Natur + Umwelt - Bund Naturschutz in Bayern eV
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Foto: privat<br />
Mensch und Biber, ke<strong>in</strong> immer e<strong>in</strong>faches Verhältnis<br />
Schlüsselart, Konkurrent,<br />
medialer Prügelknabe<br />
Der Autor<br />
Till Meyer ist Journalist,<br />
Buchautor<br />
(Wildtiere unserer<br />
Heimat, Knesebeck<br />
Verlag 2008) und<br />
Filmemacher,<br />
mit den Themenschwerpunkten<br />
Wildnis und Wildtiere.<br />
Ökologie ist e<strong>in</strong>e komplexe Angelegenheit. Wer hier<br />
andere belehren will, wird schnell selbst zum Lernenden.<br />
E<strong>in</strong> Satz, er fiel im letzten Sommer bei Dreharbeiten<br />
zum Unterrichtsfilm »<strong>Natur</strong>schutz heute«<br />
birgt besonders hohes Lernpotenzial: »Der Borkenkäfer<br />
ist der Biber des Bergwaldes.« Gesagt hat diese<br />
Worte Jörg Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter des<br />
Nationalparks Bayerischer Wald. In se<strong>in</strong>er Erklärung<br />
liefert er dem Filmteam e<strong>in</strong>en ungeahnten Erkenntniszugew<strong>in</strong>n:<br />
»Im artenarmen, geschlossenen Wald«, so<br />
Müller, »kann der Borkenkäfer zur Schlüsselart werden,<br />
der den Wald aufschließt und Strukturen schafft<br />
für e<strong>in</strong>e Armada an Organismen, Pflanzen, Pilzen, Insekten,<br />
Vögeln und Säugetieren. Er setzt die natürliche<br />
Dynamik <strong>in</strong> Gang, er ist e<strong>in</strong> Motor für Artenvielfalt.«<br />
Für e<strong>in</strong>schlägige Wissenschaftler ist der Biber also<br />
das Lehrbeispiel schlechth<strong>in</strong>. Es steht für die Prozessdynamik<br />
zugunsten der Artenvielfalt, die durch e<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>zige Art <strong>in</strong> Gang gesetzt werden kann. Im Bayerischen<br />
Wald wird diese Erkenntnis auch mittels regelmäßiger<br />
Führungen unter’s Publikum gebracht. Auch<br />
außerhalb der Schutzgebiete, bei Exkursionen, die<br />
etwa im Rahmen der alljährlichen bayernweiten Aktion<br />
»<strong>Bayern</strong> Tour <strong>Natur</strong>« stattf<strong>in</strong>den, ist der Biber e<strong>in</strong><br />
beliebtes Thema. An se<strong>in</strong>em Beispiel lassen sich die<br />
komplexen Zusammenhänge zwischen Biodiversität<br />
und Fließgewässerökologie besonders anschaulich<br />
vermitteln.<br />
12 <strong>Natur</strong> + <strong>Umwelt</strong> BN-Magaz<strong>in</strong> [1-10]<br />
In e<strong>in</strong>er von Menschen überformten Kulturlandschaft ist der<br />
anarchische Biber gleichzeitig Lichtgestalt und Dämon.<br />
Ansichtssache<br />
Vom Biber umgelegte Bäume s<strong>in</strong>d für manchen e<strong>in</strong> optisches<br />
Ärgernis, für andere Teil e<strong>in</strong>es natürlichen Vorgangs. Die<br />
Auflichtung von Gehölzen kann durch differenzierte Lichtverhältnisse<br />
Lebensräume aufwerten. Viele Baumarten<br />
haben überdies die Fähigkeit, aus abgebissenen Stämmen<br />
neu auszutreiben.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs wird durch die Führungen und Themenwanderungen<br />
nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil der Öffentlichkeit<br />
erreicht. Beim Blick <strong>in</strong> die Tagespresse überwiegen die<br />
Negativmeldungen: Die »Berl<strong>in</strong>er Morgenpost« (2.<br />
Nov. 2009) erwartet »langfristig erhebliche Schäden,<br />
wenn dem Treiben der Biber ke<strong>in</strong> Ende gesetzt wird«.<br />
Souffliert durch e<strong>in</strong>en »betroffenen Jagdpächter« beobachten<br />
die Stuttgarter Nachrichten (3. März 2008):<br />
»Biberdämme führen dazu, dass Wiesen und Wälder<br />
zu feucht s<strong>in</strong>d. Deswegen wanderten immer mehr<br />
Wildtiere ab.« Die Augsburger Nachrichten (Nov. 2009)<br />
berufen sich auf den Vizepräsidenten des Landesjagdverbandes,<br />
Moritz Fürst Oett<strong>in</strong>gen-Wallerste<strong>in</strong>, und<br />
titeln gar: »Der Biber verursacht längst mehr Schäden<br />
als das Rehwild.«<br />
Medien produzieren Biber-Enten<br />
Diese Meldung ist e<strong>in</strong>e Ente. Die Kosten, die Waldbesitzer<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> durch Wildschäden h<strong>in</strong>nehmen müssen,<br />
gehen <strong>in</strong> die zweistellige Millionenhöhe. H<strong>in</strong>zu<br />
kommen, ebenfalls <strong>in</strong> vielfacher Millionenhöhe, die<br />
Fotos: Schmidbauer