DT Magazin | Ausgabe 3 - Spielzeit 2010/11 - Deutsches Theater
DT Magazin | Ausgabe 3 - Spielzeit 2010/11 - Deutsches Theater
DT Magazin | Ausgabe 3 - Spielzeit 2010/11 - Deutsches Theater
Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!
Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
<strong>Ausgabe</strong> 3 - <strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Wir machen Dinge real,<br />
die auf den ersten Blick ausgedacht erscheinen<br />
Enthusiasten, Ironiker, Melancholiker<br />
Unterdrückung und Gewalt,<br />
Demütigung und Tod<br />
Zwischen Dienstleistung und Verweigerung<br />
dt<br />
<strong>Magazin</strong>
Inhalt<br />
4<br />
Wir machen Dinge real, die auf den ersten Blick<br />
ausgedacht erscheinen<br />
Ein Gespräch mit der geheimagentur<br />
8<br />
Enthusiasten, Ironiker, Melancholiker<br />
Essay von Ulrich Bröckling<br />
14<br />
Die Weber<br />
18<br />
Aufhören! Schluss jetzt! Lauter!<br />
12 letzte Lieder<br />
20<br />
Judith<br />
22<br />
Der Heiler<br />
23<br />
Clash<br />
24<br />
Ortstermin:<br />
,Verminte Zone‘ im Europäischen Parlament<br />
26<br />
Die verbotene Frage<br />
27<br />
Szenen im <strong>DT</strong><br />
28<br />
Die Premieren im Überblick<br />
30<br />
Specials<br />
Auf dem Titel: N. Hacker, S. Lehmann, E. Arens,<br />
M. Grove, M. Graf und P. Moltzen in ,Die Weber‘<br />
3<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
© Arno Declair
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
„Wir machen<br />
Dinge real, die auf<br />
den ersten Blick<br />
ausgedacht erscheinen<br />
– wenn nicht<br />
gar unmöglich.“<br />
Die Hamburger geheimagentur arbeitet anonym und hat an verschiedenen <strong>Theater</strong>n<br />
und im öffentlichen Raum bereits eine Zukunftsvorhersagemaschine konzipiert<br />
und die Wunderannahmestelle ins Leben gerufen. Im Deutschen <strong>Theater</strong><br />
wollte sie nun für ihr neuestes Projekt einen „Zirkel zur Vergesellschaftung der Magie“<br />
gründen. Bis klar wurde: Den gibt es schon längst!<br />
Interview: Christoph Koch<br />
4<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
© geheimagentur<br />
Sie sind für das heutige Interview zu zweit, der Leser soll aber<br />
weder Ihre Namen noch sonst etwas über Sie als Personen erfahren.<br />
Warum sprechen Sie nur als „Die geheimagentur“?<br />
Das liegt daran, dass wir als eine kritische Antwort auf die Ökonomie<br />
der Aufmerksamkeit entstanden sind. Bei unseren Aktionen<br />
fordern wir das Publikum nicht nur auf, so ein bisschen<br />
„mitzumachen“, sondern wir öffnen die Bühne eigentlich komplett<br />
und sagen: Ihr seid auch die Produzenten dessen, was heute<br />
Abend passiert. Das wird aber in dem Moment problematisch,<br />
in dem wir uns danach hinstellen und mit unseren Namen das<br />
gesamte kulturelle Kapital, das durch eine solche Zusammenarbeit<br />
entsteht, einstreichen und für uns verbuchen. Wenn wir die<br />
Stars sind, die fotografiert und interviewt werden. Das wollen<br />
wir nicht.<br />
Die geheimagentur tritt also stets als anonymes Kollektiv auf, an<br />
das jeder andocken kann?<br />
Ja, und jeder, der einmal bei einer unserer Aktionen mitgemacht<br />
hat, kann die Autorschaft beanspruchen. Er kann sagen „Ich bin<br />
Teil der geheimagentur, ich habe folgende Projekte realisiert“.<br />
Diese Idee stammt eigentlich aus dem Neoismus und hat auch<br />
ein Stück weit mit Magie zu tun. Mit der Frage, wie man an mehreren<br />
Orten zugleich sein kann, wie einer sich in viele verwandelt<br />
und viele sich in einen. Es gibt beispielsweise das offene<br />
Pseudonym Luther Blisset, das von mehreren Menschen benutzt<br />
werden kann.<br />
So ähnlich wie das Kino-Pseudonym Alan Smithee, das Regisseure<br />
wählen können, die sich von der finalen Fassung ihres eigenen<br />
Filmes distanzieren wollen?<br />
Das ist sozusagen eine negative Variante von Luther Blisset. Ein<br />
interessanter Widerspruch ist außerdem, dass etwas wie die geheimagentur<br />
durch ihre Anonymität einerseits für eine kapitalistische<br />
Verwertungslogik völlig undurchdringbar wird – andererseits<br />
für die Menschen, die sich beteiligen wollen, absolut offen<br />
und sehr leicht zugänglich.<br />
Sie haben gesagt, Sie beziehen das Publikum nicht nur sachte<br />
mit ein, sondern geben ihm die Rolle des Produzenten. Im Internet<br />
ist das in den vergangenen Jahren unter den Schlagworten<br />
Web 2.0 oder „nutzergenerierte Inhalte“ passiert. Interessiert<br />
sich die geheimagentur für Blogs und Netzwerke und so weiter?<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
5<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Offensichtlich sind die geheimagentur und das Internet zur selben<br />
Zeit auf die selbe Idee gekommen. Das ist doch ein gutes<br />
Zeichen! Wir freuen uns über die parallele gesellschaftliche Entwicklung,<br />
für unsere Aktionen nutzen wir das Internet allerdings<br />
kaum.<br />
Warum nicht? Würde sich das Netz für Anonymität und versteckte<br />
Operationen nicht anbieten?<br />
Sicherlich. Aber wir versuchen etwas, das auf den ersten Blick<br />
fiktiv und ausgedacht zu sein scheint, so real wie möglich werden<br />
zu lassen. Dabei kann das Internet ein Werkzeug sein. Aber<br />
für diese eindrucksvolle Erfahrung, dass man denkt, etwas sei<br />
komplett ausgedachter Quatsch und plötzlich findet es wirklich<br />
statt, brauchen wir die reale Welt.<br />
Es gibt die geheimagentur seit 2003 – welche vermeintlichen<br />
Fiktionen haben Sie denn bereits in die Realität umgesetzt?<br />
Ein einfaches Beispiel wäre die ,Bank of Burning Money‘, die wir<br />
gegründet haben. Eine Bank, die Geld verbrennt, hört sich zunächst<br />
erst mal völlig wahnwitzig an. So etwas kann es ganz einfach<br />
nicht geben, so scheint es zumindest. Trotzdem haben wir<br />
sie vor einigen Jahren unter dem Büroturm der Deutschen Bank<br />
in Frankfurt gegründet. Man konnte hingehen und sich Geld<br />
auszahlen lassen, die einzige Bedingung war, dass man das erhaltene<br />
Geld sofort verbrannte.<br />
Eine andere Aktion, bei der es schon im Titel um Unglaubliches<br />
geht, war die Wunderannahmestelle, die Sie in Bochum ins Leben<br />
gerufen haben. Wie funktionierte die?<br />
Wir haben einen Laden in der Bochumer Innenstadt angemietet<br />
und dort konnte jeder, der schon einmal Zeuge eines Wunders<br />
geworden ist, dieses Wunder melden. Wir haben uns aber auch<br />
selbst auf die Suche nach Wundern gemacht.<br />
Was hätte die Wunderannahmestelle gemacht, wenn niemand<br />
gekommen wäre?<br />
Dann hätte es nicht funktioniert. Aber das ist ja das Spannende:<br />
Wir stellen nur den Ort oder den Rahmen bereit, aber niemand<br />
weiß, was für Menschen kommen, was für Arten von Wundern<br />
sie mitbringen. Es ist wie eine Maschine, die man aufstellt und<br />
dann neugierig zuschaut, was am Ende herauskommt. Oder wie<br />
ein gemeinsames, aber letztlich zerstreutes Kuratieren einer<br />
Ausstellung.
Was wäre denn ein Beispiel für ein „Wunder von Bochum“, das<br />
bei dieser Ausstellung zutage gefördert wurde?<br />
Wir stießen auf einen Taxifahrer aus dem Iran, der dort verfolgt<br />
worden war und dem in Deutschland politisches Asyl gewährt<br />
wurde. Das empfand er als Wunder – und wir ehrlich gesagt<br />
auch. Noch wundersamer kam es allerdings, als sich herausstellte,<br />
dass er ein bedeutender iranischer Dichter ist, der in seinem<br />
Taxi in den vergangenen Jahren unter anderem Erich Fried<br />
übersetzt hat.<br />
Neben der Wunderannahmestelle gab es auch mal das ,Casino<br />
of Tricks‘. In der Aktion, die Sie von Januar bis März am <strong>DT</strong> planen,<br />
geht es auch wieder um Magie. Was fasziniert Sie so an diesem<br />
Thema?<br />
Die Magie im Sinne von Bühnenzauberei befindet sich in einer<br />
Krise. Mit jemandem, der da oben vor einem Glittervorhang<br />
Kunststückchen macht, können heutzutage nur noch wenige etwas<br />
anfangen. Unser Projekt fragt deshalb danach, wie wir die<br />
Zauberei aus diesem Bühnenrahmen befreien können und sucht<br />
nach gesellschaftlichen Anwendungsmöglichkeiten. Wir wollen<br />
weg von dieser Reihe vorher einstudierter Tricks, die ein einzelner<br />
im Rampenlicht aufführt und alle anderen stehen mit offenen<br />
Mündern davor und staunen.<br />
Wie können solche gesellschaftlichen Anwendungsmöglichkeiten<br />
aussehen?<br />
Eine gerade heute wieder sehr spannende Figur ist die des verdeckten<br />
Zauberers. Eigentlich ein Hochstapler. Er wendet seine<br />
Tricks vor allem heimlich an, um Leute übers Ohr zu hauen – im<br />
Idealfall solche, die es verdient haben. So wie der legendäre Viktor<br />
Lustig, dem es zweimal gelungen ist, den Eiffelturm zu verkaufen<br />
und um den es an unserem ersten Abend geht.<br />
Eine Art Abendschule der Hochstapelei?<br />
Wir werden den Teilnehmern eine Art Portfolio an die Hand geben,<br />
mit dem sie zu einem modernen Viktor Lustig werden können.<br />
Den Eiffelturm kann man heute vermutlich niemandem<br />
mehr verkaufen, aber wir denken, dass es zum Beispiel mit<br />
Piratenanteilen, also Beteiligungen an somalischen Piratencrews<br />
und deren Beute, gut funktionieren würde.<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
„Wir suchen eher nach subversiven Tricks,<br />
die als ein Gegengift […] wirken sollen.<br />
Gegen den Anspruch, immer noch effektiver<br />
funktionieren zu müssen.“<br />
6<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Sie haben gesagt, die Bühnenzauberei ist in der Krise – was jedoch<br />
gerade boomt, ist das Gedankenlesen. Fernsehshows,<br />
Buch-Bestseller mit Titeln wie „Ich weiß, was du denkst“ – ist<br />
Gedankenlesen auch Magie?<br />
Gedankenleser stehen meist in der Tradition von Hypnotiseuren<br />
und sind somit sehr mächtige Figuren – jemand, der geistige<br />
Kontrolle über seine Mitmenschen beansprucht. Dem wollen<br />
wir begegnen, indem wir nach gleichberechtigten Möglichkeiten<br />
suchen: beispielsweise einer Möglichkeit, wie sich in einer<br />
Gruppe alle gegenseitig hypnotisieren können, statt nur ein einzelner<br />
alle anderen. Gleichzeitig ist es ein modernes Phänomen,<br />
dass jeder von uns ständig erlebt, wie seine Gedanken gelesen<br />
werden, wenn er vor dem Computer sitzt: Ob Google oder Amazon<br />
– man hat noch nicht zu Ende getippt, was man suchen oder<br />
welches Buch man lesen will und schon schlägt es der Algorithmus<br />
einem vor. Diese Angst vor der Durchschaubarkeit, die jeder<br />
tagtäglich erlebt, wird bei den Gedankenlese-Shows ins Unheimliche<br />
und Lustvolle gesteigert.<br />
Nun gibt es für Zauberer oder sogenannte Illusionisten nichts<br />
Schlimmeres, als wenn jemand ihre Tricks verrät. Genau das tut<br />
aber die geheimagentur ...<br />
Die Menschen bekommen heutzutage doch ständig irgendwelche<br />
Tricks verraten – die meisten allerdings in wirtschaftlichen<br />
Verwertungszusammenhängen: Wie verhalte ich mich beim<br />
Bewerbungsgespräch? Wie knüpfe ich schnell möglichst viele<br />
Businesskontakte? Wir suchen eher nach subversiven Tricks,<br />
die als ein Gegengift gegen diese Art von Gehirnwäsche wirken<br />
sollen. Gegen den Anspruch, immer noch effektiver funktionieren<br />
