13.07.2015 Aufrufe

THOUGHTS Konjunkturszenario 2013 Wir hatten ... - Roland Berger

THOUGHTS Konjunkturszenario 2013 Wir hatten ... - Roland Berger

THOUGHTS Konjunkturszenario 2013 Wir hatten ... - Roland Berger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Mainstream:Pessimistisch und fehlerhaftDie Wachstumsprognosen für Deutschland sind auchdieses Jahr wieder verhalten. Dabei zeigt die Vergangenheit:Unser Wachstum wird regelmäSSig unterschätztAktuelle BIP-Prognosen für <strong>2013</strong>Bundesregierung0,5%OECD0,6%HWWI0,5%ConsensusEU-Kommission0,8%0,7% 0,9%IWFDeutschlands Wachstum wurde systematisch unterschätzt*Prognosen für 2010 Prognosen für 2011 Prognosen für 2012Fehlerpunkte Fehlerpunkte FehlerpunkteIfW0,3%3,4%Bundesregierung1,8%1,2%Economist Intelligence Unit-0,6%1,6%EU-Kommission1,2%2,5%Deutsche Bank2,0%1,0%Ifo-0,4%1,4%Ifo1,7%Tatsächliches Wachstum:3,7%2,0%IWF2,0%Tatsächliches Wachstum:3,0%Deutsche Bank1,0% 1,0%0,0%Tatsächliches Wachstum:1,0%vsl.* Prognosen jeweils im Dezember des Vorjahres<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 5


Woran wirgescheitert sindGenau vier Jahre ist es her, dassdie Weltwirtschaft in die gröSSteKrise der Nachkriegszeit rutschte.Kaum jemand hatte diesen beispiellosenEinbruch vorhergesagt.Deshalb trauten sich zu Jahresbeginn 2009 auch nurwenige zu prognostizieren, wann die <strong>Wir</strong>tschaft wiederwachsen würde und wie stark. Unsere Klienten fragtenuns in diesen Tagen mehr denn je: Könnt ihr uns Orientierunggeben? Wo gibt es Anhaltspunkte für anstehendeunternehmerische Entscheidungen? Wie seht ihr dieweitere Entwicklung?Das war der Startpunkt unserer eigenen Konjunkturszenarien.Weil wir der Meinung waren (und sind),dass die klassischen, ökonometrisch-wissenschaftlichenPrognosemodelle die Unsicherheit und Volatilität derMärkte nicht mehr richtig einfangen können, sind wireinen anderen Weg gegangen: Statt kurzfristige Trendszu analysieren, suchen wir nach fundamentalen Stärkenund Schwächen. Statt komplexe Rechenmodelle zuverwenden, versuchen wir, unsere unternehmerischenErfahrungen aus der Arbeit mit unseren Klienten in allenTeilen der Welt einzubringen. Und vor allem: <strong>Wir</strong>versuchen ganz bewusst, kritisch und systematisch dievorherrschende Meinung zu hinterfragen, um Ansatzpunktefür alternative Szenarien zu finden (zu Detailsunserer Vorgehensweise siehe Seite 7).Für die Jahre 2009, 2010 und 2011 waren wir mit dieserVorgehensweise sehr erfolgreich, denn im Gegensatz zufast allen anderen Prognostikern haben wir mit unserenSzenarien goldrichtig gelegen:® 2009 <strong>hatten</strong> wir richtig vorhergesagt, dass auf dentiefen Einschnitt der Krise ein schneller Aufschwungerfolgt (unsere V-Kurve),® 2010 lagen wir mit "mindestens 3% Wachstum"ebenfalls richtig (es waren bemerkenswerte 3,7%),® 2011 sind wir unserem optimistischen Kurs und einerWachstumsrate von 3% treu geblieben und <strong>hatten</strong>wiederum recht.Allerdings stimmt auch: 2012 ist unser Szenario nichteingetreten – statt der prognostizierten 2-3% Wachstum("auch 2,5 oder nur 2% wären ein exzellentes Ergebnis")wird es wohl nur 1% werden. Das hat uns Häme eingebrachtund natürlich auch die Frage, warum wir dreimalrichtig und das vierte Mal deutlich danebengelegenhaben – und was wir für unser neues Szenario darauslernen können.Rekapitulieren wir deswegen noch einmal: <strong>Wir</strong><strong>hatten</strong> unser optimistisches Wachstumsszenario für 20126<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


mit der inneren Stärke der deutschen <strong>Wir</strong>tschaft, globalenWachstumspotenzialen vor allem in den USA und Chinasowie mit der Chance auf ein besser integriertes Europabegründet. Rückblickend heißt das für uns:® Die innere Stärke der deutschen <strong>Wir</strong>tschaft hat sichbestätigt, oder anders gesagt: Industrielle Kompetenzzählt. Anders ist es nicht zu erklären, dass sich Deutschlandvon dem negativen Trend in Europa abkoppelnkonnte, dass unsere Exporte weiter wachsen und unserArbeitsmarkt robust ist. Dieses Argument wird deswegenauch in unserem neuen Szenario eine entscheidendeRolle spielen.® Hinsichtlich der globalen Wachstumspotentiale könnteman zwar sagen, dass unser Prognosefehler bei denUSA (2,5% vs. voraussichtlich 2,2%) und bei China (8,0%vs. voraussichtlich 7,8%) überschaubar ist, aber beideVolkswirtschaften haben – das war ja Teil unsererAr gu mentation – eine solche Signalwirkung auf dasglobale Wachstumsklima, dass die schleppende Re-Industrialisierungin den USA sowie die stetig nachlas -sende Wachstumsdynamik in China zu einem nachhaltigenVertrauensverlust geführt haben. Es waren alsodie falschen Signale, die die Negativrichtung nur nochverstärkt haben.® Unser eigentlicher Prognosefehler liegt in Europa.<strong>Wir</strong> haben die Dynamik für eine besser integrierteWachstumspolitik über- und die Abwärtskräfte vor allemin Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannienunterschätzt; statt des von uns erwarteten leicht positivenWachstums ist die europäische <strong>Wir</strong>tschaft geschrumpft(voraussichtlich um 0,3%).Für unser neues Szenario halten wir zwar anunserem Grundoptimismus für Europa (und den Euro)fest, hinterfragen aber kritischer, ob es tatsächlich eineChance auf kraftvolle Wachstumsinitiativen geben wird.Es gibt noch ein viertes Argument, das für unserneues Szenario eine Rolle spielt: das Potentialwachstumeiner Volkswirtschaft. Uns war bewusst, dass Deutschlandin den letzten sechs Jahren vier Mal mit 3% undmehr gewachsen ist (2006, 2007, 2010, 2011) und damitalle hochentwickelten Volkswirtschaften "outperformed"hat. <strong>Wir</strong> <strong>hatten</strong> der deutschen <strong>Wir</strong>tschaft die Kraft fürein fünftes Mal zugetraut, waren damit aber im his -to rischen Kontext wahrscheinlich zu ambitioniert. <strong>Wir</strong>kommen am Ende dieser Publikation deswegen nocheinmal auf die Frage langfristig realistischer Wachstumshöhenzurück.Unsere Methodik:Szenarien unternehmerisch denken<strong>Wir</strong> sind kein volkswirtschaftlicher Thinktank und gehen bei der Erstel -lung von Prognosen anders vor: Statt auf ökonometrische Modelle setzenwir auf Szenarien, die unsere unternehmerische Erfahrung auf globalenMärkten spiegeln – und bewusst den "Mainstream" hinterfragen:1PROGNOSENSYSTEMATISIERENZunächst fassen wir die Zahlenund Meinungen von anderen23systematisch zusammen.MAINSTREAMDEFINIERENAnschließend machen wir daraus denMainstream fest, bilden also Mittelwertevorhandener Prognosen und nennentypische Einschätzungen von Experten.MAINSTREAMHINTERFRAGENIn einem dritten Schritt suchen wir ganz bewusstnach Argumenten und Zahlen, die gegen denMainstream sprechen. Dabei setzen wir auch auf"symbolische" Entwicklungen und Eindrücke.4UNTERNEHMERISCHANALYSIERENDas Gesamtbild aus Eindrücken und Zahlengleichen wir anschließend mit unseren5Beratungsexperten im In- und Ausland ab, dieihre Kunden, Branchen und Märkte aus nächsterNähe kennen und persönliche Einschätzungenvon ausgewählten Kunden einholen.SZENARIOFORMULIERENSchließlich entwickeln wir basierend auf dervorangegangenen Analyse unsere eigeneMeinung und formulieren in einem qualitativbegründeten und mit ausgewählten quantitativenEckwerten versehenen Szenario aus, welcheEntwicklung wir für wahrscheinlich halten.<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 7


IndustrielleKompetenz zähltDie Binnenkonjunkturläuft gutDie Weltwirtschaftzieht wieder anEuropastabilisiertsich


Auf der Suche nachWachstumspotenzialen:Unseroptimistischer Blick<strong>Wir</strong> erwarten, dass unsere industrielleKompetenz, die anziehendeWeltwirtschaft, ein stabilisiertesEuropa und die gute BinnenkonJUnktur unser Wachstum <strong>2013</strong>treiben werden.


