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Ein Stadtmagazin #6 - Reizend

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DER FALSCHE FEIND!Über Schuldzuweisungen im Geschlechterdiskurs#AUFSCHREIAnsichten zur Sexismus-DebatteWENN DIE OMA PLÖTZLICH POLNISCH SPRICHTBeitrag über transkulturelle PflegeEIN STADTMAGAZIN


LIEBE ALLE!Die nun schon sechste Ausgabe des REIZEND! <strong>Stadtmagazin</strong>s widmen wir der Vielfalt und bieten einen bunten Streifzug durch spannende Themengebietevon Religion bis Recht, von Sexismus bis SeniorInnenbetreuung, von Film über Feind bis zum Familienbild. Der alles verbindende rote Faden ist gleichzeitigauch Name unseres städtischen Kooperations-Büros „Frauen, Gleichbehandlung und Integration“ und stellt somit natürlich auch die Grundlageunseres gemeinsamen Schaffens für das vorliegende journalistische Medienprojekt <strong>Stadtmagazin</strong> dar.Medienprojekt auch deshalb, weil wir neben den inhaltlichen Beiträgen jungen Welser Künstlerinnen und Künstlern Raum und Möglichkeit bieten, im<strong>Stadtmagazin</strong> ihre Arbeiten zu präsentieren. Für diese Ausgabe konnten wir Theresa Hödl gewinnen, die Zeitung mit ihren Fotografien zu illustrieren.Auch sie machte einen fotografischen Streifzug durch die Stadt – von der Noitzmühle ins Industriegebiet entlang der Traun. Aber sehen Sie selbst!Gibt’s nichts Wichtigeres? Haben wir keine anderen Probleme?Mit diesen und ähnlichen Fragestellungen sind wir, die wir in den angesprochenen Bereichen tätig sind, immer wieder aufs Neue konfrontiert. Ja,gemessen am Weltfrieden erscheint wohl jedwedes Thema, das in Stadt-, Landes- oder der österreichischen Bundespoltik be- und abgehandelt wird,nichtig und klein. Und ja, auch wir haben andere Probleme. Aber Gegenfrage: Wenn wir es nicht schaffen, relativ einfache Hürden zu nehmen, wie etwa,der Mehrheit der Bevölkerung in unserem alltäglichen Sprachgebrauch den ihr zustehenden Stellenwert einzuräumen, wie soll es uns dann gelingen,größere Probleme zu lösen? Oder anders gefragt: Sind es nicht eigentlich die Fragesteller/innen, die hier ein Thema zum Problem erheben (wollen)?Aber keine Angst, auf den erhobenen Zeigefinger verzichten wir wie immer gerne und die gendergerechte Sprache ist in dieser Ausgabe kein Thema,was uns selbst natürlich nicht davon abhält, als Positivbeispiel – was geschlechtergerechte journalistische Textarbeit angeht – voranzugehen. Versichernmöchten wir nur, dass das <strong>Stadtmagazin</strong> auch diesmal wieder viele neue Denkanstöße zu bieten hat.Last but not least.Auf den letzten beiden Seiten des <strong>Stadtmagazin</strong>s behandeln wir das REIZEND! Herzensthema „Kultur“ – womit sich der Kreis zur Vielfalt schließt. Denndie kulturelle Vielfalt in dieser Stadt ist uns ein besonders großes Anliegen, für das wir gerne auch lautstark eintreten!Herzlich,die REIZEND! Redaktion34-5678910-111112-131515INHALT#AUFSCHREIText von Andrea Bauer.DAS PARADIES LIEGT UNTER DEN FÜSSENDER MÜTTERLaurien Scheinecker im Gespräch mit Serpil Sinirtas.AKTIVTeam NoitzmühleREIZEND! berichtet.Wenn die Oma plötzlich polnisch sprichtText von Thomas Rammerstorfer.etwas ParadiesREIZEND!-Filmankündigung.Verstaubte TraditionenKommentar von Sebastian Achleitner.Gut Ding braucht WeileText von Katharina Gusenleitner.„Typisch Frau“Text von Claudia Glössl.Der falsche Feind!Rezension von Bianca Angerer.KulturText von Norbert Trawöger.Wels ist nicht tot, es riecht nur komischText von Dominika Meindl.Rechtlicher MiniguideText von Katharina Gusenleitner.2FotografieTHERESA HÖDLgeboren 1994 in Wels.HTL1 Bau und Design Linz, Grafik und Kommunikationsdesign.Austellung: Ansichtssachen / YOUKI Wels 2012.Lebt in Wels.Titelfoto Elke Oberleitner / Herzlichen Dank an Model Magdalena!Foto Rückseite Theresa HödlIMPRESSUMMEDIENINHABER & HERAUSGEBER / Magistrat der Stadt Wels. PROJEKTENT-WICKLUNG / REIZEND! Verein zur Vermittlung soziokultureller Medienprojekte.Pollheimerstraße 17. 4600 Wels. www.reizend.or.at. In Kooperation mit dem Bürofür Frauen, Gleichbehandlung und Integration. PROJEKTLEITUNG / Elke Oberleitner.REDAKTION / Sebastian Achleitner, Bianca Angerer, Andrea Bauer, KatharinaGusenleitner und Elke Oberleitner. GRAFIK DESIGN / Andrea Bauer. DRUCK / LandesverlagDruckservice GesmbH. 2013.