zu müssen.<br />
Gab es wegen verratener Tricks trotzdem schon mal Ärger mit<br />
den Zaubererverbänden oder der Magiergewerkschaft?<br />
Nein, aber es war erstaunlich, wie viele Menschen zum Beispiel<br />
beim ,Casino of Tricks‘ genau diese Sorge äußerten. Dort bekam<br />
jeder seinen Spieleinsatz fürs Roulette nur dann, wenn er uns<br />
vorher einen Trick verriet. Aber viele zierten sich, ihre Tricks<br />
auszuplaudern – oft aus Angst, dass diese dann weg wären.<br />
Aber auch wenn wir den Austausch und das Verraten von Tricks<br />
fördern und unterstützen, ist es uns natürlich trotzdem wich-<br />
tig, dass Geheimnisse gewahrt bleiben können. Wir wollen nur<br />
nicht, dass es über ein Ausschlussprinzip funktioniert.<br />
Aber genau dieses Ausschlussprinzip ist doch im Grunde für Geheimlogen<br />
und Magierzirkel eine essentielle Eigenschaft, oder<br />
nicht?<br />
Bei unserem aktuellen <strong>DT</strong>-Projekt ,Molotovs Magische Laterne‘<br />
dachten wir ja zunächst, wir müssten den ,Zirkel zur Vergesellschaftung<br />
der Magie‘ erst gründen und sahen das als unsere<br />
Aufgabe an. Doch im Laufe der Recherchen stellten wir fest,<br />
dass es diesen Zirkel schon gibt. Vermutlich schon seit sehr langer<br />
Zeit – und unser Problem ist nun eher, dass wir versuchen<br />
müssen, mit unseren Veranstaltungen Anschluss an diesen Zirkel<br />
zu finden.<br />
Sie bauen also darauf, dass sich einige Mitglieder dieses Zirkels<br />
am ersten Abend einfinden und zu erkennen geben werden?<br />
Das ist unsere große Hoffnung – uns ist aber klar, dass wir uns<br />
vermutlich erst einmal werden bewähren müssen. Vielleicht ist<br />
dieser Zirkel aber auch weit weniger geheimniskrämerisch als<br />
wir das befürchten – vielleicht ist das auch eher so ein Kleingartenverein.<br />
Wir haben außerdem mehrere Gäste eingeladen, von<br />
denen wir stark vermuten, dass sie Kontakt zum ,Zirkel zur Vergesellschaftung<br />
der Magie‘ haben oder selbst Mitglieder sind.<br />
Wer sind diese Gäste?<br />
Einer davon ist beispielsweise Aaron Gach. Er hat bereits versucht,<br />
das Gespenst des Kommunismus durch Osteuropa zu verfolgen<br />
und wird uns nun dabei helfen, Geister im Regierungsviertel<br />
zu suchen. Ob das eine Anrufung oder eine Austreibung<br />
wird, wissen wir noch nicht.<br />
Stichwort Politik: In der Geschichte wurden Magie oder Okkultismus<br />
auch immer wieder genutzt, um gesellschaftlich unbequeme<br />
Wahrheiten geschützt aussprechen zu können. Wird<br />
auch diese Art von „Tricks“ eine Rolle spielen?<br />
Unbedingt. Unsere Lieblingsgeschichte in dieser Hinsicht ist die<br />
von Achsa White Sprague, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
in den USA ein wichtiges Tabu brach: Damals war es<br />
bürgerlichen Frauen ja nicht erlaubt, vor irgendeiner Art öffent-<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
7<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
licher Versammlung zu sprechen – sei es in der Kirche, bei einer<br />
Gemeindeversammlung oder sonstwo. Frauen hatten einfach<br />
den Mund zu halten. Achsa White Sprague behauptete nun,<br />
Geister verstorbener Männer hätten ihr den Auftrag gegeben,<br />
zu großen Versammlungen zu sprechen und sich dort beispielsweise<br />
für die Abschaffung der Sklaverei einzusetzen. Dadurch,<br />
dass sie in Trance fiel und der Geist eines toten Mannes durch<br />
sie sprach, konnte sie also als erste Frau offiziell und über politische<br />
Themen zu einem größeren Publikum sprechen. Noch dazu<br />
als unverheiratete Halb-Indianerin.<br />
Hat sie zu einem späteren Zeitpunkt den Trick aufgeklärt? Oder<br />
hat sie am Ende selbst an diese Trance geglaubt?<br />
Nach allem, was heute überliefert ist, hat sie selbst an diese<br />
Trance und die durch sie sprechenden Geister geglaubt – ebenso<br />
wie ihr Publikum. Die Welt der Zauberer und Magier war ja bis<br />
vor kurzem noch ähnlich abweisend gegenüber Frauen eingestellt<br />
wie die ganze Welt zur Zeit von Achsa White Sprague: Bis<br />
1981 waren beispielsweise in diversen Vereinen von Amateur-<br />
und Profizauberern keine Frauen zugelassen.<br />
Bei den Veranstaltungen der geheimagentur haben Frauen zum<br />
Glück problemlos Zutritt. Was kann ein Besucher, der nun mit<br />
Magiezirkeln und Geheimlogen gar nichts am Hut hat, dort lernen?<br />
Werden handfeste Tricks vermittelt?<br />
Uns interessieren zwar vor allem gesellschaftliche Aspekte,<br />
aber es wird auch handfeste Tricks geben. Zum Beispiel – soviel<br />
können wir schon verraten – den besten Verführungstrick der<br />
Welt. Im Übrigen hoffen wir natürlich selbst noch Tricks zu lernen<br />
– sobald der ,Zirkel zur Vergesellschaftung der Magie‘ Kontakt<br />
zu uns aufnimmt. Codewort: Molotovs Magische Laterne.<br />
Molotovs Magische Laterne<br />
Zirkel zur Vergesellschaftung der Magie<br />
Ein Projekt der geheimagentur<br />
in Zusammenarbeit mit dem Deutschen <strong>Theater</strong><br />
Termine: 9. Februar, 10. März und 7. April 20<strong>11</strong>
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Enthusiasten,<br />
1<br />
Unternehmer zu sein, ist nicht nur ein Beruf oder eine<br />
Berufung, nicht nur ein Modus ökonomischer Aktivität<br />
oder ein privatrechtlicher Status. Unternehmer zu sein,<br />
genauer: Unternehmer sein zu sollen und zu wollen,<br />
ist auch eine Subjektivierungsform, eine Art und Weise,<br />
sich selbst und andere zu begreifen und zuzurichten.<br />
Unternehmerisches Handeln bezeichnet in diesem<br />
Sinne weniger einen Tatbestand als ein Kraftfeld, einen<br />
Sog: ein Telos, nach dem die Individuen streben,<br />
einen Maßstab, an dem sie ihr Tun und Lassen beurteilen,<br />
ein tägliches Exerzitium, mit dem sie an sich arbeiten,<br />
und einen Wahrheitsgenerator, in dem sie sich<br />
selbst erkennen sollen. Diese Subjektivierungsform ist<br />
nicht beschränkt auf selbständig Gewerbetreibende<br />
oder Kapitaleigner, sondern eine generalisierte Anforderung,<br />
die sich an alle und jeden einzelnen richtet. Es<br />
handelt sich um eine höchst wirkmächtige Realfiktion,<br />
die einen Prozess kontinuierlicher Optimierung und<br />
Selbstoptimierung in Gang setzen und in Gang halten<br />
Ironiker,<br />
Melancholiker<br />
Vom Umgang mit der unternehmerischen Anrufung<br />
von Ulrich Bröckling<br />
Mobiler sein, effizienter und risikobereiter: Jeder vernimmt ihn, den Befehl zur Optimierung des Selbst.<br />
Und fast alle haben diesen Imperativ so weit internalisiert, dass es überhaupt niemand mehr braucht, der ihn ausspricht.<br />
Entkommen lässt sich ihm allenfalls um den Preis der Katastrophe. Wie etwa in Oliver Klucks Stück<br />
‚Warteraum Zukunft‘, das Simon Solberg für die Box inszeniert hat. Oder um den Preis des Ausstiegs aus der Gesellschaft,<br />
wie ihn Aki Kaurismäkis ‚Der Mann ohne Vergangenheit‘ vorführt (Regie: Dimiter Gotscheff, <strong>Deutsches</strong> <strong>Theater</strong>).<br />
Und Nicolas Stemanns Liederabend ‚Aufhören! Schluss jetzt! Lauter! – 12 letzte Lieder‘ ist vielleicht eine Art fröhlicher<br />
Abgesang auf die Zumutungen der ‚unternehmerischen Anrufung‘. Deren Ausmaß, Konsequenzen und mögliche<br />
Reaktionen erläutert Ulrich Bröckling, Professor für Soziologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,<br />
in dem folgenden Essay. Von Ulrich Bröckling erschien zuletzt ‚Das unternehmerische Selbst‘ (Suhrkamp Verlag).<br />
soll. Entrepreneur ist man immer nur à venir – stets im<br />
Modus des Werdens, nie des Seins.<br />
Als Unternehmer ihrer selbst werden die Individuen<br />
heute in den unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen<br />
angerufen, und sie können in dieser Weise<br />
angerufen werden, weil sie in ihrem Alltag die Erfahrung<br />
machen, dass die Ausrichtung an diesem Kraftfeld<br />
ihnen in einem fundamentalen Sinne soziale Anerkennung<br />
verschafft. Mehr noch: Sie erlaubt ihnen,<br />
überhaupt am sozialen Leben teilzuhaben. Bewegt<br />
von dem Wunsch, kommunikativ anschlussfähig zu<br />
bleiben, und getrieben von der Angst, ohne diese Anpassungsleistung<br />
aus der sich über Marktmechanismen<br />
assoziierenden gesellschaftlichen Ordnung heraus<br />
zu fallen, handeln die Individuen oder bemühen<br />
sich zumindest so zu handeln, als seien sie Unternehmer<br />
in eigener Sache. Sie schaffen dadurch jene Wirklichkeit<br />
mit, welche die unternehmerische Anrufung<br />
immer schon als gegeben unterstellt.<br />
8<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Unternehmerisches<br />
Handeln bezeichnet<br />
weniger einen<br />
Tatbestand als ein<br />
Kraftfeld, einen Sog.<br />
Entrepreneur<br />
ist man immer nur<br />
à venir – stets im<br />
Modus des Werdens,<br />
nie des Seins.<br />
© Arno Declair<br />
Jede unternehmeri<br />
sche Investi tion<br />
stellt eine Wette<br />
auf die Zukunft dar.<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Eigentlich alles richtig gemacht:<br />
,Warteraum Zukunft‘ von Oliver Kluck<br />
mit Claudia Eisinger und Ole Lagerpusch<br />
2<br />
Worin besteht diese Anrufung? In ökonomischer Perspektive<br />
sind Unternehmer, so Ludwig von Mises,<br />
„nicht Menschen, wie man ihnen im Leben und in der<br />
Geschichte begegnet, sondern die Verkörperung von<br />
Funktionen im Ablauf der Marktvorgänge“ 1 . Der Imperativ,<br />
in allen Lagen unternehmerisch zu handeln, ist<br />
deshalb gleichbedeutend mit der Aufforderung, das eigene<br />
Tun und Lassen konsequent entsprechend den<br />
Markterfordernissen zu funktionalisieren. Selbstbildung,<br />
Selbststeuerung, Selbstverwirklichung und was<br />
der Selbst-Attribute mehr sind, fallen zusammen mit<br />
Selbstmarketing.<br />
Vier Grundfunktionen sind es, welche die ökonomische<br />
Theorie dem Unternehmer zuordnet: Erstens<br />
ist er ein Neuerer – Schumpeters „schöpferischer Zerstörer“<br />
–, der die Produktionsstruktur reformiert oder<br />
revolutioniert. Zweitens ist er, wie vor allem von Mises<br />
und Israel M. Kirzner betont haben, ein findiger Nutzer<br />
von Gewinnchancen, der billig kauft, um teuer zu<br />
9<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
verkaufen. Ein Unternehmer zeichnet sich drittens dadurch<br />
aus, dass er unter Bedingungen reiner, das heißt<br />
nicht in kalkulierbare Risiken zu überführender Ungewissheit<br />
agiert – die Perspektive Frank H. Knights.<br />
Jede seiner Investitionen stellt folglich eine Wette auf<br />
die Zukunft dar. Er ist ein Dezisionist, der handelt, auch<br />
wenn die Gründe, so und nicht anders zu handeln, niemals<br />
hinreichend sind. Ein Unternehmer trägt viertens,<br />
das hat unter anderem Mark Casson herausgearbeitet,<br />
nicht nur das Geschäftsrisiko, sondern auch die<br />
Verantwortung. Er ist ein Koordinator, der den Produktionsprozess<br />
steuert, die Arbeitskräfte disponiert und<br />
das Betriebskapital auftreibt, und er ist vor allem derjenige,<br />
der die strategischen Entscheidungen trifft, kurzum:<br />
er verkörpert für das Unternehmen das, was der<br />
Souverän für den Staat bedeutet. 2<br />
Die aus der Analyse des Marktprozesses gewonnenen<br />
Funktionsbestimmungen lassen sich bruchlos<br />
in normative Verhaltensdispositionen übersetzen.
