STEINZEUG Information 08/09 - Fachverband Steinzeugindustrie eV
STEINZEUG Information 08/09 - Fachverband Steinzeugindustrie eV
STEINZEUG Information 08/09 - Fachverband Steinzeugindustrie eV
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<strong>Information</strong><br />
<strong>STEINZEUG</strong><br />
Infrastruktursysteme<br />
im Umbruch<br />
Kanalerneuerung<br />
mit EDS-System<br />
Online Load Control<br />
bei Vortrieb DN 1400<br />
20<strong>09</strong><br />
FV ST<br />
<strong>Fachverband</strong><br />
<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />
www.fachverband-steinzeug.de
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
FVST <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />
Alfred-Nobel-Straße 17<br />
50226 Frechen<br />
Tel.: 0 22 34/5 07-261<br />
Fax: 0 22 34/5 07-204<br />
E-Mail: fachverband@steinzeug.com<br />
Internet: www.fachverband-steinzeug.de<br />
www.steinzeug.com<br />
Redaktion:<br />
Bau-Ass. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />
Heiko Daun<br />
Dr. Gabriele Hahn<br />
Redaktionsbüro Dr. Hahn<br />
Ettighofferstraße 23<br />
53123 Bonn<br />
Tel.: 0228/464189<br />
Fax: 0228/4339261<br />
E-Mail: redaktion@hahn-bonn.de<br />
Satz:<br />
Satz+Layout Werkstatt Kluth GmbH<br />
Erftstadt<br />
Druck:<br />
Das Druckhaus<br />
Beineke Dickmanns GmbH, Kaarst-Büttgen<br />
Zum Abdruck angenommene Beiträge und Abbildungen gehen im Rahmen der gesetzlichen<br />
Bestimmungen in das Veröffentlichungs- und Verbreitungsrecht des Herausgebers über.<br />
Redaktionelle Überarbeitungen und Kürzungen liegen im Ermessen des Herausgebers.
Der Kanalbau ist hinsichtlich der offenen und geschlossenen Bauweise für<br />
eine Schwarz-/Weißbetrachtung absolut ungeeignet. Selbstverständlich können<br />
diese verschiedenen Arten des Einbaus miteinander kombiniert werden;<br />
Das trifft sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung zu. Und somit<br />
gibt es keine überzeugenden Gründe, warum nach einer Sanierung oder<br />
nach dem Neubau der Hauptleitung die Anschlüsse nicht mit dem Rohrvortriebsverfahren<br />
erneuert werden können. Ebenso müssen sich die Bauherren<br />
fragen, warum dafür nicht auch die höchst wirtschaftliche und bewährte<br />
„Berliner Bauweise“ angewendet wird.<br />
Oftmals kennen wir viele Gründe, warum wir etwas nicht tun; dabei sollte<br />
gerade das Gegenteil erfolgen! Es muss klar sein, dass sich der Kanalbau nicht<br />
allein auf die Diskussion reduzieren lässt, welches Rohrmaterial, welches<br />
Produkt oder welcher Werkstoff ist geeigneter. Für verantwortungsbewusste<br />
Bauherren und Planer führt einfach kein Weg an der Tatsache vorbei, dass<br />
das Bauwerk Abwasserkanal in seiner Gesamtheit im Mittelpunkt stehen<br />
muss. Glaube, Hoffnung und Kurzsichtigkeit sind hier schlechte Berater.<br />
Das Thema Grundstücksentwässerung ist in der Fachöffentlichkeit schon seit<br />
vielen Jahren ein viel diskutiertes Thema. Die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
sind inzwischen weitestgehend geklärt, der Bürger ist aufgefordert, für<br />
die Instandhaltung und gegebenenfalls Sanierung des Entwässerungssystems<br />
auf seinem Grundstück Sorge zu tragen. Die dazu notwendigen Techniken<br />
gibt es genügend. Dass die aufzubringenden Kosten hierfür schnell<br />
1.000,–, 3.000,– ja sogar bis zu 5.000,– Euro betragen können, ist auch kein<br />
Geheimnis.<br />
Die öffentlichkeitswirksame Darstellung der Grundstücksentwässerung befasst<br />
sich sehr ausführlich auch mit den vorgefundenen „Zuständen“. Völlig<br />
außen vor bleibt dabei die Tatsache, dass diese „Zustände“ durch die vielfältigsten<br />
Gründe herbeigeführt wurden. Entwässerungssysteme, die nicht<br />
zur Inspektion gebaut wurden, können auch später nicht inspiziert und<br />
saniert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die technischen Anlagen<br />
der Grundstücksentwässerung sehr lange nicht im Blickpunkt der Abwasserfachleute<br />
standen, ja sie sogar durch De-Regulierungsmaßnahmen entzo-<br />
Ihr<br />
Editorial<br />
Farbe bekennen!<br />
gen wurden. Und die Situation der<br />
Grundstücksentwässerung betrifft<br />
nicht nur den privaten Hausbesitzer,<br />
sondern in erheblichem Maße<br />
auch die Öffentliche Hand mit ihrem<br />
Grundbesitz.<br />
Beispielhaft vorangehen, Erfahrungen<br />
weitergeben und dafür Sorge<br />
tragen, dass zukünftig die Anlagen<br />
so gebaut werden, dass sie auch inspiziert<br />
und saniert werden können;<br />
das sind die dazugehörenden Aufgaben.<br />
Beispiele hierfür existieren in<br />
Deutschland, und die – auch noch<br />
nach den Wahlen – im rein technischen,<br />
nicht ideologischen Sinne.<br />
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />
Geschäftsführer <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
1
2<br />
Inhalt<br />
32 Großrohr-Premiere: Der erste Vortrieb mit dem<br />
Vortriebsrohr DN 1400 wurde im April 20<strong>08</strong> im<br />
tschechischen Karviná durchgeführt. Zur Sicherung<br />
der Qualität und zur lückenlosen Dokumentation der<br />
Vortriebsparameter wurde bei diesem Vortrieb das<br />
System OLC – Online Load Control eingesetzt.<br />
13 Die durch den demografischen<br />
Wandel verursachten Veränderungen<br />
der Bevölkerungszahlen werden sich<br />
sehr unterschiedlich auf Deutschland<br />
verteilen. Die Aufrechterhaltung einer<br />
funktionierenden Wasserinfrastruktur<br />
unter veränderten Randbedingungen bei<br />
tragfähigen Kosten wird die zugrunde<br />
liegenden Konzepte infrage stellen.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
4 FVST-Profil: Der <strong>Fachverband</strong><br />
<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. hat sich in über<br />
60 Jahren ein Profil „erarbeitet“, das<br />
hinter den Geboten einer umweltgerechten<br />
Abwasserentsorgung mit umweltfreundlichen<br />
Werkstoffen steht, die den<br />
Anforderungen im Sinne der Nachhaltigkeit<br />
entspricht.<br />
20 Erneuerung mit EDS: Das innovative EDS-<br />
System kommt hauptsächlich bei Steinzeugrohren<br />
zum Einsatz, die nur wenig bis keine<br />
statischen Schäden aufweisen. Durch den Einsatz<br />
einer speziellen Parallel-Schnitt-Technik<br />
in Verbindung mit dem Verpressen eines dauerhaft<br />
elastischen Epoxydharz-Materials (auf<br />
Elastomer-Basis), werden bei Bedarf sämtliche<br />
Muffen dichtungen einer Haltung erneuert.
40 GAEB steht zum<br />
einen für „Gemeinsamer<br />
Ausschuss Elektronik im<br />
Bauwesen“ und zum<br />
anderen für die Begrifflichkeit<br />
„Datenaustausch<br />
nach GAEB“. Der GAEB<br />
fördert als Interessengemeinschaft<br />
aller am Bau<br />
Beteiligten – IT-gestützt –<br />
eine gemeinsame Sprache<br />
im Bauwesen.<br />
36 Dipl.-Ing. Werner Suhm,<br />
Mitglied des Vorstands der<br />
Herrenknecht AG und Verantwortlicher<br />
für den Geschäftsbereich<br />
Microtunnelling (Utility<br />
Tunnelling), im Gespräch<br />
mit der FVST-Redaktion.<br />
Inhalt<br />
n Editorial<br />
Farbe bekennen! 1<br />
n Verbandsnachrichten<br />
Seit über 60 Jahren: Stark, solide, stabil 4<br />
The same procedure as … 6<br />
Seminare/Tagungen/Foren: Der FVST ist dabei 7<br />
Kurator des Kölner Abwasserforums 9<br />
Der FVST und German Water Partnership 9<br />
n Regelwerknews<br />
Normung – Von „standardmäßig“ bis „einzigartig“ 10<br />
n Forschung + Technik<br />
Demografischer Wandel – Infrastruktursysteme im Umbruch 13<br />
EDS-System – Kanalerneuerung am Stadion der 60er/München 20<br />
Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von Hausanschlüssen 24<br />
Ausgrabungen in Weimar – Der Brennofen des Großherzogs 30<br />
n Baustellenbericht/-reportage<br />
Großrohr-Premiere – Online Load Control bei Vortrieb DN 1400 32<br />
n Portrait/Interview<br />
Im Gespräch mit Werner Suhm 36<br />
n Wirtschaft + Recht<br />
GAEB – eine Interessengemeinschaft aller am Bau Beteiligten 40<br />
n Messen + Kongresse<br />
IFAT 2010 – Zukünftig alle zwei Jahre 42<br />
Branchentermine im Überblick 43<br />
n Last Minute<br />
Die Steinzeug Top-Ten 44<br />
Himmlisch – Tonrohre aus dem 12. Jahrhundert 45<br />
10-jähriges Jubiläum – PIA, ein Kürzel macht Karriere 47<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
3
4<br />
Verbandsnachrichten<br />
FVST-Profil<br />
Seit über 60 Jahren: Stark, solide, stabil<br />
Der FVST <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />
e.V. ist trotz<br />
der relativ kleinen Mitgliederzahl<br />
ein ungemein aktiver Verband,<br />
der seinen gesetzten Zielen<br />
und Aufgaben stets gerecht wird.<br />
Auch in über 60 Jahren, auf die der<br />
FVST mit Stolz zurückblicken kann,<br />
hat sich daran nichts geändert. Seit<br />
20<strong>08</strong> zeichnen dafür der Geschäftsführende<br />
Vorstand Elk Eckert (bis<br />
September 20<strong>09</strong> Geschäftsführer<br />
der Steinzeug | Keramo-Gruppe)<br />
und der Stellvertretende Vorstand,<br />
Dipl.-Kfm. Rudolf Harsch (Geschäftsführer<br />
der Harsch Steinzeug GmbH<br />
& Co. KG, Bretten), verantwortlich.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Die hohe Kontinuität sowie die Anerkennung der vielfältigen Aktivitäten<br />
durch die Mitglieder stehen als Beweis für gute Arbeit und stärken den Verband<br />
als Fachorganisation<br />
l für alle Themen rund um die Produkte aus Steinzeug<br />
l mit der Ausrichtung „Pro Steinzeug“ und dem klaren Profil für langlebige<br />
Bauteile<br />
Der FVST richtet sein Profil in und mit seiner Arbeit aber auf noch viel mehr<br />
aus und schärft damit die Konturen für einen hervorragenden Werkstoff,<br />
respektive für hochwertige Produkte: Neben der bereits erwähnten Langlebigkeit<br />
von Steinzeugprodukten für die Abwasserentsorgung sind das<br />
l die Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Bauteile vor, während und auch<br />
nach ihrem Betriebseinsatz<br />
l die Schonung der Ressourcen bei der Rohstoffgewinnung<br />
l der geringe Energieverbrauch bei der Herstellung der Bauteile<br />
l der vielfältige Einsatz von SteinzeugBauteilen ganzer Abwassersysteme<br />
l die Dauerhaftigkeit, auch unter hohen dynamischen Belastungen<br />
Die im <strong>Fachverband</strong> organisierten Mitglieder stehen hinter diesem Profil,<br />
d.h., sie stehen hinter den Geboten einer umweltgerechten Abwasserentsorgung<br />
mit umweltfreundlichen Werkstoffen, die den Anforderungen im<br />
Sinne der Nachhaltigkeit entspricht.<br />
Elk Eckert Rudolf Harsch Werner Müller, langjähriger<br />
Geschäftsführender Vorstand<br />
60 Jahre Fachkompetenz<br />
In jedem einzelnen der 60<br />
Jahre stecken höchste Fachkompetenz<br />
für alle Themen<br />
zu Steinzeug: für den Werkstoff,<br />
für seine Eigenschaften,<br />
für seine Bauteile, für seine<br />
Verwendung bei Planung und<br />
Bau von Abwasserkanälen.<br />
60 Jahre höchste Fachkompetenz<br />
hat der FVST in die<br />
RegelwerksArbeit und in die<br />
Fortbildung eingebracht: mit
viel Energie, mit viel Augenmaß, mit hohem zeitlichen Einsatz – und natürlich<br />
mit Erfolg, selbstverständlich auch für die Mitglieder. Regelwerksarbeit<br />
heißt Gremienarbeit, Ausschuss arbeit, die Zähigkeit einerseits und<br />
Kompromissbereitschaft andererseits erfordert; bei DWA, DIN und auf der<br />
europäischen Ebene CEN. Darauf kann der Verband stolz sein, darauf kann<br />
er weiter bauen.<br />
60 Jahre FVST heißt auch 60 Jahre Nähe zu den Themen der Kanalisation,<br />
dem konsequenten Ansatz zu Planung und zum Bau langlebiger Kanalisationssysteme.<br />
In 60 Jahren hat der <strong>Fachverband</strong> neben seinen satzungsgemäßen<br />
Aufgaben natürlich auch Überzeugungsarbeit für den Werkstoff Steinzeug<br />
geleistet. Eine Leistung, die neutral, kostengünstig und fair erbracht<br />
wurde und die auch weiterhin erbracht wird.<br />
Selbstbewusst in die Zukunft<br />
So, wie sich die Technik rund um die Produktion und den Einsatz von Steinzeugprodukten<br />
ändert, ändern sich auch die Themen. Aus den verschiedensten<br />
Gründen erweitert sich das Themenspektrum, die Blickwinkel verschieben<br />
sich. Immer mehr treten Themen wie<br />
l Betriebsanforderungen<br />
l Änderungen der Abwassermengen<br />
Kurzgefasst<br />
16.12.1947 Gründung des <strong>Fachverband</strong>es im Clubhaus „Funkenburg“ in Köln<br />
1. Vorsitzender: Joseph Kleinsorg<br />
Stellv. Vorsitzender: Carl Ludwig Grosspeter<br />
21.10.1954 Festschreibung der 1. Satzung<br />
12.04.1955 Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Köln<br />
Verbandsnachrichten<br />
l Sanierung bestehender Netze<br />
durch Reparatur oder Erneuerungsverfahren<br />
l Wirtschaftlichkeitsfragen<br />
l Fragen zur Substanzerhaltung<br />
in den Vordergrund und müssen<br />
berücksichtigt, diskutiert und/oder<br />
gelöst werden. Das gilt für alle Materialien,<br />
nicht nur für Steinzeug, und<br />
gerade deshalb sind der Verband<br />
und seine Mitglieder besonders gefragt<br />
und gefordert. Diesen Herausforderungen<br />
wird man sich stellen,<br />
dafür wird man stark sein. So, wie in<br />
60 Jahren mit Kontinuität und Stabilität<br />
unter dem Namen FVST gemeinsame<br />
Arbeit mit Erfolg geleistet<br />
wurde, so wird man auch in Zukunft<br />
solide und seriös im wahrsten Wortsinn<br />
auf den Werkstoff Steinzeug<br />
bauen.<br />
zweite Hälfte Aufnahme von Beziehungen zu europäischen und amerikanischen Steinzeugder<br />
50-er Jahre herstellern<br />
1957 Gründung der Fédération Européenne des Fabricants de Tuyaux en Grés<br />
(Feugrés) und Vertretung der deutschen Hersteller durch den <strong>Fachverband</strong><br />
15.10.1963 Bezug des neu errichteten Verwaltungs- und Laborgebäudes von <strong>Fachverband</strong><br />
und Forschungsgesellschaft in Frechen (heute Köln-Marsdorf)<br />
2005 Umzug nach Frechen<br />
aktueller Vorstand: Geschäftsführender Vorstand: Elk Eckert, <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.,<br />
Frechen;<br />
Stellv. Vorstand: Rudolf Harsch, Harsch Steinzeug GmbH & Co. KG, Bretten<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
5
6<br />
Verbandsnachrichten<br />
FVST beim IRO<br />
The same procedure as …<br />
Kontakt<br />
Am 5. und 6. Februar 20<strong>09</strong><br />
wurde zum 23. Mal für zwei<br />
Tage das Institut für Rohrleitungsbau<br />
an der Fachhochschule<br />
Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven<br />
zum Dreh und Angelpunkt<br />
des Rohrleitungsbaus. In sämtlichen<br />
Räumlichkeiten in der Ofener Straße<br />
(innen und außen) wurde das<br />
Unters te zu Oberst gekrempelt: das<br />
Oldenburger Rohrleitungsforum<br />
öffnete unter dem Motto „Rohrleitungen<br />
– Stand der Wissenschaft<br />
aus der Stadt der Wissenschaft“<br />
seine Tore.<br />
Viele Fachleute traten Anfang Februar<br />
tatsächlich zum 23. Mal den<br />
Weg nach Oldenburg zum Oldenburger<br />
Rohrleitungsforum an. Zum<br />
ersten Mal war es allerdings ein<br />
Aufenthalt in der „Stadt der Wissenschaft“.<br />
Verdient hat es die Stadt<br />
allemal, sogar, wenn sich diese erst<br />
kürzlich erworbene Auszeichnung<br />
nur auf den Rohrleitungsbau, respektive<br />
auf die entsprechenden Institute<br />
und Institutionen beziehen würde.<br />
Nicht umsonst platzt das Forum aus<br />
allen Nähten, nicht umsonst sind die<br />
Ausstellungsflächen hart umkämpftes<br />
Terrain.<br />
Institut für Rohrleitungsbau an der<br />
Fachhochschule Oldenburg e.V.<br />
Ofener Straße 18<br />
26121 Oldenburg<br />
Tel.: 04 41/36 10 390<br />
Fax: 04 41/36 10 3910<br />
EMail: ina.kleist@iroonline.de<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Und natürlich konnte sich die Fachwelt auch im Februar 20<strong>09</strong> auf ein höchst<br />
interessantes Rohrleitungs forum in der übersichtlichen aber wuseligen Atmosphäre<br />
des Institutes freuen. Wie gewohnt, war auch der <strong>Fachverband</strong><br />
<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. wieder mit einem Vortragsblock auf dem Oldenburger<br />
Rohrleitungsforum vertreten. Thematischer Mittelpunkt war der Werkstoff<br />
Steinzeug mit seinen außergewöhnlichen positiven Eigenschaften, die<br />
sich auch in Energie und CO 2Bilanzen widerspiegeln.<br />
Am 11. und 12. Februar 2010 steht das Oldenburger Rohrleitungsforum<br />
unter dem Motto: „Rohrleitungen und deren Netzwerke – Lebensadern der<br />
Gesellschaft.“ Wie gewohnt, wird sich der FVST auch hier wieder präsentieren<br />
(s. Kasten).<br />
Vortragsblock Steinzeug<br />
11. Februar 2010, 15:30 –17:00 Uhr<br />
Moderation: Bauass. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />
<strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V., Frechen<br />
Vorträge:<br />
Eisenbahnverkehrslasten und Anforderungen<br />
an Abwasserkanäle<br />
Eigenschaften und Eignung von Rohrmaterialien<br />
im Lasteinzugsbereich von Bahnanlagen<br />
Referent: Dipl.-Ing. Stefan Herborn<br />
DB Netze, Koblenz<br />
Innovative Wege bei der Netzbewirtschaftung<br />
Instandhaltungskonzepte unter Einbeziehung von Forschung,<br />
Hochschule und Industrie<br />
Referent: Dipl.-Ing. Dirk Behrends<br />
BEG Logistics GmbH, Bremerhaven<br />
Anforderungen an Rohrmaterialien für Abwassernetze<br />
Die richtige Wahl für wirtschaftliche Lösungen<br />
Referent: Dipl.-Ing. Dietmar T. Böhme<br />
<strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH, Frechen<br />
Weitere <strong>Information</strong>en zum 24. Oldenburger Rohrleitungsforum<br />
erhalten Sie unter den angegebenen Kontaktmöglichkeiten.
