricht das Abitur erreicht hatte, studierte er in<br />

seiner Heimatstadt Mathematik und Naturwisenschaften. Ab<br />

1871 finden wir ihn am Sigmaringer Hof als Prinzenerzieher.<br />

1875 wird er als Fürstlich <strong>Hohenzollerischer</strong> Archivassessor<br />

angestellt, 1891 übernimmt er die Leitung des Haus- und<br />

Domänenarchivs. Von seiner Ausbildung her als Laie zu<br />

betrachten, hat sich Zingeler in geradezu erstaunlicher Weise<br />

in die Geschichte des Landes eingearbeitet, sich sowohl mit<br />

seinen Baudenkmalen als auch den archäologischen Fundstellen<br />

und Funden beschäftigt. 1894 erschien von ihm in den<br />

»Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde<br />

in Hohenzollern« die zusammenfassende Arbeit »Die vorund<br />

frühgeschichtliche Forschung in Hohenzollern« mit<br />

einem ausführlichen Fundstellenverzeichnis. Eine archäologische<br />

Karte legte er dem von ihm und Wilhelm Friedrich<br />

Laur (1858-1934) bearbeiteten Band »Die Bau- und Kunstdenkmäler<br />

in den Hohenzollern'schen Landen« (1896) bei.<br />

Für diese Inventarisationsarbeiten durchwanderte er, gelegentlich<br />

von Edelmann begleitet, unermüdlich das Land und<br />

besuchte sämtliche bis dahin bekannten Fundstellen, wobei<br />

ihm auch eine Reihe von neuen Entdeckungen gelang. Mit<br />

seinem Inventar schuf Zingeler die Basis für weitere archäologische<br />

Forschungen in Hohenzollern.<br />

Eine Staatliche Denkmalpflege begann in Hohenzollern,<br />

soweit ich sehe, nur sehr zögernd. Als 1849 Fürst Karl Anton<br />

auf seine Souveränitätsrechte zugunsten des Königs von<br />

Preußen verzichtete, wurde der bereits sechs Jahre zuvor für<br />

die Preußischen Provinzen zum Konservator bestellte Architekt<br />

Ferdinand von Quast (1807-1877) auch für Hohenzollern<br />

zuständig. Ein eigener Landeskonservator, allerdings<br />

nur ehrenamtlich, wurde für die Hohenzollerischen Lande<br />

jedoch erst 1896 in der Person des Architekten Wilhelm<br />

Friedrich Laur berufen. Seine Tätigkeitti beschränkte sich<br />

weitgehend auf die Aufgaben der Bau- und Kunstdenkmalpflege,<br />

die er bis zu seinem Tode wahrnahm. Ihm ist die<br />

Gründung der Hohenzollerischen Landessammlung zu verdanken,<br />

die er auf dem Schloß Hohenzollern einrichtete. Die<br />

Beweggründe, die ihn hierzu veranlaßten, waren die gleichen<br />

wie jene Haßlers, die zur Gründung der Altertümersammlung<br />

in Stuttgart führten.<br />

Laur nahm sich nach Zingelers Tod, soweit ihm dies möglich<br />

war, auch der archäologischen Aufgaben an. Aber auch<br />

Veeck und Paret von der Altertümersammlung in Stuttgart<br />

waren im Auftrag des Hohenzollerischen Landesausschusses<br />

in Hohenzollern tätig. Um eine regelmäßige Berichterstattung<br />

zu ermöglichen, erschienen in den »Fundberichten aus<br />

Schwaben« Neue Folge Band 4 (1928) erstmals als Anhang die<br />

»Fundberichte aus Hohenzollern« mit einem von Laur und<br />

Paret gemeinsam unterzeichneten Geleitwort. Heft 2 er-


schien 1930 wiederum als Anhang zu den »Fundberichten aus<br />

Schwaben« und enthält unter anderem eine Zusammenstellung<br />

sämtlicher römischer Siedlungsstellen, die von Paret im<br />

Gelände überprüft wurden.<br />

Die Voraussetzungen für eine geordnete archäologische<br />

Denkmalpflege wurden mit der Verabschiedung des für die<br />

Preußischen Provinzen geltenden Ausgrabungsgesetzes vom<br />

26. März 1914gegeben. In den sechs Jahre später, am20. Juli<br />

1920, erlassenen Ausführungsbestimmungen sind »Vertrauensmänner<br />

für kulturgeschichtliche Bodenaltertümer«<br />

vorgesehen, die sich neben- oder ehrenamtlich der archäologischen<br />

Denkmalpflege annehmen sollten. Der erste Vertrauensmann<br />

wurde in Hohenzollern jedoch erst nach Laurs Tod<br />

berufen. Als Landeskonservator folgte ihm 1934 Regierungsbaumeister<br />

Walther Genzmer, neben ihm stand als Vertrauensmann<br />

Eduard Peters (1869-1948), ein vorzeitig in den<br />

Ruhestand getretener Oberpostrat, der nach seiner Pensionierung<br />

einige Semester Vorgeschichte bei Georg Kraft in<br />

Freiburg studiert hatte. Peters hat sich bei seiner Tätigkeit in<br />

Hohenzollern, seinen Neigungn entsprechend, weitgehend<br />

auf die Untersuchung von Höhlen beschränkt. Die gemeinsam<br />

mit Paret durchgeführte Grabung in einem jungsteinzeitlichen<br />

Moordorf bei Ruhestetten oder die Freilegung<br />

alamannischer Gräber bei Bingen bildeten Ausnahmen. Mit<br />

Paret bearbeitete er dann noch das dritte und letzte Heft der<br />

»Fundberichte aus Hohenzollern« (1935), anschließend<br />

brachte er leider nur noch summarische Tätigkeitsberichte für<br />

die Jahre 1935 bis 1939 in den Hohenzollerischen Jahresheften<br />

3, 1936 bis 7, 1940. Die Akten des Vertrauensmannes<br />

lagen im Landeshaus in Sigmaringen. Leider gingen sie dort<br />

1945 verloren.<br />

In Peters Amtszeit fällt das Kriegsende 1945 und die Vereinigung<br />

Hohenzollerns mit den französisch besetzten Teilen<br />

Württembergs zu dem Land Württemberg-Hohenzollern, in<br />

dem Hohenzollern mit dem Landeskommunalverband jedoch<br />

in einigen Bereichen seine Selbstverwaltung behielt.<br />

Darunter fiel auch die Denkmalpflege. Während Genzmer<br />

bis 1967 als Landeskonservator amtete, wurde die archäologische<br />

Denkmalpflege vom Landesamt, ab 1953 Staatlichen<br />

Amt für Denkmalpflege in Tübingen aus betreut (A. Rieth,<br />

ab 1951 zusätzlich S. Schiek). 1967 übernahm nach dem<br />

Ausscheiden von Genzmer der damals in den Ruhestand<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Zur Trochtelfinger Urkunde 1161<br />

Sie handelt von Zehntstreitigkeiten der Kirchen Kohlstetten<br />

und Offenhausen (unweit davon) und den Schlichtungen<br />

durch Bischof Hermann von Konstanz (1138-1165) unter<br />

Beteiligung vieler Geistlicher, auch Adeliger, freier und<br />

einfacher Leute der Umgegend, und schließlich geht sonderbar<br />

unbegründet der Zehnte vom unfernen Bernloch an das<br />

Kl. Weißenau bei Ravensburg. Und dies, nachdem Graf<br />

Adelbert von Achalm(-Gammertingen) und Kuno von Horb<br />

als zuständige Dorfvögte der beiden leidtragenden Kirchen<br />

Kohlstetten und Offenhausen diese guttatweise (!?) entschädigt<br />

hatten (Wirtebg. UB 2, S. 137f.).<br />

»Allen Christgläubigen sei kund, daß ich Hermann, Bischof<br />

von Konstanz, mit unserem bischöflichen Hof und anderen<br />

Geistlichen und Adeligen, auch vielen Ortskennern den<br />

Zehntstreit zwischen den Kirchen von Kohlstetten und Offenhausen<br />

richterlich zu Radolfzell schlichtete. Mit Zustimmung<br />

der streitenden Parteien hat der Priester Burkart von<br />

Karl Theodor Zingeler (1845-1923)<br />

getretene Tübinger Baudenkmalpfleger Oskar Heck<br />

(1902-1975) die Aufgaben des Landeskonservators, 1968<br />

wurde Schiek vom Regierungspräsidenten nebenamtlich zum<br />

»Vertrauensmann für kulturgeschichtliche Bodenaltertümer«<br />

in Hohenzollern bestellt. O. Heck und S. Schiek waren die<br />

beiden letzten Denkmalpfleger in Hohenzollern, denn die<br />

Gebietsreform in Baden-Württemberg hat auch die ehemaligen<br />

Hohenzollerischen Lande nicht verschont. Der Landeskommunalverband<br />

wurde aufgelöst und die Denkmalpflege<br />

vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg übernommen.<br />

Erschienen in »Denkmalpflege in Baden-Württemberg« Sonderheft<br />

1983. Wir danken für die Genehmigung zum Abdruck.<br />

Offenhausen die fraglichen Zehnten bezogen, deren Ertrag<br />

das Konstanzer Generalkapitel und ich entgegennahmen und<br />

ich die entsprechende Geldsumme den Armen zukommen<br />

ließ. Trotz dieser Entscheidung unsererseits hörten die<br />

Rechtshändel nicht auf. So verfügten wir uns laut Diözesanrechts<br />

nach Truhdolvingin (Trochtelfingen), wo beide<br />

Parteien die Zehnten in Bernloch als ihnen gehörig beanspruchten.<br />

Nach langem hin und her hat Graf Adelbert von<br />

Achalm(-Gammertingen, letzter des Geschlechts!) als Vogt<br />

von Kohlstetten seine dortigen freien Güter und Zehnten der<br />

dortigen Kirche zugeteilt, was der dortig Priester bestätigte.<br />

Anderseits hat Kuno von Horb, Vogt für Offenhausen,<br />

dieser Kirche sein halbes Bauerngut daselbst und in (Ober-)-<br />

Hausen (Echaz) den Mühlenplatz samt einer Frau Hademuth<br />

mit ihren drei Kindern gegeben und so die Zehnten zu<br />

Offenhausen kompensiert. Dann wurde mit Zustimmung des<br />

erstgenannten Vogts und mir, sowie der Geistlichen und<br />

35


Walthers von Kohlstetten und des Lautpriesters Burkhart<br />

von Offenhausen der Gesamtertrag der Zehnten von Bernloch<br />

(östl. der Trochtelfinger Haid) dem Kloster Weißenau<br />

bei Ravensburg unterm Vorsteher Hermann zugeteilt. Wir<br />

(der Bischof) bestätigen und ratifizieren dieses für immer.<br />

Zuwiderhandelnde trifft der Bann und Kirchenausschluß.<br />

Dies geschah im Jahre 1161 unter der Regierung des römischen<br />

Kaisers Friedrich (Barbarossa). Da ist dies alles von mir<br />

und meinen Kanonikern betätigt worden, nämlich von Friedrich<br />

und Rudolf und dem Erzpriester Eberhard im Beisein der<br />

beiden Dekane Friedrich von Pfullingen und seiner Mitbrüder<br />

des Landkapitels. Ebenso des Dekans Burkart von Offenhausen<br />

und seiner geistlichen Mitbrüder und vieler adeliger<br />

Landsleute, wie Adelsberts von Oberstetten mit seinem<br />

Bruder Heinrich, Ernst von Anegestingin (Engstingen) und<br />

des Vogt Werner von da, ferner Adelberts, Chilians und aller<br />

Einwohner von da, Gerolds von Haideck und all seiner<br />

Söhne. Ferner wohnten bei von Pfullingen: Kuno und sein<br />

Bruder Gebene, Eggebrecht und alle freien Leute von da,<br />

Adelbert von (Ober-)Hausen (Echaz) und alle Freien von da,<br />

auch Rudolf von (Oeden-)Waldstetten und alle Einwohner<br />

von da. Sie alle nahmen an der feierlichen Handlung teil.«<br />

Der Gegensatz der beiden Schlichtungen und die ganz unbegründeten<br />

Zehntempfänger (Arme u. Kloster Weißenau)<br />

HERBERT BURKARTH<br />

Hohenzollern und die angrenzenden Gebiete vor 200 Jahren<br />

Manches, was man für modern und neuzeitlich hält, gibt es<br />

schon lange, soz. B. Adreßbücher. Schon vor 200 Jahren gab<br />

es ein »Staats- und Adreßbuch des Schwäbischen Kreises«.<br />

Die mir vorliegende Ausgabe erschien 1785 und bringt auf<br />

323 Seiten zahlreiche Daten über die Gebiete des Schwäbischen<br />

Kreises. Hier wurden die Kapitel ausgesucht, welche<br />

Herrschaften betreffen, die später zu den Hohenzollerischen<br />

Landen gehörten oder in nachbarlichen Beziehungen dazu<br />

stehen. Das alte »Heilige Römische Reich« war damals zwei<br />

Jahrzehnte vor seinem Ende. Aber niemand ahnte etwas<br />

davon oder hätte sich das im Jahre 1785 auch nur vorstellen<br />

können.<br />

Im Südwesten des Reiches gab es zwei »Hauptmächte«, den<br />

Schwäbischen Kreis, eine Einrichtung des Reiches, in der<br />

verschiedene Stände vertreten waren, und Österreich mit den<br />

Vorderösterreichischen Landen, die von 24 Oberämtern<br />

verwaltet wurden. Daneben gab es noch einige kleine und<br />

kleinste Gebiete, die weder zum Schwäbischen Kreis, noch<br />

zu Österreich gehörten. Das waren zum Beispiel die<br />

Reichsritterschaften. Manche Herrschaften, wie die Klöster<br />

Beuron oder Mariaberg, wurden ganz vergessen. Auch die<br />

Donaustädte Mengen und Saulgau werden nicht erwähnt.<br />

Zur Verfassung des Schwäbischen Kreises<br />

Die Stände des Schwäbischen Kreises saßen auf fünf Bänken:<br />

1. Geistliche Fürsten. Es waren der Bischof von Augsburg,<br />

der Bischof von Konstanz, der Probst von Ellwangen und<br />

der Abt von Kempten.<br />

2. Weltliche Fürsten und Stifte. Die Bank der weltlichen<br />

Fürsten wurde angeführt vom Herzog von Württemberg<br />

und vom Markgrafen von Baden. An dritter und vierter<br />

36<br />

erscheinen so merkwürdig, daß man an eine künstlich fabrizierte<br />

»Urkunde« (in übrigens herrlicher Schrift!) denken<br />

möchte. Also Fälschung? Man vergleiche dazu die nüchternen<br />

chronikalischen Notizen des Kl. Weißenau hierzu in<br />

»Zeitschrift f. Gesch. d. Oberrheins« 29, 1877, 33 f. Die Burg<br />

Haideck stand bei Trochtelfingen: »Hintere Burg« Rand der<br />

sog. Haid (Hohenz. Heimat 1967, 20). Zur Urkunde sind die<br />

Fälschungen Reichenaus unter den damaligen Haideck-Äbten<br />

aus gleicher Zeit zu vergleichen, die Hans Jänichen in<br />

»Zeitschrift f. württb. Landesgeschichte« 1968, S. 18f. behandelt<br />

hat. Obige Urkunde findet sich in anderer Ubersetzung<br />

S. 84 in dem Buch »1200 Jahre Engstingen« der Gemeinde<br />

1983. Dabei findet sich auch ein Foto des Originals<br />

von 1161.<br />

Ein Zusammenhang unserer freien Herren von Haideck<br />

(Heidegge) mit dem gleichnamigen Geschlecht auf Burg<br />

Heidegg bei Hitzkirch im schweizerischen Amt Hochdorf<br />

(Kanton Luzern) ist zu vermuten, aber nicht erwiesen (Merz-<br />

Hegi, die Wappenrolle von Zürich 1930, S. 153f.). Als<br />

Wappen unserer schwäbischen Herren käme der »schwarze<br />

Eisenhut in Gold« der älteren Schweizer Herren in Betracht:<br />

Heinrich 1276, 1279, Hiltpold 1266 und Konrad 1274. Zum<br />

Grafen Adelbert von Achalm-Gammertingen und seiner<br />

Verwandtschaft vgl. Arnim Wolf in »Zeitschr. f. württ.<br />

Geschichte« Jg. 40, 1981, 235 (erschien erst 1982!).<br />

Stelle folgten die Fürsten von Hohenzollern-Hechingen<br />

und von Hohenzollern-Sigmaringen. Nach den gefürsteten<br />

Äbtissinnen von Lindau und Buchau kamen sechs<br />

weitere Fürsten, darunter der Fürst von Fürstenberg.<br />

3. Bank der Prälaten. Zur Bank der Prälaten gehörten 22 Abte<br />

und Äbtissinnen, deren Klöster ausnahmslos 18 Jahre<br />

später der Säkularisation zum Opfer fielen. Sie waren im<br />

Jahre 1785 noch Reichsunmittelbar, alles bekannte Namen,<br />

wie Salmannsweiler, Zwiefalten, Obermarchtal,<br />

St. Blasien usw.<br />

4. Grafen und Herren. Zu dieser Bank gehörte z. B. der<br />

Deutsche Ritterorden in Altshausen, Grafen von Zeil, von<br />

Wolfegg, Fugger usw.<br />

5. Die Reichsstädte. Auf der Bank der Reichsstädte saßen 32<br />

Reichsstädte von Augsburg bis Zell am Harmersbach.<br />

Organ des Schwäbischen Kreises war der Kreistag. Die<br />

größeren Mitglieder hatten einen eigenen Legationsrat beim<br />

Kreistag.<br />

Das Militär des Schwäbischen Kreises<br />

Der Schwäbische Kreis mußte ein Kontingent für die<br />

Reichsarmee bereit halten. In Friedenszeiten war die Zahl der<br />

stehenden Truppen klein, die Stäbe waren jedoch immer<br />

bereit. Im Kriegsfall konnten die Regimenter mit ausgehobenen<br />

Soldaten aufgefüllt werden. Die Kreistruppen bestanden<br />

aus dem Generalstab, der Artillerie, dem Kriegskommissariat,<br />

dem Württembergischen Infanterie-Regiment, der Baden-Durlachschen<br />

Infanterie, der Fugger-Infanterie, der<br />

Wolfegg-Infanterie, den Württembergischen Dragonern und<br />

dem Hohenzollern-Sigmaringer Kürassier-Regiment.


Oberster im Generalstab war Generalfeldmarschall Carl,<br />

regierender Herzog zu Württemberg. Generalfeldmarschall-<br />

Lieutenant war der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Der Fürst war gleichzeitig Obrist des Regimentes Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Obristlieutenant war Generalmajor Baron<br />

von Raßler. Major war Obrist Baron von Schenk; Kapitän-<br />

Leutnant Major Baron von Donnersberg, Regimentsquartiermeister<br />

und Adjutant in Personalunion war Leutnant<br />

Maierhofer. Eine wichtige Person im Regiment war anscheinend<br />

der Pauker Obermaier. Die Regimentsmusik war rot<br />

gekleidet mit weißen Aufschlägen, die Hohenzollern-Kürassiere<br />

mit hellglänzendem Küraß, hohen Stulpenstiefeln und<br />

Lederhosen, die »preußischen Hüte« weiß bordiert und<br />

bebuscht.<br />

Altes Reichsfürstliches Haus Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Regierender Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen war 1785<br />

Carolus Fridericus, geb. am 9. Januar 1724, Nachfolger<br />

seines Vaters am 8. Dezember 1769, des Hl. Rom. Reiches<br />

Fürst zu Hohenzollern, Burggraf zu Nürnberg, Graf zu<br />

Sigmaringen und Vöhringen, Herr zu Haigerloch und Wehrstein,<br />

des Hl. Rom. Reiches Erbkämmerer, des Löblichen<br />

Schwäbischen Kreises Generalfeldmarschall-Lieutenant und<br />

Obrist über ein Kavallerie-Regiment.<br />

Gemahlin: Johanna Josepha Sophia, geb. 14. April 1727,<br />

Fürstin zu Hohenzollern-Sigmaringen und des Hl. Rom.<br />

Reiches Gräfin zu Hohenzollern-Berg, Markgräfin zu Berg-<br />

Opzom, Freifrau zu Bexmeer, Frau zu Chamblife, Bilendt,<br />

Witsch, Pervez, Düxmiden, Habs, Sambegg und Berstell,<br />

vermählt am 24. Februar 1749.<br />

Kinder: a) Anton Aloys., Erbprinz geb. 20. Juni 1762, des<br />

Löbl. schw. Kreises Obrister, verm. mit Amalia Zephyrina,<br />

Prinzessin von Salm-Kyrburg, am 12. August 1782. Ihr Kind<br />

Fried. Em. Karl Joseph Anton, Prinz zu Hohenzollern ist<br />

geboren am 3. September 1783 und am 8. »eusd. Mensis &<br />

anni«gestorben.<br />

b) Johanna Franc. Antonia, geb. 3. Mai 1765, verm. mitjoh.<br />

Frid. Otto, regierendem Fürsten von Salm-Kyrburg am<br />

29. November 1781. Ihr Kind Philippina Friderica, Prinzessin<br />

von Salm-Kyrburg, geb. 12. Juli 1783.<br />

c) Schwester Maria Johanna, geb. 13. Dez. 1726, Canonissin<br />

und Seniorin zu Buchau (eine Tante, Schwester des Fürsten,<br />

war ebenfalls Stiftsdame in Buchau).<br />

Hofstaat: Michael Baron de Nöel, Hof-Cavalier. Frid. Anton<br />

Baron von Laßberg, Hof-Caval. Franz Joseph Besserer<br />

von Besserseck, Kammerjunker. Anton Kipf, des Hochfürstl.<br />

Hohenz. Kreis-Küras. Reg. Cofnet und Stallmeister.<br />

Fidelis Hiller, Hofkaplan. Meinrad Lehle, Jagdkaplan. Michael<br />

Una, Kammerdiener und Leibchirurg. Paul Pammert,<br />

Hausmeister. Meinrad Rebsam, Kellermeister. Thaddäus<br />

Aicheier, Hofkoch. Fidel Kleenach, Hof- und Lustgärtner.<br />

Lorenz Ferrari, Portier und 14 Lakaien.<br />

Regierung und Kanzlei: J. D. M. von Frank, Fürstlich<br />

Hohenz. Heching. und Sigmaringen Geheimer Rat und<br />

Kanzler. Jud. Thadd. von Mayersburg, geh. Rat und Regierungskanzleidirektor.<br />

