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mu lt I p l e sk l e r o s e<br />
Den überzeugenden Wirksamkeitsdaten<br />
steht allerdings das Risiko des Auftretens<br />
einer progressiven multifokalen<br />
Leukenzephalopathie (PML) gegenüber.<br />
Dieses Risiko liegt nach derzeitigem<br />
Informationsstand bei etwa 1:1000, wobei<br />
es bei länger dauernder Exposition<br />
ansteigt. Ein deutlich höheres Risiko<br />
besteht, wenn in der Vorgeschichte mit<br />
immunsuppressiven Medikamenten behandelt<br />
wurde. Da PML mit dem Vorliegen<br />
eines positiven JC Virusantikörpers<br />
assoziiert ist, wird unter Therapie eine<br />
Bestimmung des Antikörpers nach 2 Jahren<br />
empfohlen. Auch vor Einstellung bietet<br />
die AK-Bestimmung eine zusätzliche<br />
Entscheidungshilfe.<br />
Mit der Substanz Fingolimod (Gilenya<br />
® ) steht eine weitere Therapieoption<br />
in der exakt gleichen Indikation zur Verfügung.<br />
Das Medikament wird einmal<br />
täglich oral verabreicht und wirkt über<br />
ein „Einfangen“ der aktivierten Lymphozyten<br />
in den Lymphknoten. In großen<br />
Studien wurden sowohl die Wirkung<br />
im Vergleich zu Placebo als auch bessere<br />
Wirkung im Vergleich zu Interferon belegt.<br />
Ursache für den eingeschränkten<br />
Einsatz waren Nebenwirkungen unterschiedlicher<br />
Art. Als immunsuppressive<br />
Substanz kann Fingolimod zu vermehrten<br />
Infekten führen (Antikörper gegen<br />
Varicella Zoster müssen vor Einleitung<br />
der Therapie vorhanden sein), Makulaödeme<br />
können auftreten. Ein Überwachen<br />
des Blutbildes ist nötig, da therapiebedingt<br />
die Leukozyten abfallen,<br />
Fermenterhöhung ist möglich. Cardiale<br />
Nebenwirkungen mit Verlangsamung<br />
der Herzfrequenz nach erster Gabe sind<br />
bekannt. Nach Markteinführung wurden<br />
mehrere Fälle mit cardialen Problemen,<br />
darunter ein plötzlicher unklarer Todesfall<br />
24 Stunden nach erster Gabe, berichtet.<br />
Die gemeldeten Fälle werden derzeit<br />
von der EMA geprüft und Nutzen und<br />
Risiken von Fingolimod neu bewertet.<br />
Unter Beachtung von Nutzen und Risiken<br />
wurden Natalizumab und Fingolimod<br />
für zwei streng definierte Gruppen<br />
zugelassen:<br />
a) Patientinnen und Patienten mit<br />
weiterer Krankheitsaktivität trotz Behandlung<br />
mit Interferon ß (mindestens<br />
1 schwerer Schub pro Jahr unter suffizienter<br />
Therapie). Analoges gilt für eine<br />
unzureichend wirksame Behandlung mit<br />
Glatirameracetat.<br />
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b) Patientinnen und Patienten mit<br />
rasch fortschreitender schubförmig remittierender<br />
MS (mindestens 2 schwere<br />
Schübe pro Jahr ohne vorherige Therapie).<br />
Ein umfassendes Kontroll- und Dokumentationsprogramm<br />
soll die möglichst<br />
sichere Anwendung dieser Behandlungsoptionen<br />
gewährleisten. Die Österreichische<br />
Gesellschaft für Neurologie hat deswegen<br />
ein Register eingerichtet, in dem<br />
alle mit Natalizumab oder Fingolimod<br />
behandelten PatientInnen in Österreich<br />
regelmäßig dokumentiert werden sollen.<br />
Das Führen eines zentralen Registers<br />
wird inzwischen auch von der europäischen<br />
