109 Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser,
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tung <strong>und</strong> ein damit im Zusammenhang stehender Arbeitsplatzverlust<br />
genügt, sondern die Sonderregelung für gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
unkündbare Mitarbeiter verlangt darüber hinaus, dass<br />
diese Einschränkung wesentlich ist (vgl. auch SAG, Urteil vom<br />
23.09.2004 – 6 AZR 430/03 –, AP Nr. 1 zu § 1a AVR Caritasverband<br />
unter 3. der Gründe). Damit ist eine quantitative Einordnung<br />
der Einschränkung als „wesentlich“ in Relation zu der<br />
betreffenden Einrichtung notwendig, so dass die Beurteilung<br />
nach allein qualitativen Merkmalen der Sonderregelung des<br />
§ 15 Abs. 1 AVR nicht gerecht wird, zumal nicht klar ist, was<br />
das konkret bedeuten <strong>und</strong> wie dieses praktisch gehandhabt<br />
werden soll.<br />
Vorliegend kann dahinstehen, ob das Vorliegen einer wesentlichen<br />
Einschränkung der Einrichtung im Rahmen des § 15<br />
Abs. 1 AVR nach dem Inhalt der Maßnahme oder allein nach<br />
der Auswirkung der Maßnahme auf die Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
her zu beurteilen ist. Denn nach beiden Gesichtspunkten<br />
ist eine wesentliche Einschränkung der Einrichtung,<br />
in der die Klägerin bislang tätig gewesen ist, zu verneinen.<br />
Die von der Beklagten vorgebrachte Schließung der eigenen<br />
Funktionsbereiche Physikalische Therapie, Ergotherapie, Tanztherapie<br />
sowie Logopädie <strong>und</strong> Vergabe dieser Leistungen an<br />
die Firma M stellt inhaltlich keine wesentliche Einschränkung<br />
des Krankenhauses dar. Daraus ergibt sich keine Änderung<br />
des Leistungsangebots, weil die therapeutischen Leistungen<br />
nach wie vor im Krankenhaus der Beklagten erbracht werden.<br />
Für die Patienten tritt keine erhebliche Änderung ein, wenn<br />
die Leistungserbringung statt durch Mitarbeiter der Beklagten<br />
nunmehr durch Arbeitnehmer der Firma M erfolgt. Sie werden<br />
trotzdem in demselben Umfang wie zuvor durch Ärzte<br />
behandelt <strong>und</strong> untersucht <strong>und</strong> durch Pflegekräfte sowie gegebenenfalls<br />
Therapeuten betreut. Zudem hat die Beklagte in<br />
ihrem Schriftsatz vom 09.01.2007 auf Seite 4 (Bl. 50 d.A.) selbst<br />
ausgeführt, dass diese im Rahmen des Krankenhausvertrages<br />
im Verhältnis zu den Patienten zu erbringenden Leistungen<br />
vom Krankenhaus auch abgerechnet werden. Auch nach der<br />
Auswirkung der von der Beklagten vorgetragenen Maßnahme<br />
auf die Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten kann<br />
von einer wesentlichen Einschränkung der Einrichtung nicht<br />
die Rede sein. Auf der Gr<strong>und</strong>lage der vom Personalleiter der<br />
Beklagten im Kammertermin am 16.01.2007 gemachten Zahlenangaben,<br />
nämlich dass die Beklagte sowohl in der Mitte<br />
des Jahres 2006 als auch derzeit insgesamt etwa 1.450 bis<br />
1.500 Arbeitnehmer beschäftigt, wovon zuletzt etwa 45 Mitarbeiter<br />
in den therapeutischen Funktionsbereichen tätig waren<br />
(vgl. das Sitzungsprotokoll auf Seite 2, Bl. 63 d.A.), ergibt<br />
sich, dass nur etwa 3 % der Mitarbeiter der Beklagten<br />
in den Therapieabteilungen eingesetzt worden sind. Es mag<br />
zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass<br />
die Auflösung einer Krankenhausabteilung mit r<strong>und</strong> 1/10 der<br />
bei ihr insgesamt beschäftigten Mitarbeiter eine „wesentliche<br />
Einschränkung“ der Einrichtung ist (vgl. LAG Berlin, Urteil vom<br />
14.11.2002 – 16 Sa 1541/02 – ZTR 2003, 249 unter 1.2. der<br />
Gründe). Wenn nur für etwa 2 % der Arbeitnehmer die bisheri-<br />