Franz Johann Abraham von Schmidsfeld,<br />

Hof- und Regierungsrat. Carl Rebsamen, Hof- und<br />

Reg. Rat. Joseph Tiberius Widmann, Hof- und Reg. Rat.<br />

Carl von Schütz, Hof- und Reg. Rat. Jos. Armbruster,<br />

Hofrat und Leib-Medicus. Franz Xaver Kolb, Rat und<br />

Registr. Math. Joseph Claß, Reg. Secret. J. J. Obermayer,<br />

Accessor. Math. Toniz, Access. Jos. Ign. Willib. Schießle,<br />

Exped. und erster Landschafts-Cassier. Franz Anton von<br />

Sättelin, Practicant. Anton Hiller, Stadtschultheiß. Fidel<br />

Lehle, Bürgermeister. Franz Jakob Kölble, Stadtschreiber,<br />

zweiter Landschaftscassier und Geom. Jur. Franz Joseph<br />

Beck, Steuereinzieher. Peter Loos Fabric. Pfleg. Christ.<br />

Fischer, Stadtschultheiß zu Vöhringen. Val. Hospach, Stadtschreiber<br />

allda.<br />

Forstamt: Oberjägermeister: vacant. J. Thad. von Mayersburg,<br />

geh. Rat und Forstamts-Director. Fried. Anton Baron<br />

von Laßberg, Oberforstmeister. Carl Rebsamen, Hofrat und<br />

Forstamts-Dep. Math. Toniz, Forstamts-Secr. Wunibald<br />

Bregenzer, Forstmeister. J. G. Karle, Gehegemeister. Fidel<br />

Karle, Büchsenspanner. Johann Karle, Hofjäger. Fidel Fischer,<br />

Oberjäger im Thalheimer Forst. Joh. Wanner, Oberjäger<br />

im Walder Forst. Anton Dollmayr, Oberjäger im Kreuzthaler<br />

Forst. Josef Karle, Oberjäger zu Krauchenwies. Eustachius<br />

Keller, Oberjäger im Großholz.<br />

Rentamt: Joh. Adam Landenberger, Kammerrath und<br />

Rentmeister. Chr. Frid. Speth, Rentschreiber. Caspar Danner,<br />

Bräuhausverwalter. Joh. Georg Buck. Kastenverwalter.<br />

Moriz Kramer, Baumeister. Joh. Bapt. Ott, Kastenknecht.<br />

Oberamt in Haigerloch: Josef Tiberi Widmann, Hof- und<br />

Reg. Rat. Oberamtmann. Joh. Jakob Dopfer, Kammerrath<br />

und Rentmeister. Franz Joseph Rehrer, Rath und Archivar.<br />

Fr. Anton von Lengst, Registrator. Jos. Mietingen, Oberamts-Secr.<br />

Jos. Meyerhofer Expeditor und Rentschreiber.<br />

Friedrich Pater, Stadtschultheiß und Landschaftscassier. Jos.<br />

Papolt, Stadtschreiber.<br />

Bergwerk im Laucherthal: Rath und Bergverwalter: Jakob<br />

Friedrich Meyer. Berg- und Gegenschreiber: vacant. Bestandswirt:<br />

Peter Gops.<br />

Auswärtige Gesandte und Agenten: Beym Reichstag: Friedr.<br />

Carl Freiherr Karg von Bebenburg, Comit. gesandter zu<br />

Regenspurg. Beym Kr. T. geh. Rat von Frank. Zu Wien: Edl.<br />

von Kirchbauer, Reichs-Hofrat, Agent, Fürstl. Hohenz.<br />

Hofrat und Agent. Müller von Milleck, K. u. K. Commerc.<br />

Rat und Hof-Agent. Wetzlar: von Postel, K. K. G. Procurat.<br />

u. Fürstl. Hohenz. Hofrat. München: Jakob Sedelmayer,<br />

Fürstl. Hohenz. Hofrat.<br />

Altes Reichsfürstliches Haus Hohenzollern-Hechingen<br />

Regierender Fürst: Josephus Wilhelmus, geb. 12. November<br />

1760, Fürst von Hohenzollern, Burggraf von Nürnberg,<br />

Graf zu Sigmaringen und Veringen, Herr zu Haigerloch und<br />

Wehrstein, des Hl. Rom. Reiches Erbkämmerer, des Königl.<br />

Preuß. schwarzen Adler Ordens Ritter, Ihro röm. kais. Maj.<br />

und des H. R. R. General der Cavallerie ect.<br />

Gemahlin (zweite): Maria Theresia Fürstin zu Hohenzollern,<br />

geb. des Rs. Erbtruchs, zu Zeil, Wurzach und Friedberg,<br />

geb. 26. Jan. 1732, verm. am 7. Jan. 1751.<br />

Prinzessin Tochter 2. Ehe: Maria Antonia, geb.<br />

10. Nov. 1760, verm. am 7. Jan. 1778 mit Josepho Maria<br />

Benedicto regier. Fürsten von Fürstenberg.<br />

Geschwister (des Fürsten): Franz Xaver, Graf zu Hohenzollern,<br />

geb. 1719, K. K. Gen. Feldmarsch, lieut. der Cavallerie,<br />

gest. 14. März 1765. (Bern. Es folgen sieben Geschwister des<br />

Fürsten mit Kindern, darunter der Nachfolger Hermann<br />

Friedrich und Grf. Meinrad, Domherr zu Konstanz, der 1823<br />

als Pfarrer von Veringendorf gestorben ist.)<br />

Hofstaat: Hofmarschall: vacant. Oberjägermeister: Karl<br />

Frhr. Schilling von Canstat. Stallmeister: Joh. Christ, von<br />

Höwel, Major des Wirtemberg. Kreis-Inf. Regim. Leib-<br />

Medicus: Aug. Rhein. Leib-Chirurg: Ernst Heinrich Giegling<br />

Rath. Hofkaplan: Jos. Anton Weiger. Beichtvater: P.<br />

Hillar. Allegrad. Kammerdiener: Joseph Zetschgi und Vitalowiz.<br />

Kammerlaquai: Fischerund Oker. Hausmeister: Joh.<br />

von Ow. Conditor: Joseph Zetschgi. Kellermeister: Fidel<br />

Leible. Hofkoch: Leonh. Lorch. Garderobb. Hipp.<br />

Regierung: Joh. Dan. Mar. von Frank, geh. Rat und Kanzler.<br />

Ebh. Christ. Schwalb, geh. Rat. Von Gruffy adel. HR. Fr.<br />

37


Joseph Giegling, Hofrath. Alb. Jos. von Ittner, HR. Markus<br />

Kaiser, Hofrath. Chr. Gottl. Böklin, Hofrath, wohnhaft in<br />

Esslingen. N. Bekkers, Hofrath in Wien. Chr. Gottf. Hofmann,<br />

Hofrath in Stuttgard. Carl Widmann Reg. Secr. Joh.<br />

Bapt Keßler, Regierungskanzlist.<br />

Gesandte und Agenten: Max Friedr. Freiherr Karg von<br />

Bebenburg R(eichs)T(ag) Gesandter. J. D. M. von Frank geh.<br />

Rath und Kanzler, auch Kreistags Gesandter. Legations<br />

Secretär Widmann. Flor, von Müller, Hofkriegsrat, Agent zu<br />

Wien. Ferd. von Brandt, geh. Rat und Agent bey dem kaiserl.<br />

Kammergericht zu Wetzlar. Von Kirchbaur, Agent bey dem<br />

K. R. Hofrath zu Wien. Joh. Cas. Schneider, Agent zu<br />

Frankfurt.<br />

Hofraths-Kanzley: Fr. Jos. Giegling, Hofrath. Marx Anton<br />

Kaifer, Hofrath. Secret. von Paur N. C. P. Kanzlist Ludw.<br />

Bekk.<br />

Forstamt und Jägerey: J. M. D. v. Frank geh. Rath und<br />

Forstamts-Direct. Karl Freiherr Schilling von Kanstadt,<br />

Oberjägermeister. J. Alb. von Ittner, Forstamts-Dep. Georg<br />

Holzel, Forstrath. Jos. Sträslen Forstmeister. Philipp Speidel,<br />

Gehägmeister. Carl Kölle, Waldberuter. Fridolin<br />

Oesterle, Hofjäger. Jak. Hensch, Vasanenjäger. Joh. Oesterle<br />

Oberjäger im Friedrichsthal. Carl Speidel, Büchsenspanner.<br />

Kasp. Fischer, Zeugjäger. Jäger im Unteren Forst:<br />

Friedrichsthaler Huth, Joh. Oesterle, Oberjäger. Thanheimer<br />

Huth, Jos. Schmid, Forstknecht. Steinhofer Huth, vac.<br />

Lindicher Huth, Jos. Gfrörer, Forstknecht. Großelfinger<br />

Huth, Joh. Pfister, Forstknecht. Rangendinger Huth, Math.<br />

Beck, Forstknecht. Beuremer Huth, Konr. Scheminger,<br />

Forstknecht. Jäger im Oberen Forst: Schnaider Huth, Joh.<br />

Fibbich, Oberjäger zu Starzel, Carl Haichle, Jäger daselbst.<br />

Chr. Schuler und Joh. Pfister, Forstknechte. Schwandel<br />

Huth, Gottl. Zentgraf, Forstknecht. Burladinger Huth, Chr.<br />

Schoy, Forstknecht. Gauselfinger Huth, Bernh. Sanntner,<br />

Forstknecht. Stettemer Huth, Joh. Lemp, Forstknecht.<br />

Rentkammer: Karl Brodorotti, Kammerer und Rentmeister.<br />

Joh. Christ. Wölfnig, Hofkammerer, zu Eßlingen wohnhaft.<br />

Widmann Rechnungs-Revisor. Joh. Weiß, Kastner. Joh.<br />

Sauter, Kammerschreiber und Expeditor. Schmid, Kammerbott.<br />

Bau-Officianten: Dixnard, Rath und Bau-Director. Fr.<br />

Baur, Weeg-Inspector. Bartol. Bausinger, Bauballier.<br />

Marstall: Stallmeister: J. Christ, von Höwel. Beureuter vac.<br />

Kreis Conting. Cavall. Rittmeister Adolf von Staader. Major<br />

des Hohenzoll. Kreis Cuiras. Rgt. Infanterie Hauptmann,<br />

Joh. Chr. von Höwel, Major des Wirtenberg. Krs. Inf. Rgt.<br />

Geistlichkeit: Collegiat-Stift St. Jakobus und Pfarrey Hechingen:<br />

J. Fr. Bodorotti, Stadtpfarrer. Franz Waibel Can.<br />

Jos. Müller Can. Seb. Haid, Stadtkaplan. Hechinger Rural-<br />

Capitul. Rau, Dekan und Pfarrer zu Großelfingen. Jos. Ant.<br />

Herp, Cammerer und Pfarrer zu Steinhofen. Joh. Georg<br />

Pfeiffer, Dep. u. Pfarrer zu Boll Joh. Bapt. Scheuer, Dep. u.<br />

Pfarrer zu Rangendingen. Carl Kolb, Pfr. zu Stein. N.<br />

Strobel, Pfr. zu Thanheim. Jos. Schwindemann, Pfr. zu<br />

Weilheim. Sebastian Werner, Benef. zu Zimmern. Trochtelfinger<br />

Rural-Capitul. v. Frank, Pfr. zu Burladingen. Jos.<br />

Stengele Pfr. zu Hausen. Jos. Anton Weiger, Pfr. zu Jungingen.<br />

Leop. v. Paur Pfr. zu Stetten Unterhöllstein. N. Bauemüllern,<br />

SS. Th. L. Pfr. zu Owingen, Cap. Rur. Haigerloch.<br />

Hieron Ferber, Th. M. L. Pfr. zu Wilflingen, Cap. Rur.<br />

Rothweilens is.<br />

Verwaltungen: Stiftsschn. Karl Brodorotti, Kammerer. Heil.<br />

Vogt, Jos. Speidel. Pflege der Fürstlich Fried. Ludwig,<br />

milden Stiftung, Georg Holzel, Forstrath. Hospit. Pfleger:<br />

Fr. Xaveri Bekk, Burgermeister und Jos. Gomeringer.<br />

Stadt Hechingen: Markus Anton Kaiser, Hofrath und Stadtschultheiß,<br />

auch Collect.-Cassier. Burgermeister: Kipf und<br />

38<br />

Bekk. Jos. Speidel, Stadtschreiber. Chr. Priemer, Salz-Factor.<br />

Joh. Freudenmann, Steuereinzieher.<br />

Gymnasium zu Hechingen: Praefect. Jos. Müller. Can. Prof.<br />

P. Phil. Weiber. Prof. Reg. Leix.<br />

Kloster zu St. Luzen: Franc. Ord. P. Guard. Onuphrius<br />

Stich.<br />

Kloster Gnadenthal zu Stetten: Ord. S. Domin. Priorin<br />

Werlin.<br />

Kloster Rangendingen: Ord. St. Dominici Priorin Ludowica<br />

Ehrenburgerin.<br />

Reichs-Adels Herrschaften<br />

Gammertingen: Stadt und Reichsherrschaft, auf der Alp<br />

gelegen, zu der Reichsritterschaft Donauviertel collectable,<br />

aus 5 Ortschaften und 2 ansehenlichen Kameral-Mayerhöfen<br />

bestehend. Regierender Herr: Marq. Carl Anton Frhr. von<br />

Speth auf Zwyfalten ect. s. t. t. sup. E. I. Canton Donau n.<br />

Gemahlin: Maria Maximiiiana geb. Speth zu Hettingen ect.<br />

Rath und Obervogt: Frz. Xav. von Merhart v. Bernegg.<br />

Amtsschreiber: Marx Jemiller. Hausmeister: Fidel Fauler.<br />

Hettingen: Bey Riedlingen, Reg. Herr: Frhr. von Speth zu<br />

Zwyfalten, s. t. t. sup. E. I. Canton Donau n. Gemahlin:<br />

Maria Josepha Freyin v. Rosenbach. Kinder: Frz. Conrad<br />

Domherr zu Würzburg und Konstanz. Friedrich, Edelpage<br />

zu Würzburg. Maria Amalia, Gem. d. Frhr. Casimir von<br />

Sickingen zu Freyburg (i. B.). Maximiiiana, Gem. d. Marq.<br />

Carl Anton von Speth zu Gamerdingen. Theresia Stiftsdame<br />

zu Augsburg.<br />

Stifter und Klöster<br />

Glatt am Neckar, Fürstl. Stift. Murisch. Dahin gehören<br />

Dettingen, Dürrenmettstetten hälftig, Dettlingen, Dießen,<br />

Dettensee, Neckarhausen. Stadthalter zu Glatt P. Leuntius<br />

Beuttier. Stadthalter zu Dießen P. Luitfr. Fälle. Oberamtmann<br />

über alle Orte Neumüller. Pfarrer: Albert Renner.<br />

Alt Reichsfürstliches Haus Fürstenberg<br />

Obervogteyamt Trochtelfingen<br />

Zum Justizwesen: Obervogt Joh. Bapt. Mors, Rath. Secret.<br />

Karl Friedrich von Barz. Pract. Joh. Nepomuk Link.<br />

Zum Cammeralwesen: Rentmeister Joh. Bapt. Hufschmid.<br />

Zum Pfarrwesen: Zu Trochtelfingen Stadtpfarrer Januarius<br />

Engelhard SS. Th. D. und Dekan des Trochtelfinger Rur.<br />

Capit. (Landkapitels). Stadtkapläne: ad S. Nicol. Engelhard,<br />

ad S. Magd. Kaiser, ad B. V. M. Fleischmann, ad Animar.<br />

Honold. Ringingen: Pfr. Seb. Schmid, SS. Th. C. Cand.<br />

Zu Ringingen: Resignirter Pfarrer Joh. Bapt. Bitzenhofer,<br />

Exdecan, v. Rur. Capit. Trochtelf. Salmendingen: Pfr. Mayer.<br />

Melchingen: Pfr. Riegger. Obervogteiamt Jungnau.<br />

Zum Justizwesen: Obervogt Karl Fidel Schneider, Rath.<br />

Waisenrechner: Peter Paul Vöhrenbach. Amtsschreiber:<br />

Martin Selb.<br />

Zum Pfarrwesen: Zu Jungnau: Hofkaplan J. Bapt. Heitzelmann.<br />

Inneringen: Pfr. Ignaz Frhr. von Laßberg. Kapl. NN<br />

Bäuerle. Vicar Fischerkeller.<br />

Storzingen: Pfr. Karle.<br />

Stift Buchau, gefürstete Abtey am Federsee<br />

Fürstin und Äbtissin: Maria Maximiiiana Esther, des HL. R.<br />

R. Fürstin und Äbtissin des kaiserlich gefürsteten und freyweltlichen<br />

Reichstiftes Buchau, Erbfr. der Herrschaft Straßberg,<br />

St. Kr. Ord. Dame. Geb. Reichsgräfin von Stadion zu<br />

Thann- und Warthausen ect., geb. 21. Juli 1737 erwählt<br />

18. Januar 1775.


Stifts- und Kapitulardamen: Maria Johanna Gräfin von Hohenzollern-Sigmaringen,<br />

Seniorin und Küsterin. Maria Eleonora<br />

Reichs-Erbtruchseß Gräfin von Wolfegg-Waldsee. M.<br />

Ernestina Liebsteinsky, Gräfin von Kollowrat, St. Kr. Ord.<br />

Dame. Maria Felcitas, Reichs-Erbtruchseß, Gräfin von Zeil-<br />

Wurzach. M. Anna Gräfin von Hohenzollern-Hechingen,<br />

kaiserliche Hofdame. M. Elisabeth Gräfin von Fugger-Glött.<br />

Carolina Gräfin von Fugger-Rorndorf. Josepha Gräfin von<br />

Königsegg-Aulendorf. Johanna Josepha Gräfin von Oettingen-Spielberg.<br />

Eleonora Waldburga Reichs-Erbtruchseß<br />

Gräfin von Wolfegg-Waldsee. M. Ludowica Reichs-Erbtruchseß<br />

Gräfin von Wolfegg-Wolfegg. (Bern. Im Stift befanden<br />

sich sieben Geistliche und 14 Regierungsbeamte).<br />

Obervogt zu Straßberg: Ignaz von Montelong, Hofrath.<br />

Pfarrer zu Straßberg: Dionys. Miller.<br />

Schenk von Castell.<br />

Franz Ludwig Schenk, Graf von Castell, Herr der Graf- und<br />

Herrschaften Schelklingen, Berg und Guttenstein, auch<br />

Ober-Dischingen, Bach, Hausen und Stetten am Kaltenmarkt.<br />

Herrschaft Gutenstein, Rath und Obervogt: Franz Conrad<br />

Schmid, JUL.<br />

Reichsstädte<br />

Pfullendorf. Kath. Relig. Raths-Collegium: Amtsburgermeister<br />

Joh. Georg Strobel. Alter Burgermeister, Franz Christ.<br />

Engel. Oberzunftmeister, Chrysostomus Baur. Oberbaumeister<br />

Thaddäus Ehren.<br />

Geheime: F. J. Sigle. J. Mich. Probst. Jak. Eisenhart. Neue<br />

Zunftmeister: Mich. Ehrat, Mich. Miller, Andreas Sautter,<br />

Jak. Wilhelm. Alte Zunftmeister: Martin Endres, Mich.<br />

Heilig, Mich. Waldschütz, G. Schweickert. Stadt-Kanzley:<br />

Conrad Mayer, Rathsconsulent und Kanzleyverwalter. Jos.<br />

Anton Kempter Registr. u. Actuarius. Stadtphysicus: F. J.<br />

Kern, Med. Dr. Stadtgericht: F. X. Walter, Stadtammann.<br />

Richter: J. G. Matheus. Anton Keßler. F. A. Ehrm. J. G.<br />

Baur. J. Gaber. J. Linder. Steph. Faigle. J. Amersin. F. J.<br />

Dreher. Matth. Sauter. Phil. Walk.<br />

Großspitalamt: F. J. Sigle, Pfleger. G. Hibschle, Pfleger.<br />

Matth. Schach, Amtsschreiber. St. Jakobi Pfleger Andreas<br />

Sauter, Matth. Essig. Leprosenpfleger Martin Endres, Georg<br />

Matheus. U. L. Fr. Pfleger Mich. Ehrat, G. Schweiggart.<br />

Allmosenpfleger M. Müller, J. Mohser.<br />

Venerabiiis Clerus: a) in der Stadt, Fidelis Walter, Stadtpfarrer.<br />

J. M. Krais, Paroch. libere. resign. Nachprediger, Capellani:<br />

Caspar Futterer. Mich. Bolder. Andr. Waldschütz.<br />

Mich. Mayer. Dominicus Walk. J. Meichle. Mich. Hibschle,<br />

Cooper. G. Müller, Cooper.<br />

b) außer der Stadt: J. M. Bregenzer, Pfr. inllmmensee. Ignaz<br />

Gasser v. Freyenhuben, Pfr. in Zell.<br />

Friedberg-Scheer. Diese Reichsgrafschaft wird seit 6. Juli<br />

1772 von den regierenden Herren Grafen Reichs-Erbtruchsessen<br />

Grafen zu Wolfegg-Waldsee, zu Zeil-Wurzach und zu<br />

Wolfegg-Wolfegg gemeinsam besessen. Hochgräfliche Räthe,<br />

Oberbeamte und Officianten zu Scheer. Franz Xaver<br />

Clavel J. U. L. erster Rath und Oberamtmann. Fr. Anton<br />

Ignaz Baur, Hofrath und Landschaftscassier. Jos. Laurent.<br />

Buzorini, Hofrath und Rentmeister. Jos. Frz. Xav. Epplen<br />

von Hertenstein, Hofrath und Archivar, Comes palat. Caes.<br />

Notar, publ. Clemens Conrad Sälzl, Secret, Joh. Dom.<br />

Willib. Ferber, Expeditor. Paul Schmid Rentschreiber. Jos.<br />

Karl von Finkele, Access. F. A. Liebherr, Herrschaftlicher<br />

Stadtammann zu Scheer. Heinrich Karl, Herrschaftl. Jäger<br />

und Fischer. Wunib. Kieferle, Kanzleybote. J. Mich. Best,<br />

Kanzleydiener.<br />

Amt Hohentengen: J. A. Eichbaum, Landammann. J. Eckstein,<br />

Herrschaftl. Oberjäger. Geistlichkeit in der Stadt<br />

Scheer und auf dem Lande. F. J. Prielmayer, SS. Th. et SS.<br />

CC. Pfr. zu Scheer. Fr. Kasp. Liebherr SS. Th. et SS. CC.<br />

Hofkaplan. Capell. Fr. Carl Volkwein. Nikol. Pfeiffer. J.<br />

Bapt. Gaißer, Kapell, und geistlicher Pfründerpfleger zu<br />

Scheer. Joh. Karl Prielmayer. Joh. Fuchsohr.<br />

Hohentengen: Pfarrer J. G. Reiffei SS. Th. et SS. CC. Capell.<br />

et Primiss. Jos. Näher, Capell. Aloys Fischer.<br />

Herbertingen: Pfr. Paul Theoph. Herp, Phil. Mag. et SS. Th.<br />

C. Kapläne: Wunib. Kleber und Joh. Rothmund.<br />

Mieterkingen: Pfr. Dominicus Gegel, Th. Mor. et SS. CC.<br />

auch Saulgauischen Kap. Deput.<br />

Fulgenstadt: Pfr. Franz Ignaz Schnitzer, Th. Mor. et SS. CC.<br />

Fürstenberg Mößkirch.<br />

Maria Gabriele Felicitas, Fürstin zu Fürstenberg, geb. Herzogin<br />

von Schleswig, Holstein, Stormarn und Diethmarsen,<br />

Gräfin zu Oldenburg, Delmenhorst. Erbfr. der Herrschaft<br />

Frischau, Boßitz und Gaywitz u. Weil. Carl Friedrich zu<br />

Fürstenberg Mößkirch zurückgelassene Gemahlin. Zu Eichstätt<br />

geboren am 21. Oktober 1716, verm. den<br />

23. May 1735, verwitw. am 7. Sept. 1744.<br />

Hochfürstl. Hofstaat der verw. Fürstin Durchlaucht zu<br />

Mößkirch. Hofdame: vac. Kammerfrau: M. Maria Anna<br />

Lindenmännin. Hausmeister: Carl Faller. Kammerdiener:<br />

Lindemann. Kammerlakai: Bühler. Tafeidecker: Rad.<br />

Oberamt Mößkirch.<br />

Zum Justizwesen: Oberamtmann Ignaz Heinrich Fischer,<br />

geheimer Rath. Oberamts-Secret. Joseph Gotthilf Schorer.<br />

Oberamtskanzlisten: Konitscheck und Heitz, Oberamtscopist<br />

Michael Cula. Practicant Aloys von Menshengen.<br />

Zum Cammeralwesen: Rentmeister Jakob Rautter, Rath.<br />

Commercien-Rath Franz Anton Gleitz. Interims Cameralamtmann<br />

zu Radolphzell N. N. Tobler. Burgvogt zu Wildenstein<br />

Painter. Kiefermeister Karrer. Control. im Bauhof.<br />

Bau-Inspector Joseph Anton Schlosser.<br />

Zum Pfarrwesen: Zu Mößkirch Stadtpfarrer Johann Georg<br />

Keller, V. R. C. Moesk. Decan. Kapläne: Fischerkeller,<br />

Lang. Frühmesser Mayer, v. Consoni, Heininger Coop.<br />

Benef. Zu Engelswies: Enggesser, Pfarr-Vicar allda. Oberbichtlingen:<br />

Vicar Hummel. Thalheim: Vicar Single. Bietingen:<br />

Pfr. Angstenberger, V. R. C. Cammerer. Boll: Pfr.<br />

Stärk. Gallmannsweil: Pfr. Schmid. Göggingen: Pfr. Johann<br />

Anton Hecht. Heudorf: Pfr. Fischerkeller. Kreenheinstetten:<br />

Pfr. Franz Joachim Gebele von Waldstein. Krumbach:<br />

Pfr. Endres. Leibertingen: Pfr. Andreas, Can. Reg. in Beuron.<br />

Menningen: Pfr. Massa.<br />

Des Heiligen Römischen Reiches Abt zu Salmannsweil,<br />

Cisterciens. Ord. Robert, geb. 28. Januar 1740. Erw. 4. Juni<br />

1778.<br />

Conting. Offic. u. a. Ans. Sutor, Cornet des Hohenz.<br />

Sigmar. Küras. Reg. Oberamtmann Jos. Sutor, Rath, für<br />

Ostrach und Bachhaupten. Obervogt Joh. Bapt. Schauber,<br />

Rath, für Stetten am kalten Markt. Hofmeister Januarius<br />

Glaiz, Fürstlich Fürstenbergischer Commercienrath für<br />

Mößkirch.<br />

Altshausen. Reichs-Land-Komthurey der Balley Elsaß und<br />

Burgund des deutschen Ritter-Ordens.<br />

Beatus Conr. Phil. Franz Freiherr Reutner von Weil ect.<br />

Landkomthur der Balley Elsaß Burgund und Hessen, Komthur<br />

zu Altshausen, Marburg, Maynau u. Wetzlar. K. K.<br />

wirkl. geh. Rath und des besagten hohen Ordens bey Sr. des<br />

Herrn Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog Maximilian zu<br />

39


Oesterreich. K. H. wirkl. Staats- und Conf. Minister, geb.<br />

17. August 1719.<br />

Herren Rathsgebietige, Kapitularen, Komthuren und Rittern<br />

der Balley Elsaß und Burgund. (Bem. Es sind insgesamt 15<br />

Personen aufgeführt; u. a. der Hoch- und Deutschmeister zu<br />

Mergentheim und Komt. zu Beuggen, der Komtur zu Ruffach,<br />

Andlau, Straßburg, Kaisersberg und Gebweiler, Komtur<br />

zu Hitzkirch, Komtur zu Rixheim, Basel und Mühlhausen,<br />

Komtur zu Rohr und Waldstetten, Komtur in Churpfalz.<br />

Der einheimische Adel ist spärlich vertreten. Anton<br />

Fidelis Dominicus Maria Freiherr von Hornstein zu Göffingen,<br />

Deutsch-Ordens-Ritter, Hauptmann des Churpfälzischen<br />

Garderegimentes zu Pferd. Franz Fidelis des Hl. Rom.<br />

Reiches Erbtruchseß und Graf zu Zeil Wurzach und Friedberg,<br />

Deutsch-Ordens-Ritter und Hauskomthur zu Altshausen,<br />

K. u. K. wirkl. Cämmerer, kommand. Obrist des gräfl.<br />

Wolfegg Schw. Kreises Infanterie Regimentes.)<br />

Ordenspriester: (sämtliche als Pfarrverweser in verschiedenen<br />

Ortschaften u.a. in später <strong>hohenzollerische</strong>n): Carl Säger,<br />