Wenn ökonomisch gesehen Unternehmensgewinne<br />
einen Effekt von Innovationswillen, Findigkeit, Risikobereitschaft<br />
und Entscheidungskraft darstellen, dann<br />
tun die Individuen in einer Marktgesellschaft gut daran,<br />
genau diese Bestimmungen zu Fluchtpunkten<br />
ihrer Lebensführung zu machen.<br />
3<br />
Gemeinsam ist den vier Kardinaltugenden ihre Unabschließbarkeit.<br />
Das unternehmerische Selbst lebt im<br />
Komparativ: Innovativ, findig, risikobereit und entscheidungsfreudig<br />
ist man nie genug und darf folglich<br />
niemals in der Anstrengung nachlassen, noch innovativer,<br />
findiger, risikobereiter und entscheidungsfreudiger<br />
zu werden. Die Einsicht, dass es ein Genug nicht<br />
geben kann, erzeugt den Sog zum permanenten Mehr.<br />
Weil die Anforderungen keine Grenzen kennen, bleiben<br />
die Einzelnen stets hinter ihnen zurück. Dem Plus<br />
ultra – immer weiter –, das Schumpeter als Maxime des<br />
Entrepreneurs identifiziert, 3 entspricht das konstitutive<br />
Ungenügen eines jeden, der sein Leben nach dieser<br />
Maxime auszurichten versucht. Die unternehmerische<br />
Anrufung verbindet ein Versprechen mit einer<br />
Drohung, eine Ermutigung mit einer Demütigung, eine<br />
Freiheitsdeklaration mit einem unabweisbaren<br />
Schuldspruch. Wenn sie damit lockt, dass jeder seines<br />
Glückes Schmied sei, erklärt sie im gleichen Zug,<br />
an seinem Unglück sei jeder selbst schuld. Auf der einen<br />
Seite ist ihr Anspruch totalitär. Nichts soll dem Gebot<br />
der kontinuierlichen Selbstverbesserung im Zeichen<br />
des Marktes entgehen. Keine Lebensäußerung,<br />
deren Nutzen nicht maximiert, keine Entscheidung,<br />
die nicht optimiert, kein Begehren, das nicht kommodifiziert<br />
werden könnte. Auf der anderen Seite bleibt die<br />
Produktion unternehmerischer Individuen gemessen<br />
an ihrem Anspruch stets eine failing operation. Einen<br />
hundertprozentigen Unternehmer gibt es so wenig<br />
wie einen reinen Markt. Die entrepreneuriale Anrufung<br />
konfrontiert die Individuen deshalb mit einer doppelten<br />
Unmöglichkeit – mit der, ein unternehmerisches<br />
Selbst zu werden, wie mit jener, die Forderung zu ignorieren,<br />
eines werden zu sollen. Niemand muss und<br />
kann dem Ruf unentwegt folgen, aber jeder hat doch<br />
beständig die Stimme im Ohr, die sagt, es wäre besser,<br />
wenn man ihm folgte. Der Sog zieht noch in den sublimsten<br />
Lebensäußerungen, und seine Kraft bezieht er<br />
gerade daraus, dass keine Zielmarke existiert, bei der<br />
man halt machen könnte. So wenig es ein Entkommen<br />
gibt, so wenig gibt es ein Ankommen.<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
4<br />
Ebenso widersprüchlich wie die Anrufung selbst sind<br />
die Reaktionen, die diese bei ihren Adressaten hervorruft:<br />
Das unternehmerische Kraftfeld mag ungeahnte<br />
Potentiale frei setzen, aber es führt auch zu permanenter<br />
Überforderung; es mag den Glauben an sich selbst<br />
und auf diese Weise das stärken, was Psychologen self<br />
efficacy, Selbstwirksamkeitserwartung, nennen, aber<br />
es steigert auch das Gefühl der eigenen Ohnmacht; es<br />
mag Begeisterung wecken, doch es erzeugt nicht minder<br />
unbändige Wut. Weil der kategorische Komparativ<br />
des Marktes einen permanenten Ausscheidungswettkampf<br />
in Gang setzt, läuft der Einzelne fortwährend<br />
Gefahr, unterzugehen oder jedenfalls aus der prekären<br />
Zone permanenter Absturzgefahr nicht herauszukommen.<br />
Nicht alle sind in der Lage, diesem Druck standzuhalten,<br />
und niemand ist es immer. Obendrein sind<br />
die Chancen höchst ungleich verteilt: Auch die Gesellschaft<br />
der Entrepreneure ist eine Klassengesellschaft,<br />
aber der Begriff der Klasse verbindet sich nicht mehr<br />
mit dem Antagonismus von Kapital und Arbeit, sondern<br />
ruft die Semantik des Sports auf. Zwar stehen alle<br />
im Wettbewerb, doch es spielen nicht alle in der gleichen<br />
Liga. Ein Abstieg aus den höheren Klassen mag<br />
erniedrigend sein, weiter unten geht es im Extrem ums<br />
schiere Überleben.<br />
5<br />
Den Individuen bleibt nichts anderes übrig, als den objektiven<br />
Widerspruch zwischen Aufstiegshoffnung<br />
und Deklassierungsangst, zwischen Empowerment<br />
und Überforderung subjektiv auszutragen, sei es dadurch,<br />
dass sie zwischen Euphorie und Verzweiflung<br />
hin- und herswitchen, sei es dadurch, dass sie sich<br />
ganz auf eine Seite schlagen und zur jeweils anderen<br />
mit aller Kraft Abstand zu halten versuchen. Drei elementare<br />
Typen des Umgangs mit der unternehmerischen<br />
Anrufung beziehungsweise drei – zwischen Affirmation<br />
und Verdammung changierende – Varianten<br />
dieser Anrufung selbst ergeben sich daraus: Enthusiast,<br />
Ironiker und Melancholiker. Die Unterscheidung<br />
ist idealtypisch, Mischformen und Überlappungen sind<br />
die Regel. Die Typologie erfasst weniger individuelle<br />
Verarbeitungsstrategien, sondern zielt auf eine Sozialpathologie<br />
des unternehmerischen Selbst. In psychoanalytischer<br />
Perspektive handelt es sich bei allen drei<br />
Varianten um Abwehrmechanismen. Sie dienen allerdings<br />
nicht dazu, sozial inkompatible Triebregungen<br />
zu verdrängen, sondern sollen widerstreitende und<br />
damit uneinlösbare Realitätsansprüche erträglich ma-<br />
10<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Nicht alle sind in<br />
der Lage, diesem<br />
Druck standzuhalten,<br />
und niemand<br />
ist es immer.<br />
Zwar stehen alle im<br />
Wettbewerb, doch<br />
es spielen nicht alle<br />
in der gleichen Liga.<br />
„Be distinct or extinct“:<br />
Ohne eine<br />
Semantik der Härte<br />
kommt die Mobilmachung<br />
im<br />
Zeichen des<br />
Entrepreneurship<br />
nicht aus.<br />
Unentwegt stellen<br />
die Ironiker zur<br />
Schau, dass sie auch<br />
anders könnten,<br />
um es doch niemals<br />
zu tun.<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
chen. Niemand möchte im Grunde so werden, wie es<br />
die Enthusiasten, Ironiker und Melancholiker vorschlagen<br />
und vormachen, aber wohl jeder hat an sich schon<br />
entsprechende Züge entdeckt.<br />
6<br />
Der Enthusiast feiert den spirit of enterprise als Geist<br />
der Befreiung – von hierarchischer Bevormundung, bürokratischen<br />
Zwängen und konformistischer Anpassung<br />
– und singt das Hohe Lied der Kreativität, Smartness,<br />
Selbstverantwortung und Risikobereitschaft. Ein<br />
wahllos herausgegriffenes Fundstück aus der Flut einschlägiger<br />
Mobilisierungsprosa: „Lebensunternehmer<br />
nennen wir Menschen“, räsoniert der „Zukunftsforscher“<br />
Christian Lutz, „die sich für ihr eigenes Leben<br />
wie für ein Unternehmen verantwortlich fühlen. In der<br />
Auseinandersetzung mit einem dynamischen Umfeld<br />
– d. h. verantwortlich – entwickeln sie die eigenen Fähigkeiten<br />
und Möglichkeiten und nutzen sie zur weiteren<br />
Entwicklung sowie zur Mitgestaltung des Umfeldes.<br />
Im Lauf dieses Prozesses entstehen aus der<br />
Selbstbeschreibung geeignete Filter und Sinnkriterien.<br />
Anders ausgedrückt, das Leben wird wahrgenommen<br />
als Potential, für dessen Weiterentwicklung man<br />
sich eigenständig verantwortlich fühlt.“ 4<br />
Freiheit ist dem Enthusiasten gleichbedeutend<br />
mit choice, der Wahl zwischen möglichen Alternativen.<br />
Jede Handlung wird in dieser Perspektive zu einem<br />
Investment ins eigene Leben, und dieses zu einem<br />
Projekt, dessen Erfolg von nichts anderem abhängt<br />
als von Geschick und Fortune des unternehmerischen<br />
Selbst. Dass der Enthusiast freilich seinen Beschwörungen<br />
selbst nicht ganz traut, zeigt die Verbissenheit,<br />
mit der er auf die vermeintliche Unausweichlichkeit<br />
der unternehmerischen Ratio pocht. „There is no alternative“,<br />
kurz TINA, lautet sein Margret Thatcher abgelauschtes<br />
Mantra. Seinen Verheißungen ist deshalb<br />
stets eine Warnung an diejenigen beigegeben, die ihm<br />
nicht zu folgen bereit oder in der Lage sind. Ohne eine<br />
Semantik der Härte kommt die Mobilmachung im Zeichen<br />
des Entrepreneurship nicht aus: „Be distinct or<br />
extinct“, heißt die Losung.<br />
7<br />
Steckt im überschießenden So-und-nicht-anders-funktioniert-die-Welt-Gestus<br />
des Enthusiasten, der schon<br />
die leiseste Skepsis als Defaitismus attackiert, ein Moment<br />
aggressiver Angstabwehr, psychoanalytisch gesprochen,<br />
eine Identifizierung mit dem Angreifer, so<br />
<strong>11</strong><br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
rettet sich der Ironiker in eine Haltung der Unentschiedenheit.<br />
Der Ironiker will beides, mitmachen und dagegen<br />
sein, und er will sich vor allem nicht festlegen<br />
lassen. Er weiß und spricht es auch aus, welche Zumutungen<br />
die unternehmerische Anrufung dem Einzelnen<br />
abverlangt, um im nächsten Satz ein flapsiges „Na<br />
und, machen wir das beste draus!“ folgen zu lassen.<br />
Auch hierzu ein Fundstück, diesmal aus Holm Friebes<br />
und Sascha Lobos Manifest der „digitalen Bohème“.<br />
Die beiden Protagonisten eines „intelligenten Lebens<br />
jenseits der Festanstellung“ propagieren darin „eine<br />
pragmatische, keine ideologische Verweigerung, die<br />
durchaus dem egoistischen Motiv folgt, das bessere<br />
Leben im Hier und Jetzt zu beginnen, koste es, was es<br />
wolle. Man kann das unpolitisch nennen, aber von den<br />
68ern war bekanntlich zu lernen, dass auch das Private<br />
politisch ist. Was die digitale Bohème von ihnen und<br />
anderen gegenkulturellen Vorläufern unterscheidet,<br />
ist, dass sie nicht auf Konfrontationskurs geht, sondern<br />
unter den gegebenen Bedingungen die eigenen<br />
Interessen verfolgt und währenddessen versucht ihre<br />
Instrumente sauber zu halten. (…) Sie spielt das Spiel<br />
mit, in dem Wissen, das die Gegenkultur immer schon<br />
vereinnahmt ist und eine vereinnahmte Gegenkultur<br />
immer noch spannender ist als eine versteinerte und<br />
bis zur Bedeutungslosigkeit marginalisierte.“ 5<br />
Wenn die beiden Bohemiens ihr Traktat „Wir nennen<br />
es Arbeit“ betiteln, so heißt das im Klartext: Eigentlich<br />
ist es gar keine; es ist bloß ein Spiel, und seht<br />
nur, wie geschickt wir es spielen. Ironiker entschärfen<br />
die unternehmerische Anrufung, indem sie in den Modus<br />
des Als-ob umschalten. Kritik perlt an ihnen ab,<br />
weil sie sie immer schon selbst formuliert haben. Augenzwinkernd<br />
versichern sie zu durchschauen, was<br />
sie im nächsten Moment wieder vollziehen. Ihre Freiheit<br />
ist die des mentalen Vorbehalts: Unentwegt stellen<br />
sie zur Schau, dass sie auch anders könnten, um<br />
es doch niemals zu tun. Ihre aufgedrehte Lustigkeit ist<br />
die gute Miene zum bösen Spiel, das sie durchschauen<br />
– und gerade deshalb virtuos spielen zu können glauben.<br />
8<br />
Und der Melancholiker? Er tut, was Melancholiker so<br />
tun: Er klagt – mal mit empörter, mal mit trauriger Stimme<br />
– über die Ökonomisierung, die er als Kolonialisierung<br />
des Sozialen durch „die Wirtschaft“ begreift, über<br />
den neoliberalen Staat, der sich den Kräften des Marktes<br />
kampflos ausliefert, statt sie zu bändigen, über das
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Eine Utopie jenseits der unternehmerischen Anrufung:<br />
Declair<br />
Aki Kaurismäkis ,Der Mann ohne Vergangenheit‘<br />
Arno<br />
mit Margit Bendokat, Harald Baumgartner, Wolfram Koch und Michael Schweighöfer ©<br />
12<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Der Melancholiker<br />
gleicht einem<br />
Propheten, dem<br />
niemand zuhört<br />
und der genau das<br />
