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„Unser gerade aus der Taufe gehobenes Energiebündel-Gutscheinheft ist ein greifbares Beispiel dafür, wiedie Energiewende bei den Kunden dank der Zusammenarbeit von Energieversorger und Handwerk forciertwerden kann. Dabei geht es nicht nur um Rabatte und <strong>kostenlos</strong>e Beratungs- und Informationsangebotezum Thema Effizienzverbesserung, sondern auch um Zuschüsse für nachhaltige Investitionen bei den Kunden.Eine ähnliche gemeinsame Aktion fahren wir mit der Stadtsparkasse Köln. Warum tun wir das? Einfachdeswegen, weil wir am Point of Sale, an den Kundenkontaktpunkten, ansetzen wollen. Das Handwerkgenießt sehr viel Vertrauen in der Bevölkerung. Ebenso wollen wir dort sein, wo es wie bei den Sparkassenviele Kundenkontakte gibt. Beides wollen wir zusätzlich nutzen.“Uwe Schöneberg, Mitglied des Vorstandes, RheinEnergie AG, Kölnwandfreie Produkte wünscht, wobei die Differenzierungzwischen den Ökostromlabeln kaumdurchschaubar ist und „echte“ Ökostromangeboteeher selten sind. Das Kundenspektrum der „ökologischenÜberzeugungstäter“ hatten wir übrigensschon immer. Und dann gibt es die breite,wachsende Masse, welche Ökoprodukte eher <strong>als</strong>Hygienefaktor betrachtet. Ob kundenseitig einnachhaltiges Interesse für Energieeffizienz, dezentraleErzeugung, Eigenproduktion oder Ähnlichesim Endverbrauchersegment besteht, muss sichaber erst noch stabil herauskristallisieren.Schöneberg: Natürlich ist die Generierung vonMarge ein starker Antrieb dafür. Denn unser gegenwärtigesvertriebliches Umfeld ist dadurchgekennzeichnet, dass die spezifischen Margenbei Strom und Gas tendenziell sinken, ebensodie Absatzmenge pro Kunde. Das versuchen wirüber Rundum-Contracting für Klein- und Großanlagenauszugleichen und generieren so mehrWertschöpfung <strong>als</strong> nur durch die alleinige Lieferung.Hierzu entwickeln und testen wir, teilweisemit dem Kunden gemeinsam, neue Dienstleistungen,die wir dann an den Markt bringen. Beiuns ist es mittlerweile so, dass EnergieeffizienzundContracting-Dienstleistungen jedes Jahr um10 % wachsen. Wir erwarten, dass die absoluteMarge daraus in Zukunft größer sein wird <strong>als</strong>beim Strom- und Gasverkauf an Industrie- undGewerbekunden.„et“: Und wie steht es um die geschäftliche Motivation?Schöneberg: Ich denke, dass die Kunden, vomPrivathaushalt bis zum Großbetrieb, heute vorallem Hilfe in der ständig zunehmenden Komplexitätder Energiewelt suchen. Da ist nicht nur diesteigende Zahl an Anbietern, es kommen auchneue Konzepte wie dezentrale Erzeugung, virtuelleKraftwerke, Smart Home, Smart Meter, Eigenerzeugungsowie ständig wechselnde gesetzlicheRahmenbedingungen auf die Verbraucher zu. DieZunahme der Komplexität findet aber auch beimKunden selbst statt. Wir haben teilweise Mitarbeiter,die full-time bei unseren Großkunden sind,die Prozesse in der Industrie analysieren und darausdann Angebote für den Kunden schneidern.Aber auch bei den Privatkunden gibt es Optimierungsfragenund Fragen zum oder beim Einsatzneuer Produkte wie Smart Home. Das heißt <strong>als</strong>o,es gibt einen großen Bedarf, die Komplexität derEnergieversorgung auf der Kundenseite nachhaltigzu managen. Das versuchen wir <strong>als</strong> Energieversorgerzu leisten.Autarkie und Partnerschaft„et“: Konkurrent oder Partner? Haben <strong>Sie</strong> denEindruck, dass der Kunde eigenständig werdenwill und was ist die geeignete unternehmerischeAntwort darauf?Madlener: Autarkie bei der Energieversorgungist ein Grundbedürfnis vieler Bürgerinnen undBürger. Auf der anderen Seite handeln sie sich damitaber neuen Aufwand und Transaktionskostenein, die sie bei einer zentralen Versorgung nichthätten. Es