Pfarrverweser zu Liggersdorf. Carl Blumer, Pfarrverweser<br />

zu Esseratsweiler. Franz Joseph Hepp, Pfarrverweser zu<br />

Liggersdorf (Bem. unter den 14 Ordens-Priestern befindet<br />

sich kein Adeliger).<br />

Räthe und Officianten der Reichs-Land-Komthurey: (insgesamt<br />

6 Personen, darunter): Michael Nicolaus Ganter AA.<br />

LL. Phil, et M. D. Rath und Leib- auch Landschafts-Arzt.<br />

Anton Bagnato, Rath, Baudirector und Kastenamtmann zu<br />

Ravenspurg.<br />

Zur Landkomthurey gehörende Obervogteyen.<br />

Hohenfels: Phil. Jos. Schindler J. C. Hoch- und Deutschmeister-Hof-<br />

und Balleyrath, Obervogt.<br />

Achberg: Jos. Mandele, Obervogteyverweser.<br />

CASIMIR BUMILLER<br />

Banachbarte Württembergische Ämter:<br />

Bahlingen: Oberamtmann und Cho. Phil. Lotter. Spec.<br />

Superint. und Stadt-Pfarrer M. Geo. Cho. Reinhard. Stadtund<br />

Amtsphysicus Jos. Rud. Cammerer. Alpirsbacher Pfleger<br />

und Geistlicher Verwalter Theod. Fr. Kapf. Diacon und<br />

Pfarrer zu Heselwang Hofmann. Heiligen-Vogt Siegel.<br />

Stadt- und Amtsschreiber G. Chr. Hobbhan. Stadt- und<br />

Amtspfleger vac. Burgermeister Hirschmann-Judä. Praec.<br />

Schumacher. Collab. Wörner. Spitalpfl. Hartenstein.<br />

Comm. Rechn. Prob. Leonharder. Hauptzoll. Hirschmann.<br />

Stadt- und Schultheiß Roller. Kaiserlicher Reichs-Posthalter<br />

Roller.<br />

Ebingen, Dec. Bahlingen. Oberamtmann, Keller und geistlicher<br />

Verwalter J. Rud. Andler. Stadtpfarrer M. Auer. Diac.<br />

Hainlin. Stadtschreiber Ludwig Friedrich Geß. Praec. Pöcklin.<br />

Burgermeister Beck-Krimmel, auch Spitalpfleger und<br />

Kaiserlicher Reichs-Posthalter. Hauptzoll. Landenberger.<br />

Apotheker Rambold. Bitz Pf. DiacSup. (NN?).<br />

Pfullingen, weltl. Amt. Großengstingen Rom. Kath. Pfr.<br />

Schreyer, Herzogl. Hofkaplan.<br />

Uracher Amt: u. a. Haußen an der Lauchart Decanat Pfullingen<br />

Pfr. Glanz. Mägerkingen Dec. Pfullingen, Pfr. Hauff.<br />

Quelle: Des Hochlöbl. Schwäbischen Kreises, vollständiges<br />

Staats- und Addreß-Buch, auf das Jahr 1785. Als der zweyte<br />

Theil des Europäischen Staats- und Addreß-Buchs, worinnen<br />

Die in diesem Kreiß dermalen florierende Höchst- und Hohe<br />

Regenten, Der Geist- und Weltlichen Fürsten, Prälaten,<br />

Grafen und Herren, der Reichsstädte und unmittelbaren<br />

Reichsritterschaft, samt deroselben Ministern, Räthen,<br />

Canzleyen und übrigen Dienerschaften, nebst dieses Kreises<br />

Militair-Etat enthalten. Cum Privilegio Caesareo, welches<br />

dem ersten Theil vorgedruckt ist. Geißlingen, Reichsstadt-<br />

Ulmischer Herrschaft, ausgefertigt v. Gottfr. Paul Tilger,<br />

N.C.P.I.<br />

Jungingen zu Kaisers Zeiten im Spiegel der Polizeidienerbücher<br />

Das Junginger Gemeindearchiv verwahrt 17 gebundene<br />

Büchlein im Taschenbuchformat, die sich durch die aufgeklebten<br />

Papieretiketten als Dienstbücher der verschiedenen<br />

Polizeidiener der Gemeinde zu erkennen geben. Es sind uns<br />

leider nicht alle Dienstbücher der Kaiserzeit erhalten; bei<br />

genauer Betrachtung handelt es sich um eine bruchstückhafte<br />

Uberlieferung, die folgende Zeiträume abdeckt: die Zeit vom<br />

30. Sept. 1879 bis zum 24. Juni 1882 (drei Bücher), vom<br />

20. April 1884 bis zum 15. Januar 1888 (vier Bücher), vom<br />

27. Juni 1899 bis zum 2. Januar 1903 (fünf Bücher), vom<br />

11. Juni 1903 bis zum 24. Sept. 1906 (vier Bücher); schließlich<br />

existiert ein einzelnes Buch, das den interessanten Zeitraum<br />

vom 2. Juni 1914 bis zum 10. Februar 1915 abdeckt.<br />

Als Polizeidiener geben sich zu erkennen: Johann Müller<br />

(1879-1881) und Conrad Haiß (1881-1888); ein loses Blatt<br />

von 1890 nennt einen Polizeidiener Hennenlotter, und später<br />

finden sich - jeweils ohne Angabe des Vornamens - die<br />

Polizeidiener Speidel (1899/1900), Riester (1900-1902), Rominger<br />

(1903/04), Schuler (1904-1906) und Bosch (1914/15).<br />

Alle Polizeidiener außer Rominger entstammen dem Dorf<br />

Jungingen selbst.<br />

So unscheinbar und unbedeutend die Aufzeichnungen der<br />

40<br />

einzelnen Polizeidiener auf den ersten Blick sein mögen, so<br />

liefern sie uns doch unerwartet viel Einblick in die sozialen<br />

und kulturellen Verhältnisse des Dorfes zur Zeit der Gründerjahre.<br />

Sie beleuchten dabei verschiedene Seiten des dörflichen<br />

Alltagslebens, in erster Linie selbstverständlich den<br />

Alltag des Polizeidieners selbst.<br />

Der Alltag des Polizeidieners<br />

Der Polizeidiener ist in der Verwaltungskette vom preußischen<br />

Oberamt in Hechingen und dem Vogtamt der Gemeinde<br />

der niederste Beamte, der die verschiedenen polizeilichen<br />

Funktionen des Staates auf der untersten Ebene gegenüber<br />

den einzelnen Untertanen repräsentiert, kontrolliert und<br />

durchsetzt. Er ist ein behördliches Faktotum, ein >Mädchen<br />

für alles


unangenehm ist, ist er in der Tendenz eher unbeliebt; ihm<br />

bleibt aber in der Auslegung seiner Kompetenzen genügend<br />

Spielraum, um seine Beliebtheit in der Gemeinde etwas zu<br />

steuern.<br />

Der Polizeidiener ist viel auf den Beinen. Zweimal täglich<br />

patroulliert er durchs Dorf: oft schon um 6 Uhr in der Frühe,<br />

manchmal auch mittags, auf jeden Fall noch einmal abends<br />

zwischen 9 und 12 Uhr, jetzt auch, um in den Wirtschaften<br />

Feierabend zu bieten. Nicht jeden Tag, aber drei, vier Mal in<br />

der Woche hat er mit der Glocke amtliche Bekanntmachungen<br />

auszurufen; so ist etwa Johann Müller um 1880 schon oft<br />

»morgens von halb 7 bis 8 Uhr beschäftigt mit Schellruf«, was<br />

zugleich ein Hinweis auf das frühe Erwachen des Dorfes ist.<br />

Zu seinen regelmäßigen Pflichten zählt das »Vorladen der<br />

Bürgercollegien«, die Einberufung zu Gemeinderatssitzungen.<br />

Jedes Frühjahr (Januar/Februar) stehen die Holzversteigerungen<br />

im Wald an, die der Polizeidiener zu leiten hat.<br />

Jährlich revidiert und kontrolliert er auch die Düngerstätten<br />

(Misten), die Maße und Gewichte bei den Kaufleuten und<br />

(seit ca. 1900) die Hausnummern. Einmal im Jahr steht die<br />

Reinigung von Schul- und Rathaus an, die er beaufsichtigt.<br />

Im Frühjahr und im Herbst beruft er die Reservisten zu den<br />

Kontrollversammlungen ein, die jeweils auf dem Turnplatz in<br />

Hausen stattfinden. Regelmäßige Aufgaben sind schließlich<br />

der Steuereinzug und das Kassieren der Beiträge für die<br />

Brandkasse, und jeweils im Dezember händigt er den zahlreichen<br />

Junginger Hausierhändlern ihre Wandergewerbescheine<br />

aus. Zu seinen unangenehmen Pflichten gehören Pfändungen,<br />

wenn Bürger Zahlungsrückstände haben. Bei Haushaltsauflösungen<br />

übernimmt er, der das Versteigern von Amts<br />

wegen gewohnt ist, auch Mobiliar- und Güterversteigerungen,<br />

ja er wird sogar zum >Anzeigenblättle< für Privatannoncen,<br />

fragt beispielsweise an, »Wer von Josef Bosch Somerschuhe<br />

kaufen will« (17. 2. 1902) oder gibt bekannt: »Wer<br />

von Christian Haiß Wittwe einen Wagen, Waschkeßel &<br />

verschiedene Hausmopilarien kaufen will, muß morgen<br />

nachmittag 2 Uhr in jehrer Wohnung erscheinen« (14. 5. 02).<br />

Überdies ist der Polizeidiener das Fundbüro der Gemeinde:<br />

»Es sind siebenzig Mark in einem Taschentuch ferlohren<br />

gegangen, der retliche finder wolle sie beim Vogtamte abgeben«<br />

(24. 9. 1900) oder: »Es ist beim Bürgermeisteramte eine<br />

Henne abgeliefert worden, der Rechtmäßige Eigenthümer<br />

wolle dieselbe innerhalb 2 Tagen abholen« (23. 7. 06). Vielleicht<br />

ganz angenehm mögen seine Dienste bei Hochzeiten<br />

gewesen sein, wo er allerdings recht häufig bis nachts 2 Uhr<br />

für Ordnung sorgen, also etwa allzu Jugendliche vom Tanzboden<br />

fernhalten mußte: »Josephina Simmendinger unbefugter<br />

Weise auf dem Tanzboden angetroffen (30. 5. 1881). Die<br />

Polizeidiener haben uns an Hochzeiten sieben im Jahr 1881<br />

festgehalten, acht im Jahr 1887, ebensoviele 1900 und mindestens<br />

dieselbe Zahl 1906.<br />

In größeren Abständen gab es Volkszählungen (z. B. am<br />

1. 12. 1880, damals hatte Jungingen 887 Einwohner) und<br />

Gemeinderats- bzw. Vogt/Bürgermeisterwahlen; an der<br />

technischen Abwicklung solcher aufwendiger Aktionen war<br />

der Polizeidiener jeweils maßgeblich beteiligt. Solche seltenen<br />

Ereignisse zählen schon zu seinen aufregenderen Aufgaben.<br />

Übertroffen wurden sie nur noch durch die ganz<br />

seltenen Fälle, wo er gegen ein Verbrechen einschreiten muß,<br />

wie etwa Polizeidiener Riester, der am 6. 10. 1900 »Abends<br />

Vi 10 Uhr den Wilhelm Schaub von Killer ferhaftet und ins<br />

Arrestlokal gebracht« hat »wegen fahrlässiger Thötung«.<br />

Ansonsten ist der Dienst eher ruhig und wenig hektisch, er<br />

steigert sich zuweilen zu feierlichen Höhepunkten, so wenn<br />

der Polizeidiener Riester am 27. 1. 1902 aus Anlaß des<br />

»Geburtsfest Seiner Maistäd des Deutschen Kaisers« abends<br />

am Festbankett teilnehmen kann oder wenn derselbe am<br />

21. 6. 02 »wegen Festlichkeiten des Herrn Pischofs von<br />

Freiburg« aufs Rathaus laden darf. Feierlich gerät der Eintrag<br />

des Polizeidieners, wenn Seine Majestät ihre Verbundenheit<br />

mit den Untertanen zeigt: »dem Herrn Pfarrer 4 Exemplare<br />

von Seiner Maiestäten dem Kaiser u. der Kaiserin Silbernen<br />

Hochzeit ausgehändigt zur Aushändigung der besten Schüler«<br />

(19. 2. 06).<br />

Einen Polizeidiener bringt (fast) nichts aus der Ruhe. Tag für<br />

Tag läuft er seine Strecke. Er arbeitet 365 Tage im Jahr, es gibt<br />

keinen Urlaub, keinen Sonntag, keinen Feiertag. Wer wollte<br />

es dem Polizei Riester da nicht nachsehen, daß er am<br />

24. 12. 02 »betref des Heiligen abend keinerlei Dienste gethan«<br />

hat.<br />

Drei-Klassen-Gesellschaft<br />

Wir können in den Polizeidienerbüchern eine Reihe politischer<br />

Wahlen verfolgen. Zwar finden sich darin keine<br />

Reichstagswahlen (nur die Ersatzwahl eines Abgeordneten<br />

wird am 17. 1. 06 angekündigt), aber einige Vogt- und<br />

Gemeinderatswahlen haben sich hier niedergeschlagen. So ist<br />

etwa Johann Müller am 2. 8. 1880 (das ist ein Montag!) »von<br />

11 bis 2 Uhr auf dem Rathaus beschäftigt bei der Vogtwahl«<br />

(gewählt wurde damals, was er uns verschweigt, Georg<br />

Bumiller, 1880-1892). Besser sind wir durch Polizeidiener<br />

Schuler von der Bürgermeisterwahl 1904 unterrichtet:<br />

»Durch Schellenruf bekannt gemacht: Am 9. d(ieses) Monats)<br />

Nachmittags 3 Uhr findet die Bürgermeisterwahl hier<br />

statt. Wittwen haben Vertreter oder Vollmachten bis längstens<br />

3 Tage vor der Wahl beizubringen. Die Wählerliste liegt<br />

zu jedermanns Einsicht auf dem Rathause offen« (2. 1. 04).<br />

Am 13. Januar verkündet er »durch Schellenruf« das Ergebnis:<br />

»Bei der heutigen Bürgermeisterwahl wurde Burgermeister<br />

Kohler mit 122 gegen 74 Stimmen wiedergewählt«<br />

(Sebastian Kohler, »Bäschtel-Vogt«, war seit 1898 Vogt und<br />

von 1903 bis 1924 Bürgermeister von Jungingen).<br />

Der Bürgermeister wird von jedem Bürger, jedem Hausvorstand<br />

gewählt; da Frauen kein Wahlrecht haben, müssen sie,<br />

wenn sie als Witwe einem Haus vorstehen, Vertreter benennen.<br />

Noch anders sieht das Wahlrecht bei Gemeinderatswahlen<br />

aus, und zwar sind uns die Wahlen von 1901 und 1904<br />

erhalten. Polizeidiener Riester gibt am 22. 7. 01 bekannt:<br />

»Am Donnerstag finden die Wahlen der Gemeindefertretung<br />

stat, von morgens 8 bies 10 Uhr die drite Glasse, von 10 bies<br />

12 Uhr die 2te Glasse, von 4 bies 6 Uhr die erste Glasse;<br />

bemerkt wirth: die Wahl erfolgt durch Stimmenzetel von<br />

weis Papier.« Die Bürger sind nach ihrem Steueraufkommen<br />

in drei Klassen eingeteilt, und das so entstandene Drei-<br />

Klassen-Wahlrecht findet auch in der Gemeindepolitik seine<br />

Anwendung. Offensichtlich gelangten aus der zweiten und<br />

dritten Klasse je drei Bürger in den Gemeinderat (Bekanntmachung<br />

vom 25. 7. 01); die erste Klasse, in der hauptsächlich<br />

die Geschäftsleute vertreten waren, scheint mehr Bürger<br />

entsandt zu haben. Unter den beiden Bewerbern Eduard<br />

Bumiller (Postwirt) und Paul Bumiller (Fabrikant) kam es am<br />

29. 7. 01 zur Stichwahl; es scheint, daß der schwergewichtige<br />

und stattliche Postwirt, der wegen seiner Ähnlichkeit mit<br />

Bismarck »Reichskanzler« genannt wurde, das Rennen gemacht<br />

hätte (1904 ist er jedenfalls Vertreter der ersten Klasse).<br />

So spiegeln sich die Verhältnisse der großen Politik im kleinen<br />

Jungingen wieder, und das Dorf ist in mehr als dieser<br />

Hinsicht ein Reich im kleinen.<br />

Öffentliche Ordnung<br />

Der Polizeidiener ist die Ordnungsmacht dieses kleinen<br />

Reichs, in dem jeder jeden kennt. Er hat die Gebote und<br />

Verbote bekannt zu machen und ihre Einhaltung zu überwachen.<br />

Manche Regelungen sind saisonal bedingt und geben<br />

nebenbei interessante Einblicke ins kulturelle Leben. So muß<br />

im Winter an »das Verbot des Schneeballen u. Schlittenfahren<br />

41


in den Ortswegen« erinnert werden (16. 1. 1900) und noch<br />

am 21. 11. 1914 wird bekannt gemacht: »das Schlittschuhlaufen,<br />

Schlittenfahren, Schleifen und Schneeballwerfen innerhalb<br />

des Ortszirkels ist bei Strafe verboten.«<br />

Gegen alle möglichen Gesetz- und Ordnungswidrigkeiten<br />

muß der Polizeidiener einschreiten. Am 25. 6. 1886 notiert<br />

Polizei Haiß: »Abends zwischen 8 und 9 Uhr traf ich den<br />

Hund, dem Christian Keller Mezger gehörend, beim Hause<br />

herumlaufend ohne Maulkorb.« Oft muß er früh wach sein,<br />

um den Dingen auf die Spur zu kommen. Sonntag,<br />

21. 5. 1882: »Morgen V* nach 5 Uhr kam Fridrich Bumiller<br />

Wirth mit einem Wagen voll Reiswellen vom Weilerwald und<br />

hat dadurch den Sonntag entheiligt.« Der Sonntag hat es auch<br />

sonst in sich. Der Gottesdienst ist für bestimmte Vorhaben<br />

die günstigste Zeit: »während des vormittägigen Gottesdienstes<br />

traf ich den Sohn des Karl Friedrich Riester, Heinrich<br />

Hermann Riester, 10 Jahre alt, den Sohn des Xaver Speidel,<br />

Hermann Matthäus Speidel, 11 Jahre alt, in dem Garten der<br />

Johann Glamser Wittwe Obst herunter geworfen haben«<br />

(28. 8. 87). Am 2. 11. 79 »abends halb 9 Uhr traf ich nachstehende<br />

Sonntagsschüler mit ruhestörendem Lärm auf öffentlicher<br />

Gasse« (es folgen fünf Namen).<br />

Ruhestörung ist überhaupt die häufigste Ordnungswidrigkeit,<br />

die die Polizeidiener zu beklagen haben. Sie führen einen<br />

ewigen Kampf gegen die elementaren Mächte des Lebens, die<br />

sich leider Gottes allzu oft erst abends entfalten wollen.<br />

»Heute abend % nach 11 Uhr traf ich nachstehende Singend<br />

und Lärmend auf öffentlicher Gasse« (folgen vier Namen,<br />

7. 8. 80); »Abends halb 12 Uhr traf ich Matheus Löffler von<br />

Boll im Dorfe Singend umherziehend« (10. 4. 81); »Ein<br />

viertel vor 9 Uhr traf ich folgende Personen Lärmend und<br />

Ruhestörend auf der Straße an, nämlich Franziska Weith, Ida<br />

Dekel, Maximiiiana Simmendinger, Theresia Riester«<br />

(25. 2. 82); »nachts halb 12 Uhr traf ich Carl Joseph Simmendinger<br />

auf der Straße singend und jodelnd an« (21. 6. 85) -<br />

dies ist der ständige Tenor solcher Einträge. Die Männer und<br />

Frauen waren fröhlich in jenen Tagen. Hauptsächlich aber<br />

sonntags, wenn sie Zeit hatten, ausgelassen zu sein. Dann traf<br />

man sich in den verschiedenen Wirtschaften des Dorfes, die<br />

zum Teil brechend voll gewesen zu sein scheinen.<br />

Die Wirtshäuser<br />

Für das gesellschaftliche Leben auf dem Dorf aus vielen<br />

Gründen unentbehrlich, waren die Wirtshäuser für den<br />

Polizeidiener doch immer ein potentieller Unruheherd, und<br />

besonders unter dem Einfluß von Alkohol machten ihm die<br />

Besucher häufig zu schaffen.<br />

In der Zeit zwischen 1879 und 1888 gab es in Jungingen acht<br />

Wirtshäuser, die die Landstraße herunter wie Perlen an einer<br />

Kette aufgereiht waren: oben im Dorf der »Cive«, dann<br />

jeweils in enger Nachbarschaft folgend die »Kaiserburg«, die<br />

»Post«, der »Engel«, der »Adler«, der »Bier-Theodor«,<br />

schließlich die »Krone« und im Unterdorf der »Gambrinus«.<br />

Nach 1900 änderte sich die Wirtschaftslandschaft etwas: die<br />

Konzession der »Kaiserburg« ging 1901 auf die neu errichtete<br />

Bahnhofswirtschaft über, der Bier-Theodor ging 1907 im<br />

neuen »Hirsch« auf, die »Krone« verlegte sich von der Bruck<br />

an die neue Straße. Es gab jetzt sechs Wirtschaften: »Cive«,<br />

»Post«, »Adler«, »Hirsch«, »Krone« und »Bahnhof«, die<br />

außer dem »Cive« alle noch existieren.<br />

In den Wirtshäusern ging es sonntags hoch her. Bunte<br />

Gesellschaften kamen zusammen, sangen und jubilierten und<br />

hatten oft wenig Lust, um 10 Uhr nach Hause zu gehen. Auch<br />

nachdem am 11. 6. 1904 die Polizeistunde auf 11 Uhr verlegt<br />

wurde, war das vielen noch zu früh. Allein zwischen 1879<br />

und 1888 haben sich in den Polizeidienerbüchern nicht<br />

weniger als 62 Übertretungen der Polizeistunde niedergeschlagen,<br />

wobei am häufigsten in der »Kaiserburg« noch<br />

42<br />

Gäste zu finden waren. Noch spät (oder schon früh) sitzen<br />

bunt gemischte Gesellschaften zusammen; z.B. am<br />

6. 6. 1882: »Ein viertel vor 1 Uhr traf ich in der Wirthschaft<br />

des Sebasian Bumiller folgende Personen die Polizeistunde<br />

übersitzen, nämlich 1. Carl Friedrich Kohler, 2. dessen<br />

Ehefrau Josephine, 3. Johann Gonser, Schmied, 4. dessen<br />

Ehefrau Albertine Gonser, 5. Christian Glamser, 6.<br />

Konstantin Schuler, Mechanikus.« Überhaupt muß der Juni<br />

1882 ein heißer Monat gewesen sein, denn am 4., 6., 7., 8.,<br />

11., 13., 19., 21. und 24. Juni mußte Polizeidiener Haiß<br />

jeweils in mehreren Wirtshäusern späte Gäste nach Hause<br />

komplimentieren.<br />

In der Regel geht das ohne größere Umstände, das bloße<br />

Auftreten des Polizei bewegt die Gäste meist zum Gehen.<br />

Aber es gibt Situationen, wo die Autorität des Polizeidieners<br />

an ihre Grenzen stößt. »Vi nach 10 Uhr traf ich in der<br />

Wirthschaft des Fridrich Bumiller Mußig mit Tanz und<br />

ruhestörenden Lärm in der oberen Stube. Da nach wiederholter<br />

Ermahnung die Ruhe nicht hergestellt werden konnte, so<br />

wollte ich das obere Lokal schließen. Fridrich Bumiller<br />

brachte aber die fortgehenden Personen wieder in die Stube<br />

zurük mit dem Bemerken, daß es seine Stube sei und mich<br />

nichts angehe. Ich machte deßhalb königlichem Vogtamt<br />

Anzeige zu weiterer Verfügung« (20. 11. 81). Ein ander Mal:<br />

»Zwischen 9 und 10 Uhr in der Wirthschaft der Barbara Haiß<br />

Lärmen durch Jauchzen und Singen verursacht und die Ruhe<br />

der Nachbarschaft gestört, auf mehrmaliges Ermahnen zu<br />

Ruhe hieß der Sohn Egidi Riesters namens Christian mich im<br />

Arsch leken...« (2. 10. 87). Solche Beleidigung muß den<br />

Polizeidiener ebenso kränken wie seinen Kollegen später das<br />

kühle Verhalten eines Fabrikanten: »Bringe den Silvester<br />

Bosch, Tricotfabrikant, zur Anzeige, weil er in der Nacht<br />

vom 21/22 Februar in der Gastwirthschaft zur Post 10 Minuten<br />

nach 12 verweilt hat und trotz meinen und des Gastwirts<br />

ermanungen das Lokal nicht verlassen hat; er sagte, er müsse<br />

zuerst seine Cigarre rauchen, er habe zu Hause so kalt«<br />

(21. 2. 1904). Selten kommt es schließlich vor, daß ein<br />

Polizeidiener als letzte Maßnahme ein Lokal schließen muß:<br />

»Philipp Jakob Bumiller, Wirth, die Wirthschaft abends<br />

7 Uhr geschloßen wegen Händel & Streitereien, sogar Stechereien«<br />

(12. 2. 02).<br />

Jedoch auch wenn die Störung der Ordnung solche Formen<br />

annahm, so spielte sich das noch immer im Rahmen des<br />

Bekannten und Gewohnten ab; es handelte sich um Ausbrüche<br />

spontaner Lebendigkeit oder Aggressivität, wie sie in der<br />

dörflichen Gemeinschaft eben denkbar waren. Man war<br />

gewissermaßen noch unter sich. Aber es gab dann auch<br />

beunruhigende Störungen, die von außen kamen, das Fremde<br />

und Befremdliche, das bedrohliche Formen annehmen konnte.<br />

Bettler<br />

Am 15. Mai 1880 »überliefert« Polizeidiener Müller »den<br />

vom Gendarm Lasse und Sauder aufgegriffenen Gottlieb<br />

Eisele... wegen Betteins und Verdachts der Landstreicherei«<br />

ans Oberamt in Hechingen. Dies ist der frühe Auftakt zu<br />

einer wahren Bettlerwelle, die dann im Winter 1880/81 über<br />

Jungingen hereinbrechen sollte. Am 9. 11. 80 führt Müller<br />

den Bettler Wilhelm Wetter dem Vogt vor, am 24. 11. greift<br />

er »2 Handwerksburschen wegen Bettel« auf, tags darauf hat<br />

er »einige Zigeuner aus dem Dorf ausgewiesen«. Am 29. 11.<br />

führt er Johann Gustav Kanter aus Gersdorf bei Görlitz dem<br />

Vogt vor, am 16. 12. einen Josef Rösch aus Niederbayern.<br />

Am 15. Januar 1881 trifft er Johann Merz aus Hörschwag<br />

beim Betteln, am 17. Januar »Mittag 12 Uhr den Franz<br />

Wagner, Gärtner aus Speier, und den Wilhelm Gasgart,<br />

Maurer aus Selbach Amt Bieberach u. Abend 4 Uhr den<br />

Bartlome Kung von Grosselfingen«. Franz Xaver Nikenhau-


er, Bierbrauer aus Gammertingen, wird am 22. 1. 81 wegen<br />

Bettelns aufgegriffen. Am Sonntag, dem 13. 2. 81, lautet die<br />

Notiz: »Morgens 8 bis 9 Uhr das Dorf batroulliert und<br />

Gustav Werner, Schneider aus Caßel, am Bettel erwischt und<br />

aus dem Dorf gewiesen. Mittag 11 bis 1 Uhr das Dorf<br />

batroulliert und Johann Nepomuk Aiser von Gebrazhausen,<br />

Johann Fußer von Bern, Arbeitsuchender, am Bettel erwischt<br />

und aus dem Dorf gewiesen.« Am 16. 2. findet der Polizeidiener<br />

den Bäcker Julius Bankke von Zettwitz am Bettel,<br />

einen Tag später den Maurer Johann Baptist Lambert aus<br />

Einhard und Christian Krafft von Roßwangen. Die letzten<br />

Betteleinträge betreffen den 22. und den 25. Februar 1881:<br />

hier weist er den Hammerschmied Johann Friedrich Tausch<br />

aus Endringen und den Arbeitsuchenden Johann Köchler,<br />

zuletzt Hermann Saßmann aus Zittmannsdorf und Otto<br />

Laßing von Zittenrode wegen Bettel aus dem Dorf. Später<br />

sind Bettler nur noch für das Jahr 1900 belegt.<br />

Ich zitiere die Fälle deshalb so ausführlich, weil hier die so<br />

unbedeutende Quelle der Junginger Polizeidienerbücher auf<br />

eine soziale Katastrophe nationalen Ausmaßes hinweist. Es<br />

muß in diesem Winter 1880/81 im ganzen Reich eine ungeheure<br />

Wanderbewegung unter den wirtschaftlich und sozial<br />

Herausgefallenen geherrscht haben, die dann überall in den<br />

einzelnen Orten als Bettler auftraten. Diese wenigen Notizen<br />

des Polizeidieners stellen ein winziges Stück deutscher Sozialgeschichte<br />

dar, denn es liegt auf der Hand, daß diese<br />

Leute, wenn sie von Kassel, aus Sachsen und aus Bayern<br />

kamen, Hunderte von Kilometern zu Fuß zurückgelegt und<br />

Hunderte von Ortschaften aufgesucht hatten, bevor sie durch<br />

Jungingen kamen - und sie werden, hier wie überall verjagt,<br />

noch unzählige weitere Orte überall im Reich gesehen haben.<br />

Jede einzelne Gemeinde, die von den bettelnden Gruppen<br />

>heimgesucht< wurde, konnte dieses soziale Problem, das die<br />

ganze Gesellschaft betraf, natürlich nicht lösen, aber was<br />

wollte man dagegen tun? Man gründete einen Verein. Am<br />

28. 2. 81, als die Bettlerwelle schon über das Dorf hinweggegangen<br />

war, befand sich Polizeidiener Müller »von 11 bis<br />

12 Uhr Mittags bei der Wahl zum Vorstand gegen Hausbettelverein«<br />

. Auch dieses neue Steinchen im Mosaik der Junginger<br />

Vereinsgeschichte verdanken wir nur den Polizeidienerbüchern.<br />

Polizei Müller sammelt am 4. und 5. April 1881<br />

Beiträge zu diesem Verein, am 11. 9. 81, 9. 10. 81 und im<br />

April 1882 treffen wir ihn bei derselben Tätigkeit. Dieser<br />

»Verein gegen Haus- und Straßenbettel« scheint nur kurze<br />

Zeit bestanden zu haben. Seine Ziele ergeben sich aus dem<br />

Namen; wie er sich konkret der Bettelei erwehren wollte und<br />

wozu die Beitragsgelder verwandt wurden, ist unklar.<br />

Die in Jungingen auftretenden Bettler erweisen sich z. T. als<br />

Männer mit spezialisierten Berufen, die Arbeit suchen. Aber<br />

in Jungingen war ihnen nicht zu helfen, auch wenn es zu<br />

diesem Zeitpunkt bereits die ersten Fabriken gab.<br />

Arbeit<br />

Jungingen war im 19. Jahrhundert, abgesehen von einigen<br />

reichen Geschäftsleuten, selbst ein armes Dorf. Schmale<br />

Lebensgrundlage in fast allen Familien war ein bißchen<br />

Landwirtschaft. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

(25. 10. 04) zählt Polizeidiener 76 Misten im Dorf auf, was<br />

allerdings nur wenig mehr als die Hälfte war; in fast allen<br />

Häusern stand damals noch Vieh. Dennoch lebte praktisch<br />

niemand mehr ausschließlich von der Landwirtschaft. Es gab<br />

etwa 30 Handwerker und Geschäftsleute, darunter die acht<br />

Wirte, zwei Schmiede, zwei Sägemüller, zwei Metzger, dazu<br />

Wagner, Schreiner, Schuster, Kaufleute.<br />

Wie in den anderen Killertalgemeinden hatte man sich in<br />

Jungingen seit dem 18. Jahrhundert stark auf den Hausierhandel<br />

verlegt. Um 1900 gingen 230 Personen >auf die Reise


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Wie kam St. Verena nach Straßberg?<br />

Im Hohenz. Jahresheft 1959 berichtete ein größerer Aufsatz<br />

über die Vergangenheit von Straßberg an der Schmeie und<br />

dabei auch über die erste Nennung der hl. Verena als<br />

Kirchenpatronin im Jahre 843. Die Heilige lebte nach 300 als<br />

Wohltäterin und Mutter der Armen und Verlassenen in<br />

Zurzach am Rhein, wo die Römer zwei Brücken und zwei<br />

Kastelle hatten. Im genannten Jahr 843 schenkte ein Glied des<br />

Kaiserhauses, Adalhart von Burk, einige Güter unter bestimmten<br />

Bedingungen an die Verenakirche in Bure (S. 2),<br />

das ist Straßberg im Scherragau. Den Namen Burk trug der<br />

Ort noch bis um 1560 für den westlichen Teil mit der<br />

Pfarrkirche, während der Ortsteil östlich der Schmeie mit der<br />

trutzigen Höhenburg (Besitzer ist derzeit Dipl.-Ing. Laschimke)<br />

Straßberg genannt wurde, ohne daß wir über den<br />

Grund unterrichtet sind. Der Straßberger Bürgersohn Edmund<br />

Langenstein, pensionierter Bankbeamter in Hechingen,<br />

hat neuestens den Ort Zurzach, wenige Kilometer<br />

oberhalb der Einmündung der Aare in den Rhein, besucht<br />

und sich anhand des bei Schnell u. Steiner erschienenen<br />

Führers »St. Verena Zurzach« (3. Aufl. 1961) genauer umgesehen.<br />

Im westlichen ehemaligen Kastell, der Anhöhe »Kirchlibuck«,<br />

an den sich der Ortsteil »Burg« anlehnt, steht ein<br />

Kirchlein »St. Verena und Mauritius auf Burg«. Die Heilige<br />

Jungfrau ist nach der Uberlieferung dem Blutbad der thebäischen<br />

Legion unter Mauritius entkommen und lebte nach 300<br />

hier als Einsiedlerin und schloß auch hier ihr Leben. An<br />

ihrem Grab bestand schon vor dem Jahr 830 ein benediktini-<br />

WOLFGANG FREY<br />

Kleiner Ort mit bewegter Vergangenheit<br />

sches Doppelkloster, das in die Merowingerzeit zurückgehen<br />

dürfte. Die Verehrung Verenas wurde zweifellos von den<br />

Insassen dieses Klosters verbreitet und fand ihren Niederschlag<br />

außer in Burg-Straßberg auch als Patronin von Dettingen<br />

(Konstanz), Engelswies, Hüfingen, Mahlspüren, Oehningen,<br />

Rielasingen, Roggenbeuren, Andelshofen (b. Überlingen),<br />

Volkertshausen, Wiechs und in den württembergischen<br />

Orten Dautmergen b. Rottweil und Kehlen bei Tettnang.<br />

Durch die anzunehmende Missionierung durch das<br />

genannte Kloster, auch die Begünstigung durch den Hochadel<br />

und die schon vor dem Jahr 800 einsetzenden Pilgerfahrten<br />

nach Zurzach ist der Verenakult verbreitet worden, ohne<br />

daß wir für Straßberg-Burg eine genaue Zeit angeben könnten<br />

und noch weniger für die oben genannten Orte.<br />

Merkwürdig erscheint das Kirchlein »St. Verena und Mauritius«<br />

mit der Bezeichnung »auf Burg« wie unser westliches<br />

Straßberg im Jahre 843 und bis um 1560! Ist das Zufall? (Vgl.<br />

das Heft von Dr. Adolf Reinle bei Schnell u. Steiner von<br />

1961!) Durch die Tochter Irmingart des K. Ludwig des<br />

Deutschen (Hohenz. Jahresheft 1958, 180) kam vermutlich<br />

der östliche Teil Straßbergs links der Schmeie an Buchau, der<br />

westliche mit Kirche mag durch Hz. Burkart an die Herzogin<br />

Hadwig (f 994) auf dem Twiel und dann durch K. Heinrich<br />

II. mit dem dortigen Kloster ca. 1010 ans Kloster<br />

Stein a. Rh. gelangt sein. St. Verena brachten wohl um 700<br />

Mönche von Zurzach an die Schmeie, denn im Jahr 680 war<br />

nach dem Schriftsteller Agathias unser Land noch weithin<br />

heidnisch, mit Ausnahme der alten Römerorte am Rhein.<br />

Ortsteil Bittelschieß von Krauchenwies feierte sein 900jähriges Bestehen -1083 erstmals beurkundet<br />

