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Erzherzog Johann und das Landesmuseum Joanneum

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<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong><strong>Landesmuseum</strong> <strong>Joanneum</strong>Alljährlich am 26. November feiert <strong>das</strong> Steiermärkische<strong>Landesmuseum</strong> <strong>Joanneum</strong> den Stiftungstag.Kontinuierlich <strong>und</strong> seit beinahe 200 Jahren.Es gibt weltweit sehr wenige Museen, die einsolches Gedächtnisritual begehen könnten, denn<strong>das</strong> <strong>Joanneum</strong> zählt zu den ältesten Museenüberhaupt. Als es 1811 von <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> gegründetwurde, war die Idee einer öffentlichenInstitution, die der Sammlung von Kulturgütern<strong>und</strong> Dokumenten, der intellektuellen <strong>und</strong> ästhetischenErfahrung, Bildung <strong>und</strong> Genuss diente,nicht einmal 20 Jahre alt.Diese Idee entwickelte sich in der Aufklärung <strong>und</strong>wurde erstmals in der Französischen Revolution,im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts, verwirklicht.Neu an diesem Modell war gegenüberder Unterhalt <strong>und</strong> Betrieb von Museen von da anzu den ‚wohlfahrtsstaatlichen’ Leistungen im Interessealler Bürger. Der Staat finanziert Museenim Interesse aller.Während wir heute gewohnt sind, den Besuchvon Museen als eine Freizeitbeschäftigung anzusehen,in der Unterhaltung, Wissenserwerb,Vergnügen oder Bildung miteinander beliebiggemischt sein können, hatten Museen im 19.Jahrh<strong>und</strong>ert häufig noch sehr praktische Aufgaben.Kunstgewerbliche Museen waren dazugedacht, die nationalen Produktkulturen zu ‚veredeln’<strong>und</strong> damit konkurrenzfähig zu halten, intechnische Museen setzte man Hoffnungen aufSammlung von Erfahrungen <strong>und</strong> Wissenstransfer.So zeigte <strong>das</strong> in der Französischen Revolution(1793) gegründete Museum im Louvre nicht nurallen bis dahin geübten Praktiken des Sammelns,die Vorstellung, <strong>das</strong>s der gemeinsame Besitz <strong>und</strong>Genuss kultureller Überlieferung die Gemeinsamkeitder Gesellschaft <strong>und</strong> Nation gleichsam ausdrücken<strong>und</strong> darstellen konnte. Museen solltenso etwas wie Medien der Beschreibung, Erzählung<strong>und</strong> Veranschaulichung des Gemeinsamensein.Während bis dahin Sammlungen, mit wenigenAusnahmen, privat waren <strong>und</strong> einem oft nursehr beschränkten Publikumskreis zum Zweckvon Bildung, Wissensvermittlung <strong>und</strong> Erbauungoder Repräsentation zugänglich waren, gehörtKunst, sondern am Beginn seiner Entwicklung regelmäßiggewerblich-technische Ausstellungen.Bei kaum einem anderen Museum war diesepraktische Funktion so wichtig, wie beim<strong>Joanneum</strong> während der Gründungsjahrzehnte. Esbestand zwar aus Schausammlungen <strong>und</strong> war fürein breites Publikum geöffnet, zugleich war esaber eine Lehranstalt mit Lehrkanzeln <strong>und</strong> kompensiertedamit <strong>das</strong> Fehlen einer Universität inGraz.Wichtig waren vor allem die naturwissenschaftlichenFächer, also jenes Wissen, <strong>das</strong> für die Ent-Autor: Gottfried Fliedlaus: "<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>" - Steirischer Brauchtumskalender 2009, Leibnitz: Volkskultur Verlag, 2008.


Leopold Kupelwieser, <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> Baptist von ÖsterreichAutor: Gottfried Fliedlaus: "<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>" - Steirischer Brauchtumskalender 2009, Leibnitz: Volkskultur Verlag, 2008.


Ansicht des botanischen Gartens vom JohaneumDas Museum konkurriert mit anderen österreichischenMuseen um Besucher <strong>und</strong> um medialeAufmerksamkeit, mit manchen Ausstellungenauch international.Das Museum ist derart groß, <strong>das</strong>s es – wie in keinemanderen B<strong>und</strong>esland – die regionale „Museumsszene“dominiert <strong>und</strong> eine zentrifugale Kraftentwickelt in dessen Sog in den letzten Jahrzehntenmanche Sammlung <strong>und</strong> manches Hauseingegliedert wurde. Das architektonisch spektakuläreKunsthaus war bekanntlich ursprünglichnicht als Teil des <strong>Joanneum</strong> geplant.Unorganisches Wachstum – <strong>das</strong> könnte ein Stichwortfür die gesamte Entwicklung seit demspäten 19. Jahrh<strong>und</strong>ert sein. Politische Zufälligkeiten,starke Persönlichkeiten, wissenschaftlicheModen führten zu sehr unterschiedlichenGründungen, die heute alle friedlich koexistieren<strong>und</strong> kooperieren sollen. Ob <strong>das</strong> – organisatorischwie inhaltlich – noch ein ‚Ganzes’ ist, wird amHaus selbst immer wieder diskutiert, <strong>und</strong> obes noch ein <strong>Landesmuseum</strong> im herkömmlichenidentitären <strong>und</strong> repräsentativen Sinn ist, scheintmanchmal fraglich <strong>und</strong> daher <strong>das</strong> Ersetzen von„Landes-„ durch Universalmuseum in dieser Hinsichtkonsequent.Das Museum steuert auf <strong>das</strong> zeitlich nahe <strong>und</strong>einzigartige 200-Jahr-Jubiläum mit dem größtenUmbruch seiner Geschichte zu. Ganze Sammlungenwurden schon <strong>und</strong> werden noch verlegt<strong>und</strong> vollkommen neu präsentiert, es wird gebaut,konzipiert, geplant, verändert wie seit derGründung 1811 nicht. Mit dem unterirdischenAusbau zwischen Raubergasse <strong>und</strong> Neutorgassewird nicht einfach nur eine zentrale Erschließungzweier wichtiger Häuser geschaffen, sonderneine neue städtebauliche Situierung, die auchsymbolisch wirksam sein wird.„Raubergasse 10“, die älteste <strong>und</strong> noch immerprivilegierte Adresse, war schon immer einhöchst unspektakulärer Zugang. Mit dem neuenEntree wird <strong>das</strong> Museum im architektonischen<strong>und</strong> sozialen Gefüge der Stadt aber auch in der‚Museumslandschaft’ national <strong>und</strong> internationalneu positioniert werden.Autor: Gottfried Fliedlaus: "<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>" - Steirischer Brauchtumskalender 2009, Leibnitz: Volkskultur Verlag, 2008.

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