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Materialbearbeitung mit kurzen und ultrakurzen Laserpulsen

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U. Löschner, J. Schille, L. Schneider, S. Mauersberger,<br />

R. Ebert, H. Exner<br />

<strong>Materialbearbeitung</strong> <strong>mit</strong> <strong>kurzen</strong> <strong>und</strong><br />

ultra<strong>kurzen</strong> <strong>Laserpulsen</strong><br />

Im Rahmen der vom BMBF geförderten<br />

Innoprofile – Initiative hat die<br />

involvierte Forschergruppe eine<br />

leistungsfähige Laseranlage für Mikrobearbeitungsverfahren<br />

aufgebaut, zu<br />

deren Kennwerten <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />

bereits im Lasermagazin Nr.5/6 2007<br />

berichtet wurde. Kernstück der Anlage<br />

bilden ein Kurzpuls-Nd:YVO4-Laser (Pulsdauer 6 ns,<br />

Fa. Edgewave) sowie ein hochrepetierender Ultrakurzpulslaser<br />

(IMPULSE, Fa. Clark MXR) hoher<br />

Pulsenergie (8µJ) <strong>mit</strong> einer Pulsdauer von 250 fs<br />

(sech²) <strong>und</strong> einer Wellenlänge von 1030 nm. Im<br />

Folgenden wird ein Überblick zu Bearbeitungsergebnissen<br />

in Glas <strong>und</strong> Metall gegeben.<br />

Bearbeitung von Glas <strong>mit</strong> ns- <strong>und</strong> fs-<strong>Laserpulsen</strong><br />

Die meisten Gläser sind für Laserstrahlung im nahen<br />

Infrarot transparent, sodass ein linearer Einphotonen-Absorptionsprozess<br />

nicht stattfinden kann.<br />

Wird das Material <strong>mit</strong> hohen Intensitäten<br />

(>10 9 W/cm²) bestrahlt, steigt die Wahrscheinlichkeit<br />

der nichtlinearen Mehrphotonenabsorption, die für<br />

die Einkopplung der Strahlungsenergie in das sonst<br />

für die Wellenlänge transparente Material notwendig<br />

ist. Mit den beschriebenen Laserquellen können<br />

diese hohen Intensitätswerte erreicht <strong>und</strong> so durch<br />

gezielte Erzeugung von laserinduzierten Mikrodefekten<br />

3D-Körper aus Glas ausgeschnitten werden.<br />

Zu Beginn wurden geeignete Laserparameterbereiche<br />

er<strong>mit</strong>telt, die eine gesteuerte Mikrodefekterzeugung<br />

im Glas ermöglichen. Fokussierte Laserstrahlung<br />

<strong>mit</strong> 6 ns <strong>kurzen</strong> Pulsen erzeugt in BK9-Glas<br />

(etabliertes Glas für die Laserinnengravur) Mikrodefekte.<br />

Diese Mikrodefekte bestehen aus Mikrorissen,<br />

die von einem Zentrum aus, das den Ort des<br />

Laserstrahlfokus darstellt, sternförmig in lateraler<br />

Richtung verlaufen. In Richtung des einfallenden<br />

Laserstrahls (axial) sind die Defekte kanalartig ausgebildet.<br />

Die lateralen als auch die axialen Ausdehnungen<br />

der Mikrodefekte hängen wesentlich von<br />

150 µm<br />

150 µm<br />

Abb.1: a) Mikrodefekt-Array <strong>mit</strong> 150 μm Pulsdistanz<br />

(Pulsenergie 0,2 mJ, Pulsdauer 6 ns), b) Materialzerstörung<br />

<strong>mit</strong> fs-Pulsen (Pulsenergie 7,4 μJ, Pulsdauer<br />

1,5 ps, laterale Pulsdistanz 0,7 μm)<br />

der applizierten Pulsenergie <strong>und</strong> der Größe des<br />

Laserfokusspots ab. Höhere Pulsenergien verursachen<br />

größere Ausdehnungen, kleinere Laserfoki<br />

führen bei gleicher Pulsenergie zu deutlich geringeren<br />

Defektabmessungen. Bei Fokussierung <strong>mit</strong> 56<br />

mm Objektivbrennweite <strong>und</strong> einer Pulsenergie von<br />

1,2 mJ betragen die laterale Defektausdehnung<br />

etwa 150 µm <strong>und</strong> die axiale 300 µm. Wurde hingegen<br />

<strong>mit</strong> einer asphärische Linse <strong>mit</strong> 15 mm Brennweite<br />