Anfang des Jahres feierte der Ortsteil Bittelschieß von Krauchenwies<br />

sein 900jähriges Bestehen. Rechtzeitig zum Jubiläum<br />

war auch die Außenrenovation der St.-Kilians-Kirche<br />

dieses Gemeindeteils abgeschlossen worden. So wurde das<br />

Gotteshaus wieder zu einem Schmuckstück des Dorfes.<br />

Auf Grund der sechs Hallstatt- und Keltenburgen, die in der<br />

weiteren und näheren Umgebung Bittelschieß gelegen haben,<br />

ist anzunehmen, daß dieses Gebiet etwa um 500 bis 400 Jahre<br />

vor Christus besiedelt wurde. Die erste geschichtliche Nennung<br />

der Herren von Bittelschieß im Jahr 1083 läßt darauf<br />

schließen, daß zu diesem Zeitpunkt bereits dort eine größere<br />

Ansiedlung existierte.<br />

Die Herren von Bittelschieß nannten sich 1083 Bittelschiez,<br />

1223 Bivtelschiez, 1275 Buttelschiez. Schieß bedeutet soviel<br />

wie Winkel, Ecke, auch Giebel.<br />

In der Gütergeschichte des Kloster St. Georgen im Schwarzwald<br />

ist verbrieft, daß Berthold von Bittelschieß einer der<br />

Zeugen war, als der Adelige Hezelo am 4. Januar 1083 dem<br />

Grafen Mangold von Altshausen den Auftrag erteilte, das<br />

Gut Königseggwald mit Zubehör unter den Schutz des<br />

Papstes zu stellen. Am 2. Januar 1092 vermachte Ritter<br />

Berthold von Bittelschieß zwei Mansen (Höfe) in Wolfratsreute<br />

bei Saulgau dem Kloster St. Georgen.<br />

44<br />

Bittelschieß wird in einer Urkunde des Bischofs Heinrich von<br />

Tanne aus Konstanz vom 20. Oktober 1245 erwähnt, als<br />

Hugo von Bittelschieß Burg und Dorf dem Konstanzer<br />

Bischof übertragen und als Erblehen zurückerhalten hat.<br />

1248 schenkte Hugo von Bittelschieß Güter in Bittelschieß<br />

dem Gotteshaus Salmannsweiler (Salem).<br />

Ofenkacheln weisen auf Burg hin<br />

Obwohl nach einer Urkunde der Sitz der Herren von Bittelschieß<br />

die Burg auf dem Bergvorsprung gegenüber der Bittelschießer<br />

Mühle, an der Landstraße Krauchenwies-Pfullendorf-Wald<br />

angelegt war, wurden beim Abräumen dieses<br />

Bergrückens weder Quadersteine noch Mauerreste gefunden.<br />

Einige Zeit zuvor waren auf dem Bergvorsprung allerdings<br />

becherförmige Ofenkacheln aus dem 13. Jahrhundert entdeckt<br />

worden, die auf eine schlichte mittelalterliche Burganlage<br />

hindeuten.<br />

Der Ort Bittelschieß kam 1400 in den Besitz der Herren von<br />

Bodman, die ihn 1429 an das Haus Gremiich zu Pfullendorf<br />

um 495 Gulden verkauften. Das Dorf kam 1465 vorübergehend<br />

an die Herren von Reischach und fiel dann wieder an die<br />

Familie Gremiich zurück. Die Herren von Gremiich teilten<br />

sich später mit dem Bischof zu Konstanz den Besitz des<br />

Ortes. Im Jahr 1667 verkaufte Bischof Franz Johann in


Konstanz die Hälfte des Dörfleins Bittelschieß an einen<br />

gewissen Johann Hafner für 6500 Gulden. Im Jahr 1751<br />

wiederum erwarb der Edle Johann Baptist Stader von Adelsheim,<br />

Hofkanzler in Sigmaringen, das Dorf von Joseph<br />

Leodegar von Hafner um 32 000 Gulden. Als Herr von<br />

Staden 1766 starb, wurde seine verwitwete Frau Besitzerin<br />

von Bittelschieß. Sie verlegte jedoch ihren Wohnsitz nach<br />

Hechingen, wo ihre Tochter mit Hofrat und Hofkanzler von<br />

Franc verheiratet war und auch ihr Sohn Adolfus von Stader<br />

wohnte. 1786 kaufte Fürstin Johanna zu Hohenzollern-<br />

Sigmaringen, verwitwete Gemahlin des Fürsten Karl Friedrich,<br />

das Dorf von den Erben Stadens um 59 000 Gulden.<br />

Schon im folgenden Jahr ging nach ihrem Tod (am 22. Februar<br />

1787) ihr Bittelschießer Besitz an Alois Fürst Hohenzollern-Sigmaringen<br />

über.<br />

1263 wird als Pfarrer in Bittelschieß Burcardus plebanus<br />

genannt. Damals war nach dem »Liber decimationis« von<br />

1275 (einem Steuerregister) Bittelschieß selbständige Pfarrei.<br />

Die Einkünfte der Pfarrherren sind mit 30 Schillingen angegeben.<br />

Sie waren gering, daß sie auf die Dauer für den Unterhalt<br />

der Pfarrer nicht ausreichten. Deshalb wurde auf Bitten der<br />

Patrone vom Generalvikar des Bischofs zu Konstanz die<br />

Pfarrei Bittelschieß am 10. September 1429 mit der Pfarrei<br />

Hausen am Andelsbach vereinigt.<br />

Johann Baptist von Stader, Herr über Bittelschieß von 1751<br />

bis 1766, war mit Eifer darum bemüht, Bittelschieß wieder zu<br />

einer selbständigen Pfarrei zu machen. Seine Bemühungen<br />

blieben aber erfolglos. Immerhin wurde auf seine Initiative<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Die Seelsorger von Weilheim (b. Hechg.) (Schluß)<br />

Der Pfarrer bezog 1544 den Wein-, Groß-, Klein- und<br />

Heuzehnten aus Weilheim, Hausen (Hauserhof), Stauffenburg,<br />

Grosselfingen und teils Wessingen. Davon hatte er der<br />

Herrschaft Zollern 52 Mit. Vesen und 26 Mit. Haber zu<br />

liefern (sonst meist umgekehrt!). Außer Pfarrhaus, Scheuer,<br />

Baumgarten und 7 Juchert Feld besaß der Pfarrer einen<br />

Weingarten im Sickental. Ausgenommen war nur der sogenannte<br />

Ottenzehnt (auch Killeruehnt genannt) von 125 Juchert<br />

Feld, der von Hans Ott von Husen (Hauserhof) an die<br />

Herrschaft Zollern gekommen, früher offenbar den Herren<br />

von Killer gehört hatte (HJHeft 1954,106 zum Jahr 1328). Bei<br />

Hagen wird auch eine Kapelle Unserer Lieben Frau auf dem<br />

Berg ob Weilheim genannt, die mit der heutigen Urbanskapelle<br />

identisch sein dürfte. Die von dort stammende »thronende<br />

Madonna« von ca. 1380 ziert heute den Hochaltar der<br />

Pfarrkirche, die 1767 unter Pfarrer Debele von Großbayer<br />

erbaut und dann von Franz Ferd. Dent ausgemalt wurde.<br />

Merkwürdigerweise wußte man (nach Eisele) um 1738 nicht,<br />

welchen Tag man als Patrozinium feiern sollte und einigte<br />

sich auf Maria Heimsuchung. Dagegen 1612 heißen die<br />

Patrone Petrus und Paulus (die heute noch den Hochaltar<br />

seitlich zieren) und Katharina, aber nicht Maria! Dagegen<br />

wird 1592 Unsere Liebe Frau als »Heilige« von Weilheim<br />

genannt (Heimatklänge 1934,67). Sollten 1544 die genannte<br />

Kapelle als auch die Kirche dieselbe Hauptpatronin so nahe<br />

beieinander gehabt haben?<br />

Im Jahre 1964 wurden bei der Kirchenrenovation unter dem<br />

Putz zwei schadhafte Inschriften freigelegt, und zwar an der<br />

äußeren Außenmauer in Nähe des (inneren) Seitenaltars. Die<br />

eine steht auf dem eingemauerten Bruchstück eines Türsturzes,<br />

und wird ergänzt bzw. gedeutet als »Alma Domina sis<br />

hin 1758 an der Stelle »einer uralten ruinösen Kirche« ein<br />

neues, größeres Gotteshaus von Baumeister Martin Ilg gebaut.<br />

Die Kirche von Bittelschieß ist ein rechteckiges Langhaus mit<br />

eingezogenem dreiseitig geschlossenem Chor. An der Evangelienseite<br />

befindet sich die Sakristei, über der sich ein<br />

Oratorium mit zwei korbbogigen Arkaden gegen den Chor<br />

hin öffnet. Langhaus und Chor tragen flache, verputzte<br />

Holztonnen mit Stichkappen.<br />

Die Mittelspiegel beider Decken sind heute mit Bildern von<br />

August Braun aus Wangen versehen, die bei der Wiederherstellung<br />

der Kirche in den Jahren 1933/34 neu gemalt wurden.<br />

Das Hochaltarbild stammt von dem selben Maler. Nur die<br />

beiden Seitenaltarblätter sind noch von Andreas von Aw, eine<br />

Darstellung der 14 Nothelfer aus dem Jahre 1760.<br />

Das Innere der Kirche bewahrte die Geschlossenheit des<br />

Gesamteindrucks durch das ganze 19. Jahrhundert hindurch,<br />

und noch heute besticht es durch seine harmonischen Verhältnisse<br />

und die feine Ausführung der Stukkaturen. Lediglich<br />

die ursprünglichen Deckengemälde und das Hochaltarbild<br />

existieren nicht mehr. Sie fielen dem großen Erdbeben<br />

vom Jahre 1911 zum Opfer. Die anderen Schäden konnten,<br />

wenn auch jetzt noch Risse davon zeugen, später wieder<br />

ausgebessert werden. Gingen die Deckenfresken auch unwiderbringlich<br />

verloren, so vermittelt wenigstens eine erst vor<br />

wenigen Jahren im Kunsthandel aufgefundene Entwurfzeichnung<br />

zum Hauptgemälde im Langhaus eine gewisse Vorstellung<br />

von dem ursprünglichen Aussehen.<br />

nobis patrona = Hehre Herrin, sei uns Patronin!« Die<br />

Großbuchstaben scheinen aus dem 13. Jahrhundert zu stammen<br />

wie bei der folgenden, da will man lesen: »(Im Jahre<br />

1274) am Vortag von Chrysantus und Daria wurde diese<br />

Kirche geweiht vom Bischof (Hildebrand) von Ei(chstätt) zur<br />

Ehre...« (Hohz. Ztg. 6. II. 1965 und Hohz. Heimat<br />

1965,32).<br />

Der langjährige Oberlehrer und Chronist von Weilheim,<br />

Franz Xaver Pfeffer, gab 1959 neben einer sechsseitigen Beschreibung<br />

der Kirche 1958 auch eine Liste der ehemaligen<br />

Pfarrer heraus. Diese konnte in der Zwischenzeit ergänzt<br />

werden und sei hiermit vorgelegt:<br />

1275 ein ungenannter Kirchrektor.<br />

1 1296-1300 Magister Hug von Neuneck, rector ecclesie in<br />

Wilhain (Mitt. Hohz. 11,94f.). Anfang und Ende seiner<br />

hiesigen Tätigkeit sind nicht bekannt, wie bei vielen<br />

folgenden Pfarrern.<br />

2 1369-1376 Pfaff Albrecht der Hellegraf, Kirchherr, vergabt<br />

seinen Schwestern Kunigund und Adlun, Nonnen<br />

zu Stetten, Gilten aus einem Hof zu Weilheim (Urk.<br />

Stetten Nr. 278-293).<br />

3 1384—1391 Hans Hiirning, adeliger Kirchherr, nach<br />

Kernler um 1406 gestorben (Wappen: Halber Widder:<br />

Urk. Stetten S. 385). Er siegelte 21. Nov. 1391 für die<br />

Klause zu Weilheim (HH 1965,46).<br />

4 Zwischen 1410 und 1430 Pfaff Dietrich Kunig aus Mössingen,<br />

stritt wegen des Zehnten mit Werner Schenk von<br />

Stauffenberg, Kaplan zu Heiligkreuz-Hechingen, der<br />

1434 tot war.<br />

5 1430-1437 und länger Hermann Kern, Leutpriester und<br />

45


dann Dekan, siegelt 1437 eine Urkunde der Klause W.<br />

und war 1463 tot.<br />

6 1463-1470 Albertus Murer aus Hechingen, präsentiert<br />

durch die Grafen von Zollern, proklamiert 28. Juli,<br />

invest. 28. Aug. 63. Zahlt an den Bischof 14 fl Erstfrüchte.<br />

Im Jahre 1470 erhielt er Absenzerlaubnis, war 1493<br />

tot.<br />

7 1470f. Verweser Jakobus Pistorius (Pfister). Im Jahre 1472<br />

wurde Grosselfingen abgetrennt und selbständige Pfarrei.<br />

Am 22. September 1492 erhielt der Dekan des Kap.<br />

Hechingen den Verwaltungsauftrag für Weilheim.<br />

8 1492-1523 Michael Ott von Husen (Adeliger vom Hauser-Hof),<br />

bisher in Stein, proklamiert am 24. November,<br />

invest. 11. Dezember 1492. Er war 1520 noch nebenher<br />

Kaplan zu Hechingen auf einer von ihm 1515 gestifteten<br />

Pfründe.<br />

9 Seit 1523 Johannes N. (Geschlechtsname nicht genannt),<br />

zahlt 20 fl Erstfrüchte.<br />

10 1526 Magister Albrecht (Albert) Schultheiß, will 1526<br />

resignieren, darauf hat man am 16. August den Wolf gang<br />

Han aus Rottenburg für Weilheim proklamiert. Dieser<br />

zog jedoch am 24. November 1526 als Kaplan nach<br />

Heiligkreuz bei Hechingen. Schultheiß verzichtete nicht,<br />

sondern erhielt am 24. Juli 1527 auf 1 Jahr Absenzbewilligung<br />

von Weilheim.<br />

11 1529-1533 Georgius N., zahlt 24 fl Erstfrüchte. Doch war<br />

1533 die Pfründe wieder frei, der Dekan sollte für Verwaltung<br />

sorgen.<br />

12 1534—1535 Georg Schreiber, Sohn des gleichnamigen zollerischen<br />

Amtmanns, zahlte nur 8 fl Erstfrüchte. (Uber<br />

beide berichten die Zimmerische Chronik 4,309 f. und<br />

Jul. Cramer, »Grafschaft Hohenzollern« 1873,151 f.) Georg<br />

bekam 1535 Absenzerlaubnis.<br />

13 1538-1542 Johannes Berlin (Berlow) von Davantria (Deventer<br />

in Holland).<br />

14 1544—1562 und wohl länger Hans Sattler, seit 12. Februar<br />

1550 Dekan, tot 1574.<br />

15 1567-1570 Magister Christoph Buckenmaier, zahlt 24 fl<br />

Erstfrüchte, trat 1570 zurück.<br />

16 1570 Johann Georg Beuther, seit 15. April.<br />

17 Ca. 1576-1580 Konrad Ohnverdorben. Ihm habe Gr.<br />

Eitelfriedrich v. Z. den seinem früheren Vorgänger Hans<br />

Hürning gewährten Zehntbezug wieder genommen. Er<br />

ist dann 1594 Stiftsherr in Hechingen.<br />

18 1582 ein nicht genannter Verweser, vielleicht der folgende.<br />

19 1582-1602 Melchior Keyer aus Hechingen, Verweser bis<br />

1594, als Pfarrer proklamiert 16. Oktober, invest. 26.<br />

Oktober 1594, Erstfrüchte 20 fl, als Kammerer 1602<br />

gestorben (Pfarr-Einkommen 1592 siehe: Heimatklänge<br />

1934,64).<br />

20 1603-1611 Jakobus Bechtold (Bechtel). Habe seine persönlichen<br />

Güter (nach Pfeffer) dem Kloster Stetten vermacht.<br />

21 1611-1612 Johannes Halder aus Haigerloch, klagt über<br />

schlechten Zustand der kirchlichen Gebäude.<br />

22 1612-1624 Johannes Dietsche (Dietrich) aus Empfingen,<br />

starb 20. November 1624. Als Pfarrpatrone werden 1612<br />

genannt: Petrus, Paulus, Katharina. Ortsvogt ist Stephan<br />

Halder.<br />

23 1624-1629 Johannes Linstritt (Leinsdritt), (Leinstetter?).<br />

Wird am 6. Oktober 1629 tot genannt.<br />

24 Bis 1631 Johannes Merz-, ob investiert, ist nicht sicher.<br />

25 Bis 1637 Johannes Eberhard.<br />

26 1637-1651 Gallus Buckenmaier (junior), ist 1651 fast<br />

gelähmt, klagt über geringes Einkommen (HJHeft<br />

1963,162).<br />

27 1647-1648 Aushelfer Hans Martin Molitor (Müller), hat<br />

46<br />

Streit mit der Wessinger Heiligenpflege, stirbt 1651 in<br />

Heiligenzimmern.<br />

28 1654 Hans Walch (wohl aus Hechinger Familie), vermittelt<br />

mit Wessingen wegen der Gottesdienstordnung. Die<br />

Weilheimer verlangen alle Sonntagsgottesdienste und<br />

Spendung der Sakramente.<br />

29 1656-1670 Johannes Sickinger, von hier gebürtig, schon<br />

am 17. Dezember 1654 proklamiert, als Diakon 1655<br />

präsentiert, Priester seit 1. April 1656, invest. 18. März<br />

1656. Baut 1662 die Pfarrscheuer neu. Ist 1671 »gewester<br />

Pfarrer«.<br />

30 1671-1683 Magister Johannes Chrysost. Greulich aus<br />

Hechingen, invest. 6. Juni mit 27 Jahren, starb 1684 außer<br />

Landes. (Streit wegen Kleinzehnten zu Grosselfingen:<br />

HJHeft 1963,164.)<br />

31 1683-1686 Johann Georg Garb aus Rottenburg, geb.<br />

1650. Will den alten Pfarrhof abbrechen, der ruinös sei.<br />

Nach seinem 1686 erfolgten Tod wird die Pfarrei 2 Jahre<br />

durch Pfarrer Georg Seer von Grosselfingen versehen.<br />

Die Einkünfte sparte man offenbar zum Hausbau.<br />

32 1686-1710 Johann Georg Werner aus Hechingen, geb.<br />

1656, zunächst Verweser, hatte in Augsburg studiert, als<br />

Pfarrer präsentiert 3. September 1688, baute das Pfarrhaus<br />

neu, hat 1694 ca. 300 Parochianen (ohne die Kinder<br />

unter 14), 1706 dagegen 500. Im Jahre 1699 wird er<br />

getadelt, »er habe mit Kindern auf Plätzen mit Kügele<br />

gespielt«, und »scheint Taback zu rauchen«. Werner starb<br />

am 21. Oktober 1710.<br />

33 1710-1711 Johann Georg Emich aus Hechingen, präs. 30.<br />

Dez. 1710, prokl. 3. Februar 1711, zahlt 15fl 54 kr<br />

Erstfrüchte, starb schon am 29. Juni 1711.<br />

34 1 711-1734 Franz Jakob Funk aus Hechingen, präs. 3. Juli<br />

1711, prokl. 1. August 1711. Kammerer, stritt mit der<br />

Herrschaft wegen der Bezüge, starb 24. März 1734.<br />

35 1734 Friedrich Anton Leo aus Hechingen, nur vom<br />

20. April bis 13. Juni 1734, wo er starb. War bisher in<br />

Stetten unter Holstein, hatte ab 1716 in Freiburg studiert.<br />

36 1734-1774 Christian Debele aus Waldsee, geb. 1697,<br />

wurde 1741 Dekan, erweiterte die Kirche rückwärts bis<br />

zum Turm, der ein neues Dach bekam, beseitigte das<br />

Kornhaus und erweiterte das Pfarrhaus, schaffte eine<br />

Monstranz und andere Kunstwerke an und starb nach<br />

längerem Leiden am 3. April 1774.<br />

37 1769-1774 aushelfender Vikar Bernhard Buochmüller aus<br />

Jungingen, geb. 24. August 1744, später 24 Jahre Pfarrer<br />

in Owingen, wo er am 15. Mai 1805 das Zeitliche segnete.<br />

38 1774-1805 Joseph Schwendemann, geb. Haslach 29. Juni<br />

1727; war 26 Jahre Jesuitenpater, trat bei kirchlicher<br />

Auflösung des Ordens in Dienst der Diözese Konstanz.<br />

Ließ die Altäre von Franz Ferd. Dent fassen, wozu er<br />

300 fl gab, stiftete eine Orgel und stellte als Orgelschläger<br />

einen Mann namens Pfründer aus Geislingen bei Balingen<br />

an, der dann den hiesigen Jungbauern Xaver Konanz<br />

ausbildete. Der Pfarrer starb am 10. August 1805.<br />

39 1805-1839 Franz Joseph Giegling aus Hechingen, vorher<br />

Kanoniker daselbst, Kammerer seit 1809, seit 1817 Dekan,<br />

lebte 1771 bis 1839. (In FDA 1885 ff. sind die<br />

Nachrufe der seit 1827 verstorbenen Geistlichen zu finden.)<br />

40 1839-1863 Konrad Volm aus Hechingen, war 1821 Pfarrer<br />

in Hausen i. K. geworden, lebte 1796 bis 1877, starb in<br />

Hechingen.<br />

41 1863-1864 Verweser Gabriel Schlude aus Rulfingen, lebte<br />

1829 bis 1890.<br />

42 1864—1865 Verweser Thomas Speidel aus Grosselfingen,<br />

lebte 1821 bis 1892.<br />

43 1865-1867 Verweser Otto Fischer aus Iserlohn, ord.<br />

Mainz, war Cooperator in Hechingen, 1865 Verw. in


Weilheim, 1868 Pfarrer in Jungingen, 1886 in Fischingen,<br />

lebte 1839 bis 1898.<br />

44 1867-1871 Joseph Marx aus Rottweil, war 1857 Vikar in<br />

Empfingen, Kapl.-Verw. in Straßberg, Pfarrer in Hausen<br />

im Tal; Kapl.-Verw. in Bingen, 1867 Weilheim, 1871<br />

Pfarrer in Walbertsweiler bis 1907, starb 1914 in Sigmaringen<br />

(FDA 1918).<br />

45 1871-1872 Verweser Franz Xaver Fecht aus Krauchenwies,<br />

lebte 1842 bis 1909, zuletzt in Inneringen.<br />

46 1872-1902 Konstantin Speh aus Bingen, lebte 1844 bis<br />

1902 (FDA 1906).<br />

47 1902-1904 Verweser Johann Schuler aus Schlatt, dann<br />

viele Jahre Gymnasial-Professor in Konstanz, starb 1971<br />

mit 94 Jahren.<br />

Buchbesprechungen<br />

Franz X,. Vollmer: »Der Traum von der Freiheit.« Vormärz<br />

und 48er Revolution in Süddeutschland in zeitgenössischen<br />

Bildern. Mit 391 Abbildungen und 23 Karten, Konrad Theiß<br />

Verlag. DM 68,- Subskriptionspreis bis 10. 10. 83 DM 59,-<br />

Dieses Buch ist die erste zusammenfassende Darstellung des<br />

Vormärz und der Revolution von 1848/49 in Süddeutschland.<br />

Man bemerkt erst beim Lesen des Vollmer'schen Buches,<br />

daß es bisher an allgemein zugänglicher Literatur zu<br />

diesen Ereignissen gefehlt hat. Vollmer geht von zeitgenössischem<br />

Bildmaterial aus, das er in großer Fülle zusammengetragen<br />

hat. Es gab um diese Zeit schon eine aktuelle Bildberichterstattung,<br />

nicht in Fotos, sondern in Form von Lithographien<br />

und Holzstichen. Die Zeichner der Zeitungen und<br />

»Unterhaltungsblätter« vermittelten den Lesern stets die<br />

neuesten Ereignisse im Bild und die Meinung der Zeitungen<br />

kommt oft in Karikaturen zum Ausdruck.<br />

An das Bildmaterial anknüpfend werden die wechselvollen<br />

Begebenheiten der Revolutionszeit dargestellt. Jeweils an<br />

Hand eines Bildes wird chronologisch über die Ereignisse<br />

berichtet. Die »große Geschichte« in Frankfurt, Berlin und<br />

Wien steht am Rande, Mittelpunkt ist das Geschehen in<br />

Süddeutschland. Die tragenden Personen der Revolution und<br />

die »fortschrittlichen« Städte, aber auch die Verhältnisse in<br />

den einzelnen Staaten von Hessen bis Bayern werden eingehend<br />

geschildert.<br />

Auch die beiden <strong>hohenzollerische</strong>n Fürstentümer wurden<br />

von der Revolution ergriffen (Wichtigste Quelle: E. Gönner,<br />

Die Revolution 1848/49 in den Hohenzollerischen Fürstentümern<br />

und deren Anschluß an Preußen). Die Revolution<br />

nahm in den einzelnen Staaten einen ganz verschiedenen<br />

Verlauf. Im Grunde erwartete auch jeder »Unterthan« etwas<br />

anderes von der Revolution. Die Bauern wollten nur Befreiung<br />

von den alten Feudallasten, die Politik interessierte sie<br />

wenig. Die Bürger in den Städten wollten Volksbewaffnung,<br />

Pressefreiheit und eine unabhängige Gerichtsbarkeit.<br />

Am 24. September 1848 forderte auf einer Versammlung in<br />

Trillfingen der Rechtsanwalt Karl Würth eine demokratische<br />

und soziale Republik. Unter dem Eindruck der angeblichen<br />

Siege von Struve und Rau in Baden forderte er zwei Tage<br />

später in Sigmaringen die Herausgabe der Waffen und die<br />

Aufstellung eines Sicherheitsausschusses. Die Regierung floh<br />

aus dem Lande. In Wirklichkeit hatten schon am 24. September<br />

800 badische Soldaten in Staufen die ganze republikanische<br />

Armee in die Flucht gejagt. In Hohenzollern fühlte sich<br />

die Bevölkerung durch die Siegesnachrichten von Würth<br />

betrogen. Schon am 10. Oktober kam die fürstliche Regie-<br />

48 1904—1905 Eduard Burkhart aus Sigmaringen.<br />

49 1905-1947 Leo Saurer aus Veringendorf, lebte 1875 bis<br />

1959, war 1903 Verweser in Boll, 1904 in Kettenacker,<br />

1905 Siberatsweiler, Ruhestand 1947, starb in Sigmaringen<br />

1959 (FDA 1962).<br />

50 1950-1953 Wilhelm Dreher aus Frohnstetten, lebte 1871<br />

bis 1960, war 1927 in Zimmern, 1938 in Veringenstadt,<br />

1953 im Ruhestand in Sigmaringen, wo er 1960 starb,<br />

beerdigt in Frohnstetten (FDA 1962).<br />

51 1953-1956 Friedrich Wursthorn aus Bad Dürrheim, geb.<br />

1915, jetzt 1975 im Ruhestand in Königsfelden bei Villingen.<br />

52 1956 Dezember 1 Joseph Müßle aus Freiburg, geb. 1913,<br />

ord. 1938, investiert am 9. Mai 1958. Ad multos annos!<br />

rung unter dem Schutz bayerischer Besatzungstruppen zurück.<br />

Die Waffen wurden wieder eingesammelt.<br />

Im Mai 1849 kam es erneut zu Auseinandersetzungen um die<br />

in der Frankfurter Paulskirche entworfene Reichsverfassung.<br />

Der Fürst von Hohenzollern-Hechingen verließ am<br />

29. Mai 1849 sein Land für immer. Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

hatte schon am 27. August 1848 zu<br />

Gunsten seines Sohnes Karl-Anton abgedankt.<br />

In Hohenzollern endete die Revolution endgültig am 1. August.<br />

An dem Tag marschierten preußische Truppen in die<br />

Fürstentümer ein. Ein preußischer Offizier berichtet: »Die<br />

Heckerbilder nebst Blum, deren Anzahl in vielen Wohnungen<br />

beträchtlich waren, verschwanden im Nu in Koffern und<br />

Kisten, gleichsam in Arrest. Die Hahnfedern auf Kalebreserhüten<br />

wurden überall unsichtbar oder die Preußen machten<br />

sie unsichtbar, wenn eine in der Überraschung sitzen geblieben<br />

war.« So endete der Traum von der Freiheit, nicht nur in<br />

Hohenzollern.<br />

Am 6. und 8. April 1850 wurden die beiden Fürstentümer an<br />

das Königreich Preußen übergeben. Am 23. August 1851<br />

huldigten 300 Vertreter der <strong>hohenzollerische</strong>n Gemeinden,<br />

47


meistens Revolutionäre von 1848/49, König Friedrich Wilhelm<br />

von Preußen.<br />

Karl Werner Steim: Burladingen in alten Ansichten. Verlag<br />

Europäische Bibliothek, Zaltbommel/Niederlande 1983.<br />

»Burladingen. Ein Name, wie Duft von Nadelholz und der<br />

Sommersonne über Bergwiesen.« So schwärmte einst Marie<br />

Theres Baur, die Burladinger Dichterin. Tatsächlich hatte<br />

Burladingen eine herrliche Landschaft, ein breites Tal mit<br />

Wiesen und Feldern und hohe, mit Wäldern bedeckte Berge.<br />

Dieses schön gelegene, uralte Dorf wird auf einem Bild des<br />

Fotografen Anton Mayer aus der Zeit um 1870 gezeigt.<br />

In den Jahrzehnten danach waren es vor allem die Wirte,<br />

welche sich Postkarten machen ließen. Reichsadler, Hirsch-<br />

Post, Engel und vor allem das »Schlößle« sind mit Ansichten<br />

vertreten. Ein Jammer, wie das alte Jagdschloß der Grafen<br />

von Zollern Stück für Stück verschwand.<br />

Burladingen als einwohnerstärkstes Dorf in Hohenzollern<br />

hatte schon früh eine Apotheke, die natürlich auch auf einer<br />

Postkarte erscheint. Auf einem Foto von 1928 sieht Burladingen<br />

noch recht ländlich aus, obwohl es von den Nachbarn<br />

schon als Fabriknest bezeichnet wurde. Oberhalb der Bahnlinie<br />

werden gerade erst einzelne Häuser gebaut.<br />

Schon um die Jahrhundertwende hatte in Burladingen die<br />

Industrialisierung eingesetzt. Auch von den ersten Fabrikgebäuden<br />

gibt es noch einige Bilder. Kirchen, Fastnacht und<br />

Andenken an das immer schon rege Vereinsleben von Burladingen<br />

beschließen den Teil Burladingen 1.<br />

Seit der Gemeindereform hat sich Burladingen mächtig vergrößert,<br />

so daß nun auch die neuen Ortsteile in alten Ansichten<br />

gezeigt werden. Gauselfingen, Hermannsdorf, Hörschwag,<br />

Killer, Melchingen, Ringingen, Salmendingen, Starzein<br />

und Stetten unter Holstein. Es handelt sich meistens um<br />

interessante und dokumentarische Bilder. Das Büchlein ist<br />

für Burladingen mit Teilgemeinden und alle, die sich an<br />

Zollerischen Dingen erfreuen, eine echte Bereicherung.<br />

Weißenau in Geschichte und Gegenwart. Festschrift zur 700-<br />

Jahrfeier der Ubergabe der Heiligblutreliquie durch Rudolf<br />

von Habsburg an die Prämonstrantenserabtei Weißenau.<br />

Herausgegeben von Peter Eitel. Sigmaringen 1983. 466 S. mit<br />

105 Abbildungen.<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 65351050).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

48<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Casimir Bumiller<br />

Wolfs winkel 12<br />

7814 Breisach-Gündlingen<br />

Dr. med. Herbert Burkarth<br />

Eichertstraße 6<br />

7487 Gammertingen<br />

Wolfgang Frey<br />

7798 Pfullendorf-Otterswang<br />

Pfr. Johann Adam Kraus<br />

Badstraße 8<br />

7800 Freiburg-Littenweiler<br />

Dr. Siegwalt Schiek<br />

Schillerplatz 1<br />

7000 Stuttgart 1<br />

Die Prämonstratenserreichsabtei Weißenau stand bisher immer<br />

im Schatten des nicht weit entfernt liegenden Benediktinerklosters<br />

Weingarten und blieb daher weitgehend unbekannt.<br />

Die Festschrift, die der Ravensburger Stadtarchivar<br />

Dr. Eitel sachkundig betreut hat, zeigt nun, welche reichhaltige<br />

Geschichte, welch tiefes geistliches und religiöses Leben<br />

bis zur Aufhebung 1803 hier bestand und welche künstlerischen<br />

Leistungen hier vollbracht wurden. Nicht ausgespart<br />

wurde die Neuzeit, die medizinische und soziale Arbeit im<br />

Psychiatrischen Landeskrankenhaus und die gewerblichen<br />

Erfolge des Bleich- und Textilveredelungswerks Weißenau,<br />

die beide im 19. Jahrhundert im Bereich der ehemaligen<br />

Abtei eingerichtet wurden.<br />

Nach einer Einführung in das Wirken des Prämonstrantenserordens<br />

in Oberschwaben wird die Geschichte der Abtei<br />

dargestellt. Neben der politischen Geschichte werden die<br />

Besitzgeschichte, die Beziehungen zu den mächtigen Nachbarn<br />

und ein früher bedeutender Wirtschaftszweig, der<br />

Weinbau, behandelt. Im Mittelpunkt des geistlichen Lebens<br />

stand die Verehrung der Heiligblutreliquie, die 1283 an die<br />

Abtei geschenkt wurde. Um diese würdig aufzubewahren<br />

und verehren zu können, entstanden nicht zuletzt der großartig<br />

barocke Kirchenbau und die Wohngebäude für die Chorherren,<br />

die von hervorragenden Künstlern der Zeit ausgestaltet<br />

wurden. In diesem Zusammenhang sind auch die Untersuchungen<br />

über die Klosterbibliothek und die Holhay-Orgel<br />

zu nennen.<br />

Mit der Säkularisation war die Geschichte in Weißenau<br />

jedoch nicht abgeschlossen. Die Bleicherei, Färberei und<br />

Appreturanstalt brachte 1839 neues Leben in die Abteigebäude.<br />

Das industrielle Zeitalter brach an. 50 Jahre später wurde<br />

daneben eine Irrenanstalt eingerichtet, die sich zu einem<br />

Psychiatrischen Landeskrankenhaus und zu einem akademischen<br />

Krankenhaus der Universität Ulm entwickelte.<br />

96 ausführlich kommentierte farbige und schwarz-weiße<br />

Bilder sowie Karten und Pläne illustrieren ausführlich die<br />

Geschichte. Eine Zeittafel und ein Orts- und Personenregister<br />

erschließen das Buch.<br />

Die Festschrift kann und will keine geschlossene Geschichte<br />

Weißenaus sein. Es ist den Autoren aber gelungen, eine auch<br />

für den Nichtfachmann lesbare und empfehlenswerte Darstellung<br />

vorzulegen, die einen weiten Bogen vom 12. Jahrhundert<br />

bis in unsere Zeit schlägt. W. Schöntag<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.