als Beweis dafür<br />
nimmt, wie recht<br />
er doch hat.<br />
Eine Form der<br />
Kritik, die keinen<br />
Augenblick vergisst,<br />
dass sie ein<br />
Teil dessen ist,<br />
was sie kritisiert.<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Die entrepreneuriale Anrufung konfrontiert die Individuen<br />
mit einer doppelten Unmöglichkeit – mit der,<br />
ein unternehmerisches Selbst zu werden, wie mit jener,<br />
die Forderung zu ignorieren, eines werden zu sollen.<br />
Leitbild des Unternehmers, in dem er das Schreckbild<br />
des ebenso rücksichts- wie geistlosen Ellenbogenmenschen<br />
erblickt. Der melancholischen Verachtung<br />
der Gegenwart korrespondiert nicht selten eine Verklärung<br />
der Vergangenheit; schon weil das Heute so<br />
schwarz ist, erstrahlt das Gestern in hellem Licht. Man<br />
findet diesen Typus bei älteren Gewerkschaftern wie<br />
bei jungen Attac-Aktivisten, besonders gut gedeiht<br />
der Melancholiker aber auch an den geistes- und sozialwissenschaftlichen<br />
Fakultäten deutscher Universitäten.<br />
Aus diesem Soziotop ein O-Ton: Die Qualität<br />
eines Wissenschaftlers werde heute, schreibt der Sozialpsychologe<br />
Heiner Keupp, „auf der Waage seiner<br />
unternehmerischen Potenz abgewogen. Das ,unternehmerische<br />
Selbst‘ – der neue kategorische Imperativ<br />
des herrschenden marktradikalen Gesellschaftsmodells<br />
– ersetzt immer mehr die Figur des kreativen<br />
Intellektuellen, der seine gedankliche Unabhängigkeit<br />
gerade dadurch erweist, dass er nicht von fremdgesteuerten<br />
Geldströmen abhängig ist. Und diese demokratisch<br />
nicht mehr kontrollierten Verflechtungen<br />
zwischen Hochschulen und Wirtschaft breiten sich<br />
krakenartig aus.“ 6 Ob der Melancholiker seinen Kampf<br />
gegen metaphorische Heuschreckenschwärme oder,<br />
wie Keupp, gegen Seeungeheuer führt, bedroht sieht<br />
er sich in jedem Fall durch ebenso furchterregende wie<br />
ungreifbare Mächte von außen. Abwehr bedeutet hier<br />
Externalisierung: Die Gestalt des unternehmerischen<br />
Selbst mag ihn noch so sehr schrecken, er ist sich gewiss,<br />
selbst keines zu sein. Die Hölle der enterprise culture,<br />
das sind immer die anderen. Weil er selbst über<br />
dem Sog zu stehen glaubt, merkt er nicht, wie sein lamentierender<br />
Alarmismus diesen wider Willen mit<br />
antreibt. Er verstärkt die Angst, deren Gründe er gebetsmühlenhaft<br />
beschwört. Der Melancholiker gleicht<br />
so einem Propheten, dem niemand zuhört und der<br />
genau das als Beweis dafür nimmt, wie recht er doch<br />
hat. Seine Freiheit besteht darin, ihr Verschwinden zu<br />
beklagen.<br />
9<br />
Gibt es andere Formen des Umgangs mit der unternehmerischen<br />
Anrufung als die, zugegebenermaßen<br />
karikaturhaft verzerrte, ich hoffe: zur Kenntlichkeit<br />
verzerrte Typologie? Wie könnten Alternativen zu Enthusiasmus,<br />
Ironie und Melancholie aussehen? Eine<br />
13<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
pragmatische Gelassenheit vielleicht, die weder glorifiziert<br />
noch dämonisiert, der die hochgetunte Selbstmobilisierung<br />
des Enthusiasten so fern liegt wie die<br />
angestrengte Selbstdistanzierung des Ironikers oder<br />
die behagliche Selbstgewissheit des Dagegenseins,<br />
die der Melancholiker kultiviert. Eine leidenschaftliche<br />
Empörung, die den Sozialdarwinismus des Marktprinzips<br />
„Jeder könnte, aber nicht alle können“ 7 beim Namen<br />
nennt und sich weigert, denjenigen, die im alltäglichen<br />
survival of the fittest unterliegen, das auch noch<br />
als persönliches Versagen zuzurechnen. Eine taktische<br />
Klugheit, welche die Listen der Simulation, des Abtauchens<br />
und des détournement beherrscht und den Aktivierungsfuror<br />
der Förderer und Forderer ins Leere<br />
laufen lässt. All dem entspräche eine Form der Kritik,<br />
die keinen Augenblick vergisst, dass sie ein Teil dessen<br />
ist, was sie kritisiert, – eine Form der Kritik, die auf<br />
einen festen Standpunkt verzichtet und kein Gegenprogramm<br />
zur unternehmerischen Anrufung aufstellt,<br />
sondern immer wieder versucht, deren Sog wenigstens<br />
für Momente außer Kraft zu setzen. Den Zumutungen<br />
der Entrepreneurship entginge man auch auf diese<br />
Weise wohl nicht, aber man ersparte sich doch eine<br />
Menge an psychischen Aufwand.<br />
1 Ludwig von Mises, Nationalökonomie. Theorie des Handelns<br />
und Wirtschaftens (1940), München 1980, S. 245.<br />
2 Vgl. Joseph Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung,<br />
München/Leipzig 21926; von Mises, Nationalökonomie;<br />
Israel M. Kirzner, Wettbewerb und Unternehmertum,<br />
Tübingen 1978; ders., Unternehmer und Marktdynamik,<br />
München/Wien 1988; Frank H. Knight, Risk, Uncertainty, and<br />
Profit (1921), New York 1964; Mark Casson, The Entrepreneur.<br />
An Economic Theory, Oxford 1982; ders., Enterprise and<br />
Leadership, Cheltenham 2000.<br />
3 Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung,<br />
S. 137.<br />
4 Christian Lutz, Leben und arbeiten in der Zukunft, München<br />
1995, S. 57.<br />
5 Holm Friebe und Sascha Lobo, Wir nennen es Arbeit. Die<br />
digitale Bohème oder Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung,<br />
München 2006, S. 130f.<br />
6 Heiner Keupp, ,Unternehmen Universität‘, in: Blätter für<br />
deutsche und internationale Politik, 10/2007, S. <strong>11</strong>93f.<br />
7 Vgl. vom Verfasser: ,Jeder könnte, aber nicht alle können.<br />
Konturen des unternehmerischen Selbst‘, in: Mittelweg 36,<br />
<strong>11</strong> (2002), H. 4, Aug./Sep., S. 6 – 26.<br />
7 ,Enthusiasten, Ironiker, Melancholiker‘ erschien zuerst in:<br />
Mittelweg 36, 17. Jg. (2008), H. 4 (Aug./Sept.), S. 80–86.
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
„Ich<br />
bin auf<br />
klassischem<br />
Boden“<br />
Gerhart Hauptmann hat zu seiner Zeit mit ‚Die Weber‘<br />
die Gemüter erhitzt – der Kaiser selbst<br />
verur teilte die „demoralisierende Tendenz“ des Stückes<br />
und kündigte seine Loge im Deutschen <strong>Theater</strong>.<br />
14<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
„Was verlangen denn die Leute?“ – so fragt Pastor Kittelhaus<br />
scheinbar nichtsahnend den Expedienten Pfeiffer, als draußen<br />
die revoltierenden Weber drohen das Haus zu stürmen. Die<br />
Antwort lautet ganz einfach: „Mehr Lohn woll‘n se halt haben,<br />
die tummen Luder.“ In plastischen Bildern und präzisen Dialogen<br />
umreißt Gerhart Hauptmann in seinem 1892 entstandenen<br />
Schauspiel ‚Die Weber‘ das Verhältnis zwischen Unten und<br />
Oben, zwischen Webern und Kapitalisten. Der Pastor, der im<br />
schlesischen Peterswalde die Weberkinder tauft, ihre kümmerlichen<br />
Hütten von innen aber nie zu Gesicht bekommt, entspricht<br />
dem für Hauptmann durchaus charakteristischen Bild eines<br />
Geistlichen, der sich vom Volk abwendet, hin zu denen, die etwas<br />
zu sagen haben, zur Obrigkeit, zum Kapital. Kittelhaus geht<br />
regelmäßig beim Fabrikanten Dreißiger ein und aus und meint in<br />
seiner Hybris – oder im besten Fall Weltfremdheit –, den Revoltierenden<br />
etwas zu sagen zu haben. Als er sie mit seinen Reden<br />
zur Umkehr bringen will, wird er eines Besseren belehrt, verprügelt<br />
und fortgejagt. Was sich nach einer bühnengerechten Pointe<br />
anhört, ist geradewegs der Wirklichkeit entnommen. 1844<br />
wurde im schlesischen Peterswalde der Pastor der Gemeinde<br />
von wütenden Webern angegriffen.<br />
Gerhart Hauptmann hat für sein soziales Drama gut recherchiert:<br />
Er ist mehrfach nach Schlesien gereist, hat sich dort bis in<br />
die letzten Weberhütten führen lassen und gründlich die Quellen<br />
zum Weberaufstand von 1844 studiert. Daraus zitiert er in<br />
seinem Stück zum Teil wortwörtlich und übernimmt den Ablauf<br />
des Aufstandes bis ins Detail. Sein Stück konnte so als ein historisches<br />
gelesen werden und lief nicht Gefahr, als politisches<br />
Tendenzstück verstanden zu werden. Hauptmann prangerte<br />
nicht die aktuellen Missstände an, die das durchaus auch verdient<br />
hätten, sondern schrieb ein „naturalistisches“ Drama über<br />
ein Kapitel deutscher Geschichte. Dies wird noch unterstrichen<br />
durch eine Widmung, in der er seinen Großvater, einen „armen<br />
Weber“, als Motivgeber für die Wahl des Stoffes anführt. Er beruft<br />
sich auf private Beweggründe und betont dabei immer wieder<br />
den klassischen Gehalt des Stoffes.<br />
Trotzdem sind ‚Die Weber‘ bis heute ein Meilenstein in der<br />
Geschichte nicht nur des sozialen, sondern auch des politischen<br />
Dramas. Und dies nicht nur, weil eine Flut von Eklats und Gerichtsverhandlungen<br />
ihr Erscheinen begleitete. Hauptmann<br />
selbst hat durch seine dramatische Komposition, seine Detailversessenheit<br />
und durch seine radikale Schilderung der Webernot<br />
das Seine dazu beigetragen. Und ein sicheres Gespür dafür<br />
bewiesen, was die Themen seiner Zeit waren.<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
15<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Im Elend der gezeigten Weber spiegelten sich für den Zuschauer<br />
die schwierigen gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse<br />
der Entstehungszeit, des ausgehenden 19. Jahrhunderts.<br />
Es ließ sich nicht vermeiden, dass die prekäre Lage zum<br />
Beispiel der Industriearbeiter in den Großstädten als verdecktes<br />
Thema sichtbar wurde. Hauptmanns Anspruch einer allgemein<br />
menschlichen Betrachtungsweise führte nicht dazu, dass<br />
‚Die Weber‘ als entfernter, „klassischer“ und unpolitischer Stoff<br />
ausgelegt wurde. Im Gegenteil – seine Schilderung des Elends<br />
der Elendsten, sein drastisch gezeichnetes Bild von Armut, Hunger<br />
und Verzweiflung war in so kräftigen Farben gehalten, dass<br />
es aufrührte und provozierte. Sein vorbehaltloses Verständnis<br />
für die Weber, die sich gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung<br />
wehren, und einen aussichtslosen Kampf um ihre Würde kämpfen,<br />
musste damals wie heute dazu führen, dass sich die jeweiligen<br />
aktuellen Schauplätze von Armut, Elend und Ungerechtigkeit<br />
sozusagen zwischen das Werk und die Betrachter schieben.<br />
Ob es die Verzweiflung des alten Baumerts ist, der seinen<br />
Hund schlachten lässt, um endlich einmal wieder Fleisch essen<br />
zu können oder der Mut der jungen Mutter Luise, die sich in die<br />
Gewehre des Militärs wirft: Hauptmann zeigt, auf wessen Seite<br />
er steht. Und gerade weil es der urmenschliche Aufschrei ist, der<br />
ihn interessiert, die Tragödie von Unterdrückung und Gewalt,<br />
von Demütigung und Tod, und er die Grenzen des Naturalismus<br />
kunstvoll überschreitet, rückt einem das Stück mit aller Gewalt<br />
nahe. Dass Hauptmann ein ausgemachter Nicht-Revolutionär,<br />
einer aus bürgerlichen Kreisen war, dass er sich jedes aktualisierenden<br />
Kommentars verwehrte, minderte nicht die Sprengkraft<br />
seines Werkes – im Gegenteil, es erzeugte ein Unbehagen darüber,<br />
dass selbst unverdächtige Geister sich gegen das Prinzip<br />
von Unten und Oben stellen, Partei für die Schwachen ergreifen<br />
und für einen Umsturz stehen können.<br />
‚Die Weber‘ sind längst zu dem Klassiker geworden, auf den<br />
Hauptmann es angelegt hatte, sie werden überall in der Welt<br />
gespielt und ihre Aktualität ist ungebrochen. Ihre Brisanz zeigt<br />
sich besonders in den sogenannten Billiglohnländern – und<br />
wenn in Bangladesh die dortigen „Weber“ für den Mindestlohn<br />
streiken, meint man, schlesischen Verhältnissen beizuwohnen.<br />
Hauptmanns Zynismus gegen Ende des Stückes, das Gefühl,<br />
