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Leseprobe Machofantasien - Karl-Heinz Franzen

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<strong>Machofantasien</strong> 1


2 Fieber, Wahn und Horror


eBookVerlag art of arts<strong>Machofantasien</strong>Fieber, Wahn und HorrorGeschichten und Gedichte im Septettmit <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong><strong>Machofantasien</strong> 3


Alle Gedichte und Erzählungen von der ersten Seite bis zu der Schlussseite sind von mir, demAutor <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>, im Septett mit meinen im Inhaltsverzeichnis genannten Mitstreitern,für die ich hier im Übrigen auch verbindlich spreche, frei erfunden. Ähnlichkeiten mitnoch lebenden oder schon verstorbenen Personen oder Handlungen oder Ereignissen sind reinzufällig und auch nicht beabsichtigt.Dieses Buch ist für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht geeignet, da es nicht frei ist von Gewalt,makabrem Grusel und freizügigem Umgang in Worten und Handlung zur zwischenmenschlichenSexualität geschrieben ist. Auch Erwachsene, die von etwas zarterem Gemüt sind, sollten vom Lesen diesesBuches Abstand nehmen. Das ist keine Effekthascherei, sondern meine wohlmeinende Überzeugung.Sämtliche Veröffentlichungsrechte liegen bei dem Autor/den Autoren. --☺--.Ach so, wenn von den lieben Lesern gesprochen bzw. geschrieben wird, dann sind natürlichalle im weltlichen Leben vertretenen Geschlechter gemeint. Last but not least ist hier Dankgeschrieben an RA Ingo <strong>Franzen</strong> www.faktor-it.de, der stets mit helfender und sorgender Handdafür die Verantwortung trägt, dass das Notebook und der PC immer gefechtsbereit ihren Jobverrichten. Dank gilt auch Henning <strong>Franzen</strong>, der die Illustrationen (entnommen aus dem Buchmeines bestens Freundes „60 Jahre. Der private Schnüffler stellt sich … Illustrationen Zuckerpuppeund C.B.) geliefert hat.Die Rechte an den veröffentlichten Texten liegen beim Autor. Vervielfältigungen zum Zweckeder Veröffentlichung – Publikationsrechte liegen beim Verlag art of arts. Alle Rechte vorbehalten.Verwendung zum Zwecke der Weiterveröffentlichung darf nur mit ausdrücklicherschriftlicher Genehmigung des Verlages und des Einverständnisses des Autors erfolgen. DerVerlag sowie der Autor übernehmen keine Haftung bei unsachgemäßer Verwendung und Verbreitungund den eventuell daraus entstehenden Folgeschäden. Für Druckfehler keine Gewähr.Nachdruck oder Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. Die Verwendungoder Verbreitung unautorisierter Dritter in allen anderen Medien ist untersagt. Diejeweiligen Textrechte verbleiben beim publizierenden Autor, dessen Einverständnis zur Veröffentlichungvorliegt. Für Druckfehler keine Gewähr. Bibliografische Informationen derDeutschen Bibliothek. Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie – detaillierte bibliografische Daten über http://dnb.ddb.de abrufbar.Original-eBook Erstausgabe 2011ISBN 3-940119-66-0ISBN 978-3-940119-66-7Herausgebender Verlag: art of artsInh. Frederic Bartl, Forchheimehrenamtliche Geschäftsführung: Silvia J.B. BartlSatz, Layout, Illustration, Gestaltung,Cover Design: art of formation - Silvia J.B. BartlAutor: <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>Herstellung und Vertrieb: virtueller Verlag art of arts- created in Germany -4 Fieber, Wahn und Horror


Lesen Sie vor dem Lesen der Erzählungen und Gedichtedas Inhaltsverzeichnis.Fühlen Sie sich von den Titeln angesprochen, dann lesen Sie bitteneugierig geworden weiter. Sprechen Sie die Titel nicht an, dannschlagen Sie die eBook-Datei einfach zu und entsorgen Sie es inIhrer virtuellen Tonne (PC-Papierkorb). Oder aber: Schreiben Sieeine freundliche Widmung über dieses eBook für Ihren ärgsten„Freund“ und schenken Sie ihm meine Erzählungen und Gedichte.Ich bin sicher, dass Sie so oder so begeistert sein werden.<strong>Machofantasien</strong> 5


Des Autors Vita Seite 10Einführendes Vorwort Seite 11Und hier die Komponisten und Musikanten zu diesem Septett:Rattenfänger Seite 17 bis 56Ach, Du schöne Apothekerin, ach Seite 18Die Apothekerin Seite 19Entenbraten Seite 23Der Kopfstoß Seite 26Ente süßsauer Seite 35Promenadenszene Seite 44Die Flucht der Sylter Austern Seite 49Die Nacht Seite 50Ich bin bereit Seite 54Dem Teufel die Seele Seite 55Gift´ gen Duft Seite 56johannf Seite 57 bis 110Vollmond. Der Jogger Seite 58Vollmond. Zwischen Triumph und Marterpfahl Seite 64Vollmond. Japanische Tradition Seite 73Vollmond. ICE 1514 Seite 82Vollmond. Sinfonie Nr. 10 und Milchreis Seite 89Vollmond. In der Enge Seite 93Vollmond. Ein Flockenblick hinter die Schneekulissen Seite 94Vollmond. Quietschende Reifen Seite 103Vollmond. Geliebter Stufenschnitt Seite 106Lackaffe Seite 111 bis 167Tante Johanna. 1. Gereimtes Porträt Seite 112Tante Johanna. 2. Ein Auge zudrücken, oder? Seite 113Tante Johanna. 3. Gartenarbeit Seite 118Tante Johanna. 4. Krankenhaus Seite 123Tante Johanna. 5. Gartenvergnügen Seite 128Tante Johanna. 6. Sommersprossen Seite 131Tante Johanna. 7. Fräulein Dübel Seite 132Tante Johanna. 8. Der lange Arm zum Heimatblatt Seite 1396 Fieber, Wahn und Horror