HÖH ENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Herausgegeben vom<br />

W <strong>3828</strong> FX<br />

Hohenzollerischen Geschichtsverein<br />

33. Jahrgang Nr. 4 / Dezember 1983<br />

St. Georgskapelle beim Thiergartenhof im Donautal, von der man bisher annahm, daß sie um 1500 erbaut sei. ]. A. Kraus zeigt in seiner Arbeit,<br />

daß es sich um eine romanische Basilika handelt, die wohl um 300Jahre älter ist. Sie war einst Pfarrkirche des abgegangenen Ortes Weiler im<br />

Donautal. Foto E. Eulenstein 1889<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Rund um die St. Georgsbasilika beim Thiergartenhof<br />

Weiler - Vilsingen - Gutenstein - Pettinwilare<br />

In dem 1980 beim Thorbecke Verlag Sigmaringen erschienenen<br />

Geschichts- und Bildband über den vor wenigen Jahren<br />

neu gebildeten Kreis Sigmaringen findet man neben vielen<br />

anderen Kostbarkeiten auf Seite 43 die Farbaufnahme der<br />

»Georgskapelle« bei dem von der Eisenbahn kaum sichtbaren<br />

Thiergartenhof mit der Angabe, das Heiligtum sei ums Jahr<br />

1500 errichtet worden. Ein flüchtiger Blick zeigt jedoch dem<br />

aufmerksamen Betrachter, daß diese romanische dreischiffige<br />

»Basilika« in Kleinformat (Innenraum nur 121 qm!) weitaus<br />

älter sein muß, obwohl schon im Denkmälerwerk Sigmaringen<br />

des Jahres 1948 Seite 408 dieselbe unwahrscheinliche<br />

Zeitangabe für das damals noch auf badischem Boden stehende<br />

Kulturdenkmal zu lesen ist. M. W. scheint in neuerer Zeit<br />

noch kein Geschichts- oder Kunstkenner am Objekt selber<br />

oder aufgrund der im genannten Werk gebotenen Fotos<br />

Nr. 534 und 536 sich seine Gedanken gemacht zu haben.


