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Den Pflegeberuf attraktiver machen – aber wie? Landestreffen der kirchlichen Krankenhäuser befasste sich mit der Weiterentwicklung der Pflege ausbildung und den Konsequenzen für die strategische Ausrichtung Die künftige Gestalt der Pflegeausbildung und damit des Pflegeberufs war das bestimmende Thema auf dem Landestreffen der kirchlichen Krankenhäuser im <strong>St</strong>uttgarter Marienhospital. Dass die Pflegeausbildung attraktiver werden soll und muss, um an den dringend benötigten Nachwuchs heranzukommen, darin waren sich Referent(inn)en wie Teilnehmer(innen) einig. In welche Richtung allerdings die auch von der Bundesregierung angestrebte Modernisierung gehen soll, darüber gab es dann durchaus unterschiedliche Meinungen und Vorstellungen zu hören. Absolviert die die „Gesundheits- und Krankenpflegerin der Zukunft“ ein akademisches Pflegestudium? Welchen Schulabschluss braucht es, um überhaupt einen Pflegeberuf ergreifen zu können? Welchen <strong>St</strong>ellenwert hat das neue Berufsbild „Alltagsbetreuer“ mit einer zweijährigen Ausbildung, die auch die Anerkennung des Hauptschulabschlusses beinhaltet? Die Weiterentwicklung der verschiedenen Pflegeausbildungen ist gerade für die 50 katholischen und evangelischen <strong>Kliniken</strong> in Baden-Württemberg keine Nebensächlichkeit. Mit über 1.600 Azubis in der Pflege bilden sie an ihren eigenen Schulen fast ein Viertel der landesweit rund 8.000 Pflegeschüler(innen) aus. An Dynamik gewonnen hat das Thema durch die Absicht der Bundesregierung, die Ausbildungen im Bereich der Alten-, Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege zu einer gemeinsamen Pflegeausbildung zusammenzuführen und in ein neues Berufsgesetz zu gießen. Wie das im Detail aussehen wird – insbesondere die Frage der Finanzierung, ist noch offen. Dazu konnte Ursula Hesse-Dahlheimer, Regierungsdirektorin im <strong>St</strong>uttgarter Sozialministerium, Genaueres nicht sagen, auch wenn sie davon sprach, derzeit auf vielen Feldern unterwegs zu sein. Konkreter äußerten sich Norbert Groß vom Deutschen Evangelischen Krankenhausverband (DEKV) und Thomas Vortkamp vom Katholischen Krankenhausverband Deutschlands (KKVD). Sie sprachen sich für die Zusammenführung der Berufe der Altenpflege und Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege in einer generalistischen Ausbildung mit einem gemeinsamen Berufsabschluss aus. Deutlich plädierten sie dafür, die Ausbildung auch künftig bei den derzeitigen Trägern der Alten- und (Kinder-) Krankenpflegeschulen zu belassen. Sinnvoll sei ein gestuftes, auf Modulen basierendes Konzept der Aus-, Fort- und Weiterbildung, das Durchlässigkeit, allgemeine Bildungsabschlüsse, Aufstiegschancen und den Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsfeldern ermögliche. Für die beiden Leiter von Krankenpflegeschulen Johannes Nau (am Evangelischen Bildungszentrum für Pflegeberufe in <strong>St</strong>uttgart) und Reinhard Dummler (am Diakonissenkrankenhaus in Karlsruhe) darf die Weiterentwicklung in der Pflege nicht nur unter dem Aspekt des politisch „Wünsch- und Machbaren“ geschehen. Vielmehr müsse diese am Gegenstandsbereich von Pflege orientiert sein, bei dem es um die Gesunderhaltung sowie die Folgen von Krankheit für den jeweiligen Menschen in seiner Umwelt gehe. Deshalb sei die im letzten Jahr vollzogene Absenkung der Zugangsvoraussetzungen für die Pflegeberufe ihrer Ansicht nach äußerst kritisch zu betrachten. Neben der Fachschulausbildung brauche man auch eine „Akademisierung in der Pflege, die am Pflegebett wirksam wird“, so das Credo der beiden Schulleiter, die sehr engagiert für eine breit angelegte, ethisch-moralisch orientierte Pflegeausbildung an christlichen Krankenhäusern warben. Wie sehr gerade diese ethische Orientierung am christlichen Menschenbild zur Herausforderung in der Pflegeausbildung werden kann, machte die Generalvikarin der Vinzentinerinnen in Untermarchtal, Schwester Anna-Luisa Kotz, deutlich. Sie skizzierte auf dem Hintergrund der Sinus-Milieu-<strong>St</strong>udie die teilweise sehr unterschiedlichen Lebenswelten und Haltungen, die junge Menschen für eine Ausbildung im Pflegebereich mitbringen und besondere Zugänge erforderlich machen. Verheerend für die „moralische Kompetenzentwicklung“ der Auszubildenden erweise sich dabei, so die Ordensfrau, wenn zwischen der Theorie und der konkreten Praxis in der Kultur des Miteinanders ein deutlicher Widerspruch bestehe. Von daher stelle sich durchaus die Frage, warum die Schule dann noch so nah beim Krankenhaus sein müsse. Thomas Maier Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V. <strong>St</strong>absstelle Medien- und Öffentlichkeitsarbeit Über die Weiterentwicklung der Pflegeausbildung diskutierten (von links): Schwester Anna-Luisa Kotz, Generalvikarin der Vinzentinerinnen in Untermarchtal, Ursula Hesse-Dahlheimer, Regierungsdirektorin im Sozialministerium, Norbert Groß, DEKV-Verbandsdirektor, Thomas Vortkamp, Geschäftsführer des KKVD sowie die beiden Schulleiter Reinhard Dummler und Johannes Nau. Foto: Thomas Maier <strong>Vincenz</strong> <strong>Aktuell</strong> 59/10 13