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NewsLetter - Renner-Institut

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1_2010<br />

<strong>NewsLetter</strong><br />

Michael Rosecker<br />

Thema „Politik in Schulen“<br />

Ein Projekt themenorientierter Politikvermittlung<br />

Viel wird geredet über den schlechten Ruf der<br />

Politik und über die Politikferne „der“ heutigen<br />

Jugend. Dass der Ruf der Politik und der<br />

PolitikerInnen nicht besser, der Abstand „der<br />

Jugend“ zur institutionalisierten Politik derzeit<br />

nicht kleiner wird, legen aktuelle (Langzeit-)<br />

Studien eindeutig nahe. 1 Und Zahlen, die zeigen,<br />

dass nur mehr genau die Hälfte der österreichischen<br />

Bevölkerung mit der Art und<br />

Weise „wie die Demokratie in Österreich funktioniert“<br />

2 zufrieden sind, sollten allen politisch<br />

Verantwortlichen zu denken geben. Denn<br />

durch Unzufriedenheit mit der Realpolitik verliert<br />

Politik für die BürgerInnen an Glaubwürdigkeit<br />

und schließlich an Lebensrelevanz. Das<br />

Sprechen über die Politik nimmt und das Kommunizieren mit<br />

der Politik reißt in Folge ab.<br />

Diesem Verlust des Diskurses kann dann schlussendlich der generelle<br />

Skeptizismus gegenüber dem System „Politik“ und „Demokratie“<br />

folgen; und dies nicht nur bei jungen Menschen. Viele<br />

Fragen nach Ursachen drängen sich auf und praktikable Lösungsansätze<br />

wie denn politisches Wahrnehmen, Denken und<br />

Handeln – ohne mediale Inszenierung und wahltaktische Konkurrenz<br />

– vermittelt werden können, werden zwingend erforderlich.<br />

Denn Potenziale für politisches Interesse und Engagement<br />

sind (noch) genauso durch Studien messbar, wie die oben<br />

beschriebene wachsende Politikunzufriedenheit und -ferne.<br />

Ein solches Projekt, das Jugendlichen Politik vermittelt, soll hier<br />

vorgestellt werden. Es ist eine Kooperation mit der Donau-Universität<br />

Krems, dem <strong>Renner</strong>-<strong>Institut</strong>, der Politischen Akademie<br />

und der Grünen Bildungswerkstatt: das Projekt „Thema Politik<br />

an Schulen“.<br />

In verschiedenen Schultypen (AHS, BHS oder Berufsschulen)<br />

wird jeweils ein politisch relevantes Thema, z.B. Arbeit, Europäische<br />

Union, oder Soziale Gerechtigkeit, bearbeitet. Diese Schulseminare<br />

werden ständig von der Seminarleiterin Kornelia Klepp<br />

vor Ort professionell begleitet und moderiert. Zunächst führt ein<br />

inhaltlicher Vortrag von Politikwissenschafter, dem wissenschaftlichen<br />

Leiter des Projekts, Peter Filzmaier in das Thema<br />

ein.<br />

Politische Praxis<br />

Anhand von Zahlen, Fakten, Daten wird das Themenfeld umrissen<br />

und informative Schlaglichter auf die themenspezifische politische<br />

Praxis in Österreich geworfen. In einer kurzen Diskussionssequenz<br />

haben die SchülerInnen zunächst die erste Möglichkeit<br />

ihre Meinungen und Fragen zu äußern. Im Anschluss folgen<br />

kurze Statements der VertreterInnen der politischen Akademien,<br />

die den spezifischen Zugang der Parteien zum jeweiligen Thema<br />

aufzeigen sollen.<br />

Nach diesen Präsentationen folgt der zentrale Teil des Seminars:<br />

die Themenworkshops mit den VertreterInnen der politischen<br />

Akademien. Das Los entscheidet, welchen Workshop die SchülerInnen<br />

besuchen, um politische Präferenzen hintanzustellen.<br />

In den Workshops selbst wird dann das Thema intensiv bearbeitet.<br />

Hauptaugenmerk liegt auf den Interessens- und Problem-<br />

lagen der SchülerInnen, damit das Thema Politik im Allgemeinen<br />

und das jeweilige Workshopthema im Speziellen lebensrelevant<br />

für die jungen Menschen behandelt werden kann. Es sollen<br />

vor allem politisches Wahrnehmen, Bewerten, Formulieren<br />

und Debattieren geübt und praktiziert werden. Dadurch wird<br />

vermittelt, dass viele Belange des alltäglichen (Zusammen)Lebens<br />

in einer Gesellschaft politisch relevant und daher nur<br />

politisch bearbeitbar sind. Demokratie soll hier nicht bloß als<br />

formales politisches <strong>Institut</strong>ionen-System erfahren werden, sondern<br />

als lebensnahes friedliches Prozedere der Konfliktaustragung<br />

und Konsensfindung und als zielorientierte und wertbezogene<br />

Lebensweise. Mit Thomas Meyers Worten: „gelebte Sozio-<br />

Kultur“ und „ein offener kollektiver Lernprozess“. 3<br />

Im Workshop werden dann von den SchülerInnen Präsentationen<br />

des Verlaufs der Debatte und der Diskursergebnisse vorbereitet<br />

und im Anschluss im Plenum präsentiert. Eine politische<br />

Abschlussdebatte und eine Feedbackrunde beenden das Schulseminar.<br />

Diese Art der Vermittlung von Politik und Demokratie kann<br />

junge Menschen bei ihren Interessen abholen, die somit in den<br />

Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Durch diese Form der Wahrnehmung,<br />

Wertschätzung und Beteiligung können junge Menschen<br />

unmittelbar erfahren, dass Politik viel mehr ist als Parteienstreit<br />

und mediale oberflächliche Inszenierung, nämlich Interessensartikulation,<br />

Selbstermächtigung, Wahrnehmung von<br />

Grundrechten, Verantwortlichkeit, Gesellschaftsveränderung<br />

und schließlich auf Spaß. Demokratie braucht interessierte und<br />

engagierte DemokratInnen; solche Projekte verhelfen dazu.<br />

Michael rosecker<br />

ist Leiter des Bereichs Politisches Management und Grundlagenarbeit im<br />

<strong>Renner</strong>-<strong>Institut</strong>.<br />

1 Kromer, Ingrid/Hartwagner, Katharina: Lebensräume: Wo sich Jugendliche<br />

aufhalten. In: Friesl, Christian/Polak, Regina: Lieben – Leisten – Hoffen.<br />

Die Wertewelt der jungen Menschen in Österreich. Wien 2008, 17-76<br />

und GfK Austria 2007 und Schwarzer, Steve u.a. (SORA 2009): Wählen mit<br />

16. Eine Post Election Study zur Nationalratswahl 2008. Wien 2009.<br />

2 Friesl, Christian/Hofer, Thomas/Renate Wieser: Die Österreicher/-innen<br />

und die Politik. 218-220. In: Christian Friesl/Regina Polak/Ursula Hamachers-Zuba<br />

(Hg.): Die ÖsterreicherInnen: Wertewandel 1990-2008<br />

3 Meyer, Thomas: Theorie der Sozialen Demokratie (Wiesbaden 2005)<br />

S. 143

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