A. Krieger bringt in seinem wertvollen Topographischen<br />

Wörterbuch von Baden (1904) keine Erwähnung.<br />

A. Beschreibung des Gebäudes<br />

Die Bearbeiter des erwähnten Denkmälerwerks teilen mit:<br />

»Die Kapelle besteht aus einem dreischiffigen basikalen<br />

Langhaus mit zwei Arkadenbögen und breiten Wandpfeilern<br />

und dem Chor von Breite des Mittelschiffes und Abschluß<br />

fünf Seiten des Achtecks. Die Schiffe sind mit Halbkreistonnen<br />

gewölbt, die Arkaden und das ebenfalls halbkreisförmige<br />

Mittelschiff und Chor haben steile Satteldächer, die Seitenschiffe<br />

flache Pultdächer. Am Ostgiebel des Mittelschiffs<br />

befindet sich ein achteckiger Dachreiter aus Fachwerk.«<br />

Dazu darf man noch bemerken: Die Bögen wirken ungemein<br />

massig, niedrig und schwer, die alten runden Fensterlein<br />

wirken echt romanisch. Einige größere Fensteröffnungen<br />

sind offenbar spätere Zutaten. Der nur 121 qm im Innern<br />

messende Bau sei laut Freiburger Realschematismus von 1939<br />

im Jahr 1670 renoviert worden und Eigentum der Fürstenbergischen<br />

Verwaltung. Monatlich sei da eine Hl. Messe von<br />

der jetzt zuständigen Pfarrei Gutenstein aus und am Sonntag<br />

nach Allerheiligen Gräberbesuch im Friedhof daran. Politisch<br />

ist Thiergarten Teil der Gemeinde Vilsingen. Die Kapelle<br />

gehört jetzt der Gemeinde Thiergarten.<br />

Das badische Kunstdenkmälerwerk, Band Konstanz, Seite<br />

404 vom Jahr 1887, bearbeitet von Prof. Fr. X. Kraus<br />

berichtet: »Auf den Thiergartener Höfen, 1 km weit vom Ort<br />

steht die Kapelle als eigentümlicher kleiner dreischiffiger<br />

Bau. Das Mittelschiff hat Tonnengewölbe mit je zwei Okuli<br />

als Oberlichter. Es öffnet sich nach Süden zu in zwei<br />

Rundarkaden mit abgefasten Kanten, die auf einem sehr<br />

schweren, rektangulären Pfeiler ruhen. Nach Norden zu nur<br />

eine Arkade. Die Abseiten haben ebenfalls Tonnengewölbe<br />

und ziemlich hohe rundbogige Fenster mit unprofilierter<br />

Leibung. Ob noch romanisch? Der aus drei Seiten des<br />

Achtecks geschlossene Chor hat ein sechsteiliges Gratgewölbe,<br />

zwei rundbogige Fenster und zwei runde Okuli. Kleiner<br />

Dachreiter. Die Fassade hat ein einfaches Rundportal. Man<br />

ist versucht, die Kapelle wenigstens in der Gründung noch<br />

für romanisch zu halten. Das Mobiliar ist zopfig, der Altar<br />

steht über einer anscheinend romanischen Steinmensa. Zwei<br />

geringe Ölgemälde, eines, den hl. Franz v. Sales darstellend<br />

von der Meßkircher Hammerschmiedzunft 1671 gestiftet.<br />

Rest eines Antependiums, Leinwandstickerei des 16./<br />

17. Jahrhunderts.«<br />

B. Blick in die Vergangenheit<br />

Offenbar ist bis 1931 gar nicht beachtet gewesen, daß es sich<br />

ursprünglich um eine ehemalige uralte Pfarrkirche handelt:<br />

des Dorfes Weiler im wasserreichen Donautal, die im Zehntbuch<br />

(über decimationis) der ehemaligen Diözese Konstanz<br />

des Jahres 1275 und im Dekanat Schömberg-Rottweil zwischen<br />

Hausen im Tal und Vilsingen aufgezählt ist 1 . Heute<br />

findet sich im Donautal zwischen den Gemeinden Hausen<br />

und Gutenstein das Überbleibsel des 1670 entstandenen und<br />

1863 stillgelegten fürstenbergischen Hüttenwerks Thiergarten,<br />

benannt nach dem zu Anfang des 16. Jahrhunderts unter<br />

den Grafen von Zimmern angelegten Wildgeheges, oder<br />

Tiergartens. Eine Tafel in der Kapelle berichtet: »Diese<br />

Hammerschmitte mit zugehörigen Gebäuden, welche man<br />

im Jahre 1670 zu bauen anfing, hat man heute durch die<br />

ehrwürdigen Väter Capuziner von Meßkirch zu Ehren der<br />

allerheiligsten Dreifaltigkeit, der hl. Muttergottes Maria, des<br />

seraphischen Vaters Franziskus, der hl. Agatha, der<br />

hl. Georg und Fridolin, wie auch besonders des hl. Franz von<br />

50<br />

Sales, dessen Fest heute, den 29. Januar anno 1671 gefeiert<br />

wird, benedizieren und darauf gleich das erstemal die Läuterfeuer<br />

angezunden auch die Hämmer gehen lassen, geläuterte<br />

Puppen gemacht und Eisen geschmiedet. 1671«.<br />

Wie bemerkt steht die Kapelle etwa 1 km samt Friedhof<br />

unterhalb des Eisenwerks bei zwei fürstenbergischen Pachthöfen.<br />

Schon der Gottesacker allein deutet auf eine ehemalige<br />

Pfarrkirche, eben auf Weiler unter der Doppelburg Falkenstein,<br />

die seit 1256 erwähnt wird. Die schon lange in Ruinen<br />

liegende Burg Falkenstein wurde seit 1976 von einer Interessengemeinschaft<br />

hochherzig konserviert. Ums Jahr 1600 ist<br />

der Name Weiler abgegangen, an den noch der Waldname<br />

Weilerhalde und 1490 ein Wylerholz bei Vilsingen erinnerte.<br />

Auch besteht noch ein Jörgenbrunnen in Erinnerung an den<br />

Kirchenpatron, wie vor Jahren in den Albvereinsblättern<br />

berichtet ist. Burg Falkenstein war 1318 in Besitz Burkarts<br />

von Rosenau (Rosna) 2 . Ein Gero v. Falkenstein erscheint<br />

1256 und vielleicht gehörten schon die 1213 vorkommenden<br />

Konrad, Heinrich und Lietho v. F. hierher. In einer Urkunde<br />

des Jahres 1390 heißt es: Albrecht von Magenbuch verkauft<br />

dem Heinrich von Bubenhofen die obere und untere Burg<br />

Falkenstein mit Gütern, auch Kreenheinstetten (Kraien heißt<br />

nach M. Buck: Felsen, wie in Hohenkräen) das Dorf mit<br />

Vogtei und Kirchensatz (Pfarrbesetzungsrecht!), auch<br />

Reinstetten (dabei abgegangen) und das Dorf Weiler unter<br />

Falkenstein mit dem Kirchensatz 3 . Die Falkensteiner hatten<br />

später den Beinamen Hasenbein im Gegensatz zu den anderen<br />

gleichnamigen Geschlechtern im Höllental und bei<br />

Schramberg. Von diesen ist nicht immer eine reinliche Scheidung<br />

möglich 4 .<br />

Die Zimmerische Chronik (Ausg. Barack-Hermann,<br />

Bd. 2,435) berichtet: Als Wolf von Bubenhofen den Falkenstein<br />

samt dem Weiler vergebens dem Sixt von Hausen (i. T.)<br />

anbot, seien die Karthäuser Mönche von Freiburg gekommen,<br />

hätten Falkenstein und das Weiler (die Kirche) besichtigt<br />

und hätten erwogen, im Weiler ein Kloster zu errichten,<br />

bis dann im Jahre 1516 Gottfried Wernher von Zimmern die<br />

Burg samt Kreenheinstetten, Reinstetten und den Weiler<br />

sowie die Mühle zu Neidingen um 4880 Gulden in Gold<br />

erwarb, was zu Ebingen verhandelt wurde. Wie lange der alte<br />

Herr von Magenbuch den Falkenstein mit dem Weiler etc.<br />

innehatte, ist der Chronik unbekannt, bis alles an den Sohn<br />

Wolf von Magenbuch gekommen. Dem Falkenstein gegenüber<br />

stand die Burg Lenzenberg (Benzenberg?), von der eine<br />

traurige Begebenheit erzählt wird.<br />

C. Eigener Adel von Weiler<br />

Wir wissen aus der Chronik des Klosters Zwiefalten von<br />

1138, daß etwas vorher ein edler Hug von Wilare (Weiler) den<br />

Mönchen eine Hube (Landgut) in Filsilingen (Vilsingen)<br />

schenkte. Ein Peter von Weiler wurde im Jahre 1367 vom<br />

Grafen Eberhard von Wirtemberg mit dem Zehnten zu<br />

Gorheim (b. Sigmaringen) belehnt, den früher die Herren<br />

von Weggenstein (bei Storzingen) innehatten. Er führte drei<br />

Menschenköpfe im Siegel. Ebenso ein Heinrich von Weiler,<br />

der 1434 eine Jahresgült aus Gütern zu Ostdorf (b. Balingen)<br />

verkaufte 5 .<br />

Die Zimmerische Chronik sagt dazu (2,363): »Im Weiler bei<br />

Falkenstein saß ein eigenes Adelsgeschlecht, dessen Wappen<br />

drei Mohrenköpfe in weißem Feld enthielt und auf dem Helm<br />

einen Mohrenkopf. Die Wohnung dieser Herren war in<br />

einem hohlen Felsen ob dem Weiler an einer gähen Wand,<br />

daß man nur mit Mühe hinaufkam und für sturmfrei galt.<br />

(Ortskenner müßten den Platz erkunden!) Oberhalb dieses<br />

Burgstalls ist der Felsen so gäh und hoch, als ob er mit der<br />

Schere beschnitten wäre. Er hat gleichfalls etliche Höhlen<br />

und Löcher, in denen vor vielen Jahren die Blaufußvögel ihre


Nester hatten. Die Herrschaft ließ manchmal die Jungen<br />

ausnehmen und verschenkte auch solche Vögel nach Lothringen<br />

und Frankreich. Vor wenigen Jahren haben etliche<br />

Welsche oder Sapheier (Savoyer) die Gegend durchstreift,<br />

heimlich an Seilen sich von oben an die Nester herabgelassen<br />

und die Vögel mit Butz und Stiel ausgenommen und nach<br />

Frankreich weggetragen. Nicht allein zu Weiler, sondern<br />

auch darum herum gab es Adelsfamilien, deren Mehrteil nach<br />

Weiler in die Kirche eingepfarrt waren und dort eine eigene<br />

Weihlege (Grabstätte) hatten. Man sagt, es seien einst sieben<br />

»fehene« Mäntel (aus Pelz) in damaliger Frauenmode zur<br />

Kirch gegangen und wegen ihrer Uneinigkeit hat jedes Geschlecht<br />

eine eigene Tür in der alten Kirche gehabt. (Natürlich<br />

Fabel!), um sich gegenseitig nicht zu behindern. Das<br />

jetzige Kirchle im Weiler ist in der Ehre des hl. Ritters<br />

St. Jörgen geweiht. Darin befand sich noch vor wenigen<br />

Jahren eine unscheinbare eichene Scheibe in Form und Größe<br />

eines ziemlichen Faßbodens. Das Gemälde darauf ist aus<br />

Alter abgegangen und nicht mehr zu erkennen gewesen. Man<br />

sagt gleichwohl, es sei ein Hailtumb (Reliquie) darin verborgen<br />

gewesen. Diese Eichenscheibe hatte die Kraft, in der<br />

Donau Ertrunkene zu finden. Man holte die Scheibe im<br />

Weiler, warf sie in den Fluß und sie schwamm bis an die<br />

Stelle, wo man den Toten fand, weil sie sich im Wirbel dort<br />

drehend blieb. Dies geschah früher oft. Doch ist die Scheibe<br />

jetzt (1565) nicht mehr vorhanden, sondern bei der abenteuerlichen<br />

Haushaltung verloren worden.«<br />

Laut Visitationsbericht des Jahres 1608 des Landkapitels<br />

Meßkirch 6 zelebrierte damals im Weiler der Pfarrer von<br />

Kreenheinstetten monatlich ein Mal. Das Notwendigste für<br />

das Gotteshaus St. Georg besorgte der Graf von Helfenstein<br />

(als Erbe der Grafen von Zimmern) von seiner Burg Falkenstein<br />

aus (die damals ja noch stand.<br />

D. Die Nachbarpfarreien Gutenstein und Vilsingen<br />

Die ehemalige Pfarrkirche Weiler zum Hl. Georg ist heute<br />

nach Gutenstein eingepfarrt, das eine Galluskirche hat und<br />

wohl auf die in der Vilsinger Gegend genannten St. Galler<br />

Besitzungen zurückzudeuten scheint. Gutenstein ist ein typischer<br />

Burgenname, wohl um 1200 entstanden, während<br />

Vilsingen (Filisninga, Filsilinga) als alemannischer Ingen-Ort<br />

ums Jahr 450 entstanden sein mag und schon 875 eine Kirche<br />

hatte. Ob der Platz des Burgfleckens Gutenstein zu Weiler<br />

oder Vilsingen gehörte, mögen die Gelehrten herausfinden 7 !<br />

Die erste Burg Gutenstein stand ehedem auf dem linken<br />

Donauufer, dem Felsen des »Burgfeildes«. Im Jahre 1279<br />

erscheint ein Wernher genannt Scherrer v. G. 8 «. Die Burg<br />

samt Gütern ist vor dem Jahre 1310 laut Habsburger Urbars<br />

von den Herren von Wildenstein als St. Galler Lehen an<br />

Osterreich verkauft worden. Das erklärt auch den Kirchenheiligen<br />

St. Gallus. Im Jahre 1345 wohnte ein Konrad von<br />

Magenbuch hier 9 .<br />

Das heutige sogenannte Schlößle ist späteren Datums. Nach<br />

Fr. Eisele war das viel ältere Vilsingen zwischen 1324 und<br />

1370 Filiale von Gutenstein geworden. Die 1456 genannten<br />

Kirchenheiligen Vilsingens, Maria und die Wetterpatrone<br />

Johannes und Paulus, reichen kaum ins 12. Jahrhundert<br />

zurück. Sie könnten durch einen Kirchenneubau veranlaßt<br />

sein. Erst 1817 wurde Vilsingen wieder eigene Pfarrei. Die<br />

Entfernung Vilsingens nach Gutenstein beträgt 5,6 km, von<br />

Gutenstein zur Georgskirche im alten Weiler (Thiergartenhof)<br />

etwa 3 km, zum Ort selbst nochmal ca. 1,5 km. Nach<br />

E. Bercker 10 hat König Ludwig im Jahre 875 bestätigt, daß<br />

Graf Adalhart dem Kloster St. Gallen in Filisninga eine<br />

Kirche mit Hofgut und Zehnten gegen 20 Jauchert Ackerfeld<br />

am gleichen Ort schenkte. Der Zehnt deutet auf eine Pfarrkir-<br />

che. Im Jahre 1225 gehört das Vilsinger Patronatsrecht noch<br />

an St. Gallen in der Schweiz, das aber begonnen hatte,<br />

allmählich alle weitabliegenden Besitzungen und Rechte im<br />

Tausch oder Verkauf abzustoßen. Die Pfarrei Vilsingen ist im<br />

»liber decimationis« von 1275 wie auch das alte Weiler unter<br />

den Pfarreien des Landkapitels Schömberg-Rottweil aufgezählt.<br />

Es ist im 14. Jahrhundert als gräflich Nellenburger<br />

Lehen in Hand der Herren von Reischach, die es 1421 an die<br />

Grafen von Werdenberg abgaben, welche die Lehenschaft<br />

ablösten. Deren Erbe waren 1534 die Fürstenberger. Die<br />

1461 erwähnte Kapelle im Oberdorf sollte, jetzt der hl. Anna<br />

geweiht, im Jahre 1715 erweitert werden 11 . Angeblich sei sie<br />

1840 abgegangen. Ich aber glaube, sie noch 1917/18 mit<br />

Sigmaringer Kameraden besucht zu haben.<br />

E. Wo stand Pettinwilare f<br />

Unser Heimatforscher Michael Walter hat in längeren Ausführungen<br />

die in St. Galler Urkunden von 735, 851 und 864<br />

erwähnte 12 Siedlung Pettinwilare etwa 900 m westnordwestlich<br />

von Vilsingen in dem heutigen Flurnamen »Weiler«<br />

finden wollen. Die aus dem Pfarrurbar Vilsingens aus dem<br />

Jahre 1456 bekannten Flurnamen »von der Wyler« (verlesen<br />

oder verdruckt?) und ein dort erwähnter »Sant Gallen Acker«<br />

sind ein magerer Beweis. Noch weniger stichhaltig erweisen<br />

sich nach 1000 Jahren Vergangenheit die »alten Dorfwege<br />

und beim Pflügen gefundene Mauerreste« Walters!<br />

Schreibt doch der jetzige Ortsvorsteher Vilsingens unter dem<br />

4. November 1983: »Mauerreste oder Dorfwege sind heute<br />

nicht mehr sichtbar. Ich weiß keinen Fall von Mauerresten.<br />

Auch findet sich im Gewann Weiler keine Quelle. Die<br />

nächste, der sogenannte Trögebrunnen, liegt etwa 700 m<br />

entfernt in südlicher Richtung«. Das läßt aber eine ehemalige<br />

Siedlung Weiler sehr zweifelhaft erscheinen!<br />

Im Jahre 735 schenkte ein gewisser Rinulf seinen Besitz in<br />

Pettinwilare nebst dem Hörigen Allidulf ans Kloster St. Gallen.<br />

Eine 817 in Ebingen ausgestellte Urkunde (also keineswegs<br />

bei Vilsingen!) besagt, ein Petto habe sowohl in Vilsingen<br />

als auch im (benachbarten) Engelswies Güter ans gleiche<br />

Kloster vermacht. Schon im Jahre 793 hatte Berthold<br />

(786-806 und vielleicht später Graf in der Bertholdsbaar) an<br />

St. Gallen Besitzungen in Filisninga (Vilsingen) und in Hohunsteti<br />

und Ebinga et alia Filisninga geschenkweise überlassen.<br />

(Hohunsteti ist wohl Heinstetten auf dem Heuberg.)<br />

Das »alia« - andere Filisninga - will Walter als einen Ortsteil<br />

des heutigen Vilsingen erklären, wogegen jedoch die Reihenfolge<br />

der Ortschaften schwerste Bedenken erhebt! Vielmehr<br />

dürfte Hans Jänichen 13 recht haben, der in dem »andern<br />

Vilsingen« das 842 erwähnte Wintarfulinga (also Winterlingen)<br />

sieht, wobei man selber sogar in »Anderalia« einen<br />

Hörfehler des Urkundenschreibers für Winterfilisninga nicht<br />

ausschließen möchte bzw. für möglich halten kann. Bemerkenswert<br />

scheint, daß 1436 in der Beschreibung des Vilsinger<br />

Pfyffers Gutes 14 viermal die Rede ist von der Flur Wylun<br />

(wohl Weiler?), davon einmal beim Benzenberg.<br />

Die Flur Weiler findet sich, wie gesagt, etwa 900 m von<br />

Vilsingen in Richtung des 4 km Luftlinie (über das später<br />

entstandene Gutenstein hinweg) entfernten wasserreichen<br />

alten Pfarrdorfs Weiler (Thiergartenhof). Da das Gebiet des<br />

um 450 n. Chr. gegründeten Vilsingen gegenüber den ca. 300<br />

Jahre oder später entstandenen Weilerorten sehr umfangreich<br />

gewesen sein wird, wage ich die Vermutung, die Güter des<br />

Dorfes Weiler im engen Donautal könnten sich sehr wohl bis<br />

auf die Höhe von Vilsingen erstreckt haben. Beim Verschwinden<br />

des Weilernamens an der Donau mögen die<br />

Vilsinger Bauern leicht den Namen der einst ins Tal gehörigen<br />

Weiler(-felder) weitergeführt haben. Somit wäre m. E. der<br />

alte Name Pettinwilare als ursprünglich für Weiler (später<br />

51


Thiergarten) durchaus erklärbar. Das frühere Weilerfeld<br />

brauchte nur zu Weiler (bzw. Wylun) abgeschliffen zu<br />

werden. Pettinwilare von 745 bis 864 wäre damit mit dem<br />

(Pfarrdorf) Weiler von 1275 gleichzusetzen.<br />

Oder bildet sich jemand ein, beweisen zu können, die<br />

Markungsgrenzen des frühalemannischen Vilsingen und des<br />

Weilers im Donautal (Pettinwilare) seien seit 1000 Jahren bis<br />

heute unverändert geblieben? Sicher hat das Pfarrdorf Weiler<br />

im Tal zur Lebensexistenz auch Felder auf der Höhe (bis<br />

gegen Vilsingen) benötigt. Vermutlich war der beschwerliche<br />

Weg dorthin mit wachsendem Ackerbau (statt früherer Weidewirtschaft)<br />

ein Grund, weshalb vom Pfarrdorf Weiler<br />

nachher nur noch zwei Herrschaftshöfe übrig blieben, bis das<br />

Hammerwerk 1670 neue Arbeitsplätze schuf und den Namen<br />

Weiler im Tal verschwinden ließ.<br />

Anmerkungen<br />

1 Zeitschr. Freiburger Diöz. Archiv Bd. 1, 1865, 1-304, und Bd. 59,<br />

1931, 335.<br />

WILFRIED SCHONTAG<br />

2<br />

Hohenz. JHefte 1936, 181<br />

3<br />

Fürstenbg. UB 6, 86.<br />

4<br />

Zingeler-Buck, Zollerische Schlösser etc. 1906, 76. Alb. Krieger,<br />

Topogr. Wörterb. f. Baden Bd. I, 1904, 566f.<br />

5<br />

O. v. Alberti, Württbg. Adels- u. Wappenbuch, Bd. 2, 1017.<br />

6<br />

Erzbischöfl. Archiv, Handschr. 62.<br />

7<br />

Friedr. Eisele, Zeitschr. Freiburger Diöz.Arch. 1923, 32 ff.<br />

8<br />

Alb. Krieger, wie Anm. 4:1, 803.<br />

9<br />

Cod. Salem 3,348.<br />

10<br />

Edm. Bercker, Die Kirchenpatrozinien im Kr. Sigmaringen,<br />

Heft 6, der Arbeiten z. Landeskunde Hohenzollerns, 1967, 160 f.<br />

11<br />

Hohenz. Heimat 1959, 64.<br />

12<br />

Ebd. 1956, 43 und 57ff. Vgl. Note 7.<br />

13<br />

Hans Jänichen, Kreisbeschreibung Balingen II, 1961, 903.<br />

14 Hohenz. Heimat 1971, 100.<br />

»Daß die Herstellung eines Ständesaales schicklich wäre«<br />

Zur Baugeschichte des ehemaligen Ständehauses in Sigmaringen<br />

Der Anstoß zum Bau eines Stände- und<br />

Verwaltungsgebäudes<br />

»Die Stadtverschönerungs-Commission wurde durch gnädigste<br />

Bewilligung mit herrschaftlichen Mitteln in Stand<br />

gesetzt, die zur angemessenen Herstellung des Carlsplatzes<br />

hinderlichen Gebäude zu erwerben, und zu entfernen, wodurch<br />

man nicht nur manchen schönen Bauplatz für Private,<br />

sondern auch einen solchen für das Ständehaus gewann«.<br />

Dies stellt der Bericht über die Verwaltungsergebnisse der<br />

Jahre 1843 bis 1846 fest, den der Dirigierende Geheime Rat<br />

Dr. Schenck zu Schweinsberg am 8. April 1847 dem Fürsten<br />

überreicht hatte. Um zum Bau eines Ständehauses zu kommen,<br />

war es ein langer Weg gewesen. Die Verfassung des<br />

Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen vom 11. Juli 1833<br />

sah einen Landtag vor, der nach dem Willen des Fürsten alle<br />

drei Jahre für eine Sitzungsperiode von etwa sechs Wochen<br />

einberufen werden sollte. In den ersten Jahren tagten die<br />

Landstände im Museumssaal, ab 1842 in einem in einem<br />

Wirtshaus angemieteten Lokal. Die landständischen Vertreter<br />

hatten keine Eile, ein eigenes Haus für sich zu erbauen,<br />

zumal nach 1840 der finanzielle Spielraum immer enger<br />

wurde. Die Anregung dazu ging von der Regierung aus. Seit<br />

1842 befaßten sich die Geheime Konferenz und die Landesregierung<br />

mit dem Bau eines Ständehauses, wie das Landtagsgebäude<br />

genannt wurde. Auch die von Dezember 1842 bis<br />

Januar 1843 tagende Ständeversammlung beschäftigte sich<br />

mit diesem Problem, vor allem mit der Finanzierung der<br />

damals dafür vorgesehenen 20 000 fl. Die Regierung hatte den<br />

Bau nicht so sehr wegen der Stände befürwortet, sondern<br />

wegen der Geschäftslokale, die für die Landeskasse und das<br />

Lithographie- und Katasterbüro benötigt wurden. Im Zuge<br />

der Landesvermessung fielen Jahr für Jahr mehr Vermessungsunterlagen,<br />

Lithographiesteine und Karten an, die einen<br />

beträchtlichen Wert darstellten und unbedingt sicher<br />

aufzubewahren waren. Allein, die Ständevertreter lehnten<br />

mit neun Neinstimmen und nur sechs Jastimmen den Antrag<br />

ab.<br />

52<br />

PS. Nach dem von Otto P. Clavadetscher im Jahre 1983 herausgebrachten<br />

»Cartularium Sangallense« Bd. III, S. 523,14, erscheint in<br />

einerSt. GallerUrkunde vom 17. Januar 1264 als Zeuge ein »adeliger<br />

Vogt R(udolf) von Gutenstain«. Möglicherweise gehörte auch der<br />

vor ihm genannte »R. von Wiler« in unseren Weiler im Donautal.<br />

Die Verwaltung plante jedoch weiter und sah im Entwurf des<br />

Finanzgesetzes für die Periode vom 1. Mai 1846 bis 30. April<br />

1849 im außerordentlichen Etat 66000 fl. für den Bau eines<br />

Ständehauses vor. Hierin sollten jedoch auch die Landeskasse,<br />

die Steuerrevision, die Landesvermessung, die Landwirtschaftliche<br />

Zentralstelle und die Spar- und Leihkasse untergebracht<br />

werden. Diesmal sahen die landständischen Vertreter<br />

die Notwendigkeit der gesicherten Unterbringung der Landeskasse<br />

und der Karten und Steine der Landesvermessung<br />

ein, »auch daß die Herstellung eines Ständesaales schicklich<br />

wäre.« Dagegen hielten sie jedoch den Aufwand für zu hoch<br />

und bewilligten nur 30000 fl.<br />

Da die Regierung den Ständevertretern schon im Januar/<br />

Februar 1846 mehrere Pläne vorgelegt hatte, konnten die<br />

Arbeiten nun zügig in die Wege geleitet werden. Am 10. Juni<br />

1846 beschloß die Geheime Konferenz formell den Bau des<br />

Ständehauses, und am 26. Juli kündigte der als Spezialkommissar<br />

für den Ständehausbau eingesetzte Regierungsrat<br />

Horn im Verordnungs- und Anzeigeblatt die Ausschreibungen<br />

an.<br />

Horn ging damals davon aus, daß der »Grundbau« des<br />

Ständehauses noch 1846 fertig werden sollte. In dem schon<br />

oben zitierten Rechenschaftsbericht von 1847 heißt es dazu:<br />

»Dasselbe ist begonnen und wird bis zum nächsten Landtage<br />

dem Gebrauch übergeben werden können. Eine schöne<br />

Baustelle auf dem Karlsplatz wurde zu diesem Bauwesen aus<br />

den Mitteln der Stadtverschönerungs-Commission schon<br />

früher beigeschafft. Äußerlich mit dem Ständehaus verbunden,<br />

jedoch innen durchaus geschieden, werden zwei Flügelgebäude<br />

auf Kosten der öffentlichen Spar- und Leihkasse<br />

hergestellt. Hierdurch gewinnt nicht nur das Äußere der<br />

Gebäude, die ein schönes Ganzes bilden, sondern es werden<br />

auch nicht unbedeutende Kosten erspart, die bei abgesonderter<br />

Herstellung der einzelnen Theile nothwendig geworden<br />

wären. Die Kosten der drei Gebäude, welche in drei Jahren<br />

(1846-1848) zur Vollendung kommen, werden sich auf etwa


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Fassade des Ständehauses in Sigmaringen, entworfen von Werkmeister Wilhelm Laur, 1846. Vorlage: Staatsarchiv Sigmaringen Ho 301.<br />

80000 fl. - ohne Anschlag des Bauplatzes - belaufen. Sie<br />

gewähren ein günstiges Mittel, eine Menge Bedürftige aus der<br />

Nachbarschaft der Residenz zu beschäftigen.«<br />

Die städtebauliche Lage des Ständehauses<br />

Die Stadt Sigmaringen besaß um 1810 noch ihr mittelalterliches<br />

Bild. Nachdem 1812 das Mühltor im Osten und im<br />

Westen 1831 das Laizertor abgebrochen worden waren, und<br />

nachdem der Stadtgraben aufgefüllt und als Gartenfläche<br />

genutzt wurde, fiel nach und nach die Stadtmauer. Die Stadt<br />

konnte sich ausdehnen. Zunächst waren es fürstliche Gebäude,<br />

die der Stadt ein residenzähnliches Aussehen gaben, nach<br />

der Aufhebung des Hofstattrechts konnten auch die Bürger<br />

freier bauen. Das 1822 begonnene Prinzenpalais an der Straße<br />

nach Hedingen und die 1836 von Fürst Karl in die Wege<br />

geleitete Anlage der Karlstraße und deren planmäßige Bebauung<br />

bildeten den Ausgangspunkt für die Gestaltung des<br />

»Carlsplatzes«, wie der heutige Leopoldplatz damals hieß.<br />

Die südöstliche Ecke der Stadtmauer war hier abgerundet,<br />

jenseits des Stadtgrabens lag der alte Friedhof. Gefördert<br />

wurde diese Entwicklung durch eine 1840 eingesetzte Stadtverschönerungs-Kommission,<br />

die Erbprinz Karl Anton leitete.<br />

Die für den Karlsplatz benötigte Fläche wurde teilweise<br />

von der Kommission aufgekauft und acht Häuser an der<br />

südöstlichen Ecke der Stadtmauer abgerissen. In kurzer Zeit<br />

entstanden drei- und vierstöckige Privathäuser an der Ostund<br />

Südseite des Platzes (Inhaber: Horn, Beck, Bilharz,<br />

Gastel). Im Norden schlossen die verschiedenen Bauteile des<br />

Neuen und Alten Prinzenbaues sowie des dazugehörigen<br />

Küchengebäudes den Platz ab. Nur nach Nordwesten, zur<br />

Altstadt hin, fehlte der Abschluß. An diese Stelle wurde das<br />

Ständehaus gesetzt.<br />

Bevor mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte, mußte<br />

die von der heutigen Apotheke Pfeiffer im Bogen zur alten<br />

Fluchtlinie des Gasthauses Adler verlaufende Stadtmauer<br />

abgetragen und das zum Langen Garten hin abfallende<br />

Gelände aufgeschüttet werden. Die an die Stadtmauer angebauten<br />

Gebäude, die Zehntscheune der Heiligenpflege und<br />

das Haus des Küfers Pfaff, wurden abgerissen.<br />

Ende August 1846 waren diese Abbrucharbeiten in Gange.<br />

Als am 26. August das Pfaffsche Haus und die angrenzende<br />

Stadtmauer abgebrochen wurde, kam das Wohnhaus des<br />

Adlerwirts zu Schaden, da eine Fundamentwand, die mit der<br />

Stadtmauer in Verbindung stand, abbröckelte. Es gab aber<br />

auch eine andere Überraschung, die über die frühe Geschichte<br />

der Stadt Aufschluß gab. Innerhalb der alten Stadtmauer<br />

fand man beim Ausgraben der Fundamentgräben in einem<br />

grabartigen Steinverschluß zwei breite Schwerter, einen<br />

Dolch, ein Messer, 20 Stücke Eisen von einer Pickelhaube,<br />

13 Stücke aus Bronze, die zu Haften, Knöpfen und Kettenringen<br />

gehört hatten, und einen sehr großen Menschenschädel.<br />

Damals ordnete man den Grabfund sofort der Römerzeit<br />

zu. Innerhalb der Mauern habe sich ein Römerlager befunden,<br />

der Römerturm auf dem Schloß habe diesem Lager als<br />

Schutz gedient. Die Funde nahm der Bauinspektor Laur<br />

(Lauer) an sich. Heute müssen sie als verloren gelten. Sie sind<br />

nie ausgewertet worden. Eine Zuordnung zu den verschiedenen<br />

Siedlungsschichten auf Sigmaringer Gemarkung ist somit<br />

nicht möglich.<br />

Die Bauarbeiten<br />

Die Geheime Konferenz hatte die Planung und Ausführung<br />

dem Ingenieur Kremer und dem Werkmeister Wilhelm Laur<br />

(Lauer) übertragen. Als wenige Wochen später Kremer eine<br />

Professur in Schleißheim annahm und fortzog, wurde Laur<br />

am 29. Juli 1846 zum Bauführer ernannt. Laur hatte im Juli<br />

1846 die Pläne und die Kostenvoranschläge vorgelegt. Für<br />

den mittleren Teil, in dem der Ständesaal sowie Räume für die<br />

53


Kommissionssitzungen und außerordentlichen Sitzungen<br />

vorgesehen waren, waren 34560 fl. veranschlagt, für den<br />

westlichen Teil, in dem die Spar- und Leihkasse sowie<br />

Bedienstetenwohnungen eingerichtet werden sollten,<br />

28 500 fl. Die Landeskasse mit Lithographie- und Katasterbüro,<br />

dem Steuerrevisorat und der Zentralstelle des Landwirtschaftlichen<br />

Vereins sollte im nordöstlichen Flügel untergebracht<br />

werden. Für die Baukosten sah Laur somit 84 716 fl.<br />

vor, hinzu kamen ca. 6000 fl. für den Bauplatz, so daß man<br />

mit einem Gesamtaufwand von rund 100000 fl. rechnete.<br />

Die Landstände hatten gefordert, daß die Bauarbeiten möglichst<br />

an Sigmaringer Handwerker vergeben würden. Hieran<br />

hielt sich Laur. Die Maurerarbeiten führten die Meister<br />

Griesmayer und Grom aus Sigmaringen und Meister Mendler<br />

aus Hitzkofen aus. Die Steinhauerarbeiten besorgte Meister<br />

Johann Schosser aus Sigmaringen, die Schlosserarbeiten<br />

Meinrad Jung und Josef Anton Lutz und die Zimmerarbeiten<br />

Anton Grom und Jakob Horner. Daneben waren weitere<br />

Handwerker mit kleineren Aufträgen beschäftigt und natürlich<br />

eine große Zahl von Handlangern.<br />

Der Rohbau war im Jahr 1847 fertiggestellt, das Dach wurde<br />

im September 1847 aufgerichtet. Ende des Jahres konnte<br />

Schosser mit den Arbeiten an der Außenfassade beginnen, die<br />

er dann 1848 abschließen konnte.<br />

Wegen der schlechten Ernte herrschte 1847 allgemeine Not<br />

im Fürstentum. Daher nahm man Abstand von einer feierlichen<br />

Grundsteinlegung. Am 10. Juni 1847 stellte Horn jedoch<br />

bei der Geheimen Konferenz einen Antrag, ob man<br />

nicht wenigstens ».. .die Einlegung einer Urkunde über die<br />

Entstehung, die Bestimmung und die Kosten dieses Gebäudes<br />

nebst deren Risse...« vornehmen und den beteiligten<br />

Handwerkern das übliche Gratiale von 100 fl. überreichen<br />

könne. Dies wurde genehmigt. Die genannten Gegenstände<br />

mitsamt Münzen wurden dann wahrscheinlich im Juni 1847<br />

ohne großes Aufheben eingemauert und das Gratiale verteilt.<br />

Im Dezember 1847 waren 44000 fl. verbaut worden und für<br />

die 1848 auszuführenden Arbeiten wurden nochmals<br />

32 295 fl. veranschlagt. Laur hatte damit den Kostenvoranschlag<br />

eingehalten, ja sogar weniger ausgegeben. Zusammen<br />

mit Horn beantragte er daher, die ins Auge gefaßten Streichungen<br />

bei der Inneneinrichtung des Ständesaals rückgängig<br />

zu machen. Da die Geheime Konferenz mit dem Baufortgang<br />

sehr zufrieden war, gab sie die Anweisung, in den folgenden<br />

Monaten dem Vestibül und dem Ständesaal «... eine würdige,<br />

aber keineswegs luxuriöse Ausschmückung...« zu geben.<br />

Die Stadt Sigmaringen richtete im Frühjahr 1848 den Karlsplatz<br />

her. Die Innenarbeiten kamen ebenfalls zum Ende. So<br />

wie die feierliche Grundsteinlegung im Hungerjahr 1847<br />

ausfallen mußte, so konnte auch wegen der politischen<br />

Wirren in Sigmaringen nach der Märzrevolution 1848 keine<br />

offizielle Einweihung stattfinden. Die Spar- und Leihkasse<br />

bezog wohl Anfang 1849 den für sie bestimmten Flügel, der<br />

Landtag tagte ab dem 11. April 1849 im Ständesaal und die<br />

anderen Dienststellen nahmen in diesen Wochen wohl ebenfalls<br />

Besitz von ihren Räumen. Die politische Entwicklung<br />

hatte den Ständesaal jedoch überholt und ihn seiner eigentlichen<br />

Bestimmung beraubt. Schon im Sommer 1849 wurde<br />

der Ständesaal zum Sitzungssaal für das neu eingerichtete<br />

Geschworenengericht umgebaut. Am 18. Juli 1849 fand hier<br />

die erste Sitzung des öffentlichen Geschworenengerichts im<br />

Fürstentum statt. Von der Galerie, von der aus die Bürger die<br />

Landtagsverhandlungen hatten verfolgen sollen, beobachteten<br />

sie nun den Ablauf der Gerichtssitzungen.<br />

Die Schlußabrechnungen über die Bauarbeiten zogen sich<br />

von September 1849 bis weit in das Jahr 1850 hinein. Für<br />

80231 fl. hatte Werkmeister Laur ein repräsentatives Gebäude<br />

geschaffen. Das langgestreckte Gebäude besaß eine feinge-<br />

54<br />

gliederte Fassade zum Karlsplatz hin, die durch einen Mittelrisalit<br />

mit einem mächtigen Zwerchgiebel gekrönt war. Die<br />

Rückseite des Gebäudes war dagegen unregelmäßig vorspringend<br />

gegliedert. Im Erdgeschoß des Mittelteils befand sich<br />

ein Vestibül, durch das man zu dem auf der Rückseite<br />

gelegenen Treppenhaus gelangte. Im ersten Stock befand sich<br />

der Ständesaal mit einer lichten Höhe von etwa 7 m. In der<br />

Fassadengestaltung wurde diese Höhe durch drei mächtige<br />

Fenster betont. Auf der Ebene des zweiten Stockes befanden<br />

sich die Logen bzw. Galerien für die Zuschauer.<br />

Die beiden Flügel waren entsprechend der Nutzung gegliedert.<br />

Der Zugang zur Spar- und Leihkasse lag nach hinten<br />

zum Gasthaus Adler hin, der nordöstliche Flügel hatte seinen<br />

Zugang von der Karlstraße her.<br />

Das Ständehaus nach 1850<br />

Der zentrale Teil des Gebäudes war nach 1850 seiner Funktion<br />

beraubt und wurde zum allgemeinen Fest- und Versammlungssaal<br />

umgewandelt. Hier fand z. B. am 4. Februar<br />

1850 die Gläubigerversammlung der Spar- und Leihkasse<br />

statt, hier richtete am 21. September 1850 die Sigmaringer<br />

Bürgerschaft ihren Festball zu Ehren des Prinzen von<br />

Preußen aus. Obwohl die Stände hier nur kurze Zeit getagt<br />

hatten, bleib die Bezeichnung »ehemaliges Ständehaus« bis in<br />

unser Jahrhundert erhalten.<br />

1857 kauften die Spar- und Leihkasse und der preußische<br />

Fiskus das gegenüber dem Eingang der Kasse liegende Wirtschaftsgebäude<br />

des Gasthauses Adler auf. Von dem nur<br />

wenige Meter entfernt liegenden Haus ging eine ständige<br />

Feuersgefahr aus, da hier die Gastpferde eingestellt wurden<br />

und nachts immer Licht brannte. Fast schlimmer war jedoch<br />

die ständige Geruchsbelästigung durch die Dunglege, die<br />

Kloake und den Abtritt des Gasthauses. Die Jauche war in die<br />

Kellerräume gezogen, schädigte die Grundmauern und<br />

machte eine Nutzung der Keller unmöglich. Der Adlerwirt<br />

Raible verkaufte für 2600 fl. die Parzelle 126. Nach dem<br />

Abbruch des Gebäudes wurde hier ein Garten angelegt und<br />

nach dem Verkauf des Platzes an die Stadt 1913 ein Brunnen<br />

errichtet, der nach dem Kriege einem Parkplatz weichen<br />

mußte.<br />

In preußischer Zeit war neben der Hauptkasse für die Hohenzollerischen<br />

Lande, der Katasterverwaltung, dem Steueramt,<br />

dem Grundbuchamt und der Landwirtschaftlichen Zentralstelle<br />

das Amtsgericht hier untergebracht. Dem preußischen<br />

Fiskus stand die Nutzung des Mittelbaus und nordöstlichen<br />

Flügels zu, der Spar- und Leihkasse der westliche Flügel. Erst<br />

1922 wurde das Miteigentum an den Gebäuden aufgelöst.<br />

Als die Räume für das Amtsgericht zu klein wurden, suchte<br />

man seit 1889 nach einem eigenen Bauplatz. Weder im<br />

fürstlichen Hofgarten noch entlang der Karlstraße oder oberhalb<br />

der evangelischen Kirche waren jedoch Bauplätze zu<br />

erhalten. Schließlich erteilte am 7. Januar 1897 das Ministerium<br />

für öffentliche Arbeiten den Auftrag, einen Entwurf für<br />

die Neuaufteilung des ehemaligen Ständehauses anzufertigen.<br />

Der Architekt und Landeskonservator Wilhelm Laur<br />

unterzeichnete am 2. April 1897 den Architektenvertrag.<br />

Zum Gründstück des Gasthauses Adler hin wurde eine<br />

Grenzbereinigung vorgenommen. Das Gebäude selbst sollte<br />

durch den Einzug von zwei Brandmauern über Dach in drei<br />

völlig voneinander getrennte Bauteile aufgeteilt werden. Die<br />

Brandmauern stellten die Grenze zwischen der Spar- und<br />

Leihkasse, der Regierungshauptkasse und den anderen Verwaltungszweigen<br />

im Mittelteil und dem Amtsgericht im<br />

anschließenden Flügel dar. Da vor allem im Mittelteil Mauern<br />

ausgebrochen und neu eingezogen werden mußten, waren<br />

hohe Baukosten zu erwarten. Der preußische Fiskus setzte


Sta ndaha.us in Sigmarmgen.<br />

Ansicht des Ständehauses in Sigmaringen, soweit es dem preußischen Staat gehörte. Die über das Dach reichenden Brandmauern sind zu sehen.<br />

Vorlage: Staatsarchiv Sigmaringen<br />

für das Haushaltsjahr 1898/99 daher 87000 Mark ein, der<br />

Landeskommunalverband für den Umbau des Westflügels<br />

50000 Mark.<br />

Die Kassenräume im Erdgeschoß der Spar- und Leihkasse<br />

mußten umgebaut werden, um Platz zur »Gewinnung eines<br />

Lokals für den Depositen-Verkehr« zu gewinnen, der als<br />

neuer Geschäftsbereich aufgenommen werden sollte. Um<br />

Licht zu erhalten, wurden die Fenster vergrößert. Die Fassade<br />

des Südflügels erhielt damals eine neue Gliederung. Das<br />

heute ungleiche Bild des Süd- und Nordflügels stammt also<br />

erst aus dieser Umbauphase.<br />

Am Mittelteil erfolgten die meisten Veränderungen. Um<br />

Flächen für die Regierungshauptkasse zu erhalten, wurde das<br />

Vestibül in Dienstzimmer aufgeteilt und der Ständesaal durch<br />

eine eingezogene Decke beseitigt. Auch die langen Fenster im<br />

Mittelrisalit mußten quergeteilt werden. Die Fassade des<br />

ehemaligen Ständehauses wurde damit entscheidend verändert<br />

und erhielt ein neues Aussehen.<br />

Als die Umbauarbeiten schon in die Wege geleitet waren,<br />

unterbreitete die Stadt Sigmaringen am 17. Mai 1898 der<br />

Regierung das Angebot, den Mittelteil und Ostflügel für<br />

50000 Mark zu kaufen. Durch den Umbau würden »... die<br />

für Ausstellungs- und andere gemeinnützige Zwecke bisher<br />

noch vorhanden gewesenen größeren Lokale beseitigt.« Die<br />

Bürgerschaft verlor einen repräsentativen Saal im Zentrum<br />

der Stadt. Nachdem sie zunächst die seit 1889 laufenden<br />

Bauplatzverhandlungen nicht unterstützt, ja unterlaufen hatte,<br />

erkannte sie die Zeichen der Zeit zu spät und wurde vor<br />

vollendete Tatsachen gestellt. Schon am 20. Mai 1898 lehnte<br />

der Regierungspräsident das Gesuch ab.<br />

Die Bauarbeiten gingen zügig voran, und ab Ende Januar<br />

1899 konnten die ersten Dienststellen die neuen Räume<br />

beziehen.<br />

Ausblick auf das weitere Schicksal<br />

des ehemaligen Ständehauses<br />

Uber ein halbes Jahrhundert bestand das Gebäude in der von<br />

Architekt Laur entworfenen Form. Die Nutzung blieb auch<br />

konstant: Spar- und Leihkasse bzw. Hohenzollerische Landesbank<br />

(ab 1929), Regierungshauptkasse und Teile der<br />

preußischen Regierung - im Gegensatz zum Regierungsgebäude<br />

in der Karlstraße wurde das ehemalige Ständehaus<br />

daher auch Regierung II genannt - und Amtsgericht. Nachdem<br />

die Hohenzollerische Landesbank die übrigen Gebäudeteile<br />

vom Land Baden-Württemberg gekauft hatte, baute es<br />

diese in den Jahren 1963 bis 1965 für ihre Bedürfnisse um. Die<br />

Fassade wurde hierbei wiederum vereinfacht. Das Amtsgericht<br />

blieb in seinen Räumen. Nach dem Abriß des Gasthauses<br />

Adler konnte die Bank von 1971 bis 1974 moderne<br />

Erweiterungsbauten vornehmen.<br />

Das ehemalige Ständehaus verkörpert ein Stück <strong>hohenzollerische</strong><br />

Geschichte wie vielleicht nur noch das Landeshaus, das<br />

die Tradition des Hohenzollerischen Landeskommunalverbands<br />

aufrecht erhält. Der Fürst und seine Beamten waren<br />

zunächst die treibenden Kräfte, die das Ständehaus gegen den<br />

Willen der Landstände planten. Dann aber wurde es zum<br />

Symbol für die im Zuge der Übergabe der Fürstentümer an<br />

Preußen kassierte Verfassung und damit auch Ständevertretung.<br />

Über ein Jahrhundert erhielt sich für das Gebäude die<br />

Bezeichnung »Ständehaus«, obwohl die Landstände nur eine<br />

Sitzungsperiode darin getagt hatten.<br />

Von der Vielzahl der Behörden sind allein das Amtsgericht<br />

und das Notariat übrig geblieben, während sich die Hohenzollerische<br />

Landesbank beträchtlich ausgedehnt hat. In den<br />

ersten Jahren nach der Gründung ohne eigenes Geschäftslokal<br />

fand sie seit 1849 hier ihre dauernde Bleibe. Es gibt wohl<br />

kaum eine Bank, die in einem solch traditionsgeladenen<br />

Gebäude residiert.<br />

55


Quellen und Literatur:<br />

Staatsarchiv Sigmaringen: Ständehausbaukommission 1846-1850<br />

NVA I 10976, 10977. Preußische Regierung Ho 235 I-III L 844;<br />

I-V D 172,1; 174; 191 Preuß. Staatshochbauamt Sigmaringen, vor<br />

allem Pläne Nr. 67 ff. Depositum Fürstl. Hohenz. Archiv, Hofkammer<br />

Rubrik 17 Nr. 8 Sigmaringen, vor allem NVA 16675,<br />

16680-16 682, 16 684. Weiterhin gibt es Unterlagen der Geh.<br />

Konferenz, der Regierung, der Spar- und Leihkasse, der Preuß.<br />

Regierung, des Landeskommunalverbands, die sich mit Baufragen<br />

befassen, die aber nicht einzeln aufgeführt werden können.<br />

Walter Genzmer f<br />

Verhandlungen der Ständeversammlung des Fürstentums Sigmaringen<br />

1842/43, 1845/46 und 1849, jeweils Protokolle und Beilagen.<br />

Verordnungs- und Anzeigeblatt für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen<br />

bzw. der Kgl. Preußischen Regierung zu Sigmaringen<br />

1846-1850.<br />

Dorothea Muessle: Die räumliche und strukturelle Entwicklung der<br />

Stadt Sigmaringen in preußischer Zeit. Wiss. Zulassungsarbeit<br />

Tübingen, masch. 1975.<br />

Oberregierung- und Oberbaurat a.D., Landeskonservator für die Kunstdenkmäler Hohenzollerns a.D.,<br />

geb. 22. 10. 1890 in Köln, gest. 13. 6. 1983 in Bonn-Bad Godesberg<br />

Im Alter von 92 Jahren verstarb Walter Genzmer. Seine<br />

besten Jahre hat er der Denkmalpflege in den Hohenzollerischen<br />

Landen gewidmet. Kaum eine Stadt, eine Kirche oder<br />

ein profanes Kunstdenkmal in Hohenzollern seien denkbar,<br />

die nicht Spuren seines Schaffens aufwiesen, stellte Landtagsvizepräsident<br />

Gog fest, als er 1967 Walter Genzmer in einer<br />

Sitzung des Hohenzollerischen Landesausschusses nach<br />

33jähriger Tätigkeit als Landeskonservator verabschiedete.<br />

Wer seine Tätigkeitsberichte über die Denkmalpflege liest,<br />

wird dies bestätigen. In wenigen Strichen zeichnet er bei den<br />

vielen von ihm bearbeiteten Objekten die Geschichte, die<br />

Umbauphasen und die Restaurierungs- oder Sanierungsarbeiten<br />

nach, die er zumeist in Zusammenarbeit mit hervorragenden<br />

Restauratoren und Architekten durchgeführt hatte.<br />

Für die Landesgeschichte sind diese Berichte eine Fundgrube.<br />

Als Regierungs- und Baurat Walter Genzmer sich 1933 auf<br />

eigenen Wunsch von Berlin an die Regierung in Sigmaringen<br />

versetzen ließ, hatte er schon eine steile Karriere hinter sich.<br />

1890 in Köln geboren, wuchs er 1892 bis 1904 in Halle/Saale<br />

auf, dann in Danzig. Hier legte er mit 17 Jahren das Abitur ab<br />

und begann mit dem Studium von Architektur und Kunstgeschichte,<br />

das er in München und Dresden fortsetzte. Seine<br />

technische wie musikalische Begabung wurde von den Eltern<br />

gefördert. Sein Vater war zuletzt Professor an der Technischen<br />

Hochschule in Dresden und die Eltern wie auch seine<br />

Geschwister waren hochmusikalisch. Als entscheidende Studienjahre<br />

sind daher neben der Münchner Zeit die Jahre in<br />

Dresden ab 1913 anzusehen. Hier erhielt er erste Einsicht in<br />

die Praxis unter dem Stadtbaudirektor Erlwein. In gleicher<br />

Weise prägte ihn das hochstehende Musikleben und die<br />

Anschauung und das Studium der barocken Baukunst im<br />

Zwinger. Der Kunsthistoriker wie der Musiker Walter Genzmer<br />

fand in Dresden die Erfüllung seiner künstlerischen<br />

Wünsche.<br />

Nach der Diplomhauptprüfung als Architekt und der Staatsprüfung<br />

zum Regierungsbaumeister, bei der er als bester<br />

Teilnehmer abschnitt, arbeitete er bei der preußischen Staatsbauverwaltung<br />

in Naumburg, Merseburg, Bad Homburg<br />

v. d. H. und ab 1919 bei der preußischen Regierung in<br />

Wiesbaden. 1928 wurde er als Regierungsbaurat an die<br />

Hochbauabteilung des preußischen Finanzministeriums in<br />

Berlin berufen. Neben der Betreuung der staatlichen Schlösser<br />

und Gärten in Berlin gehörte er dem Redaktionskollegium<br />

der staatlichen Bauzeitschriften an (Denkmalpflege und Heimatschutz,<br />

Zeitschrift für Bauwesen, Zentralblatt der Bauverwaltung).<br />

In dieser Zeit trat er in enge dienstliche und<br />

persönliche Verbindung mit vielen im Reich wie in Preußen<br />

für die Kulturpflege maßgeblichen Persönlichkeiten. Die<br />

damals erlangte Anerkennung und Wertschätzung kam ihm<br />

56<br />

dann in Hohenzollern immer wieder zugute. Mit Wirkung<br />

vom 1. Dezember 1933 wurde er an die Regierung in Sigmaringen<br />

versetzt, seinen Dienst trat er am 2. Januar 1934 an. Er<br />

leitete das Dezernat für das Hochbauwesen, nach dem Kriege<br />

und damit dem Ende der Regierung wurde er der Leiter des<br />

Staad. Hochbauamts Sigmaringen. Ein Jahr stand er dann<br />

noch als Oberregierungs- und Oberbaurat dem Staad. Hochbauamt<br />

Heilbronn vor, bis er 1955 pensioniert wurde.<br />

Als Pensionär behielt er bis 1967 das Amt des Landeskonservators<br />

bei, das ihm im Februar 1934 nach dem Tode des<br />

Landeskonservators Wilhelm Friedrich Laur vom Regierungspräsidenten<br />

(Verwaltung des Hohenzollerischen Landeskommunalverbands)<br />

übertragen worden war. Diese Aufgaben<br />

nahm er bis zu seinem Ausscheiden 1967 ehrenamtlich<br />

wahr. Sie wurden zu seiner Lebensaufgabe, hier erwarb er<br />

sich über Deutschlands Grenzen hinaus Rang und Namen.<br />

Als Nachfolger Laurs übernahm er im Auftrag der Generalverwaltung<br />

des ehemals regierenden Preußischen Königshauses<br />

die denkmalpflegerische Betreuung der Burg Hohenzollern<br />

und die Beaufsichtigung der baulichen Instandhaltung<br />

der Burg. Er vertrat weiterhin 25 Jahre lang Hohenzollern im<br />

Vorstand des »Bundes für Heimatschutz in Württemberg«,<br />

der sich dann in »Schwäbischer Heimatbund« umbenannte.<br />

Seine Neigungen brachten es mit sich, daß er sogleich dem<br />

»Verein für Geschichte, Kultur- und Landeskunde Hohenzollerns«<br />

beitrat und sofort in den wissenschaftlichen Ausschuß<br />

gewählt wurde. Nach dem Krieg wurde er Mitglied der<br />

Kommission für geschichtliche Landeskunde in Württemberg<br />

(1946) und des Denkmalrats für den Regierungsbezirk<br />

Südwürttemberg-Hohenzollern. Als in Sigmaringen die Gesellschaft<br />

für Kunst und Kultur gegründet wurde, gehörte er<br />

auch diesem Vorstand an und leitete die Gesellschaft mehrere<br />

Jahre als 1. Vorsitzender. Sein Wirken in diesen Gremien und<br />

Vereinigungen, aber auch seine zahlreichen Vorträge, Führungen<br />

und auch Rundfunksendungen haben vielen Menschen<br />

neue Werte erschlossen und zur Vertiefung des Verständnisses<br />

für die Eigenart der heimischen Kultur wesentlich<br />

beigetragen.<br />

Walter Genzmer verließ sich nicht auf die Forschungen<br />

anderer, er ging selbst den Dingen nach. Die Bibliographie<br />

der <strong>hohenzollerische</strong>n Geschichte führt 43 große und kleine<br />

Veröffentlichungen von ihm auf. Erinnert sei allein an Bd. 1<br />

des Deutschen Glockenatlasses, an die Mitarbeit und Herausgeberschaft<br />

der beiden Bände Hechingen und Sigmaringen<br />

der »Kunstdenkmäler Hohenzollerns«, an den Bildband<br />

»Hohenzollern«, an die Führer für die Burg Hohenzollern<br />

und die Klosterkirche in Wald und an die Arbeiten über den<br />

Vorarlberger Baumeister Michael Beer, Meinrad von Ow und<br />

Johann Georg Weckenmann.