Sowohl der Erfahrungsaustausch unter Fachkollegen als auch die Weitergabe<br />
von Berufserfahrung und fachlichem Knowhow an den interessierten<br />
Nachwuchs bei Fort und Weiterbildungsmaßnahmen sind<br />
durch kein noch so gutes Literatur oder Internet<strong>Information</strong>sangebot ersetzbar.<br />
Das unmittelbare Gespräch und die gezielte Diskussion bieten eine<br />
direkte und effektive Auseinandersetzung mit Themen und Problemen. Der<br />
FVST ist seit vielen Jahren in der Fort und Weiterbildung aktiv, um diese<br />
Auseinandersetzung zu fördern und zu unterstützen.<br />
... bei Veranstaltungen<br />
Zum Seminar „Fachgerechte Herstellung von Abwasserkanälen und<br />
leitungen“ hatte im September 20<strong>08</strong> die DWA in‘s bayerische Ismaning<br />
eingeladen. Das DWAArbeitsblatt A 139 bildete zusammen mit der DIN EN<br />
1610 den roten Faden, an dem sich die einzelnen Beiträge orientierten. „Die<br />
Ziele des Planers und des Auftraggebers müssen ganz eindeutig formuliert<br />
sein, um sie durchzusetzen“, lautete eine wichtige Quintessenz von Bauass.<br />
Dipl.Ing. K.H. Flick (FVST), der als Referent und zusammen mit Dr.Ing. H.<br />
Friede (Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau) als Seminarleiter tätig war.<br />
„Pauschale Aussagen ohne Beleg führen nicht zum gewünschten Ziel“, so<br />
Flick abschließend. Nicht weniger deutlich wurde auch, dass Planung und<br />
Bauausführung im Wesentlichen durch die bodenmechanischen Einflüsse<br />
bestimmt werden und dass Patentlösungen oft nicht zum Ziel führen. Natürlich<br />
gilt dies auch für so genannte einfache Baumaßnahmen.<br />
Mit Erscheinen des neuen Arbeitsblattes DWAA 139 startet dann in 2010<br />
die neue Seminarreihe mit dem abgeänderten Titel „Einbau und Prüfung<br />
von Abwasserleitungen und kanälen“; die Seminarleitung obliegt dann<br />
BauAss. Dipl.Ing. KarlHeinz Flick und Dipl.Ing. Henning Werker (StEB<br />
Köln).<br />
Das DWASeminar „Rohrvortrieb, Microtunnelbau und verwandte Verfahren<br />
(nach dem neuen DWAArbeitsblatt A 125)“ in Bad Nauheim<br />
erfuhr aufgrund seiner hohen Aktualität besonderen Zuspruch.<br />
Mit dem im Dezember<br />
20<strong>08</strong> veröffentlichten<br />
und grundlegend überarbeiteten<br />
Arbeitsblatt A<br />
125 der DWA steht nun ein<br />
modernes Grundlagenwerk<br />
für das grabenlose Bauen zur<br />
Verfügung. Das erste Seminar<br />
dazu befasste sich natürlich<br />
auch mit den einzubauenden<br />
Rohren, für die in dem ArbeitsArbeits<br />
Verbandsnachrichten<br />
Seminare/Tagungen/Foren<br />
Der FVST ist dabei<br />
blatt ebenfalls aktualisierte Anforderungen<br />
festgelegt wurden. Über<br />
den Einsatz von Steinzeugrohren<br />
referierte Bauass. Dipl.Ing. K.H.<br />
Flick, FVST, und stellte u.a. die technischen<br />
Grundlagen zur Dimensionierung<br />
der Rohre vor. Die für<br />
Steinzeug neben den bekannten<br />
Werkstoffeigenschaften besonders<br />
für den Vortrieb hervorzuhebenden<br />
Parameter sind:<br />
l Planparallelität der Stirnflächen<br />
l Maßgenauigkeit in der Druckübertragung<br />
l höchste spezifische Längsdruckfestigkeiten<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
7
8<br />
Verbandsnachrichten<br />
l schmale Bauteilabmessungen<br />
l Verschleißfestigkeit<br />
l absolute Robustheit innen und<br />
außen<br />
Mit allen Vorträgen wurde deutlich,<br />
dass der Rohrvortrieb heute eine<br />
unverzichtbare Standardbauweise<br />
darstellt. Das gilt nicht nur für Fälle,<br />
in denen die offene Bauweise bautechnisch<br />
unmöglich ist; Gerade in<br />
Zeiten ökologisch und ökonomisch<br />
ausgerichteter Diskussionen steht<br />
die geschlossene Bauweise als Alternative<br />
zur offenen immer häufiger<br />
im Vordergrund.<br />
Im November 20<strong>09</strong> folgten entsprechende<br />
Seminare in Dresden und<br />
Hamburg, die auch in 2010 fortgesetzt<br />
werden sollen.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Die „DWAKanalbautage“ finden jährlich statt und in bewährter Weise<br />
in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städtetag, der Gütegemeinschaft<br />
Güteschutz Kanalbau und den Rohrherstellerverbänden FVST, FGR, FBS und<br />
KRV.<br />
Augsburg war in 20<strong>08</strong> Tagungsort, Marburg in 20<strong>09</strong>. Für die 7. Kanalbautage<br />
am 4./5. Mai 2010 wird Celle Tagungsort sein. Dipl.Ing. Henning<br />
Werker wird dann die Leitung zu den Themen „Qualitätssichernde Grundlagen<br />
und Vorgaben bei der Planung, Ausschreibung und Bauausführung“<br />
übernehmen.<br />
... beim<br />
Das Wasserforschungszentrum (wfz) Stuttgart ist ein ingenieurorientiertes,<br />
institutsübergreifendes Zentrum für Wasserforschung, das Lehre (Studium),<br />
Ausbildung (Doktoranden), Forschung und Praxis unterstützt und interdisziplinäres<br />
Vernetzen und Technologietransfer ermöglicht. Es wurde im Jahr<br />
2007 vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte und Abfallwirtschaft<br />
und vom Institut für Wasserbau der Universität Stuttgart mit dem Ziel gegründet,<br />
Kompetenzen im Bereich Wasser zu bündeln und in Kooperation<br />
mit weiteren nationalen und internationalen Akteuren der Wasserwirtschaft<br />
ganzheitliche Lösungen für die vielfältigen Fragestellungen rund um das<br />
Wasser zu entwickeln.<br />
Am 11. und 12. November 20<strong>08</strong> fand im Rathaus Stuttgart unter Leitung<br />
von Prof. Dr.Ing. Ulrich Rott und Prof. Dr.Ing. Heidrun Steinmetz (Wasserforschungszentrum<br />
Stuttgart/Institut für Siedlungswasserbau, Wasser güte<br />
und Abfallwirtschaft) die „Nationale Auftaktkonferenz zum 5. World Water<br />
Forum“ statt.<br />
Die Auftaktkonferenz mit Vertretern zahlreicher Institutionen bot eine Vortrags<br />
und Diskussionsplattform für deutsche Akteure im Bereich der internationalen<br />
Wasserwirtschaft. Bauass. Dipl.Ing. K.H. Flick vertrat mit seinem<br />
Vortrag „Siedlungsentwässerung – technische und wirtschaftliche Bedeutung“<br />
das Mitgliedsunternehmen <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH.<br />
Die Ergebnisse der Konferenz wurden vom wfz im März 20<strong>09</strong> auf dem<br />
5. World Water Forum in Istanbul vorgestellt.
Bauassessor Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick, FVST-Geschäftsführer, ist seit<br />
Juli 20<strong>08</strong> Kuratoriums-Vorsitzender des Kölner Abwasserforum e.V.<br />
Dr. Dorothea Wiktorin, Geographisches Institut der Universität zu Köln,<br />
wurde aus der Wissenschaft als seine Stellvertreterin nominiert.<br />
Zweck dieses 1992 gegründeten Abwasserforums Köln e.V., ist die Förderung<br />
des Naturhaushaltes im Sinne des Natur, Umwelt, Gewässer und<br />
Hochwasserschutzes. Tätigkeitsschwerpunkt des Vereins ist der Schutz des<br />
Wassers durch die Förderung und Unterstützung der Erhaltung des natürlichen<br />
Wasserkreislaufes und der Fernhaltung gefährlicher Stoffe nach dem<br />
neuesten Stand der Technik. Durch Maßnahmen der außerschulischen Bildung,<br />
fachlichen Weiterbildung, Vorträge, Fachtagungen, Besichtigungen,<br />
Ausstellungen, Publikationen und insbesondere durch die Villa Öki, eine Umweltschule<br />
auf dem Gelände des Großklärwerks KölnStammheim, werden die<br />
gesteckten Ziele umgesetzt.<br />
Im April 20<strong>08</strong> wurde in Berlin der Verein German Water Partnership<br />
(GWP) neu gegründet. Hervorgegangen aus dem Verein German Water,<br />
soll GWP nun durch professionelles Handeln und Auftreten seine Aufgaben<br />
erfüllen und den Bekanntheitsgrad erhöhen. Seit Mai 20<strong>08</strong> gibt es<br />
eine Geschäftsstelle in Berlin, seit Juli mit Dipl.Ing. Stefan Girod, früher<br />
<strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme, einen hauptamtlichen Geschäftsführer.<br />
German Water Partnership wird von fünf Ministerien gemeinschaftlich unterstützt.<br />
Die Exportinitiative der Bundesregierung erwartet einiges vom<br />
Auftreten der deutschen Wasserwirtschaft im Ausland. GWP zählt inzwischen<br />
über 200 Mitglieder aus Universitäten, Consultants, Lieferanten, Baufirmen<br />
und Betreibern.<br />
Auf der Jahreskonferenz am 4. Juni 20<strong>08</strong> wurden die drei Plattformen „<strong>Information</strong>“,<br />
„Geschäftsentwicklung“ und „Innovation“ aufgestellt, die<br />
das gemeinsame Arbeiten erleichtern sollen. Der <strong>Fachverband</strong> Steinzeug <br />
industrie e.V. ist Partner von GWP und arbeitet in der Plattform „<strong>Information</strong>“<br />
mit, deren erste Sitzung am 15. September 20<strong>08</strong> in Dortmund stattgefunden<br />
hat.<br />
Verbandsnachrichten<br />
FVST-Geschäftsführer ist ...<br />
Kurator des Kölner Abwasserforums<br />
Das Kuratorium des Abwasserforums<br />
steht dem Vorstand beratend zur<br />
Seite, vor allem, um den Bekanntheitsgrad<br />
der Umweltschule Villa<br />
Öki überregional zu steigern und<br />
somit als ein UNDekadeProjekt<br />
2007/20<strong>08</strong> für Nachhaltige Bildung<br />
weiter zu fördern.<br />
Der FVST und ...<br />
... German Water Partnership<br />
Die Stimmung auf den ersten Treffen<br />
generell war sehr positiv. Ob sich die<br />
hohen und recht unterschiedlichen<br />
Erwartungen auch erfüllen werden,<br />
wird die Zukunft zeigen.<br />
Kontakt<br />
German Water Partnership e.V.<br />
Reinhardtstraße 32<br />
10117 Berlin<br />
Tel.: +49 (0)30/30 01 991221<br />
Fax: +49 (0)30/30 01 993220<br />
Internet:<br />
www.germanwaterpartnership.de<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
9
10<br />
Regelwerknews<br />
Normung – Überprüfung|Überarbeitung|Neuerscheinung<br />
Von „standardmäßig“ bis „einzigartig“<br />
Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />
e.V. wirkt seit vielen<br />
Jahren aktiv in der Regelwerksarbeit<br />
mit, um gemeinsam mit<br />
den am Bau Beteiligten klare und<br />
nachvollziehbare Regelung zu erstellen,<br />
ohne dabei die individuelle<br />
Planung und Ausführung einzuschränken.<br />
Öffnungsklauseln für<br />
technische Fortschritte sollten im<br />
Regelwerk immer enthalten sein. Für<br />
den Bau von Abwasserkanälen und<br />
-leitungen in der offenen und geschlossenen<br />
Bauweise sind und werden<br />
in diesem Jahr neue grundlegende<br />
technischen Regeln bearbeitet<br />
und veröffentlicht.<br />
In Deutschland sind für die Regelwerkserstellung<br />
in der Abwassertechnik<br />
und insbesondere im Kanalbau<br />
verschiedene Organisationen tätig:<br />
die Normen werden ausschließlich<br />
vom DIN Deutsches Institut für Normung<br />
in Berlin erarbeitet. Das DIN<br />
vertritt die deutschen Interessen in<br />
der europäischen Normung durch<br />
das CEN European Committee for<br />
Standardization. Darüber hinaus ist<br />
die DWA als technisch-wissenschaftliche<br />
Vereinigung die Organisation<br />
in Deutschland, die bezogen auf die<br />
Abwassertechnik, mit Merk- und<br />
Arbeitsblättern ein umfassendes und<br />
anerkanntes technisches Regelwerk<br />
herausgibt.<br />
Die Regelungstiefe der Normen,<br />
Merk- und Arbeitsblätter ist unter-<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
schiedlich; sie reicht von Rahmenangaben bis zu konkreten Regelungen.<br />
Dort, wo Details geregelt sind, müssen diese auch eingehalten werden,<br />
oder das Abweichen ist im Einzelfall zu begründen. Grundsätzlich befreit die<br />
Anwendung von Normen und technischen Regeln den Anwender nicht von<br />
seiner Verantwortung.<br />
DWA-A 125 Rohrvortrieb und verwandte Verfahren<br />
Das grundlegende und in der Fachwelt einzigartige Regelwerk zum Rohrvortrieb<br />
ist im Dezember 20<strong>08</strong> erschienen. Mit dem Arbeitsblatt DWA-A 125<br />
steht ein besonderes nationales technisches Regelwerk als Ergänzung zur<br />
DIN EN 12889 zur Verfügung; Für die unterirdische Bauweise stellt es ein<br />
Grundlagenwerk dar. Für Steinzeug herauszuheben sind:<br />
Aktualisierung der Werkstoff- und Produktangaben, u.a. mit der Ergänzung<br />
der Steinzeug-Nennweiten um die verfügbaren DN 1200 und 1400<br />
und der Bezugnahme auf DIN EN 295 und DIN CERTCO ZP WN 295<br />
Identische Werkstoffangaben in DWA-A 161 und DWA-A 127 als Grundlagen<br />
für die statische Berechnung<br />
Abgrenzung von Rohrvortrieb zu verwandten Verfahren der unterirdischen<br />
Bauweise<br />
DWA-A 125 Rohrvortrieb Veröffentlicht im<br />
Dezember 20<strong>08</strong><br />
DWA-A 139 Einbau und Prüfung Gelbdruck veröffentlicht<br />
in 20<strong>08</strong>; der Weißdruck<br />
wird in 20<strong>09</strong> veröffentlicht<br />
DWA-A 161 Statische Berechnung<br />
von Vortriebsrohren<br />
DWA-A 127 Statische Berechnung<br />
von Abwasserkanälen<br />
und -leitungen<br />
In Überarbeitung;<br />
Gelbdruck in 2010<br />
In Überarbeitung<br />
DIN EN 1610 Herstellung und Prüfung Überprüfung durch CEN<br />
in 20<strong>09</strong> eingeleitet<br />
Steinzeug-Norm<br />
DIN EN 295 Steinzeugrohre<br />
Teile 1 bis 7<br />
In Überarbeitung; nächster<br />
Bearbeitungsschritt ist<br />
die CEN-Umfrage
Erweiterte Erfassung und Protokollierung von Vortriebsparametern durch<br />
die Messung der räumlichen Abwinkelung am Anfang des Rohrstrangs<br />
Verbesserte Planungsgrundlagen zur Bodenbeurteilung<br />
Verknüpfung zu DWA-A 161 Statische Berechnung<br />
Umfangreiche Darstellung zur Querung von Verkehrswegen<br />
Kapitel „Wirtschaftlichkeit“ mit Verweis auf die wirtschaftlichen Vorteile<br />
des Rohrvortriebs<br />
DWA-A 139 Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen<br />
und -kanälen<br />
Eine Überarbeitung dieses Arbeitsblattes wurde erforderlich, um notwendige<br />
Anpassungen vorzunehmen. Das Grundlagendokument DIN EN 1610<br />
stammt aus dem Jahr 1997, das derzeitige Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 139 aus<br />
dem Jahr 2000. Die Veröffentlichung des neuen DWA-A 139 ist in diesem<br />
Jahr noch zu erwarten. Änderungen und Ergänzungen wurden zu folgenden<br />
Themen vorgenommen:<br />
Anforderungen an Planung und Ausschreibung, u.a. mit Angaben zur<br />
Ausführungsplanung<br />
Baugrund und seine Bestimmung und Prüfung<br />
Kurzbaugruben<br />
Herstellung des Leitungsgrabens<br />
Verbau<br />
Selbstverdichtende Verfüllmaterialien<br />
Weitergehende Aussagen zur Dichtheitsprüfung<br />
Qualifikationen<br />
Arbeitsschutz<br />
Zusätzliche Anhänge wurden zu folgenden Themen erstellt:<br />
– Güteüberwachung und Anforderungen beim Einbau „selbstverdichtender“<br />
Verfüllmaterialien<br />
– Formblätter für die Dichtheitsprüfung<br />
– Abweichungen/Toleranzen<br />
Der Inhalt des DWA-A 139 berücksichtigt die in Deutschland bekannten und<br />
anerkannten zusätzlichen Regelungen und Randbedingungen für Planung,<br />
Bau und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen.<br />
Bezug nehmend auf das DWA-Arbeitsblatt A 127 Statische Berechnung von<br />
Abwasserkanälen und -leitungen wurden jetzt in DWA-A 139 weitergehende<br />
Aussagen getroffen zu:<br />
Überwachung von Bauteilen<br />
Leitungszone mit Rohrbettung und Rohrauflager<br />
Anschlüsse<br />
Prüfung des Bodens nach dem Einbau<br />
Prüfung der Bodenverdichtung<br />
Prüfung der Rohrverformung<br />
Ergänzend zu den Bestimmungen in DIN EN 1610 und ATV-DVWK-A 139<br />
kommen Herstelleranleitungen hinzu, die den Einsatz von Bauteilen herstellerspezifisch<br />
regeln.<br />
Der Vollständigkeit halber ist noch auf die Herstellung von Abwasserleitungen<br />
im Bereich der Grundstücksentwässerung zu verweisen. Dort gelten die<br />
Regelwerknews<br />
DIN EN 12056 und zusätzlich die in<br />
Deutschland in 20<strong>08</strong> veröffentlichte<br />
DIN 1986-100 Entwässerungsanlagen<br />
für Gebäude und Grundstücke.<br />
Für die Bauausführung von<br />
Leitungen außerhalb der Gebäude<br />
wird bei der Grundstücksentwässerung<br />
auf DIN EN 1610 verwiesen.<br />
Damit steht für die Herstellung von<br />
Abwasserleitungen und -kanälen<br />
unabhängig von deren Lage, im privaten<br />
oder öffentlichen Bereich, ein<br />
durchgehendes technisches Regelwerk<br />
zur Verfügung.<br />
DWA-A 161 und A 127<br />
Beide Arbeitsblätter werden seit<br />
geraumer Zeit überarbeitet; A 161<br />
bereits seit 2001. Wie das DWA-<br />
Arbeitsblatt A 125 stellen auch sie<br />
Grundlagenwerke dar und kommen<br />
ungeachtet ihrer Herkunft in vielen<br />
Ländern Europas zur Anwendung.<br />
Gemeinsamkeiten bei der Überarbeitung<br />
beider Arbeitsblätter bestehen<br />
hinsichtlich der Angaben zu<br />
den Werkstoffen, deren technischen<br />
Grundlagen sowie in der kompletten<br />
Neufassung der Straßenverkehrslasten<br />
auf der Grundlage des<br />
DIN-Fachberichts FB 101.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
11
12<br />
Regelwerknews<br />
DWA-A 161 Statische Berechnung<br />
von Vortriebsrohren<br />
Zum derzeitigen Arbeitsstand ist<br />
besonders auf folgende Punkte zu<br />
verweisen:<br />
Einbeziehung der in A 125 beschriebenen<br />
Einbauverfahren<br />
Änderungen bei der Ermittlung<br />
der Belastungen aus Erdlasten<br />
Grundlegende Änderung der Bestimmung<br />
der Vortriebskraft unter<br />
Einbeziehung der Eigenschaften des<br />
Druckübertragungsmittels, der<br />
Druckverteilung in der Druckübertragungsfläche,<br />
der Verwinkelung<br />
beim Vortrieb und der Einbeziehung<br />
des Vortriebsverfahrens<br />
DWA-A 127 Statische Berechnung<br />
von Abwasserleitungen<br />
und -kanälen<br />
Für die statische Berechnung von<br />
Abwasserkanälen und -leitungen<br />
gilt das ATV-DVWK-Arbeitsblatt A<br />
127 Statische Berechnung von Abwasserkanälen<br />
und -leitungen. Dieses<br />
Arbeitsblatt existiert bereits in<br />
der 3. Auflage mit Ausgabedatum<br />
2000. Seine Anwendung setzt voraus,<br />
dass:<br />
die Bauausführung entsprechend<br />
DIN EN 1610 durchgeführt<br />
wird<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Auflagerung und Einbettung entsprechend nach DIN EN 1610 und sowie<br />
den Vorgaben nach ATV-DVWK-A 139 erfolgen<br />
bei der Berechnung der Erdlast die Art des Verbaus zu berücksichtigen<br />
ist<br />
Belastung und Reaktion über die Rohrlänge gleichmäßig verteilt sind<br />
keine Längsbiegung oder Punktlast auf den Rohren oder deren Verbindungen<br />
entstehen<br />
Weitere Voraussetzungen sind, dass:<br />
die zu berechnenden Bauteile hinsichtlich ihrer Werkstoffkennwerte entsprechend<br />
denen des Arbeitsblattes DWA-A 127 angegeben sind<br />
die Rohrarten ebenfalls dem DWA-A 127 zuzuordnen sind.<br />
Derzeit steht mit ATV-DVWK-A 127 eine Berechnungsmethode zur statischen<br />
Berechnung von Rohren mit Vollwandquerschnitten zur Verfügung.<br />
Zur Berechnung von Bauteilen mit profilierter Rohrwandung werden ergänzende<br />
Hinweise gegeben. Ein Rechenverfahren zur Berechnung dieser Rohre<br />
ist bei der DWA in Vorbereitung.<br />
Der statische Nachweis der Rohrleitung ist Teil der Planungsaufgabe und<br />
muss vor dem Einbau erfolgen. Änderungen der Bauausführung müssen<br />
hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den statischen Nachweis der Rohrleitung<br />
überprüft werden, Neuberechnungen können daher erforderlich werden.<br />
Die statische Berechnung einschließlich der Belastungsangaben sind auf der<br />
Baustelle unverzichtbare Ausführungsunterlagen.<br />
DIN EN 1610<br />
Derzeit läuft die Abfrage zur Überarbeitung der aus dem Jahre 1997 stammenden<br />
Erstausgabe.<br />
DIN EN 295<br />
Die Überarbeitung der Teile 1 bis 7 wird in diesem Jahr soweit zu Ende gebracht,<br />
dass die CEN-Umfrage in 2010 starten kann.