Unser optimistischer Blick<strong>Wir</strong> <strong>hatten</strong> es oben bereits erwähnt: Eigentlichspricht alles für ein gutes Jahr <strong>2013</strong>. Jedenfallsist unsere Absprungbasis zum Jahreswechsel2012/<strong>2013</strong> nicht schlecht, und deutlich besserals erwartet:® Das Weihnachtsgeschäft lief sehr gut undzeigt, dass Konsumneigung und Vertrauen derDeutschen stabil sind.® Unsere Unternehmen haben ein weiteresRekordjahr hinter sich mit teilweise zweistelligenWachstumsraten in Umsatz und Ertrag.® Unsere Exporte entwickelten sich zuletztebenfalls deutlich besser als erwartet, imdritten Quartal stiegen sie um bemerkenswerte3,6% auf 275,4 Mrd. Euro.® Bemerkenswert ist dabei auch, dass dieAusfuhren in außereuropäische Länder sogarum knapp 10% zulegen konnten (sie machenmittlerweile schon 44% aller Exporte aus).® Auch die Lage auf den Finanzmärkten siehtnicht schlecht aus; unsere Banken und Versicherungenkonnten ihre Risiken weiterabbauen, die Institute haben ihre Eigenkapitaldeckeerhöht, die Kreditvergabe funktioniert,und immerhin: Der Dax stieg um (ebenfallsbemerkenswerte) 29,1%.® Ausgesprochen positiv ist auch die Entwicklungauf dem Arbeitsmarkt; die Arbeitslosenquote istmit 6,7% weiterhin sehr niedrig, nur 2,84 MillionenMenschen sind derzeit ohne Beschäftigung.® Schließlich blicken auch die Unternehmenoptimistisch in die Zukunft: Zum Jahresendeist der ifo-Geschäftsklimaindex einmal mehrgestiegen und liegt jetzt bei 102,4 Punkten.Trotz dieser guten Absprungbasis sind dieoffiziellen Wachstumsprognosen für <strong>2013</strong> sehrverhalten. Die Erwartung, dass 2012 schwierig,<strong>2013</strong> aber wieder dynamisch verlaufen würde,ist fast durchgängig zurückgenommen worden:® Ging der IWF noch im Frühjahr 2012 davonaus, dass die deutsche <strong>Wir</strong>tschaft <strong>2013</strong> mit 1,5%und somit deutlich schneller als 2012 wachsenwürde, so hat er seine Prognose im Herbstauf 0,9% zurückgenommen.® Ging die Consensus-Prognose noch bis zumSommer von 1,6% Wachstum aus, so lag sie imDezember 2012 nur noch bei 0,7%.® Die OECD prognostizierte im Herbst 2012sogar nur noch 0,6% für <strong>2013</strong>, nachdem sie imFrühjahr noch 1,9% erwartet hatte.Ist diese Skepsis berechtigt? Oder wird dieschwierige konjunkturelle Lage, die wir in Q2und Q3 des letzten Jahres <strong>hatten</strong>, überbewertet?<strong>Wir</strong> bleiben für unser <strong>Konjunkturszenario</strong>unserer Vorgehensweise treu und versuchenzunächst, gegen diesen Mainstream zuargumentieren und nach den Potentialen zusuchen, mit denen wir ein höheres Wachstumerreichen können. Dafür haben wir vier Felderausgemacht: Die industrielle Kompetenz derdeutschen <strong>Wir</strong>tschaft, eine endlich wiederanziehende Weltwirtschaft, ein stabilisiertesEuropa und eine gute Binnenkonjunktur.10<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


1.IndustrielleKompetenzzähltDeutschland profitiert vonseiner industriellen StärkeIndustrielle Kompetenz war bereits in unseremletzten <strong>Konjunkturszenario</strong> das bestimmendeLeitthema. <strong>Wir</strong> halten für dieses neue Szenarioauch weiterhin daran fest – weil wir davonüberzeugt sind, dass sich eine überlegeneindustrielle Basis auch in überlegenen Wachstumsratenniederschlägt. Um sicherzugehen,haben wir diese Zusammenhänge noch einmaldetaillierter analysiert:® Deutschland liegt mit einem Anteil derIndustrie an der Bruttowertschöpfung vonaktuell 22,6% weit vor den anderen großeneuropäischen Volkswirtschaften. Und gleichzeitigzeigt sich: In den drei Jahren nachder <strong>Wir</strong>tschaftskrise (also 2010, 2011 und 2012)ist unsere Volkswirtschaft mit durchschnitt lich2,6% auch deutlich stärker gewachsen alsalle anderen großen EU-Länder.® Neben Deutschland zeigt sich diese positiveKorrelation auch in den osteuropäischenLändern, vor allem in Polen mit einem Industrieanteilvon 17,6% und deutlichen Hinzugewinnenan industrieller Wertschöpfung, oderauch in Tschechien oder der Slowakei mitIndustrieanteilen von über 21%. Polen und dieSlowakei lagen mit 3,5% bzw. 3,7% beimWachstum in den Nachkriegsjahren unter allenEU-Ländern an der Spitze.® Großbritannien und Frankreich zeigen dasgenaue Gegenteil: Ihr Industrieanteil liegt mit10,8% bzw. 10,1% gerade einmal halb so hochwie der Deutschlands, und ihre Wachstumsratenerreichen mit durchschnittlich 0,7% bzw.1,2% nicht einmal halb so hohe Werte. Hinzukommt: Beide Länder haben seit 2001 ingroßem Stil deindustrialisiert (minus 4,6 bzw.4,0 Prozentpunkte) und folglich auch starkan industrieller Kompetenz verloren.® Die negative Korrelation bestätigt sich auchfür Spanien, Italien (ausgenommen der starkmittelständisch geprägte Norden) und Portugalsowie – eigentlich überraschend – auchzunehmend für die Niederlande und Belgien.® Nicht überraschend: Das Schlusslicht in dereuropäischen Abfolge bildet Griechenlandmit dem geringsten Industrieanteil (nur 9,2%)und der schlechtesten Wachstumsentwicklung(minus 5,5% im Durchschnitt der letztendrei Jahre).Die Grafiken auf Seite 12 und 13 zeigendie Positionierung aller europäischen Länder inunserem Industrieanteil/Wachstums-Portfolio– und bestätigen uns eindrucksvoll: Es bestehteine signifikante Beziehung zwischen demIndustrieanteil einer Volkswirtschaft und ihremWachstumstempo; je höher der Anteil derIndustrie, desto stärker das Wachstum. Selbstverständlichzählt dabei nicht nur der quantitativeAnteil der Industrie, sondern vor allemauch die Fähigkeit, ihn unternehmerisch zunutzen. Die deutsche <strong>Wir</strong>tschaft erfüllt dieseVoraussetzung: Was uns stark macht, ist unsereinzigartiger Mix aus großen Konzernen undmittelständischen Unternehmen, ihre starkeglobale Verankerung, die gelungene Kombinationaus Industrie und hochwertigen (technischen)Dienstleistungen.<strong>Wir</strong> gehen deswegen davon aus, dass dieseKraft und Einzigartigkeit der deutschen<strong>Wir</strong>tschaft auch <strong>2013</strong> die Grundlage für einepositive Wachstumsentwicklung legt. Zumaluns – auf jeden Fall perspektivisch – eineweitere Entwicklung Vorteile bringen wird:Industrielle Kompetenz ist die Voraussetzungfür stetiges Produktivitätswachstum, undProduktivitätswachstum ist die Antwort aufknappe Ressourcen – an Menschen, an Rohstoffen,an Umwelt. Die deutsche <strong>Wir</strong>tschaft hatdamit die Chance, besonders stark von denMegatrends Klimawandel, Rohstoffknappheitund Demografie zu profitieren.<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 11