gibt jedoch Mischformen, zum Beispiel,dass man sich im Stadtquartier oder im lokalenUmfeld zusammentut und sich gegenseitig mitspezifischen Energiedienstleistungen versorgt.Dies könnte durchaus eine Art neue soziale Bewegungwerden. Wir dürfen auch die Relevanzvon Nachahmungseffekten nicht unterschätzen.Wenn eine Verhaltenswelle in Bewegung kommtund dazu führt, dass neue Wege eingeschlagenwerden, die gegebenenfalls nicht ökonomischoder gesellschaftspolitisch ideal sind, aber einfachstattfinden, kann dies politisch nur nochsehr schwer gesteuert werden.Holst: Die deutsche Energiewende wird starkvon den Bürgern getrieben und der Autarkiegedankespielt eine große Rolle. Die Bürger dieserRepublik haben bereits in den 1980er Jahrenangefangen, Geld in Windparks zu investieren.Hinzu kommt die Tendenz bei Einfamilienhausbesitzern,in erneuerbare Energien zu gehen unddamit auch vom Energieversorger unabhängig zusein. Das wird noch befeuert durch das verlorengegangeneVertrauen in die Energiewirtschaft. Esist paradox, dass die Branche, die das Know-howhat, unsere Energieprobleme zu lösen, nicht derAntreiber, sondern oft der Getriebene ist. Das istauch ein fundamentaler Unterschied zu Ländernwie Frankreich, Spanien oder die USA. Hier istder Einzelne viel weniger engagiert.MaßgeschneiderteEnergiedienstleistungen„et“: Wie bedeutsam sind Energiedienstleistungenim Markt heute und wie groß und stabil istder Trend?Lengerke: Ihren Ausgangspunkt hat die Diskussionüber Energiedienstleistungen in dem ThemaKundenbindung. Dieser Trend ist jetzt aktuell imMarkt deutlich zurückgewichen, zugunsten dervielen Versorger, die eine Wertschöpfungssäuleauf diesem Thema aufbauen müssen. Das schaffteine völlig andere Situation: der Kunde rückt inden Mittelpunkt, die Vertriebe reüssieren. DasGeschäftsmodell verändert sich wesentlich, erheblicheInvestitionen stehen an. Unter steigendemKostendruck und erodierenden Margen imKerngeschäft ist das kein leichtes Unterfangen.Wir haben bereits begonnen, diese Dinge in Projektenaufzusetzen. Sowohl <strong>als</strong> Vergleicher <strong>als</strong>auch im Bündel, bestehend aus Energieberatungoder Thermographie für Endkunden, und imB-to-B-Kundensegment in Form von Energiemanagementsystemen,Audits etc. Dies kombinierenwir mit dem Commodity-Produkt Strom oder Gas.Wir <strong>können</strong> uns zudem gut vorstellen, in Zukunftauch Smart Home-Produkte hinsichtlich Funktionalität,Technik und Preis zu vergleichen.ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 63. Jg. (2013) Heft 1269


„Energieversorger, die das Geschäftsmodell Massenvertrieb von Kilowattstunden praktizieren, stellt derneue Kunde <strong>als</strong> Prosumer sicherlich vor Probleme. Wie darauf zu reagieren ist, und wo die Veränderungenansetzen müssen, – ob beispielsweise Anlagen in virtuellen Kraftwerken gebündelt werden sollen – hängtstark von regionalen Gegebenheiten ab. Es ist ein Unterschied, ob man in Köln, Kassel oder auf Rügenagiert. Unabhängig davon hat aber jeder Vertrieb Fragen zu klären wie: Was ist meine derzeitige Kundenbasis?Habe ich vor, im ganzen Land aktiv zu werden? Beschränke ich mich auf einen Ort? Habe ich vieleIndustriekunden oder hauptsächlich Mieter? Vertreibe ich viel Fernwärme oder viel Gas? Die strategischeEntscheidung, wie der neue Kundentyp in das Geschäftsmodell integriert werden soll, hängt stark von derindividuellen Ausgangssituation ab.”Alexander Holst, Managing Director und Leiter Sustainability Services, Accenture GmbH, BerlinZahlungsbereitschaft der verschiedenen Kundengruppendafür bestellt?Holst: Umfrageergebnisse, die die Zahlungsbereitschaftvon Kunden betreffen, sehe ichskeptisch. Auf der klassischen Abfrage basierendeStudien im Sinne von „Wären <strong>Sie</strong> bereit10 % mehr zu bezahlen für …?