#AUFSCHREIüber den alltäglichen SexismusZu Beginn des Jahres ging ein #Aufschrei durch die Medienwelt, bei dem die ThemenSexismus und sexuelle Belästigung intensiv diskutiert wurden.Wie alles begann: Mitte Jänner berichtete dieJournalistin Annett Meiritz im Spiegel darüber,wie sie die Frauenfeindlichkeit der Piratenparteikennengelernt hat. Kurze Zeit späterschilderte die Journalistin Laura Himmelreichim stern unter dem Titel „Der Herrenwitz“ ihreErlebnisse mit dem Politiker Rainer Brüderle zufortgeschrittener Stunde an einer Hotelbar:Brüderles Blick wandert auf meinen Busen.„Sie können ein Dirndl auch ausfüllen.“ ImLaufe unseres Gesprächs greift er nach meinerHand und küsst sie. „Ich möchte, dassSie meine Tanzkarte annehmen.“ „Herr Brüderle“,sage ich, „Sie sind Politiker, ich binJournalistin.“ „Politiker verfallen doch alleJournalistinnen“, sagt er. Ich sage: „Ich findees besser, wir halten das hier professionell.“„Am Ende sind wir alle nur Menschen.“Vor allem zweiterer Artikel wurde als „Tabubruch“bezeichnet – ein Tabubruch, der inweiterer Folge eine mediale Diskussion auslöste,in der erstmals das oftmals fragwürdigeVerhalten von Politikern gegenüber Journalistinnenthematisiert wurde.SEXISMUS1. (ohne Plural) Vorstellung, nach der eines derbeiden Geschlechter dem anderen von Natur ausüberlegen sei, und die [daher für gerechtfertigtgehaltene] Diskriminierung, Unterdrückung, Zurücksetzung,Benachteiligung von Menschen, besondersder Frauen, aufgrund ihres Geschlechts2. etwas, was auf Sexismus beruht, sexistischeVerhaltensweise(Quelle: www.duden.de)SEXUELLE BELÄSTIGUNGsiehe „rechtlicher Miniguide“ Seite 4TWITTERTwitter bedeutet „Gezwitscher“ und ist einsoziales Netzwerk, mit dem man kurze Textnachrichten(Tweets) im Ausmaß von 140 Zeichenverbreiten kann.HASHTAG #Hashtags sind Schlagwörter innerhalb einesTextes, dargestellt mit vorangestellter Raute #.Dies dient vor allem in sozialen Netzwerkenwie Twitter dazu, die Suche nach bestimmtenStichworten/Themen zu erleichtern.BLOG - BLOGPOSTDer oder das Blog ist eine tagebuchartig geführteWebsite mit Kommentarfunktion. Die Beiträge/Artikel eines Blogs nennt man Blogposts oderPostings.<strong>Ein</strong>e vielschichtige Debatte entstehtEtwa zur selben Zeit veröffentlichte dieBloggerin Maike auf kleinerdrei.org ihrenBlogpost „Normal ist das nicht!“, in dem siepersönliche Erfahrungen mit Alltagssexismusschilderte und über Belästigungen und dieAuswirkungen auf ihr Leben schrieb. Der Textverbreitete sich sehr schnell und führte dazu,dass viele Frauen ebenfalls anfingen, vonihren eigenen Erlebnissen zu erzählen. Vorallem auf Twitter: Jeder Tweet schilderte eineübergriffige Situation. Kurze Zeit später riefdie Kommunikationsberaterin Anne Wizorekdazu auf, die Erlebnisse gebündelt unter demSammelbegriff #Aufschrei zu posten. Wasfolgte, waren zehntausende Tweets innerhalbkürzester Zeit – eine Lawine, mit der wohl diewenigsten gerechnet haben!Seit Ende Jänner bis heute werden Erlebnissevon Frauen zu Sexismus (aber auch Rassismusu.a.) auf der Website www.alltagssexismus.degesammelt. Das können „Kleinigkeiten“ wiedumme Sprüche sein, aber auch über tätlicheÜbergriffe von Grapschereien, Nötigung bishin zu Vergewaltigung wird berichtet – unddarüber, wie sich die Betroffenen zur Wehrsetzen, sowie über die Nicht-Reaktionen vonanderen – alles hat Platz. Denn: „Sexismusist keine Bagatelle, sondern ein ernsthaftesProblem, das wir nicht akzeptieren wollen“ istauf der Startseite zu lesen.Diese Seite zeigt besonders eindringlich, dassSexismus nach wie vor ein großes Problemdarstellt und dass Frauen und Männer nachwie vor nicht gleichgestellt sind – was aberim Umkehrschluss nicht heißt, dass automatischalle Frauen Opfer und alle Männer Tätersind! Die Fülle an geschilderten Erlebnissenverdeutlicht, dass wir in einer sexistischen Gesellschaftleben, die sexuelle Übergriffe meistnur belächelt, da sie strafrechtlich so gut wienie relevant sind.Medial, menschlichDas Besondere an dieser Debatte war unteranderem die Ergänzung der Medien onlineund offline und die dadurch entstandeneVielschichtigkeit – die „traditionellen“ Medien(Print, TV und Funk) diskutierten vor allem dieFolgen der beiden eingangs erwähnten Artikel,im Internet (vor allem Twitter und Blogs) hingegenwurde sehr persönlich diskutiert, was3Licht und Schattenzu einer wesentlich weiterführenden Debatteüber Alltagssexismus an sich und verbale undtätliche Übergriffe, die auf allen Ebenen derGesellschaft passieren, führte.Besonders lebendig und greifbar machtedie Diskussion, dass sie sich nicht nur aufExpertInnen beschränkte, sondern die vielenErfahrungsberichte von „ganz normalenMenschen“ ebenfalls ihren Platz hatten. Dieswar in dieser Form zuvor nicht möglich undwurde durch die Vielzahl an Plattformen imInternet begünstigt und führte erst dadurch zueiner gesellschaftlichen Relevanz. Ohne dievielen mutigen Stimmen, die unter #Aufschreilaut wurden, hätte die Debatte dieses Ausmaßnicht erlangt.Was bleibt?Nach diesem ersten #Aufschrei, der durchausals Startschuss verstanden werden kann, istes wichtig, die Debatte am Leben zu halten,um wirklich gesellschaftliches Bewusstseinfür die Problematik Sexismus/sexuelle Belästigungzu schaffen. Doch um eine Abkehr vonunserer sexistischen Gesellschaft tatsächlichherbeizuführen, bedarf es zeitgemäßemund verantwortungsvollem Handeln in denBereichen Medien, Bildung und in der Politik.Vor allem sind wir alle selbst gefordert, unsereeigenen Verhaltensweisen immer wieder aufsNeue zu reflektieren.Andrea Bauerlebt in Wels und arbeitet in den BereichenKunst, Kultur und Kommunikation.Foto THERESA HÖDL


Das Paradies liegt unter den FüSSen der MüttERFeminismus und Glaube – ein Widerspruch?Menschen in Istanbul, die mit ihrer Religionsehr locker umgehen. Den Koran und die Bibelmuss man heutzutage aus einem historischenKontext betrachten. Zeitgemäße Werte nehmen<strong>Ein</strong>fluss auf die Religion – nur so wird siemit dem Feminismus vereinbar.LAURIEN: Beeinflusst dein Glaube dein Frau-Sein?Laurien Scheinecker (röm.-kath.) und SerpilSinirtas (muslimisch) reden über Religion,Rollenbilder und die Gleichstellung der Frau.LAURIEN: Was verbindest du eigentlich mitdeiner Religion?SERPIL: Meine Religion steht in meinem Passund ich war als Kind im Religionsunterricht.Meine Familie ist muslimisch, ausleben tutRECHTLICHER MINIGUIDETraun / Höhe Industriegebiet (beide Fotos)das zu Hause aber keiner – Stoßgebete,wenn’s mal eng wird, sind da der Höhepunkt!LAURIEN: Da unterscheidet uns nicht viel, ichbin getauft und gefirmt, meine Eltern gehenmanchmal in die Kirche, aber prägend warmeine Religion für mich nie. Die Bibel zu lesenwar für mich mehr Schock als Bestärkung. AlsFrau kommt man da ja durchwegs nicht allzugut weg.SERPIL: Religion muss sich entwickeln. MeineEltern kommen aus dem ländlichen Osten derTürkei, aber ich habe mehr gemeinsam mit denSERPIL: Mein Glaube hat wenig <strong>Ein</strong>fluss,aber es gibt viele Werte, die ich adaptiere.Gemeinschaft, Solidarität, Familie, Kultur – fürmich sind das Werte, die man pflegen sollte,die aber nur wenig mit Religion zu tun haben.Vieles bewahre ich mir aber aus der Türkei– meine Eltern sollen später in der Familiegepflegt werden, das ist in Österreich oft nichtso.Laurien: Wirst du dich um die Altenpflegekümmern oder soll das auch dein Mann tun?Serpil: Es ist ja auch seine Familie! Ich willkeine Hausfrau sein, bin berufstätig underwarte mir eine faire Aufteilung. Der Mannin meinem Leben muss mich tolerieren, dagehören auch meine Tradition und meineFamilie dazu, aber auch mein Bedürfnis nachGleichstellung.Laurien: Deine Urgroßmutter wird in derTürkei von deinen Großeltern gepflegt. Istdie Pflegearbeit aufgeteilt zwischen deinemSEXUELLE BELÄSTIGUNGTatbestand der sexuellen Belästigung –§ 218 Absatz 1 StGbWer eine Person durch eine geschlechtlicheHandlung, an ihr oder vor ihr unter Umständen,unter denen dies geeignet ist, berechtigt Ärgerniszu erregen, belästigt, ist, wenn die Tat nicht nacheiner anderen Bestimmung mit strengerer Strafebedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monatenoder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzenzu bestrafen.Amtsblatt der EuropäischenGemeinschaften, 24.02.1992, Nr. L 49/03Sexuelle Belästigung bedeutet unerwünschtesVerhalten sexueller Natur oder ein sonstigesVerhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit,das die Würde von Frauen und Männern amArbeitsplatz beeinträchtigt. Dies kann unerwünschtekörperliche, verbale oder nichtverbaleVerhaltensweisen einschließen. Somit kann eineganze Reihe von Verhaltensweisen als sexuelleBelästigung betrachtet werden. <strong>Ein</strong> derartigesVerhalten darf nicht hingenommen werden,wenn es für die betreffende Person unerwünscht,unangebracht und anstößig ist.Sexuelle Belästigung nach dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz § 8 Abs. 2 B-GlBGSexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein dersexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetztwird, das die Würde einer Person beeinträchtigtoder dies bezweckt, für die betroffene Personunerwünscht, unangebracht, entwürdigend,beleidigend oder anstößig ist und1. eine einschüchternde, feindselige oderdemütigende Arbeitsumwelt für die betroffenePerson schafft oder dies bezweckt oder2. bei dem der Umstand, dass die betroffenePerson ein der sexuellen Sphäre zugehörigesVerhalten seitens einer Vertreterin odereines Vertreters des Dienstgebers oder einerKollegin oder eines Kollegen zurückweistoder duldet, ausdrücklich oder stillschweigendzur Grundlage einer Entscheidung mitAuswirkungen auf den Zugang dieser Personzur Aus- und Weiterbildung, Beschäftigung,Weiterbeschäftigung, Beförderung oderEntlohnung oder zur Grundlage einer anderenEntscheidung über das Dienst- oder Ausbildungsverhältnisgemacht wird.4Geschlechtsbezogene Belästigung nach§ 8a Abs. 2 B-GlBGGeschlechtsbezogene Belästigung liegt vor, wennein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetztwird, das die Würde einer Person beeinträchtigtoder dies bezweckt, für die betroffene Personunerwünscht, unangebracht, entwürdigend,beleidigend oder anstößig ist und1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigendeArbeitsumwelt für die betroffene Personschafft oder dies bezweckt oder2. bei dem der Umstand, dass die betroffenePerson eine geschlechtsbezogene Verhaltensweiseseitens einer Vertreterin odereines Vertreters des Dienstgebers oder einerKollegin oder eines Kollegen zurückweist oderduldet, ausdrücklich oder stillschweigend zurGrundlage einer Entscheidung mit Auswirkungenauf den Zugang dieser Person zur Aus- undWeiterbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung,Beförderung oder Entlohnung oderzur Grundlage einer anderen Entscheidungüber das Dienst- oder Ausbildungsverhältnisgemacht wird.


