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„In Finnland wusste ich nicht, auf was ich noch warten sollte“ - Rengas

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3„In <strong>Finnland</strong> <strong>wusste</strong> <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, <strong>auf</strong> <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>noch</strong> <strong>warten</strong> sollte“Interview mit der neuen Pfarrerin der finnischen Gemeinde für Westdeutschland:Anna-Maari Ruotanen. Das Gespräch führte Jennifer LepiesDraußen herrschen Temperaturen um die nullGrad, die Schneeflocken werden vom Wind hinundher gepeitscht, doch in den Räumen derfinnischen Gemeinde wärmt eine Tasse Kaffee.Pulla gibt es natürl<strong>ich</strong> auch dazu. Anna-MaariRuotanen hat gerade die ersten Wochen in ihremneuen Amt hinter s<strong>ich</strong>: Sie ist die neuePfarrerin der finnischen Gemeinde für Westdeutschland.Die 28-jährige löst nach 12 JahrenAmtszeit ihre Vorgängerin Helena Eckhoff ab.Gebürtig aus Oulu stammend, studierteRuotanen Theologie an der Universität vonHelsinki. Mit erster Berufserfahrung stellt sies<strong>ich</strong> nun in dem fremden Land den Gemeinde-Aufgaben. Dabei lernt sie die Sitten des Rheinlandskennen und lässt s<strong>ich</strong> auch schon malvom Sofa ihres Nachbarn in <strong>Finnland</strong> für ihreAschermittwoch-Andacht inspirieren. Das Interviewmöchte sie <strong>auf</strong> Deutsch führen – bis <strong>auf</strong>ein, zwei Blicke ins Wörterbuch klappt das auchbereits gut.DFG: Kommt bei den frostigen Temperaturendraußen bei Dir Heimweh <strong>auf</strong>?Ruotanen: Tatsächl<strong>ich</strong> ein bisschen. Als <strong>ich</strong>hier im Januar ankam, war es schon komisch:Es schneite und <strong>ich</strong> dachte: Das ist ja fast wiein <strong>Finnland</strong>. Aber momentan ist es dort dochsehr viel kälter.DFG: In Deiner Andacht zum Aschermittwochhast du ein Möbel als Analogie verwendet. Washat es mit der Gesch<strong>ich</strong>te <strong>auf</strong> s<strong>ich</strong>?In meiner letzten Wohnung in <strong>Finnland</strong> habe<strong>ich</strong> diese Beobachtung gemacht: Durch denTürspion konnte <strong>ich</strong> sehen, wie mein Nachbarsein neues Sofa mit großer Mühe durch dasschmale Treppenhaus in seine Wohnung bekommenwollte. Das habe <strong>ich</strong> als Symbol dafürverwendet, dass wir immer versuchen, uns dasLeben und unser Zuhause so angenehm wiemögl<strong>ich</strong> zu gestalten. Und als <strong>ich</strong> schließl<strong>ich</strong>selbst meine Sachen packen und überlegenmusste, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> nach Deutschland mitnehmenwollte, stellte s<strong>ich</strong> auch mir die Frage, <strong>was</strong> mirmein Leben angenehm machen und <strong>auf</strong> <strong>was</strong><strong>ich</strong> verz<strong>ich</strong>ten kann.DFG: Was war Dir denn w<strong>ich</strong>tig mitzunehmen?Ich habe ganz viele Bücher und die wollte<strong>ich</strong> alle gern mitnehmen. Meine Freundinschlug vor, sie zu verk<strong>auf</strong>en, aber das habe <strong>ich</strong>einfach n<strong>ich</strong>t gekonnt. Es sind viele Arbeitsbücher,aber auch sehr viele Romane. MikaWaltari ist beispielsweise einer meiner Lieblingsautoren,aber auch John Irving mag <strong>ich</strong>.Das Buch „Der Vorleser“ habe <strong>ich</strong> bisher nur<strong>auf</strong> Englisch gelesen, aber das möchte <strong>ich</strong> auch<strong>noch</strong> <strong>auf</strong> Deutsch lesen. Außerdem habe <strong>ich</strong><strong>noch</strong> meinen Fernseher, einen Spiegel und natürl<strong>ich</strong>Geschirr mitgebracht. Glückl<strong>ich</strong>erweisewar meine Wohnung hier in Köln bereits möbliert,sodass <strong>ich</strong> keine großen Gegenstände wieSchränke oder mein Bett mitnehmen musste.Das alles habe <strong>ich</strong> verk<strong>auf</strong>t.Anna-Maari Ruotanen bei einem Gottesdienst in Liminika.DFG: Welche Wünsche, Ideen oder Erwartungenhattest Du mit im Gepäck?Ich hatte eigentl<strong>ich</strong> keine r<strong>ich</strong>tige Vorstellungdavon, wie es hier sein würde. Zwar war <strong>ich</strong> mit18 Jahren per Interrail bereits einige Male hier,um Urlaub zu machen, doch trotzdem <strong>wusste</strong><strong>ich</strong> recht wenig. Daher war <strong>ich</strong> natürl<strong>ich</strong> sehrgespannt. Ich wollte einfache neue Menschenkennenlernen und habe gle<strong>ich</strong>zeitig gehofft,dass es mit der Arbeit gut klappen würde. In<strong>Finnland</strong> <strong>wusste</strong> <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, <strong>auf</strong> <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>noch</strong><strong>warten</strong> sollte.DFG: Welche Orte hast Du damals bei DeinerInterrail-Reise in Deutschland besucht?Ich war mit zwei Freundinnen in Hamburg,München, Dresden und Berlin. Außerdem hateine enge Freundin einige Jahre in Wuppertalgelebt, wo <strong>ich</strong> sie auch besucht habe. Und natürl<strong>ich</strong>haben wir damals auch Ausflüge nachKöln und Düsseldorf gemacht. Wie gesagt warendiese Reisen aber „nur“ Ferien – jetzt mitmeiner neuen Arbeit hier ist das et<strong>was</strong> anderes.DFG: Als neue Einwohnerin von Köln mussman s<strong>ich</strong> das fragen lassen: Das erste MalKarneval – wie war es?Das war wirkl<strong>ich</strong> sehr lustig. Aus <strong>Finnland</strong>kannte <strong>ich</strong> das ja auch gar n<strong>ich</strong>t. M<strong>ich</strong> hat be-


4eindruckt, dass alle, Jung und Alt, Kostüme tragenund zusammen feiern. Ich hatte zunächstüberlegt, m<strong>ich</strong> als Pfarrerin zu verkleiden.(lacht) Doch das habe <strong>ich</strong> dann n<strong>ich</strong>t gemacht.Stattdessen hatte <strong>ich</strong> zuerst ein Marienkäfer-Kostüm an, doch das war in der Kneipe mit denFlügeln et<strong>was</strong> unpraktisch. Meine Alternativewar dann ein Katzen-Kostüm, da habe <strong>ich</strong> mirkleine Öhrchen <strong>auf</strong>gesetzt und Schnurrhaaregemalt.DFG: Wenn Du Deutschland nur wenig kanntest,wie kam es dann dazu, dass du d<strong>ich</strong> <strong>auf</strong>diese Stelle als neue Pfarrerin für Westdeutschlandbeworben hast?Ich hatte mir schon immer vorgestellt, einmalim Ausland zu arbeiten und zu leben. In <strong>Finnland</strong>hatte <strong>ich</strong> bereits vier Jahre in der Gemeindein Liminka gearbeitet und irgendwann hatte<strong>ich</strong> das Bedürfnis, <strong>noch</strong> et<strong>was</strong> anderes zu tun.Ich bin <strong>noch</strong> jung und möchte n<strong>ich</strong>t mein ganzesLeben am gle<strong>ich</strong>en Ort derselben Arbeitnachgehen. Eine enge Freundin, ebenfalls Pfarrerinin <strong>Finnland</strong>, machte m<strong>ich</strong> schließl<strong>ich</strong> <strong>auf</strong>die Stellenanzeige in der GemeindezeitungKotimaa <strong>auf</strong>merksam. Ich hatte nur ein paarTage Zeit zu überlegen, ob <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> tatsächl<strong>ich</strong>bewerben sollte. Doch letztl<strong>ich</strong> gibt es solcheStellen nur sehr selten und <strong>ich</strong> habe die Chanceergriffen. Dass <strong>ich</strong> die Stelle schließl<strong>ich</strong> bekam,war für m<strong>ich</strong> sehr überraschend. Denn <strong>ich</strong>fand, dass das Bewerbungsgespräch eigentl<strong>ich</strong>n<strong>ich</strong>t sehr gut gel<strong>auf</strong>en war.DFG: Den<strong>noch</strong> hast Du die Zusage erhalten.Wie ging es weiter?Danach bekam <strong>ich</strong> erst einmal Angst. Ichfragte m<strong>ich</strong>: Was hast du gemacht? Jetzt musstDu nach Deutschland ziehen (lacht). Mittlerweilebin <strong>ich</strong> aber darüber sehr glückl<strong>ich</strong>.DFG: Für eine Pfarrerin bist du mit 28 Jahrensehr jung. Hat man <strong>Finnland</strong> in diesem Alterimmer schon sein Studium abgeschlossen undbereits mehrjährige Berufserfahrungen?Nach dem Lukio (finn. Pendant zum Gymnasium)kam <strong>ich</strong> mit 18 Jahren an die Universität.Mit 24 Jahren habe <strong>ich</strong> meinen Abschluss gemacht.Dass <strong>ich</strong> dann sofort eine Anstellung gefundenhabe, war ein glückl<strong>ich</strong>er Zufall. Ich hatteimmer in den Semesterferien einen Sommer-Job und arbeitete in verschiedenen Gemeindenals Theologin. Im Sommer vor meinem Abschlussarbeitete <strong>ich</strong> in der Gemeinde inLiminka. Dort wurde eine Stelle frei und manfragte m<strong>ich</strong>. Das hat m<strong>ich</strong> sehr gefreut und <strong>ich</strong>habe sofort zugesagt. Ich denke, ohne dieseAufgabe hätte <strong>ich</strong> auch mein jetziges Amt n<strong>ich</strong>tausüben können, da mir die Erfahrung gefehlthätte.DFG: Liminka ist nur ein kleiner Ort mit rund9.000 Einwohnern. Wie kommst du nun in derMillionenstadt Köln zurecht?Liminka ist im Gegensatz zu Köln natürl<strong>ich</strong>ein sehr kleiner und ruhiger Ort, da gibt es n<strong>ich</strong>tviele Mögl<strong>ich</strong>keiten für Hobbies. Deshalb gefälltmir Köln sehr gut. Ich genieße die Freiheit, vieleDinge unternehmen zu können, auch wenn mirdazu bisher n<strong>ich</strong>t sehr viel Zeit blieb. Und wenn<strong>ich</strong> dann einmal Ruhe brauche, dann kann <strong>ich</strong>ja nach <strong>Finnland</strong> fahren und das Sommerhausmeiner Eltern in Pyhäjärvi besuchen. In Köln, inder Mitte der Stadt zu wohnen, passt geradesehr gut in meine Lebenssituation. Ich habekeine Kinder, bin ungebunden.DFG: Pyhäjärvi heißt <strong>auf</strong> Deutsch so viel wie„Heiliger See“. Hat das deinen berufl<strong>ich</strong>en Wegbeeinflusst?(lacht) Ich denke n<strong>ich</strong>t. Aber der See dort isttatsächl<strong>ich</strong> sehr schön. Unser Sommerhaussteht da und natürl<strong>ich</strong> haben wir als Kinder oftunsere Ferien dort verbracht, daher ist es einw<strong>ich</strong>tiger Platz für m<strong>ich</strong>. Ich mag es, dort zuschwimmen, zu rudern und in die Sauna zu gehen.Gebaut haben das Haus meine Großelternund jetzt gehört es meinem Vater und meinemOnkel.DFG: Jetzt <strong>noch</strong> et<strong>was</strong> Grundsätzl<strong>ich</strong>es: Wiekam es denn zu der Entscheidung, Theologiezu studieren?Ich denke, das hat zum einen mit meinerKonfirmation zu tun. In der Zeit habe <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong>freiwillig als Gruppenleiterin engagiert. Aberauch schon, als <strong>ich</strong> <strong>noch</strong> ein kleines Kind war,hat meine Mutter mit mir jeden Abend ein Gebetgesprochen. Zum anderen fand <strong>ich</strong> den Religionsunterr<strong>ich</strong>tin der Schule immer interessant,ganz besonders die Kirchengesch<strong>ich</strong>te.Außerdem ist die Religion, beziehungsweiseder Glaube für m<strong>ich</strong> stets eine Hilfe im Lebengewesen, in schwierigen Zeiten. Es ist beruhigend,wenn man weiß, dass alles gut gehenwird und dass man s<strong>ich</strong> <strong>auf</strong> jemanden verlassenkann.DFG: Nun ein kleiner Ausblick: Was möchtestDu künftig in Deiner kirchl<strong>ich</strong>en Arbeit umsetzen?Zunächst muss <strong>ich</strong> genau lernen, wie alles inder Gemeinde funktioniert. Dann möchte <strong>ich</strong>versuchen, auch Neuerungen einzuführen,denn <strong>ich</strong> wünsche mir mehr junge Menschen inder Gemeinde. Das ist natürl<strong>ich</strong> schwierig, denndie Mitglieder der finnischen Gemeinde lebenalle verstreut in einem großen Gebiet. S<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong>sind gemeinsame Gottesdienste geplant,aber auch darüber hinaus möchte <strong>ich</strong> mir neueMögl<strong>ich</strong>keiten ausdenken, damit jüngere Leute


5s<strong>ich</strong> engagieren. Ich wurde auch bereits von ihnengefragt, <strong>was</strong> sie tun können. Doch bisherkonnte <strong>ich</strong> dar<strong>auf</strong> <strong>noch</strong> n<strong>ich</strong>t konkret antworten.DFG: Wir wünschen Dir gutes Gelingen unddanken für das Gespräch.Die offizielle Einführung von Anna-Maari Ruotanenfindet mit einem Gottesdienst im Tersteegenhaus,Emmastr. 6 in Köln am Sonntag, dem 7. April 2013 um16 Uhr statt. Herzl<strong>ich</strong> Willkommen!Jennifer Lepies ist Redakteurin und DFG-Mitglied in KölnAuch Hanna Fünger stellt s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t erneut zurWahl. Sointu Bauerfeind hat s<strong>ich</strong> bereit erklärt,ab 2014 das Amt der Schatzmeisterin zu übernehmen,damit Brigitta Schumacher für andereAufgaben frei wird. Nach dem positiven schriftl<strong>ich</strong>enBer<strong>ich</strong>t der Kassenprüfer wird der Vorstandentlastet.Drei Kurzfilme und Gespräche beschließen denAbend. Ein Dank an die gastfreundl<strong>ich</strong>e FinnischeGemeinde!10. März 2013 19 Uhr Transnationales

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