Wer Industrie hat,wächst schnellerEs besteht eine signifikanteKorrelation zwischendem Industrieanteil einerVolkswirtschaft undihrem WachstumstempoDEUTSCHLAND VS. DIE ANDERENFast ein Viertel unserer Wertschöpfungentsteht in der IndustrieBRUTTOWERTSCHöPFUNG DERINDUSTRIE VS. WACHSTUMJe höher der Anteil der Industrie, destohöher das Wachstum22,9Ungarn23,8Tschechien21,722,6%Anteil der Industrie an derBruttowertschöpfung20,3SlowenienIrland18,7Österreich16,0ItalienDREI LÄNDERGRUPPEnIn weiten Teilen Europas ist die industrielleKompetenz bedroht13,1Portugal13,5SpanienNiederlande12,9Dänemark13,8BelgienWachsende Industrielle KompetenzDeutschland, Polen, Ungarn,Litauen10,8 10,8 10,1GroßbritannienFrankreichLeicht schrumpfende Industrielle KompetenzNiederlande, Österreich, Italien u.a.Stark schrumpfende Industrielle KompetenzGroßbritannien, Frankreich, Belgien u.a.Ø BIP-Wachstum nachder Krise (2010–2012)-2%-1%0% 1%12<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


22,6Industrieanteil (an der gesamtenBruttowertschöpfung 2011)INDUSTRIALISIERUNG VS.DE-INDUSTRIALISIERUNGDeutschlandLitauenSlowakei21,120,622%20%Im letzten Jahrzehnt(2001–2011) ist derAnteil der Industriein den meistenEU-Staaten deutlichzurückgegangenÄnderung inProzentpunktenPolen +1,8Litauen +1,3Ungarn +0,7Deutschland +0,517,3Finnland17,6Polen17,3Estland18%16%Estland -0,4Niederlande -1,0Österreich -1,3Griechenland -1,4Tschechien -2,414%Slowakei -3,3Portugal -3,5Italien -3,612%Spanien -3,9Großbritannien -4,0Belgien -4,210%Slowenien -4,2Dänemark -4,38%Frankreich -4,6Irland -5,6Finnland -7,92% 3% 4% 5%6%Quelle: Eurostat13


WIE STARK DIEWICHTIGSTENMÄRKTE <strong>2013</strong>WACHSEN WERDENBIP-Wachstumsprognosen für <strong>2013</strong>2,5%Quelle: DestatisUnsere Prognose <strong>2013</strong>Aktuelle IWF-Prognose <strong>2013</strong>2.Die Weltwirtschaftziehtwieder anDeutschland profitiertals ExportnationüberproportionalAuch wenn wir von der inneren Stärke derdeutschen <strong>Wir</strong>tschaft überzeugt sind: Ob wirsie schon <strong>2013</strong> wieder ausspielen und in eindynamischeres Wachstum umsetzen können,hängt stark von positiven Impulsen auf unserenwichtigsten Auslandsmärkten ab. Immerhin:Der Branchenverband Großhandel, Außenhandelund Dienstleistungen (BGA) rechnet <strong>2013</strong>mit Rekordumsätzen bei den Ausfuhren undgeht davon aus, dass die Geschäfte um 5% unddamit sehr kräftig zulegen können.<strong>Wir</strong> teilen diese optimistische Sicht underwarten – auf der Suche nach Wachstumspotentialen– folgende Entwicklungen für unserewichtigsten außereuropäischen Märkte:USA2,1%nach 2,2% in 2012IWF und Consensus prognostizieren mit 2,1%bzw. 1,9% aktuell sogar noch ein geringeresWachstum für die USA als in 2012 (2,2%).Davon gehen wir nicht aus! Für unser positivesWachstumsszenario unterstellen wir, dassDemokraten und Republikaner zu pragmatischenKompromissen finden ("fiscal cliff"), die amerikanischeRegierung konsequent an der Re-Industrialisierungder <strong>Wir</strong>tschaft arbeitet und sich inder Folge auch der Arbeitsmarkt signifikantverbessert. Zugegeben, für diese optimistischeSichtweise spielt auch eine Rolle, dass BarackObama in seinem zweiten Term nicht an dieWiederwahl denken muss und deshalb mutigereSchritte einleiten wird, um die US-<strong>Wir</strong>tschaftwieder wachstumsstärker zu machen.Aus unserer Sicht sprechen auch das mit2,7% unerwartet hohe Wachstum im drittenQuartal 2012 und die sinkenden Energiepreise inden USA (Stichwort Fracking) für ein stärkeresAnziehen der amerikanischen <strong>Wir</strong>tschaft, wassich auch durch unsere gemeinsam mit derDeutsch-Amerikanischen Handelskammerdurchgeführte aktuelle Umfrage ("GermanAmerican Business Outlook") bestätigt: 95% derin den USA tätigen deutschen Firmen erwarten<strong>2013</strong> bessere Geschäfte und 76% planen deshalbNeueinstellungen in ihren US-Töchtern (dieheute bereits 570.000 Menschen beschäftigen).<strong>Wir</strong> erwarten denn auch ein gegenüber 2012leicht höheres US-Wachstum, das am Jahresende<strong>2013</strong> bei etwa 2,5% liegen dürfte.14<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


Unser optimistischer Blick8,4%1,5%8,2%nach 7,8% in 20121,2%nach 1,8% in 2012ChinaIn China dürfte das Wachstum im nächstenJahr ebenfalls wieder höher ausfallen. Der IWFprognostiziert für <strong>2013</strong> ein Wachstum von 8,2%(nach 7,8% in 2012). Für diese neue Dynamikspricht, dass das Jahr des Machtwechsels anden Spitzen von Staat und Partei hinter unsliegt und das neue Führungsduo gut gestartetist. Xi Jinping (als Parteichef und Präsident) undLi Keqiang (als Regierungschef ab März <strong>2013</strong>)haben zudem die zentralen Ziele der nächstenJahre klar vor Augen: Förderung nachhaltigenWachstums, Modernisierung der öffentlichenFinanzen, Öffnung der Kapitalmärkte undKorruptionsbekämpfung.<strong>Wir</strong> gehen in unserem positiven Szenariodavon aus, dass wir <strong>2013</strong> in China erneut großekreditfinanzierte Infrastrukturprojekte sehenwerden. Auch dürfte es der chinesischenRegierung weiterhin gelingen, mit einerwechselkurs- und subventionsgesteuertenExportförderung das Wachstum zu stimulieren.Die positive Folge dieser makroökonomischenSteuerung: Chinas Wachstumsrate dürfte amEnde des Jahres <strong>2013</strong> wieder deutlich oberhalbder Marke von 8% liegen – wir gehen von8,4% aus. Es könnten durchaus auch ein paarZehntelprozentpunkte mehr werden.JapanIn Japan waren die Wachstumskräfte zuletztnicht so ausgeprägt wie in den USA oder China.Nach einem starken ersten Halbjahr 2012, indem Japan mühelos an die erstaunlich schnellewirtschaftliche Erholung nach der Fukushima-Katastrophe vom Frühjahr 2011 anknüpfenkonnte, ist Japans Wachstum zum Jahreswechselzum Stillstand gekommen. Schuld daranwaren sicherlich auch (Sonder-) Effekte wie dieGrenzstreitigkeiten mit China oder der zuletztüberbewertete Yen.Für <strong>2013</strong> stehen die Zeichen dagegenwieder auf Wachstum: Der IWF erwartet für<strong>2013</strong> ein Wachstum von 1,2%, Consensus gehtvon 0,8% aus (nach 1,8% in 2012). <strong>Wir</strong> unterstellenin unserem optimistischen Szenario,dass Japan in <strong>2013</strong> weder mit Stagnation nochmit Deflation kämpfen wird. Die gerade neu insAmt gewählte Regierung unter RegierungschefShinzo Abe plant, ein neues Konjunkturprogrammaufzulegen. Ob es mittelfristig zurLösung der japanischen Strukturproblemebeiträgt, ist schwer zu sagen, aber kurzfristigkann es Stimuli setzen, sodass der hochentwickeltenjapanischen Volkswirtschaft imlaufenden Jahr mit bis zu 1,5% ein recht stabilesWachstum gelingen sollte.<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 15