Großvater und deiner Großmutter?Serpil: Schön wär’s, aber Rollenbilderbrechen nur langsam auf, meine Großelternkommen aus einer anderen Zeit.Laurien: Das ist eine langsame Entwicklungund braucht viel Dialog – wir haben ja auchviele junge christliche Österreicher_innen, diezum Beispiel mit Väterkarenz nichts anfangenkönnen!Serpil: „Das Paradies liegt unter den Füßender Mütter.“ Der Satz ist aus dem Koran undist für vieles bezeichnend. Im Islam liebt undschätzt man die Frauen als Mütter, der Mannmuss seine Frau beschützen und im Gegenzugdarf sie nicht Männer „reizen“. Mit derWertschätzung und Heiligkeit der Mutter imKoran reproduzieren sich auch Rollenbilderund Feminismus wird schwierig.Laurien: Schwierig, aber nicht unmöglich?Serpil: Alles braucht Zeit. Vieles hat mit sozialerSicherheit zu tun, mit den Möglichkeiten,die Frauen geboten werden. Das erklärt auchdie Gefälle zwischen Stadt und Land, Istanbulund dem Hinterland in der Türkei. Je mehrPerspektiven muslimischen Frauen gebotenwerden, desto mehr hinterfragen sie Rollenbilderund emanzipieren sich gegenüber einerstrengen Religion. Ähnliches ist doch auch imChristentum passiert?Laurien: Ja, das Christentum hat sichsicherlich nicht von selbst an wandelndeRollenbilder angepasst. Der Druck auf die Religionhängt sicherlich viel damit zusammen,dass biblische Rollenbilder und historischeWertvorstellungen hinterfragt werden. VerliertReligion also an Bedeutung?Serpil: Nein, Religion soll den Menschen helfenund Hoffnung geben. Menschen – Frauenwie Männer – brauchen Sicherheit und wenndie vorhanden ist, dann hat man den Freiraum,auch zu hinterfragen. Man ist nicht mehr aufdie Gnade Gottes angewiesen, die man durcheine strenge Glaubensauslegung zu bekommenerhofft. Religion kann sich dann wandeln– und muss es auch, um noch zeitgemäß zusein.Laurien: Wenn sich also Religion nichtöffnet, verliert sie an Bedeutung?Serpil: Das ist ein mögliches Szenario. Aberich bin Optimistin und Realistin: Optimistischbetrachtet wird Religion im Laufe der Zeit modernisiertund kann Platz machen für starke,unabhängige Frauen. Realistisch betrachtetwird es hier keine perfekte Entwicklung geben.Zu viele halten sich in unsicheren Zeiten zusehr an die Auslegungen des Koran oder derBibel, die den Fortschritt immer wieder bremsenund unterdrücken. In diesem Zwischenspielwird sich zeigen, ob man muslimisch undfeministisch sein kann.Laurien Janina Scheinecker(25), studiert Politikwissenschaften in Wienund lebt in Wels.Serpil Sinirtas(24), lebt in Wels, ist Büroangestellte beieinem Reiseveranstalter, ihre Eltern stammenaus der Türkei.Auswege aus sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz!Jede von uns hat das Recht auf eineArbeitsatmosphäre, in der ihre Aufgabenerfolgreich erledigt werden können. Es gibtkeine grundsätzliche Definition, wo sexuelleBelästigung beginnt. Jede entscheidet fürsich, wo ihre persönlichen Grenzen sind.<strong>Ein</strong> Schulterklopfen, wenn es in Form einesunerwünschten körperlichen Kontaktes ist,kann genauso eine Belästigung sein wieFRAUENHAUS – FRAUENBERATUNGsexistische Kalender im Büro! Vorfälle selberals sexuelle Belästigung zu erkennen undsich jemandem anzuvertrauen, ist der ersteSchritt auf dem Weg in eine gute Arbeitsatmosphäre!Die Frauenberatungsstelle Wels bietet auchzu diesem Thema professionelle, kostenloseund anonyme Beratungen an, gegebenenfallsauch Rechtsberatung!Gewaltberatung | RechtsberatungSozial- und Lebensberatung | Prozessbegleitung07242/67 851Fotos Traun Theresa HödlFoto Laurien, Serpil Kerstin Mitterlehner5


AktivTeam Noitzmühle– weil man immer etwas tun kann!Seit 2009 treffen sich BewohnerInnen derNoitzmühle, um die Lebensqualität in ihremWohngebiet aktiv mitzugestalten. <strong>Ein</strong> repräsentativerQuerschnitt – sieht man von denJugendlichen ab – hat es sich zur Aufgabegemacht die unterschiedlichsten Anliegen zudiskutieren, ist bereit Freizeit zu investieren– mit dem Ziel ihre Freizeit in einem für alleliebenswerten Umfeld zu verbringen. Wir wohnenin einem schönen und naturnahen FleckchenWels und da wohnen wir gerne, so sindsich die Aktiven einig. <strong>Ein</strong>e Gruppe, die sicheigentlich ein jedes Grätzl verdienen würde.Man strukturiert die Anliegen, bringt sie von„Stammtisch-Gejammere“ und reißerischenMedienberichten weg – dort hin, wo manetwas tun kann. Und dazu ist es eben wichtig,dass man sich trifft, dass man netzwerkt. DieBedürfnisse vieler – im Idealfall aller – zuberücksichtigen ist schwierig, deshalb mussman reden und in der Folge handeln. Wie daszum Beispiel beim StadtteilentwicklungsprojektNoitzmühle geschehen ist: Wenn Geld indie Hand genommen wird, wie beispielsweiseAktivTeam Noitzmühle.Treffpunkt Volkshochschule Nebeneingang.Jeden 2. Dienstag im Monat ab 18.30 Uhr.aktuell der Neubau eines KommunikationsundInfrastrukturzentrums und die Errichtungeines Alten- und Pflegeheims, dann kennendoch wir, die BewohnerInnen unsere alltäglichenBedürfnisse am besten. Und die bringenwir auch zur Sprache. Ob große Bauvorhabenoder kleine Alltagssorgen – das AktivTeamwill sich konstruktiv einbringen. Wer diesenWunsch teilt ist herzlich eingeladen an denTreffen teilzunehmen. „Weil man immeretwas tun kann“. Auch wenn die Arbeit nichtimmer einfach ist, ihre Auswirkungen sindunmittelbar spürbar; sei es beim inzwischenfix etablierten, vom AktivTeam veranstaltetenWeihnachtsmarkt oder Maibaum-Aufstellen.<strong>Ein</strong> Stadtteil wächst zusammen.Und das mit der Jugend, das schaffen wirauch noch!Text und Fotos REIZEND!Freundlichen Dank anHotel Fürstenhof Wien!www.hotel-fuerstenhof.atDas Menschenrecht auf GesundheitGesundheit scheint das höchste Gut einer Gesellschaftzu sein. Zumindest erweckt das Übermaßan medialer Berichterstattung zu diesem Themaden <strong>Ein</strong>druck, dass Gesundheit und darüberhinaus dem Körper des Individuums überdurchschnittlichviel Platz und Bedeutung gegebenwird. Die Tatsache, dass der Zugang zu medizinischenLeistungen und zu gesunden Lebensweisennicht jedem Menschen gleichermaßen zukommt,entzieht sich gerne der Artikel- und Sendungsflut.Der mediale Raum ist in fester Hand von Berichtenüber Poweryoga, Lebensmittelunverträglichkeiten,Entschlackungskuren oder einem Leben in<strong>Ein</strong>klang von Körper und Geist.Was jedoch weniger bekannt ist - das Recht aufGesundheit ist ein Menschenrecht.Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard,der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlgewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung,Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendigesoziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheitim Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit,Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie beianderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmitteldurch unverschuldete Umstände. (Artikel 25 derAllgemeinen Erklärung der Menschenrechte)Österreich ratifizierte 1978 den InternationalenPakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelleRechte, dessen Artikel 12 besagt:(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht einesjeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß ankörperlicher und geistiger Gesundheit an.(2) Die von den Vertragsstaaten zu unternehmendenSchritte zur vollen Verwirklichung diesesRechts umfassen die erforderlichen Maßnahmena) zur Senkung der Zahl der Totgeburten und derKindersterblichkeit sowie zur gesunden Entwicklungdes Kindes;b) zur Verbesserung aller Aspekte der Umweltundder Arbeitshygiene;c) zur Vorbeugung, Behandlung und Bekämpfungepidemischer, endemischer, Berufs- und sonstigerKrankheiten;d) zur Schaffung der Voraussetzungen, die fürjedermann im Krankheitsfall den Genuss medizinischer<strong>Ein</strong>richtungen und ärztlicher Betreuungsicherstellen.Machen derartige Bestimmungen nicht besondersnachdenklich? Sind diese Regelungen für jedenMenschen durchsetzbar? Gesundheit als hohesGut der Individuen anzuerkennen, hat schon seineBerechtigung (obwohl ein Übermaß an Beschäftigungmit dem eigenen Körper sicher auch nichtgesund ist für den eigenen Kopf). Vergessen wirdarüber hinaus nicht die Auseinandersetzung mitder Tatsache, dass nicht alle Menschen den gleichenZugang zu diesem Menschenrecht haben.6Quellen:Allgemeine Deklaration der Menschenrechte 1948Internationaler Pakt über wirtschaftliche, sozialeund kulturelle Rechte