Kanäle und Wasserversorgungsnetze als wichtige Komponenten konventioneller<br />
urbaner Wasserinfrastruktursysteme haben technische<br />
Nutzungsdauern von deutlich über 50 Jahren. Es zeichnen sich langfristige<br />
Veränderungen im Umfeld der Wasserinfrastruktursysteme ab, die in<br />
den kommenden Jahrzehnten erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb der<br />
Systeme haben können. Für Deutschland von besonderer Relevanz ist der<br />
demografische Wandel, der u.a. zu einem deutlichen Rückgang der Nutzerzahlen<br />
für die vorhandenen Infrastruktursysteme führen wird. Im Folgenden<br />
Forschung + Technik<br />
Infrastruktursysteme im Umbruch<br />
Auswirkungen des demografischen Wandels<br />
und weiterer Umfeldveränderungen<br />
auf die Wasserinfrastruktursysteme in Siedlungen<br />
1) Ab 2006 Ergebnisse der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung. –<br />
2)<br />
Variante Geburtenhäufigkeit Lebenserwartung jährlicher Wanderungssaldo<br />
1-W1<br />
1-W2<br />
Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland 1)<br />
„Mittlere“ Bevölkerung. Untergrenze (Variante 1-W1)<br />
und Obergrenze (Variante 1-W2) 2)<br />
konstant<br />
konstant<br />
Basisannahme<br />
Basisannahme<br />
100.000<br />
200.000<br />
Abb. 1: Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland nach Statistischem<br />
Bundesamt (2006)<br />
werden wichtige Auswirkungen des<br />
demografischen Wandels in<br />
Deutschland sowie dessen Auswirkungen<br />
auf die Wasserinfrastruktursysteme<br />
beschrie ben. Anschließend<br />
werden weitere Einflussparameter<br />
aufgezeigt, die zu Veränderungen<br />
wichtiger Rahmenbedingungen für<br />
Konzeption und Betrieb unserer<br />
Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungssysteme<br />
führen können.<br />
Demografischer Wandel in<br />
Deutschland<br />
Die demografische Entwicklung ergibt<br />
sich im Wesentlichen aus den<br />
demografischen Komponenten Geburtenhäufigkeit,<br />
Sterblichkeit und<br />
Wanderungen. Im Rahmen der 11.<br />
koordinierten Vorausberechnung<br />
des Statistischen Bundesamtes wurden<br />
Variantenberechnungen durchgeführt,<br />
die mit unterschiedlichen<br />
Annahmen zur künftigen Entwicklung<br />
dieser Komponenten rechnen<br />
(Statistisches Bundesamt, 2006).<br />
Abb. 1 zeigt diese Entwicklung.<br />
Danach ist für Deutschland mit einem<br />
deutlichen Rückgang der Bevölkerungszahl<br />
von heute 82 Mio.<br />
Einwohner um 10 % (Variante mit<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
13
14<br />
2<br />
Forschung + Technik<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Bremen<br />
Kiel<br />
Hamburg<br />
Hannover<br />
Schwerin<br />
Amsterdam Potsdam<br />
Liège<br />
Düsseldorf<br />
Wiesbaden<br />
Berlin<br />
Szczecin<br />
Künftige kleinräumige Bevölkerungsdynamik<br />
Magdeburg Veränderung der Bevölkerungszahl<br />
Erfurt<br />
Dresden<br />
Praha<br />
im Zeitraum 2005-2025 in %<br />
bis unter -10<br />
-10 bis unter -3<br />
Luxembourg Mainz -3 bis unter 3<br />
100 km<br />
Saarbrücken<br />
Strasbourg<br />
Zürich<br />
Stuttgart<br />
München<br />
Innsbruck<br />
© BBR Bonn 20<strong>08</strong><br />
3 bis unter 10<br />
10 und mehr<br />
Datenbasis: BBR-Bevölkerunsgprognose<br />
2005-2025/bbw<br />
Geometrische Grundlage: BKG,<br />
Verbandsgemeinden, 31.12.2005<br />
Abb. 2: Regionale Bevölkerungsentwicklung bis 2020 in Deutschland Quelle: BBR, Raumordnungsbericht 2005, S. 85<br />
fast konstanter Geburtenhäufigkeit<br />
und moderatem Anstieg der Lebenserwartung,<br />
Wanderungssaldo von<br />
200.000 Personen) oder um 17 %<br />
(Wanderungssaldo von 100.000<br />
Personen) auf 74 bzw. 69 Mio. im<br />
Jahr 2050 zu rechnen. Werden für<br />
alle drei Komponenten die höheren<br />
Annahmen eingesetzt, würde sich<br />
eine maximale Bevölkerungszahl<br />
von 79,5 Mio. Einwohnern, bei den<br />
niedrigeren Annahmen dagegen<br />
von 67 Mio. ergeben.<br />
Die Entwicklung der Bevölkerungszahl<br />
wird in einzelnen Regionen<br />
sehr unterschiedlich ausfallen. Bereits<br />
in den 90er Jahren zeigten sich<br />
große Unterschiede zwischen dem<br />
Osten und Westen Deutschlands:<br />
Während in Westdeutschland ein<br />
relativer Dekonzentrationsprozess<br />
stattfand – die ländlich-peripheren<br />
Räume erwiesen sich als besonders<br />
wachstumsstark – ergab sich in Ostdeutschland ein relativer Konzentrationsprozess,<br />
da hier die peripheren Regionen besonders von Schrumpfungsprozessen<br />
betroffen waren. Es ist davon auszugehen, dass die geringen Geburtenraten<br />
und die hohe Bevölkerungsmobilität zu einer starken Polarisierung<br />
der west- und ostdeutschen Entwicklung führen (Deilmann et al., 2005).<br />
Nach den Ergebnissen des Raumordnungsberichts wird Ostdeutschland generell<br />
von einem weiteren Bevölkerungsrückgang betroffen sein (vgl. Abb.<br />
2). Gleichzeitig finden in den Neuen wie auch in den Alten Bundesländern<br />
verstärkte räumliche Ausdifferenzierungsprozesse (d.h. Wachstums- und<br />
Schrumpfungsprozesse) innerhalb verdichteter Regionen in enger räumlicher<br />
Nachbarschaft statt.<br />
Im Osten führte die Entwicklung in der Vergangenheit dazu, dass die Zahl<br />
der Wohnungsleerstände in den Städten bereits deutlich angestiegen ist.<br />
Nach Deilmann et al. (2005) stieg der Anteil leerstehender Wohnungen in<br />
Städten über 100.000 Einwohner von 10,3 % in 1995 auf 18,6 % im Jahr<br />
2000. In Magdeburg bspw. stehen derzeit 31.000 von etwa 145.000 Wohnungen<br />
leer. Für den Stadtteil Neu Olvenstedt mit derzeit 12.740 Wohneinheiten<br />
wird bis 20<strong>09</strong> ein Abriss von 7.900 Wohneinheiten erwartet, dass entspricht<br />
einem Rückgang der Wohneinheiten um 62 % (Kempmann, 2005).<br />
Szenarien zur Wohnungsnachfrage für städtische Teilräume zeigen, dass<br />
die Entwicklungen in den Stadtgebieten nicht gleichförmig ablaufen werden,<br />
sondern in Abhängigkeit von den Siedlungsstrukturen ebenfalls sehr<br />
unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten sind: in Gebieten mit Ein- und
Zweifamilienhausbebauung werden<br />
Nachfragezuwächse erwartet, in anderen<br />
Bebauungsstrukturen dagegen<br />
Stagnation bzw. ein deutlicher<br />
Rückgang der Nachfrage nach Wohnungen<br />
(Deilmann et al., 2005). Mit<br />
ähnlichen Entwicklungen muss künftig<br />
auch in Teilen Westdeutschlands<br />
gerechnet werden.<br />
Bei der regionalen Betrachtung der<br />
Bevölkerungsentwicklung ist zu berücksichtigen,<br />
dass in bereits dünn<br />
besiedelten Räumen eine weitere Bevölkerungsabnahme<br />
zu erheblichen<br />
Problemen bei der Gewährleistung<br />
einer angemessenen Infrastruktur<br />
führen kann. Neben der Wasserinfrastruktur<br />
sind hier auch Bildung,<br />
medizinische Versorgung oder ÖP-<br />
NV zu nennen. Werden beim Infra-<br />
strukturangebot auch unter Berücksichtigung der sinkenden Finanzkraft<br />
der öffentlichen Hand Tragfähigkeitsgrenzen erreicht, kann eine negative<br />
Entwicklungsspirale mit einer sich selbst verstärkenden Abwanderungsbewegung<br />
einsetzen (BMVBW/BBR, 2005). Sinkende Einwohnerzahlen führen<br />
zu geringerem Steueraufkommen, zu einem Ausdünnen der Infrastruktur<br />
und damit zu einem weiteren Verlust an Attraktivität und einer Zunahme der<br />
Abwanderung. Bei Infrastruktursystemen mit einem hohen Fixkosten-Anteil<br />
wie den großen, zentralen Wasserinfrastruktursystemen bedeuten abnehmende<br />
Einwohnerzahlen im Allgemeinen auch höhere spezifische Kosten<br />
(Herz et al., 2005): eine Entwicklung, die ebenfalls zum Attraktivitätsverlust<br />
mit beiträgt.<br />
Teil des demografischen Wandels ist ferner die zunehmende Alterung der<br />
Bevölkerung. Betrug die durchschnittliche Lebenserwartung eines in 2005<br />
neugeborenen Jungen noch 76,2 und die eines Mädchens 81,1 Jahre, so<br />
steigt sie bis zum Jahr 2050 auf 83,5 bzw. 88,0 Jahre, d.h. um etwa 7 Jahre<br />
(vgl. Statistisches Bundesamt, 2006). Der Anteil der jungen Menschen (< 20<br />
Jahre) an der Gesamtbevölkerung wird von rund einem Fünftel (2001) auf<br />
ein Sechstel in 2050 sinken, während der Anteil der Alten (> 60 Jahre) im<br />
selben Zeitraum von etwa einem Viertel auf mehr als ein Drittel ansteigen<br />
wird.<br />
Ein zusätzlicher Aspekt ist der Rückgang der durchschnittlichen Haushaltsgröße.<br />
Nach BBR (2005) soll bis 2020 trotz leicht sinkender Bevölkerungszahl<br />
die Zahl der Haushalte um rund 3 % ansteigen. Der Anteil der kleinen Haushalte<br />
(mit zwei oder weniger Personen) wird danach auf über 75 % ansteigen,<br />
während die Zahl der Drei- und Mehrpersonenhaushalte zurückgeht.<br />
Vor allem wird von einer starken Abnahme der jungen Mehrpersonenhaushalte<br />
und einer Zunahme der alten Einpersonenhaushalte ausgegangen. Die<br />
Zunahme letzterer ist auf die steigende durchschnittliche Lebenserwartung<br />
bzw. die zunehmende Alterung zurückzuführen. Mit der nach 2020 zu er-<br />
Liter pro Einwohner und Tag<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
1975<br />
1980<br />
D-gesamt<br />
BRD/ABL<br />
NBL<br />
1985<br />
1990<br />
Forschung + Technik<br />
Abb. 3: Entwicklung des spezifischen Wasserverbrauchs privater Haushalte,<br />
unterschieden nach Alte und Neue Bundesländer Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
1995<br />
2000<br />
wartenden weiteren Abnahme der<br />
Bevölkerung wird sich dieser Effekt<br />
verstärken.<br />
Auswirkungen auf die<br />
Wasserinfrastruktur<br />
2005<br />
Der demografieabhängige Anteil<br />
des Wasserverbrauchs wird sich<br />
analog zu den regional unterschiedlichen<br />
Ausprägungen der sich verändernden<br />
Bevölkerungsstruktur<br />
entwickeln. Davon unabhängig ist<br />
der einwohnerspezifische Wasserverbrauch<br />
seit den 1990er Jahren<br />
stark zurückgegangen. Dabei betrug<br />
der Verbrauchsrückgang zwischen<br />
1991 und 2005 in den Neuen<br />
Bundesländern (NBL) 34 %, in den<br />
Alten Bundesländern (ABL) dagegen<br />
nur 9 % (s. Abb. 3). Dieser Rückgang<br />
ist einerseits durch den technischen<br />
Fortschritt bei wassersparenden<br />
Technologien, aber auch durch umwelt-<br />
und kostenbewussteren Umgang<br />
mit dem Wasser bedingt. In<br />
Gebieten mit schrumpfender Bevölkerung<br />
ergeben sich im Hinblick auf<br />
die leitungsgebundene Infrastruktur<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
15
16<br />
Forschung + Technik<br />
kumulierende Effekte aus dem Rückgang<br />
des einwohnerspezifischen<br />
Wasserverbrauchs und dem Bevölkerungsrückgang.<br />
Weitere Faktoren,<br />
wie z.B. der Wegfall von Industriebetrieben<br />
können die Situation zusätzlich<br />
verschärfen.<br />
Die seit den 90er Jahren in den NBL<br />
systematische Modernisierung des<br />
Wohnungsbestands hat den haushaltsspezifischen<br />
Wasserverbrauch<br />
dramatisch reduziert. Eine ähnliche<br />
Entwicklung ist künftig auch in<br />
den ABL zu erwarten, da ca. 80 %<br />
des Wohnungsbestandes vor 1980<br />
erbaut wurde und damit in den<br />
kommenden Jahren modernisiert<br />
werden muss – nicht zuletzt auch,<br />
um den sich ändernden demografischen<br />
Randbedingungen Rechnung<br />
zu tragen.<br />
Für die Wasserver- und Abwasserentsorgung<br />
kann der durch Kumulation<br />
der Faktoren entstehende<br />
hohe Verbrauchsrückgang zu teilweise<br />
erheblichen betrieblichen<br />
Problemen führen. Beispielsweise<br />
hat sich in Magdeburg der Wasserverbrauch<br />
seit 1990 von 32 Mio. m³<br />
auf noch 11 Mio. m³ und damit auf<br />
ein Drittel reduziert (Kempmann,<br />
20<strong>08</strong>). Die mittleren Aufenthaltszeiten<br />
des Trinkwassers haben sich<br />
in Teilen des Leitungsnetzes demzufolge<br />
von 5 auf 22 Tage erhöht.<br />
Als Folge der langen Verweilzeiten<br />
werden die folgenden betrieblichen<br />
Probleme für die Trinkwasserversorgung<br />
beschrieben:<br />
l erhöhte Ablagerungsbildung<br />
verbunden mit einem Zuwachsen<br />
der Leitungen<br />
l problematische Erwärmung des<br />
Trinkwassers (insbesondere in Sommermonaten)<br />
verbunden mit einem<br />
erhöhten Sauerstoffverbrauch<br />
l die sich daraus ergebende Gefahr<br />
der Bakterienentwicklung und<br />
einer übermäßigen Verkeimung des<br />
Trinkwassers.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Während kurzfristig betriebliche Gegenmaßnahmen (z.B. regelmäßig Spülungen)<br />
ergriffen werden können, muss langfristig ein Rückbau des Netzes<br />
hinsichtlich seiner Dimensionierung in Betracht gezogen werden (Kempmann,<br />
20<strong>08</strong>). Ein rückgängiger Wasserverbrauch verursacht längere Fließzeiten<br />
und Stagnationen in den Wasserverteilungsnetzen (Wricke/Korth,<br />
2007). Dies führt solange nicht zu einer signifikanten Zunahme an Keimen<br />
im freien Wasser, solange stabile Biofilmverhältnisse herrschen. Durch Spülungen<br />
oder Desinfektion wird aber der Biofilm geschädigt und es muss bei<br />
langen Fließzeiten mit erhöhter Verkeimung gerechnet werden. Verringerte<br />
Fließgeschwindigkeiten erhöhen zudem das Risiko von Rostwasserbildung.<br />
Abwasserseitig sind ebenfalls Mindestfließgeschwindigkeiten und maximale<br />
Aufenthaltszeiten wesentliche Faktoren für das Verhindern von Ablagerungen<br />
und das Vermeiden von anaeroben Verhältnissen und den damit verbundenen<br />
Gefahren. Die Unterauslastung von hydraulischen Systemen führt<br />
ab bestimmten Mengenschwellen zu Betriebsproblemen, die ein Eingreifen<br />
erforderlich machen. Nach Schiller/Siedentop (2005) sind bei Wasser und<br />
Abwasser ab 20 % chronischer Unterlast Eingriffe in die Betriebsführung<br />
und ab 50 % Unterauslastung bauliche Anpassungsmaßnahmen notwendig.<br />
Typische betriebstechnische Probleme unterlasteter Abwasserkanäle sind<br />
Stoffablagerungen mit der Gefahr von Verstopfungen und die Entwicklung<br />
anaerober Verhältnisse im Kanal (Winkler, 2006). Die durch aeroben Abbau<br />
von Eiweißen, Alkoholen und Fettsäuren entstehenden Sulfit-Ionen werden<br />
unter anaeroben Bedingungen zu Schwefelverbindungen reduziert. Ergebnis<br />
dieser biochemischen Prozesse sind Geruchsbildung und darüber hinaus<br />
biogene Schwefelsäurekorrosion mit dem Ergebnis vorzeitig maroder Betonbauwerke<br />
im Kanalnetz. In Gebieten ohne hinreichende Mindestauslastung<br />
werden Gegenmaßnahmen (z.B. häufigeres Spülen von Kanalabschnitten,<br />
Maßnahmen gegen Geruchsentwicklung oder auch ein erhöhter Aufwand<br />
zum Schutz der Kanäle und Schächte vor Korrosion) notwendig (vgl. Hoffmeister<br />
et al., 20<strong>08</strong>; Kempmann, 20<strong>08</strong>; Koziol et al., 2006; Eltges et al.,<br />
2006).<br />
Lange Aufenthaltszeiten des Abwassers im Kanal wirken sich auch auf die<br />
Leistungsfähigkeit der Kläranlage aus, da in unterlasteten Kanälen bereits ein<br />
hoher Vorabbau insbesondere leicht abbaubarer Kohlenstoffverbindungen<br />
stattfindet. Dieser Kohlenstoff fehlt in der Kläranlage für die Stoffwechselprozesse<br />
beim Nährstoffabbau und muss ggf. in Form externer Kohlenstoffquellen<br />
zugegeben werden, was mit Kosten verbunden ist.<br />
Ein zusätzlicher Aspekt des demografischen Wandels ist die damit verbundene<br />
Veränderung der Abwasserzusammensetzung. Eine alternde Bevölkerung<br />
verbraucht mehr Medikamente (Hof, 2001), wodurch sich auch der Gehalt<br />
an Pharmaka und deren Abbauprodukten im kommunalen Abwasser erhöht.<br />
Die Tendenz zur Entwicklung spezifischerer Medikamente wird weiter anhalten,<br />
mit der Folge, dass auch die Vielfalt der Stoffe in den menschlichen<br />
Ausscheidungen und damit im Abwasser zunehmen wird.<br />
Neben den technisch-betrieblichen Auswirkungen des demografischen<br />
Wandels sind die ökonomischen Auswirkungen zu berücksichtigen. Ein hoher<br />
Anteil der bei den bestehenden, großen, zentral ausgerichteten Abwasserentsorgungssystemen<br />
anfallenden Kosten sind Fixkosten, die unabhängig<br />
von der an das Kanalnetz bzw. an die Kläranlage angeschlossenen Einwohnerzahl<br />
anfallen. Bei zurückgehenden Einwohnerzahlen bedeutet dies, dass
die gleichbleibenden Fixkosten von einer kleiner werdenden Zahl an Nutzern<br />
getragen werden muss. In stark betroffenen Gebieten können Zusatzkosten<br />
anfallen aufgrund der oben bereits beschriebenen betrieblichen oder gar<br />
baulichen Maßnahmen zum Erhalt der Funktionsfähigkeit.<br />
Im Rahmen eines neuen, Ende 20<strong>08</strong> gestarteten Forschungsvorhabens am<br />
Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI 1) sollen im<br />
Auftrag des Umweltbundesamtes für den Bereich der Abwasserinfrastruktur<br />
systematisch die möglichen Auswirkungen des demografischen Wandels<br />
dargestellt und darauf aufbauend mögliche Lösungsansätze sowohl aus technischer,<br />
betrieblicher und konzeptioneller Sicht beschrieben und bewertet<br />
werden. Dabei sind die zusätzlich sich verändernden Randbedingungen von<br />
Wasserinfrastruktursystemen mit zu berücksichtigen. Als besonders wichtig<br />
werden dabei die Wechselwirkungen mit dem Bereich der Wasserversorgung<br />
gesehen, da durch eine weitere Verringerung des Trinkwasserverbrauchs<br />
die Probleme auf der Seite der Abwasserentsorgung ggf. weiter verschärft<br />
werden können.<br />
Sonstige Veränderungen im Umfeld der<br />
Wasserinfrastruktur<br />
Neben den Veränderungen, die sich durch den demografischen Wandel<br />
ergeben, sind für die Planung und den Betrieb von urbanen Wasserinfrastruktursystemen<br />
weitere Veränderungen in wichtigen Randbedingungen<br />
absehbar (vgl. Hillenbrand/Hiessl, 2006 und 2007). Besondere Relevanz<br />
besitzen:<br />
Klimawandel: Der in 2007 veröffentlichte 4. Sachstandsbericht des Intergovernmental<br />
Panel on Climate Change (IPCC, 2007) bestätigt und präzisiert<br />
die bis dahin bekannten Forschungsergebnisse zu den bereits festzustellenden<br />
sowie zu den zu erwartenden Klimaänderungen: die vorliegenden<br />
Beobachtungen zeigen eine Erwärmung der Erde, extreme Wetterereignisse<br />
sind häufiger geworden und für die nächsten 30 Jahre ist eine Zunahme der<br />
globalen Durchschnittstemperatur von 0,2 °C pro Dekade sehr wahrscheinlich,<br />
wenn die Treibhausgasemissionen nicht verringert werden. Verschiedenste<br />
Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft in<br />
Deutschland zeigen, dass mit zunehmenden Starkniederschlägen für die<br />
Siedlungsentwässerung, mit einer Verschärfung der Hochwassergefahr, mit<br />
einer Zunahme der Zahl und der Dauer von Trockenperioden und teilweise<br />
mit Einschränkungen bei der Wasserverfügbarkeit zu rechnen ist. Das Ausmaß<br />
der Veränderungen wird dabei zusätzlich regional bzw. lokal sehr stark<br />
variieren. Der sich abzeichnende Klimawandel wird somit erhebliche Herausforderungen<br />
