Deutsche Winzer im Ausland - Wein Keller
Deutsche Winzer im Ausland - Wein Keller
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Viele deutsche<br />
<strong>Winzer</strong> zieht<br />
es zumindest<br />
für ein<br />
Praktikum ins<br />
<strong>Ausland</strong> –<br />
nach<br />
Frankreich,<br />
Spanien oder<br />
Südafrika.<br />
Und manche<br />
bleiben<br />
einfach sehr<br />
viel länger ...<br />
FERNE HERAUSFORDERUNG<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Winzer</strong> mit Drang in die Ferne<br />
gab es schon früher. Vor zwei Jahrhunderten<br />
zog es die abenteuerlustigen Pfälzer,<br />
Badener und Hessen freilich eher ins<br />
benachbarte <strong>Ausland</strong> als nach Übersee.<br />
Man denke nur an Eduard Werle, der<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts in die Champagne<br />
auswanderte und es nicht nur zum<br />
Inhaber des Champagnerhauses Veuve<br />
Clicquot brachte (freilich erst nach dem Tod<br />
der berühmten Witwe!), sondern unter dem<br />
Namen Edouard Werlé auch Bürgermeister<br />
von Re<strong>im</strong>s wurde. Werle/Werlé, der ursprünglich<br />
aus Wetzlar stammte, war nur<br />
einer von mehreren <strong>Deutsche</strong>n in der<br />
Champagner-Industrie. Doch während sich<br />
die Auswanderer früher meist vollständig<br />
integrierten, kehren viele der heutigen <strong>Winzer</strong>-Exporte<br />
nach einiger Zeit zurück in die<br />
He<strong>im</strong>at, ziehen weiter – oder pendeln sogar<br />
grundsätzlich zwischen zwei Welten hin<br />
und her.<br />
Sebastian <strong>Keller</strong>,<br />
Manacor<br />
Den Weg hat er uns gut erklärt, und doch<br />
müssen wir eine Weile suchen; das Navigationssystem<br />
hat schon aufgegeben. Das<br />
Ende der Welt scheint nah auf Ses Talaioles,<br />
einem der spannendsten <strong>Wein</strong>güter Mallorcas.<br />
Auf Laufkundschaft ist man hier<br />
nicht eingerichtet, denn Sebastian <strong>Keller</strong> PR/ORNELLAIA<br />
managt den Betrieb ganz allein, kümmert<br />
sich um <strong>Wein</strong>berg wie -ausbau und wäre<br />
mit der Betreuung von alltäglich anreisen-<br />
THURNER<br />
den Touristengruppen schlicht überfordert.<br />
Apropos <strong>Wein</strong>berg. “Hier wuchsen bis vor<br />
ein paar Jahren gar keine Reben”, schmun- MEYER-NÄKEL;<br />
zelt der 28-Jährige, der <strong>im</strong> deutschen Siegerland<br />
fernab der <strong>Wein</strong>szene aufwuchs.<br />
WEINGUT<br />
Es war reiner Zufall, dass <strong>Keller</strong> und sein<br />
Mentor, der Pfälzer Riesling- und Rotweinwinzer<br />
Bernd Philippi, vor ein paar Jahren NEIPPERG;<br />
um guten Rat angefragt wurden. “Von DE<br />
Beginn an haben uns dieser steinige Kalkmergelboden,<br />
die Hangausrichtung und die COMTES<br />
Gegebenheiten hier auf Ses Talaioles fasziniert.”<br />
2003 wurden 15 Rebsorten gepflanzt,<br />
VIGNOBLES<br />
darunter he<strong>im</strong>ische Sorten wie Manto<br />
Negro und Callet, aber auch Internationales<br />
WINERY;<br />
wie Cabernet Sauvignon – und bald entstanden<br />
zwei Rotweine, wie es sie auf Mallorca SIAM<br />
kaum gab: komplex, vielschichtig, Terroirbetont.<br />
Dass <strong>Keller</strong> zu diesem Zweck die<br />
TALAIOLES;<br />
He<strong>im</strong>at verlassen musste, ist für ihn kein<br />
Problem. “Es gibt günstige Flüge – und es<br />
ist wahnsinnig spannend an einen Ort zu PRIVAT/SES<br />
kommen, wo man die Möglichkeit hat, ein<br />
<strong>Wein</strong>gut entstehen zu lassen.” Außerdem FOTOS:
I weine & winzer I<br />
Sebastian <strong>Keller</strong> ist<br />
auf Mallorca<br />
angekommen: Er<br />