Wenn die Oma plötzlichPolnisch sprichTMigration und Seniorenbetreuung in WelsMit dem Fortschreiten ihrer Demenzerkrankungänderte sich so manches bei Frau Lehner1 . Dass sie aber eines Tages statt breitemoberösterreichischen Dialekt nur mehr Polnischsprach, kam dann schon überraschend.Die Recherchen der Enkel brachten die Lösung:Die Oma war zwar 1917 in Österreich-Ungarngeboren worden – aber als Angehörige derpolnischsprachigen Minderheit in Galizien. AmVorabend des Zweiten Weltkrieges heiratetesie einen Österreicher, dessen Land eben zuexistieren aufgehört hatte, wurde somit Deutscheund schließlich war sie am Ende wiederÖsterreicherin, wie am Tag ihrer Geburt. <strong>Ein</strong>Menschenleben wie die Geschichte Mitteleuropas.Zum Vorschein kamen ihre Wurzeln allerdingserst durch ihre Alzheimer-Erkrankung.Diese hatte eine progrediente Verlaufsform,d. h. sie vergaß das später Erlernte zuerst undhatte das früh Erlernte länger im „Speicher“.So blieb Polnisch über, als Deutsch weg war.Frau Lehner ist wie die überwiegendeMehrheit der BewohnerInnen der Häuser der1 Name geändertSeniorenbetreuung nicht in Wels geboren. Siekam der Liebe wegen in die Stadt, andere aufder Suche nach besseren Lebensbedingungen,nach Arbeit und Bildungschancen, viele aufder Flucht vor Krieg und Verfolgung. Wir habendie Innviertler ArbeitsmigrantInnen der 1920er,die von den Nazis zwangsumgesiedeltenSüdtiroler „Optanten“ und Rumänien-Deutschen,die vertriebenen OsteuropäerInnen derNachkriegswirren, die ungarischen Flüchtlingevon ´56, die „Boat People“ aus Kambodschaund Vietnam. <strong>Ein</strong> Meer an erlebter Geschichteund Geschichten, manchmal fast verschämterzählt, als sei es etwas Unmoralisches, seinLeben verbessern oder schlicht retten zuwollen.Die MigrantInnen aus Osteuropa, der Türkeiund Jugoslawien, die ab den 1960ern alsArbeitskräfte angeworben wurden oder alsVerfolgte aus ihren Heimatländern flohen,sind noch nicht in den Heimen angekommen.Zumindest nicht als BewohnerInnen – als Pflegepersonalsind sie unabkömmlich. In Wienhaben bereits zwei Drittel des PflegepersonalsMigrationshintergrund, in Wels dürfte es etwaTraunau Noitzmühle (beide Fotos)ein Drittel sein. Allein an der Stätte meinespflegerischen Wirkens – Vogelweide/Laahen– arbeite ich mit KollegInnen aus Kenia undKirgisistan, aus der Türkei, Deutschland, derUkraine, aus Ghana, Chile, China und allen Teilendes ehemaligen Jugoslawiens zusammen.Es ist also bereits ein gewaltiges Potential anSprachkenntnissen und „interkultureller Kompetenz“vorhanden. Und die werden wir in dennächsten Jahren wohl brauchen. Auch wennviele Menschen ihren Lebensabend lieber inihrer alten Heimat verbringen und wohl auchder familiäre Zusammenhalt im Schnitt höherist als bei „<strong>Ein</strong>heimischen“, wird der Anteilvon Menschen insbesondere mit jugoslawischenoder türkischen Wurzeln in den WelserHeimen sicher ansteigen. <strong>Ein</strong> Grundwissenum z. B. orthodoxe und muslimische religiöseTraditionen und Riten wird daher bereits beiden meisten Berufsausbildungen im Pflegebereichvermittelt.2015 wird einen neues Heim der Seniorenbetreuungin Lichtenegg-Noitzmühle eröffnet. Ankeinem anderen Ort in Wels und wahrscheinlichan wenig anderen Orten überhaupt inÖsterreich ließe sich die Migrationsgeschichte– und sogar ein gutes Stück Weltgeschichte!– besser veranschaulichen als hier. Im neuenHeim, das für viele die letzte Station auf ihremLebensweg sein wird, könnte Platz sein für einkleines Museum der Flucht: den Aufbruch, denWeg und die Ankunft. <strong>Ein</strong> Ort des Erinnerns fürdie Alten und des Lernens für die Jungen. Undwo die Oma wieder Polnisch sprechen kann.Thomas RammerstorferJournalist und Fachsozialbetreuer mit SchwerpunktAltenarbeit.Fotos Theresa Hödl7


Ja, ich will. Mich „verpartnern“... .<strong>Ein</strong>getragene PartnerschaftSeit 1. Jänner 2010 haben gleichgeschlechtlichePaare die Möglichkeit, sich ihre Partnerschaft eintragenzu lassen, vorausgesetzt beide PartnerInnenhaben das gleiche Geschlecht, sind volljährig,voll geschäftsfähig, führen keine aufrechte Eheoder aufrechte eingetragene Partnerschaft undsind nicht verwandt zueinander (zumindest nichtin gerader Linie oder Geschwister). Gesetzlichgeregelt ist das Rechtsinstitut der eingetragenenPartnerschaft, deren Begründung, Wirkungen undAuflösung im EPG – dem Bundesgesetz über dieeingetragene Partnerschaft.Mit der <strong>Ein</strong>tragung gehen gewisse Rechte undPflichten einher, die denen einer Ehe zwar teilweiseähneln, aber bei Weitem nicht ident sind. DerStatus, den die PartnerInnen durch die <strong>Ein</strong>tragungerlangen, ist eheähnlich. Die Unterschiede zurEhe finden sich zunächst im Begründungsakt, wirddieser doch vor der Bezirksverwaltungsbehördedurchgeführt und nicht am Standesamt. Es bedarfkeiner „Trauzeugen“. Seit Kurzem können jedochauf Wunsch der PartnerInnen zwei Begleitpersoneneine besondere Stellung erhalten. Auch eineZeremonie kann mittlerweile verlangt werdensowie die Mitteilung der Beamtin/des Beamtenin angemessener Form, dass die beiden nunmehrrechtmäßig eingetragene PartnerInnen seien. Die<strong>Ein</strong>tragung wie auch die gerichtliche Auflösungerfolgt im Partnerschaftsbuch. Die Begründungder Partnerschaft entfaltet nicht automatisch namensrechtlicheWirkungen, beide Teile behaltenihre bisherigen Namen. Die Option zur Namensänderungbesteht jedoch aufgrund des NamensetwasPaRADIESPeru/Österreich 2013Idee & Konzept: Daniel Dlouhy & Daniela AtzlRegie: Daniel DlouhySchnitt: Sebastian Longariva & Daniel DlouhyTondesign: Bertram WalserColorist: Mathias HelldopplerProduktion: Daniela AtzlÜbersetzung und Untertitel: Bianca Angerer(DCP; Farbe; 84min; deutsch-spanischeOriginalfassung mit deutschen Untertiteln.)Daniel DlouhyDaniela AtzlMit wenig Hab und Gut, dafür mit vielen Hoffnungenund noch mehr Gottvertrauen wandertenin der Mitte des 19. Jahrhunderts in zwei<strong>Ein</strong>wanderungswellen rund 330 TirolerInnenund 120 RheinländerInnen in den DschungelPerus aus. Ihr Ziel: die kleine Region Pozuzo,ein von der peruanischen Regierung versprochenesLand, das ihnen durch seine Fruchtbarkeitzum Lebens- und Wirtschaftsraum, zumeigenen kleinen Paradies, werden sollte.Fast 160 Jahre später sind Mobilität undMigration in Pozuzo sowohl als Hintergrundals auch als Gegenwart spürbar. Längst sindMenschen aus anderen Teilen Perus nachPozuzo gekommen, längst ist das Tirolerischekaum mehr auf den Straßen zu hören.Zugleich zieht es junge PozuzinerInnen ausder abgeschiedenen und schwer zugänglichenRegion in die Hauptstadt Lima. Jene,die zurückbleiben, sind gespalten zwischender Wahrung des Erbes ihrereingewanderten Vorfahren und denHerausforderungen und Chancen einerneuen, globalisierten Welt. Nichtzuletzt geht es um die Identität desOrtes, um die Definition von Zugehörigkeitund um Abgrenzung von denanderen – seien diese nun die PeruanerInnen,die „Indianer” oder die vonden RheinländerInnen abstammendenBewohnerInnen Prusias. Der Tiroler FilmemacherDaniel Dlouhy und die ebenso aus Tirolstammende Erziehungswissenschafterin DanielaAtzl haben über 10.000 Kilometer von Tirolentfernt viele verschiedene Wahrnehmungenvon Heimat, Identität und Herkunft kennengelerntund im Dokumentarfilm „etwas PARA-DIES“ die PozuzinerInnen von heute zu Wortkommen lassen. Sie sprechen über das TirolerErbe, über die Erfahrungen mit dem Terror desSendero Luminoso in den 1990er Jahren, übersoziale und wirtschaftliche Konflikte und überdie Zukunftshoffnung Tourismus, für die gerneauch Tiroler Klischees hochgehalten werden.Der Film beleuchtet das Heute eines fastvergessenen Mikrokosmos – ein möglichesParadies?SCREENING UND FILMGESPRÄCH MIT DENFILMEMACHERiNNEN von „etwas Paradies“Mi, 22. Mai 2013, 19.30 Uhr, Programmkino Welsweitere Termine auf www.programmkinowels.ateine Veranstaltung von REIZEND! in Kooperation mit demProgrammkino Wels im Medien Kultur Haus.8