an die Ausgestaltung unserer Wasserinfrastruktursysteme stellen.<br />
Gute Anpassungs- und unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten<br />
sind somit Anforderungen an zukunftsfähige Wasserinfrastruktursysteme.<br />
Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche: Eine weitere, für die Auslegung<br />
von Entwässerungssystemen wichtige Planungsgrundlage ist die zu<br />
entwässernde Fläche. Die Entwicklung dieser Größe ist stark abhängig von<br />
1) Projektpartner ist das Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement (IIRM)<br />
der Universität Leipzig sowie als Praxispartner die Emschergenossenschaft/Lippeverband<br />
und die Kommunalen Wasserwerke Leipzig.<br />
Forschung + Technik<br />
der Entwicklung der Siedlungs- und<br />
Verkehrsfläche. Dieser Flächenverbrauch<br />
liegt mit Werten von teilweise<br />
deutlich über 100 ha pro Tag<br />
noch sehr weit entfernt vom Umwelthandlungsziel<br />
der Bundesregierung,<br />
die im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie<br />
bis zum Jahr 2020<br />
eine Begrenzung auf 30 ha pro Tag<br />
erreichen möchte. Dabei lag der Flächenverbrauch<br />
in den NBL trotz des<br />
stattgefundenen Bevölkerungsrückgangs<br />
deutlich höher als in den ABL.<br />
Die Schwankungen in den letzten<br />
Jahren wurden vor allem durch die<br />
Lage der Baukonjunktur bestimmt,<br />
ein grundsätzlicher Rückgang des<br />
Flächenverbrauchs ist bislang nicht<br />
zu erkennen. Mit der Zunahme der<br />
Siedlungs- und Verkehrsfläche wird<br />
auch die zu entwässernde Fläche<br />
weiterhin deutlich zunehmen. Bei<br />
einer abnehmenden Bevölkerung<br />
bedeutet das aber eine Verringerung<br />
der Siedlungsdichte und damit eine<br />
Zunahme der einwohnerspezifischen<br />
Kosten für Entwässerung und<br />
Abwasserableitung, soweit dies über<br />
zentrale Systeme erfolgen muss. Die<br />
Zunahme der zu entwässernden Fläche<br />
kann zu Überlastungen bestehender<br />
Systeme führen: Nach einer<br />
Erhebung im Elbegebiet sehen 42 %<br />
der befragten Abwasserentsorger<br />
derzeit oder zukünftig Engpässe in<br />
der Kanalisation (Sartorius/Hillenbrand,<br />
20<strong>08</strong>).<br />
Weitergehende ökologische<br />
Anforderungen: Im Bereich der<br />
Siedlungswasserwirtschaft waren<br />
in der Vergangenheit gesetzliche<br />
Anforderungen ein sehr wichtiger<br />
Treiber für die Entwicklung und<br />
Umsetzung neuer Techniken. Hier<br />
spielten insbesondere umweltpolitische<br />
Anforderungen eine große<br />
Rolle (Sartorius/Hillenbrand, 20<strong>08</strong>;<br />
Clausen et al., 2003). Trotz der erheblichen<br />
Verbesserungen, die mit<br />
den Anstrengungen in den letzten<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
17
18<br />
Forschung + Technik<br />
Jahrzehnten erreicht wurden, verursachen<br />
die urbanen Wasserinfrastruktursysteme<br />
weiterhin ökologische<br />
Belastungen. Weitergehende<br />
Anforderungen werden deshalb<br />
bspw. hinsichtlich der Anforderungen<br />
an die Klärschlamm entsorgung,<br />
des effizienten Umgangs mit Energie,<br />
der Ressourcenrückgewinnung<br />
(Ressource Phosphor) oder auch<br />
hinsichtlich der Elimination von Mikroschadstoffen<br />
(z.B. Arzneimittelrückstände)<br />
diskutiert. Hinsichtlich<br />
des Betriebs von Kanalnetzen spielen<br />
vor allem die derzeit diskutierten<br />
Anforderungen an eine nachhaltige<br />
Regenwasserbewirtschaftung eine<br />
Rolle, die in Richtung einer stärkeren<br />
Abkopplung von versiegelten<br />
Flächen vom Kanalnetz und eine<br />
Trennung des Regenwassers vom<br />
Schmutzwasser zielen (Sieker et al.,<br />
2004). Unter dem Aspekt des Eintrags<br />
anthropogener Spurenstoffe<br />
in den Wasserkreislauf könnten<br />
zukünftig auch die Gefährdungen<br />
durch undichte Kanäle relevant<br />
sein, über die nach Schätzungen<br />
6 bis 10 % des nicht gereinigten Abwassers<br />
ins Grundwasser gelangen<br />
(DWA, 20<strong>08</strong>). Dies betrifft sowohl<br />
undichte öffentliche Abwasserkanäle<br />
als auch private Hausanschlüsse<br />
und Anschlussleitungen.<br />
Technischer Wandel: Im Bereich der<br />
Techniken zur Wassernutzung werden<br />
auch zukünftig neue Entwicklungen<br />
die Möglichkeiten für einen<br />
effizienteren Umgang mit Wasser<br />
verbessern. Ein weiterer Rückgang<br />
des spezifischen Wasserverbrauchs<br />
wird die durch die demografischen<br />
Veränderungen bedingten Probleme<br />
in konventionellen Wasserinfrastruktursystemen<br />
noch verstärken.<br />
Auch im Bereich von Industrie und<br />
Gewerbe ist mit einem weiteren<br />
deutlichen Rückgang des spezifischen<br />
Wasserverbrauchs zu rechnen<br />
(Hillenbrand/Böhm, 20<strong>08</strong>). Gleich-<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
zeitig bieten die bereits erfolgten wie auch in der näheren Zukunft<br />
zu erwartenden technologischen Entwicklungen sowie die ökonomisch<br />
relevanten Lern- und Skaleneffekte Chancen für die Neuausgestaltung<br />
von Wasserinfrastrukturkonzepten. Aufgrund der geringen<br />
Flexibilität, der weiterhin bestehenden ökologischen Probleme,<br />
der hohen Kosten für Sanierung und Instandhaltung der konventionellen<br />
Wasserinfrastruktursysteme in den Industrieländern und der<br />
fehlenden Exportierbarkeit dieser Sys temkonzepte in die – meist<br />
ariden – Entwicklungsländer wurden in den letzten Jahren verstärkt<br />
Forschungsanstrengungen zur Entwicklung alternativer Systeme<br />
unternommen. Im Rahmen von Pilotprojekten wurden bzw. werden<br />
in Deutschland bereits erste alternative Lösungen umgesetzt (z.B. in<br />
Knittlingen, Lübeck, Freiburg, Berlin, Lambertsmühle/Wupperverband,<br />
Berching, Hamburg; vgl. u. a. Hiessl et al., 2003; Kotz et al.,<br />
2004; Oldenburg et al., 20<strong>08</strong>; Peter-Fröhlich et al., 20<strong>08</strong>; Schonlau<br />
et al., 20<strong>08</strong>). Diese Sys teme zeichnen sich durch einen dezentralen<br />
bzw. semi-dezentralen Ansatz und eine verstärkte Wasserteilstrombehandlung<br />
einschließlich der Rückgewinnung von Nährstoffen<br />
aus. Solche neuen Systeme können auch im Zusammenhang mit<br />
den Auswirkungen des demografischen Wandels neue Lösungsansätze<br />
bieten (Londong, 20<strong>08</strong>).<br />
Schlussfolgerungen<br />
Die durch den demografischen Wandel verursachten Veränderungen<br />
der Bevölkerungszahlen werden sich sehr unterschiedlich auf<br />
Deutschland verteilen. Sich selbst verstärkende Abwanderungsprozesse<br />
können zu einem dramatischen Rückgang der Zahl der Nutzer<br />
von Infrastruktursystemen in einzelnen Regionen bzw. Städten/<br />
Stadtteilen führen. Die Aufrechterhaltung einer funktionierenden<br />
Wasserinfrastruktur unter diesen Randbedingungen bei tragfähigen<br />
Kosten wird die zugrunde liegenden Konzepte infrage stellen.<br />
Grundsätzlich bedeutet der mit dem demografischen Wandel einhergehende<br />
Rückgang der Bevölkerung eine geringere Einwohnerdichte<br />
sowohl für die Wasserversorgungs- als auch die Kanalnetze.<br />
Verstärkt wird die rückläufige Einwohnerdichte durch die weiterhin<br />
hohe Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland.<br />
Die einwohnerspezifischen Kosten werden aufgrund dieser Entwicklungen<br />
zukünftig ansteigen, zumal durch die Unterauslastung der<br />
Netze und des rückläufigen spezifischen Wasserverbrauchs zusätzliche<br />
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig<br />
werden können. Gleichzeitig ergeben sich aufgrund des Klimawandels<br />
und der dadurch erwarteten Zunahme von Starkniederschlägen<br />
zusätzliche Anforderungen für die Stadtentwässerung. Diese Veränderungen<br />
führen zu einem Handlungsbedarf im Bereich des Betriebs<br />
und der Anpassung unserer Kanalisationssysteme. Da die vom Bevölkerungsrückgang<br />
am stärksten betroffenen Regionen jedoch vor<br />
allem strukturschwache Gebiete sein werden, wird die Umsetzung<br />
und vor allem Finanzierung dieser Maßnahmen schwierig, vor allem<br />
vor dem Hintergrund des bereits jetzt schon bestehenden Investiti-
onsstaus hinsichtlich der notwendigen Kanal sanierungsmaßnahmen. Bei der<br />
Planung von Maßnahmen im Bereich der urbanen Wasserinfrastruktur wird<br />
es deshalb zukünftig umso wichtiger, einen umfassenden, ganzheitlichen<br />
Ansatz zu verfolgen, bei dem die sich verändernden Randbedingungen<br />
berücksichtigt und möglichst flexible Konzepte umgesetzt werden. Über<br />
den eigentlichen Bereich der Wasserinfrastruktur hinaus sind dazu auch<br />
stadtplanerische Ansätze zu verfolgen, um die anstehenden demografischen<br />
Veränderungen gezielt zu beeinflussen und bspw. zu einer stärkeren Innenentwicklung<br />
bzw. einem flächigen Rückbau möglichst von den Netzenden<br />
her zu kommen (vgl. Koziol et al., 2006).<br />
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Hillenbrand, T., Hiessl, H. (2007): Sich ändernde Planungsgrundlagen für Wasserinfrastruktursysteme.<br />
Teil 2: Technologischer Fortschritt und sonstige Veränderungen.<br />
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Erfahrungen aus einem EU-Demonstrationsprojekt.<br />
Korrespondenz Abwasser Abfall,<br />
Nr. 10, S. 1106–1112<br />
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2005<br />
Schonlau, H., Rakelmann, U., Li, Z., Giese, T.,<br />
Werner, T., Augustin, K., Günner, C. (20<strong>08</strong>):<br />
Pilotprojekt für ein ganzheitliches Entwässerungskonzept<br />
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Abfall, Nr. 10, S. 1<strong>09</strong>5–1<strong>09</strong>9<br />
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Sieker, H., Sommer, H., Wassmann, H. (2004):<br />
Anforderungen und Zielgrößen für eine zeitgemäße<br />
Regenwasserbewirtschaftung. GWF<br />
Wasser Abwasser 145 (12), S. 874–880<br />
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Entwicklungen auf die Wasserversorgung:<br />
energie | wasser-praxis 10/2007<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
19
20<br />
Forschung + Technik<br />
EDS-System<br />
Kanalerneuerung am Stadion der 60er/München<br />
Die Münchner Stadtentwässerung<br />
orientiert sich am Leitbild<br />
der nachhaltigen Entwicklung.<br />
Erklärtes Ziel ist die Sanierung<br />
undichter und schadhafter<br />
Kanalleitungen. Mit einer differenzierten<br />
Sanierungsstrategie erfüllt<br />
die Stadt die technischen, wirtschaftlichen<br />
und rechtlichen Mindestanforderungen<br />
an den Unterhalt<br />
des Kanalnetzes. Die Zustandserfassung<br />
erfolgt grundsätzlich auf<br />
Grundlage der Anforderungen der<br />
in Bayern gültigen Eigenüberwachungsverordnung<br />
sowie ergänzend<br />
durch bedarfsorientierte Untersuchungen,<br />
beispielsweise im Zuge<br />
eines Bauwerksmonitoring.<br />
Die optische Zustandserfassung wird<br />
bei begehbaren Kanalquerschnitten<br />
je nach Erfordernis durch bedarfsorientierte<br />
vertiefende Untersuchungen<br />
zur Standsicherheit ergänzt.<br />
Durch die Anwendung baustoff<br />
Abb. 2: Schadhafte Muffenverbindung<br />
vor der Sanierung<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Abb. 1: Das Grünwalder Stadion<br />
spezifischer Prognosemodelle aufgrund umfangreicher Untersuchungen ist<br />
eine Beschreibung des Alterungsprozesses der im Kanalnetz vorhandenen<br />
Baustoffe möglich; mit der Erstellung dieser Prognosemodelle sind die betriebswirtschaftlichen<br />
Teilziele zum Unterhalt des Kanalnetzes sichergestellt.<br />
Schäden im Netz infolge äußerer Einflüsse werden spätestens durch Wiederholungsbefahrungen<br />
festgestellt. Mit dieser Vorgehensweise ist eine zeitliche<br />
Optimierung eventuell erforderlicher Sanierungsmaßnahmen erreicht.<br />
Das Projekt<br />
In Amtshilfe saniert die Münchner Stadtentwässerung 410 m Kanal der<br />
privaten Leitungen des durch den Fußballverein 1860 München bekannt<br />
gewordenen Grünwalder Stadions (siehe Abb. 1). Die Ausschreibung fand<br />
im Januar 20<strong>08</strong> statt.<br />
Das Schadensbild in den rund um das Stadion verteilten 14 Kanalhaltungen<br />
bestand hauptsächlich aus undichten Muffenverbindungen der Nennweiten<br />
DN 200 und DN 250 (siehe Abb. 2). Das vorhandene unbeschadete Altrohr
ist allein tragfähig. Die Kanalhaltungen mit Längen von circa 4 bis 62 m<br />
liegen teilweise in öffentlichen Verkehrsflächen und zum Teil innerhalb des<br />
Sportgeländes. In einem Fall ist ein Leitungsbogen vorhanden. Die Tiefenlage<br />
der Rohrleitungen beträgt im Mittel 4 m unter Geländeoberkante, der<br />
Grundwasserspiegel liegt 11 m unterhalb der Rohrsohle. Die hydraulische<br />
Leistungsfähigkeit der Kanäle ist absolut ausreichend.<br />
Möglichkeiten der Sanierung<br />
Grundsätzlich bestanden für die Sanierung dieser schadhaften Muffenverbindungen<br />
drei Möglichkeiten:<br />
1. Möglichkeit: Abdichtung aller undichten Muffen mittels<br />
Zwei-Komponenten-Gelverpressung<br />
Bei diesem Verfahren werden ZweiKomponentenGele (Acryl oder PU<br />
Materialien) hinter die schadhaften Stellen gepresst (siehe Abb. 3). Eine<br />
optische Änderung des Schadensbildes wird bei Rissen oder anderen sichtbaren<br />
Schadstellen nicht erreicht. Die Dichtigkeit des auf diese Art verpressten<br />
Kanals ist vom Feuchtegrad der Rohrhinterfüllung abhängig. Aus diesem<br />
Grund ist auch nur eine begrenzte Haltbarkeit in trockenen Böden möglich.<br />
Selbst bei Grundwasserwechselzonen geht man von einer Haltbarkeit von<br />
maximal drei Jahren aus. Für Längsrisse ist das Verfahren nicht geeignet,<br />
da die Packerverpressung einen Innendruck an der Rohrwandung erzeugt,<br />
wodurch sich Rissbildungen vergrößern können.<br />
2. Möglichkeit: Abdichtung und statische Stabilisierung durch ein<br />
Inlinerverfahren<br />
Mittels Inlinertechnik sind haltungsweise Komplettauskleidungen möglich<br />
(siehe Abb. 4).<br />
Besonders bei vermehrten Schäden (Risse, Löcher, Undichtigkeiten) im Streckenverlauf<br />
werden die Verfahrensvorteile erkennbar. Das harzgetränkte<br />
Trägermaterial (GFK oder Polyesternadelfilz) wird nach dem Einbau durch<br />
Warmhärtesysteme oder UVLichthärtesysteme zu einem neuen Rohr ausgehärtet<br />
(siehe Abb. 5). Die Einbindung von Anschlüssen erfolgt mittels<br />
Robotertechnik.<br />
Die Qualität und Wirtschaftlichkeit dieser Standardsanierungsvariante hängt<br />
unmittelbar und entscheidend von der Qualifikation des ausführenden Personals<br />
ab.<br />
Optimierungen ergeben sich durch den Einsatz von vorgefertigten Materialien,<br />
wie beispielsweise beim Wickelrohrverfahren. Der Querschnittsverlust,<br />
der bei einer Inlinersanierung auftritt, kann durch die glatte InnenOberfläche<br />
kompensiert werden.<br />
3. Möglichkeit: Erneuerung der Muffen durch das EDS-Roboter-System<br />
(Erneuerung der Dichtung an Rohrverbindungen von Steinzeugrohren<br />
älterer Bauart)<br />
Das innovative EDSSystem kommt hauptsächlich bei Steinzeugrohren zum<br />
Einsatz, die nur wenig bis keine statischen Schäden aufweisen. Das Scha<br />
Forschung + Technik<br />
Abb. 3: Schemazeichnung zur<br />
Gelverpressung<br />
Abb. 4: Inliner, innen mit Anschluss<br />
Abb. 5: InlinerProbestück<br />
Quelle Abb. 4 und 5: UV-Linersystem BEROLINA,<br />
Geiger & Kunz<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
21
22<br />
Forschung + Technik<br />
Abb. 6: Poröse, alte Dichtung im<br />
Muffenbereich<br />
Abb. 7: Querschnitt durch eine mit<br />
dem EDSVerfahren erneuerte Muffe<br />
Abb. 8: Undichte Muffe vor der Erneuerung<br />
mit dem EDSVerfahren<br />
Abb. 9: Muffe nach dem EDSParallelschnitt<br />
Abb. 10: EDSMuffenerneuerung<br />
mit Elastomerharz, Endzustand Muffenbereich<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
densbild ist überwiegend durch die alterungs, beziehungsweise konstruktiv<br />
bedingte Undichtigkeit der ursprünglichen Rohrverbindungen aus Teerstricken<br />
oder DichtgummiProfilen geprägt.<br />
Durch den Einsatz einer speziellen ParallelSchnittTechnik in Verbindung<br />
mit dem Verpressen eines dauerhaft elastischen EpoxydharzMaterials (auf<br />
ElastomerBasis), werden bei Bedarf sämtliche Muffendichtungen einer Haltung<br />
erneuert.<br />
Das flexibilisierte Material sichert so die dauerhafte Beweglichkeit der Muffe.<br />
Dabei wird die vorhandene hochwertige Substanz des Steinzeugrohres<br />
erhalten, die hydraulische Leistungsfähigkeit wird verbessert, und der Rohrquerschnitt<br />
bleibt voll erhalten. Besondere Maßnahmen zur Schacht und<br />
Anschlusseinbindung, wie z.B. bei Inlinersanierungen, entfallen. Eine Sanierung<br />
zusätzlicher partieller Schäden, wie defekte Anschlüsse oder einzelne<br />
Risse, kann zeitgleich mit konventioneller Robotertechnik erfolgen.<br />
Im Hinblick auf die o.g. Vorteile überzeugt die EDSSanierung als wirtschaftliches<br />
Verfahren, im Hinblick auf das erzielte Ergebnis werden alle Anforderungen<br />
an ein Renovierungsverfahren erfüllt. Folgerichtig fiel die Entscheidung<br />
für den Einsatz der EDSSanierungstechnik.<br />
Die Vorgehensweise zur EDS-Sanierung<br />
Nach erfolgter Reinigung und partieller Sperrung eines Kanalteilstücks werden<br />
die bestehenden Dichtungen inklusive vorhandener Ablagerungen –<br />
soweit notwendig – aus dem Bereich des Muffenspalts entfernt (siehe Abb.<br />
6). Zusätzlich wird sowohl vom Spitzende als auch vom Muffenspiegel der<br />
beiden verbundenen Rohre die Steinzeuglasur vollständig, das Steinzeugkernmaterial<br />
so weit entfernt, bis ein definiert gleichmäßig breiter und tiefer<br />
Muffenspalt vorliegt (Breite ca. 12 bis 20 mm, Tiefe ca. 20 bis 30 mm) (siehe<br />
Abb. 7). Hierzu wird ein Fräsroboter mit einer entsprechenden Finger oder<br />
Scheibenfräse eingesetzt, der diese Vorbehandlung im Zuge einer dem Rohrdurchmesser<br />
angepassten Rotationsbewegung durchführt (siehe Abb. 9).<br />
Die so geöffnete Verbindungsfuge muss mittels Reinwasserdruckspülung<br />
gereinigt werden. Das freie Steinzeugkernmaterial an Spitzende und Muffenspiegel<br />
bildet die Haftfläche für den Einbau des neuen Abdichtmaterials<br />
der Rohrdichtung.<br />
Zur Herstellung der neuen Abdichtung der Rohrverbindung dient ein speziell<br />
modifiziertes, flexibilisiertes Epoxidharzmaterial aus der Familie der Elastomerharze<br />
(siehe Abb. 10). Nur durch diese speziellen Materialeigenschaften<br />
– in Verbindung mit der rechtwinklig zur Belastung verklebten Haftfläche –<br />
kann die dauerhafte Beweglichkeit über große Kanalstrecken sichergestellt<br />
werden.<br />
Die Projektabwicklung<br />
Konkret waren die undichten Rohrmuffen der Steinzeugrohrleitungen DN<br />
200–250 rund um das Stadion und innerhalb der Sportanlage zu sanieren.<br />
Anschließend sollte jede Einzelmuffe einer Dichtheitsprüfung unterzogen<br />
werden.