02/07<br />
Rechtsprechung<br />
Kündigungsschutzrecht<br />
gen Beschäftigungsmöglichkeiten entfallen, reicht dies jedoch<br />
nicht (so LAG Köln, Urteil vom 06.06.2006 – 9 Sa 92/06 – juris,<br />
unter II. 1. der Gründe, Rn 31 <strong>und</strong> 33 am Ende). Soweit r<strong>und</strong><br />
3 % der Mitarbeiter des Dienstgebers durch eine Maßnahme<br />
betroffen sind, kann nach Ansicht der erkennenden Kammer<br />
nichts anderes gelten, da auch in diesem Falle eine wesentliche<br />
Einschränkung der Einrichtung im Hinblick auf die Auswirkung<br />
der Maßnahme auf die Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
noch nicht vorliegt.<br />
Etwas anderes ergibt sich hier schließlich nicht aus dem Argument<br />
der Beklagten, dass die Klägerin durch ihren Widerspruch<br />
gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die<br />
Firma M ihren Arbeitsplatz mit dem unveränderten Verdienst<br />
buchstäblich selbst weggeworfen habe, wofür die Sperre des<br />
§ 15 Abs. 1 Buchstabe a AVR aber nicht gelten könne. Denn<br />
diese Sonderreglung für gr<strong>und</strong>sätzlich unkündbare Arbeitnehmer<br />
kann nicht im Falle der Fremdvergabe von bislang<br />
durch eigene Mitarbeiter des Dienstgebers geleistete Arbeiten<br />
anders ausgelegt <strong>und</strong> angewendet werden als in Konstellationen,<br />
in denen die Vorschrift des § 613a BGB von vornherein<br />
keine Rolle spielt. Das kann weder mit dem Wortlaut<br />
des § 15 Abs. 1 AVR noch mit dessen erkennbaren Sinn <strong>und</strong><br />
Zweck in Einklang gebracht werden. Im Übrigen darf nicht<br />
übersehen werden, dass die Verneinung der Voraussetzungen<br />
für das Vorliegen der Sonderregelung des § 15 Abs. 1<br />
AVR nicht zur völligen Unkündbarkeit der Klägerin führt. Vielmehr<br />
bleibt es lediglich bei ihrer ordentlichen Unkündbarkeit<br />
nach § 14 Abs. 5 AVR. Obwohl nach dem Wortlaut des<br />
§ 16 Abs. 2 AVR eine ordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung<br />
ausgeschlossen ist, muss in Extremfällen,<br />
in denen das Arbeitsverhältnis als Austauschverhältnis auf<br />
Dauer sinnentleert ist, der Ausspruch einer außerordentlichen<br />
betriebsbedingten Beendigungskündigung mit notwendiger<br />
Auslauffrist nach § 626 BGB zulässig sein (LAG Köln, Urteil vom<br />
06.06.2006 –9Sa92/96 – juris, unter II. 2. a) der Gründe, Rn 36<br />
<strong>und</strong> 37). Das kann bei dem Vorliegen der erheblichen Anforderungen<br />
an eine solche Kündigung auch bei der Schließung<br />
der Abteilung eines Krankenhauses <strong>und</strong> der Übertragung der<br />
betreffenden Aufgaben auf Dritte in Betracht kommen (vgl.<br />
BAG, Urteil vom 06.10.2005 – 2 AZR 362/04 – NZA-RR 2006,<br />
416 – 421). Eine außerordentliche Beendigungskündigung mit<br />
sozialer Auslauffrist hat die Beklagte jedoch nicht – auch nicht<br />
hilfsweise – ausgesprochen. Denn ihr Kündigungsschreiben<br />
vom 23.06.2006 (Bl. 24 d.A.) enthält bereits vom Wortlaut<br />
her nur die Erklärung einer ordentlichen Kündigung unter<br />
Zugr<strong>und</strong>elegung der für die Klägerin maßgeblichen Kündigungsfrist.<br />
Hat aber der Kündigende das Arbeitsverhältnis mit<br />
ordentlicher Frist gekündigt <strong>und</strong> ist diese Kündigung wegen<br />
des tariflichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung unwirksam,<br />
so, kann in dieser Kündigung nicht ohne weiteres<br />
eine außerordentliche Kündigung gesehen werden, selbst<br />
wenn der Kündigende einen wichtigen Gr<strong>und</strong> haben sollte<br />
(so LAG Köln, Urteil vom 04.07.1996 – 6 Sa 278/96 – LAGE<br />
§ 620 BGB Kündigungserklärung Nr. 6). Auch eine Umdeu-<br />
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