Verstaubte TraditionenGedanken über das Zusammenleben im kleinsten System.Familienbild: Mama räumt den Frühstückstischab. Kind 1 sitzt davor am Boden und spielt.Kind 2 putzt gemeinsam mit Papa die Zähne.Alle lächeln, sind glücklich.Diese Szene könnte einem Bilderbuchentstammen. Tut sie auch. Gibt man in derGoogle-Bildersuche das Wort „Familie“ ein,so findet man fast ausschließlich positiveAbbildungen. Meistens werden Vater, Mutterund zwei Kinder dargestellt, manchmal auchnoch die Großeltern.Der Verein „Selbstlaut“ hat letztes Jahr eineänderungsgesetzes. Bei Doppelnamen werdendie Namen nicht mit Bindestrich verbunden. <strong>Ein</strong>weiterer Unterschied zur klassischen Ehe.Die eingetragenen PartnerInnen haben im Verhältniszueinander die gleichen Rechte und Pflichten.Beide sind zur umfassenden partnerschaftlichenLebensgemeinschaft und Vertrauensbeziehungverpflichtet. Der gegenseitige Beistand ist ebensogesetzlich festgelegt wie Rücksichtnahme aufden anderen bei der Gestaltung der Lebensgemeinschaft.Dazu gehört grundsätzlich auch eingemeinsamer Wohnsitz, von welchem nur auswichtigen persönlichen Gründen, wie etwa derPflege eines Angehörigen oder einer beruflichenAusbildung, abgesehen werden kann. Auch inBezug auf die Finanzen sind beide PartnerInnengefordert. So müssen sie lt. Gesetz gemeinsamzur Finanzierung ihrer Lebensführung beitragen,jede/r nach ihren/seinen Möglichkeiten. Der Teil,der den Haushalt führt, leistet dadurch ihren/seinen Beitrag zur Deckung der Lebensbedürfnisseund hat deswegen einen Unterhaltsanspruchgegenüber dem anderen Part.Erbrechtlich sind sinngemäß die für EhepartnerInnengeltenden Bestimmungen anzuwenden,was bedeutet, dass die eingetragenen Personenüber ein gesetzliches Erbrecht gegenüber der/demBroschüre erstellt, die Lehrer_innen und Schüler_innenim Unterricht verwenden können. Indieser Broschüre werden unter anderem auchsogenannte Regenbogenfamilien dargestellt,also Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern.Besagte Broschüre hat für viel Aufsehengesorgt. Sie würde die traditionelle „Kernfamilie“abwerten, meinten Kritiker_innen.Nachdem der europäische Menschenrechtsgerichtshofein Urteil gefällt hat, aus demhervorgeht, Österreich diskriminiere gleichgeschlechtlichePaare bei einer Adoption, habensich wieder kritische Stimmen erhoben. Dasjeweils anderen verfügen und nicht nur testamentarischbegünstigt werden können wie heterosexuelleLebensgefährtInnen.In Bezug auf Familienzuwachs sieht es für gleichgeschlechtlichePaare rechtlich weiterhin nichtrosig aus. „Verpartnerte“ dürfen per Gesetz gemeinsamkein Kind adoptieren (für <strong>Ein</strong>zelpersonenist dies theoretisch möglich!). Ebenso wenig ist esden PartnerInnen gestattet, das in die Partnerschaft„mitgebrachte“ Kind des jeweils anderenTeiles zu adoptieren. Diese umgangssprachlichals Stiefkindadoption bezeichnete Annahmean Kindes Statt der Kinder der Partnerin/desPartners soll jedoch aus Anlass eines Urteils desEuropäischen Gerichtshofes für Menschenrechte,der dieses Verbot als diskriminierend erachtete,bald für gleichgeschlechtliche Paare zulässigsein. Momentan ist es den „Stiefeltern“ (also deneingetragenen PartnerInnen eines Elternteiles,der ein minderjähriges Kind in die Partnerschaftmitbringt) aber erlaubt, alles den Umständen nachZumutbare zu tun, um das Kindeswohl zu schützensowie den Elternteil in Obsorgeangelegenheitenzu vertreten. Neben der Adoption sind auch medizinischunterstützte Fortpflanzungen bislang nurin Ehen oder Lebensgemeinschaften von Personenverschiedenen Geschlechts zulässig.9Ziel sei die „traditionelle“ Familie, meinte zumBeispiel Landeshauptmann Pühringer. „Wirhaben großes Verständnis, wenn die mal nichtgelingt – also für Alleinerzieherinnen und so.“Doch ein immer größer werdender Teil derKinder in Österreich lebt eben nicht in einerklassischen Vater-Mutter-Kind Familie. Sollendiese Kinder in dem Glauben aufwachsen, ihreFamilie und ihre Art zu leben sei nicht anzustrebenoder womöglich sogar abnormal?Auch wenn sich viele die traditionelle Kleinfamiliewünschen und diese auch oft mit Lustund Freude gelebt wird, so ist sie nur nocheine Form neben vielen anderen. Die Familienformenhaben sich pluralisiert. Alles, fast allesist möglich. Das mag gefallen oder nicht. Dasist allerdings nunmehr Realität! Ideologischfixiert wegzublicken und das Neue zu denunzieren,hilft niemandem und stört die möglichenChancen für neue Familienformen. Nungeht es darum, dies anzuerkennen und auchpolitisch dafür zu sorgen, dass in den vielfältigenFamilienarten das „gute“ Leben gelingenkann. Das „gute“ Leben gelingt, wenn dieneuen Beziehungsformen für umfangreicheKommunikation und eine stete Bereitschaftzur Konfliktbesprechung sorgen und auch dieHilfe von Beratungseinrichtungen in Anspruchnehmen. Es soll vor allem immer darum gehen,dass kompliziertere Beziehungsverhältnisseund die Bedürfnisse der <strong>Ein</strong>zelnen aufmerksamwahrgenommen werden. Dazu braucht esGeduld, viel Toleranz und Spielraum, positiveStimmung und Freude an der Vielfalt.Nur so jedoch kann es dazu kommen, dass dieFamilien ihre eigenen Bilder malen könnenund nicht irgendwelchen Idealen nachlaufen.SEbastian AchleitnerStudent der Philosophie an der Univ. Wien.Ehrenamtliche Tätigkeit beim KV waschaecht.Fotos THERESA HÖDL