fokussiert, ließ sich die Defektabmessung<br />

lateral auf 70 µm <strong>und</strong> axial auf 100 µm optimieren,<br />

s. Abb.1a. Die beschriebene Form sowie die Abmessungen<br />

der Defekte konnten auch in kommerziellen<br />

Gläsern wie BK7, B270 <strong>und</strong> Lithosil (alle<br />

Schott AG) reproduziert werden.<br />

Mit den gewonnenen Erkenntnissen wurden geeignete<br />

Bestrahlungsstrategien entwickelt, um 3D-<br />

Körper aus dem Glas herauszuschneiden. Dazu<br />

müssen die einzelnen Mikrodefekte so arrangiert<br />

werden, dass das Bauteil von einer Hülle eingeschlossen<br />

ist. Außerdem sind zum späteren<br />

Herauslösen des Teils zusätzlich Freischnitte eingefügt<br />

worden. Abb.2 zeigt einen auf diese Weise <strong>mit</strong><br />

optimierten Parametern hergestellten Würfel, der<br />

aus einem BK9-Glasblock herausgelöst wurde. Die<br />

Wände sind rissfrei <strong>und</strong> weisen eine typische Struktur<br />

auf, wie man sie bei spröden Werkstoffen nach<br />

dem Absprengen von Material kennt. Rauhigkeitsmessungen<br />

an den Wänden lieferten <strong>mit</strong>tlere Rauhigkeitswerte<br />

von Ra = 2,5 µm.<br />

500 µm<br />

Abb.2: lichtmikroskopische Aufnahme eines herausgelösten<br />

Würfels aus BK9 (Pulsenergie 0,2 mJ,<br />

Pulsdauer 6 ns, Pulsdistanz lateral 75 µm <strong>und</strong> axial<br />

100 µm)<br />

Mit fs-<strong>Laserpulsen</strong> konnten keine Einzelmikrodefekte<br />

erzeugt werden. Nur unter speziellen Prozessbedingungen<br />

(starke Pulsüberlappung) <strong>und</strong> bestimmten<br />

Laserparametern (Pulsenergie, Pulsdauer)<br />

konnte eine schuppenartige Materialzerstörung im<br />

Glas beobachtet werden. Die erzeugte Defektmorphologie<br />

ist komplett anders im Vergleich zu jener,<br />

die <strong>mit</strong> ns-Pulsen erzeugt wurde, s. Abb.1b. Auch<br />

<strong>mit</strong> dieser Art von Materialdefekten konnten durch<br />

ein entsprechend angepasstes Bestrahlungsregime<br />

erste 3D-Körper in ähnlicher Qualität aus einem<br />

Glasblock herausgeschnitten werden. Die Rauheit<br />

der Wände liegt jedoch um Faktor 3 höher.


Lasermikrostrukturierung von Edelstahl<br />

Im Vergleich zum Laserabtragen <strong>mit</strong> konventionellen<br />

fs-Laserstrahlquellen beeinflussen bei Einsatz<br />

hochrepetierender Lasertechnologie neuartige Mechanismen,<br />

wie z.B. Wärmeakkumulationseffekte<br />

oder die Abschirmung des nachfolgenden Laserpulses<br />

den Bearbeitungsprozess.<br />

Durch die schnelle Abfolge der einzelnen Laserpulse<br />

bei der Bearbeitung <strong>mit</strong> höherer Pulswiederholfrequenz<br />

erfolgt pro Zeit ein höherer Energieeintrag<br />

ins Material bei annähernd unveränderter Wärmeableitung.<br />

Die Folge ist ein Ansteigen der <strong>mit</strong>tleren<br />

Temperatur des Werkstückes im Wirkbereich des<br />

Laserstrahls, das wiederum eine verbesserte Einkopplung<br />

der Laserstrahlung ins Material sowie ein<br />

Absinken der Ablationsschwelle bewirkt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong><br />

höhere Abtragraten erwarten lässt.<br />

Ab einer Pulswiederholfrequenz von ca. 500kHz<br />

kommt es aufgr<strong>und</strong> des sehr <strong>kurzen</strong> zeitlichen Pulsabstandes<br />