managt eines der<br />
spannendsten<br />
<strong>Wein</strong>güter der Insel<br />
I 31 I
I weine & winzer I<br />
Kathrin Puff fand ihr Glück als Winemaker <strong>im</strong> thailändischen <strong>Wein</strong>bau bei der Siam Winery<br />
Nicht nur die Schönheit der Landschaft hält Axel Heinz in der Toskana bei Ornellaia ...<br />
I 32 I<br />
Das Château Canon La Gaffelière in Saint-Emilion gehört zu den <strong>Wein</strong>gütern von Stephan Graf Neipperg
ist es nicht sein erster <strong>Ausland</strong>sjob. “Durch<br />
die Erfahrung, die ich mit Bernd Philippi<br />
und Bernhard Breuer <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> sammeln<br />
konnte, hat mich eine Art Virus gepackt.”<br />
Derzeit sind fünf Hektar mit Reben bestockt,<br />
doch auf dem Anwesen ist noch Platz für<br />
Erweiterungen. “Mallorca an sich ist eine<br />
wunderschöne Insel, und das Potenzial in<br />
Sachen <strong>Wein</strong> ist noch lange nicht ausgeschöpft!”<br />
Und wie sieht’s mit dem Moselund<br />
Rhein-Riesling aus? “Im Herzen bin ich<br />
deutscher <strong>Winzer</strong>”, lacht Sebastian <strong>Keller</strong>,<br />
“und kann mir auch sehr gut vorstellen,<br />
noch mal in Deutschland <strong>Wein</strong> zu machen!”<br />
Kathrin Puff,<br />
Samut Sakhon<br />
Kathrin Puff dürfte dies bestätigen können,<br />
schließlich leitete die <strong>Deutsche</strong> bereits die<br />
<strong>Wein</strong>bereitung der toskanischen Azienda<br />
Dievole. Doch auf Dauer in Italien bleiben<br />
wollte die junge Oenologin nicht. Seit 2007<br />
arbeitet die 30-Jährige als Winemaker bei der<br />
Siam Winery nahe Bangkok, und sie sieht<br />
die <strong>Wein</strong>kultur in diesem Teil der Erde mit<br />
gehörigem Respekt. “Tropischer <strong>Wein</strong>bau ist<br />
nicht zu belachen”, sagt die gebürtige Niederrheinerin.<br />
“Wir sammeln hier Erfahrungen,<br />
die in Zeiten des Kl<strong>im</strong>awandels sehr<br />
von Vorteil sein könnten”. Aus asiatischer<br />
Sicht scheint die <strong>Wein</strong>szene <strong>im</strong> Rheingau,<br />
wo Kathrin Puff auch mal gearbeitet hat,<br />
ganz weit weg zu sein. “Ich mag die Herausforderung<br />
und entdecke durch die Augen<br />
meiner thailändischen Kollegen die Faszination<br />
<strong>Wein</strong> neu.” Und Deutschland? “Ist mir<br />
zu festgefahren geworden, es gibt wenig<br />
Platz für Innovation”, grübelt die junge<br />
Oenologin, “dann muss man halt in die<br />
Ferne schweifen – und das war für mich<br />
damals Italien, jetzt ist es Thailand”. Die<br />
Möglichkeiten sind hier groß, Innovationen<br />
stets gefragt. “Think outside the box”, lächelt<br />
Kathrin Puff, “und unseren Erfolg sieht man<br />
ja auf diversen internationalen Wettbewerben”.<br />
Etwas Thai hat sie gelernt, mit den<br />
speziellen Bedingungen des tropischen<br />
<strong>Wein</strong>baus kommt sie zurecht. “Thaiwein<br />
kann durchaus schmecken”, sagt Kathrin<br />
Puff zum Schluss. Sie arbeitet daran, dass<br />
man so was irgendwann nicht mehr ausdrücklich<br />
betonen muss ...<br />
Stephan Graf Neipperg,<br />
Saint-Emilion<br />
Während Sebastian <strong>Keller</strong> sich also erstmal<br />
provisorisch niedergelassen hat <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong>,<br />
ist Stephan Graf Neipperg längst angekommen<br />
in Frankreich. Der aus Württemberg<br />
stammende Wahl-Bordelaiser ist groß geworden<br />
mit dem <strong>Wein</strong>, aber auch mit fremden<br />
Kulturen. “Ich bin schon von der Erziehung<br />
her nicht extrem deutsch”, betont Neipperg,<br />