Entspannung von vielfältigen dienstlichen und freiwillig<br />

übernommenen Aufgaben fand Walter Genzmer zeitlebens<br />

bei der Musik. Die Musik Bachs war seine Welt, entsprechend<br />

waren Orgel und Cembalo seine Lieblingsinstrumente.<br />

Er war ein ausgezeichneter Interpret, der auch die moderne<br />

Musik nicht vernachlässigte. Lange Zeit spielte er an Sonnund<br />

Feiertagen in der evangelischen Kirche in Sigmaringen<br />

die Orgel. Seine Leidenschaft beleuchtet eine Begebenheit,<br />

die er in seinen Erinnerungen festgehalten hat. In Hechingen<br />

hörte er durch ein offenes Fenster hervorragend gespielte<br />

Klaviermusik. Er erkundigte sich sofort, wer dort wohne. Es<br />

war der Nobelpreisträger Werner Heisenberg, der mit dem<br />

Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik nach Hechingen gekommen<br />

war. Genzmer ließ sich vorstellen und eine musikalische<br />

Freundschaft entstand. Wenn Genzmer nun in Hechingen<br />

weilte, nahm er sich jeweils Zeit, mit Heisenberg vierhändig<br />

Klavier zu spielen.<br />

Für Walter Genzmer war die Betreuung der Bau- und<br />

Kunstdenkmäler in Hohenzollern eine Herzenssache. Sein<br />

sicheres Urteil, sein großes technisches Können und seine<br />

stille, verbindliche Art führten dazu, daß alle an einer<br />

Renovierung beteiligten Personen auf ein Ziel ausgerichtet<br />

wurden. Er versuchte vor allem, die im 19. Jahrhundert<br />

begangenen Bau- und Restaurierungsfehler wieder gutzumachen.<br />

Diese »Fehlinstandsetzungen«, wie er sie nannte, waren<br />

vor allem bei den barocken Kirchen zu beseitigen. Aber<br />

auch den neugotischen Kirchenbauten des 19. Jahrhunderts<br />

galt sein Augenmerk. Die Spannweite seiner Arbeiten kann<br />

nur an ausgewählten Beispielen aufgezeigt werden. Er führte<br />

die Rebarockisierung der Klosterkirche Beuron durch, er<br />

setzte die Pfarrkirchen in Sigmaringen, Laiz, Wald, Hettingen,<br />

Haigerloch, Hechingen und Inzigkofen wieder instand,<br />

wie auch die neugotischen Kirchen in Inneringen, Neufra<br />

und Veringenstadt. Er betreute die Burg Hohenzollern und<br />

richtete dort das Hohenzollernmuseum ein. Dem Stadtbild<br />

von Haigerloch galt seine Sorge. Beim Rathausumbau in<br />

Hechingen und der Stukkierung der Kirchendecke in Laiz<br />

bewies er sein Verständnis für die Zusammenarbeit mit<br />

hervorragenden Künstlern der Zeit, dem Architekten<br />

Schmitthenner und dem Bildhauer Henselmann. In gleicher<br />

Weise gelang es ihm, anerkannte Restauratoren für seine<br />

Arbeiten zu finden und zu gewinnen, mit denen er in<br />

produktive Wechselbeziehungen trat.<br />

Trotz des räumlich engen Wirkungskreises hat er die Verbindung<br />

und den Bezug zur deutschen und europäischen Kultur<br />

nie verloren. 1967 zog der hochgeehrte Walter Genzmer mit<br />

seiner Frau von Sigmaringen nach Berlin, dann nach Bonn-<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Abt Konrad von Gammertingen<br />

In der historischen Literatur Hohenzollerns ist schon oft<br />

über das Grafengeschlecht von Gammertingen gehandelt<br />

worden 1 . In der Geschichte des ehemaligen Benediktinerklosters<br />

Zwiefalten 2 nennt der Bearbeiter J. Zeller Seite 825 auch<br />

einen Abt Konrad von Gammertingen, der 1250 bis 1251 die<br />

Abtswürde besaß und bald darauf an einem 19. April gestorben<br />

sei, wie aus den Annales majores und dem Nekrolog<br />

Reinhards (also nicht lange nach 1250) zu entnehmen sei.<br />

Zeller rechnet diesen Abt Cuonradus de Gamertingin mit<br />

einem Propst Heinrich (nach Nekrolog zum 6. Oktober) und<br />

der Nonne Adelheid (vom 15. März) zu einer niederadeligen<br />

Familie, die sich nach dem um 1165/66 erfolgten Aussterben<br />

H<br />

Walter Genzmer im Alter von 77 Jahren<br />

Bad Godesberg. Es wurde still um den einst so schöpferischen<br />

und aktiven Menschen. Erblindet und an den Stuhl<br />

gefesselt verbrachte er zurückgezogen die letzten Lebensjahre,<br />

bis er nach kurzem schwerem Todeskampf erlöst wurde.<br />

In den Hohenzollerischen Landen und weit darüber hinaus<br />

bleibt Walter Genzmer in dankbarer Erinnerung.<br />

Wilfried Schöntag<br />

Anmerkung der Schriftleitung: Das Buch »Hohenzollern« von Walter<br />

Genzmer ist im Buchhandel zu bekommen. 36 Seiten Text und 96<br />

gute Abbildungen, Preis DM 26.- (Deutscher Kunstverlag München).<br />

der Grafen von Gammertingen nach diesem Ort nannte.<br />

Allerdings hält er irrig den Adelbert von Gammertingen einer<br />

Urkunde vom 21. April 1101 3 auch zum Niederadel. Den<br />

Zwiefalter Abt Konrad I. (1169-1193) machten spätere<br />

Chronisten laut Zeller ohne Beweise zu einem Grafen von<br />

Gammertingen.<br />

Hans Martin Maurer hat dann 1966 4 in seiner Familientafel<br />

des Grafenhauses diesen Konrad als Sohn des Grafen Ulrich<br />

II. von Gammertingen angesehen, was keineswegs sicher<br />

ist. Der Zwiefalter Abt Konrad I. starb am 20. Oktober<br />

1193 5 , kann somit wegen des Sterbedatums mit dem Abt<br />

57


Konrad von Gammertingen vom 19. April nicht identisch<br />

sein!<br />

Ahnlich hat neuestens Armin Wolf 6 in seiner Gammertinger<br />

Geschlechtstafel diesen (älteren) Konrad ohne Beweis als<br />

Sohn eines älteren Grafen Konrad von Gammertingen vermutet.<br />

Beide Geschlechtstafeln stimmen somit nicht überein.<br />

Eine genauere Untersuchung der Zwiefalter Nekrologe 7<br />

erschien somit zur Klärung der Unstimmigkeiten unumgänglich.<br />

Daher erging eine Bitte an unseren Landsmann<br />

Dr. Eberhard Gönner, den Präsidenten der badisch-württtembergischen<br />

Archive, durch einen Fachmann die im Original<br />

erhaltenen Nekrologe in der württembergischen Landesbibliothek<br />

in Stuttgart nachprüfen zu lassen. Die Erfüllung<br />

der Bitte geschah in großzügiger Weise durch Herrn<br />

Dr. Spelling an der genannten Bibliothek, der unter dem<br />

1. September 1983 berichtete:<br />

»Der ältere Nekrolog, Cod. theol. 141 aus dem 1. Viertel<br />

(also ca. 1125) des zwölften Jahrhunderts, enthält auf Seite<br />

184 als Nachtrag zum 19. April den Eintrag: >Conradus<br />

abbas de GamertinginCuonradus abbas de Gamertingin


mission und Anliegern einholte. Und 1911 kam noch die<br />

Peitschenfabrik der Gebr. Schuler hinzu, so daß es am<br />

Vorabend des 1. Weltkriegs in Jungingen nicht weniger als<br />

zehn Betriebe gab.<br />

Der plötzliche Reichtum dieser ersten Generation von Fabrikanten<br />

ließ sie ein Stück weit aus dem Kreis der Dorfgemeinschaft<br />

herauswachsen. Ihre Ansprüche, ihre Gepflogenheiten<br />

und ihr Verhalten wandelten sich; wir finden sie, wenn<br />

überhaupt, nur in den guten Weinlokalen, der »Post« und<br />

dem »Adler«. Wie der Fabrikant Silvester Bosch den Polizeidiener<br />

einmal abblitzen ließ, haben wir schon gehört; er<br />

scheint aber auch gegen höhere Amtspersonen recht stolz<br />

aufgetreten zu sein: »Silvester Bosch, Tricotfabrikant, wegen<br />

beleidigung des Bürgermeisters beauftrakt bies heute Mittag<br />

1 Uhr 100 Mk für die Armen zu bezahlen, widrigenfalls<br />

Glage erhoben wird« (13. 11. 02). Nach der Jahrhundertwende<br />

werden bereits die ersten Fabrikantenvillen gebaut.<br />

Vom Peitschenfabrikanten Anton Bumiller ist dagegen bekannt,<br />

daß er in Hechingen Wohnung bezog, weil seiner<br />

Gattin die dörfliche Umgebung nicht zusagte; er war es<br />

übrigens auch, der schon in den 90er Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts das erste Auto der ganzen Umgebung fuhr. Ihm<br />

tat es allerdings schon bald der Mechaniker Jakob Bosch von<br />

der Fa. Gebr. Bosch nach, der zu Beginn des Jahrhunderts ein<br />

Motorrad und schließlich ein Auto besitzt; am 20. 12. 1905<br />

wird ihm etwa »eröffnet, das er innerhalb 12 Tagen einen<br />

Schild mit Namen u. Wohnort an seinem Motorrad anbringen<br />

muß«.<br />

Ist es schon wenig, was sich über die ersten Fabrikanten sagen<br />

läßt, so sind wir über die erste Generation Fabrikarbeiter in<br />

Jungingen noch schlechter unterrichtet; deshalb wird für uns<br />

die geringste Notiz schon wichtig. Interessant werden dabei<br />

u. a. die Listen jener Personen, die der Polizeidiener wegen<br />

Ubersitzens der Polizeistunde aufgeschrieben hat, denn dort<br />

werden uns häufig Berufsbezeichnungen mitgeteilt. So sind<br />

als Mechaniker erwähnt ein Jakob Boß (23. 11. 79), Ludwig<br />

Zanger und Matheis Sauter (20. 3. 80), Johann Georg Bosch<br />

(5. 3. 81), Konstantin Schuler (6. 6. 82), Johann Bosch und<br />

Karl Deckel (11. 6. 82), Markus Bosch (17. 2. 85), Lukas<br />

und Albert Bosch (18. 10. 85), Lukas, Jihann und Wilhelm<br />

Bosch (31. 10. 86), Conrad und Carl Deckel (15. 12. 86) und<br />

Friedrich Deckel (8. 9. 87). Die verschiedenen Träger des<br />

Namens Bosch gehören fast ausschließlich der Gründerfamilie<br />

der Fa. Gebr. Bosch an oder sind Verwandte. Ludwig<br />

Zanger, Konstantin Schuler und die Brüder Deckel zählen<br />

zur ersten Generation Junginger Mechaniker, die bei der Fa.<br />

Bosch gelernt haben; Friedrich Deckel ist der nachmals nach<br />

München übersiedelte berühmte Firmengründer. In Jakob<br />

Boß und Matheis Sauter müssen wir wohl auswärtige Arbeiter<br />

sehen, die vermutlich aus dem Ebinger Raum nach<br />

Jungingen zur Arbeit kamen. Allein aus diesen Zufallserwähnungen<br />

teilt uns unsere Quelle wenigstens zehn Mitarbeiter<br />

der Fa. Gebr. Bosch in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts<br />

mit. An Peitschenmachern sind uns in derselben Zeit ein Paul<br />

Deckel (13. 6. 82 u. 4. 3. 85), Fidel Haiß (15. 11. 85), Sebastian<br />

Simmendinger aus Killer (10. 10. 87) und der schon<br />

erwähnte Tscheche Franz Soboda bekannt. Auch hier ergibt<br />

sich also das Bild: Zur ersten Arbeitergeneration in Jungingen<br />

zählen an erster Stelle Männer aus dem Dorf, aber es gibt auch<br />

schon »Einpendler« aus der näheren Nachbarschaft; der<br />

Ausländer Soboda ist wohl als >Mitbringsel< seines Chefs eine<br />

Ausnahme. Arbeiterinnen geben die Polizeidienerbücher zu<br />

diesem Zeitpunkt noch nicht zu erkennen, was allerdings<br />

nicht viel besagen muß.<br />

Uber Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit und Lohn erfahren<br />

