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NIKOLAUS KOPERNIKUS D I E B U R G

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lationen des Mystikers über die Geheimnisse der Schöpfung und die Harmonie der Welten. Überallspürt man den Atem des hinter den Werken stehenden blutvollen Menschenlebens, und nochdas Hauptwerk mit dem selbstbewußten Titel „Neue Astronomie“ ist erfüllt von der Spannung,mit der der Verfasser den Leser teilnehmen läßt an all den Enttäuschungen und Beglückungen,die für ihn mit der Erringung der vortragenen Wahrheiten auf mehr oder weniger großen Umwegenverknüpft waren.Unvorstellbar, in dem Buch des Kopernikus eine Wendung zu finden wie diese, mit der Keplerder Begeisterung über die Entdeckung seines dritten Gesetzes in den „Harmonices mundi“Ausdruck verleiht: „Jawohl, ich überlasse mich heiliger Raserei. Ich trotze höhnend den Sterblichenmit dem offenen Bekenntnis: Ich habe die goldenen Gefäße der Ägypter geraubt, um meinemGott daraus eine heilige Hütte einzurichten, weitab von den Grenzen Ägyptens. Verzeiht Ihrmir, so freue ich mich. Zürnt Ihr mir, so ertrage ich es. Wohlan ich werfe den Würfel und schreibeein Buch für die Gegenwart oder die Nachwelt. Mir ist es gleich. Es mag hundert Jahre seinesLesers harren, hat doch auch Gott sechstausend Jahre auf den Beschauer gewartet.“Kopernikus hat ohne Zweifel den ersten entscheidenden Schritt getan zu einer Neuordnungder Welt. Er hat die Erde ihrer beherrschenden Stellung als ruhender Mittelpunkt der Weltentkleidet und an ihre Stelle die Sonne gesetzt. Damit war ein geometrisches System zur Diskussiongestellt, das nicht nur den Anspruch erhob, die beobachteten Bewegungen einfacherund sinnvoller zu erklären, als das innerhalb des ptolemäischen Systems möglich war, sonderndas für die wahre Ordnung der Dinge genommen werden wollte. Und doch war es nur ein ersterSchritt, dem noch andere folgen mußten, sollte ein wirklich tragfähiges Gebäude entstehen.Man hat den anonymen Vorbericht, den Osiander der ersten Ausgabe des Werkes des Kopernikusbeigefügt hat, mit Recht als eine Fälschung des Geistes des Verfassers bezeichnet, und der Freunddes Kopernikus, Bischof Giese von Culm, hat in einem Brief an Joachim Rheticus in schärfsterForm sich dagegen verwahrt, daß man die Theorie des Kopernikus als eine bloße Hypothesehinstellte, die „weder wahr noch auch wahrscheinlich zu sein brauche“ . Und doch wird man,auch wenn Kopernikus und seine Anhänger von der absoluten „Wahrheit“ des neuen Systemsüberzeugt waren, nicht umhin können zuzugestehen, daß die von Kopernikus selbst vorgebrachtenArgumente für die dem Geiste seiner Zeit Verhafteten nicht ausreichten, um mehr zubeweisen als eine gewisse Vereinfachung in der Darstellung der scheinbaren Bewegungender Himmelskörper.Solange man sich beschränkt auf eine reine Geometrie der Bewegungen, ist jeder Standpunktgleichberechtigt, ob man nun die Erde oder die Sonne zum ruhenden Bezugspunkt macht, undman kann durchaus verschiedener Meinung sein, ob die ruhende oder die um die Sonne bewegteErde die „anschaulichere“ ist. Wenn man als einzige Hilfsmittel zur Beschränkung der Bewegungenexzentrische Kreise und Epizykeln Zuläßt, dann mag es dahingestellt bleiben, ob dieHerabsetzung der Zahl der zu einer vollständigen Darstellung nötigen Kreise und Epizykelnvon 73 (in der letzten Ausarbeitung des ptolemäischen Systems von Fracastor 1538) auf 34 beiKopernikus (4 für den Mond, 3 für die Erde, 7 für den besonders unregelmäßigen Merkur, je 5für Venus, Mars, Jupiter und Saturn) als so wesentlich erachtet werden konnte, daß man daraufden völligen Umsturz eines Weltbildes gründen durfte.Schwerwiegender sind wohl die allgemeinen Überlegungen, die Kopernikus im ersten Buch seinesWerkes in den Kapiteln 6 (Über die Unermeßlichkeit des Himmels im Verhältnis zu der Größeder Erde), 7 (Warum die Alten geglaubt haben, die Erde ruhe in der Mitte der Welt, gleichsamals ihr Mittelpunkt) und 8 (Widerlegung der angeführten Gründe und ihre Unzulänglichkeit)68

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