Tante Johanna. 9. Tanzen Seite 143Tante Johanna. 10. Geburtstag Seite 148Tante Johanna. 11. Abschlussball Seite 157Einfach zack Seite 166Träumend in den erwachenden Tag Seite 167Die linke Straße Seite 168<strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong> Seite 169 bis 379Vogelnest. 1. Angenehm, oder? Seite 170Vogelnest. 2. Sie war einfach da Seite 172Vogelnest. Hefeweizen Seite 177Vogelnest. Das Bildnis Seite 184Vogelnest. Der rote Hahn Seite 185Vogelnest. Eine Kleinigkeit Seite 186Vogelnest. Heraus aus dem Boot Seite 187Vogelnest. Offenbart Seite 188Vogelnest. Und sei es im Stall Seite 189Das blaue Haus. 1. Gereimtes Vorwort Seite 190Das blaue Haus. 2. Zwischen den Wassern Seite 192Das blaue Haus. 3. (Noch) Zwischen den Wassern Seite 197Das blaue Haus. 4. Besuch aus New York Seite 203Das blaue Haus. 5. Kalle ist sauer Seite 208Das blaue Haus. 6. Kultur und Poppen Seite 214Alltag. Haben Sie reserviert? Seite 217Alltag. Felix Glück Seite 220Alltag. Vielleicht sind Metzgers verreist Seite 239Alltag. Zum Schluss Seite 240Euphorie. To whom it may concern Seite 242Alltag. Im Sog der Großstadt Seite 250Alltag. Hör´ zu (Vorspiel/Hauptakt/Nachspiel) Seite 258Unter Freunden Seite 266Erich, des Lebens Lauf und Ritas Stutenmilch Seite 270Hans. Des Glücklichen Protokoll Seite 277Bittersüß Seite 284Unersättlich sein Seite 285Mitten drin Seite 286Zwiegespräche Seite 287Marie zickt nicht mehr Seite 288Marie, Marie. Über den Tag hinaus … Seite 293Klick, klick, klick Seite 304Klick, klick, klick … zum Zweiten Seite 307<strong>Machofantasien</strong> 7


Klick, klick, klick … zum Dritten Seite 310Alltag. Kurzschluss Seite 315Alltag. Nina und Petra. Ein Bericht ohne Moralanspruch Seite 319Alltag. Ein ganz normaler Samstag … Vormittag Seite 323Lucky Punch. Osterwünsche Seite 329Hohes Risiko Seite 332Rückwärtige Betrachtungen Seite 336Kathrin Seite 341Ein feiner Kollege Seite 348Herbert, Du zuerst Seite 353Prolog. Vollmond. In der Enge. Seite 357Vollmond am 28. April 2010 Seite 358Knospen an der Trave Seite 365Und was ist neu daran? Eine Charakterstudie Seite 372summerKHF Seite 380 bis 410Gesucht und gefunden. Ein Fragment Seite 381Guter Menschlein Schein. Ein Kinderlied Seite 384Der Freude Ursprung Seite 385Für ewig Seite 386Gestern, heute. Gestern, morgen Seite 387Heiliger Mohr Seite 388Falsch gelüftet Seite 389Zum Grinsen für ein verkorkstes Herz Seite 393Sein oder nicht sein. Niederschrift wider den Verstand Seite 396Die Rache. Die erste Variante. Zum Nachdenken Seite 400Die Rache. Die zweite Variante. Keine Wiederholung Seite 403Perfekter Service Seite 407Der private Schnüffler Seite 411 bis 461Vorstellung der Mitspieler für die Neuankömmlinge Seite 412Zufälle zahlen nicht in bar. Mein fünfzehnter Fall Seite 415Peter Marquardt. Mein sechzehnter Fall Seite 431Der Einkauf Seite 443So was erschüttert aber auch Seite 445Die Begegnung Seite 450Stark ausgeprägte Ähnlichkeiten Seite 4558 Fieber, Wahn und Horror