Gut Ding braucht Weileoder der lange Weg der österreichischen Straf- und Familienrechtsreformenin Bezug auf Rechte der Frau und Gleichstellung der GeschlechterDer Mann ist das Haupt der Familie. Indieser Eigenschaft steht ihm vorzüglichdas Recht zu, das Hauswesen zu leiten; esliegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob,der Ehegattin nach seinem Vermögen denanständigen Unterhalt zu verschaffen, undsie in allen Vorfällen zu vertreten.Bei dieser Regelung handelt es sich nicht, wiesich so manche Leserin/so mancher Leser nunvielleicht denken wird, um eine mittelalterlicheNorm oder um die Gesetzgebung einernoch in Kinderschuhen steckenden Demokratie.Nein, dieser Paragraph entstammt demallgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch in seinerFassung von 1811, worauf das österreichischeFamilienrecht bis in die 1970er Jahre basierte.Obwohl bereits zuvor Initiativanträge zur Reformdes Familienrechts eingebracht wordenwaren, war die Republik erst in den 1970erJahren in gesellschaftlicher und politischerHinsicht soweit, das Bild einer patriarchalischorganisierten Familie und Ehe zumindest ausden Gesetzbüchern verschwinden zu lassen.Wichtigster Teil der Familienrechtsreformim Hinblick auf die Gleichberechtigung vonFrauen und Männern war das Gesetz überdie persönlichen Rechtwirkungen der Ehe,das mit 1. Jänner 1976 in Kraft trat. DiesesGesetz ging nunmehr von der partnerschaftlichorganisierten Ehe aus und räumte beidenEhepartnerInnen die gleichen Rechte undPflichten ein. Der gegenseitige Beistand ineiner Ehe wurde ebenso gesetzlich verankertwie das Recht beider Eheleute, den Wohnsitzgemeinsam zu bestimmen, gemeinsam für denehelichen Unterhalt aufzukommen, etc. Ausdieser Zeit stammt auch die Änderung im Namensrecht,die den Eheleuten die Möglichkeiteinräumte, bei der Eheschließung zwischendem Namen der Frau und dem des Manneszu wählen. Durch die Neuregelungen dengesetzlichen ehelichen Güterstand betreffendwurden jene Regelungen aufgehoben, die denMann berechtigt hatten, das Vermögen seinerFrau zu verwalten und diese vor Gericht zu vertreten.Während aufrechter Ehe erworbenesVermögen galt nicht mehr länger als Eigentumdes Mannes, sondern sollte im Trennungsfalleeiner Aufteilung unterliegen.Das Gesetz über die Neuordnung der Rechtsstellungdes ehelichen Kindes von 1978 ersetztedie vorherige „väterliche Gewalt“ in derFamilie, nach welcher der Vater alleine überdie Rechte seines minderjährigen Kindes entscheidenkonnte und die alleinige Vertretungder Kinder über hatte, durch die „elterlicheGewalt“, die beiden Elternteilen die gleichenRechte und Pflichten in Bezug auf ihre Kinderzukommen ließ.<strong>Ein</strong> weiterer großer Schritt war die Gleichstellungvon unehelichen mit ehelichen Kindernin Bezug auf Unterhalts- und Versorgungsansprüche.Die Scheidungsreform des Jahres 1978 brachtedas Rechtsinstitut der einvernehmlichenScheidung und die Scheidung gegen den <strong>Ein</strong>spruchder Ehepartnerin/des Ehepartners. Erst1983 wurde das Heiratsverbot für geschiedene10


Frauen aufgehoben. Die Scheidungsreform2000 brachte eine weitere Zurückdrängungdes Verschuldensprinzips.Auch in strafrechtlicher Hinsicht war der Wegzur Gleichstellung von Frau und Mann bzw. zurAbschaffung mehr als fragwürdiger Bestimmungen,wie etwa des Straftatbestandes derVergewaltigung in der Ehe, äußerst langwierigund steinig.50 Jahre nachdem im Parlament erstmalsder Antrag auf Straffreiheit für Abtreibungengestellt worden war, trat die Fristenlösungin Kraft – im Jahr 1975 (!). Dieser Regelunghaben wir es zu verdanken, dass eine Schwangerschaftbis zur zwölften Woche straffreiabgebrochen werden kann, sofern der <strong>Ein</strong>griffvon einem Arzt nach vorheriger Beratungvorgenommen wird.1971 wurde die Strafbarkeit von Ehebruch undgleichgeschlechtlichen Handlungen zwischenVolljährigen abgeschafft. 1989 wurdein Österreich erstmalig Vergewaltigung inaufrechter Ehe unter Strafe gestellt. Durch dasStrafrechtsänderungsgesetz 2004 wurden dieÄnderungen und Erweiterungen im Sexualstrafrechtfortgeführt. So wurde etwa die Unterscheidungzwischen Vergewaltigung in undaußerhalb einer Ehe oder Lebensgemeinschaftaufgehoben, ebenso wie die Unterscheidungzwischen schwerer und minderschwererVergewaltigung, dafür wurde ein einheitlicherTatbestand geschaffen.Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2006wurde die Zwangsverheiratung als Ehenötigungals Offizialdelikt geregelt, um den Schutzder Opfer zu erhöhen und ihnen gleichzeitigden Druck zu nehmen, selbst die Anklage einbringenzu müssen. Im selben Jahr wurde auchder Straftatbestand des Stalkings eingeführt.Die erwähnten Erweiterungen und Änderungenim Familien- wie Strafrecht sind nurein kleiner Teil dessen, was sich rechtlich inpunkto Gleichstellung der Geschlechter und inBezug auf Rechte der Frau getan hat. GrößereSorge bereitet die tatsächliche Gleichstellungder Frauen in der Gesellschaft und im Beziehungsleben.Existierende Gesetze werdengerade in diesem Bereich gerne missachtet.KATHARINA GUSENLEITNERJuristin, lebt und arbeitet in Wels.Foto Theresa HödlQuellen:http://diestandard.at/969482/Wie-es-zur-Fristenloesung-kamhttp://www.uibk.ac.at/leopoldine/gesamtbuero/aktuelles/100_jahre_int_frauentag/selbstbestimmung.htmlhttp://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=20593http://www.renner-institut.at/fileadmin/frauenmachengeschichte/sd_frgesch/sub-dat/famrecht.htmhttp://www.mediathek.at/virtuelles-museum/Familien-Strafrechtsreform/cid/2414„TYPISCH FRAU“Programm des Büros für Frauen, Gleichbehandlung und IntegrationDas Jahresprogramm 2013 steht unter demMotto „Typisch Frau – von Rollenbildern undFrauenklischees“.Die nächste große Veranstaltung findet am12. Juni statt: Vortrag und Diskussion zumThema Gendermedizin mit vorangehendemFrauenfrühstück. Als Referentin ist Univ.-Prof. inDr. in Margarethe Hochleitner (Universität Innsbruck)geladen. Das gemeinsame Frühstückbeginnt um 10 Uhr, der Vortrag um 11 Uhr – imund in Kooperation mit dem FrauengesundheitszentrumWels.Magistratsintern ist das Büro mit der Umsetzungdes im Juli letzten Jahres beschlossenenFrauenförderprogramms betraut. Beispielsweisewurde ein Leitfaden zur geschlechtergerechtenSprache und Bildsprache erstellt undV.l.n.r.: Claudia Glössl, Lea Zukic,Katharina Gusenleitner, Suna Silahlian alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter desMagistrats der Stadt Wels verteilt.Am 21. Juni findet ein Workshop zum Thema„gendersensible Erziehung“ statt. DieserWorkshop ist für alle Interessierten offen.Weitere Workshops zum Thema „sexistische11Vorurteile und Klischees“ sind für Sommer undHerbst geplant.Im Spätherbst steht wie jedes Jahr eineAuseinandersetzung mit dem Thema „Gewaltan Frauen“ am Programm. Es ist gelungen,die Linzerin Dr. in Adelheid Kastner für einenVortrag zum Thema „Täter“ (21. November,Minoriten) zu gewinnen. Sie ist als Gerichtsgutachterintätig und hat u.a. den Fall F. ausAmstetten begutachtet.Weitere Informationen:www.wels.gv.at / Facebook /Tel. 235-5053 / E-Mail fgi@wels.gv.atCLAUDIA GLÖSSLLeiterin des Büros fürFrauen, Gleichbehandlung und Integration