dass der Aufstand niedergeschlagen wird, die Protagonisten in<br />
den Tod gehen und sich nichts ändert, hat die Geschichte bestätigt.<br />
Die heute Gewinn aus der Armut der Weber schlagen, sind<br />
schwerer greifbar, das System ist globaler geworden – wer die<br />
Abnehmer ihrer Waren sind, steht aber fest. Sonja Anders
© Arno Declair<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3 dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Michael Schweighöfer, Norman Hacker, Sven Lehmann,<br />
Elias Arens, Moritz Grove, Markus Graf und Peter Moltzen<br />
in ,Die Weber‘ von Gerhart Hauptmann<br />
16<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
17<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Im Spannungsfeld<br />
von Dienstleistung und<br />
Verweigerung<br />
Nicolas Stemann über seinen Liederabend<br />
,Aufhören! Schluss jetzt! Lauter! – 12 letzte Lieder‘<br />
Du hast am <strong>DT</strong> vor allem große Klassiker inszeniert: ,Das Käthchen<br />
von Heilbronn‘, ,Don Carlos‘, zuletzt Brechts ,Heilige Johanna‘,<br />
jetzt einen Liederabend. Wie kommt es dazu?<br />
Ich weiß gar nicht, ob die Bezeichnung „Liederabend“ eigentlich<br />
stimmt. Vielleicht wird überhaupt nicht gesungen werden,<br />
vielleicht auch die ganze Zeit. Wichtig ist, dass es ein Projekt<br />
wird, in dem die Musik eine zentrale Rolle spielt. Ich habe schon<br />
lange vor, im <strong>Theater</strong> etwas zu machen, bei dem nicht wie sonst<br />
in meinen Arbeiten der Text – sei es ein neuer oder ein klassischer<br />
<strong>Theater</strong>text, eine Romanvorlage oder eine Textcollage –<br />
im Mittelpunkt steht, sondern die Musik.<br />
Musik hat aber doch immer schon eine Rolle in deinen Arbeiten<br />
gespielt.<br />
Das stimmt. Seit den ,Räubern‘, seit ,Nathan‘ und vor allem seit<br />
der Jelinek-Inszenierung ,Die Kontrakte des Kaufmanns‘ wird<br />
mir aber immer deutlicher, dass langsam alles zu Musik wird.<br />
Mir gefällt, alles, was im <strong>Theater</strong> passiert, als Musik wahrzunehmen,<br />
egal, ob auf der Bühne nun explizit musiziert oder einfach<br />
nur gesprochen oder sonst wie agiert wird. Und es ist sehr ergiebig,<br />
ein System wie die Sprache nicht nach logischen, sondern<br />
nach musikalischen Regeln zu ordnen und dadurch auf einmal<br />
Dinge denkbar und erlebbar zu machen, die so rein rational<br />
nicht denk- und erlebbar gewesen wären. Es geht mir um die<br />
Schnittmenge von Logik und Musik. Mit diesem Potential, das<br />
die Vermischung von Musik und Thea ter haben kann, will ich<br />
mich weiter beschäftigen. Dafür schien mir die Überschrift „Liederabend“<br />
eine, die am wenigsten Angst macht. Außerdem sind<br />
Liederabende in der Regel Formate, die die Menschen gerne sehen.<br />
Liederabende à la Wittenbrink werden in <strong>Theater</strong>kreisen<br />
zwar nie so richtig ernst genommen, dennoch sind sie auf eine<br />
schlichte Art sehr erfolgreich. Von dieser Art des Publikumserfolgs<br />
wollte ich ebenfalls etwas abhaben. Das wird natürlich<br />
nicht klappen, eigentlich schade.<br />
18<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Das kannst du doch jetzt noch gar nicht wissen. Wir haben noch<br />
nicht einmal zu probieren begonnen. Und Wesen dieses Projektes<br />
ist, dass wir offen und auch ergebnisoffen in die Proben hineingehen.<br />
Das tun wir zwar immer, diesmal aber noch umfassender<br />
als sonst, da wir kein Stück haben.<br />
Du hast recht: Man kann natürlich noch gar nichts Genaues über<br />
das sagen, was da entstehen wird, schon gar nicht, ob es ein<br />
Publikum findet oder nicht. Ich weiß aber, dass mich ein perfekt<br />
funktionierender, also rein dienstleistungsorientierter Liederabend<br />
letztlich nicht interessieren würde. Das Ganze muss<br />
schon eine gewisse Brüchigkeit haben, sich auch immer wieder<br />
verweigern, selbst in Frage stellen und immer auch das Scheitern<br />
riskieren, damit es interessant wird. Ich möchte was erleben<br />
im <strong>Theater</strong>, vor allem natürlich, wenn ich selber inszeniere.<br />
Und das bloße Funktionieren von Dingen ist eben nur begrenzt<br />
interessant.<br />
Kannst du diese produktive Energie des Scheiterns im <strong>Theater</strong><br />
ein wenig erläutern?<br />
Mit meinen Mitstreitern Thomas Kürstner und Sebastian Vogel<br />
habe ich vor ein paar Jahren eine Veranstaltungsreihe initiiert,<br />
,Gefahr-Bar‘, Unfertigkeit war sozusagen ihr Credo. Wir sind damit<br />
in regelmäßigen Abständen unter anderem am Burgtheater<br />
und am Hamburger Thalia <strong>Theater</strong> aufgetreten. Prinzip dieser<br />
Abende war, dass wir uns am Nachmittag einer Veranstaltung<br />
getroffen haben, einige Stunden Zeit zusammen verbrachten, in<br />
denen wir Texte oder Songs schrieben, die wir dann am Abend<br />
zum Besten gaben. Es war dabei wichtig, dass nichts gezeigt<br />
wird, was nicht am selben Tag entstanden ist, und dass wir alles<br />
auch nur ein Mal verwenden. Es war eine gigantische Materialverschwendung,<br />
dabei aber unglaublich produktiv. Das Ganze<br />
bewegte sich zwischen Happening, Kleinkunst, Konzert oder<br />
eben Liederabend und setzte eine theatralische Energie frei, die<br />
im „normalen“ <strong>Theater</strong> nicht so schnell entsteht. Wohl gerade<br />
© Arno Declair; Margit Bendokat, Nicolas Stemann und Thomas Kürstner<br />
weil die Veranstaltungen nicht fertig und bis ins Letzte kontrollierbar<br />
waren, gefährlich eben. Wir haben uns in der Folge oft gefragt,<br />
wie man so etwas auf das <strong>Theater</strong>, also auf eine repertoirefähige<br />
Vorstellung übertragen kann.<br />
Letztlich ist dieses ,Gefahr-Bar‘-Prinzip ja immer wieder auch bereits<br />
in Arbeiten eingeflossen: die offene Form der ,Kontrakte‘-<br />
Inszenierung hat damit zu tun, auch der work-in-progress-<br />
Charakter deiner ,Faust‘-Inszenierung am Hamburger Thalia<br />
<strong>Theater</strong>, an der du über diese <strong>Spielzeit</strong> verteilt arbeitest und immer<br />
wieder unfertige Probenstände vor Publikum zeigst. Rekurriert<br />
das „Schluss jetzt!“ im Titel auf das Sprechtheater, das an<br />
diesem Abend dieser Energie respektive der Musik nun noch<br />
entschiedener weichen soll?<br />
Auch, sicher. Das Sprechtheater hat aber einen gewissen Heimvorteil!<br />
Deshalb kommt es vielleicht zurück und macht uns alle<br />
platt, ehe ein einziger vernünftiger Ton erklingt – wir spielen<br />
ja eben nicht in einer Bar oder einer Kleinkunstbühne oder einem<br />
Club, wo die Menschen gemütlich und amüsierwillig an Tischen<br />
sitzen, sondern eben in einem klassischen Sprechtheater,<br />
wo dann gefälligst auch Sprechtheater stattfinden soll. Ganz besonders<br />
hier am <strong>DT</strong>.<br />
Was meinst du damit? Womit könnte das zu tun haben?<br />
Ich habe den Eindruck, dass das vor allem an dem Raum liegt,<br />
dem Verhältnis von Bühne, Portal und Zuschauerraum. In diesem<br />
schönen kleinen Schmuckkästchen will man psychologisches<br />
Schauspiel erst einmal nicht in Frage stellen. Die Räume,<br />
in denen <strong>Theater</strong> stattfindet, prägen die Menschen, aus denen<br />
<strong>Theater</strong> dann ja wesentlich besteht und zwar sowohl die Zuschauer<br />
wie auch die <strong>Theater</strong>macher, die Schauspieler, Regisseure,<br />
Bühnenbildner etc. Auch hier, am <strong>DT</strong>. Man kommt gegen<br />
viel an, aber am schwersten gegen die Räume.<br />
Interessanterweise habe auch ich dort bislang vor allem Insze-<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
19<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
nierungen gemacht, die einen vielleicht eigenen, aber im Vergleich<br />
zu anderen meiner Arbeiten strukturell konventionelleren<br />
Zugang zum <strong>Theater</strong> gesucht haben. Mit dieser Inszenierung<br />
will ich das konterkarieren.<br />
Mir scheint, zu dem Abend führen vor allem theaterästhetische,<br />
formal künstlerische Erwägungen – oder gibt es andeutungsweise<br />
auch eine inhaltliche Stoßrichtung?<br />
Doch, die gibt es – wobei man allerdings wissen muss, dass gerade<br />
bei einem Liederabend der Inhalt Transportmittel für die<br />
Form ist und nicht etwa umgekehrt. Es geht, grob gesprochen,<br />
um Aufhören und Ausstieg. Momentan denke ich an klassische<br />
Ausstiegsphantasien à la ,Walden‘ von Henry David Thoreau,<br />
radikale Verweigerungsstrategien wie die von Melvilles<br />
,Bartleby‘, glamouröse Abgänge wie der von Margot Käßmann,<br />
nicht ganz so gelungene Abgänge wie jener von Horst Köhler.<br />
Und dann die fingierten Ausstiege, die keine sind, sondern einen<br />
richtigen Einstieg überhaupt erst ermöglichen sollen: Roland<br />
Kochs Wechsel von der Politik in die Wirtschaft, die nicht<br />
enden wollenden Abschiedstourneen von Howard Carpendale<br />
oder den Flippers. Ist Ausstieg überhaupt möglich? Und<br />
wenn ja, wohin? Welche Möglichkeiten gibt es, sich zu entziehen?<br />
Ist der radikale Bruch mit den Dingen, die uns bestimmen,<br />
ein Weg zu sich zu kommen oder führt das im Gegenteil einfach<br />
nur ins Abseits? Damit verbunden natürlich die Frage nach Utopien,<br />
nach dem eigentlichen, dem richtigen Leben: Was ist eigentlich<br />
zu tun – und warum tut man es nicht? Wie Henry David<br />
Thoreau werden wir unsere Hütte auf der Bühne des <strong>DT</strong> aufbauen,<br />
der ganzen falschen Gesellschaft den Rücken kehren –<br />
und dann aber mit und in dieser Gesellschaft über diesen Rückzug<br />
reden. Dagegen-sein heißt eben immer auch Dabei-sein. Im<br />
Spannungsfeld dieser Paradoxie wird sich das Ganze bewegen:<br />
ein Abend zwischen Dienstleistung und Verweigerung.<br />
Fragen: Benjamin von Blomberg
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Rausch, Macht<br />
und Gottes-<br />
kriegerinnen<br />
Andreas Kriegenburg inszeniert ,Judith‘<br />
von Friedrich Hebbel in den Kammerspielen<br />
„Ich weiß es recht gut, daß mir nichts widerstrebt als das allgemeine Mißbehagen,<br />
das gewöhnlich zu entstehen pflegt, wenn jemand die wankende Gesellschaft<br />
in ihrem süßen Traum ewiger Dauer zu stören und sie auf die ihr drohende Gefahr<br />
aufmerksam zu machen wagt. Ihr sitzt bei einer wohlbestellten Tafel; ich lege den Totenkopf<br />
auf den Tisch und mahne ans Ende. Ihr wollt vom Ende nichts wissen, ihr wollt von dem<br />
Gebäude, in dem ihr jubelt und zecht, lieber während des Rausches erschlagen werden,<br />
als seine morsch gewordenen Pfeiler durch neue ersetzen, ihr weist mir die Tür.<br />
Das ist nicht klug, aber natürlich, und ich kann’s begreifen, wenn ich’s auch beklagen muß,<br />
da ich mir der reinsten Absicht bewußt bin und, wohlgemerkt, obendrein die volle<br />
Gefahr mit euch teile. Hierbei laßt ihr es jedoch nicht bewenden, ihr beschuldigt meinen<br />
Totenkopf, er sei trotz seines Zähnefletschens ein Verführer und wolle euch zu bösen<br />
Dingen verlocken. Das ist absurd; eure bleichen Wangen und stieren Augen strafen eure<br />
Zunge Lügen. Trinkt lieber auf eure Unsterblichkeit!“<br />
Friedrich Hebbel im November 1850<br />
20<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
In Hebbels erstem Drama – die Geschichte entnahm er dem<br />
apokryphen ‚Buch Judith‘ im Alten Testament – ermordet die<br />
„jungfräuliche Witwe“ Judith den von größenwahnsinnigen<br />
Machtgefühlen bestimmten assyrischen Feldherren Holofernes<br />
und rettet ihr Volk Israel damit vor der Vernichtung. Die<br />
Heldin kehrt heim und die Priester loben den Gott, der Judith<br />
geführt hat. Den Glauben, dass Gott die Hand führt, haben<br />
sich viele Mächtige seit jeher zu Nutze gemacht. Krieger, die<br />
mit religiösem Eifer kämpfen, sind aufopferungsbereit.<br />