Und noch einmal johannf ... Seite 462 bis 509zwischen den Vollmonden ...Der Held Seite 463Bis dass der Tod euch scheidet Seite 466Bist Du bereit für die Ewigkeit? Seite 468Die Prothese Seite 471Die Nasen Seite 475Reiselust Seite 479Ferdinand allein zu Haus Seite 485Das Depot Seite 489Die Versichertenkarte Seite 492Hey Joe. Eine Stippvisite in den Wilden Westen Seite 499Augenblicke Seite 502Von Anfang an Seite 504Der Kühlschrank Seite 508Schatzgräber Seite 510 bis 534Gekonnt Seite 511Was ich täglich kreuzige Seite 512Ohne Lehen Seite 513Auf dünnster Scholle Seite 514Unbeschwert Seite 515Bittersüß. Edelweiß Seite 516Ihres Schlosses Purpur Seite 518Der Bart Seite 519Der Hüter der Gerechtigkeit Seite 521Nur eine lächelt unentwegt Seite 522Zärtlich im Gespann Seite 523Am Horizont Seite 524Haare im Wind Seite 525Die Blöße bloß Seite 526Wellens Matten Seite 527In brüft´ger Stund Seite 528Das Protokoll Seite 530Vor dem Bildschirm Seite 531Und noch einmal zum guten Ende: Der Siegerhahn Seite 533Verlagsworte Seite 536<strong>Machofantasien</strong> 9


Des Autors VitaMein Name ist <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>.Ich bin am Tage der ersten Bundestagswahl,nachdem beide Eltern amNachmittag noch ihr Kreuzchenpflichtgemäß abgegeben haben, nachdem Abendbrot geboren.Das geschah in Heiligenhafen an derOstsee / Kreis Ostholstein.Dort lebte ich rund 23 Jahre und zogdann mit Renate B. nach Lübeck.Die Arbeit zog uns beide dann überHamburg und Bonn nach Berlin. Auf dem Wege wurden wir Elternvon zwei prächtigen Söhnen und sind inzwischen Großeltern vonebenso drei wunderschönen Enkelkindern.Nach den üblichen Schreibversuchen in der Studentenzeit, und sozwischendurch immer mal wieder, habe ich mich als frühzeitigerPensionär Ende 2006 allmählich in die Autorenwelt hineinsaugenlassen und hänge nun im Spinnennetz der Geschichten und Gedichteaus meiner eigenen Feder.Nach wie vor lese ich sehr gerne. Meine Lieblingsautoren auf denWegen sind geblieben Goethe, Schiller, Heine, Busch, Grass, ThomasMann, Edgar Allen Poe, mittlerweile auch Joseph Roth, und soeinige mehr. Musikalisch begleiten mich hauptsächlich Beethovenund Mozart, die Rolling Stones und die Beatles und auch hier nochso einige mehr. Von den ‚einige mehr’ möchte ich ausdrücklich BryanFerry mit erwähnen.Meine Autorenpage im Internet: www.kh-franzen.dewürde sich über Ihren Besuch sehr freuen10 Fieber, Wahn und Horror


Einführendes VorwortSehr geehrte Leserinnen und Leser,es ist uns zum zweiten Mal gelungen, ein Interview mit dem in derlesenden Bevölkerung völlig unbekannten Autor, Herrn <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong><strong>Franzen</strong>, zu organisieren. Er ist ständig in die Fälle des „ach, somenschlichen Lebens verstrickt“ und gilt als äußerst zurückhaltend,ja scheu, gegenüber allen Fragern, insbesondere denen aus derMedienlandschaft. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass wir ihnnun aufgespürt, überzeugt? und vor das Mikrofon gelockt haben.Womit locken wir einen Macho und Ewigen Hahn. Selbstverständlichmit: Gaaak, Gack, Gack, Gack, Gaaaaaak! Herr <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong><strong>Franzen</strong> hat im Übrigen sein Einverständnis dazu gegeben, diesesInterview als einführendes Vorwort zu seinem dritten Buch ungekürztzu veröffentlichen. Er bleibt der Überzeugung treu, dass seinenRuf nichts, aber auch rein gar nichts, ruinieren kann.Wann und wo sind Sie geboren?Alberne Fragen. Dieses ist das dritte Buch/eBook, in dem ich einenwesentlichen Teil mitgestalte! Das wurde ich jetzt schon zweimal gefragt.Nein, dreimal. Zuerst auf dem Arbeitsamt im Juli 2006, glaubeich, ja 2006 auf dem Arbeitsamt war das. Sie staunen? Ah, ja? Also,es ist der 14. August 1949 gewesen. Der Ort? Ja, ja. Der Ort. Der Ortist mir entfallen. Könnte aber in Heiligenhafen an der Ostsee gewesensein. Dort empfinde ich so etwas wie Heimatgefühle.Schildern Sie kurz Ihren Werdegang!Nein!Welche zentrale Botschaft gibt es in Ihrem dritten Buch/eBook?<strong>Machofantasien</strong> 11


