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SoWi Rundschau Text: Martin Messner<br />

Der Südtiroler Univ.-Prof. Dr. Rudolf Kerschbamer<br />

konnte für die Innsbrucker Volkswirte gewonnen<br />

werden. Wir haben mit ihm über seine Forschungsschwerpunkte<br />

und seine Arbeit mit Alexander van der<br />

Bellen gesprochen.<br />

Was war ausschlaggebend für Sie, dass Sie sich für die<br />

Professur in Innsbruck entschieden haben?<br />

Nach meiner Habilitation in Wien habe ich mich für zwei<br />

Professorenstellen beworben, eine in Innsbruck, die andere<br />

in Regensburg. Nicht zuletzt aufgrund der Lebensqualität habe<br />

ich mich für Innsbruck entschieden. Für meine Frau und meine<br />

zwei Kinder war dies wohl auch die angenehmere Alternative.<br />

> Engagierte Studierende<br />

Was ist Ihr Eindruck von der Universität Innsbruck?<br />

Die Atmosphäre ist angenehm. Die Studierenden sind zum<br />

Großteil recht engagiert, das Niveau der Ausbildung entspricht<br />

allerdings nicht ganz meinen Vorstellungen.<br />

Das Wissen der Studierenden ist zu inhomogen, ihre Ausbildung<br />

im ersten Abschnitt etwas zu wenig formal und zu<br />

wenig modern. Wenn die Studierenden mit unterschiedlichen<br />

Vorkenntnissen in den zweiten Abschnitt kommen, dann erschwert<br />

das die Arbeit enorm. Man kann keine interessanten<br />

Fragen angehen, wenn man nicht davon ausgehen kann, dass<br />

ein Großteil der Studierenden das notwendige Handwerkszeug<br />

beherrscht. Ich werde mich daher in Zukunft dafür einsetzen,<br />

dass die Ausbildung im ersten Studienabschnitt homogener,<br />

etwas formaler und moderner wird.<br />

Sie halten auch einen Kurs über Spieltheorie. Ein bisher an<br />

unserer Universität vernachlässigtes Gebiet?<br />

Unbedingt! Ich bin hier in Innsbruck etwas unfreiwillig zum<br />

Spieltheoretiker geworden, jetzt macht mir der Kurs aber großen<br />

Spaß. Die Spieltheorie gehört inzwischen zum Grundwerkzeug,<br />

nicht nur in der Volkswirtschaftslehre, sondern in allen<br />

Sozialwissenschaften und weit darüber hinaus. Wenn man sich<br />

an einer US-Universität zum Beispiel die Politikwissenschaftler<br />

ansieht, wird man feststellen, dass das zu einem guten Teil<br />

Spieltheoretiker sind. Fragen rund um das Wahlverhalten oder<br />

den Parteienwettbewerb werden genauso spieltheoretisch<br />

analysiert, wie industrieökonomische und außenhandelstheoretische<br />

Fragen.<br />

22<br />

SoWi-Interview<br />

Univ.-Prof. Dr. Rudolf<br />

Kerschbamer im Gespräch<br />

Was sind Ihre eigenen Forschungsschwerpunkte?<br />

Derzeit beschäftige ich mich vor allem mit der Industrieökonomie<br />

auf der theoretischen Ebene. Dabei geht es um Fragen<br />

des Wettbewerbs, um Firmenübernahmen und Fusionen oder<br />

um vertikale Integration. Außerdem behandle ich auf einem<br />

abstrakteren Niveau informationstheoretische Fragestellungen<br />

und Anreize.<br />

> Viele Türen geöffnet<br />

Welche Ihrer Forschungsarbeiten empfinden Sie als die<br />

gelungenste?<br />

Das ist schwer zu sagen. Es gibt Arbeiten, die sind wichtig,<br />

weil sie die Wertschätzung der Umgebung für einen erhöhen.<br />

Meine Papiere in international renommierten Theorie-Journalen<br />

haben mir sicherlich viele Türen geöffnet. Auf der anderen<br />

Seite haben mir etwas angewandtere und leichter zugängliche<br />

Aufsätze um nichts schlechter gefallen.<br />

Sie haben in Wien mit Alexander van der Bellen zusammengearbeitet.<br />

Wie würden Sie ihn beschreiben?<br />

Ich kann einen Freund nicht wirklich in wenigen Sätzen beschreiben.<br />

Er war mir in sehr vielen Sachen der wichtigste Ansprechpartner.<br />

Auch als er sich schon aus der internationalen<br />

Forschung zurückgezogen hatte, habe ich bei ihm für meine<br />

Forschungsprobleme immer ein offenes Ohr gefunden. Er fehlt<br />

mir sehr. Ich glaube, seine Einstellung den Dingen gegenüber<br />

hat etwas auf mich abgefärbt. Er hat zu Problemen immer eine<br />

gewisse Distanz bewahrt. Man könnte sagen, eine leicht zynische<br />

Distanz.<br />

> Abenteuer akademische Karriere<br />

Wie ist es Ihrer Meinung nach um den wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs in Österreich bestellt?<br />

Die Rahmenbedingungen sind katastrophal. Für engagierte<br />

Studierende besteht eigentlich kein Anreiz mehr, die wissenschaftliche<br />

Karriere einzuschlagen. Man ist beim Dienstrecht<br />

von einem Extrem ins andere gestürzt. Genauso problematisch<br />

wie eine zu frühe Pragmatisierung ist ein System, das keinerlei<br />

Sicherheit für den Nachwuchs gewährt. Heute gehört – schonend<br />

formuliert – schon eine ziemliche Portion Mut und Idealismus<br />

dazu, sich auf das Abenteuer einer akademischen Karriere<br />

an einer österreichischen Universität einzulassen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.

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