Die Baumaßnahme wurde durch die Münchner Stadtentwässerung beschränkt<br />
ausgeschrieben. Nach Wertung der eingereichten Angebote hinsichtlich<br />
der für die Vergabeentscheidung nach den Vergabebedingungen<br />
maßgebenden Kriterien war das wirtschaftlichste Angebot der Sondervorschlag<br />
„Sanierung der Muffen mit dem EDSVerfahren“ der Firma Geiger &<br />
Kunz, München/Krailling.<br />
Nach der Auftragserteilung im Februar 20<strong>08</strong> an die ausführende Firma Geiger<br />
& Kunz begannen die Arbeiten im April 20<strong>08</strong>.<br />
In Kombination mit Kanalreinigungsarbeiten wurden 19 Einsatz tage für die<br />
Sanierung von 360 Muffen erforderlich. Zu erwähnen ist, dass viele Muffen<br />
einen starken Versatz aufwiesen (siehe Abb. 11), der vorab durch Fräsung<br />
mittels Diamantfräser angeglichen (siehe Abb. 12) wurde. Die Versätze konnten<br />
durch Anpassung der Spaltbreite ausgeglichen werden (siehe Abb. 13).<br />
Zwei Abzweige wurden zusätzlich mit Epoxydharz dauerhaft verschlossen<br />
(siehe Abb. 14 und 15).<br />
Die Arbeiten schritten unter Erfüllung der Güte und Prüfbestimmungen des<br />
Güteschutz Kanalbau kontinuierlich und zügig voran, Probleme entstanden<br />
nicht. Die Vertreter des Bauherrn waren regelmäßig anwesend und prüften<br />
die Arbeiten. Auch Gasmessungen wurden protokolliert.<br />
Das Ergebnis<br />
Alle 360 Muffen wurden nach Abschluss der Arbeiten einer Druckprüfung<br />
durch ein Fremdunternehmen unterzogen, lediglich eine Muffe wurde beanstandet<br />
(im Bestand vorhandener Haarriss) und entsprechend nachgearbeitet.<br />
Die abschließende TVInspektion nach zwei Wochen zeigte, dass Überschussharz<br />
noch an mehreren Muffen abgeschliffen werden musste. Hier sind noch<br />
Optimierungen des neuen Verfahrens möglich.<br />
Das EDSVerfahren wurde damit in München nach dem Projekt Abensbergstraße<br />
bereits zum zweiten Mal erfolgreich angewendet. Aktuell konnte es<br />
sich bei einer weiteren Ausschreibung der Münchner Stadtentwässerung<br />
durchsetzen. Hierbei ist es das primär angewandte Sanierungsverfahren,<br />
das sich dort auch wirtschaftlich gegenüber den oben beschriebenen Alternativen<br />
durchsetzt.<br />
Kontakt<br />
Thomas Palaske<br />
Kanaltechnik Geiger & Kunz<br />
GmbH & Co. KG<br />
82152 München/Krailling<br />
www.geigerkunz.de<br />
Mathias Wünsch<br />
Münchner Stadtentwässerung<br />
81671 München<br />
www.muenchen.de/mse<br />
Forschung + Technik<br />
Abb. 11: Starker Muffenversatz<br />
Abb. 12: Egalisieren von Versätzen<br />
mit Diamantfräser<br />
Abb. 13: Erfolgreiche EDSMuffenerneuerung<br />
mit Spaltbreitenausgleich<br />
Abb. 14: Anschluss verschließen<br />
(vorher)<br />
Abb. 15: Anschluss dauerhaft verschließen<br />
(Endzustand)<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
23
24<br />
Forschung + Technik<br />
Grundstücksentwässerung<br />
Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von<br />
Hausanschlüssen<br />
Die fachlichen Diskussionen<br />
zum Thema Grundstücksentwässerung<br />
zeigen, welche<br />
Vielfalt hier gegeben ist und wie<br />
neue technische Herausforderungen<br />
entstehen, wenn im Bestand gearbeitet<br />
wird. Die Komponenten<br />
dieses Teils der gesamten Kanalisation<br />
bestehen aus:<br />
Anschluss an die Grundstücksentwässerung<br />
Anschlussleitung<br />
Einbindung in die Trasse des öffentlichen<br />
Kanals<br />
Anschluss an den öffentlichen<br />
Kanal<br />
Die Anschlüsse sind Teil der öffentlichen<br />
Kanalisation und fallen damit<br />
unter die gleichen technischen und<br />
wirtschaftlichen Randbedingungen<br />
(Abb. 1). Das Medium Abwasser<br />
„kennt“ die Grundstücksgrenze<br />
nicht, und somit sind die grundsätzlichen<br />
Anforderungen auch identisch.<br />
Es gibt kein Netz erster oder<br />
zweiter Klasse, keine Kanalisation<br />
kommt ohne Vorgaben und Zielvorgaben<br />
aus.<br />
Wesentliche Unterschiede bestehen<br />
hinsichtlich Neubau, der nachträglichen<br />
Herstellung und Sanierung bestehender<br />
Anschlüsse und Leitungen<br />
und insbesondere bei den Arbeiten<br />
auf dem Grundstück selbst. Die<br />
Schwankungsbreite ist dabei enorm<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
1 Distanzringe<br />
2 Straßenentwässerung DN 200<br />
Abb. 1: Teile der Gebäudeentwässerung im öffentlichen Bereich.<br />
und reicht von historischen Anlagen und solchen der Ist-Zeit, also zwischen<br />
Anlagen, deren Verlauf unbekannt ist und solchen, die dokumentiert sind.<br />
Letztendlich existieren Anlagen, die für Inspektionen und Sanierungen völlig<br />
unzugänglich geplant, gebaut und umgebaut wurden. Die alleinige Darstellung<br />
solcher Situationen bringt leider nicht die Lösung.<br />
Thesen zur Entscheidungsfindung<br />
3 Gebäudeentwässerung DN 150<br />
4 Kontrollschacht DN 1000<br />
5 Entwässerungsleitung DN 500<br />
(Quelle: <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH)<br />
Alleinige Materialdiskussionen bringen keinen Fortschritt bei den technischen<br />
Lösungen<br />
Das Zusammenwirken der benötigten Komponenten ergibt die Lösung<br />
Die Entscheidung fällt am schwierigsten Teil der Lösung<br />
Materialwechsel ohne Systembetrachtungen sind zu einfach<br />
Entscheidungen sind belegbar zu begründen
Matrix zur Vorgehensweise bei der Bewertung; geteilt nach Komponenten, Planung, Bau und Unterhaltung<br />
Komponente Kriterien Maßnahmen<br />
Anschlussleitung Bau Abmessungen der<br />
Baugrubenabmessungen nach möglicher<br />
und notwendiger Länge und Breite;<br />
Beschaffenheit der Baugrubensohle;<br />
Arbeitssicherheit; Statische und dynamische<br />
Beanspruchungen; Aufwand der<br />
Bauüberwachung<br />
Material Mechanische Eigenschaften; Chemische<br />
Wider standsfähigkeit; Temperatur;<br />
Dauer stands festigkeit unter<br />
Abwassereinfluss und äußeren<br />
Belastungen aus Erd- und Verkehrs lasten<br />
Planung Abwasserbeschaffenheit jetzt und<br />
zukünftig<br />
Bauteil Rohrwand glatt oder profiliert; gesteckte<br />
oder geschweißte Verbindung;<br />
Standard-Baulängen; Kürzen der<br />
Bauteile; Anpassen an vorhandene<br />
Bauteile;<br />
Herstellen der Rohrverbindung im<br />
Regelfall und bei notwendigen<br />
Anpassungsarbeiten, wie Kürzen,<br />
Übergänge schaffen;<br />
Steckverbindungen sind beweglich für<br />
äußere Belastungen;<br />
Leitungen/Schweißverbindungen sind<br />
nur an den Endpunkten beweglich;<br />
Qualitätssicherung bei der Ausführung<br />
der Verbindung (Überprüfbarkeit,<br />
Wetter unab hängigkeit und Schnelligkeit<br />
der Verfügbarkeit im Einzelfall)<br />
Forschung + Technik<br />
Regelausführung erarbeiten;<br />
Herstelleranleitungen beachten;<br />
Sohlgefälle und Leitungsgefälle;<br />
Ausführung mit unterer und oberer<br />
Bettungszone (Auflager winkel)<br />
unter Beachtung<br />
DIN EN 1610<br />
Zusammenstellen von In forma-<br />
tionen aus Normen; Nachweis der<br />
Schwellfestigkeit bei viel befahrenen<br />
Straßen<br />
Regelausführung je nach Nut zung des<br />
Grundstücks; Lösung „auf Nummer<br />
sicher“ oder Ein schränkung der Nutzung<br />
des Grundstücks<br />
Zusammenwirken Bauteil-Boden beim<br />
Rohr-Boden-System;<br />
Vermeiden von bauseitigen Lösungen;<br />
Keine Schlampereien den nächsten hinterlassen<br />
– Zudecken ist keine Lösung;<br />
Konstruktionszeichnungen anfertigen;<br />
Ausführungspläne;<br />
Alle Baumaßnahmen erfolgen<br />
unter der Beachtung DIN EN 1610<br />
und weiterer Regeln wie<br />
A 139<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
25
26<br />
Forschung + Technik<br />
Komponente Kriterien Maßnahmen<br />
Einbindung in die<br />
Trasse des öffentlichen<br />
Kanals<br />
Anschluss an den<br />
öffent lichen Kanal<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Herstellung Vorhandener Arbeitsraum für<br />
Kurzbaulängen und Umlenkungen, örtliche<br />
Anpassungen sind unumgänglich;<br />
Setzungsunterschiede zwischen dem<br />
Graben des Hauptkanals und der<br />
Anschlussleitung sind immer gegeben.<br />
Material Eigenschaften und Zustand des vorhandenen<br />
Hauptrohres<br />
Bauteil glatt oder profiliert; örtlich anpassbar;<br />
durchgängige Lösung ja/nein;<br />
Bau Selbsttragend oder nicht;<br />
Bodenverdichtung zur Stabilisierung der<br />
Bauteile<br />
Material Eigenschaften Anschlusselement und<br />
Haupt rohr; Verträglichkeit; erforderlicher<br />
Material mix im Anschlusspunkt<br />
Bauteil Wirkungsweise des Anschlusselementes<br />
Herstellung Verwendungssicherheit<br />
Betrieb Verhalten bei nachträglichen Arbeiten an<br />
der Oberfläche, nahe der Trasse oder bei<br />
der Reinigung<br />
Der Anspruch oder die Erwartung lauten:<br />
„Einmal für immer“<br />
Unterhaltung Inspektion, Zugänglichkeit<br />
Reparatur Reparaturfähigkeit;<br />
anwendbare Verfahren der offenen und<br />
geschlossenen Bauweise;<br />
Einfachheit der Sanierung<br />
Verfügbarkeit Lieferfähigkeit; Ersatzteilbeschaffenheit ><br />
25 Jahre<br />
Ausführungszeichnungen erstellen<br />
Übergang glatt/gewellt/gerippt/profiliert<br />
Konstruktionsvorgaben aus Statik/<br />
Herstellangaben<br />
Durchgängigkeit der Lösung;<br />
Vorgabe von Details
Abzweig einbauen<br />
Standard-Abzweig mit<br />
Stutzen, 45 o. 90 Grad;<br />
Passstück schneiden<br />
Manschettenverbindung<br />
muffenloser Abzweig mit<br />
Stutzen, 45 o. 90 Grad;<br />
Manschettenverbindung<br />
offene Bauweise<br />
Anbohren unter 90 Grad<br />
Anschlussformstück<br />
und Bohrring<br />
Verpressen<br />
Verpressen und Verschrauben<br />
Anschlussformstück<br />
Verschrauben und Verpressen<br />
Verkleben<br />
Rohrsattel<br />
Sattelstück<br />
Verkleben<br />
Verpressen<br />
Nachträgliche Anschlüsse an bestehende Kanäle, Anschlussart und Verbindungstechnik<br />
Forschung + Technik<br />
Anbohren<br />
unter 45 Grad<br />
Sattelstück<br />
Verkleben<br />
Verspannen<br />
Rohrsattel<br />
Verkleben<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
27
28<br />
Forschung + Technik<br />
Thesen zur Bauausführung im Kanalbau<br />
Die Bauausführung muss der Planung folgen und ihr entsprechen.<br />
Abweichungen von den Vorgaben der Planung führen zu negativen Einflüssen<br />
auf den Kanalbetrieb und die Nutzungsdauer der Kanalisation. Sie<br />
verursachen früher einsetzende Wartungsarbeiten mit erhöhten Betriebsaufwendungen.<br />
Die sach- und fachgerechte Handhabung der Bauteile und ihr für den<br />
Zweck bestimmungsgemäßer Einsatz sind Grundlage der Planung.<br />
Abweichungen von der Planung während der Bauausführung müssen<br />
mit dem Planer oder dem Bauherrn vorab abgesprochen werden.<br />
Die Kontrolle der Bauausführung und die Prüfungen an Bauteilen und<br />
Baustoffen sind kein notwendiges Übel, sondern Bestandteil der Bauleistung.<br />
Sie sind ohne Wenn und Aber umzusetzen.<br />
Die gütegesicherte Bauausführung ist unverzichtbar.<br />
Für die Herstellung von Anschlüssen gelten die gleichen Grundlagen wie für<br />
den gesamten Kanalbau.<br />
Planen und Bauen<br />
1. Technische Regeln zur Bauausführung<br />
DIN EN 1610 und DWA-Arbeitsblatt A 139<br />
2. Leitungszone<br />
Die Sicherheit der Rohrleitung wird wesentlich durch die Bauausführung in<br />
der Leitungszone beeinflusst. Das Zusammenwirken von Bauteil und Baustoff<br />
muss aufeinander abgestimmt werden; es ist untrennbar.<br />
Fazit:<br />
Eindeutige Festlegung der Baustoffe für die Leitungszone<br />
Der Hinweis „Nach DIN EN 1610/ATV-DVWK-A 139“ schafft keine eindeutige<br />
Regelung.<br />
Die Leitungszone beeinflusst maßgeblich Funktion und Nutzungsdauer<br />
der Rohrleitung.<br />
Der Bettungstyp 1 stellt die klassische Form des Rohreinbaus dar, bei dem<br />
Rohre auf einen zuvor eingebrachten Austauschboden gelegt werden und<br />
durch zusätzliche seitliche Anschüttung zur Unterstützung des Rohres in seiner<br />
Tragfähigkeit ein Auflagerwinkel hergestellt wird. Über die Stärke dieser<br />
oberen Bettungsschicht entwickelt sich der aus der statischen Berechnung<br />
notwendige Auflagerwinkel. Durch die Kontrolle der Stärke dieser Schicht<br />
lässt sich der Auflagerwinkel feststellen.<br />
Fazit:<br />
Festlegung des Auflagerwinkels in der Planung<br />
Festlegung des Bettungstyps<br />
Festlegung des Auflagerwinkels unter Berücksichtigung der Bauausführung<br />
Festlegung des Materials für die Bettung<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Festlegung der Maße für Bettung<br />
und Abdeckung<br />
3. Weitere Konstruktionen in<br />
der Leitungszone<br />
Zusätzlich werden in der DIN EN<br />
1610 und dem ergänzenden DWA-<br />
Arbeitsblatt A 139 Ausführungen für<br />
Unterbaukonstruktionen dargestellt,<br />
die vom so genannten üblichen Einbau<br />
abweichen.<br />
Fazit:<br />
Sonderkonstruktionen sind in<br />
der Planung festzulegen<br />
4. Grabenverfüllung<br />
Das DWA-Arbeitsblatt A 139 enthält<br />
Richtwerte zum Verdichtungsgrad<br />
der Grabenverfüllung. Die Planung<br />
muss, soweit erforderlich, hierfür<br />
Werte angeben.<br />
5. Herstelleranleitungen<br />
Für den Einbau der Bauteile, und<br />
hier insbesondere der Rohre, sind<br />
in DIN EN 1610 zusätzlich wichtige<br />
Verweise auf Herstelleranleitungen<br />
gegeben. Diese sollen es dem Verarbeiter<br />
ermöglichen, die Bauteile<br />
so zu handhaben, dass der bestimmungsgemäße<br />
Verwendungszweck<br />
nicht gefährdet ist. Dies umfasst die<br />
Punkte:<br />
Lieferung<br />
Be- und Entladen<br />
Zwischentransport auf der Baustelle<br />
Lagerung<br />
Ablassen in den Rohrgraben<br />
Einbauen<br />
Anschluss an Bauwerke und Herstellung<br />
nachträglicher Anschlüsse<br />
Einbetten mit Angabe der Baustoffe<br />
und deren Verdichtung<br />
Überschütten mit Angabe der<br />
Baustoffe, der Mindestüberdeckung<br />
und der Verdichtung<br />
Lagestabilisierung
Herstellung der Rohrverbindung und der Angaben zur Wirkungsweise<br />
der Verbindung<br />
Bearbeiten von Bauteilen<br />
Fazit:<br />
Die Herstelleranleitungen sind in der Planung zu prüfen<br />
Verweise auf Herstelleranleitungen müssen konkret sein<br />
6. Anschlüsse<br />
Die Kernaussage ist, dass der Planer die Entscheidung über die Art und die<br />
konstruktive Ausbildung der Anschlüsse treffen muss.<br />
Vorgaben zur Bauausführung bei den Anschlüssen sind:<br />
Überprüfung der Tragfähigkeit der zusammengeführten Leitungen<br />
Kein Hineinragen des Anschlussrohres über die innere Oberfläche an<br />
Rohr und Schacht<br />
Herstellung der Anschlüsse nur mit Formstücken und Dichtmitteln, die<br />
genormt sind oder für die eine allgemeine bauliche Zulassung, ein allgemeines<br />
bauliches Prüfzeugnis vorliegt. Für die Zustimmung im Einzelfall sind das<br />
Deutsche Institut für Bautechnik oder die Obersten Behörden der Länder<br />
zuständig.<br />
Fazit:<br />
Der Planer legt den Anschluss fest<br />
Der Planer muss die Bauteile hinsichtlich Funktion, Einbau und Einbauvoraussetzungen<br />
prüfen<br />
7. Prüfungen<br />
Mit der Bearbeitung der DIN EN 1610 wurden neue Regelungen zu Prüfungen<br />
des Bauwerkes Abwasserkanal festgelegt. Unterschieden werden dabei<br />
verpflichtende und optionale Prüfungen. Dem Planer werden hierbei erweiterte<br />
Möglichkeiten zur Abnahmeprüfung zur Verfügung gestellt.<br />
7.1. Dichtheitsprüfung<br />
Die Dichtheitsprüfung erfolgt grundsätzlich nach Abschluss der Erdarbeiten,<br />
also nach dem Verfüllen des Grabens und dem Rückbau des Verbaus.<br />
7.2. Verdichtungsprüfung<br />
Die Bodenverdichtung muss mit den Angaben der statischen Berechnung<br />
übereinstimmen. Die Kontrolle erfordert Verdichtungsnachweise für die Leitungszone<br />