Ich bin kein Botschafter. Ich bin Schriftsteller. Außerdem ist es, wiebetont, nicht mein drittes Buch/eBook. Dieses Buch/eBook ist komponiertund musiziert im Septett mit meinen Autorenkollegen. Wasich hier im Interview ausdrücklich betonen möchte. Meine sechsKollegen konnte ich allerdings nicht für dieses Interview gewinnen.So sind die von Ihnen aufgezeichneten Worte für das einführendeVorwort ausschließlich meiner Person zuzuordnen. Besonders wichtigist mir zu betonen, wenn Sie schon nach einer Botschaft fragen:Es erscheint doch immer wieder höchst erstaunlich, zu welchen gedanklichenVerwicklungen menschliche Wesen sich fähig zeigen. Esgilt einmal mehr, niemandem und keinem, so auch nicht uns, dengeringsten Glauben zu schenken. Ha, ha, ha.Hier die Autoren des Septetts in der Reihenfolge ihres Auftritts:Rattenfänger, johannf, Lackaffe<strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>, summerKHFDer private Schnüffler,noch einmal johannf, SchatzgräberWann und wo schreiben Sie am Liebsten?Auf dem roten Wohnzimmersofa mit Blick in den Garten und imGarten unter dem blühenden Blauregen. An Gewässern. In Wäldern.Auf Sitzbänken irgendwo im Freien ... ja, hin und wieder auch unterden Daunen einer Bettdecke liegend. Niemals während meiner Aufgabenals ‚Ewiger Hahn’, ha, ha, ha.Wie sieht ein Tag in Ihrem Privatleben aus?Ich schlafe, esse und schreibe. Manchmal gehe ich auch unter dieDusche. Recht regelmäßig zur Toilette und … wie bereits erwähnt,habe ich meine Aufgaben als der ‚Ewiger Hahn’, ha, ha, ha.12 Fieber, Wahn und Horror


Wie kamen Sie zum Schreiben?Ich bin handwerklich für den Hausgebrauch und den Garten begabt.Auch bin ich in diesen Aufgaben kein Pedant. Also sitze ich meistensirgendwo herum und … Zum Schreiben? Ach, ja! Durch den Fritzenvom Finanzamt. Der wollte genau belegt haben, warum ich meineAusgaben für den PC, das Notebook und das Papier zu meinemTagebuch von der Steuer abgesetzt wissen wollte. Das ginge, so er,zum Beispiel nur unter bestimmten Bedingungen für schriftstellerischeRecherchen. Nun gut. Seitdem recherchiere ich in allen Bereichendes menschlichen Miteinanders und … ha, ha, ha, veröffentlichemeine privaten Aufzeichnungen … und setze sie ab als beruflicheAusgaben.Spiegelt sich Autobiografisches in Ihren Aufzeichnungen wider?Das werde ich immer wieder gefragt.Aber ich bitte Sie, hundertprozentig. Bis ins kleinste Detail.Das soll ich übrigens an dieser Stelle ausdrücklich für meineKollegen Autoren an Sie gerichtet mit betonen. Da meine/unsereBücher niemand liest, kann ich es hier für uns so öffentlich verraten.Ansonsten bekäme ich / bekämen wir von der Steuer, bis auf dieProtokolle, die Der private Schnüffler schreibt, in diesem Buch derfünfzehnte und der sechzehnte Fall, nichts zurück! Pssst … und auchdie dreckigen Erzählungen zum makabren Grusel und den sexuellenAusschweifungen sind absolut schwindelfrei! …Wie lange hat es gedauert, bis Sie einen Verlag gefunden haben?Der Verlag hat mich gefunden.Welches erfolgreiche Buch/eBook hätten Sie am liebsten selbst geschrieben?<strong>Machofantasien</strong> 13


Das von meinem besten Freund. 60 Jahre. Der private Schnüfflerstellt sich …Haben Sie bereits Literaturpreise gewonnen?Literaturpreise sind reine Marketingspielchen der großen Verlage. Siespiegeln selten die Qualität eines Buches wider. Ich vermag daraufnicht zu spekulieren.Haben Sie ein Lebensmotto?Ja!Vielen Dank für das Interview!Bitte! Und grüßen Sie Ihre Familie … Sie haben bestimmt eine!Anmerkung des Moderators nach dem Interview:Das vorliegende Buch/eBook: <strong>Machofantasien</strong>. Fieber, Wahn undHorror. sollte ursprünglich heißen: Der ewige Hahn. Kikeriki …<strong>Machofantasien</strong> … zynisch, menschlich und dreckig … Davon habendie Autoren nach längerer Diskussion Abstand genommen, weil …das habe ich in der Erläuterung nicht wirklich verstanden und lassees weg. Das vorliegende Buch/eBook gibt den Leserinnen undLesern wieder einen tiefen Einblick in das Leben und Werden der bisheute immer noch weltweit unbekannten Zeitgenossen und Schriftsteller.Das vorliegende Buch/eBook gibt auch der allseitigen Hoffnungdie Versicherung, dass sich dieses so alsbald nicht ändern wird.Aber dessen ungeachtet für die nach diesen offenen Worten nochschwankenden Insider: Lesen Sie. Lesen Sie! Lesen Sie! Viel Spaß14 Fieber, Wahn und Horror


eim Schmökern dieser Erzählungen aus dem Wirken und Streben –gefasst in Prosa und Reimen. Sie sind wie entnommen aus demLeben einerseits introvertierter Eigenbrötler und andererseits umtriebigerMachos und zeigen so ein Abbild der Sehnsüchte und Wünscheunserer Lebenseinstellungen, unseres Zeitgeistes auf.Das direkt folgende Gedicht hat der Autor <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>während des Interviews verfasst und uns zum freien Abdruck fürdieses einführende Vorwort überlassen:Der SiegerhahnEin Gockel hat nur eins im Sinn,Kikeriki, Kikeriki,er schaut gern zu den Hennen hin,Kikeriki, Kikeriki.Lang reckt er den Hals zum Krähen,Kikeriki, Kikeriki,rot bläst er den Kamm zum Stehen,Kikeriki, Kikeriki.Die Hennen scharren und gackern,Kikeriki, Kikeriki,und hören den Zweiten rackern,Kikeriki, Kikeriki.<strong>Machofantasien</strong> 15