Unser optimistischer Blick4,0%6,0%3,8%nach 3,7% in 20126,0%nach 4,9% in 2012RusslandKräftig dürfte <strong>2013</strong> auch die russische <strong>Wir</strong>tschaftwachsen. Der IWF prognostiziert derzeit3,8% (nach 3,7% in 2012), also eine konstantgute Entwicklung. <strong>Wir</strong> unterstellen in unseremoptimistischen Szenario, dass Russland dankeines stabilen Öl- und Gaspreises die nötigenfinanziellen Ressourcen hat, um bei derModernisierung und Diversifizierung seiner<strong>Wir</strong>tschaft weiter voranzukommen. Besondersgefragt sein wird dabei wieder deutschesKnow-how. Bereits 2012 waren die deutschenExporte nach Russland auf ein neues Rekordhochgestiegen und haben den Vorjahreswertvon 34,4 Mrd. Euro deutlich übertroffen. Esspricht vieles dafür, dass wir in diesem Jahrneue Rekordwerte sehen werden. In der Summeerwarten wir für Russland in <strong>2013</strong> eineWachstumsrate von etwa 4%. Eine Dynamikalso, mit dem Russland nahtlos an die Zeit vorder Krise anknüpft.IndienZugegeben: 2012 hat uns Indien enttäuscht!Durch einen monsunbedingten landwirtschaftlichenMinderertrag von gut 20%, politischenReformstau, nicht beseitigte Infrastrukturengpässeund die weit verbreitete Korruption wardas indische BIP so langsam gewachsen wie seitzehn Jahren nicht mehr (4,9%). Die Stimmungder indischen Unternehmen hat sich zuletztjedoch deutlich gebessert und lässt neue Investitionenund eine steigende Industrieproduktionerwarten. <strong>Wir</strong> gehen in unserem optimistischenSzenario deshalb davon aus, dass IndiensWachstum wieder deutlich anzieht und – wieaktuell auch vom IWF prognostiziert – eineWachstumsrate von 6,0% erreichen dürfte.Wohin unsere Exporte gehen(Anteil in 2012)1. Frankreich9,5%2. USA7,9%3. GroSSbritannien6,6%4. Niederlande6,5%5. China6,2%6. Österreich5,3%16<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


4,0%0,5 –0,75%7. Italien5,1%Brasilien4,0%nach 1,5% in 2012Die wichtigste Volkswirtschaft Südamerikashat Großes vor: Die Fußball-WM im Jahr 2014und die Olympischen Spiele 2016 werden demLand bereits <strong>2013</strong> einen Investitionsschubbescheren und auch symbolisch wirken. Kurz -fristig hilft zudem, dass zum 1. Januar <strong>2013</strong>die Energiepreise um etwa 15% gefallen sind– bisher kostete Energie in Brasilien bis zu 50%mehr als in den Nachbarstaaten. Und auch derStaat stützt den Aufschwung, indem er dieAnschaffung energiesparender Produkte – vonHaushaltsgeräten bis zu Autos – fördert. InSumme gehen wir in unserem optimistischenSzenario davon aus, dass Brasiliens Wachstumnach dem enttäuschenden Jahr 2012 (nur 1,5%Wachstum) wieder deutlich an Fahrt gewinnt.<strong>Wir</strong> erwarten <strong>2013</strong> – ebenfalls in Übereinstimmungmit den aktuellen Prognosen des IWF– eine Wachstumsrate von 4,0%.8. Schweiz4,5%9. Belgien4,0%10. Polen3,8%3.Europastabilisiertsich0,5%nach -0,3% in 2012Deutschland profitiert vomüberwinden der EuroKrisemehr als jedes andere LandTreten die dynamischen Effekte ein, die wir inunserem optimistischen Szenario für unserewichtigsten Auslandsmärkte sehen, dann wirddie deutsche <strong>Wir</strong>tschaft aufgrund ihrerExportstärke davon überproportional profitieren.Dafür spricht auch, dass es in den letztenJahren gelungen ist, die Exporte in das außereuropäischeAusland überproportional zu steigern:von 38% in 2009 auf 43% in 2012. Auf deranderen Seite gilt aber auch: Die meistenExporte (57%) gehen nach wie vor in unsereeuropäischen Nachbarländer, so dass Europaimmer noch die entscheidende Rolle spielt –wirtschaftlich, stimmungsmäßig, politisch.Immerhin, die meisten Prognosen gehenfür <strong>2013</strong> von einer besseren Entwicklung inEuropa aus; statt der -0,3% in 2012 erwartetConsensus ein leicht positives Wachstum von0,2%, der IWF liegt in seiner aktuellen Prognosesogar bei 0,5% (also die Wachstumsrate, diewir bereits für 2012 erwartet <strong>hatten</strong>). Analysiert<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 17


<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>18FinnlandSchwedenDänemarkBelgienPolenUngarnTschechienDeutschlandEuropa:Ein Kontinentmit vierWachstums-geschwindig-keitenBIP-Wachstum 20121,3%Spanien-1,3%Griechenland-4,0%Portugal-1,0%Italien-1,0%2,2%Norwegen2,3%1,2%Großbritannien1,1%Niederlande0,4%Frankreich0,4%0,3%2,1%0,8%0,8%Estland3,2%Lettland3,5%Litauen3,0%>1%2%+/–0%NordenSüdenOstenWesten


Unser optimistischer Blickman die Wachstumserwartungen detaillierter,so ergibt sich ein erstaunlich klares Bild:Europa ist ein Kontinent mit vier signifikantunterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeiten,denn® Europas Osten wird <strong>2013</strong> mit 2% und mehram stärksten von allen europäischen Regionenwachsen – die Prognosen lauten derzeit unteranderem 2,1% für Polen, 3,0% für Litauen und3,5% für Lettland.® Europas Norden wächst <strong>2013</strong> voraussichtlichmit deutlich über 1% – prognostiziert werdenunter anderem 1,2% für Dänemark, 1,3% fürFinnland und sogar knapp über 2% für Schwedenund Norwegen.® Europas Westen stagniert <strong>2013</strong> voraussichtlichund entwickelt sich damit zu einemweiteren ernsten Problemfall für Europa.Die Prognosen liegen für Frankreich (0,4%),die Niederlande (0,4%) und Belgien (0,3%)nahe der Nulllinie.® Europas Süden bleibt mit negativen Wachstumsratenvon -1% und mehr eindeutig dasSorgenkind; prognostiziert werden unteranderem -1,0% für Italien, -1,3% für Spanienund -4,0% für Griechenland.Diese Landkarte der unterschiedlichenWachstumsgeschwindigkeiten spiegelt auchunsere Analyse der Zusammenhänge zwischenWachstum und industrieller Kompetenz:Überall dort, wo Industrie eine Rolle spielt, woindustrielle Kompetenz gezielt gefördert undwertgeschätzt wird, liegen die Wachstumserwartungenhöher. Für unser optimistischesSzenario – oder unsere Suche nach Wachstumspotentialen– spielt deswegen vor allemeine Rolle, ob die Rahmenbedingungen fürindus triell geprägtes Wachstum stimmen undes gelingt, die fortschreitende Deindustrialisierungin weiten Teilen Europas zu stoppen.Im optimistischen Fall sehen wir folgendeEckpunkte:® EFSF und ESM, in 2010 bzw. 2012 erfolgreicheingeführt, sorgen auch <strong>2013</strong> für Stabili -tät in Europa.® Die EZB setzt ihre erfolgreiche Politik fortund verhindert Spekulation.® Die wirtschaftspolitische Integration inEuropa geht – wenn auch langsamer als erhofft– voran; ein gutes Beispiel ist die vor Kurzembeschlossene Bankenunion.® Die Finanzierung Griechenlands führt nichtzu Turbulenzen – die regelmäßigen Fortschrittsberichtefallen positiv aus, sodass die Troikaaus EU, EZB und IWF weiter stützen kann.® Italien stürzt nach der Wahl Ende Februar<strong>2013</strong> nicht ab – vielmehr gelingt es der neuenRegierung, schnell das Vertrauen der Kapitalmärkte(wieder) zu gewinnen und den Reformkursfortzusetzen.® Frankreich stabilisiert sich – mit geringem,aber immerhin positivem Wachstum in <strong>2013</strong>und dem Mut zu Strukturreformen am Arbeitsmarktund in den Sozialsystemen (wir kommenauf die Risiken Frankreichs später noch ausführlicherzurück).Optimistisch stimmt uns vor allem, dassauch die EU-Kommission die Notwendigkeiteiner Re-Industrialisierung Europas erkannt hat.Auch die Maßnahmen sind aus unserer Sichtrichtig gewählt:® Mehr Investitionen in Fabriken sowiein Forschung und Entwicklung,® weiterer Ausbau des Binnenmarkts unddie "Öffnung internationaler Märkte",® Unterstützung von kleinen und mittlerenUnternehmen beim Erschließen internationalerMärkte sowie® mehr Aus- und Fortbildung und ein bessererAbgleich zwischen Angebot und Nachfragenach Arbeitskräften.<strong>Wir</strong> verbinden mit diesem Programmauch die Hoffnung, dass damit die von uns seitLangem angemahnte Revitalisierung desBinnenmarktes unterstützt wird, die zusätzlicheWachstumsimpulse bringen wird. Unterdiesen Bedingungen halten wir eine Wachstumsrateder EU-27 von mindestens 0,5% fürmöglich, die im optimistischen Fall auch auf0,7% ansteigen kann.<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 19