DER FALSCHE FEIND!Schuldzuweisungen in der Geschlechterdebatte bringen uns nicht weiterChristine Bauer-Jelinek kennt das Terrain, auf dem sie sich bewegt. Kämpfte sie doch in den1970ern selbst für die Forderungen der Frauenbewegung. In ihrem 2012 erschienen Buch „Derfalsche Feind – Schuld sind nicht die Männer“ geht die Autorin auf die ihrer Meinung nach heuteübliche Bevorzugung der Frauen ein und wagt viele Tabubrüche. Sind Frauen die besseren Menschen?Ist die Diskussion um ungleiche Löhne überhaupt angebracht? Sind weibliche Unterdrückungund Opferstatus gar nur ein Mythos?Mit Aussagen wie „Dass die aktuellen Forderungender Frauenpolitik im realen Leben nichtumsetzbar sind, ja geradezu ins Verderbenführen, spüren immer mehr Menschen am eigenenLeib“ (S. 105) entzündete Bauer-Jelinekunlängst eine wilde Debatte und riss eineneue Wunde in der schier unerschöpflichenPolemik um Männer und Frauen auf. Sie willmit der gesellschaftlichen Tendenz aufräumen,Frauen zu überhöhen und Männern die Schuldan sämtlichen Miseren dieser Welt zuzuschreiben.Nachdem das Frauenbild in der Geschichteabwechselnder Dämonisierung und Idealisierungunterlag, erlebt es in der heutigenZeit eine Hochkonjunktur: „Weibliche“ Wertewie Empathie, Ganzheitlichkeit, Verantwortungsbewusstseinund Kommunikationsstärkestünden hoch im Kurs, während die Autorin„männliche“ Tugenden mit einer „Welle derVerachtung“ (S. 13) konfrontiert sieht. Sämtlicheehemals positive „männliche“ Eigenschaftenwürden ins Lächerliche gezogen. Nichtnur das, auch würden sich die Männer in ihrerRolle als Prügelknaben kaum wehren, denn sieseien von Schuldgefühlen zerfressen, lebenin ständiger Angst, etwas falsch zu machen.Die ehemals Frauen gegenüber empfundeneMissachtung habe laut Bauer-Jelinek nur dieSeiten gewechselt: „Viele Frauen verdrehendie Augen, wenn sie das Wort ,Männer’ nuraussprechen“ (S. 14). Auch in der Berufsweltkönne man von beiden Geschlechtern hören,sie würden lieber mit Männern zusammenarbeiten,da diese „pflegeleichter“ (S. 15) seien.Aber nicht nur beruflich, sondern auch privatwürden Frauen Männern die Luft zum Atmennehmen: „Die Arbeitskraft der Männer, ihreZeit, ihre Gedanken und Gefühle gehören derFrau“ (S. 57). Ist diese bewusst einseitigeHerangehensweise Kalkül oder steckt dochmehr dahinter?Die Revolution frisst ihre eigenen KinderIn der westlichen Welt sieht die Autorinlängst alle Forderungen der Frauenbewegungerfüllt und die völlige Chancengleichheit undGleichberechtigung in nahezu allen Lebensbereichenerreicht. Schlagworte wie den GenderPay Gap bzw. die Forderung von gleichemLohn für gleiche Arbeit entlarvt Bauer-Jelinekals Propaganda, denn es gibt keine „gleiche“Arbeit. Differenzen des Lohnniveaus seienzurückzuführen auf schlechtere Verhandlungsfähigkeit,die Missachtung der Spielregelndes „finanzgetriebenen Neoliberalismus“ (S.35) und branchenübliche Lohndifferenzen. <strong>Ein</strong>Ihr Installateur vor Ort.Verlässlich und kompetent.SCHICKT _______________________________________________________UNS EURE FILME!Internationaler Filmwettbewerb<strong>Ein</strong>reichschluss: 10. AugustAltersgrenze: 26 Jahrewww.youki.atFestival: 19.-23. November 2013Alles aus einer HandTel.: 07242 493 - 100, E-Mail: elektroanlagenbau@eww.at12


Grund mehr für sie, mit dem Mythos der unterdrücktenFrau nun endgültig aufräumen.Bauer-Jelinek betont, dass die aktuellenForderungen des „Allmachts-Feminismus“ (S.85) ins Verderben führen, denn Männer undFrauen dürfen nicht alles haben, sondern siemüssen alles haben. Und genau dies führt zurgenerellen Überforderung in unserer Gesellschaft,unter der beide Geschlechter zu leidenhaben. Nicht nur die Ansprüche an die Karriereund persönliche Weiterentwicklung nehmenzu, auch andere Lebensbereiche sind voneinem stetigen Perfektionszwang betroffen: Esmuss genug Zeit für die Beziehung da sein, derHaushalt muss funktionieren, die Kinder- undeventuelle die Altenbetreuung soll bestmöglichorganisiert sein, der Freundeskreiswill gepflegt werden, kulturellen Interessenund körperlicher Fitness soll nachgegangenwerden und natürlich will auch die Gesellschaftaktiv mitgestaltet werden. Somit ergibtsich eine immer größer werdende Diskrepanzzwischen Ideal und Realität für Bauer-Jelinek:„DAS KANN SICH NICHT AUSGEHEN!“ (S.108). Auch würde der Zusammenhalt derGeschlechter und der Gesellschaft dadurchbedroht, denn die ständigen Kämpfe verhinderndie Durchsetzung gesellschaftlicherVeränderungen. Weiters geht sie darauf ein,dass Kindererziehung und Beziehungs- bzw.Familienarbeit an Ansehen verlieren bzw.werden diese vom Allmachts-Feminismus garals rückständig betrachtet. Durch das Konzept„Halbe-Halbe“ würden wir immer mehrverlernen, tragfähige zwischenmenschlicheBeziehungen aufzubauen. Sie betont, Frauennicht wieder an den Herd schicken zu wollen,sondern auch Männer, und plädiert schlussendlichfür eine bessere Absicherung derer,die sich um Familie und Haushalt kümmern.<strong>Ein</strong> schöner Gedanke zwar, die aktuellepolitische Realität sieht jedoch leider etwasanders aus.Bedingungslose existenzsicherndeGrundeinkommen für alle!Wer ist denn nun Schuld an der ganzenMisere? Die Männer sind es jedenfalls nicht,wie schon der Titel des Buchs verrät. Vielmehrsieht Bauer-Jelinek die aktuellen Probleme inder Politik des finanzgetriebenen Neoliberalismusund dessen Handlanger, dem Allmachts-Feminismus. Was also ist ihre Lösung? Kannman die vorhandene Arbeit besser verteilen?Bauer-Jelinek schlägt vor, von der Vollzeit-Erwerbstätigkeit abzurücken, eine Arbeitszeitverkürzungbei vollem Lohnausgleich oderein „bedingungsloses existenzsicherndesGrundeinkommen“ (S. 139) einzuführen.Männer und Frauen sollten auf die Barrikadengehen, sodass Erwerbsarbeit nicht unserganzes Leben dominiert und uns von unsererpersönlichen Entwicklung und Beziehungenabhält. Es müssten sich die Grundsätze desWirtschaftens ändern, nicht das eine oderandere Geschlecht. Denn weder Frauen nochMänner können eine Gesellschaft ändern,„indem sie einseitig ihre Interessen durchsetzen“(S. 160).Bauer-Jelineks Buch will eine Provokationsein, ein Denkanstoß und erlaubt so manchenneuen Blickwinkel. Würde sie sich jedoch aufihre Kernaussagen bzw. auf die ihre Rolle alsKritikerin der an Erwerbsarbeit orientiertenGesellschaft konzentrieren, bliebe nach derLektüre von „Der falsche Feind“ ein wenigerschaler Nachgeschmack. Über weite Teile desBuchs macht Jelinek nämlich genau das, wassie am Allmachts-Feminismus so anprangert:Sie verurteilt und schubladisiert. Schadeeigentlich.Literaturtipp:Bauer-Jelinek, Christine: Der falsche Feind -Schuld sind nicht die Männer.Ecowin Verlag, Salzburg, 2012.13Nicht eheliche Lebensgemeinschaft –„Ehe light“?Heterosexuelle Paare, die nicht heiraten wollen,haben lediglich die Möglichkeit in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen zu sein,was dann der Fall ist, wenn diese PartnerInnenlänger andauernd in einer Wohn-, GeschlechtsundWirtschaftsgemeinschaft leben. Aber auchbei getrennten Wohnsitzen des Paares kann eineLebensgemeinschaft vorliegen. Rechtlich gesehenhandelt es sich dabei allerdings um eine weitgehendunverbindliche Gemeinschaft. Es bestehenkeine Treue- und Unterhaltspflichten wie in einerEhe. In Bezug auf erbrechtliche Ansprüche geltenLebensgefährtInnen als Fremde. Vom Adoptionsverbotund dergleichen einmal abgesehen,reicht die eingetragene Partnerschaft rechtlichweiter als die nicht eheliche Lebensgemeinschaft.Mittels eines Partnerschaftsvertrages kanndas Zusammenleben eines Paares während derLebensgemeinschaft geregelt werden.<strong>Ein</strong> heterosexuelles Paar aus Oberösterreichsah sich durch die nicht vorhandene Möglichkeitverschieden geschlechtlicher PartnerInnen, sichihre Partnerschaft eintragen zu lassen, in ihremGrundrecht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierungaufgrund des Geschlechts verletzt undstrebte daher eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshofan.Quellen:EPG (Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft)https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/189/Seite.1890100.htmlhttp://www.wien.gv.at/verwaltung/personenwesen/partnerschaft/http://journal.juridicum.at/?c=142&a=2925http://derstandard.at/1361240621311/Stiefkind-Adoption-auch-fuer-eingetragene-Partnerhttps://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/58/Seite.580007.htmlBIANCA ANGERERgeb. 1985 in Wels. Studium der VergleichendenLiteraturwissenschaft und Romanistik inInnsbruck und Valencia. Lebt als Mitarbeiterinbei einer NGO für Menschenrechte und alsfreie Übersetzerin und Lektorin in Graz.Foto Theresa HödlRechtlicher Miniguide:KATHARINA GUSENLEITNERJuristin, lebt und arbeitet in Wels.