So kommt dann auch, was kommen muss,Kikeriki, Kikeriki,erst ein Duell und dann der Schluss,Kikeriki, Kikeriki.Der Klügere gibt frei die Bahn,Kikeriki, Kikeriki,die Hennen tritt der Siegerhahn,Kikeriki, Kikeriki.Dieses nun folgende Buch/eBook des Septetts ist gewidmetder Mutter von <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>,Frau Elfriede <strong>Franzen</strong>, geboren am 18. April 1927.Sie sollte es zu ihrem 84sten Geburtstagin den Händen halten können.Am Nachmittag des 14. Dezember 2010,Glockenschlag um 17:07 Uhr, klopfte, sicher der Adresse,bestimmt fordernd, Gevatter Tod an ihre Lebenstür und nahm siemit sich fort in sein unendliches Schattenreich.Machs gut Mutter!16 Fieber, Wahn und Horror


<strong>Machofantasien</strong> 17


Ach, Du schöne Apothekerin, achAch, Du schöne Apothekerin, ach,blaue Augen zu dunkler Haare Pracht,auf das Rezept gibst Du mir Medizin,und ich spüre heiß Deiner Blicke Macht.Frau Doktorin sagt, ihr Herz, der Rhythmus,Frau Doktorin sagt, zu viel Druck dem Blut,Frau Doktorin sagt, hier ist das Rezept,Frau Doktorin sagt, davon wird es gut.Ach, Du schöne Apothekerin, ach,Du wärst für mich die rechte Medizin,ich holte jeden Tag eine Dosis,das Herz wäre Dein und der Druck hätt´ Sinn.Frau Doktorin bitte, noch ein Rezept,Frau Doktorin bitte, es streikt das Herz,Frau Doktorin bitte, der Druck ist hoch,Frau Doktorin bitte, das ist kein Scherz.Ach, Du schöne Apothekerin, ach,ich komme noch heut´ und dann nicht wieder,ach, Du schöne Apothekerin, ach,ohne Rezept bleib' ich zweiter Sieger!18 Fieber, Wahn und Horror


Die ApothekerinHallo, Ihr lieben Leute, ich sitze hier auf dem neuen vorgebautenPonton des alten aber neuen Segelhafens, vier wunderbare Sitzbänkestehen darauf, auf einer sitze ich und schaue natürlich sehrnatürlich auf den Segelhafen mit seinen rund tausend Segeljachtenund einer ansehnlichen Anzahl von Motorbooten. Ich atme die gefühlteUnabhängigkeit eines Freizeitkapitäns - ja, auch auf dieserverlängerten Promenade der Seglerpromeniermeile.Vor Jahren bin ich in jedem Sommer mehrmals so als Küchenmamselloder Hilfsruderführer oder „Fender klar zum Anlegen“ oderShantysänger Segeltörns auf der deutschen und dänischen Ostseemitgesegelt. Und auch in den französischen, spanischen und kroatischenMittelmeergewässern durfte ich in dieser untergeordneten leitendenStellung an Bord wunderschöne Stunden und Tage versegeln.Oh, wow. Ich komme so richtig ins Schwärmen und Träumen undvom Thema ab. Vielleicht noch so viel, weil ich gerade dabei bin.Meistens waren wir so vier bis sechs Leutchen unterschiedlichenAlters aber gleicher Interessen. Nämlich: segeln, segeln, segeln undnochmals segeln … und Kameradschaft auf engstem Raum. So auf12 bis 26 Fuß Länge, je nachdem, wie gut unsere Gemeinschaftskassezum Chartern der geliebten „Planken, die die Welt bedeuten“gefüllt war.Apropos Fuß und Länge. Ich setzte doch meine Füße in Bewegungzur Länge des Weges, als ich heute Morgen in der Küche so eingrauenvolles Fauchen vernehme, eile zum Fenster und sehe „direkt“vor ihm so ein kleines Luftschiff schweben mit zwei Leutchen unterihm platziert. Die sitzen unter ihm in so einem Drahtgeflecht. Heizeneifrig ein Feuer in das Luftschiffchen und wärmen damit die aufdessen Gummibauch lächelnde wunderschöne, dunkelhaarige Bikinischönheit.Sie aalt sich dort unbeeindruckt von der fauchenden Glut<strong>Machofantasien</strong> 19