dessen Vater Joseph Hubert 1971 <strong>im</strong> großen<br />
Stil in Bordeaux investierte und Château<br />
Canon La Gaffelière sowie drei andere <strong>Wein</strong>güter<br />
kaufte. Zu diesem Zeitpunkt dachte der<br />
Sohn, 1957 geboren, verständlicherweise<br />
noch nicht intensiv ans Auswandern in<br />
Sachen <strong>Wein</strong>, auf das Abitur folgten<br />
zunächst Betriebswirtschafts- und Politologiestudien.<br />
1985 übernahm Neipperg dann<br />
die Leitung von Canon, zog nach Saint-Emilion<br />
und nahm seine Frau gleich mit: Von<br />
Anfang an war klar, dass dies keine Sache<br />
von ein paar Monaten werden würde. “Um<br />
ganz große <strong>Wein</strong>e zu machen, muss man<br />
wahrscheinlich auch ganz angekommen sein<br />
in einem Land.” Inzwischen ist Stephan Graf<br />
Neipperg auch für La Mondotte und andere<br />
Betriebe <strong>im</strong> Bordelais zuständig, schaut<br />
nebenbei aber auch bei Projekten in Bulgarien<br />
oder in Südafrika nach dem Rechten<br />
und dem <strong>Wein</strong>. “Ich könnte mir allerdings<br />
auch vorstellen, in Italien zu leben oder in<br />
Spanien”, sagt Weltbürger Neipperg. Und in<br />
Bordeaux – gab es da nie Probleme als <strong>Deutsche</strong>r<br />
<strong>im</strong> Zentrum der französischen <strong>Wein</strong>kultur?<br />
“Man muss zeigen, dass man sich<br />
wohl fühlt und dass man gern da ist”, betont<br />
der Graf, “man muss das Aufnahmeland verstehen”.<br />
Mit der Akzeptanz klappt es dann<br />
fast von alleine. “Meine Kinder sprechen<br />
untereinander sogar Französisch.”<br />
Axel Heinz,<br />
Bolgheri<br />
Für Axel Heinz war der Weg in die Ferne<br />
schon ein bisschen vorgezeichnet. “Ich habe<br />
ja eine französische Mutter”, sagt der heutige<br />
<strong>Wein</strong>macher der italienischen Tenuta dell’<br />
Ornellaia. Im Jahr 1971 geboren, ging Axel<br />
Heinz also irgendwie zwangsläufig ins<br />
benachbarte <strong>Ausland</strong>: Ab 1983 studierte er an<br />
der Berufsschule für Landwirtschaftstechnik,<br />
dem Lycée d’Enseignement Générale et Technologique<br />
Agricole, bald darauf schaute er<br />
be<strong>im</strong> Château La Tour Carnet <strong>im</strong> Médoc in<br />
die Fässer. Dann stand, nach einem Ausflug<br />
nach Macao, wo er als Berater für Bordeaux-<br />
<strong>Wein</strong>güter tätig war, sowie diversen Stationen<br />
<strong>im</strong> Bordelais der Wechsel nach Italien<br />
an: ein neues Abenteuer. Seit 2005 ist Axel<br />
Heinz als oenologischer Direktor von Ornellaia<br />
tätig und damit automatisch einer<br />
der wichtigsten <strong>Wein</strong>macher der gesamten<br />
Toskana. Der Wechsel brachte Herausforderungen<br />
mit sich. “Es ist natürlich wichtig, die<br />
italienische Sprache zu beherrschen”, verrät<br />
Heinz, “aber die ist ja schließlich gar nicht so<br />
weit entfernt vom Französischen.” Die Italiener<br />
jedenfalls scheinen den <strong>Deutsche</strong>n, der<br />
auch die französische Staatsangehörigkeit<br />
besitzt, akzeptiert zu haben, und die Noten<br />
der wichtigen <strong>Wein</strong>zeitschriften und <strong>Wein</strong>führer<br />
sind in den letzten Jahren sogar eher<br />
nach oben gegangen. “In der <strong>Wein</strong>szene der<br />
Toskana gibt es ja auch seit Langem Ausländer,<br />
und nicht nur <strong>Deutsche</strong>.” Und dass man<br />
sich in die Mentalität der Menschen und die<br />
Bedingungen der Landschaft hineinfinden<br />
muss, das ist ohnehin klar. “Hier ist vieles<br />
anders als in Deutschland oder in Bordeaux”,<br />
sagt Axel Heinz. “Nicht nur das Kl<strong>im</strong>a.”
