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Constanze, mein andertes ich« Eine Liebe in Briefen

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abbeiden Söhne selbst <strong>in</strong> die Hand nimmt, entstammtder Korrespondenz der Familie Mozart, zuallererstden zärtlichen und verzweifelten <strong>Briefen</strong> Wolfgangs,<strong>in</strong> denen zwar manche Ermahnung bezüglich ihres Betragens<strong>in</strong> der Öffentlichkeit, aber nicht der leisesteVorwurf h<strong>in</strong>sichtlich ihrer hausfraulichen Qualitätenoder ihres mangelnden Interesses an se<strong>in</strong>er Musik zuf<strong>in</strong>den ist, im Gegenteil: Immer wieder betonte Mozart,etwa dem Vater gegenüber, <strong>Constanze</strong>s Anteilnahmean se<strong>in</strong>en musikalischen Ideen. Doch selbst LeopoldMozart, der an <strong>Constanze</strong> ungern e<strong>in</strong> gutes Haar ließ,musste feststellen, dass bei se<strong>in</strong>em Sohn »die Hauswirthschaft[…], was Essen und Tr<strong>in</strong>ken betrifft, imhöchsten Grad ökonomisch« (19. März 1785) sei – obdies abschätzig oder anerkennend ge<strong>me<strong>in</strong></strong>t war, seidah<strong>in</strong>gestellt. Dass aber der Stammbuche<strong>in</strong>trag dertrauernden <strong>Constanze</strong> »unehrlich« sei, ist pure Spekulationjener Nachgeborenen, die ihr wohl e<strong>in</strong>es vorallem nicht verzeihen können: dass sie Mozart näherwar als jeder andere, und dass sie diese Nähe nichtdarauf verwendet hat, unsere Neugier zu befriedigen.Wer war diese <strong>Constanze</strong>, die sich so gut als Projektionsflächeeignet – für bürgerliche Moralvorstellungender Nachwelt ebenso wie für Mozart selbst? Und welcheRolle spielte sie im Leben des Mannes, für den sie zunächstnicht viel mehr als buchstäblich die zweite Wahl10


aLiebstes Weibchen!MittwochbIch hoffe Du wirst <strong>me<strong>in</strong></strong> Schreiben richtig erhaltenhaben; – e<strong>in</strong> Bischen muß ich Dich auszanken, <strong>Liebe</strong>!– wenn es schon nicht möglich ist, daß Du e<strong>in</strong>Schreiben von mir erhalten kannst, so könntestDu doch schreiben, muß es denn nur Antwort seyn? –ich erwartete schon ganz gewis e<strong>in</strong>en Brief von <strong>me<strong>in</strong></strong>emlieben Weibchen – doch ich betrog mich leider –br<strong>in</strong>ge es aber e<strong>in</strong>, das rathe ich Dir, sonst verzeiheich Dir <strong>in</strong> <strong>me<strong>in</strong></strong>em Leben nicht mehr – gesternwar ich <strong>in</strong> dem zweyten Theil von der Cosa rara –gefällt mir aber nicht so gut wie die Antons. – WennDu Samstag here<strong>in</strong>kömmst, so kannst Du auch nochden halben Sonntag hier<strong>in</strong> bleiben – wir s<strong>in</strong>d aufdie Schwechat zu e<strong>in</strong>em Amt und zu Mittage e<strong>in</strong>geladen– adjeu – gieb acht auf De<strong>in</strong>e Gesundheit, –apropos – n. n. |: Du weißt wen ich <strong>me<strong>in</strong></strong>e :| ist e<strong>in</strong>Hundsfott – erstens thut er mir so schön <strong>in</strong>s Gesichtund schmält aber öffentlich über den Figaro – undhat mich hier entsetzlich wegen der bewußten Sachenausgerichtet – ich weiß es gewis –De<strong>in</strong> Dich von Herzen liebender GatteMozart.c d51Wien Baden bei Wien, (?)2. Juni 1790