Unser optimistischer Blick4.Die Binnenkonjunkturläuft gutDeutschland profitiertvon der Robustheitseines HeimatmarktesFür unser optimistisches Wachstumsszenariogehen wir davon aus, dass die Binnenkonjunkturstabil gut bleibt und damit auch in <strong>2013</strong> dasdeutsche Wachstum stützt – und wir glauben,dass das auch einer realistischen Betrachtungstandhält. Jedenfalls sprechen die wichtigstenEckpunkte und ein insgesamt positives Umfeldfür unsere These:ArbeitsmarktNur 2,84 Mio. Menschen sind derzeit inDeutschland arbeitslos, das entspricht einerQuote von 6,7%. Nie zuvor waren mehrMenschen in Deutschland erwerbstätig, derzeitsind es 41,94 Mio. Auch die Zahl sozialversicherungspflichtigBeschäftigter liegt mit aktuell29,45 Mio. noch einmal deutlich höher als vorJahresfrist. Aus unserer Sicht wird sich andiesen Zahlen in den kommenden 12 Monatenauch nicht viel ändern. BA-Chef Weise erwar -tet <strong>2013</strong> eine im Jahresdurchschnitt stagnierendeEntwicklung, mit einer etwas schwierigerenersten Jahreshälfte und sich anschließenderEntspannung im zweiten Halbjahr <strong>2013</strong>. <strong>Wir</strong>sehen das ähnlich.KonsumklimaSeit mehr als zwei Jahren sind die deutschenKonsumenten optimistisch und überauskauffreudig – das hat zuletzt wieder das guteWeihnachtsgeschäft bestätigt. Die Gründe dafürliegen auf der Hand: Die hohen Beschäftigungszahlenschaffen Kaufkraft und Planungssicherheit,die moderate Inflationsrate stützt dieKonsumneigung und das sehr niedrige Zinsniveauführt dazu, dass die Verbraucher ihr Geldeher ausgeben als zu sparen. Die GfK misstmit ihrem Indikator der "Anschaffungsneigung"denn auch sehr hohe und vor allem sehrkonstante Werte. <strong>Wir</strong> erwarten, dass sich diesein das Jahr <strong>2013</strong> fortsetzen.Umfeld<strong>Wir</strong> haben in den vergangenen Jahren immerwieder beobachten können, dass sich Turbulenzenim wirtschafts- und finanzpolitischenUmfeld negativ auf die Binnenkonjunktur unddas Verbraucherverhalten ausgewirkt haben,weil die Unsicherheit unmittelbar zugenommenhat. Für <strong>2013</strong> erwarten wir das nicht; ausunserer Sicht können wir von stabilen Rahmenbedingungenausgehen:Wenig Bewegung an den Rohstoff- und WährungsmärktenÖlpreis (brent) in USD/BarrelRückgang um 6,2%Stahlpreis in USD/tAnstieg um 7,1%Aktuell112,5Prognose für Ende <strong>2013</strong>:105,6ConsensusAktuell700Prognose für Ende <strong>2013</strong>:750CRU Analysis20<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


® Inflation: Selbst wenn die Teuerungsrate einpaar Zehntelpunkte über dem von der EuropäischenZentralbank definierten Korridor liegt,also über 2%, wäre das unproblematisch. <strong>Wir</strong>erwarten <strong>2013</strong> eine durchschnittliche Inflationsratevon 2,0% in Deutschland und 2,2% inder Eurozone.® Wechselkurse: Es spricht wenig dafür, dassder zuletzt erstaunlich stabile Eurokursgegenüber dem US-Dollar (oder einer anderenwichtigen Währung) an Wert verliert. <strong>Wir</strong>erwarten in nächsten Monaten einen Wechselkurszwischen 1,25 und 1,30 Dollar je Euro.® Finanzmärkte: Mit mehr Eigenkapitalvorsorge,bereinigten Bilanzen und verbessertemRisikomanagement stehen Banken und Versicherungenheute weltweit solider da alsnoch vor ein oder zwei Jahren. <strong>Wir</strong> erwartendeshalb, dass es an den internationalenFin anzmärkten <strong>2013</strong> ruhig bleibt und dasssich Unternehmen weiterhin problemlosmit (billigem) Geld versorgen können.® Ölpreis: Nach den Schwankungen desÖlpreises im vergangenen Jahr – ein Barrel derSorte Brent kostete zu Jahresbeginn zunächst110 Dollar, schwankte dann zwischen 128 und88 Dollar und lag zum Jahresende wieder bei110 Dollar – spricht einiges dafür, dass Öl <strong>2013</strong>etwas billiger wird. <strong>Wir</strong> erwarten 105 Dollarje Barrel zum Jahresende <strong>2013</strong>.PolitikEtwas spannender wird es <strong>2013</strong> vermutlich aufder politischen Bühne zugehen, nicht zuletztwegen der Bundestagswahl im Herbst. DieAuswirkungen eines möglichen Regierungs-(und Politik-)Wechsels werden wir allerdingsfrühestens 2014 spüren. Ein Thema bleibtin den nächsten 12 Monaten jedoch wichtig:die Energiewende. Für unser optimistischesSzenario gehen wir davon aus, dass dieStrompreise zwar weiter steigen werden,aber letztlich weder unsere industrielle Wett -bewerbsfähigkeit noch das gute Konsumklimanachhaltig dämpfen können (zu den Risikenvgl. den nächsten Abschnitt).Kupferpreis in USD/mtRückgang um 0,9%EUR/USD-WechselkursWertverlust von 4,0%Aktuell8.085Prognose für Ende <strong>2013</strong>:8010BloombergAktuell1,30Prognose für Ende <strong>2013</strong>:1,25Consensus<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 21


Die Risiken:Warum es anderskommen kannFrankreichfällt ausdie Eurokriseverschärft sichdoch


China holtnicht aufPolitische Krisenbelasten dieWeltwirtschaftUS-<strong>Wir</strong>tschaftentwickelt sichschwächerdie Energiewendemisslingt


Die Risiken:Warum es anderskommen kann<strong>Wir</strong> sehen sechs zentrale Risikenfür unser Wachstum in <strong>2013</strong>:Die Eurokrise, Frankreich, die US-<strong>Wir</strong>tschaft, China, die Energiewendeund mögliche politische KrisenWenn wir alle positiven Effekte – ein Anziehen derWeltkonjunktur, eine Stabilisierung in Europa, eine guteBinnenkonjunktur – zusammennehmen, wird Deutschlandseine industrielle Kompetenz im In- wie Auslandausspielen können und wieder ein deutlich höheres Wachstumerzielen als im vergangenen Jahr. Konkret: Tritt unseroptimistisches Szenario ein, trauen wir Deutschland in<strong>2013</strong> eine Wachstumsrate von bis zu 2% zu.Allerdings kann es auch anders kommen. Bei unsererSuche nach den Wachstumspotentialen, die zu unseremoptimistischen Szenario geführt haben, haben wirwichtige Risiken (bewusst) ausgeblendet.Darum soll es jetzt gehen. Es sind aus unserer Sichtvor allem sechs Entwicklungen, die DeutschlandsWachstumsdynamik in den nächsten 12 Monaten negativbeeinflussen können:24<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