Hebbel befragt jedoch Judiths Handeln: „Die Judith der<br />
Bibel kann ich nicht brauchen. Dort ist Judith eine Wittwe,<br />
die den Holofernes durch List und Schlauheit in’s Netz lockt;<br />
sie freut sich, als sie seinen Kopf im Sack hat und singt und jubelt<br />
vor und mit ganz Israel drei Monde lang. Das ist gemein;<br />
eine solche Natur ist ihres Erfolgs gar nicht würdig […]. Meine<br />
Judith wird durch ihre That paralysirt; sie erstarrt vor der<br />
Möglichkeit, einen Sohn des Holofernes zu gebären; es wird<br />
ihr klar, daß sie über die Gränzen hinaus gegangen ist, daß sie<br />
mindestens das Rechte aus unrechten Gründen gethan hat.“<br />
(Hebbel in seinen Tagebüchern, 1872).<br />
Der damals 26-jährige Dichter interessiert sich für den<br />
Zusammenhang von Innen- und Außenleben. Oder für den<br />
Widerspruch. Judith war von Holofernes berauscht und angezogen,<br />
wurde jedoch von ihm vergewaltigt. So ist die nach<br />
Außen gottgläubige Tyrannenmörderin in ihrem Inneren von<br />
Selbstzweifeln geplagt, kann die Enthauptung Holofernes’<br />
nicht als „reinen“ Auftrag Gottes sehen. An die Stelle der<br />
göttlichen Inspiration tritt eine Entscheidung des menschlichen<br />
Gefühls: „Nein, nein, … nichts trieb mich als der Gedanke<br />
an mich selbst… ein Volk ist erlöst, doch wenn ein Stein<br />
den Holofernes zerschmettert hätte – es wäre dem Stein mehr<br />
Dank schuldig als jetzt mir! Dank? Wer will den? Aber jetzt<br />
muss ich meine Tat allein tragen, und sie zermalmt mich!“<br />
Hebbel konstruiert in ‚Judith‘ ein Figurenverhältnis, das<br />
das Paradox dramatisch bebildert, welches er in seinem Aufsatz<br />
‚Ein Wort über das Drama‘ beschreibt und das ein zentrales<br />
Motiv seines philosophischen Denkens war: „Worin<br />
das aus dem ursprünglichen Nexus entlassene Individuum<br />
dem Ganzen, dessen Teil es trotz seiner unbegreiflichen Freiheit<br />
noch immer geblieben ist, gegenübersteht.“ Für Hebbel<br />
ist jede Individuation schuldverhaftet. Das sich frei verhaltende<br />
Individuum, das immer Teil des Ganzen bleibt, macht<br />
sich zwangsläufig der Ganzheit gegenüber schuldig. Judith<br />
sehnte sich nach sinnlicher Erfüllung, doch als Befreierin ihres<br />
Volkes muss sie die eigenen, ihrem Wesen entsprechenden<br />
Grenzen überschreiten und das Ziel ihres Begehrens vernichten.<br />
Außerdem stellt sie durch die Tat ihre Würde wieder<br />
her. Hier überlagern sich die Motive für den Mord. Judith hat<br />
„das Rechte aus unrechten Gründen“ getan. So ist der Tat eine<br />
objektive Rechtfertigung genommen. Sie zerbricht.<br />
Neben dem Kampf der Geschlechter, den Hebbel in fast<br />
all seinen Dramen zum Thema macht, geht es ihm um die<br />
Idee der Menschheit selbst. Es soll nicht nur das Verhältnis<br />
der Charaktere zur Idee, sondern die „Berechtigung der Idee<br />
selbst debattiert“ werden.<br />
Judith, die Gotteskriegerin, ist trotz ihres göttlichen Auftrags<br />
Opfer des Antagonismus zwischen dem handelnden,<br />
und somit seine Grenzen überschreitenden Individuum und<br />
den Gesetzen des „Weltprozesses“.<br />
Auf Grund kriegerischer Konflikte, oft begründet durch<br />
göttliche Missionen, in allen Teilen unserer Erde stellt sich die<br />
Frage heute wie damals, ob es irgendeine moralische Rechtfertigung<br />
für Tyrannenmord in Kriegszuständen gibt. Oder ob<br />
es nicht notwendig ist, immer wieder „die Berechtigung der<br />
Idee selbst“ zu diskutieren. Juliane Koepp
Mit ‚Der Heiler‘ hat Oliver Bukowski den<br />
furios-wütenden Schluss- und Abschiedsmonolog<br />
des Psychotherapeuten Prof. Dr.<br />
Grebenhoeve geschrieben, der am Ende<br />
einer erfolgreichen Karriere mit seinem<br />
Berufsstand und dessen gesellschaftlicher<br />
Funktion abrechnet. Wie viele Parallelen<br />
gibt es da zum Schauspieler-Leben<br />
des Jörg Gudzuhn?<br />
Ich habe ja einen großen Teil meines Lebens<br />
und meines beruflichen Schaffens zu<br />
DDR-Zeiten geführt und war immer der<br />
Überzeugung, dass ich mit meinem Handwerk<br />
und mit guten Texten in den Köpfen<br />
der Leute etwas bewegen kann – das<br />
starre System aufbrechen, so dass es vielleicht<br />
eine Entwicklung gibt zu einem demokratischen<br />
Sozialismus. Das war meine<br />
innere Motivation, der Grund, weshalb ich<br />
überhaupt angetreten bin. Nach der Wende<br />
habe ich mich dann zunehmend wie ein<br />
Unterhalter gefühlt. Damit ist die Begeisterung<br />
fürs <strong>Theater</strong> ein wenig ins Wanken<br />
geraten. Aber nicht die Begeisterung dafür,<br />
was alles auf der Bühne möglich gemacht<br />
werden kann, was man aus sich herausholen<br />
kann.<br />
Und wie viel Grebenhoeve steckt in Jörg<br />
Gudzuhn?<br />
Was das Psychotherapeutische betrifft:<br />
Ich war nie in Behandlung und hatte auch<br />
mit Psychologie nicht viel zu tun. Da hat<br />
der Schauspieler-Beruf viel gerichtet, weil<br />
er es mir erlaubt hat, ganz verschiedene<br />
Denkweisen und Lebensentwürfe auszuprobieren.<br />
Als Therapeut und „Heiler“<br />
hingegen sitzt Grebenhoeve in seiner Pra-<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Genau diese Dinge<br />
würde ich<br />
gerne noch sagen<br />
Jörg Gudzuhn über seine Rolle als ‚Der Heiler‘<br />
xis wie auf einer Insel. Die Leute kommen<br />
von außen hinein und tragen ihm ihr Leben<br />
und ihre Schwierigkeiten an, und er<br />
arbeitet mit seinem Schema, um die Leute<br />
wieder auf die Schiene zu setzen. Die kritische<br />
Frage ist nur, auf welche Schiene?<br />
Wozu sollen die Leute befähigt werden in<br />
diesem Land? Wo haben sie zu funktionieren?<br />
Wo haben sie Widerstand zu leisten?<br />
Ein Heiler an den Grenzen des Heilens?<br />
Am Schluss hat Grebenhoeve ja selber Depressionen,<br />
er ist am Ende seines Berufslebens<br />
angelangt, mit 70 Jahren, ohne<br />
Zulassung. Er will auch nicht mehr. Und<br />
er muss ja auch nicht mehr. Das, was er<br />
in seinem Monolog zu Protokoll gibt, ist<br />
nicht nur Grebenhoeves Rechtfertigung<br />
für eine therapeutische Grenzüberschreitung<br />
mit seiner Patientin Sophie Brettschneider,<br />
es ist auch sein Blick zurück im<br />
Zorn auf seine Zunft und gleichzeitig ein<br />
zorniger Blick auf unsere Gegenwart. Viele<br />
seiner Ansichten teile ich – ob sie jetzt<br />
beweisbar sind oder nicht. Aber genau<br />
diese Dinge würde ich gerne noch sagen.<br />
Die WHO-Gesundheitsorganisation prognostiziert,<br />
dass Depression in Zukunft<br />
die Volkskrankheit Nummer zwei werden<br />
wird. In 15, 20 Jahren wird ein großer<br />
Teil der Bevölkerung mit allen möglichen<br />
„Heilern“ – Grebenhoeves Enkeln sozusagen<br />
– zu tun haben. Ein Vorgeschmack?<br />
Heute las ich in der BZ, dass immer mehr<br />
Studenten psychologische Hilfe in Anspruch<br />
nehmen, da sie es alleine nicht<br />
mehr schaffen, wegen der starken Belas-<br />
22<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
tung durch das neue Bachelor-und-Master-System.<br />
Das stimmt natürlich nicht<br />
gerade optimistisch. Der Umgang mit<br />
der Psychoanalyse heute und in Zukunft<br />
wird sicher ein anderer sein als damals zu<br />
Freuds Zeiten, als es in Mode kam. In den<br />
USA galt es eine Zeitlang als schick, zum<br />
Psychoanalytiker zu gehen. Wenn aber<br />
der WHO-Bericht sich bewahrheitet, wird<br />
es für viele immer mehr zu einer existentiellen<br />
Notwendigkeit, psychologische Hilfe<br />
in Anspruch zu nehmen, eben, weil das<br />
System krank ist.<br />
Im <strong>Theater</strong> hat man es als Schauspieler<br />
oft mit Grenzgängern, mit Figuren am Abgrund<br />
zu tun, war das auch manchmal<br />
eine beängstigende Erfahrung?<br />
Ich komme aus einer kleinbürgerlichen<br />
Familie, die sehr christlich geprägt ist – also<br />
Baptisten. Nachdem in der Baptisten-<br />
Gemeinde bekannt wurde, dass ich zur<br />
Schauspielschule gehen würde, wurde<br />
ich von einer Frau angesprochen: „Jörg,<br />
willst du wirklich dein Herz dem Teufel<br />
verschreiben?“ Ich bin damals sehr erschrocken<br />
und habe überhaupt nicht verstanden,<br />
was die Schauspielerei mit dem<br />
Teufel zu tun haben soll.<br />
Hat sich Ihre Meinung geändert?<br />
Nun ja. Man kann nur etwas erfinden,<br />
wenn man alte Korsagen verlässt. Und in<br />
dieser Geschichte geht Grebenhoeve sehr<br />
weit. Er lässt sein altes Leben buchstäblich<br />
hinter sich. Aber letztendlich steckt<br />
der Teufel immer im Detail.<br />
Fragen: John von Düffel<br />
© Arno Declair; Paul Scheswig, Zeynep Bozbay, Teresa Riedel, Mekan Günel, Victor Warno<br />
Oktober <strong>2010</strong>. Erster Probentag. Schnelle Assoziationsrunde.<br />
„Deutschland in 100 Jahren ist kalt. Unser ganzes Bewusstsein,<br />
wie es heute ist, gibt es nicht mehr. Uns gibt es nicht mehr. Die<br />
Pole sind abgeschmolzen. Wassermangel ist das große Thema<br />
der Politik. Griechenland ist abgeschafft und die Juden, die Linken<br />
und die Moslems. Die Freundlichkeit zwischen den Menschen<br />
ist abgeschafft. Die Völker sind ein einziger Brei und der<br />
Papst ein iPhone-App. Es gibt Damentoiletten und Herrentoiletten<br />
und Toiletten für die, die Geschlechtszuweisungen als<br />
Diskriminierung empfinden. Es gibt gebildete Moslems und<br />
ungebildete Christen und einige Unverbesserliche, die sich ausschließlich<br />
als Ostdeutsche fühlen und die Wende immer noch<br />
nicht verwunden haben. Es herrscht ein Friedensdiktator, aber<br />
das eigentliche Sagen hat der Geldadel, der sich über Designerbabys<br />
reproduziert. Angela Merkel beherrscht noch immer die<br />
Bildschirme, in digitaler Form, und ab und zu ruft sie dazu auf,<br />
das ökonomische Herz Deutschlands am Schlagen zu halten und<br />
die Laufzeiten der Atomkraftwerke noch mal zu verlängern. Die<br />
Tempel sind zerstört. Vor den Bankautomaten beten wir das<br />
„Vater unser“, damit ein Schein rauskommt. Aber noch immer<br />
ist nicht klar, ob wir alle zu demselben Gott beten. Alle erwarten<br />
die Ankunft Gottes, aber als Gott kommt und bereit ist uns alle<br />
zu erleuchten, stellen wir fest, dass er ein Fake ist.“<br />
Und daran anschließend eine heftige Debatte: Was bedeutet<br />
Religionszugehörigkeit für uns? Welche Rolle spielt sie über-<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Clash<br />
Ein interkulturelles <strong>Theater</strong>projekt des Jungen <strong>DT</strong><br />
inszeniert von Nurkan Erpulat<br />
„Wir haben doch so viel diskutiert. Dann die Erde verlassen.<br />
Wir haben gebetet und Hammelfleischreste gefunden. Wir wurden genetisch getestet.<br />
Wir haben getanzt und den Integrationsbambi bekommen. Wir sind mal Scharlatan,<br />
mal Held, mal Sündenbock gewesen. Dabei suchten wir eine bessere Welt.<br />
Das kann doch nicht das Ende sein.“<br />
23<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
haupt in unserem Leben? Ist der Satz „Ich bin Muslim. – Ich bin<br />
Christ. – Ich bin Atheist.“ überhaupt richtig? Und wenn ja, ist das<br />
alles? Wollen wir uns darauf reduzieren lassen? – Wir sind doch<br />
nicht nur Muslime, Christen, Atheisten, sondern auch Männer<br />
und Frauen, hetero- oder homosexuell, Familienmitglieder, Singles,<br />
Gymnasiasten, Studenten, Arbeitslose, Sportfans, Hip-Hopper,<br />
Ost- oder West-Deutsche, kunstbegeistert, arm, reich. Und:<br />
Wir sind genervt von der ganzen Migrationshintergrund-und-Integrations-Debatte.<br />
Sind wir nicht schon längst ganz angekommen<br />
in Deutschland? Was ist denn Deutschland und wer ist Wir?<br />
Einstieg in eine fünfmonatige <strong>Theater</strong>arbeit, in der sich 17<br />
junge Berliner gemeinsam mit dem Regisseur Nurkan Erpulat<br />