und die Hauptverfüllung. Bei Rohren, deren Tragfähigkeit wesentlich<br />
durch den Boden bestimmt wird, sind solche Prüfungen unverzichtbar.<br />
Die Prüfungen selbst können im Leistungsverzeichnis enthalten sein und sind<br />
dann als Positionen einzuarbeiten.<br />
Fazit:<br />
Die Prüfungen sind Bestandteil der Bauausführung<br />
Die Bodenwerte müssen der Rohrstatik entsprechen<br />
Forschung + Technik<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
29
30<br />
Forschung + Technik<br />
Ausgrabungen in Weimar<br />
Der Brennofen des Großherzogs Carl August<br />
Steinzeugrohrleitungen wurden<br />
im 19. Jahrhundert in den verschiedensten<br />
Örtlichkeiten in<br />
ganz Deutschland auch für die Wasserversorgung<br />
eingesetzt. Sehr bekannt<br />
sind z.B. die archäologischen<br />
Funde von Steinzeugrohren in Weimar,<br />
die einst für die Zuleitung der<br />
„Wasserspiele“ des Großherzogs<br />
Carl August in Belvedere eingebaut<br />
wurden (ROSCHER, <strong>STEINZEUG</strong> <strong>Information</strong><br />
2006).<br />
Im Stadtgebiet von Weimar wurden<br />
zwischenzeitlich weitere Steinzeugrohrleitungen<br />
gefunden, etwa bei<br />
den Aushubarbeiten für die Tiefgarage<br />
des Dorint Hotels. Sie stammen<br />
aus unterschiedlichen Produktionsstätten<br />
wie aus Jena-Zwätzen und<br />
aus dem hessischen Großalmerode.<br />
Im vergangenen Jahr wurde bei einer<br />
weiteren Grabung in Jena-Zwätzen<br />
tatsächlich der „zu den Steinzeugrohren<br />
gehörende Brennofen“ gefunden.<br />
Über die zur Grabungszeit<br />
zugänglichen Teile des ehemaligen<br />
Schlosses und späteren Gutshofes<br />
war es möglich, diesen Brennofen<br />
zu besichtigen – und zeitlich einzuordnen:<br />
In dem Kellergewölbe, das<br />
den Brennofen beherbergt, ist im<br />
Gewölbebogen die eingemeißelte<br />
Jahreszahl 1552 zu erkennen.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Kellergewölbe mit der (schwach erkennbaren) Jahreszahl 1562<br />
Die einzige Fabrik, welche in Zwätzen beheimatet war, befand sich südlich<br />
des Komturhauses auf dem Gelände des Deutschen Ordens. Hier produzierte<br />
man seit etwa 1783 aus Zwätzener Bänderton Dränageröhren und<br />
später Tonrohre. Diese wurden beispielsweise in der Stadt Jena benutzt, um<br />
darin das Wasser aus den Mühltalquellen in die Innenstadt fließen zu lassen.<br />
1820 waren auch Goethe und der Chemiker Doebereiner Gäste in der<br />
hiesigen Produktionsstätte, um Brennversuche an verschiedenen Gesteinen<br />
und Mineralien durchzuführen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Tonflaschen<br />
und Ofenkacheln produziert worden sind. 1833 hat diese Fabrik<br />
ihre Pforten geschlossen.<br />
Aus: Zwätzen Handwerk und Gewerbe gestern und heute 1. Teil<br />
Hrsg.: Verein „Kulturlandschaft Zwätzen e.V.“, 2005
Brennofen<br />
(noch vollständig frei gelegt)<br />
Auf dem gleichen Gelände befand sich noch eine Brauerei, die natürlich auch<br />
Gefäße benötigte. So befindet sich im Besitz des Heimatvereins auch eine<br />
Steinzeugflasche mit dem deutschen Ordenszeichen – also ein nützlicher<br />
Hinweis darauf, dass man Steinzeugrohre nicht nur für den Transport „klaren<br />
Wassers“ benötigte, sondern dass auch die Brauerei Steinzeugerzeugnisse<br />
verwendete.<br />
Zwätzen gehört heute zu Jena und war am Anfang des 19. Jahrhunderts<br />
ein Dorf, ein Rentamt und Kammergut des Großherzogs von Weimar. Die<br />
Ortslage befindet sich am Abhang der westlichen Bergkette des Saaletals am<br />
linken Ufer der Saale. Hierzu gehörte auch die Commenthurei des deutschen<br />
Ordens, von der ebenfalls Gebäude erhalten sind.<br />
Die Untersuchungen und Recherchen gehen weiter, in der Hoffnung, weitere<br />
Details der Jenaer Anlage zu finden und der Öffentlichkeit zugänglich<br />
zu machen.<br />
Kontakt<br />
Forschung + Technik<br />
Steinzeugrohr<br />
aus Großalmerode<br />
(Hessen), gefunden<br />
beim Bau der Tiefgarage<br />
des Dorint<br />
Hotels Weimar mit<br />
dem Signum CA<br />
1818 (Carl August)<br />
Prof. Dr.-Ing. Harald Roscher<br />
FH Erfurt<br />
E-Mail: roscher.h@t-online.de<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
31
32<br />
Baustellenbericht – Spezial<br />
Großrohr-Premiere<br />
Vortriebsbegleitende Überwachung der Pressenkräfte<br />
beim ersten Steinzeug-Rohrvortrieb DN 1400<br />
Die neueste Entwicklung im<br />
Bereich der Vortriebsrohre<br />
aus Steinzeug ist das Großrohr<br />
DN 1400. Wie alle Steinzeug-<br />
Vortriebsrohre ab dem Durchmesser<br />
DN 600 ist auch das neu entwickelte<br />
Rohr mit einer edelstahlverstärkten<br />
Druckübertragung (EDÜ) im Muffenbereich<br />
ausgestattet.<br />
Der erste Vortrieb mit dem Vortriebsrohr<br />
DN 1400 wurde im April<br />
Abb. 1: Startgrube mit Vortriebsmaschine<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
20<strong>08</strong> im tschechischen Karviná durchgeführt. Zur Sicherung der Qualität<br />
und zur lückenlosen Dokumentation der Vortriebsparameter wurde bei diesem<br />
Vortrieb das Sys tem OLC – Online Load Control der INKA GmbH aus<br />
Aachen eingesetzt.<br />
Das Projekt<br />
Die Bezirksstadt Karviná liegt im Osten Tschechiens in der Nähe der Stadt<br />
Ostrava. Im Rahmen eines umfangreichen Neubauprojekts werden dort<br />
seit Ende 2007 Abwasserkanäle in unterschiedlichen Nennweiten errichtet.<br />
Mit über 500 m wird der überwiegende Teil der zu erstellenden Haltungen
Abb. 2: Aufbau der Messtechnik des Online-Überwachungssystems OLC<br />
mit Steinzeug-Vortriebsrohren DN 1000 ausgeführt. Ein etwa 85 m langer<br />
gerader Abschnitt des neuen Kanals sollte jedoch in einer Nennweite von<br />
DN 1400 mm ausgeführt werden. Hierbei wurden erstmalig Vortriebsrohre<br />
DN 1400 aus Steinzeug eingesetzt.<br />
Die Vortriebsarbeiten in diesem Bauprojekt werden von der Firma Subterra<br />
a.s., Prag, durchgeführt. Für den Vortrieb der DN 1400-Rohre wurde eine<br />
Vortriebsmaschine der Firma Euro Iseki Ltd. mit Spülförderung und flüssigkeitsgestützter<br />
Ortsbrust eingesetzt, die auf den Außendurchmesser der<br />
Vortriebsrohre von da = 1.630 mm abgestimmt war (vgl. Abb. 1).<br />
Die Vortriebsrohre DN 1400 mit einer Baulänge von 2 m dürfen laut Herstellerangaben<br />
bei einem geraden Vortrieb mit einer zulässigen Vorpresskraft<br />
von 6.400 kN beaufschlagt werden. Aufgrund mangelnder Erfahrungswerte<br />
mit dem neuen Vortriebsrohr wurde die zulässige Presskraft in Abstimmung<br />
mit dem ausführenden Unternehmen<br />
auf 4.500 kN reduziert. Höhere<br />
Pressenkräfte waren zudem aufgrund<br />
der unproblematischen Randbedingungen<br />
des Vortriebs nicht zu<br />
erwarten.<br />
Die Reduzierung wurde auch vor<br />
dem Hintergrund vorgenommen,<br />
dass die Messwerte der Maschinenposition<br />
sowie die der Pressendrücke<br />
im Presscontainer lediglich analog<br />
angezeigt und manuell protokolliert<br />
werden konnten. Die Möglichkeit zu<br />
einer automatischen Erfassung und<br />
Protokollierung der Vortriebsparameter<br />
bot die Vortriebstechnik dagegen<br />
nicht.<br />
Aus diesem Grund wurde bauseits<br />
entschieden, den Vortrieb mit dem<br />
OLC-System zu begleiten. Das Sys-<br />
Baustellenbericht – Spezial<br />
tem zur vortriebsbegleitenden Pressenkraftüberwachung<br />
bietet zum<br />
einen den Vorteil einer unabhängigen<br />
automatisierten Erfassung und<br />
Protokollierung sämtlicher belastungsrelevanter<br />
Vortriebsparameter.<br />
Zum anderen gibt das System einen<br />
genauen Überblick über den Auslastungsgrad<br />
der Vortriebsrohre während<br />
des Vortriebs und bietet damit<br />
die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit<br />
der neuen Steinzeug-Vortriebsrohre<br />
DN 1400 unter Baustellenbedingungen<br />
festzustellen.<br />
Das OLC-System<br />
Zur Qualitätssicherung und zur<br />
lückenlosen Dokumentation der<br />
Rohrbelas tung wurde die INKA GmbH<br />
aus Aachen mit der vortriebsbegleitenden<br />
Pressenkraftüberwachung beauftragt.<br />
Das eingesetzte OLC-System besteht<br />
aus einer Messtechnik und einer<br />
Auswertesoftware (Abb. 2). Mit der<br />
im Rohrstrang installierten Messtechnik<br />
werden die Fugenabwinkelungen<br />
an ausgewählten Rohrfugen<br />
Abb. 3: Vortriebsrohr DN 1400 mit der installierten Messtechnik<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
33
34<br />
Baustellenbericht – Spezial<br />
bestimmt. Hierfür werden an vier<br />
über den Umfang verteilten Stellen<br />
je Fuge die Spaltmaße zwischen den<br />
Rohrspiegeln gemessen.<br />
Bei diesem Vortrieb wurde die Messtechnik<br />
im zweiten Vortriebsrohr hinter<br />
der Vortriebsmaschine so installiert,<br />
dass die Abwinkelung zwischen<br />
dem ersten und zweiten sowie zwischen<br />
dem zweiten und dem dritten<br />
Rohr bestimmt werden konnte. Die<br />
Messtechnik wurde auf Stahlringen<br />
montiert, die im Vortriebsrohr verspannt<br />
werden konnten (vgl. Abb.<br />
3). Hierdurch wurde ein Anbohren<br />
der Rohre für die Befestigung der<br />
Messtechnik vermieden.<br />
Das OLC-System wurde über einen<br />
Drucksensor mit dem Hydrauliksystem<br />
der Hauptpresszylinder verbunden,<br />
so dass die Vorpresskraft<br />
im Startschacht gemessen werden<br />
konnte. Zur Bestimmung des Vortriebsfortschritts<br />
wurde zudem ein<br />
Messrad installiert.<br />
Um die Rohrbelastung bestimmen<br />
zu können, werden die gemessenen<br />
Sensorwerte zunächst über Messumsetzer<br />
an die Auswertesoftware<br />
übergeben, in der mit den Wegaufnehmerwerten<br />
eine Ebenenberechnung<br />
zur Bestimmung der Fugenabwinkelung<br />
vorgenommen wird. Aus<br />
den Hydraulik drü cken wird mit den<br />
Flächen der Presszylinder die aktuelle<br />
Vorpresskraft bestimmt.<br />
Mit diesen Eingangswerten kann<br />
nun für jede Rohrfuge die Abwinkelung<br />
und die dort wirkende<br />
Pressenkraft bestimmt werden. In<br />
der Auswertesoftware wird im Anschluss<br />
eine Finite-Elemente-Berechnung<br />
vorgenommen, bei der<br />
die Fugenzwischenlage in kleine<br />
Elemente unterteilt wird (Abb. 4).<br />
Jedem Element wird das zuvor in<br />
einer Materialprüfmaschine ermittelteDruckspannungs-Stauchungsverhalten<br />
zugewiesen. So kann für<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Abb. 4: Diskretisierte Fugenzwischenlage<br />
jeden Druckübertragungsring kontinuierlich der aktuelle Belastungszustand<br />
unter Berücksichtigung der Belastungshistorie berechnet werden.<br />
Mit der exakten Vorbelastungsverteilung des Druckübertragungsringes und<br />
der genauen Fugenabwinkelung wird für jedes Vortriebsrohr die maximal<br />
zulässige Vorpresskraft nach dem Stand der Diskussion zum Entwurf DWA-A<br />
161 berechnet. Hierbei werden die zum Teil weit auf der sicheren Seite liegenden<br />
Annahmen durch die berechneten Werte ersetzt. Aus den zulässigen<br />
Pressenkräften der Rohre wird die niedrigste zulässige Pressenkraft für jede<br />
Presseinrichtung bestimmt und dem Maschinenführer auf dem Abbildungsschirm<br />
durch grün-gelb-rote Balkenelemente angezeigt. Die Berechnung<br />
und die Anzeige wird in einem zwei-Sekunden-Takt aktualisiert.<br />
Auswertung<br />
In Abb. 5 sind die Verläufe der horizontalen, vertikalen und der resultierenden<br />
Fugenabwinkelungen dargestellt. Die höchsten Abwinkelungen liegen<br />
mit etwa 0,15° am Beginn des Vortriebs und mit 0,25° bei Station 34 m. Die<br />
Maximalwerte der Abwinkelung sind sehr gering und aus statischer Sicht<br />
unbedenklich.<br />
Abb. 6 zeigt den Verlauf der zulässigen und der gemessenen Pressenkräfte. Die<br />
maximalen Pressenkräfte lagen bei diesem Vortrieb unterhalb von 2.000 kN.<br />
Die durchschnittliche Pressenkraft lag bei 1.200 kN, was nicht zuletzt auf die<br />
gute Schmierung des Vortriebs mit Bentonit und Polymeren zurückzuführen<br />
ist.<br />
Die zulässige Pressenkraft wurde, wie eingangs erwähnt, im Vorfeld dieses<br />
Vortriebs auf 4.500 kN reduziert. Aufgrund der geringen Abwinkelungen lag
Abb. 5: Verlauf der Fugenabwinkelung in der ersten Messfuge (zweite Rohrfuge)<br />
Abb. 6: Verlauf der zulässigen und gemessenen Pressenkräftefuge<br />
die vom OLC-System rechnerisch bestimmte zulässige Vorpresskraft zu jedem<br />
Zeitpunkt oberhalb dieses Grenzwerts. An der Stelle der höchsten Abwinkelung<br />
wäre rechnerisch – selbst bei einem erhöhten Sicherheitsniveau – eine<br />
Vorpresskraft von etwa 5.500 kN zulässig gewesen.<br />
Baustellenbericht – Spezial<br />
Zusammenfassung<br />
Der erste 85 m lange Vortriebsabschnitt<br />
mit den neuen Steinzeug-<br />
Vortriebsrohren DN 1400 wurde<br />
Ende April 20<strong>08</strong> erfolgreich abgeschlossen.<br />
Durch den bauseitigen<br />
Einsatz des Online-Überwachungssystems<br />
OLC konnten die Vortriebsparameter<br />
automatisch erfasst und<br />
lückenlos dokumentiert werden.<br />
Eine drohende Überlastung der Rohre<br />
wäre hierdurch früh zu erkennen<br />
und somit sicher zu vermeiden gewesen.<br />
Durch die vortriebsbegleitende Bestimmung<br />
des Auslastungsgrades<br />
der Rohre wurde jedoch nachgewiesen,<br />
dass die Vortriebsrohre zu<br />
jedem Zeitpunkt noch hohe Sicherheitsreserven<br />
aufwiesen. Im Klartext<br />
heißt das: Die neuen Steinzeug-Vortriebsrohre<br />
DN 1400 sind somit für<br />
zukünftige Einsätze auch auf längeren<br />
Pressstrecken bestens gerüstet.<br />
Alle Abbildungen: Dipl.-Ing. U. Bohle<br />
Kontakt<br />
Dipl.-Ing. Ulrich Bohle<br />
ibb – Institut für Baumaschinen<br />
und Baubetrieb<br />
Mies-van-der-Rohe-Straße 1<br />
D-52074 Aachen<br />
Tel.: +49 (0) 2 41/8 02 51 56<br />
E-Mail: bohle@ibb.rwth-aachen.de<br />
Internet: www.inka-aachen.de<br />
www.ibb.rwth-aachen.de<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
35
36<br />
Portrait/Interview<br />
Utility Tunnelling<br />
Im Gespräch mit Werner Suhm<br />
Die Herrenknecht AG im badischen<br />
Schwanau ist Technologie-<br />
und Marktführer im<br />
maschinellen Tunnelvortrieb. Als<br />
einziges Unternehmen weltweit liefert<br />
Herrenknecht modernste Tunnelbohranlagen<br />
für alle Baugründe<br />
und in allen Durchmessern (von<br />
0,10 bis 19 m). Die Produktpalette<br />
umfasst maßgeschneiderte Maschinen<br />
für Verkehrstunnel (Traffic Tunnelling)<br />
und Ver- und Entsorgungstunnel<br />
(Utility Tunnelling).<br />
Das Unternehmen Herrenknecht<br />
Vertical stellt außerdem modernste<br />
Tiefbohranlagen (bis 6.000 m Tiefe),<br />
die jüngste Tochter (Bohrtec Vertical)<br />
liefert kleinere Bohrgeräte für<br />
die Erschließung oberflächennaher<br />
Geothermie.<br />
Dipl.-Ing. Werner Suhm, Mitglied<br />
des Vorstands der Herrenknecht AG<br />
und Verantwortlicher für den Geschäftsbereich<br />
Microtunnelling (Utility<br />
Tunnelling), ist ein vielbeschäftigter<br />
Mann und nur schwierig zu<br />
erreichen. Dennoch hat er sich die<br />
Zeit genommen, mit der Redaktion<br />
ein Gespräch zu führen.<br />
?<br />
Herr Suhm, welche Meilensteine in<br />
der noch relativ jungen Geschichte<br />
des Microtunnelling hat das Unternehmen<br />
Herrenknecht gelegt?<br />
W. Suhm: Wir waren in Deutschland<br />
sozusagen von der ersten Stun-<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
de an dabei, und ich kann Ihnen das gerne in chronologischer Abfolge skizzieren:<br />
Es begann 1983; Unternehmensgründer Martin Herrenknecht und<br />
seine Ingenieure haben eine Vision: die Entwicklung einer Micromaschine<br />
für nicht begehbare Durchmesser (Ver- und Entsorgungstunnel). Sie wird<br />
schnell Realität: das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert<br />
die Umsetzung mit einer Finanzspritze von 500.000 DM.