Die Risiken1.die Eurokriseverschärft sich dochAuch wenn aus unserer Sicht vieles dafür spricht, dasswir in Europa das Schlimmste hinter uns haben und wir<strong>2013</strong> wieder auf einen moderaten Wachstumskurs zurück -kommen können, bleiben ganz erhebliche Risiken. Nebender generellen Frage, ob wir in <strong>2013</strong> zu einer verstärktenIntegration der europäischen <strong>Wir</strong>tschaftspolitik kommenwerden und ob die Kommission ihre ReindustrialisierungsundWachstumsinitiativen kraftvoll umsetzen wird, sehenwir vor allem zwei wesentliche Problemkreise:® Die hohe Arbeitslosigkeit – in der Eurozone liegt siebei historisch hohen 11,7%, in Spanien bei über 25% undbei den Jugendlichen dort sogar über 50% –, die ins besondereEuropas Süden fest im Griff hält und zu Kaufkraftschwächeund politischen Instabilitäten führt, sowie® den Reformstau, der die Wettbewerbsfähigkeitwichtiger Volkswirtschaften wie Frankreich undItalien verringert und der sich kurzfristig sicher nichtauflösen lässt.Nicht auszuschließen ist deshalb, dass Teile Europasnoch einmal tiefer in die Krise rutschen, anstatt sich zuerholen: Was wird aus den begonnenen Strukturreformenin einem Italien nach Mario Monti? Hält die spanischeAusteritätspolitik dem Druck der Straße stand? Wie vielRückhalt hat die britische Regierung mit ihrem Sparkurs?Dominieren griechische Schuldenschnitte, Rettungspaketeund Regierungskrisen in Athen auch die EU-Gipfel dernächsten Monate? Im Gesamtjahr 2012 ist die EUvoraussichtlich um 0,3% und die Eurozone um 0,4%geschrumpft. Auszuschließen, dass es <strong>2013</strong> noch schlimmerkommen könnte, wäre – auch nach unseren Erfahrungenmit unserem 2012er-Szenario – fahrlässig.2.Frankreichfällt ausNeben den generellen Problemen, die Europas Wachstumsfähigkeitin <strong>2013</strong> negativ beeinflussen können,sehen wir vor allem ein spezifisches Risiko: Frankreich.Mit seinen 65 Mio. Einwohnern, einem Anteil von16,2% an der <strong>Wir</strong>tschaftsleistung Europas und seinempolitischen Einfluss spielt Frankreich neben Deutschlandin Europa die entscheidende Rolle. Umso beängstigenderist es, dass Frankreich seit Jahren an Wettbewerbsfähigkeitverliert und strukturelle Reformen nicht konse -quent angeht.Wie wir bereits oben gesehen haben, gehört Frankreichzu den Ländern, in denen die Industriebasis in denvergangenen Jahren am stärksten erodiert ist – trotz (oderwegen?) jahrzehntelanger Industriepolitik. Ob hier eineTrendwende gelingt und ob die französische Politik denMut zu einer französischen Version der "Agenda 2010"findet, um die Verkrustungen am Arbeitsmarkt und imRentensystem aufzubrechen, ist aus unserer Sicht nochnicht ausgemacht. Wenn es gut läuft, wird Frankreich in<strong>2013</strong> – so jedenfalls die aktuellen Prognosen – im bestenFall minimal wachsen, wahrscheinlich aber eher stagnieren.Sollte es schlimmer kommen und Frankreichs<strong>Wir</strong>tschaft gar schrumpfen, hätte das wegen der BedeutungFrankreichs und der damit zusammenhängendenSignalwirkung dramatische Folgen für die wirtschaftlicheGesundung Europas.<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 25


Die Risiken3.die US-<strong>Wir</strong>tschaftentwickelt sich schwächerEntgegen den Prognosen von IWF und Consensus, die dasWachstum der amerikanischen <strong>Wir</strong>tschaft nur bei 2,1bzw. 1,9% sehen, sind wir in unserem optimistischenSzenario davon ausgegangen, dass sich die amerikanische<strong>Wir</strong>tschaft weiter erholt und eine Wachstumsrate von2,5% erreichen kann. Begründet <strong>hatten</strong> wir diese positiveEntwicklung vor allem mit einer fortgesetzten Erholungauf dem US-Arbeitsmarkt, weiteren Fortschritten bei derReindustrialisierung und einer pragmatischen Politikzwischen Demokraten und Republikanern.In jedem dieser Punkte liegen Risiken: Die Arbeitslosigkeitliegt mit 8% immer noch auf einem für Amerikaschmerzlich hohen Niveau, ob die wirtschaftspolitischenInitiativen von Präsident Obama tatsächlich mit demnotwendigen Nachdruck umgesetzt werden, ist nochnicht erwiesen und der Kongress bleibt offensichtlichzwischen den Lagern gespalten, was statt zu einerparteiübergreifenden Lösung der strukturellen Problemeauch zu einer weiteren Blockade führen kann. Auch wenndas "fiscal cliff" abschließend umschifft werden kann,wovon wir auch in unserer Risikobetrachtung ausgehen,ist es also nicht auszuschließen, dass die US-<strong>Wir</strong>tschaftweiter an Dynamik verliert und mit weniger als 2%wachsen wird.4.Chinaholt nicht aufIn unserem optimistischen Wachstumsszenario habenwir unterstellt, dass die neue chinesische Regierung dieangekündigten Wachstumsinitiativen kraftvoll umsetzenwird und China somit wieder an das alte Wachstumstempovon 8% und mehr anschließen kann. Eine wichtigeVoraussetzung dafür ist auch, dass die Partei durch einekonsequente Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaftwieder Vertrauen zurückgewinnt.Gelingt dies nicht, können wir nicht ausschließen,dass sich der negative Trend – seit sieben Quartalenschrumpft das Wachstum – auch in <strong>2013</strong> fortsetzen undes aufgrund niedriger Wachstumsraten immer schwierigerwird, die strukturellen Probleme, wie beispielsweise dasWohlstandsgefälle zwischen Stadt und Land, unterKontrolle zu halten. Das wird <strong>2013</strong> (noch) nicht zugrößeren Krisen führen, kann aber den Wachstumskursdeutlich negativ beeinflussen – mit allen Folgewirkungenauf die weltwirtschaftliche Dynamik und die Absatzchancendeutscher Unternehmen in China. In unserempessimistischen Szenario wächst China lediglich umetwa 7%.ZusammengefasstJeder der von uns genannten Risikofaktoren hat das Potential, das Wachstum der deutschen<strong>Wir</strong>tschaft in <strong>2013</strong> nachhaltig negativ zu beeinflussen. Eine Verschärfung der Eurokrise oderschwächelnde Exportmärkte in den USA und China würden nicht nur die Exportzahlen deutscherUnternehmen zurückgehen lassen, sondern sich im Binnenmarkt fortsetzen: Die Stimmung inUnternehmen wie bei Verbrauchern trübt sich ein, Investitions- und Konsumneigung sinken,weiter angetrieben durch die negativen Folgen der Energiewende und/oder durch die allgemeine26<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


5.die EnergiewendemisslingtNeben den vorgenannten außenwirtschaftlichen Risikensehen wir binnenpolitisch vor allem in der Umsetzungder Energiewende ein wichtiges Risiko, das die Wachstumsentwicklungin Deutschland hemmen kann. <strong>Wir</strong><strong>hatten</strong> zwar schon in unserem optimistischen Szenariounterstellt, dass die Energiepreise weiter steigen werden,sind hier aber davon ausgegangen, dass dadurch wederdie Wettbewerbsfähigkeit der Industrie noch die Konsumbereitschaftnachhaltig beeinflusst werden.Im pessimistischen Szenario kommt es anders:Das Missverhältnis zwischen Ausbau der erneuerbarenEnergien (kommt weiter gut voran) und Ausbau der Netze(stockt – von 4.400 km neuer Leitungen, die bis 2020notwendig sind, wurden erst 200 km gebaut!) treibt dieEnergiekosten immer weiter. Konsumenten vergeht dieKauflaune und auch Unternehmen spüren bereits <strong>2013</strong>die Belastungen, zumal im internationalen Wettbewerb.Denn in den meisten Industrieländern – etwa den USA –sinken die Energiekosten, statt zu steigen. <strong>Wir</strong>tschaftspolitischmisslingt die Gratwanderung, bestimmten(energieintensiven Industrie-)Unternehmen Ausnahmenbei der EEG-Umlage zu gewähren und gleichzeitig dieKosten- und Umweltziele zu erreichen.6.Politische Krisenbelasten die WeltwirtschaftIn unserem Wachstumsszenario haben wir implizitunterstellt, dass wir <strong>2013</strong> keine geopolitischen Krisenerleben müssen, die die Weltwirtschaft nachhaltig negativbeeinflussen. Angesichts der außenpolitischen Problemlage– der Nahostkonflikt, Syrien, die Entwicklungenin Arabien, Afghanistan, Pakistan, Nordkorea – mag dasblauäugig sein; andererseits lässt sich gerade dieserRisikofaktor schwer quantifizieren.Studien/Analysen zeigen, dass größere politischeKrisen (und Kriege) das Wachstum der Weltwirtschaftbremsen können. In der Vergangenheit war das beispielsweiseder Fall bei den beiden Ölkrisen (1973, 1982), denKrisenjahren in Nahost (z.B. Yom-Kippur-Krieg 1973), dendrei Golfkriegen (1979, 1990, 2003) sowie der Asienkrise(1997/98). Bei anderen Krisen dagegen – beispielsweise derKubakrise (1962), der Argentinien-Krise (1998) und injüngster Zeit der arabischen Rebellion (2011) – ließen sichdie Folgen eher in Veränderungen von Handelsströmenoder politischen Prioritätensetzungen messen als inWachstums-Bremsspuren auf globaler Ebene. Eine allgemeineAussage lässt sich an dieser Stelle also kaum machen.Verunsicherung durch echte außen- oder sicherheitspolitische Krisen. Es gibt also einige validePunkte, die zeigen, dass es auch anders kommen kann, als in unserem positiven Wachstumsszenariounterstellt. <strong>Wir</strong> gehen zwar auch in unserem Negativszenario davon aus, dass dieinnere Stärke der deutschen <strong>Wir</strong>tschaft ausreicht, um trotz der Risiken nicht einzubrechen,rechnen aber damit, dass die positiven Impulse, die unsere Suche nach Wachstumspotentialenerbracht hat, im Zweifel überkompensiert werden können. Also: Wenn es anders kommt, werdenwir nicht einmal das 2012er-Wachstum halten können und auf eine Wachstumsrate von etwa0,5% zurückfallen.<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 27


