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Die Verantwortlichkeit des Verwaltungsrats

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Anhang: WOLFGANG WIEGAND: <strong>Die</strong> <strong>Verantwortlichkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Verwaltungsrats</strong> 147/7strengen Sorgfaltsanforderungen die Kühnheit der Chirurgen beeinträchtigtoder gar zu einer defensiven Medizin geführt hätten. Ich weiss, dass dieDinge wesentlich komplexer liegen, als ich sie hier skizziere ". Ich kannund will die Frage der Interdependenz von Sorgfaltspflichten und Verhaltenssteuerunghier nicht weiter vertiefen. Es genügt vielmehr festzuhalten,dass bisher wirklich schlüssige Begründungen für eine Lockerung der Haftungsmassstäbenicht vorgetragen worden sind.Versuche, eine solche Haftungsmilderung zu erreichen, haben m. E.aber auch unabhängig davon im Moment wenig Aussicht auf Erfolg. Siestehen nicht nur im Widerspruch zur zweiten Stossrichtung der Reform<strong>des</strong> <strong>Verantwortlichkeit</strong>srechts, der ich mich sogleich zuwenden werde, sieliegen gewissermassen auch quer zur Zeitströmung. Nun ist dies einePosition, die einzunehmen BÄR gelegentlich Freude bereitet hat. Im konkretenFall glaube ich in<strong>des</strong>sen, dass es wenig Sinn hat, sich dem Zeitgeistzu widersetzen. <strong>Die</strong>ser findet seinen Niederschlag in der bereits mehrfacherwähnten Zunahme von <strong>Verantwortlichkeit</strong>sprozessen. Dabei handelt essich nicht um einen Zufall, sondern um eine partielle Ausprägung einerweltweiten Entwicklung, die ein amerikanischer Autor in einem zum Bestsellergewordenen Buch als «litigation explosion» bezeichnet hat 20 . Einederartige Prozessflut ist jedenfalls im Bereich <strong>des</strong> Haftungsrechts weltweitfestzustellen. Das amerikanische Justizsystem gab zwar gewisse Anreizstrukturenfür derartige Prozesse, die diese Tendenz aber nur verstärken,nicht jedoch ihre eigentliche Ursache bilden 21 . <strong>Die</strong>se liegt vielmehr ineiner veränderten Mentalität der Bevölkerung der industriellen und postindustriellenGesellschaft, die in zunehmendem Masse die Tendenz entwickeltund gefördert hat, Schäden umzuverlagern. So ist es geradezu zueiner Selbstverständlichkeit geworden, dass niemand mehr bereit ist, einenSchaden als solchen hinzunehmen, sondern mit allen denkbaren Mittelnversucht, ihn auf einen anderen zu überwälzen. Es ist hier nicht derOrt, über die soziologischen und politischen Gründe dieses Mentalitätswandelsnachzudenken, dieser ist vielmehr als Faktum hinzunehmen. Dersogenannte «transfer of losses» gehört zu den Erscheinungen der Zivilrechtsordnungin der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts und hat eineFülle von ganz entscheidenden Veränderungen <strong>des</strong> Rechtssystems bewirkt22 . Nur in diesem Rahmen ist es verständlich, dass auch in der19 Vgl. den Hinweis in Fn. 15.20 WALTER K. OLSON, The litigation explosion - what happened when America unleashed theLawsuit, New York 1991.21 Dazu und zum folgenden WOLFGANG WIEGAND, <strong>Die</strong> Rezeption amerikanischen Rechts, in:Festgabe für den schweizerischen Juristentag 1988, ZBJV 124*(1988) 229 ff.22 Hinweise dazu bei WOLFGANG WIEGAND, Zur Haftung für <strong>Die</strong>nstleistungen, recht 1990134ff., 138ff; zu den Ursachen dieser Veränderungen LAWRENCE FRIEDMANN, Total justice. NewYork 1985.

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