1985 kommt der Prototyp, die so genannte VSA-N1, im Norden Hamburgs<br />
bei einem Stadtentwässerungsprojekt erfolgreich zum Einsatz.<br />
1986 wird die Micromaschine AVN500 erstmalig in Berlin, Nusshäherstraße,<br />
für einen Abwassertunnel der Berliner Wasserbetriebe eingesetzt. Die Besonderheiten:<br />
1. die so genannte Kaffeemühlentechnik, d.h., abgebautes Erdreich wird<br />
direkt hinter dem Scheidrad fein gemahlen<br />
2. Einsatz im Grundwasser<br />
3. Durchfräsen der Schachtwand mit Dichtsystem ohne Grundwasserabsenkung<br />
1990 wird der Fahrlachtunnel in Mannheim gebaut. Beim Bau dieses Autotunnels<br />
direkt unter der zehngleisigen Zufahrt zum Hauptbahnhof kommen<br />
drei Herrenknecht AVN 300-Maschinen zum Einsatz; 90 Sacklochbohrungen<br />
werden vorgetrieben. Durch ein demontierbares Schneidrad können die<br />
Maschinen direkt durch den zuvor aufgefahrenen Tunnel wieder durch den<br />
Startschacht hindurch „herausgezogen“ werden.<br />
1994 folgt das Projekt „Europipe“, Sea Outfall in der Nordsee. In nur 100<br />
Tagen wird ein 2.532 m langer Rohrvortrieb mit Betonrohren DN 3000/<br />
AD 3800 unter dem Deutschen Wattenmeer durchgeführt. Die Maschine<br />
ist komplett ferngesteuert und arbeitet nach dem AVN-Prinzip mit Kegelbrecher.<br />
Damals stellte das Projekt eine neue Dimension im Rohrvortrieb<br />
dar und ist bis heute ein gültiger Streckenrekord für den Vortrieb ohne<br />
Zwischenschacht!<br />
1999 startet der „Zentrumsfreie“ Antrieb (beim Maschinentyp AVN 1200);<br />
er ermöglicht den Zugang zur Ortsbrust bei Langstreckenvortrieben.<br />
2001 erweitert die Herrenknecht Microtunnelling ihre Produktpalette um<br />
Horizontalbohranlagen, die HDD-Rigs, mit bis zu 400 t Zugkraft.<br />
2003 entwickelt und baut das Unternehmen zur maschinellen vertikalen<br />
Schachtabsenkung die so genannte VSM (Vertical Shaft Sinking Maschine).<br />
Sie kommt erstmals bei einem Projekt auf der Insel Java für einen Wasserbrunnenschacht<br />
von 100 m Tiefe zum Einsatz.<br />
2005 geht Herrenknecht dann richtig in die Tiefe – mit Tiefbohranlagen der<br />
neu gegründeten Herrenknecht Vertical GmbH.<br />
2007: Weltpremiere für das Direct Pipe-Verfahren bei der Verlegung eines<br />
Dükers (464 m) unter den Rhein bei Worms. Kombiniert mit dem Pipe Thruster<br />
(Verschiebeeinheit) und einer Microtunnelling-Maschine wird in nur 13<br />
Tagen ein 48 Zoll dicker Pipelinestrang zielgenau unter dem Fluss verlegt.<br />
Ein Jahr später wird Herrenknecht als eines von fünf Unternehmen mit der<br />
Innovation „Direct Pipe“ für den international bedeutenden Technologiepreis,<br />
den „Hermes Award“ auf der Hannover Messe nominiert und erhält im<br />
Juni zudem auf der<br />
No-Dig in Moskau<br />
Die Herrenknecht AG in 2007<br />
Jahresumsatz: 838 Mio. Euro weltweit<br />
2.500 Mitarbeiter<br />
178 Auszubildende<br />
41 Tochter- und 8 geschäftsnahe Beteiligungsgesellschaften<br />
im In- und Ausland<br />
den „ISTT-Award“,<br />
die bedeutendste<br />
Auszeichnung in der<br />
Industrie des Tunnelbaus.<br />
Im Januar<br />
20<strong>09</strong> überreicht<br />
die renommierte<br />
Portrait/Interview<br />
Vereinigung der amerikanischen<br />
Bauindustrie „Moles“ Martin Herrenknecht<br />
in New York als erstem<br />
Europäer den amerikanischen „Moles<br />
Award 20<strong>09</strong>“.<br />
?<br />
Mit welchen Personen verbinden<br />
Sie diese Meilensteine?<br />
W. Suhm: Natürlich zunächst mit<br />
Dr.-Ing. Martin Herrenknecht, der<br />
ein ungemein innovativer Unternehmer<br />
ist und jederzeit bereit war und<br />
ist, kalkulierbare Risiken im Tunnelbau<br />
einzugehen. Eine zweite wichtige<br />
Person ist selbstverständlich auch<br />
der Pionier des Mikrotunnelbaus,<br />
Dipl.-Ing. Knut Möhring, seinerzeit<br />
Leiter der Berliner Entwässerungswerke.<br />
?<br />
Die Herrenknecht AG hat im Juli<br />
ihr 30-jähriges Jubiläum gefeiert;<br />
der Mikrotunnelbau in Deutschland<br />
wurde im vorigen Jahr 25 Jahre alt.<br />
Seit wann ist die Herrenknecht AG mit<br />
ihrem Know-how dabei, seit wann<br />
gibt es Sie in der Szene?<br />
W. Suhm: Wie ich schon eingangs<br />
erwähnte: Wir sind fast von Anfang<br />
an dabei; seit 1985 in Hamburg<br />
bzw. 1986 in Berlin. Bei mir selber<br />
sieht es ähnlich aus: Seit 1986 bin<br />
ich bei Herrenknecht dabei, seit<br />
1988 verantwortlich für den Bereich<br />
Microtunnelling.<br />
?<br />
Wie schätzen Sie das Potenzial für<br />
den Einsatz der Rohrvortriebstechnik<br />
in Deutschland, in der EU und<br />
weltweit ein?<br />
W. Suhm: Sehr hoch. Mit den genannten<br />
Innovationen wollen wir<br />
unsere Kunden unterstützen, die<br />
weltweit wachsenden Anforderungen<br />
im Bereich des Infrastrukturbaus<br />
erfolgreich zu meistern. Nach<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
37
38<br />
Portrait/Interview<br />
Zahlen aus dem UN-Weltbevölkerungsbericht<br />
werden im Jahr 20<strong>08</strong><br />
weltweit mit 3,3 Mrd. erstmals mehr<br />
Menschen in der Stadt als auf dem<br />
Land leben. Die Urbanisierung birgt<br />
nicht nur für die so genannten Megacities<br />
erhebliche Herausforderungen<br />
in sich. Nicht nur in den rasend<br />
schnell wachsenden Metropolen<br />
Asiens oder der Schwellenländer ist<br />
der Auf- und Ausbau von Ver- und<br />
Entsorgungsleitungen notwendig.<br />
Auch in den Industrieländern besteht<br />
ein großer Bedarf an Ausbau<br />
und Modernisierung der unterirdischen<br />
Infrastrukturen. Die mitunter<br />
vor einem Jahrhundert geschaffenen<br />
Leitungen können das Abwasser der<br />
heutigen modernen Stadtbevölkerung<br />
fast nicht mehr bewältigen.<br />
Auch die Elektrizitäts- und Telekommunikationsnetze<br />
müssen fit für die<br />
Zukunft gemacht werden. Der maschinelle<br />
Tunnelvortrieb bietet<br />
oftmals die einzige Möglichkeit, notwendige<br />
Modernisierungen und Erweiterungen<br />
zu realisieren, ohne das<br />
oberirdische Leben zu beeinträchtigen.<br />
Sei es bei der Unterquerung<br />
von historisch wertvollen Stadtteilen,<br />
von Wohn- oder Industriegebieten,<br />
zentralen Verkehrsadern<br />
oder lebhaften Einkaufspassagen.<br />
Auf die im Tiefbau spezialisierten<br />
Unternehmen und Organisationen<br />
warten weltweit zahlreiche Aufgaben.<br />
Packen wir sie an!<br />
?<br />
Warum stagniert, so ist zumindest<br />
der Eindruck, der Einsatz des Microtunnelling<br />
in Deutschland? Fehlt es<br />
am Umweltbewusstsein, ist es eine<br />
Kostenfrage oder wissen Entscheider<br />
immer noch zu wenig über diese Einbautechnik?<br />
W. Suhm: Microtunnelling ist bei<br />
vielen Kommunen und Entscheidern<br />
in Deutschland unbekannt und wird<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
als relativ risikoreich angesehen. Aufgrund von Preisdruck sind sehr oft Kompromisse<br />
zu billigen (also nicht zu den besten) Einbautechniken zu machen.<br />
Zudem ist Deutschland seit Ende der 90er Jahre kein typischer Investitionsmarkt<br />
mehr.<br />
?<br />
Kann das Microtunnelling als moderne Technik ein Türöffner in neue Märkte<br />
sein, etwa den neuen EU-Ländern?<br />
W. Suhm: Das Microtunnelling ist natürlich in den EU-Ländern bekannt.<br />
Jedoch wächst Osteuropa mit Ausnahme von Polen viel langsamer als erwartet.<br />
Der Weltmarktanteil von Herrenknecht Utility Technik liegt bei ca. 50<br />
%. Europa zählt bereits zu unseren wichtigsten Absatzmärkten.<br />
Von 542 europäischen Großstädten leiten immer noch 37! ihr Abwasser<br />
völlig unbehandelt in natürliche Gewässer ein. Man muss also nicht mit dem<br />
Finger in Richtung Asien oder Schwellenländer zeigen, in denen teilweise<br />
erbärmliche hygienische Zustände herrschen. Ohne Zweifel gibt es für die<br />
im Tiefbau spezialisierten Unternehmen und Organisationen in Europa mehr<br />
als genug zu tun.<br />
?<br />
Welche Techniken spielen Ihrer Meinung nach dabei eine Rolle und warum?<br />
Gibt es Nodig-Techniken, die im Wettbewerb zum Microtunnelling stehen?<br />
W. Suhm: Beim Microtunnelling stehen Wirtschaftlichkeit und Effektivität<br />
ganz oben auf der Agenda. Das sichere Beherrschen von Langstreckenvortrieben,<br />
von präzisen vertikalen und horizontalen Kurvenfahrten sowie das<br />
Durchfahren höchst heterogener Geologien gehören dazu. Grundsätzlich<br />
Dipl.-Ing. (FH) Werner Suhm<br />
verheiratet, 3 Kinder<br />
Studium Maschinenbau an der FH Offenburg<br />
1986: Einstieg bei der Herrenknecht AG<br />
seit 1988: Verantwortlich für den Bereich<br />
Microtunnelling (Utility Tunnelling)<br />
seit Dez. 1998: HERRENKNECHT AG, Schwanau,<br />
Deutschland<br />
Tunnelvortriebstechnik/Maschinenbau<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Tätigkeitsbereich:<br />
Verantwortlicher Vorstand für die Geschäftsbereiche:<br />
Utility Tunnelling<br />
Forschung und Entwicklung<br />
Horizontalbohrtechnik (HDD)<br />
Schachtbautechnik (VSM)<br />
Tiefenbohrung<br />
Geothermie
sind weltweit ständig innovative Lösungen im Bereich der unterirdischen Leitungsverlegung<br />
gefragt. Dies erfordert eine enge Kooperation und gegenseitiges<br />
Verständnis zwischen staatlichen und privaten Geldgebern sowie Forschungsinstituten,<br />
Planern, Bauunternehmen und Equipmententwicklern.<br />
Bedenkt man, dass neue Technologien und Innovationen ab der Erstanwendung<br />
mindestens 4 bis 8 Jahre bis zur Marktdurchdringung benötigen,<br />
sollten wir keine Zeit vergeuden.<br />
?<br />
Die beiden „Hauptakteure“ beim Microtunnelling sind die Rohre und die<br />
Vortriebsmaschinen. Wer ist auf wen „angewiesen“, bzw. wie „greifen sie<br />
ineinander“?<br />
W. Suhm: Zum Gelingen eines Projektes gehören sehr viel mehr Beteiligte,<br />
die Hand in Hand arbeiten müssen. Der Tunnelbau ist ein sehr komplexes<br />
Geschäft, dessen Erfolg vom reibungslosen Miteinander vieler Akteure abhängt.<br />
Dabei sind Schnelligkeit, sprich Wirtschaftlichkeit, auf der einen und<br />
Sicherheit, d.h. Risikominimierung, auf der anderen Seite die wichtigsten<br />
Parameter für einen guten Projektverlauf. Hier ist echtes Teamwork gefragt,<br />
damit alle Beteiligten zügig und kalkulierbar das Licht am Ende des Tunnels<br />
erblicken. Der Faktor Mensch spielt mit seiner Erfahrung bei der Planung und<br />
Ausführung allerdings die wichtigste Rolle.<br />
?<br />
Das Unternehmen Steinzeug | Keramo stellt heute Vortriebsrohre bis DN<br />
1400 her; welche Durchmesser werden im Rohrvortrieb am häufigsten eingesetzt?<br />
W. Suhm: Die Frage ist schnell beantwortet: DN 600 bis DN 2500.<br />
?<br />
Sie bieten das gesamte Spektrum der Utility-Maschinentechnik an. Sind neue<br />
Entwicklungen zu erwarten, wie sieht hier die Zukunft aus?<br />
W. Suhm: Als Technikinnovatoren fragen wir uns ständig, wo wir unseren<br />
Auftraggebern durch Know-how-Zuwachs weitere Vorteile bieten können.<br />
Ich sehe sie in folgenden Punkten:<br />
etablierte Verfahren noch effizienter zu kombinieren und zu nutzen<br />
Portrait/Interview<br />
Hochtechnologie und Neuentwicklungen<br />
zum echten „Segen“ zu<br />
machen, in dem wir den Mut haben,<br />
sie auch zum Einsatz zu bringen, um<br />
damit Akzeptanz zu schaffen,<br />
die Technik weiter vorantreiben,<br />
in dem wir uns weiterhin an Lösungen<br />
für die ganz schwierigen Projekte<br />
herantrauen.<br />
?<br />
Das Unternehmen bietet für eine<br />
wirtschaftlich effiziente Projektabwicklung<br />
ein umfangreiches Projekt-<br />
Consulting an. Wird das für Ihren Bereich<br />
Utility Tunnelling genutzt und<br />
wenn ja, in welchem Maße?<br />
W. Suhm: Die Herrenknecht AG<br />
sieht sich als Full-Service-Anbieter:<br />
Neben Verkauf und Vermietung<br />
des Equipments zählen zu den Leistungen<br />
u.a. Machbarkeitsstudien,<br />
Finanzierungsberatung, Risikoanalysen,<br />
Geotechnische Auswertungen<br />
und Beratungen, Kundenschulungen,<br />
Technischer Support<br />
durch Operatoren vor Ort und das<br />
Ersatzteilmanagement. Dieses Angebot<br />
wird in ganzem Umfang oder<br />
modular natürlich auch für den Bereich<br />
Utility Tunnelling umfangreich<br />
genutzt.<br />
Wir danken Herrn Suhm ganz herzlich<br />
für das Gespräch.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
39
40<br />
Wirtschaft + Recht<br />
Wissen und Erfahrung im Bauwesen<br />
– eine Interessengemeinschaft<br />
aller am Bau Beteiligten<br />
Auch wenn der Begriff „GAEB“<br />
mittlerweile fester Bestandteil<br />
des Baualltags ist, so weiß<br />
doch kaum jemand, was sich hinter<br />
der Abkürzung wirklich verbirgt.<br />
Der Begriff ist im Sprachgebrauch<br />
doppelt belegt: Zum einen steht die<br />
Abkürzung GAEB für „Gemeinsamer<br />
Ausschuss Elektronik im Bauwesen“<br />
und zum anderen für die Begrifflichkeit<br />
„Datenaustausch nach<br />
GAEB“.<br />
Wer oder was ist GAEB?<br />
Der GAEB fördert als Interessengemeinschaft<br />
aller am Bau Beteiligten<br />
– ITgestützt – eine gemeinsame<br />
Sprache im Bauwesen. Hierfür stellt<br />
der GAEB neben Regeln für Datenaustausch<br />
und Bauabrechnung vor<br />
allem Texte für Bauleistungsbeschreibungen<br />
auf und zwar im Standardleistungsbuch<br />
für das Bauwesen<br />
(STLB-Bau und STLB-BauZ).<br />
Unter dem Dach des Deutschen Vergabe<br />
und Vertragsausschusses für<br />
Bauleistungen (DVA), dem der GAEB<br />
seit dem 1.Januar 2005 als neuer<br />
Hauptausschuss (HA GAEB) angehört,<br />
wird die enge Verbindung zur<br />
Vergabe und Vertragsordnung für<br />
Bauleistungen (VOB) manifestiert.<br />
Das Arbeiten des HA GAEB basiert<br />
auf der DVASatzung bzw. einer Arbeitsanleitung.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Die Geschäftsstelle ist praxisbezogen im Bundesamt für Bauwesen und<br />
Raumordnung (BBR) in Bonn im Referat II 2 angesiedelt. Hier laufen die<br />
„Schaltdrähte“ der ca. 100 Arbeitsgruppen und Arbeitskreise und ca. 600<br />
Mitglieder zusammen. An der ehrenamtlichen Mitarbeit in den Gremien<br />
des GAEB können sich alle interessierten Kreise beteiligen und abstimmen,<br />
um für die Vergabe und Abrechnung von Bauleistungen effektive Lösungen<br />
zu finden. Im GAEB werden somit die Voraussetzungen für eine integrierte<br />
Datenverarbeitung bei der Durchführung von Baumaßnahmen auf Basis der<br />
VOB geschaffen.<br />
Die Schwerpunkte der GAEBArbeit liegen in der Erstellung und Überarbeitung<br />
von...<br />
... standardisierten Texten zur Beschreibung von Bauleistungen für<br />
Neubau, Instandhaltung und Sanierung (STLB-Bau)<br />
STLBBau – Dynamische BauDaten – ist ein Datenbank orientiertes Textsystem<br />
zur standardisierten Beschreibung von Bauleistungen für Neubau,<br />
Instandhaltung und Sanierung.<br />
Aufbau und Organisation des HA GAEB im DVA
... standardisierten Texten zur Beschreibung von Bauleistungen für<br />
Zeitvertragsarbeiten (STLB-BauZ)<br />
STLBBauZ – Dynamische BauDaten – unterstützt regelmäßig wiederkehrende<br />
Unterhaltungsarbeiten an Bauwerken durch speziell auf diesen Aufgabenbereich<br />
abgestimmter standardisierter Texte, die mit Preisen im Auf und<br />
Abgebotsverfahren vergeben werden.<br />
Die öffentlichen Auftraggeber des Bundes und der Länder vertrauen auf die<br />
Aktualität und Qualität der standardisierten Baubeschreibungen (STLBBau/<br />
STLBBauZ).<br />
Die Anwendung des STLBBau in den Bauverwaltungen des Bundes und der<br />
Länder ist mit Erlass des BMBau B I 2 – B 1051b – 00/5 vom 3. August 1998<br />
und im Vergabehandbuch geregelt. Auch Auftragnehmer, die als Ingenieurbüros<br />
z.B. für das BBR tätig sind, verpflichten sich, den GAEBStandard einzusetzen.<br />
... Regelwerken für den elektronischen Datenaustausch und den Aufbau<br />
des Leistungsverzeichnisses (GAEB DA XML)<br />
GAEB DA XML und Aufbau des Leistungsverzeichnisses sollen dazu dienen,<br />
einen einheitlichen Standard für den Austausch von Bauinformationen zu<br />
vereinbaren und damit alle Anforderungen an elektronische Prozesse zur<br />
Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung bei der Durchführung von Baumaßnahmen<br />
zu unterstützen.<br />
GAEB DA XML beschreibt Datenaustauschprozesse, die es ermöglichen,<br />
in der international anerkannten Beschreibungssprache eXtensible Markup<br />
Language (XML) komplexe Strukturen zu übertragen. Die GAEB DA XML<br />
Dateien können elektronisch verschlüsselt und qualifiziert signiert werden.<br />
In GAEB DA XML, Version 3.1, wurden die Ergebnisse aus der praktischen<br />
Anwendung der bisherigen Regelungen, wie z.B. GAEB 1990, GAEB DA<br />
2000 XML, Version 2.0, sowie Beiträge und Anregungen der Anwender<br />
berücksichtigt. Mit der Einführung von GAEB DA XML, Version 3.1, werden<br />
alle bisherigen Regelungen zum Datenaustausch vom GAEB nicht mehr<br />
unterstützt und gepflegt. Denn: funktionierende Schnittstellen zum Datenaustausch<br />
sind unabdingbare Voraussetzung für die Anwendbarkeit, wenn<br />
mehrere Partner <strong>Information</strong>en des Bauvertrages Hard und Softwareneutral<br />
untereinander austauschen wollen.<br />
... Verfahrensbeschreibungen für die elektronische Mengen- und<br />
Bauabrechnung (GAEB-VB)<br />
In den GAEBVB werden Regelungen für die Abrechnung von Bauleistungen<br />
sowie geometrische Lösungen für typische Abrechnungsaufgaben erarbei<br />
Wirtschaft + Recht<br />
tet, aktualisiert und harmonisiert.<br />
Ziel ist, mit den gleichen Ausgangsdaten<br />
an verschiedenen Stellen unabhängig<br />
voneinander die gleichen<br />
Ergebnisse zu erreichen.<br />
Die Arbeitsergebnisse des GAEB werden<br />
vom DIN Deutsches Institut für<br />
Normung e.V. herausgegeben. Die<br />
Verfasser des STLBBau/STLBBauZ<br />
sowie der Regelwerke zum Datenaustausch<br />
und zur Bauabrechnung<br />
sind vorwiegend bauinteressierte<br />
Experten, die ihr Wissen und ihre<br />
Erfahrungen nutzen, um Standards<br />
für sich selbst und andere mitzuentwickeln.<br />
Diese Autoren gestalten die<br />
GAEBArbeitsergebnisse aktiv mit.<br />
Sie erfahren aus erster Hand bevorstehende<br />
Normenänderungen,<br />
Überarbeitungen von Gesetzen und<br />
Vorschriften aus dem Vergaberecht.<br />
Sie erweitern ihr Wissen durch das<br />
Kennenlernen anderer Experten und<br />
deren Tätigkeitsfelder.<br />
Kontakt<br />
Klemens Thies<br />
Geschäftsstelle des GAEB<br />
Bundesamt für Bauwesen und<br />
Raumordnung<br />
53179 Bonn<br />
www.gaeb.de<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
41
42<br />
Messen + Kongresse<br />
IFAT 2010<br />
Zukünftig alle zwei Jahre<br />
Die Umweltmesse IFAT, die<br />
16. Internationale Fachmesse<br />
für Wasser, Abwasser, Abfall<br />
und Recycling, wird nicht im<br />
Frühjahr 2011, sondern bereits vom<br />
13. bis 17. September 2010 stattfinden.<br />
Ab 2012 kehrt die IFAT zum<br />
Frühjahrstermin zurück. Der Termin<br />
7. bis 11. Mai 2012 steht ebenfalls<br />
bereits fest. Ab dann findet die IFAT<br />
alle zwei Jahre im Frühjahr statt. Mit<br />
dem Turnuswechsel trägt die Messe<br />
München dem wachsenden Umweltmarkt<br />
und Wünschen aus der<br />
Industrie nach einem weiteren Ausbau<br />
der internationalen Führungsposition<br />
der IFAT Rechnung.<br />
Die IFAT ist nicht nur ein bedeutender<br />
Marktplatz für die stark exportorientierten<br />
Unternehmen mit<br />
Umwelttechnologien und Umweltdienstleistungen<br />
aus Deutschland.<br />
Vor allem aus dem Ausland registriert<br />
sie seit Jahren ein wachsendes<br />
Interesse und verbuchte bei der<br />
jüngsten Veranstaltung 20<strong>08</strong> eine<br />
Rekordbeteiligung mit Ausstellern<br />
aus 44 Ländern und einem kräftig<br />
gestiegenen Fachbesuch aus 163<br />
Ländern.<br />
„Der Bedarf an <strong>Information</strong>en und<br />
in der Folge an Investitionen beschleunigt<br />
sich weltweit, wie das<br />
wachsende Marktvolumen für Umwelttechnik<br />
zeigt. Durch die Verkürzung<br />
des MesseTurnus tragen<br />
wir dieser zunehmenden Nachfrage<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
FAKTEN ZUR IFAT<br />
Aussteller 20<strong>08</strong><br />
insgesamt: 2.605<br />
aus dem Inland: 1.765<br />
aus dem Ausland: 840<br />
Besucher 20<strong>08</strong><br />
insgesamt: 119.476<br />
aus dem Inland: 79.392<br />
aus dem Ausland: 40.<strong>08</strong>4<br />
Qualitäten der IFAT<br />
deckt alle Kernzonen der Umwelttechnik ab<br />
extrem hohe Besucherqualität: 93 % der Aussteller zeichneten die<br />
Qualität der Besucher mit der Höchstnote aus<br />
91 % der Besucher sind Entscheider<br />
höchste Besucherzahl und größte Ausstellungsfläche gegenüber anderen<br />
Umweltmessen<br />
höchste Internationalität<br />
Rahmenprogramm<br />
Während der IFAT finden internationale Fachtagungen, Symposien und<br />
Foren statt. Hier werden aktuelle Themen diskutiert.
