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Reise Libanon - Fouad Hamdan

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<strong>Reise</strong> <strong>Libanon</strong>Von wegen Frostaufbrüche:Geflickte Artillerietreffer auf der LandstraßePolitik ist allgegenwärtig:Legendenbildung mit schwerem GerätDer alte Mustafah Sadik interessiert sich nichtfür Politik. Er arbeitet seit fünfzig Jahren als Portierund Barmann im Hotel Palmyra und gewährtuns einen Blick ins Gästebuch. Das Etablissementhat viele Führer und Prominente kommen undgehen sehen. Die Krimi-Autorin Agatha Christie,der Künstler Jean Cocteau und ein hoch gestellterDeutscher waren da: Kaiser Wilhelm II ließ 1894im Palmyra logieren, als deutsche Archäologenmit den Ausgrabungen begannen. Inzwischen istdas Kult-Hotel ziemlich runtergewohnt. Es wirkt,als sei seit der Visite des Kaisers nicht mehr vielgefeudelt worden. Aber Sadik hat definitiv Stilund ein Herz für deutsche Biker: „Stellen sie dieMotorräder doch bitte in unsere Garage, sicherist sicher. Zu viele Diebe in der Nacht.“Es durftet nach gebratenem Fisch. „1980, dawaren wir alle noch echte Heißsporne. Mädelsund Milizen, alles voll mitgenommen,“ erzähltFoaud, der zur Zeit für eine Menschenrechts-Stiftung in Beirut arbeitet. Auch in Sachen Motorradwar er damals ganz an der Sitze der Bewegung:„Die K6 war das Nonplusultra, ich hab siegebraucht von einem Deutschen gekauft. Eh,1980, geiles Bike, geile Zeit. Trotz Bürgerkrieg.“Inspektor Ölfuß: <strong>Libanon</strong>-Cop auf Tropf-HarleyWir sitzen bequem in einem Ausflugslokal amQaraaoun-See auf dem Weg in den Süden. Währendden letzten zwei Stunden haben wir vierKontrollpunkte der libanesischen Armee passiert:Panzersperren, Schnellfeuerwaffen und verspiegelteSonnenbrillen. Hauptstädter und Motorradfahrerim Besonderen – die Hisbollah hat eigeneKradmelder – werdennervös beäugt. Erstun sere zwei deutschenPässe haben die Lagesichtlich entspannt.„Ende 1981 habe ich die Honda dann an Samirverkauft und bin nach Deutschland gezogen,“erinnert <strong>Fouad</strong> sich und spuckt eine Fischgräte aus.Als er vor zwei Jahren nach Beirut zurückkehrte,forschte er nach seiner Maschine und fandsie beim damaligen Käufer Samir. Die Hondawar 27 Jahre lang nicht gelaufen und in einemfeuchten Keller verrottet. <strong>Fouad</strong> beschloss eineKomplettrenovierung. „Die Teile hab ich so ziemlichalle über eBay in Deutschland günstig geschossenund im Handgepäck mit nach Beirutgebracht.“ Den richtigen Monteur fand <strong>Fouad</strong>auch wieder: Jamal, der den Vierzylinder schon1980 flott gemacht hatte. Im November 2008 warder Oldtimer wieder fahrbereit und wird nun fasttäglich durch die Beiruter Innenstadt bewegt:„Alte Liebe rostet nicht, Bruder!“Beiruts Strandpromenade führt über mehrereKilometer vom Industriehafen entlang der innerenRegierungs- und Business-Quartiere, windetsich längs der Hotelmeileim laizis ti schenWesten der Stadt undmündet im Süden amFlughafen in die schiitischenVororte: Hisbollah-Country. Wer die „Corniche“mit offenem Visier entlang fährt, demspringt die Zerrissenheit des <strong>Libanon</strong>s zwangsläufigins Auge.<strong>Fouad</strong> ist unser Guide. „Mindestens 500 Dollardie Nacht,“ sagt er und deutet rüber zu denBetonblocks, hinter dem das Hotel Phoeniciaverschanzt liegt. In dem prachtvoll renoviertenSchmuckbau steigen die internationalen Delegationenund UN-Abgesandten ab, die sich umEntwaffnung und den Wiederaufbau des Landesverdient machen sollen. Im Phoenica nehmen dieSchönen und Reichen Beiruts ihren Nachmittagstee.Im Foyer mit der Blattgold-Tapete lümmelndie unternehmungslüsternen Scheichs aus denprüden Golfstaaten und radebrechen mit ukrainischenHostessen. Einen Steinwurf dahinterragt das Holiday Inn wie ein mahnender Zeigefingerin die Höhe. Eine 27 Stockwerke hoheRuine, die im Krieg von Heckenschützen bevölkertwar. Ein Sturmangriff 1976 hat dem wahllosenTreiben der Snipers ein Ende gemacht;seitdem ruht der Hotelbetrieb.Wir stehen vor dem traditionsreichen St.George. Es ist ebenfalls dicht. Als 2005 der libanesischeEx-Premier Rafiq al-Hariri, ein einflussreicherGegner Syriens und der Hisbollah, mitseinem Tross hier vorbeifuhr, detonierte eineDer Straßendienst räumt den Pass nicht,weil in Baalbek eh nur Schiiten wohnen– soll der Schnee doch selber schmelzenDas Paris des Orients erwacht zu neuem Leben:Wiederaufbau in Downtown Beirut100 MOTORRAD NEWS 4/2010

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