I weine & winzer I<br />
Werner Näkel,<br />
Stellenbosch<br />
Wer mit Werner Näkel auf der Terrasse seines<br />
<strong>Wein</strong>guts sitzt, am Rande des südafrikanischen<br />
Städtchens Stellenbosch, der muss<br />
mit flüssigen Überraschungen rechnen. Der<br />
gebürtige Rheinländer serviert hier schon<br />
mal den sogenannten “Illusion” – einen<br />
weiß gekelterten Spätburgunder aus seinem<br />
Betrieb an der Ahr –, und reicht gleich<br />
darauf einen Schluck vom selbst geernteten<br />
südafrikanischen Sauvignon Blanc. Doch<br />
damit nicht genug: Näkel pflegt auch eine<br />
Leidenschaft für deutschen Riesling – und<br />
teilt diese gern mit den Südafrikanern. “Es<br />
gibt viele Einhe<strong>im</strong>ische, die mich <strong>im</strong>mer<br />
wieder nach deutschem Riesling gefragt<br />
haben”, schmunzelt Näkel. Und weil er ihn<br />
selbst nicht anbaut in seiner südafrikanischen<br />
Dependance, recherchierte Werner<br />
Näkel vor ein paar Jahren einfach bei <strong>Winzer</strong>kollegen<br />
von der Mosel, aus der Pfalz oder<br />
von der Nahe nach guten Flaschen und transportierte<br />
das Ergebnis der Sammelleidenschaft<br />
ans Kap. Inzwischen soll Werner<br />
Näkel über einen der bestsortierten Rieslingkeller<br />
Afrikas verfügen ... Doch aller Riesling-<br />
und Sauvignon-Blanc-Leidenschaft zum<br />
Trotz: Werner Näkel ist und bleibt in erster<br />
Linie Rotweinwinzer. Mit seinen Spätbur-<br />
gundern hat er vor mehr als zwei Jahrzehnten<br />
den Ahr-<strong>Wein</strong>bau revolutioniert, in Stellenbosch<br />
arbeitet er dagegen mit Cabernet<br />
Sauvignon und Merlot, mit Shiraz und<br />
Cabernet Franc: Aus diesen Traubensorten<br />
entsteht der “Zwalu”. Näkels Leidenschaft<br />
für Südafrika, dessen Kultur und Küche hat<br />
in den letzten Jahren nicht abgenommen,<br />
sondern eher noch zugenommen – und das<br />
will etwas heißen, denn bereits bei seiner<br />
ersten Reise nach Kapstadt, <strong>im</strong> Jahr 1996,<br />
war die Faszination da. “Das Land hat mich<br />
einfach begeistert”, erinnert sich der gelernte<br />
Lehrer, “und ich habe bald gemerkt, dass<br />
sich das gut verbinden lässt – die wichtigsten<br />
Monate sind hier unten Februar und März,<br />
Auf dem südafrikanischen <strong>Wein</strong>gut von Werner Näkel gedeihen die <strong>Wein</strong>e ebenso gut wie an der Ahr<br />
I 34 I<br />
und da ist es an der Ahr eher ruhig”. Schon<br />
1997 entstand, in Zusammenarbeit mit dem<br />
Südafrikaner Neil Ellis, der erste <strong>Wein</strong>. Doch<br />
was sich so einfach anhört, war kein Kinderspiel<br />
– denn ohne Verbindungen funktioniert<br />
in einem fremden Land wie Südafrika<br />
wenig. “Man braucht einen Partner vor Ort“,<br />
rät Werner Näkel allen auswanderungswilligen<br />
<strong>Deutsche</strong>n, “und man muss natürlich<br />
wissen, dass man die <strong>Wein</strong>e dann auch verkaufen<br />
kann”. �<br />
WOLFGANG FASSBENDER<br />
SEBASTIAN KELLER<br />
Finca Ses Talaioles,<br />
E-07500 Manacor, www.sestalaioles.com,<br />
info@sestalaioles.com<br />
KATHRIN PUFF<br />
Siam Winery, 9/2 Moo 3, Tumbon<br />
Bangtorud, Mueang District,<br />
Samut Sakhon 74000, Thailand,<br />
� 0066 3484-533443, www.siamwinery.com,<br />
info@siamwinery.com<br />
STEPHAN GRAF NEIPPERG<br />
Vignobles Comtes de Neipperg,<br />
Château Canon La Gaffelière, BP 34,<br />
F-33330 Saint-Emilion, � 00335 57247133,<br />
www.neipperg.com, info@neipperg.com<br />
AXEL HEINZ,<br />
Tenuta dell’Ornellaia,<br />
Via Bolgherese 191, Bolgheri, I-57022<br />
Castagneto Carducci, � 0039 0565718 11,<br />
www.ornellaia.com, info@ornellaia.it<br />
WERNER NÄKEL<br />
<strong>Wein</strong>güter Meyer-Näkel und Zwalu,<br />
Friedensstraße 15,<br />
53507 Dernau, � 02643 1628,<br />
www.meyer-naekel.de,<br />
weingut@meyer-naekel.de