Sozial- und Gesundheitsberufe am BFI WelsMit den gesellschaftlichen Entwicklungen verändern sich die Ausbildungsinhalte.Unsere Gesellschaft verändertsich, die Welt ist - zumindest virtuellbetrachtet - global und damitwachsen die Anforderungenan den Alltag. Diese Veränderungenbringen auch große Herausforderungenfür unsere sozialenSysteme mit sich. Themen wieGesundheit & Alter, Erziehung& Bildung unterliegen diesemWandel. Die Ausbildungsinhalteder Gesundheits- und Sozialberufemüssen sich an den neuensozialen Entwicklungen adaptieren.Die Errungenschaften dermodernen Medizin und alles, waswir über ein gutes Leben wissen,ermöglichen, dass wir älter werden.Die Konsequenz daraus: Wirbrauchen gut ausgebildete AltenfachbetreuerInnen,die nebender medizinischen Kompetenzzusätzliches Wissen benötigen.Transkulturelle Pflege in Theorieund Praxis ist fixer Bestandteilim Lehrplan aller pflegenden Berufe.Schnell und stressig ist auchunsere Arbeits- und Berufswelt.Oft bleibt wenig Zeit für dieKinder. In den schulischen undaußerschulischen Bildungskontextensind es SozialpädagogInnen,die vermittelnd einspringen.Umso wichtiger, dass die Ausbildungsmoduleso gestaltet sind,dass die TeilnehmerInnen einenoffen Blick und empathischenZugang zu den Diversitäten inunserer Welt entwickeln können.Die verantwortungsvolleBegleitung von Menschen inunterschiedlichen Lebensphasenmit sozialarbeiterischer,interkultureller und psychologischerKompetenz ist Ziel derviersemestrigen Ausbildungzum/zur diplomierten SozialpädagogIn.Über die detailliertenPsychologin Christine Schwediauer,Referentin am BFI Wels. Foto: Privattheoretischen und praktischenAusbildungsinhalte können sichalle, die sich für diesen Berufinteressieren, beim Herbsttermininformieren: Infoabend am 10.September 2013 am BFI Wels inder Roseggerstraße.Nähere Infos: www.bfi-ooe.at.WERBUNGBeginn der nächstenAusbildungenim Herbst 2013Laufende Informationsveranstaltungen!Genaue Informationenund Termine unter07242 / 2055 oderBFI-Serviceline0810 / 004005GleichbehandlunG.Machen Sie den TeST!Dr. Johann Kalliauer, AK-Präsident:„Die AK – Ihre starke Partnerinin Gleichbehandlungsfragen!“Seit vielen Jahren setzt sich die Arbeiterkammer für die Gleichstellung von Frauenim Berufsleben ein. Wir kämpfen erfolgreich für bessere Rahmenbedingungen –von der Kinderbetreuung bis zur <strong>Ein</strong>kommenstransparenz – und bieten mit unsererGleichbehandlungsberatung auch individuelle Unterstützung. Und wenn Sie wissen wollen,ob Ihr Betrieb in Sachen Gleichstellung noch Nachholbedarf hat, dann machen Sie den Test:Den Gleichbehandlungs-Check mit vielen nützlichen Tipps und Infos finden Sie aufwww.arbeiterkammer.com14AK-Ins_Gleichbehandlung_195x135_4c.indd 1 18.04.13 09:44


KULTUR – ein Territorium des MiteinanderseinsIn unseren finanzgerüttelten Zeiten ist siewieder viel im Gespräch. Viele reden mitund letztlich sind wir allesamt Expertinnenund Experten für Kultur, da sie unser Lebenbestimmt. Unauffällig, solange sie da ist.Wenn sie aber im Verschwinden begriffen ist,werden die Auswirkungen schnell fatal undzur Unkultur. Aber wer oder was ist die vielbesagte„Kultur“ eigentlich? Sie ist nicht zuverwechseln mit der Kunst, auch wenn dieseauf den Feldern der Kultur gedeiht. „Wir lebenin einer Zeit, in der die Menschen nicht mehrin der Lage sind, zu definieren, was Kulturist“, merkte der Schweizer Schriftsteller MaxFrisch an. Vermutlich hat er recht. Es hängtwohl damit zusammen, dass unsere Lebensentwürfeund -formen viel unterschiedlicherausfallen, als sie es in früheren Tagen taten.Kultur hat ursächlich etwas mit unser allerLeben zu tun. Sie ist der Raum, in dem wir unsselbstverständlich bewegen. Sie ist das Feld,auf dem wir miteinander umgehen und vorallem wie! Kultur hat von ihrer Wortherkunftmit Ackerbau zu tun. Kultur hat etwas damit zutun, wie wir unsere Lebensräume bestellen, imIndividuellen wie im Kollektiven. Wir gestalten,bereiten sie uns selbst, in dem wir sie unduns kultivieren, wie wir es mit unseren Gärtentun. Sie ist also nichts Elitäres, Abgehobenes,das wir uns nicht leisten könnten und dastrotzdem kostet. Sie ist ein Territorium desGemeinsamen, des Miteinanderseins trotz undin aller Unterschiedlichkeit. Wir werden durchdie Kultur, in der wir leben, geprägt und dürfenbei alledem nicht vergessen, dass wir sieselbst mitgestalten.Norbert Trawögerist spielender, lehrender, schreibender undgestaltender Musiker.www.ente.meFoto Theresa HödlFrau Meindl auf dem Highway to WelsWels ist nicht tot, es riecht nur komischDOMINIKA MEINDList freischaffende Autorin und Künstlerin,lebt und arbeitet in Linz. Meindl besucht Welsder Liebe wegen mehrmals pro Woche.Foto Robert MaybachWels schlecht finden ist so wie Schönwetter gut finden: weit verbreitet. Neulich hat sich sogarDie Zeit (deutsche Wochenzeitung, Anm. d. Red.) hinreißen lassen, die Messestadt zu bashen. Ganzniederträchtig, nämlich auf der Kinderseite, wo Minderjährige vorgegebene Formulare ausfüllendürfen. Bei der Frage „Was macht dich traurig?“ ließ man eine Achtjährige hinkritzeln: „das [sic!]unser Wels tot ist.“ Muss das sein? Ist das wegen Wagner? Gut, von der politisch unzuverlässigenWerktreue, mit der man den hierinszeniert, bekommt man einen pelzigenMund. Als konstruktiver Menschmöchte ich vorschlagen: Arbeitetmit diesem schlechten Ruf! WennLinz – laut Spiegel – das langweiligsteGhetto der Welt ist („Chemie,Langeweile, Drogen“), kann Welsdas locker toppen, zum Beispiel miteiner Neuinszenierung des Rings derNibelungen durch Rammstein odereiner Hip-Hop-Version der „Meistersingervon Nürnberg“, nämlich:„Der Battle-Rap von der Noitzmühle“,performt vom Hans-Sachs-Chor. Bittesehr, nichts zu danken.Faksimile: Die Zeit. Printausgabe 10/13.15


Die Freiheit von Kunst und Kultur istwesentlicher Fortschrittsfaktor!Freiheit bedeutet nicht nur gewähren und treiben lassen,Freiheit bedeutet auch zulassen und unterstützen,fördern, vorantreiben - im Großen und im Kleinen.Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, 11. April 2013bei der Eröffnung des Linzer MusiktheatersIn diesem Sinne und im Sinne der Erhaltungder kulturellen Vielfalt in unserer Stadtwünschen wir einen schönen Sommer!

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