1,2%Unsere Wachstumsprognosefür Deutschland <strong>2013</strong>


UnsereWachstumsprognosefür <strong>2013</strong>Unsere Suche nach Wachstumspotentialenfür die deutsche <strong>Wir</strong>tschafthat uns zunächst zu einemoptimistischen Szenario geführt.Wenn alles gut läuft und sich die Potentiale,die wir gefunden haben, konkret manifestieren,können wir <strong>2013</strong> mit bis zu 2% wachsen. Aller -dings kann es auch anders kommen: Manifestierensich die Risiken, die wir in unserempessimistischen Szenario identifiziert haben,reduziert sich die Wachstumsrate auf nur 0,5%.Der gemeinsame Faktor in beiden Szenarien istdie industrielle Kompetenz Deutschlands, diewir im positiven Szenario voll ausspielen könnenund die im negativen Szenario immerhin dafürsorgt, dass die Wachstumsrate nicht vollständigeinbrechen wird.Dass alles gut läuft ist genauso wenigwahrscheinlich wie dass alles anders kommt.<strong>Wir</strong> haben deswegen versucht, das Risikopotentialvon 1,5 Prozentpunkten, das zwischenunseren beiden Szenarien liegt, weiter einzugrenzen.Dazu haben wir mit vielen Klientenund Kollegen zwei Fragen diskutiert:® Wie wahrscheinlich ist es, dass die Chancenund Risiken, die unsere Szenarien ausmachen,auch eintreten, und® wie stark ist der "Impact" der jeweiligenChance bzw. des Risikos auf unser Wachstumspotential?Hinter diesen Fragen steht ein robustesKalkül: Ist die Wahrscheinlichkeit für eineWachstumschance hoch, müssen wir uns indiesem Punkt wenig Sorgen machen; unserWachstumsziel von 2% wird bestätigt. Ist dieWahrscheinlichkeit für ein Risiko hoch, ist<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 29


Unsere Wachstumsprognoseunser Wachstumsziel konkret in Gefahr. Umdiese Gefahr berechenbar zu machen, bewertenwir den potentiellen – in diesem Fall negativen– Impact mit der geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeitund reduzieren unser Wachstumszielentsprechend.Die Ergebnisse dieser Diskussionen undBerechnungen haben wir für unsere wichtigstenEinflussgrößen auf Seite 31 zusammengefasst;die <strong>Wir</strong>kungsrichtung ist entsprechendder Beschreibung unserer Szenarien jeweilsmit Plus oder Minus gekennzeichnet. <strong>Wir</strong>glauben, dass wir für unsere Wachstumsprognosedaraus folgende Schlüsse ziehen können:® Viele unserer Wachstumschancen habeneine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit, sorgenalso für eine positive Grundströmung. Dazugehören die Binnenmarktfaktoren (Arbeitsmarkt,Konsumklima, Inflation, Finanzmärkte),aber auch die Wachstumspotentiale in Russland,Brasilien und Japan. Und nicht zuletztgehen wir davon aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeitaus der Griechenland-Problematikkeine neuen (Euro-)Krisen zu erwarten sind.® Wenn wir diese positive Wachstums-Grundströmungmit der industriellen Kompetenz undder inneren Stärke der deutschen <strong>Wir</strong>tschaft,die unseres Erachtens per se für 0,5% Wachstumstehen, kombinieren, sehen wir eine hoheWahrscheinlichkeit für eine Wachstumsrategrößer 1%. Das Risikopotential von 1,5 Prozentpunktenzwischen unsern beiden Szenarienlässt sich damit auf einen Prozentpunktzurückführen.® Allerdings zeigt unsere Analyse auch, dasswichtige Faktoren mit mittlerem und hohemImpact nur eine mittlere Eintrittswahrscheinlichkeithaben, also risikotreibend wirken(denn: es kann auch anders kommen!). Dasbetrifft auf der Chancenseite vor allem dieWachstumspotentiale durch eine gute Entwicklungin den USA und China und auf derRisikoseite mögliche negative Entwicklungen inFrankreich und Italien, die zu einer Befeuerungder Eurokrise führen können.Selbstverständlich sind viele dieserFaktoren miteinander verkettet, können sichalso positiv wie negativ verstärken. <strong>Wir</strong> habendeswegen ein robustes Bewertungsschemaangewendet:® Die mittlere Eintrittswahrscheinlichkeithaben wir auf 0,5 gesetzt; positive wie negativeEntwicklungen sind also gleich wahrscheinlich.® Einen hohen Impact – das entspricht unsererErfahrung aus unseren letzten Konjunkturszenarien– bewerten wir mit einem Potential von 0,3Prozentpunkten bezogen auf die Wachstumsrate,einen mittleren mit 0,2 Prozentpunkten.Bezogen auf die Risikotreiber aus unsererAnalyse – also alle Faktoren mit mittlererEintrittswahrscheinlichkeit – kommen wir zueinem bewerteten Risikopotential von etwa0,8 Prozentpunkten. Das verbleibende 1-Prozentpunkt-Restrisikolässt sich also (leider) nurum 0,2 Prozentpunkte reduzieren. Andersausgedrückt: Unsere Wachstumsprognose für<strong>2013</strong> liegt bei 1,2%.30<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


Die zentralen EinflussgröSSenunserer KonjunkturszenarienMit welcher Wahrscheinlichkeit sie eintreten – und wie stark sie dasdeutsche Wachstum bremsen, falls es doch anders kommen sollteWahrscheinlichkeithochJapanwächst >= 1,5%Eurobleibt stabilArbeitsmarkt:Lage bleibt gutInflationbleibt unkritischKonsumklimableibt gutRusslandwächst >= 4%Brasilienwächst >= 4%Griechenland:Rettungist erfolgreichFinanzmärktefunktionierenmittelGeopolitischeKrisen entstehenItalienverliert an VertrauenUSAwächst > 2%Frankreichstabilisiert sich nichtChinawächst > 8%Indienwächst >= 6%Eurokriseverschärft sichÖlpreisbleibt im RahmengeringEnergiewendegelingtniedrig mittel hochImpactOptimistisches SzenarioPessimistisches Szenario<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 31


Über <strong>2013</strong> hinaus:Das Problem mit demPotentialwachstumIst eine Wachstumsrate von 1,2%enttäuschend klein? Gemessenan den 3% und mehr, die wir2006, 2007, 2010 und 2011 geschaffthaben, auf jeden Fall. Zumindestauf den ersten Blick.Erst recht bezogen auf die hohen Wachstumsraten,die wir in den 1950er und 1960er Jahrenerreicht haben. Aber ist diese Betrachtung fair?Die Krux mit dem Wachstum liegt doch darin,dass Wachstumsraten einen exponentiellenVerlauf beschreiben: Weil die Basis immergrößer wird, muss der absolute Zuwachs auchimmer größer werden, um eine hohe Wachstumsratezu halten. Der Anspruch wird alsoimmer höher, während die Wachstumsrategleich bleibt. Das führt leicht zu Überschätzungen– ein Problem, das auch in unserem 2012erSzenario eine Rolle gespielt hat.Was ist also ein fairer Benchmark? Für eineerste Annäherung haben wir die volkswirtschaftlicheWachstumsdynamik der vergangenen30 Jahre analysiert:Die Weltwirtschaft ist in diesem Zeitraumdurchschnittlich um 2,9% pro Jahr gewachsen,® die aufstrebenden Schwellenländer (BRIC-Staaten) sind mit durchschnittlich 5,2% fastdoppelt so schnell gewachsen,® aber: die entwickelten Volkswirtschaften(OECD-Länder) haben nur eine durchschnittlicheWachstumsrate von 2,3% erreicht, deutlichweniger als "gefühlt".32<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