und der Höhe. Sie lässt sich unentwegt, schmollmundig ihre schneeweißenZähne zeigend, durch die Luft umhergleiten wie eine Königinder Lüfte, die sie wohl auch ist.Apropos gleiten. Die Sonne prallt mir auf diesem Ponton involler Hitze aus dem Süden auf den Kugelschreiber und das Papier,und ein leichter Nordwest bläst mir ziemlich kalt in den Nacken.Wer wird siegen? Die Sonne oder der Wind aus Grönland? Ihr siegt,meine lieben Leser. Ich halte für Euch den Gegensatz aus, obwohlmich ein leichter Druck auf die Blase zum Weiterfahren auf demDrahtesel verleiten will. Willensstark bleibe ich auf der Bank sitzenund lasse den Kugelschreiber, mal mit sanftem mal mit festemDruck, über das Papier gleiten. Neben mir … mehr gegenüber mir …schwafelt gerade eine mittelalterliche Dame ins Handy und glaubt,dass ihre Tochter sie nicht nur hören, sondern auch sehen kann. Obwohl,mit meinem Handy geht das schon. Aber nicht mit dem altenGerüst, dass die Quasselstrippe dort drüben in der Hand hält. Außerdemerzählt sie, dass heute Sonntag ist.Apropos Sonntag. Ich glaube in wenigen Sekunden auch, dass esSonntag ist. Während ich hier so sitze und so für Euch schreibe, sagteine mir nicht unbekannte Stimme „Hallo“ und ebenso „Darf ichmich zu Ihnen setzen?“ Ich bin nicht sonderlich gewillt, von demPapier und meiner Euch zu erzählenden Episode aufzublicken …und ich blicke auch nicht auf und … wie Ihr Leser es ja beim Lesendieser Worte merkt, schreibe ich weiter und weiter.„Heute Morgen waren Sie aber freundlicher zu mir“,sagt das Wesen neben mir zu mir herüber und …Im Grunde fühle ich mich nicht angesprochen, und ich lassemich auf meiner Sitzbank, auf dem vorgelagerten Ponton mit Blickauf Stadt, Segelhafen und pralle Sonne von vorn und eisigem Nordwestim Nacken auch nicht von Osten her ansprechen. Also blinzle20 Fieber, Wahn und Horror


ich, sodass die mich ansprechende Person von nebenan das nicht sounbedingt mitbekommt, mit dem linken Auge, so gut ich das hinbekommenkann, in Richtung Stimme und …Apropos und … Was ich jetzt schreibe, das ist natürlich einRückblick, denn während des Blinzelns fing mein Herz förmlich anzu blubbern, und der Druck aufs Blut, so wie die Frau Doktorinsagte, war so hoch, dass ich ganz gegen die jahrelangen Erfahrungenmit dem weiblichen Geschlecht sofort glühte wie eine Osrambirne,besser noch wie ein Lampenladen. Nein, noch eher wie ein Vulkan.Sie lächelte mich unter dunklen Haaren, blauen Augen, etwas zuspitzbübischer Nase, mit lila- oder pink, ich kann mir einfach denUnterschied nicht merken, geschminkten Lippen an. Und in der Mitteder etwas unregelmäßigen weißen Beißerchen zeigten sich zweisüße Schneidezähne, die einem Häschen zur Ehre gereicht hätten.Ja, was soll ich Euch noch so erzählen, was in der Öffentlichkeiteiner wirklich wahren Begebenheit möglich ist? Das ist so einfachnicht, denn in so einem kleinen Städtchen stelle ich ein so zartes Geschöpfweiblicher Reiznatur sofort an den Pranger. Aber im Grundesollte es mir wurscht sein, denn was ich von ihr preisgebe, gebe ichauch von mir preis.Schließlich müsste ich dann doch auch das Geschwätz aushalten,dass dieser strahlend blaue Samstagnachmittag, der sich wie einSonntag verhält, erst am nächsten Morgen nach starkem Kaffee,Brötchen mit lecker Honig und kirschiger Marmelade (fast) endete.Dass ihre Füßchen unter dem Frühstückstisch die meinen suchtenund sich zwischen den Schienbeinen in eine Zone manövrierten, dieein erfahrener Segler in seinem Heimathafen sozusagen im Schlafansteuert.Apropos Schlaf ansteuert. Uns war jetzt gar nicht danach, undso wurde es dann doch Mittag an diesem wunderschönen Sonntag-<strong>Machofantasien</strong> 21


morgen. Apropos Sonntagmorgen. Dieser Morgen hatte auch einenNachmittag, der vom Wetter her gesehen genauso war wie gestern.So wie beim Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ oder so ähnlichhieß er, wo sich alles, alles, ja fast alles wiederholt. Auf jedenFall bin ich mit meiner Episode so gut wie durch. Dass da was war,spüre ich mit einem leichten Kribbeln genau in der Zone, Ihr wisstschon, wo sie als Kapitän mich während des Frühstücks ansteuerte.Hm.Hm.Hm. Außerdem krault sie mich sehr liebevoll im Nacken,sodass der Kugelschreiber in nicht nur leichter Brise schwankt. Ichhoffe doch sehr, dass die Schrift für Euch lesbar bleibt. Eine Apothekerinweiß doch eben ganz genau, was die rechte Medizin ist.Apropos rechte Medizin. Ich wollte Euch gestern von den ungefährtausend Gänsen berichten, die sich nordöstlich vom Segelhafen,so in einer kleinen stillen Bucht, angefunden hatten und einen gehörigenGänselärm veranstalteten. Gänse sind die rechte Medizin fürdie Seele, so pflegte mein Großvater zu sagen, während er stundenlangmit seinem Wehrmachtsglas, dass er als kleine Erinnerung anseinen Russland-Feldzug mit nach Hause genommen hatte, wohljede einzelne Gans betrachtete.Apropos Gans betrachtete. Meine kleine Gans, die Apothekerinmit den dunklen Haaren und den blauen Augen, hat flugs aus demwieder bieder gewordenen, rezeptlosen Arztgänger, einen flatterndenGänserich gezaubert. Blödsinn. Nicht gezaubert. Der Gänserich istverzaubert. Großvater hatte mal wieder recht.22 Fieber, Wahn und Horror