Zulassungsbehörde empfohlen.<br />
Als zusätzliche, mittlerweile unter Risikoabwägung<br />
weniger beanspruchte Option<br />
bei sehr aktiver MS und Versagen<br />
der Therapie mit Interferon ß oder Glatirameracetat<br />
steht entsprechend den Ergebnissen<br />
der MIMS-Studie Mitoxantron<br />
in einer Dosierung von 5 bzw. 12 mg/m²<br />
Körperoberfläche zur Verfügung, welches<br />
zumeist in 3-monatigen Abständen verabreicht<br />
wird. Auch bei dieser immunsuppressiven<br />
Therapie steht der Nutzen dem<br />
Risiko von Nebenwirkungen – speziell<br />
der Entstehung maligner Erkrankungen<br />
vorwiegend des Blut bildenden Systems<br />
und dem Dosis abhängigen Risiko einer<br />
Kardiomyopathie – gegenüber.<br />
4. therapie der sekundär<br />
progredienten MS<br />
Generell kann als Richtlinie gelten,<br />
dass die Therapie der MS in frühen<br />
Phasen der Erkrankung zielführender<br />
ist als nach der Entwicklung ausgeprägter<br />
Defektsymptome. Für progrediente<br />
Verläufe gilt deshalb global, dass der zu<br />
erwartende Nutzen geringer ist als bei<br />
Erstmanifestationen oder schubförmigen<br />
Verläufen. Dazu kommt, dass sehr strikt<br />
zwischen primär und sekundär progredienten<br />
Verläufen zu unterscheiden ist,<br />
da für primär progrediente Verläufe bisher<br />
überhaupt keine Behandlung signifikante<br />
Erfolge erzielen konnte.<br />
Für sekundär progrediente Verläufe<br />
liegen in der Zwischenzeit mehrere Studien<br />
vor, die die Wirksamkeit verschiedener<br />
Medikamente belegen. Speziell<br />
Verläufe mit in der MRT noch nachweisbarer<br />
Aktivität der Erkrankung, also vor<br />
allem mit Kontrastmittel aufnehmenden<br />
Läsionen, lassen einen Effekt der Therapie<br />
erwarten.<br />
Beleg einer Wirkung und damit Indikation<br />
für Therapie liegt für Interferon ß 1b<br />
vor, das bei sekundär progredienten Verläufen<br />
mit nachweislichem Fortschreiten<br />
der klinischen Symptomatik eingesetzt<br />
werden kann.<br />
Für MS Fälle mit deutlicher Progredienz<br />
ist auch die Behandlung mit Mitoxantron<br />
gerechtfertigt. Zu bedenken ist,<br />
dass aufgrund befürchteter Kardiotoxizität<br />
eine kumulative Gesamtdosis von<br />
96 mg/m2 Körperoberfläche für MS als<br />
Obergrenze angegeben wird und damit<br />
die Dauer der Therapie limitiert ist. Um<br />
die mögliche Therapiezeit zu verlängern,<br />
wird in vielen Zentren deshalb zwar mit<br />
der höheren Dosierung von 12 mg/m2<br />
begonnen, nach klinischer Stabilisierung<br />
aber mit der Dosierung von 5 mg/<br />
m2 fortgesetzt. Auf längere Sicht muss<br />
in jedem Fall versucht werden, nach einer<br />
Stabilisierung des Krankheitsverlaufes<br />
durch Mitoxantron die Behandlung<br />
wieder auf weniger toxische Therapien<br />
umzustellen. Leider kann sich die Kardiotoxizität<br />
eventuell auch erst verspätet<br />
manifestieren, das Risiko der therapieassoziierten<br />
Leukämie erscheint überhaupt<br />
dosisunabhängig.<br />
Cyclophosphamid wurde in einzelnen<br />
Studien in unterschiedlichen Dosierungen<br />
untersucht und zeigte speziell bei<br />
jüngeren Patientinnen und Patienten<br />
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