Das WachstumsPotentialÜbrigens: Auch die Wachstumsdynamik vonUnternehmen und Kapitalmärkten wird häufigüberschätzt. Nach unseren Analysen liegendie langfristigen Umsatz-Wachstumsraten intraditionellen Industrien bei nur etwa 4%,und der Total Shareholder Return, also dieSumme aus Kurssteigerungen und Dividenden,wächst langfristig mit nicht mehr als etwa7% (Grafik Seite 35).Für unsere volkswirtschaftlichen Wachstumsratenlässt sich daraus folgern: EinWachstum mit 3%, so wie in unserem 2012-Szenario angenommen, ist langfristig überambitioniertund – zumindest empirisch – nichtrealistisch. Aber gleichzeitig gilt auch: MitWachstumsraten von um die 1% bleiben wirunter unseren (empirischen) Möglichkeiten.Gefühlsmäßig läge eine faire Wachstumsratealso etwa bei 2%, so wie in unserem optimistischen<strong>2013</strong>-Szenario. Aber auch diese Wachstumsrateist ambitioniert, denn seit den 1950erJahren sinkt unsere Wachstumsdynamikkontinuierlich (vgl. Grafik Seite 34/35): Lagdas durchschnittliche jährliche Wachstumzwischen 1950 und 1960 noch bei 8,2% proJahr, waren es nach 1960 nur noch 4,4%, nach1970 noch 2,9%, in den 1980er Jahren 2,6%,nach 1990 gerade einmal 1,6% und im Durchschnittder Jahre 2000-2010 nur noch 1,0%.Die Lücke zwischen diesem 1%-Wachstumund einer potentiellen Wachstumsrate von2% lässt sich kurzfristig – wenn alles gut läuft– durch die Exportstärke und die globaleVerankerung der deutschen Industrie schließen:<strong>Wir</strong> profitieren im Vergleich zu anderen Volkswirtschaftenüberproportional vom stärkerenWachstum der Weltwirtschaft. Das ist ja aucheine der Grundlagen für unser optimistisches<strong>2013</strong>-Wachstumsszenario. Um aber den langfristigenTrend sinkender Wachstumsraten zubrechen, braucht es mehr: <strong>Wir</strong> müssen jetztdie Basis für zusätzliche Wachstumspotentialeschaffen!Wenn unsere Sicht auf die zukünftigenMegatrends (vgl. unsere letzte <strong>THOUGHTS</strong>-Publikation) richtig ist, haben wir dafür auchgute Chancen. Denn Klimawandel, Demografieund Rohstoffknappheit haben einen gemeinsamenNenner: Es geht immer darum, denUmgang mit knappen Ressourcen – an Umwelt,Menschen, Rohstoffen – durch ständigenProduktivitätsfortschritt in Wachstum umzusetzen.Unsere industrielle Kompetenz – hierschließt sich der Kreis unserer Argumentation– liefert uns dafür die Basis: durch innovativeLösungen für hochwertige grüne Technologien,Energie- und Ressourceneffizienz, Mobilität,intelligente Produktionssysteme. Jetzt kommtes darauf an, diese Kompetenz mit klugerPolitik und den richtigen Rahmenbedingungenzu unterstützen. Was dafür nötig ist, haben wirbereits in unserem letzten <strong>Konjunkturszenario</strong>unter dem Stichwort "Agenda 2020" skizziert.<strong>Wir</strong> glauben daran, dass es uns gelingen kann,den Trend absteigender Wachstumsraten zubrechen und halten ein Potenzialwachstum von2% für erreichbar.<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 33


LANGFRISTIGES WACHSTUMDeutschlands BIP-Wachstum sinkt mit jedem Jahrzehnt –von durchschnittlich 8,2% pro Jahr in den 1950er Jahrenbis zu nur noch 1,0% in der vergangenen Dekade.10%Durchschnitt1950–1959 8,2%5,0%Durchschnitt1960–1969 4,4%Durchschnitt1970–1979 2,9%0%195119521953195419551956195719581950195919601961196219631964196519661967196819691970197119721973197419751976197719781979-5%34<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


Welche jährlichen Wachstumsraten man langfristig erzielen kannUnsere Berechnungen für den Zeitraum 1980 bis 2010 geben Anhaltspunkte dafür, welches Wachstumstempo langfristig realistisch ist2,9% 2,3% 5,2% 4% >10% 9%VolkswirtschaftenBIP-Wachstum,weltweitVolkswirtschaftenBIP-Wachstum,OECD-StaatenVolkswirtschaftenBIP-Wachstum,BRIC-StaatenUnternehmenUmsatzwachstum,in traditionellenIndustrien (Triade)UnternehmenUmsatzwachstum,in neuen IndustrienKapitalmärkteTotal ShareholderReturn, wichtigeBörsenindicesQuelle: RBSEDurchschnitt1980–1989 2,6%Durchschnitt1990–1999 1,6%Durchschnitt2000–2009 1,0%19801981198219831984198519861987198819891990199119921993199419951996199719981999200020012002200320042005200620072008200920102011<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 35


AKTUELLE PublikationenDie <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> School of Strategy and Economics (RBSE) ist die CorporateUniversity von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants, in der das Wissenunserer Berater gebündelt und nach innen wie nach auSSen vermittelt wird.In unserer Publikationsreihe <strong>THOUGHTS</strong> sowie in weiteren Veröffentlichungengeben wir unseren Lesern regelmäSSig neueste Forschungsergebnissean die Hand. Folgende aktuelle Publikationen könnten Sie interessieren:<strong>THOUGHTS</strong>megatrendsAlle Welt blicktsorgenvollAuf die folgenvon klimAWAndel,demogrAfie undrohstoffknAppheit.<strong>Wir</strong> nehmen eineAndere perspektive ein.THoughts #2MegatrendsBurkhard Schwenker / Tobias RaffelJuli 2012Alle Welt blickt sorgenvoll auf die Folgen vonKlima wandel, Demografie und Rohstoffknappheit.<strong>Wir</strong> nehmen eine andere Perspektive ein. Unsere"Weltkarten der Chancen" zeigen, welche großen(Wachstums-)Potentiale die Megatrends fürUnternehmen bieten – und wer profitieren kann.Ein (bewusst) optimistischer Blick auf die großenVeränderungen unserer Zeit.auch imRB KioskerhältlichUnsere aktuellen Studien aufdem iPad lesen – laden Sieunsere kostenlose App "RBKiosk" in iTunes herunter.36<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong>


Vor kurzemErschienenbuRkHARd scHWEnkERmARIo mÜLLER-doFELGuteFührunGÜbER dEn LEbEnszykLus von untERnEHmEnEin Essay und Interviews mit Franz Fehrenbach, Jürgen Hambrecht,Wolfgang Reitzle und Alexander RittwegerGute FührungÜber den Lebenszyklusvon UnternehmenBurkhard SchwenkerMario Müller-DofelNovember 2012Ein Essay und Interviews mitFranz Fehrenbach, JürgenHambrecht, Wolfgang Reitzleund Alexander RittwegerEUROPE'S HIDDENPOTENTIALHow the "Old Continent"Could Turn Into a NewSuperpowerThomas Clark / Burkhard SchwenkerJanuar <strong>2013</strong>Plädoyer für EuropasHandwerkskulturerscheintin KürzeBurkhard SchwenkerTorsten WulfBURKHARD SCENARIOSCHWENKERGUTE PLANNINGFOR AN UNCERTAIN WORLDFÜHRUNGBurkHard scHwenkerOnStrategyHow strategy worksSCENARIOPLANNINGfor an Uncertain WorldBurkhard Schwenker /Torsten WulfFrühjahr <strong>2013</strong>Der neue Ansatz von <strong>Roland</strong><strong>Berger</strong> und der HandelshochschuleLeipzig – wie Szenarioplanungfunktioniert und warum diesesPlanungstool hilftONSTRATEGY:How strategy worksBurkhard Schwenker et al.,Frühjahr <strong>2013</strong>Ein Essay zu den Herausforderungenan strategischePlanung – undHandlungsempfehlungenfür die Unternehmens praxis<strong>THOUGHTS</strong> <strong>Konjunkturszenario</strong> <strong>2013</strong> 37


<strong>THOUGHTS</strong>Herausgeber<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> School of Strategy and Economics<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants Holding GmbHMies-van-der-Rohe-Str. 680807 München+49 (89) 9230-0RBSE@rolandberger.comwww.rolandberger.com/RBSEFür weitere Fragenstehen die Autoren jederzeitgerne zur VerfügungProf. Dr. Burkhard SchwenkerAufsichtsratsvorsitzender+49 (40) 37631-4100burkhard_schwenker@de.rolandberger.comDr. Tobias RaffelSenior Expert+49 (30) 39927-3559tobias_raffel@org.rolandberger.comGestaltung<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Media DesignJanuar <strong>2013</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!