EntenbratenHallo, Ihr lieben Leser. Ich darf Euch vielleicht erzählen, dasssich das Wetter in der letzten Woche von seiner erfindungsreichstenSeite gezeigt hat. Es hat gestürmt, geblitzt, gedonnert, geregnet. Zwischendurchwaren kleine Trockenpausen und dann aufs Neue, dassoeben erzählte.Ja, und genau so, wie es draußen tobte, so war es in dem kleinenAppartement meiner Apothekerin. Wir waren eine Woche so gut wiebesinnungslos und hatten alle Hände voll zu tun, die Haut zu kühlen.Ich stelle mir so den Anfang der Welt mit der glühenden Lava vor,die überall blubbert und brodelt und zischt. So kam aber doch derTag, er fiel genau mit dem ersten blauen Himmel nach diesen Wetterübungenzusammen, dass wir vor die Tür mussten, um wieder zuatmen, und ein paar neue Vorräte für den Brotkasten und den kleinenKühlschrank zu beschaffen. Mit dem Luftholen wollten wir beginnen.Und so gingen wir schnurstracks zum Segelhafen, wo vor genaueiner Woche der Startschuss fiel. Vielleicht sollte ich noch wiederholen,dass mein Großvater väterlicherseits eine Vorliebe für Gänsehatte, mein Vater liebte die Schwäne und ich? Ich liebe die Enten.Enten, Enten, Enten. So, die eine oder andere hat in Holz oderKeramik oder Metall ihren Weg in mein kleines, heimatliches Reichgefunden. Keine ausgestopften Tierchen. Nein, das könnte ich nichtertragen.Der Duft von Currywurst kam uns schon von Weitem aus demkleinen Kiosk am Hafen entgegen und mir lief, da ich für mein Lebengerne Currywurst mit Pommes frites und Ketchup und Mayonnaiseesse, das Wasser im Munde zusammen. Meine süße Apothekerinwar aber dafür nicht zu haben, und so zogen wir an diesem „Fünfsternerestaurant“vorbei. Eine Reihe von Wasservögeln schwammen<strong>Machofantasien</strong> 23


und tauchten und schnatterten im Segelhafen umher und so aucheine kleine Entenfamilie.„Da hole ich uns jetzt ein paar Tierchen heraus, den Hals umgedreht,die Federn gerupft und ab in den Bratofen!“, so ich plötzlich undunvermittelt und … ich weiß auch nicht, wohl etwas unkontrolliert.Ausgezehrt von den Naturgewalten der letzten Woche und entsprechendempfindsam für einen solchen Leckerbissen, erhielt ichvon meiner Apothekerin einen heftigen Stoß mit dem Ellenbogenzwischen die Rippen und … Ihr glaubt es nicht. Sie beherrschte jetztvöllig unbeherrscht drastische deutsche Schimpfwörter, die ich Euchersparen will. Das war ein Gewitter aus heiterem Himmel. Aus. Vorbei.Ende. Was heute Morgen noch wie eine endlose Geschichte aussah,krachte in sich zusammen, ziemlich genau dort, wo ich soschräg gen Osten ein erstes Blinzeln zu ihr warf und mein gebeuteltesHerz das Blubbern begann. Weg war sie mit den nächsten Schritten.… „Gehen Sie doch mal zur Seite, ich bin Arzt!“„Was wollen Sie, ich bin auch Arzt!“„Na, so ein Zufall, dann sind wir jetzt drei Ärzte.“„Nun, gut, mein Herr, fangen Sie an.“So ungefähr bekam ich es mit, als ich von den Marmorplatten derneuen Hafenpromenade zaghaft aufblickend mich wieder ins Lebenblinzelte.„Er kommt zu sich.“„Hat jemand die 112 benachrichtigt?“„Mo-ment, Moment, wir sind drei Ärzte hier.Wir werden schon wissen, wann die 112 kommen muss.Bitte, gehen Sie doch endlich weiter.“24 Fieber, Wahn und Horror