“ halte ich nichtfür zielführend. Andere Verfahren wie die Conjoint-Analyse,<strong>als</strong>o statistische Methoden, dieZahlungsbereitschaften abfragen, sind da schonbesser. Es lässt sich aber sicherlich sagen, dassdie Deutschen zurecht <strong>als</strong> Sparfüchse gelten undUnterschiede bestehen zu anderen Ländern, indenen höhere Zahlungsbereitschaften gegebensind. Wichtig ist aber, dass die Botschaft bei denKunden angekommen ist, dass sie die EnergiewendeGeld kostet. Das gilt nicht nur für dieEEG-Umlage, sondern auch für Maßnahmen wiez. B. die Gebäudedämmung. Insgesamt werdenEnergie- und Kosteneffizienz stärker in den Mittelpunktrücken. Und für die Energieversorgerwürde eine Umsetzung der EU-Effizienzrichtlinieüber verpflichtende jährliche Verbrauchssenkungenbeim Kunden ganz neue Herausforderungenbringen.Lengerke: Natürlich gibt es bei der Zahlungsbereitschaftfür neue Dienstleistungen vertriebskan<strong>als</strong>pezifischeUnterschiede, je nachdem,ob online verkauft wird oder per Hausbesuch.Klassische Energiedienstleistungen wie die Thermografie,<strong>als</strong>o Wärmebildaufnahmen von Gebäuden,werden zehntausendfach in Deutschlandverkauft. Warum? Im Grunde weil der Kundeverstanden hat, dass <strong>hier</strong> viel energetisches Einsparpotenzialbrachliegt. Und weil es ein einfaches,greifbares Produkt ist. Das Potenzial dafürist natürlich endlich und irgendwann einmalausgeschöpft. Im Energiedienstleistungsmarktmuss man den Kunden viel stärker entwickeln<strong>als</strong> in der Commodity. Mehrstufiger Vertrieb undKundenwert sind die Stichwörter. Die Preisbereitschaftder Kunden wird steigen, wenn sich eineklare Vorteilsargumentation etabliert.Schöneberg: Privatkunden verhalten sich unsererErfahrung nach noch eher konsumtiv und wenigerinvestiv. In der Energiewende müssen aberalle Marktakteure lernen, investiv und langfristigzu entscheiden. Wenn man daran denkt, dass beieinigen zentralen Konsumgütern wie dem Autoein Trend zum Sharing etc. besteht, verweist daseher auf eine stärkere Verbreitung des konsumtivenDenkens, was auch auf die Energieversorgungdurchschlagen könnte.Madlener: Der Energiedienstleistungsmarkt istheterogen und innerhalb gewisser Kundengruppenist die Zahlungsbereitschaft vielleicht nocheinigermaßen fassbar. Wie viel diese bereit sind,für Effizienzverbesserungen und Komfortsteigerungenzu zahlen, hängt sehr stark davon ab, obes sich um eine hedonistische Bevölkerungsgruppehandelt oder eine umweltbewusste. Ob sichAutomatisierungsprodukte im Markt durchsetzenwerden, hängt auch von der Frage ab, inwieweitder Energieverbraucher bereit ist, Verantwortungbzw. Souveränität abzugeben. Ein nicht wenigerbedeutsamer Punkt ist, ob ein innovatives Produktzu einer Erhöhung der Energieeffizienz führtoder eben zu Rebounds und Performanceversagen.Wir konnten am FCN nachweisen, dass jenach Kombination von Technik und Mensch derEinspareffekt bei energetischen Sanierungen sehrhoch sein kann, im Extremfall sogar negativ.Effiziente Wärmeversorgungfür Ballungsräume„et“: Wir haben bislang viel über dezentrale Anlagenund damit zusammenhängende Dienstleistungengesprochen. In Köln kommen wir nicht umhin,über größere Kraftwerke und auch über Wärmeversorgungzu sprechen. Wie stellen sich diese inder Energiewende dar?Schöneberg: Die Idee, in Kraft-WärmekopplungskraftwerkenStrom und Wärme zu produzierenund damit eine bessere Brennstoffausnutzung zuerzielen, passt sehr gut zum Weg der Energiewendein Ballungszentren. <strong>Sie</strong> ist ökologisch besser,<strong>als</strong> in vielen Kellern Einzelheizungen zu installieren,die in Summe eine viel geringere Effizienzaufweisen. Entscheidend