zur Abschirmung des folgenden Pulses,<br />

die sich nachteilig auf den Abtragprozess auswirkt.<br />

Der nach wenigen Mikrosek<strong>und</strong>en folgende Laserpuls<br />

wechselwirkt <strong>mit</strong> dem durch den vorhergehenden<br />

Puls erzeugten, noch vorhandenen, Plasma<br />

bzw. Materialdampf oder den aus der Bearbeitungszone<br />

abströmenden Partikeln.<br />

Die Auswirkungen von Wärmeakkumulation bzw.<br />

Pulsabschirmung auf den Abtragprozess verdeutlicht<br />

Abbildung 3 anhand der bei Bearbeitung eines<br />

Edelstahls (X5CrNi18-10) erhaltenen Strukturtiefen.<br />

Abtragtiefe [µm]<br />

100<br />

75<br />

50<br />

25<br />

0<br />

Abtragtiefe in Abhängigkeit von Pulsabstand <strong>und</strong><br />

Pulswiederholfrequenz bei konst. Streckenenergie<br />

200kHz<br />

500kHz<br />

1000kHz<br />

7,5 3,8 1,9<br />

Pulsabstand [µm]<br />

Qs=1,1J/m<br />

Abb.3: Abtragtiefen im Edelstahl, erzielt <strong>mit</strong> unterschiedlichen<br />

Pulswiederholfrequenzen <strong>und</strong> Pulsabständen<br />

bei konst. Steckenenergie (250 Scans)<br />

Die bei der Bearbeitung <strong>mit</strong> 500 kHz gegenüber<br />

200 kHz (lateraler Pulsabstand: 7,5 µm) geringere<br />

Abtragtiefe begründet sich durch die für hohe Frequenzen<br />

bereits beschriebene Abschirmung des<br />

nachfolgenden Laserpulses, die einen geringeren<br />

Energieeintrag ins Material zur Folge hat. Eine höhere<br />

Bearbeitungsfrequenz (1000 kHz) bewirkt<br />

dagegen wiederum ein Ansteigen der Abtragtiefe,<br />

was sich durch die Überkompensation der Abschirmungsverluste<br />

infolge von Wärmeakkumulationseffekten<br />

erklärt.<br />

Weiterhin wird das Bearbeitungsergebnis vom gewählten<br />

lateralen Pulsabstand beeinflusst, wie Abbildung<br />

3 <strong>mit</strong> einem deutlichen Ansteigen der Abtragtiefe<br />

bei abnehmendem Pulsabstand zeigt.<br />

Beaufschlagt man das Werkstück <strong>mit</strong> einer konstan-<br />

ten Streckenenergie Qs, so wirkt bei kleinerem Pulsabstand<br />

eine höhere Anzahl von <strong>Laserpulsen</strong> <strong>mit</strong><br />

einer geringeren Pulsenergie auf die Werkstückoberfläche.<br />

Die so eingebrachte Laserenergie<br />

kann im Material effizienter umgesetzt werden, was<br />

zu einem erhöhten Abtrag führt. Auch wirkt sich das<br />

Bestrahlen <strong>mit</strong> einer geringeren Pulsenergie vorteilhaft<br />

auf den Abtragprozess aus, da die entsprechend<br />

kleiner ausgeprägte Materialdampfwolke den<br />

folgenden Puls weniger abschirmt.<br />

Die Bearbeitung <strong>mit</strong> hoher Pulswiederholfrequenz<br />

ermöglicht zudem auch <strong>mit</strong> geringem lateralem<br />

Pulsabstand hohe Bearbeitungsgeschwindigkeiten,<br />

was zusätzlich zur bereits diskutierten effizienten<br />

Umsetzung der eingestrahlten Laserenergie hohe<br />

Abtragraten erzielen lässt. Ein flächiges Abtragen<br />

von Edelstahl ist beispielsweise <strong>mit</strong> 1,8mm³/min bei<br />

einer Pulswiederholfrequenz von 5 MHz möglich.<br />

Da<strong>mit</strong> können zukünftig bei Einsatz der hochrepetierender<br />

fs-Lasertechnologie auch für industrielle<br />

Anwendungen interessante Prozesszeiten bei sehr<br />

guter Bearbeitungsqualität (Abb.4) erreicht werden.<br />

50µm<br />

Abb.4: Grabenstruktur in Edelstahl <strong>mit</strong>: 100 Scans,<br />

4 µJ Pulsenergie, 1 MHz Pulsfrequenz, 3750 mm/s<br />

Scangeschwindigkeit<br />

Bei einem zu hoch gewählten Energieeintrag entstehen<br />

allerdings an der Abtragoberfläche periodische<br />

Mikrostrukturen (LIPSS), die sich nachteilig auf<br />

die Bearbeitungsqualität auswirken.<br />

Unser besonderer Dank gilt dem BMBF für die Förderung<br />

der Technologieentwicklung (03IP506) <strong>und</strong><br />

allen kooperierenden Firmen für die sehr gute Zusammenarbeit.<br />

Kontakt<br />

R. Ebert<br />

Hochschule Mittweida (FH)<br />

Technikumplatz 17<br />

09648 Mittweida, Deutschland<br />

Tel.: 03727 581401 / Fax: 03727 581496<br />

E-Mail: ebert@htwm.de

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