Rechnung. Gleichzeitig stärken wir damit die IFAT als internationale Leitmesse<br />
für die Branche im Konzert der steigenden Anzahl von Umweltmessen in<br />
zahlreichen Ländern“, so Eugen Egetenmeir, Mitglied der Geschäftsführung<br />
der Messe München.<br />
„Die IFAT ist die entscheidende Drehscheibe auf dem internationalen Markt.<br />
Die Verkürzung auf einen ZweiJahresTurnus ist eine wichtige Voraussetzung<br />
dafür, dass sie – im Interesse der ausstellenden Unternehmen und deren<br />
Kunden – die Kundenbeziehungen intensiviert und noch stärker zum<br />
internationalen Pflichttermin für die Entscheider auch in Politik und Wirtschaft<br />
wird“, erklärt Dr. Johannes F. Kirchhoff, Vorsitzender des IFATFachbeirats.<br />
Auch die ideellen Träger der IFAT, namentlich die Deutsche Vereinigung für<br />
Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA), der Verband Kommunale<br />
Abfallwirtschaft und Stadtreinigung im Verband Kommunaler Unternehmen<br />
e.V. (VKS im VKU), der Verband der Arbeitsgeräte und Kommunalfahrzeug<br />
Industrie e.V. (VAK) und der Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau<br />
Messen + Kongresse<br />
e.V. (VDMA) mit seinen Fachverbänden<br />
unterstützen die Entscheidung<br />
zum Turnuswechsel.<br />
Die IFAT CHINA, die bisher alle zwei<br />
Jahre im Herbst stattfand, wird im<br />
Zuge des Turnuswechsels in den Juli<br />
2010 verlegt, um eine Terminüberschneidung<br />
mit der IFAT in München<br />
zu vermeiden.<br />
Quelle: Messe München<br />
Kontakt<br />
Messe München<br />
Internet: www.messe-muenchen.de<br />
20<strong>09</strong>/2010<br />
Branchentermine im Überblick<br />
No Dig India Show 20<strong>09</strong> 17.11.–19.11.20<strong>09</strong> Neu Delhi<br />
Underground Infrastructure Middle<br />
East 2010<br />
18.01.–19.01.2010 Bahrain<br />
24. Oldenburger Rohrleitungsforum 11.02.–12.02.2010 Oldenburg<br />
IFAT CHINA + EPTEE + CWS 2010 05.05.–07.05.2010 Shanghai<br />
NO-DIG Moscow 01.06.–04.06.2010 Moskau<br />
ECWATECH 2010 01.06.–04.06.2010 Moskau<br />
IFAT 2010 13.<strong>09</strong>.–17.<strong>09</strong>.2010 München<br />
IWA-Kongress 19.<strong>09</strong>.–24.<strong>09</strong>.2010 Montréal<br />
NO-DIG 2010 01.11.–03.11.2010 Singapur<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
43
44<br />
Last Minute<br />
Ein Erste-Klasse-Werkstoff<br />
Die Steinzeug Top-Ten<br />
Kanalrohrleitungen müssen in<br />
erster Linie zuverlässig, sicher,<br />
dauerhaft und umweltgerecht<br />
ihre Funktion erfüllen und einen<br />
störungsfreien und wirtschaftlichen<br />
Betrieb ermöglichen. Rohre und<br />
Werkstoff Steinzeug: Die Top-Ten<br />
1<br />
Dauerhaft – damit verbunden ist eine extrem<br />
lange Betriebszeit.<br />
2<br />
Widerstandsfähig gegenüber chemischen, biologischen<br />
und mechanischen Beanspruchungen<br />
aus dem laufenden Kanalisationsbetrieb; damit verbunden<br />
ist die nachweislich lange Nutzungsdauer.<br />
3<br />
Die technischen Lieferbedingungen sind in einschlägigen<br />
Normen festgelegt und auf die Anforderungen<br />
der Eigentümer und Betreiber von Abwassernetzen<br />
ausgerichtet.<br />
4<br />
Sowohl der Werkstoff als auch das Produkt werden<br />
stetig weiterentwickelt; das moderne Steinzeugrohr<br />
kann nur noch bedingt mit den „alten“<br />
Rohren verglichen werden; unverändert bleiben allerdings<br />
die herausragenden mineralogischen Eigenschaften<br />
der Steinzeugbauteile hinsichtlich ihrer chemischen,<br />
biologischen und mechanischen Beanspruchungen.<br />
5<br />
Die hydraulischen Eigenschaften bleiben über die<br />
gesamte Nutzungsdauer unverändert erhalten;<br />
Abschläge zu Abnutzung sind nicht erforderlich.<br />
6<br />
Abwasserkanäle sind in der Regel „Schmutzwasserkanäle“;<br />
die Anforderungen gegenüber Beanspruchungen<br />
durch biogene Schwefelsäure werden<br />
vollständig erfüllt.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Formstücke aus dem Werkstoff Steinzeug werden diesen berechtigten Ansprüchen<br />
gerecht – das beweisen nicht zuletzt die langjährigen guten Erfahrungen.<br />
Kein anderer Werkstoff ist für den Bau von Kanalisationsnetzen besser geeignet<br />
als Steinzeug. Die Top-Ten-Liste, die 10 Pro-Steinzeug- Argumente<br />
beinhaltet, belegt das – mit einem (Über)Blick.<br />
7<br />
Abwasserrohrleitungen aus Steinzeug können<br />
mit herkömmlichen Techniken gewartet und repariert<br />
werden; einschränkende Vorgaben zum Einsatz<br />
von Hochdruckreinigungsgeräten oder -Drücken<br />
sind nicht erforderlich. Steinzeugoberflächen lassen<br />
sich sehr leicht reinigen.<br />
8 Die<br />
technischen Lieferbedingungen für Steinzeug-Bauteile<br />
sind auf die lange Betriebszeit ausgerichtet.<br />
Es gibt: keine Abschläge beim E-Modul<br />
über die Zeit, keine Kurzzeitwerte, keine Reduzierung<br />
der Materialeigenschaften über die Betriebszeit; Rechenwerte<br />
zur statischen Berechnung sind Langzeitwerte.<br />
9 Statische<br />
Berechnungen für Rohrleitungen aus<br />
Steinzeug sind einfach zu handhaben, das Bauteil<br />
ist in der Lage, Belastungen aufzunehmen, auch<br />
ohne Unterstützung des umgebenden Bodens; der<br />
übliche Einbau der Rohre erfolgt auf beweglichem<br />
Rohrauflager aus Sand/Kies-Gemisch.<br />
10<br />
Steinzeug-Platten und -Schalen werden bei<br />
Großprofilen aus Beton zum Schutz der Rohre<br />
gegen biogene Schwefelsäurekorrosion und mechanische<br />
Beanspruchungen bei Abrieb eingesetzt.<br />
Die Platten werden zu großformatigen Elementen<br />
werksseitig zusammengebaut.
868 – in Worten achthundertachtundsechzig<br />
– Jahre alt sind die Tonrohre, die im<br />
Kloster Himmerod (Südeifel) in relativ großer<br />
Anzahl ausgegraben wurden. Nimmt man<br />
die Rohre in Augenschein, ist das kaum zu glauben:<br />
Sie sehen aus wie neu, sie fühlen sich an wie<br />
neu, sie funktionieren wie neu, sprich, sie sind<br />
immer noch dicht. Fast ehrfürchtig muss man sie<br />
in der Hand halten; die Fingerabdrücke und die<br />
Rillen, die beim „Drehen“ der Rohre entstanden<br />
sind, sind bis heute konserviert.<br />
Pater Oliver, Diplom-Geologe und nun Mönch<br />
in der Zisterzienser-Abtei Himmerod, kennt sich<br />
gut aus. Auf die vielen Fragen, die wir ihm zur<br />
Herkunft, zum Alter und zur Funktion dieser Rohre<br />
stellen, hat er viele Antworten parat. Er hat<br />
sich bestens vorbereitet und sogar die Literatur<br />
der umfangreichen Bibliothek bemüht. So erzählt<br />
er sachkundig, an die Thematik herantastend,<br />
was die drei wichtigsten Voraussetzungen für die<br />
Gründung eines Klosters der Zisterziensermönche<br />
einst waren:<br />
1. Der Standort. „Wenn möglich ist das Kloster<br />
so anzulegen, dass alles Notwendige, Wasser,<br />
Mühle, Garten ... und die verschiedenen Berufe innerhalb des Klosters ausgeübt<br />
werden können.<br />
2. Wald statt Wüste. Die älteste Form des Mönchstums war das Eremitentum;<br />
die Eremiten zogen sich in die Wüste zurück. Für das mittelalterliche<br />
Abendland war die Wüste der Wald, wo die Mönche „heimisch“ wurden und<br />
neben der Einsamkeit auch das Holz für Gebäude und als Arbeits-Rohstoff für<br />
zahlreiche Berufe fanden.<br />
3. Das Wasser der Täler. Das autarke Leben der Klöster zwang die Zisterzienser<br />
zur systematischen Suche nach wasserreichen Standorten. Eine<br />
ausreichende Wasserversorgung war die Voraussetzung für eine effektive<br />
Eigenbewirtschaftung. Deshalb siedelten sie – im Gegensatz zu den Benediktinern<br />
– niemals auf einem Berg, sondern immer im Tal. Landwirtschaft und<br />
Fischzucht (sie verweigerten den Verzehr von „Huftieren und Vierbeinern<br />
jeglicher Art“) waren also ein unbedingtes Muss.<br />
Tonrohre fürs Trinkwasser<br />
Die Klosteranlagen waren meist so angelegt, dass Wasser direkt vom jeweiligen<br />
Vorfluter oder über einen künstlich angelegten Kanal kontrolliert gelei-<br />
Last Minute<br />
Himmlisch<br />
Tonrohre aus dem 12. Jahrhundert<br />
tet wurde. Man brauchte das Wasser<br />
zum Betrieb der Mühle, der Schmiede,<br />
der Küchenversorgung und zur<br />
Latrinenreinigung. So bietet sich<br />
also auch heute die Lage der Abtei<br />
Himmerod dar: Die gut erhaltenen<br />
zahlreichen Tonrohre gehörten, so<br />
Pater Oliver, aller Wahrscheinlichkeit<br />
nach zur mittelalterlichen Wasserversorgung<br />
– und zwar nur innerhalb<br />
der Klostermauern. Das Trinkwasser<br />
wurde, wie heute noch, in einer<br />
Quelle gefasst und über eine Holzleitung<br />
(Funde von aufgebohrten<br />
Baumstämmen auf einer Wiese und<br />
einem Acker des ehem. „Neuhofes“)<br />
zum Kloster transportiert, um<br />
dort in diese Tonrohre zu münden.<br />
„‚Ziel der Rohre‘ war vermutlich die<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
45
46<br />
Last Minute<br />
Das Alter dieser Tonrohre aus der Abtei Himmerod ist vermutlich 868 Jahre.<br />
Die Überreste der alten Pfeilerbasilika.<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
Küche. Sowohl für den Betrieb der Mühle als auch der Schmiede sind sie zu<br />
klein dimensioniert; für die Reinigung der Latrine benutzte man garantiert<br />
das Wasser des Mühlbachs anstelle klaren Quellwassers“, weiß Pater Oliver<br />
zu berichten. Und mit rümpfender Nase ergänzt er: „Waschbereiche gab es<br />
damals nicht, also bleibt nur die Küche.“<br />
„Zu Füßen“ der Basilika<br />
„Wann genau die Tonrohre verlegt wurden, können wir nicht genau sagen.<br />
Aber dass es sehr rasch nach der Gründung des Klosters im Jahre 1135 gewesen<br />
sein muss, bezeugt die Stiftungsurkunde von 1138. Durch dort nachgewiesene<br />
Schenkungen konnte im selben Jahr noch mit dem Bau der großen<br />
steinernen Klosteranlage und einer dreischiffigen romanischen Pfeilerbasilika<br />
begonnen werden. Gefunden wurden die Rohre bei Grabungen, bei denen<br />
die Pfeilerreste freigelegt wurden“, so Pater Oliver.<br />
Ob die Wasserversorgungsrohre jetzt im Jahr 1135 oder im Jahr 1138 hergestellt<br />
wurden, ist nur marginal. Selbst mit der Angabe „um 1140“ ist ein<br />
Lebensalter der Tonrohre von 868 Jahren immer noch phantastisch. Auch<br />
für Pater Oliver war es „auf jeden Fall eine Freude, die Recherchen dazu<br />
aufzunehmen“.
Anlässlich seines zehnjährigen Bestehens veranstaltete Europas größtes<br />
Prüf- und EntwicklungsInstitut für Abwassertechnik an der RWTH<br />
Aachen e.V. (PIA) am 14. September 20<strong>09</strong> im SuperC der RWTH<br />
Aachen eine Jubiläumskonferenz.<br />
Das PIA gilt als Vorreiter für den Bereich der Prüfung abwassertechnischer<br />
Anlagen. Das Institut entwickelte sich in den vergangenen zehn Jahren zu<br />
einem Arbeitgeber für 17 Festangestellte und 20 studentische Mitarbeiter.<br />
Im Bereich Forschung und Entwicklung bearbeiteten Mitarbeiter des PIA<br />
rund 35 Projekte. Der Schwerpunkt lag und liegt hierbei in den Bereichen<br />
dezentrale Abwasserreinigung und Schiffsabwasserbehandlung.<br />
Neben der Entwicklung von Verfahren und Techniken zur Verbesserung<br />
der Abwasserbehandlung ist auch die Entwicklung neuer Prüfungen und<br />
Zulassungsverfahren Bestandteil der Arbeiten im Bereich F+E. Darüber hinaus<br />
begründete das PIA nationale und internationale Kooperationen. Die<br />
Gründung der PIA – Prüfinstitut für Abwassertechnik GmbH markiert einen<br />
wichtigen Punkt innerhalb der Geschichte des An-Institutes. Nationale und<br />
europäische Zulassungen qualifizieren die PIA GmbH als kundenorientierten<br />
Dienstleister.<br />
Mit der Jubiläumskonferenz wurde den Teilnehmern ein Überblick über die<br />
Tätigkeitsfelder, die Geschichte und die Erfolge des PIA geboten. Namhafte<br />
Referenten gratulierten dem PIA mit einem Vortrag, darunter auch Bau-<br />
Assessor Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick, Geschäftsführer <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />
e.V., mit einem Beitrag über die „Vorteile der europäischen<br />
Normung für die deutsche Industrie“.<br />
Gut gefüllt waren die Reihen zur PIA-Jubiläumskonferenz im SuperC der RWTH<br />
Aachen. (Foto: PIA)<br />
Last Minute<br />
10-jähriges Jubiläum<br />
PIA – Ein Kürzel macht Karriere<br />
Glückwünsche des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
überbrachte Umweltminister<br />
Eckhard Uhlenberg.<br />
Der Rektor der RWTH Aachen, Univ.-<br />
Prof. Dr.-Ing. Ernst M. Schmachtenberg,<br />
gratulierte im Namen der<br />
RWTH Aachen. Grüße der Stadt<br />
Aachen überbrachte Bürgermeisterin<br />
Hilde Scheidt.<br />
Mit über 130 Teilnehmern aus Wirtschaft,<br />
Wissenschaft und Forschung,<br />
sowie Ministerien und Behörden war<br />
die Jubiläumskonferenz überaus gut<br />
besucht.<br />
Kontakt<br />
Prüf- und Entwicklungsinstitut<br />
für Abwassertechnik<br />
an der RWTH Aachen e.V.<br />
Sonja Jakob M.A.<br />
Mies-van-der-Rohe-Str. 1<br />
52074 Aachen<br />
Tel.: 02 41/7 50 82 26<br />
<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />
47
vakat