mit der These von der Rückkehr der Religionen theatralisch auseinandersetzen.<br />
Sie fokussieren sich dabei auf eine – durch das<br />
Buch Thilo Sarrazins zusätzlich angeheizten – Fundamentalismus-<br />
und Integrationsdebatte, die sich hauptsächlich auf den<br />
Islam bezieht. Sie fragten nach Aktualität und Relevanz der so<br />
genannten „universellen“ Werte in unserer interkulturell und<br />
religiös vielfältig geprägten Gesellschaft, improvisierten über<br />
ihre Erfahrungen mit religiösen und ethnischen Zuschreibungen<br />
und machten sich auf die Suche nach etwas Anderem, etwas<br />
Besserem. ,Clash‘ – ein Spiel mit ethnischen Klischees, subkulturellen<br />
sprachlichen Codes und religiösen Symbolen.<br />
Unterstützt von EnBW
Es war ein Tag der Überraschungen. Zuerst einmal konnte man<br />
erstaunt sein, wie versteckt das Europaparlament doch liegt.<br />
Straßburg ist nicht so groß, trotzdem dauert es, bis man endlich<br />
dort ist und dann auch noch die Einlasskontrolle an der Schwelle<br />
des architektonischen Raumschiffs auf der grünen Wiese überwunden<br />
hat. Etwas weniger überraschend, aber immer noch<br />
außergewöhnlich genug war, was da im Inneren des parlamentarischen<br />
Labyrinths so Tag für Tag verhandelt wird. Am 23.<br />
November <strong>2010</strong> etwa ging es unter anderem um das deutsche<br />
Branntweinmonopol. Am Ende stand fest, dass die Subventionen<br />
von ungefähr 80 Millionen Euro, die jährlich in Richtung von<br />
ungefähr 670 ländlichen Brennereien fließen, erst ab dem 1. Januar<br />
2018 gestrichen werden. Die Schnapsbrenner konnten aufatmen,<br />
die Imker dagegen zogen noch in den Kampf und hatten<br />
eine starke Reisegruppe nach Straßburg geschickt. Ihnen ging<br />
es um eine EU-Förderung umweltverträglicher Pflanzenschutzmittel.<br />
Aber der Reihe nach. Das alles war ja schon aufregend<br />
genug, wurde aber durch ein Ereignis überboten, das man getrost<br />
eine Weltpremiere nennen konnte. Da waren an diesem<br />
Tag doch tatsächlich auch zwei <strong>Theater</strong> aus zwei europäischen<br />
Hauptstädten anwesend und wollten nicht etwa das Gebäude<br />
besichtigen. Nein, sie spielten während des laufenden Betriebs.<br />
Schön mutig war das schon, als das Kinder- und Jugendtheater<br />
Théâtre de l’Est und das Junge <strong>DT</strong> endlich die Inszenierung eines<br />
Stückes vorstellten, das sie sich im Rahmen von „Young Europe“<br />
vorgenommen hatten. In diesem Jugendtheaterprojekt<br />
unter dem Dach der European Theatre Convention (ETC) hatten<br />
immer zwei <strong>Theater</strong> einen <strong>Theater</strong>text inszeniert. Die Pariser<br />
und Berliner Bühne stellten mit Pamela Dürrs ,Verminte Zone‘<br />
ein Stück vor, das die ethnischen Konflikte Ex-Jugoslawiens<br />
verhandelt. Transportiert wird das vielschichtige Thema weit-<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
24<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Ist doch nur <strong>Theater</strong><br />
und tut auch gar nicht weh!<br />
Ortstermin: Das Junge <strong>DT</strong> und das Pariser Théâtre de l’Est<br />
fahren nach Straßburg und leisten<br />
Pionierarbeit im Europäischen Parlament<br />
gehend über eine Schulstunde. Eine bosnische Muslimin und<br />
eine Serbin spielen, wie das war, als im Staate Tito der Deckel<br />
noch fest auf dem ethnischen Pulverfass saß. Dann kommt spielerisch<br />
zur Sprache, was aus dem Vielvölkerstaat wurde, als sich<br />
während des Balkankriegs die Gräben öffneten. Es ist ein anspruchsvolles<br />
Klassenzimmerstück auf der Basis von Interviews<br />
mit Zeitzeuginnen. Die Uraufführung war in Berlin, parallel dazu<br />
kam der Text in Paris auf die Bühne. Und da das Ganze im<br />
Rahmen von „Young Europe“ stattfand, reisten alle Produktionen<br />
Ende <strong>2010</strong> nach Straßburg und zeigten ihre Inszenierungen<br />
in Schulen und bei einem Festival am Théâtre jeune Public. So<br />
weit, so gut, hätte man sagen können, wäre da nicht noch dieser<br />
normale Tagungstag im Europäischen Parlament gewesen.<br />
Eine besondere Würze bekam der Auftritt zweier auf ein Stück<br />
konzentrierter <strong>Theater</strong> durch den konkreten Spielort. Er lag direkt<br />
neben dem zentralen Café des Parlaments. Da müssen alle<br />
hungrigen Parlamentarier vorbei, stehen bleiben müssen sie<br />
nicht. Und dann waren da ja auch noch die Imker, die ihre Stände<br />
direkt neben der improvisierten Spielstätte aufgebaut hatten<br />
und sich alles andere als artgerecht verhielten. Eigentlich,<br />
so denkt man, sind das ja stille Zeitgenossen. In Wahrheit ist es<br />
aber so, dass sie, wohl gerade weil sie das ganze Jahr alleine mit<br />
ihren Bienen sind, jenseits aller Bienenstöcke erst mal so richtig<br />
aufdrehen. Unter solchen verschärften Umweltbedingungen<br />
können <strong>Theater</strong>menschen sich an Ursprünge erinnert fühlen:<br />
„Weißt du noch, damals, wie das war, als wir Straßentheater<br />
machten. Hatten wir da nicht gelegentlich ein Megaphon mit dabei?“<br />
An diesem Tag allerdings muss es auch ohne gehen. Als<br />
erste an der Reihe sind die Kolleginnen aus Paris. Und die bringen<br />
das Vorspiel der ,Verminten Zone‘ schnell hinter sich. Jasna<br />
und Emina sind sechs und spielen das Partisanenspiel: Zwei-<br />
ter Weltkrieg, die Partisanen kommen aus den Bergen, machen<br />
Gefangene, und da müssen die Kleinen immer deutsche Wehrmacht<br />
sein und sich gefangen nehmen lassen. Fabienne Lucchetti<br />
und Stéphanie Rongeott sind engagiert bei der Sache, es<br />
zeichnet sich aber schnell ab, dass europäische Parlamentarier<br />
ein ziemlich entspanntes Verhältnis zur Schauspielkunst haben.<br />
Man schlendert vorbei, bleibt vielleicht kurz stehen, plappert auf<br />
jeden Fall aber unbekümmert weiter. Das ist auch so, wenn Pamela<br />
Dürrs Stück in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg wechselt,<br />
die Jugendzeit der Freundinnen Jasna und Emina. Ex-Jugoslawien<br />
wird beschrieben als ein „bunter Teppich von Völkern,<br />
Staaten und Kulturen“. Man lebt multiethnisch und multikonfessionell,<br />
feiert Titos Geburtstag. Das sei ein „schönes Durcheinander“<br />
gewesen, heißt es im Stück, das mit der unausgesprochenen<br />
Frage spielt, ob Titos Jugoslawien vom Westen zwar als<br />
rotes Reich beargwöhnt wurde, aber nicht doch mit einem Maß<br />
an Toleranz ausgestattet war, das man im Europa der heutigen<br />
Regionen eher selten findet. Solche Fragestellungen könnten in<br />
einer der Stätten des demokratischen Diskurses dazu beitragen,<br />
dass Parlamentarier ins Zwiegespräch mit der jüngsten europäischen<br />
Vergangenheit geraten. Heute scheinen sie aber mit anderem<br />
beschäftigt und verfolgen das <strong>Theater</strong> neben dem Café<br />
nicht so wie jener junge Mann oben auf der Galerie, der die Pariser<br />
Inszenierung fasziniert vom Anfang bis zum Ende begleitet.<br />
Er dürfte ein Franzose und wohl eher Besucher sein. Imker<br />
ist er auf keinen Fall. Auch ihm dürfte auffallen, dass die Pariser<br />
Inszenierung die kindlich lauten Töne des Stückes akzentuiert.<br />
Nach der Pause spürt das Junge <strong>DT</strong> dann mehr den atmosphärischen<br />
Umschwüngen im Verhältnis der bosnischen Muslimin<br />
und der Serbin nach. Es ist eine stillere, mehr auf den Text konzentriertere<br />
Inszenierung, was angesichts der Umgebung nicht<br />
25<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
unbedingt von Vorteil ist. In der Mensa ist die Mittagspause vorbei<br />
und die Parlamentarier streben zurück in die Ausschüsse. Also<br />
sehen auch die Imker keinen Sinn mehr in ihrer Anwesenheit<br />
und bauen derart unbekümmert ihre Stände ab, dass das <strong>Theater</strong><br />
nebenan schon mit höhere Milchpreise fordernden Landwirtinnen<br />
bestückt sein müsste, wollte es die Bienenzüchter übertönen.<br />
Interessanterweise gelingt es Janna Horstmann (Emina)<br />
und Anna von Schrottenberg (Jasna) trotzdem immer wieder,<br />
einigen Parlamentariern eine kurze Verweildauer abzutrotzen.<br />
Die größte Publikumskonzentration stellt sich ein, wenn Jasna<br />
und Emina in einem Raum der katholischen Kirche einträchtig<br />
„Halleluja“ singen. Einige Parlamentarier bemerken dann doch,<br />
dass da drüben kein Lobbyistenverein unterwegs ist, dem man<br />
am besten aus dem Weg gehen sollte. Sie bleiben stehen, werfen<br />
noch mal einen Blick in ihre Unterlagen und lauschen nebenbei,<br />
um was es da eigentlich geht. Am liebsten würde man zu<br />
ihnen rübergehen, sie ein wenig vom deutschen Branntweinmonopol<br />
ablenken und ihnen zuflüstern: „Sie können sich entspannen,<br />
ist doch nur <strong>Theater</strong> und tut auch gar nicht weh!“<br />
Jürgen Berger<br />
Türkisch Gold<br />
Das neue Klassenzimmerstück von Tina Müller erzählt<br />
hemmungslos politisch inkorrekt aus dem Alltag<br />
kultureller Irrtümer und führt sie spielerisch ad absurdum.<br />
Buchungen und weiter Informationen:<br />
Birgit Lengers, lengers@deutschestheater.de<br />
Dauer: 45 Minuten, ab Klasse 7<br />
Regie: Katja Fillmann<br />
Mit: Karen Dahmen, Philipp Richardt
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Die verbotene Frage<br />
Claudia Eisinger<br />
Christoph Franken<br />
Barbara Schnitzler<br />
Diesmal: Wenn Sie nicht Schauspieler<br />
geworden wären, was dann?<br />
Zirkusartistin,<br />
Tierärztin,<br />
Geheimdienstagentin,<br />
Psychologin,<br />
Barkeeperin,<br />
Schriftstellerin,<br />
Menschenrechtsaktivistin<br />
oder<br />
Gärtnerin.<br />
Hmmm, Astronaut oder Fussballgott? Mega-Rockstar? Quantenphysiker?<br />
Nobelpreisträger? Oder doch Baggerfahrer? Um<br />
ehrlich zu sein, habe ich mir nie wirkliche Gedanken über Alternativberufe<br />
gemacht. Schon mit 14 Jahren setzte ich mir in den<br />
Kopf Schauspieler zu werden, am besten so schnell wie möglich.<br />
Nach etlichen Diskussionen und dem Rat einiger Schauspieler<br />
der WLB-Esslingen folgend, habe ich die Schule nicht auf der<br />
Stelle verlassen und bis zum Abitur durchgehalten, auch wenn<br />
mein Mathelehrer mich gerne früher losgeworden wäre.<br />
Auch mit 21 gab es keine Alternative. Den Zivildienst habe ich<br />
noch im Krankenhaus verbracht und wer weiss, vielleicht wäre<br />
ich ja Krankenschwester geworden oder Gabelstaplerfahrer<br />
bei Mercedes, wie in den Sommerferien? hmmmm – Ich bin froh,<br />
dass die Schauspielschule dafür gesorgt hat, mir weitere Gedanken<br />
über Alternativberufe zu ersparen.<br />
Dann hätte ich vielleicht doch Musik studiert. Und wäre Sängerin<br />
geworden. Aber die müssen immer glücklich sein, sonst<br />
geht’s auf die Stimme. Oder Pianistin. Aber da ist man immer so<br />
allein. Und unter Rubinstein und Brendel hätt ich’s mit meinem<br />
Anspruch nicht vereinbaren können. Was mit Kindern wäre auch<br />
nicht schlecht. Aber ich hab schon einen Tinnitus. Kochen kann<br />
ich gut, Namen für Kneipen hatte ich auch schon. Aber lesen Sie<br />
mal das Buch ,Kochen ist Krieg‘ vom Schauspielerkollegen und<br />
Koch Gregor Weber. Der Bio-Bauernhof auf dem Land. Die Sehnsucht<br />
danach ist ganz gewiss bereits eine Alterserscheinung.<br />
Müßiggängerin – dazu fehlt mir die Muße – und auch das Geld.<br />
26<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
© Peter Langer<br />
© Arno Declair<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Szenen im <strong>DT</strong><br />
Jörg Gudzuhn nach der Probe zu ,Der Heiler‘<br />
mit der Inspizientin Gabriela Schütz und dem Regisseur Piet Drescher<br />
Mehr Szenen im <strong>DT</strong> unter www.deutschestheater.de/ueber_uns/<br />