ist, ob eine genügendgroße Wärmesenke gegeben ist. In Köln ist dasder Fall. Die Fernwärmenutzung ist dort stadtteilbezogensehr unterschiedlich und reicht von 0 %(Außenbezirke) bis 80 % (Innenstadt) Anteil. ImZuge des Neubaus des Gas- und DampfturbinenheizkraftwerksNiehl 3 (450 MWel/265 MWth)haben wir weitere Ausbauregionen identifiziert,die uns nochmal eine 40-prozentige Steigerungüber zehn Jahre ermöglichen. Dazu werden wirden Vertrieb entsprechend ausrichten. Nebendem Contracting-Geschäft ist dies eine wichtigeErtragssäule der nächsten Jahre.Lengerke: Fernwärme ist für den Kunden in derRegel eine sehr komfortable Dienstleistung, dienoch dazu auch ökologisch sinnvoll ist. DennEnergie und Wärme müssen effizient und kundennaherzeugt werden. Ein Fernwärmeangebothaben wir noch nicht, aber wir nehmen uns beiVerivox immer wieder neue Themenfelder vor:seit Juli dieses Jahres gibt es einen Tarifvergleichfür Wärmestrom, der sehr gut angenommen wird.Heizstrom wurde in den 1970er Jahren eingeführt,und ist beginnend mit dem ökologischenUmdenken der 1990er Jahre energiepolitisch verteufeltworden. Heute wird darüber nachgedacht,wie wir diese Infrastruktur <strong>als</strong> Speichersystemnutzen <strong>können</strong>. Das zeigt wieder einmal, dassSchwarz-Weißdenken auch in der Energiewirtschaftder f<strong>als</strong>che Ansatz ist.Madlener: Die Energiewende korreliert miteinem wachsenden Anteil der dezentralen Energieversorgung.Das hat viele Gründe. Zum einenermöglicht der technologische Wandel, dass mehrENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 63. Jg. (2013) Heft 1271


STRATEGIEGESPRÄCHVERTRIEBob man in Köln, Kassel oder auf Rügen agiert.Unabhängig davon hat aber jeder Vertrieb Fragenzu klären wie: Was ist meine derzeitige Kundenbasis?Habe ich vor, im ganzen Land aktiv zu werden?Beschränke ich mich auf einen Ort? Habeich viele Industriekunden oder hauptsächlichMieter? Vertreibe ich viel Fernwärme oder vielGas? Die strategische Entscheidung, wie der neueKundentyp in das Geschäftsmodell integriert werdensoll, hängt stark von der individuellen Ausgangssituationab.Ob der Kuchen in Zukunft für den Vertrieb größer wird und wie er gebacken werden muss, damiter dem Kunden schmeckt, auch darauf gab es differenzierte AntwortenKomfortbedürfnisse befriedigt werden <strong>können</strong>und auch Bedürfnisse und neue Systemlösungen(Mikronetze) in Richtung Energieautarkiezum Teil vorhanden sind. Zum anderen ist es dieFörderung auch kleiner regenerativer oder besonderseffizienter Anlagen. Großkraftwerke stellenheute ein hohes Risiko dar, kaum jemand wagtes, in diese zu investieren, und das aus gutemGrund, denn das geht nicht auf die Reihe mit derliberalisierten Marktstruktur. Wenn die Unsicherheiten– auch was die Preise der relevanten Commoditiesanbelangt, die Brennstoff-Inputs und derStrom <strong>als</strong> Output zum Beispiel – sehr groß sind,dann entsteht realoptionstechnisch gesprochenein Wert des Wartens. Wie wir aus unseren Untersuchungenwissen, ist es möglich, dass der Wertdes Wartens so hoch sein kann, dass es rationalist, abzuwarten statt in eine bestimmte irreversibleTechnologie zu investieren.