abfrankfurt am Mayn den 28 t Septbr. 790.liebstes, bestes Herzens-Weibchen! –Diesen Augenblick kommen wir an – das ist um 1 uhrMittag. – wir haben also nur 6 Tage gebraucht –wir hätten die Reise noch geschw<strong>in</strong>der machen können,wenn wir nicht 3 mal Nachts e<strong>in</strong> bischen ausgeruhthätten. – wir s<strong>in</strong>d unterdessen <strong>in</strong> der VorstadtSachsenhausen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gasthofe abgestiegen, zuTod froh daß wir e<strong>in</strong> Zimmer erwischt haben – Nunwissen wir noch unsere bestimmung nicht – ob wirbeysammen bleiben – oder getrennt werden. – bekommeich ke<strong>in</strong> Zimmer irgendwo umsonst, und f<strong>in</strong>deich den Gasthof nicht zu theuer, so bleibe ich gewiß.Ich hoffe du wirst <strong>me<strong>in</strong></strong> Schreiben aus Efferd<strong>in</strong>g richtigerhalten haben. ich konnte dir unterwegs nichtmehr schreiben, weil wir uns nur selten, und nur solange aufhielten um e<strong>in</strong> wenig der Ruhe zu pflegen. –Die Reise war sehr angenehm. – wir hatten bis aufe<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Tag immer das schönste Wetter; – unddieser e<strong>in</strong>ige Tag Verursachte uns ke<strong>in</strong>e unbequemlichkeit,weil <strong>me<strong>in</strong></strong> Wagen |: ich möcht ihm e<strong>in</strong> busserlgeben :| herrlich ist. – <strong>in</strong> Regensburg Speisten wirprächtig zu Mittag, hatten e<strong>in</strong>e göttliche TafelMusick,e<strong>in</strong>e Englische bewirthung, und e<strong>in</strong>en herrlichenMoslerWe<strong>in</strong>. – zu Nürnberg haben wir gefrühstü-Frankfurt am Ma<strong>in</strong> Wien, 28. September 179052


abcket – e<strong>in</strong>e häßliche Stadt. – zu Würzburg haben wirauch unsere theuern Mägen mit Coffè gestärkt,e<strong>in</strong>e schöne, prächtige Stadt. – die Zährung war überallsehr leidentlich – Nur 2 und 1 /2 Post von hier zuAschaffenburg beliebte uns der H: Wirth erbärmlichzu schnieren.Ich warte mit sehnsucht auf Nachricht von dir – vonde<strong>in</strong>er gesundheit, von unseren umständen etc. – nunb<strong>in</strong> ich fest entschlossen <strong>me<strong>in</strong></strong>e Sachen hier so gutals möglich zu machen, und freue mich dann herzlichwieder zu dir – welch herrliches leben wollen wirführen! – ich will arbeiten – so arbeiten – nur damitich durch unvermuthete Zufälle nicht wieder <strong>in</strong>so e<strong>in</strong>e fatale laage komme. – mir wäre lieb wenn duüber alles dieses durch den Stadler den n. n.(*) zu dirkommen liessest. – se<strong>in</strong> letzter Antrag war das Jemanddas geld auf denn Hofmeister se<strong>in</strong>en giro alle<strong>in</strong> hergebenwill. – 1000fl. baar – und das übrige an Tuch. –somit könnte alles noch mit überschuß bezahltwerden, und ich dürfte bey <strong>me<strong>in</strong></strong>er Rückunft nichtsals arbeiten. – durch e<strong>in</strong>e Charta bianca von mirkönnte durch e<strong>in</strong>en freund die ganze Sache abgethanseyn – adieu – ich küsse dich 1000mal.Ewig de<strong>in</strong> Mztc d53Frankfurt am Ma<strong>in</strong> Wien, 28. September 1790


abHerzallerliebstes Weibchen!Wenn ich nur schon e<strong>in</strong>en brief von dir hätte, dannwäre mir alles recht. – Ich hoffe du wirst <strong>me<strong>in</strong></strong> schreibenaus Efferd<strong>in</strong>g, und das aus frankfurt erhaltenhaben. – ich habe dir <strong>in</strong> <strong>me<strong>in</strong></strong>em lezten geschriebendu sollst mit dem Ribisel Gesicht Sprechen; – mirwäre, sicherheits halber, recht lieb, wenn ich auf desH…(*) se<strong>in</strong>en giro 2000 fl. bekommen könnte; –du musst aber e<strong>in</strong>e andere Ursache vorwenden, nämlichdaß ich e<strong>in</strong>e Speculation im Kopf hätte, diedir unbewusst wäre; – Me<strong>in</strong>e liebe! ich werde zweifelsohnegewis etwas hier machen – so gewis aber wiedu und verschiedene freunde es sich vorstellen wirdes sicherlich nicht seyn. – bekannt und angesehen b<strong>in</strong>ich hier genug, das ist gewis. – Ne<strong>in</strong> – wir wollensehen. – ich liebe aber <strong>in</strong> iedem falle das sichere zuSpielen, darum möchte ich gerne das Geschäft mitH…(*) machen, weil ich dadurch geld bekomme, undke<strong>in</strong>es zahlen darf. sondern blos arbeiten, und daswill ich Ja <strong>me<strong>in</strong></strong>em Weibchen zu liebe gerne. – wenndu mir schreibst, so schreibe mir immer Poste restante.– wo glaubst du daß ich wohne – bey Böhm imnemlichen Hause; Hofer auch. – wir zahlen 30 guldendas Monath, und das ist noch ausserordentlichwenig. – wir gehen auch zu ihnen <strong>in</strong> die kost. wenFrankfurt am Ma<strong>in</strong> Wien oder Baden, 30. September 179054


