Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...
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Titelthema<br />
Ehrenamtliche Senioren in der Lukaskirche:<br />
beim Lukas-Tisch, im Fahrdienst, als Vorlesepatin<br />
(v.o.n.u.)<br />
10 Lukaskirche<br />
Zu alt fürs Ehrenamt?<br />
Gott schickt nicht in Rente<br />
Altersbegrenzungen sind nicht <strong>mehr</strong> zeitgemäß. Auch die Kirche nutzt<br />
die Potenziale des Alters zu wenig.<br />
Ältere Menschen verfügen über<br />
<strong>ein</strong>en unglaublichen Erfahrungsschatz<br />
an beruflicher<br />
Kompetenz und Lebenserfahrung. Dennoch<br />
werden sie oft vorzeitig aus dem<br />
Erwerbsleben aussortiert <strong>–</strong> und erleben,<br />
dass ihnen auch Ehrenämter verschlossen<br />
bleiben. Selbst in der evangelischen<br />
Kirche. So suchten Krankenhauspfarrer<br />
in <strong>ein</strong>er norddeutschen Großstadt für die<br />
ehrenamtliche Klinikseelsorge explizit<br />
Menschen zwischen 30 und 60 Jahren <strong>–</strong><br />
als ob das Einfühlungsvermögen ab 61<br />
leiden würde.<br />
Doch die gewohnheitsmäßige Diskriminierung<br />
„aus Al-<br />
tersgründen“ werden sich<br />
auch die Kirchen nicht<br />
<strong>mehr</strong> leisten können. Dabei<br />
hätten es doch gerade<br />
sie besser wissen können. Wer die Bibel<br />
liest, stößt auf viel Respekt vor dem Alter.<br />
<strong>Die</strong> Europäische Union hat seit geraumer<br />
Zeit der Altersdiskriminierung<br />
den Kampf angesagt. Tatsächlich gibt es<br />
<strong>ein</strong>e Reihe <strong>von</strong> direkten und indirekten<br />
Grenzen, die für ältere Menschen gelten.<br />
Wie willkürlich sie gesetzt werden,<br />
zeigt sich zum Beispiel daran, dass die<br />
Rentengrenze vom Gesetzgeber je nach<br />
Kassenlage verschoben werden kann.<br />
Auch steht die Zwangsverrentung mit<br />
65 oder mit 67 Jahren in <strong>ein</strong>em merkwürdigen<br />
Gegensatz zur Notwendigkeit<br />
lebenslanger Erwerbstätigkeit. Einem<br />
wachsenden Heer <strong>von</strong> Kl<strong>ein</strong>strentnern<br />
oder ehemaligen Minijobberinnen bleibt<br />
gar nichts anderes übrig. Für sie klingt<br />
die Redensart vom „wohlverdienten Ruhestand“<br />
zynisch.<br />
Starre Altersgrenzen sind überholt.<br />
<strong>Die</strong> Lebenserwartung steigt und mit ihr<br />
die Anzahl der fitten Senioren zwischen<br />
60 und 80 Jahren. In der Wirtschaft hat<br />
Verfallsdatum<br />
<strong>ein</strong>gebaut<br />
angesichts des Fachkräftemangels <strong>ein</strong><br />
Umdenken <strong>ein</strong>gesetzt. Hingegen nutzt<br />
die Kirche die Potenziale des Alters<br />
kaum. Alts<strong>ein</strong> ist in den Köpfen vieler<br />
Entscheidungsträger vorwiegend mit<br />
„Pflegebedarf“ und „Alzheimer“ besetzt.<br />
Wie lange noch wollen sie die historisch<br />
neue Lage ignorieren?<br />
Erfrischend liest sich dagegen die ausgezeichnete<br />
EKD-Orientierungshilfe<br />
„Im Alter neu werden“. Sie macht bewusst,<br />
dass die Senioren die am stärksten<br />
wachsende Mitgliedergruppe ist und<br />
dass Menschen zwischen 60 und 90 Jahren<br />
deutlich vielfältigere Kompetenzen<br />
und Lebensstile haben<br />
als Jugendliche zwischen<br />
15 und 25. <strong>Die</strong> Autoren<br />
empfehlen dringend<br />
Strategien zur aktiven<br />
Einbindung älterer Menschen in Kirche<br />
und Kommune.<br />
Ganz sicher war es k<strong>ein</strong> Zufall, dass<br />
die frühe Christenheit die Leitung der<br />
Gem<strong>ein</strong>den lebenserfahrenen „Ältesten“<br />
anvertraut hat. Was ist da<strong>von</strong> noch übrig<br />
in <strong>ein</strong>er Kirche, die mit der Altersbegrenzung<br />
ins Amt der Gem<strong>ein</strong>deleitung<br />
<strong>ein</strong>e Art „Verfallsdatum“ <strong>ein</strong>gebaut hat?<br />
Dazu passt nicht, dass zugleich in <strong>ein</strong>er<br />
Werbeaktion für rüstige Senioren die<br />
Parole ausgegeben wird, „Gott schickt<br />
nicht in Rente“. Alle Jahre wieder fehlen<br />
Kandidaten fürs Presbyteramt. Immer<br />
seltener kommt es zu Wahlen, weil viele<br />
Gem<strong>ein</strong>den nur noch mit größter Mühe<br />
gerade so viele Plätze besetzen können,<br />
wie sie zu vergeben haben. Besserung ist<br />
nicht in Sicht. Im Gegenteil. Je heftiger<br />
sich der demografische Umbruch in den<br />
nächsten zehn Jahren bemerkbar machen<br />
wird, umso stärker wird man überlegen<br />
müssen, ob die Altersobergrenzen<br />
für Ehrenämter noch realistisch sind.<br />
Peter Mörbel/gbr, Studienleiter an der<br />
<strong>Evangelische</strong>n Akademie im Rh<strong>ein</strong>land