wir hier gar nichts, aber seit 1900 werden die Polizeidienerbücher<br />

gesprächiger, was Arbeitsschutz, bau- und feuerpolizeiliche<br />

Maßnahmen in Betrieben und den Versicherungsschutz<br />

angeht, da der Polizeidiener hierfür jeweils die untere Ebene<br />

der Behörden vertritt.<br />

Am 8. 11. 1899 war der Polizeidiener »Bei Gebrüder Haiß<br />

betrefs Jugendlichen Arbeiter u. Arbeiterinnen«, am<br />

10. 8. 1901 hat er »die Arbeiter in den Fabriken mit Motorbetrieb<br />

aufgenommen«. Am 3. 12. 01 werden »Bei Geb.<br />

Haiß, Gebr. Bosch, Joh. Bosch Söhne + Anton Bumiller die<br />

Arbeiter refiediert«. Hier wie in allen weiteren Fällen werden<br />

uns allerdings die Zahlen der in den Betrieben Beschäftigten<br />

verschwiegen, aber diese Zahl muß inzwischen schon beträchtlich<br />

gewesen sein. Es wird jetzt verstärkt darauf geachtet,<br />

daß Maßnahmen zum Arbeitsschutz und feuerpolizeiliche<br />

Bestimmungen eingehalten werden. Am 29. 9. 01 wird<br />

»Gebr. Bosch den Gang zum Azittelin [Acetylen] aparat zu<br />

behellen eröffnet«, ebenso werden sie aufgefordert, das Treppenhaus<br />

zu beleuchten (6. 11. 01). Am 13. 8. 02 wird »die<br />

Arbeiterordnung in den Geschäften Schriftlich überbracht«,<br />

zwei Tage später wird »Gebr. Haiß eröffnet, den 14 Jahr alten<br />

nicht länger arbeiten laßen als 6 Stunden«. Derselbe Betrieb<br />

wird am 31. 10. 02 ermahnt, »feuerfeste Läden anbringen«<br />

zu lassen. Zugleich wird darauf gedrängt, daß die Arbeiter<br />

ordentlich versichert sind. Am 12. 11. 04 werden »die Arbeiter<br />

und Arbeiterinnen gezählt, welche in der Alters- und<br />

Invaliden Versicherung, aber nicht in der Krankenkasse sind.<br />

Das Ergebnis war 33« (es scheint sich dabei nur um die<br />

Arbeiter der Fa. Gebr. Haiß zu handeln, was eine Andeutung<br />

auf die Größenordnung der Belegschaften ist). Die Krankenversicherung<br />

scheint jedoch weiterhin nachlässig behandelt<br />

worden zu sein, denn am 11. 11. 05 werden sechs Betriebe<br />

ermahnt, »daß bis Montag abend sämtliche Arbeiter und<br />

Arbeiterinnen in die Krankenkasse angemeldet sein müssen,<br />

andernfalls sie bis zu 20 Mark bestraft würden«.<br />

Inzwischen schreitet die Mechanisierung der Junginger Industriebetriebe<br />

voran, so daß man am 28. 11. 02 »bei den<br />

Fabrikanten, welche Motorbetrieb haben, die Motorkräfte<br />

sowie die Maschinen & deren Arbeiter kontroliert«. Das<br />

Zeitalter der Kamine beginnt. Die erste Dampfmaschine war<br />

seit 1882 bei Gebr. Bosch in Betrieb. Von ca. 1900 stammt das<br />

Modell in der Trikotagenfabrik des Paul Bumiller, das bis<br />

heute zu bewundern ist. 1906 ging die Dampfmaschine des<br />

Möbelwerks Gebr. Riester in Betrieb, das im Volksmund<br />

überhaupt zur »Dampfe« wurde. Im selben Jahr (7. 9. 06)<br />

werden »den Gebrüder Haiß Bedingungen zur Genehmigung<br />

der Dampfkesselanlage ausgehändigt«. Diese Anlage kommt<br />

später noch einmal zur Sprache (21. 9. 1914): »Bei Geb. Haiß<br />

betr. Revision des Dampfkessels: der Mangel unter Ziffer 1<br />

betr. Manometer ist nicht beseitigt.«<br />

Der wohl interessanteste Eintrag zur Junginger Industriegeschichte<br />

in den Polizeidienerbüchern betrifft den<br />

17. Sept. 1904: unter diesem Datum wird bei Gebr. Bosch<br />

und Johann Bosch Sc Söhne, also den Mechanikbetrieben,<br />

nachgefragt, »ob Ihre Lieferungen nach Rußland u. Japan<br />

erheblich seien, sie sagten seitdem der Krieg währe, seien die<br />

Lieferungen ganz beschränkt, also nicht erheblich«. Bei<br />

diesem Krieg handelt es sich um den russisch-japanischen<br />

Konflikt 1904/05. Uns wird also hier ganz beiläufig mitgeteilt,<br />

daß Junginger Betriebe schon zu Beginn dieses Jahrhunderts<br />

Geschäftsbeziehungen bis ans andere Ende der Welt<br />

hatten.<br />

Fortschritt<br />

Das durch die zunehmende Industrialisierung um die Jahrhundertwende<br />

steigende Steueraufkommen Jungingens ermöglicht<br />

es der Gemeinde, den Zivilisationssprung, den<br />

Europa in jener Zeit erlebte, im kleinen mitzutun. Dabei ist<br />

der Anschluß an die Moderne kein reibungsloser Vorgang in<br />

der Gemeinde. Es ist ein Fort-Schritt, bei dem ein Fuß eine<br />

Zeitlang zögernd in der Luft verharrt. So wie schon die<br />

59


Industrie nur schleppend die gesetzlichen Forderungen von<br />

Bau- und Feuerpolizei, von Arbeitsschutz und Krankenversicherung<br />

erfüllt, so muß letztlich der gesamten Bürgerschaft<br />

teilweise unter Strafandrohung zu einem neuen Verständnis<br />

der Zukunft verholfen werden: es ist ein amtlich verordneter<br />

Fortschritt, der hier vollzogen wird. Und daß es bremsende<br />

Kräfte gab, zeigt sich beispielsweise daran, daß das reiche<br />

Jungingen - später als andere Gemeinden - erst nach dem<br />

1. Weltkieg ein Elektrizitätsnetz erhielt. Dennoch kann man<br />

sagen, daß in Jungingen ziemlich genau mit dem Jahr 1900 das<br />

neue Zeitalter begonnen hat. Es ist gekennzeichnet durch die<br />

Mechanisierung der Arbeit - auch in der Landwirtschaft<br />

finden Maschinen ihre Anwendung -, im Bauwesen durch<br />

Einführung neuer Baustoffe: Stahl und Beton, in der Organisation<br />

des alltäglichen Lebens durch Anschluß an gemeinsame<br />

zentrale Versorgungsnetze wie etwa die Hauswasserleitung.<br />

Hinzu kommen Wandlungen der Mentalität: etwa ein<br />

neues Verhältnis zur Hygiene oder ein wachsendes Bildungsbedürfnis.<br />

Nach der Begradigung der Starzel im Ortsbereich werden in<br />

Jungingen erstmals »5 Eiserne Bruken im submissionswege<br />

fergeben« (27. 8. 1901) nachdem es bisher nur Furten durch<br />

den Bach und hölzerne Stege gegeben hatte. So läutet sich die<br />

neue Zeit ein. Das größte Vorhaben der Gemeinde zu Beginn<br />

des neuen Jahrhunderts war allerdings der Bau einer Wasserleitung.<br />

Diese Geschichte hat, wie wir aus anderen Quellen<br />

und Erzählungen wissen, die Gemüter heftig erregt. In den<br />

Polizeidienstbüchern finden diese Auseinandersetzungen natürlich<br />

nicht statt, in ihnen zeigt sich nur der äußere Gang der<br />

Dinge. Am 17. 7. 04 werden erstmals »die Gemeinde Vertretung<br />

u. die Gemeinde Räthe geladen auf Morgen Abend<br />

8 Uhr wegen Brunnen u. Hauswasserleitung«. Am 31. 7.<br />

war der Polizeidiener unterwegs »bei den Bürgern Unterschreiben<br />

lassen wegen Hauswasserleitung«. Zugleich wird<br />

einigen Bürgern gesagt, »sie dürfen kein Abwasser mehr von<br />

der Küche über den Weg laufen lassen, entweder müssen die<br />

das unterirdisch fortrichten oder eine Senkgrube erichten«.<br />

(19. 4. 04). Im Jahr 1905 wird die Leitung jedenfalls gebaut.<br />

Am 5. Januar war Polizeidiener Schuler »Quellen messen mit<br />

Herrn Falkenstein aus Balingen«. Dies deutet den Beginn der<br />

Arbeiten an, und im Herbst scheint die Leitung fertig zu sein,<br />

wenn er verkünden muß: »An den Hydranten und Hahnen<br />

der Wasserleitungen, der alten wie an der neuen, hat außer<br />

dem Brunnenmeister Anton Haiß niemanden nur im geringsten<br />

etwas daran zu ändern«.<br />

Weniger aufregend, aber vielleicht noch zäher war der Kampf<br />

um die Einfriedung der Misten, der sich gewissermaßen über<br />

Jahrzehnte hinzieht. Bereits am 17. 7. 1881 klagt Polizeidiener<br />

Müller, daß Carl Friedrich Riester trotz »wiederholter<br />

Ermahnung seine Jauche aus der Miststatt laufen lies und<br />

dadurch der Polizeilichen Anordnung zuwider handelte«.<br />

Nach der Jahrhundertwende beginnt jedenfalls eine groß<br />

angelegte Kampagne: »Auf Anordnung des Königlichen<br />

Oberamts müßen sämdliche Dunglegen bies innerhalb<br />

14 Tagen eingemacht werden, jndem nachher eine Refission<br />

stadtfindet« (7. 3. 02). Am 6. 10. 04 erfolgt die Aufforderung,<br />

die Misten »innerhalb 2 Monaten« »mit Peton einzumachen«,<br />

und am 25. 10. sind im Dienstbuch jene 76 Besitzer<br />

namentlich aufgeführt, die der Anordnung noch nicht Folge<br />

geleistet haben. Am 17. 4. 05 versucht die Gemeinde den<br />

Bürgern die Einfriedung der Misten noch einmal zu erleichtern:<br />

»Die Besitzer der Dunglegen... werden ersucht, ihre<br />

Dungstätten bis Juni mit Beton einzumachen. Portlandzement<br />

hierzu liefert die Gemeinde den Sack zu 3 M. oder<br />

3.05 M. ...Bemerkt wird noch, daß die Dunglegen vorschriftsmäßig<br />

eingemacht sein müssen u. eignet sich am<br />

besten Beton, um nachher den Besitzer vor Strafe zu schützen.<br />

« So begann also das Betonzeitalter in Jungingen auf der<br />

Miste.<br />

60<br />

Aber der Fortschritt vollzog sich nicht nur im Materiellen,<br />

sondern etwa auch im Bereich der medizinischen Versorgung.<br />

Die ärztliche Betreuung erfolgte immer schon von<br />

Hechingen aus. Schon 1879 werden ein Arzt und zwei<br />

Apotheker erwähnt (23., 26. u. 27. 12. 79). Ebenfalls schon<br />

sehr früh lassen sich jährliche Impfaktionen nachweisen<br />

(zuerst 9., 15. u. 27. 7. 80). Nach der Jahrhundertwende<br />

werden die Bürger alljährlich im Gasthaus »Adler« geimpft<br />

(z.B. 17. 5. 01). Die Bürger werden auch amtlich über<br />

Krankheiten aufgeklärt: »alle forkommenden anstekenden<br />

Krangheiten durch Schellenruf bekannt gemacht«<br />

(23. 4. 1900). Die ärzttzliche Betreuung ist jetzt regelmäßig<br />

gewährleistet: »der Pragtische Artzt Dok. Ruff von Hechingen<br />

ist jeten Montag & Freitag in Jungingen bei Pfilieb<br />

Bumiller Wirth [»Engel«] zu sprechen« (20. 6. 01).<br />

Der Aufbruch in die neue Zeit war auch begleitet von einem<br />

neuen Bildungsbedürfnis. Den frühesten Beleg hierfür verdanken<br />

wir dem ordnungswidrigen Verhalten eines Jugendlichen:<br />

»Abend halb 8 Uhr traff ich den Bernard Heis mit<br />

Pfeifen vor dem Rathaus, welcher Stöhrung der Fortbildungsschule<br />

verursachte« (20. 11. 80); was hier gelernt wurde,<br />

erfahren wir leider nicht. Weitere Nachrichten betreffen<br />

erst wieder die Zeit nach 1900. »Vom 15. (März 1904) bis<br />

Freitag je nachmittags 2 Uhr hält Viehzuchtinstruktor Maier<br />

aus Sigmaringen einen Vortrag im Gasthof zur Krone, wozu<br />

auch erwachsene Weibliche Personen eingeladen sind.« Hier<br />

bezieht sich das Fortbildungsinteresse noch immer auf den<br />

traditionellen landwirtschaftlichen Bereich, aber es wird jetzt<br />

auch deutlich, daß seit einiger Zeit die haus- und handwerklichen<br />

Fähigkeiten der jugendlichen Junginger geschult werden,<br />

denn am 24. 8. 05 verkündet der Polizeidiener durch<br />

Schellenruf: »Nachdem die Industrielehrerin altershalber den<br />

Dienst gekündigt hat, so wollen sich bewerberinnen um diese<br />

Stelle innerhalb 8 Tagen mit gehaltsansprüche beim Bürgermeisteramte<br />

melden.«<br />

Ein wesentliches Kennzeichen des zivilisatorischen Fortschritts<br />

haben wir noch nicht angesprochen: die neue Art<br />

der Bewegung. Um 1900 beginnt für Jungingen auch das<br />

Zeitalter der Schnellebigkeit. Und dies muß gerade auf den<br />

Polizeidiener, der in seiner Ruhe und Gemächlichkeit so<br />

etwas wie ein Symbol dörflicher Idylle ist, bedrohlich wirken.<br />

Verkehr<br />

Das Reisemittel der Zeit vor 1900 ist die Postkutsche. Sie<br />

verkehrt selbstverständlich auch im Killertal und die »Post«<br />

in Jungingen ist Haltstation. Am 8. 9. 1887 am späten Abend<br />

»fuhren im kaiserlichen Postwagen Friedrich Dekel, Mechaniker,<br />

Christian Riester, Schreiner, beide von hier jauchzend<br />

und lärmend durch das Dorf bis zur Post, wobei die Ruhe der<br />

Nacht gestört wurde«. Neben diesem öffentlichen Verkehrsmittel<br />

gibt es Händlerfuhrwerke und private Verkehrsteilnehmer.<br />

Am 6. Mai 1884 »9Nachts 10 Uhr kam Kauffmann<br />

Heim von Burladingen, Emmelene Bumiller, Emilie Winter<br />

und Erna Müller gesellschaftlich in einer Chaise singend und<br />

ohne brennend Laterne durchs Dorf gefahren, liesen das<br />

Fuhrwerk gegen % Stundt ohne Aufsicht bei der Wirthschaft<br />

des Fridrich Bumiller stehen. Machte deßhalb beim kgl.<br />

Vogtamt die ergebene Anzeige...« Der Polizeidiener übernimmt<br />

nun auch die Funktion des Verkehrspolizisten, und<br />

die relative Hektik der Straße fordert seinen Zorn heraus,<br />

etwa als am 12. 3. 81 der »Heiligenpfleger von Hörschwag<br />

im starken Galopp durch das Dorf« fuhr. Wen wundert es so,<br />

daß die Straße schon damals gefährlich werden konnte. Am<br />

Ostersonntag 1880 »Abend halb 10 Uhr überfuhr Karl<br />

Schmid von Hechingen einen Bürger von hier mitten im<br />

Dorf«. Und am 4. 8. 02 »wurde mier durch Gregor Küster<br />

von Starzein die Anzeige gemacht, daß Gregor Keßelring von


Hechingen ferunglükt auserhalb des Dorfes mit seinem Fuhrwerk<br />

auf der Landstraße liekgen würde, von Polizeidiener &<br />

dem Stelfertreter Bürgermeister Kohler nach Hechingen ins<br />

Spital ferbracht«.<br />

Soweit bewegt sich alles noch in den alten Bahnen. Aber seit<br />

etwa 1900 wandelte sich die Art der Bewegung und die Art<br />

der Fortbewegungsmittel grundlegend. Am 16. 9. 02 hat der<br />

Polizeidiener »die Fahrradbesitzer ermittelt von hier, welche<br />

noch keine Fahrradkarten besitzen«. Und über die Fabrikanten<br />

hat auch bereits das Automobil, wie wir wissen, in<br />

Jungingen Eingang gefunden. Nach dem Peitschenfabrikanten<br />

Anton Bumiller, der seit den 90er Jahren mit einem<br />

Motorwagen von Benz durchs Dorf fährt, motorisiert sich<br />

auch der Mechaniker Jakob Bosch, dem am 13. 7. 06 gesagt<br />

wird, »er müsse sein Kraftfahrzeug beim Königlichen Steueramt<br />

melden«.<br />

Dies ist aber nur das eine Gleis des Wandels. Eine weitere<br />

Dimension der Verkehrsgeschichte wird hier mit dem Bau<br />

der Bahnlinie 1900/01 eröffnet. Die neuen Verkehrsmittel<br />

veränderten das Gefühl für Entfernung und Zeit, man mußte<br />

sich mit den neuen Verhältnissen erst vertraut machen. Der<br />

Polizeidiener muß bei einem wohl reisegewohnten Mitbürger<br />

anfragen, »ob man in einem Tag nach Sigmaringen kommen<br />

könne, wenn man sich um 9 Uhr stellen muß; er sagte nein,<br />

weil der Zug erst um Vi 10 Uhr in Sigmaringen ankommt«.<br />

So erhält Jungingen, das durch seinen Handel zwar auch<br />

früher nie >hinter dem Wald< lag, durch Verkehr und Industrie<br />

auf eine neue Weise Anschluß an die Welt. Aber auch das<br />

Leben auf dem Dorf spiegelt durch neue Gemeinschaftsformen<br />

den sozialen Wandel.<br />

Vereine<br />

Das Vereinswesen ist eine soziale Erscheinung des 19. Jahrhunderts.<br />

Der älteste Verein in Jungingen ist unserem bisherigen<br />

Wissen nach der Gesangverein von 1867. Dieser Verein<br />

und auch die Blasmusik, die wohl ähnlich lange gepflegt wird,<br />

findet sich in den Polizeidienerbüchern allerdings nie erwähnt.<br />

Dafür bereichert diese Quelle unser Wissen über die<br />

dörfliche Vereinsgeschichte um andere Einzelheiten.<br />

Wir haben oben schon des »Vereins gegen Haus- und Straßenbettel«<br />

gedacht, der offensichtlich nur in den Jahren 1881/<br />

82 bestanden hat. Später treten aber noch andere Vereinigungen<br />

auf, die heute nicht mehr existieren. So läßt sich etwa vom<br />

10. 6. 1900 an eine »Zuchtviehgenossenschaft« nachweisen -<br />

vom Polizeidiener meist nur kurz »Fiehferein« genannt -, die<br />

eine Jungviehweide betrieb und über die man offensichtlich<br />

günstig Fleisch beziehen konnte. Obmann war der Schmied<br />

Johann Bosch.<br />

Ebenfalls seit 1900 (21. 8.) läßt sich ein Gewerbeverein<br />

belegen. Dies scheint ein Zusammenschluß der Geschäftsleute<br />

und Fabrikanten gewesen zu sein; über Ziele und Tätigkeiten<br />

ist nichts bekannt, man kann sie lediglich aus seinem<br />

Namen erraten. Am 5. 8. 06 treibt der Verein von 29 Mitgliedern<br />

insgesamt 23,20 Mark an Beiträgen ein.<br />

Wenn der Polizeidiener am 5. 8. und 12. 8. 1900 »beim<br />

Scheibenschießen in der Farrenwies« Dienst tut, dann ist dies<br />

ein Hinweis auf die Existenz eines Schützenvereins bzw.<br />

eines Vorläufers, denn der jetzige Schützenverein ist nachweislich<br />

erst nach dem 1. Weltkieg gegründet worden.<br />

Den Gründungsvorgang eines neuen Vereins kriegen wir im<br />

Januar 1906 andeutungsweise mit, indem Polizeidiener Schuler<br />

verkündet: »Wer sich einem Obstbau-Verein anschließen<br />

will, muß Sonntag Nachmittag Vi 3 Uhr in der Wirtschaft des<br />

Philipp Bumiller erscheinen« (4. 1. 06). Am 5. 5. 06 schließlich<br />

»hält der hiesige Obstbau-Verein im Gasthaus zur Krone<br />

eine Versammlung ab«.<br />

Zu den Vereinen müssen wir wohl auch die Feuerwehr<br />

rechnen, die zwar eine besondere praktische Aufgabe im<br />

Dorf zu erfüllen hatte, die aber durch ihre regelmäßigen<br />

Zusammenkünfte immer schon Vereinscharakter besaß. Diese<br />

Pflichtfeuerwehr (!) ist von 1900 an bis in den Krieg hinein<br />

ständig erwähnt und wird vom Polizeidiener regelmäßig zur<br />

Probe einberufen. »Morgen abend brezies 7 Uhr haben<br />

sämtliche Steuger & Spritzenmanschaften vor dem Rathaus<br />

zu erscheinen« (21. 6. 01).<br />

Vom Leseverein, der ebenfalls um die Jahrhundertwende<br />

gegründet worden sein soll und der das Bildungsbedürfnis<br />

der Mitbürger befriedigen wollte, erfahren wir erst spät und<br />

nur dadurch, daß am 23. 8. 1914 im Nebenzimmer des<br />

»Adler« »einige Mitglieder des Lesevereins« die Polizeistunde<br />

übersaßen.<br />

Ein letztes Beispiel ist der Militärverein, der zu den ältesten<br />

Junginger Vereinen zählte und wohl auf die Veteranen von<br />

1870/71 zurückgeht. Er tritt uns in den Polizeidienerbüchern<br />

allerdings erst 1914 - und nun aus traurigem Anlaß - entgegen:<br />

am 14. 11. 14 lädt er ins Vereinslokal »Krone« zu einer<br />

»Besprechung über Kriegssterbekasse«.<br />

1914<br />

Eigentlich könnte man sagen, der Alltag ging im Krieg<br />

normal weiter. Man traf sich in den Wirtschaften, man war<br />

ausgelassen, der Polizeidiener tat seinen gewohnten Gang<br />

und notierte die gewohnten Vorkommnisse. Aber mit den<br />

fortschreitenden Kriegsereignissen atmen auch die Diensteinträge<br />

etwas Beklemmendes.<br />

Dem Ausbruch des 1. Weltkriegs haftet noch ein Bekanntmachungscharakter<br />

an. Am 31. Juli 9114 hat Polizeidiener<br />

Bosch »Plakate betr. Kriegszustand angeschlagen«. Tags<br />

darauf verkündet er per Schellenruf: »Alle Reservisten &<br />

Landwehrleute, welche Kriegsbeorderung zum lten Mobilmachungstage<br />

haben & die bei Bekanntwerden des Kriegszustandes<br />

sich stellen sollen, müssen heute noch abreisen.«<br />

Abends 7 Uhr ruft er die Mobilmachung aus. Am 8. 8. 1914<br />

werden acht junge Männer zur Musterung geladen, aber<br />

vielen der Jungen war noch nicht bewußt, was ihnen bevorstand.<br />

Am 15. August »12 Uhr nachts sang eine größere<br />

Anzahl Burschen patriotische Lieder das Dorf herunter, ich<br />

stellte dieselben und erklärte ihnen, daß dies in Anbetracht<br />

der vorgeschrittenen Zeit zu unterlassen sei. Johann Zanger,<br />

Mechaniker, 20 Jahre alt, leistete keine Folge und verleitete<br />

die übrigen zum Weitersingen«. Am 17. Dez. wird »dem<br />

Fabrikanten Brütsch eröffnet, er solle für seinen Arbeiter<br />

Hermann Bosch einen jüngeren Mann anlernen lassen, da<br />

Bosch zum Heere einberufen werde«. Die Kriegsbegeisterung<br />

der jungen Männer verband sich auch mit bestimmten<br />

Bräuchen: so wurde in der Sylvesternacht 1914 das neue Jahr<br />

mit Gewehrsalven angeschossen.<br />

Aber bald schon sollten sich die Auswirkungen der Kriegswirtschaft<br />

zeigen. Hatten schon am 2. 8. 1914 einige Wirte<br />

das Verbot erhalten, alkoholische Getränke auszuschenken,<br />

so werden schon am 15. 1. 1915 die Grundnahrungsmittel<br />

requiriert: »Sämtliche Getreidearten wie Korn, Weizen,<br />

Roggen, Hafer, Gerste usw. sind von der Heeresverwaltung<br />

beschlagnahmt. Der Verkauf von Getreide & Mehl auch in<br />

kleinsten Mengen ist bis auf Weiteres verboten. Es wird in<br />

nächsten Tagen eine Aufnahme der Vorräte stattfinden.<br />

Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung wird bis zu<br />

6 Monaten oder 1500 Mk bestraft.«<br />

Heute wissen wir, daß sich in solchen Maßnahmen schon<br />

früh das Ende ankündigte. Das letzte erhaltene Dienstbuch<br />

endet allerdings schon am 15. 2. 1915. Der Rest ist - was<br />

unsere Quelle angeht - Schweigen.<br />

61


GEORG GAUGGEL<br />

»Naus, na, nomm« oder: Wo ma vo Semmerenga aus na gau ka<br />

Wie oft am Tage sagen wir zu uns oder Andern: »I muaß<br />

schnell ge Hedinga naus« oder »Trag au schnell den Briaf auf<br />

d'Poscht na\« oder: »Heit Mittag ga-mer amol wieder ens<br />

Antonedäle hendere«, ohne daß wir uns groß Gedanken<br />

machen, wie dieses »naus« oder »na« oder »hendere« entstanden<br />

ist. Für den Bewohner der Stadtmitte ist es zwar selbstverständlich,<br />

daß er den Ochsa- oder Brunnaberg »nauf, ge<br />

Gora naus« und »en Badischa Bahof na goht«, aber denken<br />

die Bewohner vom »Ochsaberg« und »vom Badischa Bahof«<br />

nicht gerade umgekehrt? - Für »d'Hanferdäler« ist doch<br />

selbstverständlich daß »ma en d'Stadt nei goht«, während der<br />

Städter am Sonntagnachmittag »em Pfaua dussa« gern sein<br />

Schöpple trinkt.<br />

En »Schneckagata goht ma na«, während man ins Strandbad<br />

»hendere« goht, warum denn eigentlich? Ist es nicht ein und<br />

derselbe Weg? - Wohin »goht ma« denn eigentlich noh<br />

hendere«? »Ens Andonedäle hendere«, »ge Beiron hendere«<br />

oder »ens Schmeiadäle hendere« - , also wenn es sich um ein Tal<br />

handelt, wenn man hinter« einem Berg verschwindet, dann<br />

gehen wir offensichtlich »hendere«. Und wenn das Tal von<br />

dem Strandbad auch ziemlich breit ist, so »goht ma« halt doch<br />

»ens Strandbad hendere« und nicht »na«\ Wie es auch sei,<br />

schön ist es im Sommer dort trotzdem!<br />

Nach Hedinga »goht ma naus« zum »Zoller« ebenfalls und<br />

auch alle anderen Wege, die eben verlaufen, gehen wir<br />

»naus«. Warum aber gehen wir auch »ge Schmeia« oder »ge<br />

Jongna« »naus«, obwohl doch für beide ein »nom« oder<br />

nieber« richtiger wäre? - Wahrscheinlich wird dabei nur an<br />

das Stück bis nach Gorheim bzw. Zoller gedacht und nicht<br />

daran, daß erst dann der eigentliche Weg beginnt. - Allerdings,<br />

»ge Schmeia« ka ma au »hendere« gau, aber dann geht<br />

der Weg durchs Schmeiedäle und ist von der Stadt aus<br />

bedeutend weiter. - Und warum goht ma »ge Ebinga« »naus«<br />

und nicht »hendere«? - Fast möchte ich behaupten, daß<br />

dieses »naus« auch dann steht, wenn es sich um weite<br />

Entfernungen handelt; bei Jungnau und Ebingen stimmt es ja<br />

auch.<br />

Und da wir gerade von Entfernungen und von Jungnau<br />

sprechen, möchte ich etwas abschweifen und eine kleine<br />

Geschichte einflechten, bei der Jungnau eine Rolle spielt:<br />

Hatte einst ein ehrsamer Sigmaringer Handwerker, dessen<br />

Nachkommen jetzt noch dort leben, und den viele der<br />

Alteren noch gekannt haben, mit seiner Eheliebsten eine<br />

kleine Auseinandersetzung, in deren Verlauf sie ihm entrüstet<br />

vorwarf: »Bei Dir hot ma au koi guate Stond!«, und er ihr<br />

darauf zur Antwort gab: »No muascht halt amol ge Jongna<br />

JOHANNES WANNENMACHER t<br />

naus gau, do hoscht a guata Stond!« (zu gehen nämlich,<br />

meinte er!)<br />

Doch nun wieder zurück zu unserem Thema: »ge Enzkofa«<br />

goht ma »nauf«, wenn man ins Dorf will, aber »hendere«<br />

zum Bahnhof. - Und sonderbarerweise »goht ma« au an<br />

»Bodasee nauf«, obwohl der doch viel tiefer liegt als wir.<br />

Offenbar denken wir dabei nur an den Berg, den wir, aus der<br />

Stadt herausgekommen, zu überwinden haben und nicht<br />

daran, daß wir später ja ein viel größeres Stück bergab fahren<br />

dürfen.<br />

Genau umgekehrt verhält es sich mit Langenenslingen: denn<br />

dorthin goht ma »na«, obwohl es doch vom Hanfertal aus<br />

und erst recht nach Hitzkofen ganz schön »nauf« goht, und<br />

Langenenslingen höher über NN liegt als unser Städtle! -<br />

Aber vor Wilflingen darf man dann ja »na« fahraü!<br />

Der Wirklichkeit näher kommen wir da, wenn wir z. B. »ge<br />

Benga oder ge Hitzkofa nom gand«, denn dabei müssen wir<br />

ja tatsächlich über einen Berg »nom«\ Und ebenso verhält<br />

es sich bei Krauchenwies, Ablach und Rulfingen, wenn<br />

wir dorthin »nom« gand. - Nach Laucherthal allerdings<br />

»goht ma« eigentlich nia »nom«, sondern meistens »nieber«,<br />

was somit eine ganz ganz kleine sprachliche Sonderheit<br />

darstellt.<br />

Wenn wir »ge Loiz nauf« gand, so denken wir wohl daran,<br />

daß es donauaufwärts geht, denn auf der Straße ist für dieses<br />

»nauf« wohl kaum eine Berechtigung zu finden. - Unsere<br />

Laizer Mitbürger dagegen gehen selten »ge Semmerenga na«,<br />

sondern grundsätzlich »nei« \ Hier haben wir wahrscheinlich<br />

das Gegenstück zum oben erwähnten »naus«.<br />

Genau so richtig, wie wir »ge Loiz nauf« gand, genau so<br />

gehen wir »ens Dorf« oder »ge Menga» »na«, denn wir folgen<br />

dabei dem Lauf der Donau. - Weiter als Laiz gehen wir<br />

allerdings der Donau nach nicht »nauf«, denn gleich dahinter<br />

fängt ja's Donautal an und dort geht es, wie wir schon sahen,<br />

»hendere«\<br />

Ob wir nun »nauf«, »na«, »hendere«, »nom« oder nieber«<br />

gehen, ob wir uns dabei immer ganz richtig ausdrücken, ist<br />

nicht so wichtig; die Hauptsache bleibt, daß wir wissen,<br />

wohin wir gehen müssen!<br />

- Und zum Schluß sei mir noch ein wunderschöner schwäbischer<br />

Satz gestattet, der sogar beinahe chinesisch klingt, und<br />

so nur von einem echten Semmerenger gesagt werden kann:<br />

»Jetzt kennet mrgau gau, i muaß no noh zahla!« (Für Nicht-<br />

Semmerenger: »Jetzt können wir gleich gehen, ich muß nur<br />

noch bezahlen.«)<br />

Die Armut, das Wetter und alte Ausdrücke und Redewendungen<br />

in unserer Mundart<br />

Die Mundart ist altes Volksgut. Viele Generationen haben all<br />

das, was sie erfahren und was sie an Leib und Seele bewegte,<br />

sprachlich geformt und in der Mundart zum Ausdruck<br />

gebracht.<br />

Unsere bäuerlichen Vorfahren haben die Armut gescheut und<br />

alles getan, um nicht von ihr befallen zu werden. In tiefsinni-<br />

62<br />

gen Sprichwörtern und Redensarten haben sie sich über die<br />

Armut geäußert. Da hörte und hört man noch: »D'Armut<br />

ischt a Haderkatz«. - Armut bringt vielfach Zank und Streit<br />

mit sich. Die betroffenen Menschen bearbeiten und quälen<br />

sich oft wie Katzen, die mit ihren spitzen Krallen den Gegner<br />

zerfleischen. Jungen Leuten gab man entsprechend den frü-


heren Verhältnissen folgenden Rat mit auf den Lebensweg:<br />

»Wear nix verheirat und nix erbt, dear bleibt arm, bis daß er<br />

ste(i)rbt.«<br />

Den gleichen Sinn hat das heute noch ortsübliche Sprichwort<br />

»Bettescht guat - no (dann) leischt (liegst) guat.« - Wenn<br />

einer für sich und seine Familie kaum das Essen und Trinken<br />

aufbringt, dann heißt es »Der ischt so arm, wie a Kirchamaus«.<br />

In einer Kirche finden die Mäuse bekanntlich nicht<br />

viel Eßbares und bleiben so ständig hungrig. - Wer aber<br />

immer über seine Verhältnisse lebt, »dear tuat >aushausezunderschiebesche< (mit dem Kopf nach unten) zom Feaschter<br />

naus, wenn de it brav bischt!« droht man einem Jungen,<br />

der sich in der Wohnstube ungezogen benimmt. Wenn etwas<br />

zu lange dauert, dann »verloadet« es einem, wird langweilig.<br />

Man hört dann sagen: »S'ischt alles a Weile schö!« »I will gau<br />

gau« heißt: Ich will gleich gehen. Das Wörtchen »gau« hat<br />

aber mehrfache Bedeutung, wobei es auch darauf ankommt,<br />

ob es hoch oder tief, langsam oder schnell gesprochen wird.<br />

Schlägt man auf ein Stück Blech oder zieht es auf der Straße<br />

dahin, dann macht es einen großen Krach, es »schätteret«.<br />

Gläser, die man aneinanderstößt oder fallen läßt, »gläbberet«.<br />

Und wer im Halbschlaf noch eine Zeit verweilt, der<br />

»dosset« oder »dusslet« so dahin. Im Bach ist mitunter ein<br />

»Wehr«, womit das Wasser angestaut und in einen Kanal<br />

geleitet wird. Zu >Wehr< sagt man in der Mundart »Wuar«.<br />

Die Mundart hat Tradition und gibt jeder Landschaft ihre<br />

besondere sprachliche Färbung (Kolorit). Schätzen und erhalten<br />

wir die alten Grundwerte des Lebens!<br />

Neufra unter Lichtenstein<br />

1405 1. November. Cuntz Ruß (Bürger zu Veringen) und<br />

seine Frau Adelheid von Neufran under Lichtenstein verkaufen<br />

an Franz Dietrich Bürger zu Veringenstadt 1 Pfd Hlr<br />

jährlichen Zins aus 1 Jauchert Ackers in der unteren Au, 1<br />

Hanfgarten bei der Kaplan Scheuer, und 3 Jauchert Ackers<br />

auf Hupolz Wies an dem Espan. Graf Wolfrad von Veringen<br />

hängt sein Sigil an (S. fehlt).<br />

(S. Locher ebenda).<br />

unglaublich, an welche Einzelheiten des täglichen Lebens<br />

sich der Verfasser erinnert. Meistens sind es Dinge, die so<br />

alltäglich und selbstverständlich sind, daß niemand sie erwähnen<br />

würde. Einige Jahrzehnte später ist dann alles in Vergessenheit<br />

geraten, und es würde wohl auch vergessen bleiben,<br />

wenn nicht jemand den Mut hätte, darüber zu schreiben. Mit<br />

Recht bezeichnet Prof. Dölker das Buch als Geschichtsquelle,<br />

denn hier wird der ganze geschlossene Lebenskreis eines<br />

Dorfes in allen Erscheinungsformen geschildert. Es wurde<br />

oben gesagt, die Veröffentlichung des Buches sei ein Glücksfall;<br />

der größere Glücksfall ist natürlich, daß ein solches Buch<br />

geschrieben wurde. Der Verfasser hat zwar einen Preis für<br />

Heimatforschung bekommen, aber es scheint doch so, als<br />

wäre hier ein ganz wichtiges Kapitel Kulturgeschichte geschrieben<br />

worden. Jedem, der sich für Heimatgeschichte,<br />

Landwirtschaftsgeschichte, Volkstum, Kulturgeschichte<br />

usw. interessiert, ist die Lektüre dringend zu empfehlen,<br />

63


Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong> Geschichtsverein<br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

W <strong>3828</strong> FX<br />

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt.<br />

mehr noch dem, der Freude daran hat, das tägliche Leben<br />

seiner bäuerlichen Vorfahren kennenzulernen.<br />

Louise Köml, Die Störleute. Erinnerungen an oberschwäbische<br />

Handwerker, die ihre Tätigkeit auf den Bauernhöfen<br />

ausübten. Verlag »Schwäbischer Bauer«, Gartenstraße 63,<br />

7980 Ravensburg.<br />

Die Verfasserin des Heftleins ist verstorben. Im Vorwort<br />

schildert sie, wie im Alter ihre Gedanken immer weiter<br />

zurückwanderten bis in die sonnenbeschienenen Pfade ihrer<br />

Jugendzeit. Gestalt um Gestalt zog an ihr vorbei, und sie griff<br />

zur Feder, um ein Stück ihres irdischen Wandels und ihrer<br />

Eigenart festzuhalten. Es sind mehr als 30 StörLeute geschildert,<br />

die den Rösslerhof zwischen Weingarten und Ankenreute,<br />

die Heimat der Verfasserin, aufgesucht haben. Viele<br />

Handwerke sind ganz ausgestorben, und man liest interessiert,<br />

was z. B. ein Wachszieher auf einem Bauernhof machte.<br />

»Der alte Achaz brachte schon meiner Großmutter die<br />

Kerzen und die Wachsrodel auf den Hof und nahm dafür<br />

Unschlitt (Rindertalg) und Bienenwachs mit... Damals waren<br />

die gewöhnlichen Unschlittkerzen neben der Petroleumlampe<br />

noch eine ganz notwendige Beleuchtung für Haus und<br />

Stall. Wachskerzen und Wachsstöckla dagegen waren für<br />

fromme Zwecke bestimmt...«. Man sollte es nicht glauben,<br />

auch ein Zigarrenmacher kam auf die Höfe, um dem Bauern<br />

seine eigenen Zigarren zu machen. »Der Krieg 1914 hat<br />

diesem Zeitalter ein jähes Ende gesetzt, er öffnete die Schleusen<br />

für einen neuen Zeitstrom.« Der schmale Band gehört<br />

nicht nur, wie der Landesbauernverband meint, in jede<br />

Bauernstube, heute ist das Interesse an der Vergangenheit in<br />

allen Schichten der Bevölkerung lebendig. Das Bändchen ist<br />

für DM 8,- im Buchhandel zu bekommen.<br />

Wanderführer durch den Fürstl. Park Inzigköfen, hrsg. von<br />

der Gemeinde Inzigköfen, bearb. von Max Beck, Tübingen:<br />

Gebr. Metz 1983. 20S. mit 12 Abb. undl Wanderkarte. Preis:<br />

DM 2.-<br />

Die Publikation, im wesentlichen von dem Inzigkofer Dorfchronisten<br />

Max Beck verfaßt, bietet einleitend einen kurzen<br />

historischen Uberblick über die Entstehung des Parks unter<br />

der Fürstin Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmarin-<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

hrsggbn. vom Hohenz. Geschichtsverein.<br />

Die Zeitschrift »Hohenzollerische Heimat«<br />

ist eine <strong>heimat</strong>kundliche Zeitschrift. Sie will<br />

besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

und der angrenzenden Landesteile mit der<br />

Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär<br />

gehaltene Beiträge.<br />

Bezugspreis: 8.00 DM jährlich.<br />

Konto der »Hohenzollerischen Heimat«:<br />

803843 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

(BLZ 65351050).<br />

Druck:<br />

M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co.,<br />

7480 Sigmaringen, Karlstraße 10.<br />

64<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Casimir Bumiller<br />

Freiburger Straße 5, 7801 Norsingen<br />

Georg Gauggel, Konrektor i.R.<br />

Roystraße 13, 7480 Sigmaringen<br />

12000015.12 02<br />

HERRN<br />

AMTSRAT<br />

HEINZ ZEKORN<br />

KARLSTRASSE 18<br />

Pfr. Johann Adam Kraus<br />

Erzbischöfl. Archivar i.R.<br />

Badstraße 8, 7800 Freiburg-Littenweiler<br />

Dr. Wilfried Schöntag<br />

Staatsarchivdirektor<br />

Karlstraße 3, 7480 Sigmaringen<br />

Johannes Wannenmacher f<br />

Schulrat i.R.<br />

Eichertstraße 9, 7487 Gammertingen<br />

7480 SIGMAR INGEN 1<br />

01605,0<br />

Das Buch zur Geschichte von<br />

Gammertingen, Hettingen und Umgebung<br />

Herbert Burkarth<br />

Geschichte der<br />

Herrschaft<br />

Gammertingen- t<br />

Hettingen<br />

292 Seiten mit 127 Abb.. davon<br />

acht farbige. Leinen. DM 28.-<br />

1<br />

Jan Thorbecke Verlag<br />

Postf. 546 7480 Sigmaringen<br />

gen, die 1811 im ehemaligen Amtshaus des Klosters Inzigköfen,<br />

dem heutigen Schloß, Wohnung nahm, und die Vergrößerung<br />

der Anlage nach der Erwerbung des Fürstl. Fürstenbergischen<br />

Erblehenhofs Nickhof durch das Haus Hohenzollern-Sigmaringen<br />

) 841. Sodann wird der Rundwanderweg<br />

mit seinen einzelnen Stationen beschrieben und kommentiert:<br />

der Amalienfelsen, die Eremitage (Meinradskapelle),<br />

die Teufelsbrücke, das Känzele, die Grotten, die Lindenallee<br />

und schließlich die eindrucksvolle Anlage des ehemaligen<br />

Klosters Inzigköfen mit seinen Ökonomie- und Konventsgebäuden<br />

und der 1780 von dem Haigerlocher Baumeister<br />

Christian Großbayer errichteten Klosterkirche. Der Führer<br />

enthält ferner eine Zusammenstellung der Pflanzenwelt in<br />

dem ca. 25 Hektar umfassenden Parkgelände von Hans Scherer<br />

und eine Wanderkarte u. a. mit Angaben über Parkplätze,<br />

Wanderwege, Aussichtspunkte und Feuerstellen. Die Veröffentlichung<br />

wird durch 12 ausgezeichnete Farbfotos von<br />

Gerhard und Thomas Riedmann abgerundet und vervollständigt.<br />

- Mit der Herausgabe des Wanderführers hat die<br />

Gemeinde Inzigköfen einen gelungenen Beitrag zur Erschließung<br />

des Naturparks Obere Donau geleistet.<br />

Sigmaringen Otto H. Becker<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen (Telefon 07574/2329)<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge<br />

verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung<br />

sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die »Hohenzollerische<br />

Heimat« weiter zu empfehlen.

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