abglaubst du daß ich hier angetroffen? – das Mädchenwelche so oft mit uns im Aug-gottes versteckengespielt hat – buchner glaub’ ich hiess sie. – sie heistnun Mad: me Porsch, und ist zum zweytenmale verheyrathet.– Sie hat mir aufgetragen alles schöne vonihr an dich zu schreiben. –da ich nicht weis ob du <strong>in</strong> Wien oder <strong>in</strong> Baaden bistso adreßiere ich diesen brief wieder an die Hofer. –ich freue mich wie e<strong>in</strong> k<strong>in</strong>d wieder zu dir zurück –wenn die leute <strong>in</strong> <strong>me<strong>in</strong></strong> herz sehen könnten, so müssteich mich fast schämen. – es ist alles kalt für mich –eiskalt – Ja, wenn du bey mir wärest, da würde ichvieleicht an dem artigen betragen der leute gegenmich mehr vergnügen f<strong>in</strong>den, – so ist es aber so leer –adieu – liebe – ich b<strong>in</strong> Ewigde<strong>in</strong> dich von ganzer Seele liebenderMozartfrankfurt am Ma<strong>in</strong>den 30: t Sept. 790c d55Frankfurt am Ma<strong>in</strong> Wien oder Baden, 30. September 1790


abFrankfurt am Ma<strong>in</strong> den 3ten October 1790.Sonntag.Liebstes, bestes Herzens-Weibchen! –Nun b<strong>in</strong> ich getröstet und vergnügt. Erstens weil ichNachricht von Dir <strong>me<strong>in</strong></strong>e <strong>Liebe</strong> erhalten, wornachich mich so sehnte; zweitens durch die beruhigendeAuskunft <strong>in</strong> Betreff <strong>me<strong>in</strong></strong>er Affairen – ich habe mirso fest vorgenommen, gleich das Adagio für den Uhrmacherzu schreiben, dann <strong>me<strong>in</strong></strong>em lieben Weibchenetwelche Ducaten <strong>in</strong> die Hände zu spielen; that esauch – war aber, weil es e<strong>in</strong>e mir sehr verhaßte Arbeitist, so unglücklich, es nicht zu Ende br<strong>in</strong>gen zu können– ich schreibe alle Tage daran – muß aber immeraussetzen, weil es mich ennuirt – und gewis, wennes nicht e<strong>in</strong>er so wichtigen Ursache willen geschähe,würde ich es sicher ganz bleiben lassen – so hoffe ichaber doch es so nach und nach zu erzw<strong>in</strong>gen; – ja,wenn es e<strong>in</strong>e große Uhr wäre und das D<strong>in</strong>g wie e<strong>in</strong>eOrgel lautete, da würde es mich freuen; so aberbesteht das Werk aus lauter kle<strong>in</strong>en Pfeifchen, welchehoch und mir zu k<strong>in</strong>disch lauten. –Ich lebe hier bis dato noch ganz retiré – gehe denganzen Morgen nicht aus, sondern bleibe <strong>in</strong> <strong>me<strong>in</strong></strong>emLoch von e<strong>in</strong>er Stube und schreibe; – <strong>me<strong>in</strong></strong>e ganzeUnterhaltung ist das Theater, wo ich dann BekannteFrankfurt am Ma<strong>in</strong> Wien, 3. Oktober 179056


abgenug antreffe, von Wien, München, Mannheim undsogar Salzburg – Franz Lange Waldhornist und Gresder Schatzmeister ist hier – auch der alte Wendl<strong>in</strong>gmit se<strong>in</strong>er Dorothé – reck den Arsch <strong>in</strong> die Höh – solebte ich am liebsten fort – aber – ich fürchte esnimmt schon e<strong>in</strong> Ende, fängt e<strong>in</strong> unruhiges Lebenan – man will mich nun schon überall haben – undso ungelegen es mir ist, mich überall so begucken zulassen, so sehe ich doch die Nothwendigkeit davone<strong>in</strong> – und muß es halt <strong>in</strong> Gottes Namen geschehenlassen; – es ist nun zu vermuthen daß <strong>me<strong>in</strong></strong> Concertnicht schlecht ausfallen möchte – ich wolltees wäre schon vorbey, nur um dem Zeitpunkt näherzu seyn Dich <strong>me<strong>in</strong></strong>e <strong>Liebe</strong> wieder zu umarmen! – –Dienstag giebt die chur-ma<strong>in</strong>zische Schauspielergesellschaftmir zu Ehren <strong>me<strong>in</strong></strong>en Don Juan – Lebewohl <strong>me<strong>in</strong></strong>e <strong>Liebe</strong> – grüße mir die wenigen Freundedie es mit mir gut <strong>me<strong>in</strong></strong>en – sorge für De<strong>in</strong>e mir sowerthe Gesundheit und sey stets <strong>me<strong>in</strong></strong>e <strong>Constanze</strong>so wie ich ewig seyn werdeDe<strong>in</strong>Mozart.NB. Schreibe mir fleißig, wenn es auch nur wenigeZeilen s<strong>in</strong>d.57Frankfurt am Ma<strong>in</strong> Wien, 3. Oktober 1790

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