„et“: Wie ist es um die Nahwärme in Köln bestellt,gibt es auch <strong>hier</strong>für Konzepte?Schöneberg: Im Unterschied zur Fernwärme istdie Nahwärme auf ein bestimmtes Quartier miteiner darauf ausgerichteten Technik begrenzt.Man geht <strong>als</strong>o eine Stufe niedriger, befindet sichaber immer noch eine Ebene höher <strong>als</strong> beim Einzelhaushalt.Für uns spielt diese Option im Rahmender integrierten Entwicklung neuer städtischerQuartiere eine wichtige Rolle. Im Momentsind wir diesbezüglich in zwei Gebieten aktiv undbieten von vornherein ein Nahwärmekonzept aufnachhaltiger Basis an. Eines davon ist eine Neubausiedlungmit 200 neuen Häusern.Kunde und Vertrieb im Wandel„et“: Den Kunden gab es ja nicht vor 1998, vorwiegendnur den Abnehmer. Die Branche brauchteZeit, um zu lernen, was es bedeutet, wenn der Abnehmerzum Kunden wird. Und nun wandelt sichdieser wieder, wird zum Partner. Was bedeutet dasfür den Energievertrieb? Wird der Vertriebskuchendadurch nicht kleiner?Lengerke: Um im Bild zu bleiben, der neueDienstleistungskuchen wird dem Verbraucherdurchaus schmecken. Hier deckt sich vieles undbedingt sich gegenseitig auch, treffen sich Zeitgeistund geändertes Kundenverhalten – StichwortProsumer. Es ist eindeutig erkennbar, dassder Energie-Kunde ernster genommen werdenwill <strong>als</strong> in der Vergangenheit. Er möchte verstehenund selbst managen <strong>können</strong> sowie in Teilenauch autark sein. Ich bin aber zuversichtlich, dassdie neuen Angebote mittelfristig auf fruchtbarenBoden fallen werden und die Energiewirtschaftdie große Chance nutzt, neues Geschäft, vielfachauch in neuen Marktpartnerschaften, zu generieren.Wenn es gut gemacht wird, wird der Kundedies auch honorieren.Holst: Energieversorger, die das GeschäftsmodellMassenvertrieb von Kilowattstunden praktizieren,stellt der neue Kunde <strong>als</strong> Prosumer sicherlichvor Probleme. Wie darauf zu reagieren ist,und wo die Veränderungen ansetzen müssen, – obbeispielsweise Anlagen in virtuellen Kraftwerkengebündelt werden sollen – hängt stark von regionalenGegebenheiten ab. Es ist ein Unterschied,Madlener: Zum einen wird heute deutlich, dassdie zunehmende Heterogenität und Dynamik,die in Veränderungsprozessen und liberalisiertenMärkten steckt, zu Investitionsrisiken aufallen Seiten führt. Man kann sich aber die innovativstenDienstleistungen ausdenken, wennder Kunde nicht davon überzeugt ist, wird er sienicht annehmen. Die Erfolgsgeschichte des iphonezum Beispiel ist sicherlich beeindruckend.Eine Übertragung dieses Erfolgsmodells auf dasEnergiegeschäft ist dennoch nicht so einfachmöglich, weil dieses vielschichtiger ist und insbesonderedie Produkte komplexer sind. Ich binaber davon überzeugt, dass die Highspeed-Internet-Verfügbarkeitein Türöffner für neue Geschäftsmodellesein wird, der auch für die Energiewirtschaftüberaus bedeutsam sein kann. <strong>Sie</strong>hat ebenfalls mit Big Data Management zu tun,und dies ist eine ganz wichtige Einflussgröße aufdie Art und Weise, wie dezentral Energie gebündeltund genutzt wird.Schöneberg: Ich glaube, dass in Summe der Kuchenfür den Energievertrieb größer wird. DieFrage ist, ob wir diesen neuen Kuchen backen<strong>können</strong> und wen wir eventuell <strong>als</strong> Partner dafürbrauchen, damit Mehrwerte und ein Geschäftsmodellentstehen <strong>können</strong>. Wir haben in der Vergangenheithauptsächlich investives Geschäft wiedie Errichtung von Kraftwerken getätigt. Die Frageist nun, ob wir <strong>als</strong> regionaler Energieversorgerdie notwendige Flexibilität aufbringen und mit einerstrukturierten Produktentwicklung punkten<strong>können</strong>. Denn wir kommen von der Abwicklungvon standardisiertem Massengeschäft zu einemProjektgeschäft, das viel komplexer ist. Für denVertrieb <strong>als</strong> Unternehmensfunktion bietet dieEnergiewende die Chance zur Renaissance. Imneuen Energiemarktdesign spielen Vertrieb undKunde eine größere Rolle.Die Fragen stellten Franz Lamprecht,Chefredakteur „et“, undMartin Czakainski, Herausgeber „et“72 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 63. Jg. (2013) Heft 12


ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 63. Jg. (2013) Heft 1273

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