27<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong>
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3 dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Die Premieren im Überblick<br />
Der Heiler<br />
Monolog von Oliver Bukowski<br />
Regie: Piet Drescher, Ausstattung: Hans-Jürgen Nikulka<br />
Mit: Jörg Gudzuhn<br />
Uraufführung: 9. Januar 20<strong>11</strong>, Kammerspiele<br />
Türkisch Gold<br />
von Tina Müller<br />
Regie: Katja Fillmann, Ausstattung: Camilla Daemen<br />
Mit: Karen Dahmen, Philipp Richardt<br />
Premiere: 12. Januar 20<strong>11</strong>, Ernst-Reuter-Oberschule Berlin<br />
Die Weber<br />
von Gerhart Hauptmann<br />
Regie: Michael Thalheimer, Bühne: Olaf Altmann, Kostüme: Michaela Barth, Musik: Bert Wrede<br />
Mit: Elias Arens, Claudia Eisinger, Christoph Franken, Michael Gerber, Markus Graf, Moritz Grove,<br />
Norman Hacker, Gabriele Heinz, Ingo Hülsmann, Jürgen Huth, Horst Lebinsky, Sven Lehmann,<br />
Peter Moltzen, Isabel Schosnig, Paul Schröder, Michael Schweighöfer, Bernd Stempel, Katrin Wichmann<br />
Premiere: 20. Januar 20<strong>11</strong>, <strong>Deutsches</strong> <strong>Theater</strong><br />
Fotos: Arno Declair; Zeichnungen: Marcel van Eeden<br />
Clash<br />
von Nurkan Erpulat und Dorle Trachternach<br />
Regie: Nurkan Erpulat, Bühne und Kostüme:<br />
Gitti Scherer, Musik: Michael E. Bauer<br />
Mit: Furkan Akdag, Kerim Balli, Zeynep Bozbay,<br />
Christin Busch, Manuel Däbritz, Mekan Günel,<br />
Marcel Heuperman, Louis Immelmann, Franziska Korte,<br />
Gregor Löbel, Regina Loy, Max Pellny, Teresa Riedel,<br />
Paul Schwesig, Süheyla Ünlü, Victor Warno, Paul Leon Wollin<br />
Premiere: 5. Februar 20<strong>11</strong>, Kammerspiele<br />
Massensterben der Möglichkeiten<br />
Berliner Szenen von Studierenden<br />
des Szenischen Schreibens der UdK<br />
Regie: Sascha Hawemann, AutorInnen: Sophie Decker,<br />
Georgia Doll, Claudia Grehn, Daniela Janjic, Eugen Martin,<br />
Mathilda Onur, Marianna Salzmann, Darja Stocker,<br />
Bühne und Kostüme: Alexander Wolf<br />
Mit: Patrizia Carlucci, Ursula Hobmair, Elisabeth-Marie<br />
Leistikow, Luis Lüps, Raphaela Möst, Robert Niemann,<br />
Tilman Rose, Seyneb Saleh, Jakob Walser, Jan Walter<br />
Uraufführung: 20. Februar 20<strong>11</strong>, Box<br />
Koproduktion mit der UdK<br />
Aufhören! Schluss jetzt! Lauter! 12 letzte Lieder<br />
von Nicolas Stemann und Ensemble<br />
Regie: Nicolas Stemann, Bühne: Jelena Nagorni, Nicolas Stemann<br />
Kostüme: Marysol del Castillo, Musik: Thomas Kürstner/<br />
Sebastian Vogel, Video: Claudia Lehmann<br />
Mit: Margit Bendokat, Andreas Döhler, Felix Goeser,<br />
Barbara Heynen, Maria Schrader; Thomas Kürstner,<br />
Rainer Piwek, Nicolas Stemann, Sebastian Vogel<br />
Uraufführung: 18. Februar 20<strong>11</strong>, <strong>Deutsches</strong> <strong>Theater</strong><br />
Judith<br />
Tragödie von Friedrich Hebbel<br />
Regie: Andreas Kriegenburg, Bühne: Juliane Grebin,<br />
Kostüme: Camilla Daehmen<br />
Mit: Elias Arens, Harald Baumgartner, Sandra Flubacher,<br />
Alexander Khuon, Bernd Moss, Matthias Neukirch, Heiko Raulin,<br />
Katharina Marie Schubert, Aenne Schwarz, Bernd Stempel<br />
Premiere: 18. März 20<strong>11</strong>, Kammerspiele
Thomas Bernhard<br />
Mit Ulrich Matthes und Burghart Klaußner<br />
Zum 80. Geburtstag von Thomas Bernhard: Ulrich Matthes liest<br />
aus ‚Die Ursache‘, Burghart Klaußner liest aus ‚Die Kälte‘. Im Anschluss<br />
unterhalten sie sich mit Prof. Dr. Martin Hielscher (C. H.<br />
Beck, Moderation) – drei Menschen, die sich lange und leidenschaftlich<br />
mit Thomas Bernhard beschäftigt haben.<br />
Eine Veranstaltung des <strong>DT</strong> in Kooperation mit dem Audio Verlag<br />
8. Februar 20<strong>11</strong>, <strong>Deutsches</strong> <strong>Theater</strong><br />
Hurra! Hurra! Die Schule brennt!<br />
Die lange Nacht der Assistenten<br />
Keine Regeln, keine Proben, kein Geld – unsere drei Regieassistentinnen<br />
und Regieassistenten Brit Bartkowiak, Marike Moiteaux<br />
und Marvin Simon zeigen unerschrocken, dass ihre Ausbildung<br />
nicht umsonst war: In Box, Bar und an bisher unerschlossenen Orten<br />
werden erste kleine Arbeiten präsentiert. – Frontalunterricht<br />
war gestern, heute brennt die Hütte!<br />
19. März 20<strong>11</strong><br />
Getrud-Eysoldt-Ring für<br />
Alexander Khuon<br />
Alexander Khuon, Ensemblemitglied des <strong>DT</strong>, erhält den Gertrud-<br />
Eysoldt-Ring der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste,<br />
einen der bedeutendsten <strong>Theater</strong>preise im deutschsprachigen<br />
Raum. Ausgezeichnet wird er vor allem für seine „vorzügliche“ Interpretation<br />
des Schriftstellers Trigorin in Tschechows ‚Die Möwe‘<br />
(Regie: Jürgen Gosch). Ebenfalls mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring<br />
geehrt wird Kirsten Dene vom Burgtheater Wien.<br />
Wir gratulieren!<br />
dt-<strong>Magazin</strong> - <strong>Ausgabe</strong> 3<br />
Specials<br />
30<br />
<strong>Spielzeit</strong> <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Rocko Schamoni<br />
liest aus seinem Roman ‚Tag der geschlossenen Tür‘<br />
Unbeirrt treibt Michael Sonntag durch seine Tage, sein Körper<br />
zeigt erste Gebrauchsspuren, und die großen Gedanken machen<br />
gewöhnlich einen Bogen um ihn. Entgegen der Erwartungen seiner<br />
Freunde verweigert Sonntag gern jede daseinserhaltende Tätigkeit.<br />
Nur seinem Freund Novak gelingt es hin und wieder, ihn<br />
mit hirnrissigen Geschäftsideen aus der Reserve zu locken. Und<br />
natürlich Marion Vossreuther, der Servicekraft aus dem Handy-<br />
Laden, die einen ganz eigenen Reiz auf ihn ausübt. Entschlossen<br />
geht Rocko Schamonis Held Michael Sonntag den Erfordernissen<br />
des Lebens aus dem Weg. „Lustiger als hierzulande erlaubt, und<br />
ernster, als hierzulande gewünscht.“ (die tageszeitung)<br />
16. Februar 20<strong>11</strong>, <strong>Deutsches</strong> <strong>Theater</strong><br />
Das Jahr magischen Denkens<br />
von Joan Didion<br />
Am Abend des 30. Dezember kehrt das Schriftstellerehepaar Joan<br />
Didion und John Dunne vom Besuch der Intensivstation zurück,<br />
auf der ihre Tochter mit einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung<br />
liegt. Während seine Frau gerade das Essen vorbereitet,<br />
stirbt John an einem Herzinfarkt. 40 Jahre einer engen Lebens-<br />
und Arbeitsbeziehung sind vorbei... – Um zu überleben, beginnt<br />
Didion nach neunmonatigem Schockzustand wieder zu schreiben.<br />
Sie versucht, das Unbegreifliche zu begreifen... – Mit schonungsloser<br />
Offenheit, unsentimental, selbstkritisch, sogar selbstironisch<br />
schildert sie die Verdrängungsstrategien, ihre Sucht „alles<br />
im Griff zu haben“, die „magischen Tricks“, die sie anwendet, um<br />
der unumstößlichen Tatsache zu entgehen... Barbara Schnitzler<br />
spielt die von Joan Didion selbst entwickelte Bühnenfassung in<br />
der Regie von Gabriele Heinz.<br />
Box-Extra – Premiere: 12. Februar 20<strong>11</strong>, Box<br />
Massensterben der Möglichkeiten<br />
Berliner Szenen von Studierenden des Szenischen Schreibens der UdK<br />
Zwei Studentinnen suchen Halt aneinander zwischen Prüfungsstress und Uni-Protesten und verraten sich im Ernstfall doch. Zwei Geschwister<br />
schlagen sich durch in Berlin auf der Suche nach einem Job und hindern sich gegenseitig daran, mit dem Erwachsenenleben<br />
anzufangen. Roman und Julia verpassen die Chance, sich kennen und lieben zu lernen. Ein Student in seiner Bude bekommt Besuch von<br />
einem hochrangigen Politiker, der dort vor Jahrzehnten einmal gewohnt hat und für ein Reporter-Team die Orte seiner Vergangenheit aufsucht.<br />
Auf einem Dach in Kreuzberg feiern die Gelangweilten, während in den Straßen die 1. Mai-Krawalle toben. Und irgendeiner springt<br />
in den Tod. In ‚Massensterben der Möglichkeiten‘ haben junge Dramatikerinnen und Dramatiker des Studiengangs Szenisches Schreiben<br />
ihre Berliner Szenen zu einem vielstimmigen Generationen-Panorama zusammengefügt, gespielt von zehn Schauspielstudiererenden der<br />
UdK. Koproduktion mit der UdK Berlin<br />
Uraufführung: 20. Februar 20<strong>11</strong>, Box<br />
Kartentelefon: 030.28441-225<br />
Tickets online unter: www.deutschestheater.de<br />
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>Deutsches</strong> <strong>Theater</strong> Berlin, Schumannstraße 13a, 10<strong>11</strong>7 Berlin, Intendant: Ulrich Khuon, Geschäftsführender Direktor: Klaus<br />
Steppat, Redaktion: Claus Caesar, Gaby Schweer, Gestaltung: Kerstin Finger, Zeichnung: Marcel van Eeden, Courtesy Galerie Zink<br />
München/Berlin, S. 20/21, S. 29: Chadha Collection Niederlande, S. 29: Privatsammlung München, Druck und Herstellung: agit-Druck, Berlin
Antwerpen Onkel Wanja Belgrad Onkel Wanja Bern Geschichten von hier I: Glaube Liebe Hoffnung Bozen Der Menschenfeind Braunschweig Die Möwe Bregenz Herz der Finsternis, Kinder der Sonne, Öl, Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes Córdoba Die Hamletmaschine<br />
Dessau Kleist. Geschichte einer Seele Dresden Die Möwe Duisburg Die Möwe Frankfurt am Main Die Möwe, Die Ratten, Endspiel, Kaminski on Air Götterdämmerung / Rheingold / Siegfried / Walküre Fürstenwalde Verminte Zone Guanajuato Diebe Gütersloh Woyzeck Hamburg<br />
Endspiel, Geschichten von hier I: Glaube Liebe Hoffnung, Ritter, Dene, Voss, Öl, Onkel Wanja, 7% Hamlet Hannover Die Abschaffung der Arten Heidelberg 7% Hamlet Köln Kaminski on Air Der Ring der Nibelungen Kopenhagen Die Möwe Leipzig DNA Leverkusen Die Perser,<br />
Herz der Finsternis Ljubljana Die Perser Luxemburg Amoklauf mein Kinderspiel, Die Hamletmaschine, Die Perser, Geschichten von hier I: Glaube Liebe Hoffnung, Herz der Finsternis, Kabale und Liebe Lodz Die Möwe, Woyzeck Mexico City Diebe Montevideo Die Hamletmaschine<br />
Moskau Krankenzimmer Nr. 6 München Diebe Mülheim Diebe, 7% Hamlet Nottingham Woyzeck Oranienburg Verminte Zone Paris Die Ratten, Tagebuch eines Wahnsinnigen, Verminte Zone Prag Die Verwirrungen des Zöglings Törleß, Liebe und Geld Pristina Tagebuch<br />
eines Wahnsinnigen Recklinghausen Prinz Friedrich von Homburg Rio de Janeiro Die Hamletmaschine Rostov am Don Verminte Zone Salzburg Die Vier Himmelsrichtungen São Paulo Die Hamletmaschine Sibiu Tagebuch eines Wahnsinnigen Skopje Tagebuch eines Wahnsinnigen<br />
St. Pölten Endspiel Straßburg Verminte Zone Stuttgart Öl Taganrog Verminte Zone Tallinn Tagebuch eines Wahnsinnigen Tokio Die Wildente Wien Diebe Wiesbaden Onkel Wanja, 7% Hamlet, Kinder der Sonne Winterthur Das Goldene Vließ, Diebe<br />
Im Jahr <strong>2010</strong> hat das Deutsche <strong>Theater</strong> 39 Gastspielreisen unternommen und 72 Vorstellungen auf der ganzen Welt gespielt, die 30.126 Zuschauer gesehen haben.<br />
Tokio<br />
Mexico City<br />
Guanajuato<br />
Rio de Janeiro<br />
São Paulo<br />
Montevideo<br />
Córdoba<br />
Skopje<br />
Pristina<br />
Belgrad<br />
Bozen<br />
Ljubljana<br />
Sibiu<br />
Recklinghausen<br />
Mülheim<br />
Dessau<br />
Duisburg<br />
Antwerpen<br />
Leverkusen<br />
Leipzig<br />
Köln<br />
Luxemburg Frankfurt a. M.<br />
Wiesbaden<br />
Paris<br />
Heidelberg<br />
Stuttgart<br />
Straßburg<br />
München<br />
Salzburg<br />
Winterthur Bregenz<br />
Bern<br />
Wien<br />
St. Pölten<br />
Prag<br />
Dresden<br />
Lodz<br />
Hamburg Oranienburg<br />
Berlin<br />
Hannover<br />
Fürstenwalde<br />
Gütersloh Braunschweig<br />
Rostov am Don<br />
Taganrog<br />
Nottingham<br />
Moskau<br />
Kopenhagen<br />
Gastspiele des Deutschen <strong>Theater</strong>s in den <strong>Spielzeit</strong>en 2009/10 und <strong>2010</strong>/<strong>11</strong><br />
Stücke, die die Welt sehen will<br />
Tallinn