Doch der Kreis von schätzungsweise zwanzig bis dreißig neugierigenSpaziergängern oder Segelfreunden löste sich nur zaghaft auf.„Seine Augen sind noch weit weg.“Na, soviel ich dazu sagen kann, so weit weg waren sie gar nicht,denn was sie so von unten nach oben gerichtet erblickten, wolltewohl den Schleier erklären.Was soll ich Euch noch viel erzählen. Mal so einfach aus denLatschen zu kippen, ist immer wieder auch einmal vorteilhaft. Jedenfallsauf der Promenade eines Segelhafens. Oder in Berlin im KADE-WE, oben im sechsten Stock an der Austernbar. Dort stehen, wiehier auf der Seglermeile, sofort drei bis zehn Ärzte bereit. In dereinen Hand den Fender oder die Austern zum Schlürfen und in deranderen Hand dein Gelenk, um deinen Puls zu fühlen. Ehrlich, IhrLeute, wenn Ihr das noch nicht erlebt habt, dann probiert es mal aus.So eine Anleitung zur Ohnmacht könnte ich auf Nachfrage …Also, die Menschenmenge am Segelhafen löste sich schleppendund diskutierend auf. Und ich? Ich saß jetzt mit den drei Ärzten, vondenen sich zwei alsbald auf ihre eigenen Boote verabschiedeten, undeiner sehr besorgten Seglertochter vor einem Glas Wasser und lächeltewieder. Calypso. Hamburg. Für vierzehn Tage bei uns im Hafengebucht.Nein, ich hätte doch zu keiner Zeit den Entchen den Hals umgedreht,oder?<strong>Machofantasien</strong> 25


Der KopfstoßDie Orangen glänzten mich an. Ja, wir sind heute im Angebotpro Kilo abgepackt. Ja, ja, ja, ich kenne euch Anbieter. Haut dieDinger kiloweise ins Netz und jedes Mal ist mindestens, aber mindestens,eine faule Orange dabei. Das hatte ich gestern bei den Tomaten.Diesen niedlichen kleinen runden Dingern. Raus aus demPlastik-Set, und was sehe ich, als ich die geliebten Früchte herumdrehe?Zwei davon gespalten und angefault. Das war durch dendunklen Plastikboden nicht zu erkennen gewesen. Und so eine ältereDame am Obststand, die alle Früchte begrapschte … was ich davonhalte: wir sind doch nicht in Südeuropa … als würden sie ihr gehören,riet mir, unbedingt diese zu kaufen. Drückte zur Bestätigung aufmeine einplastinierten Tomaten und lächelte mich an. Allerdingshabe ich mich nicht getraut, die roten Dinger zurückzulegen. Hätteich es nur getan, oder?Aber zurück zu den Orangen. Ich esse nicht so gerne Orangenoder auch andere Schalenfrüchte. Wie vermutet, geht die Schale beimeinen Fressobjekten jedes Mal so schwer ab. Als hätten die sich aufmich eingeschossen. Der Saft spritzt überall hin. Die Finger werdenklebrig. Die Saftspritzer fliegen im hohen Bogen auf die Tischdecke,die Klamotten, an den Lampenschirm, und wenn du die Dinger dannendlich im Mund hast, dann sind sie mittlerweile ausgepresst und sogut wie strohig und trocken. Aber das Angebot ist so verlockend, unddie Orangenprinzessin auf den Aufklebern lächelt mich hundertfachbezaubernd an, und? Wissend um meine Schwäche, das kann ich nurvermuten. Ihr Marketingstrategen, die ihr in den Raumpfeilern sitztund uns beobachtet, ja uns, peinlich genau. Ihr habt über jeden vonuns eine Akte angelegt. Und der ältere Herr mit dem Fußball-Cappy,das bin ich, der fliegt auf lächelnde Plakatschönheiten. Ja, ja, ja … InOrdnung. Macht einen Haken an mein Protokoll. Ich nehme dreiBeutel Lächeln mit.26 Fieber, Wahn und Horror


Dort, zu Hause, bei mir, in der Obstschale, dort kannst du dannganz alleine für mich lächeln, und mit deinen regelmäßigen weißenZähnen durch verlockende rote Lippen strahlen. Ich stelle dir dazuBeethovens fünftes Klavierkonzert an. Karajan dirigiert das BerlinerSymphonie Orchester und Alexis Weissmüller verzaubert am Klavier.Dann wirst du nicht nur lächeln, meine Plakatschönheit. Alsoab, ab, ab in den Einkaufswagen.Und dort drüben, seht, die Pflaumen, die auch Zwetschgen heißen.Ich habe die Marktfrau auf dem letzten Wochenmarkt gefragt.Alle Zwetschgen sind Pflaumen, aber nicht alle Pflaumen sindZwetschgen. Ihr kennt mich, Ihr lieben Leser, Ihr müsst jetzt befürchten,dass ich Euch einen Vortrag über den Unterschied zwischenZwetschgen und Pflaumen halte. Das werde ich natürlichnicht. Wen interessiert es schon? Außer mich? Wen interessiert esschon, dass Zwetschgen die Pflaumen sind, die auch wie Pflaumenaussehen. Auweia. Auweia. Diese Pflaumen sind rund, so violett, sokräftig gebaut. Ja, fassen sich noch richtig frisch an. Auweia. Auweia.Auweia. Hoffentlich liest diese Geschichte niemals die Altevon vorhin am Gemüsestand. Jetzt habt Ihr es gemerkt?Ja, mit festem Fleisch. Wenn der Kern nur mit Gewalt aus demFruchtfleisch zu entfernen geht. Das Fruchtfleisch ist noch leichtbitter, dann schmeckt es für mich und meinen sensiblen Gaumen,lecker, lecker, lecker. Wohlgemerkt: für mich. Oder diese Pflaumenqualitätzum Aufkochen mit leicht mehligen Äpfeln. Solche Äpfel,bei denen ich ein Ekelgefühl bekomme, wenn ich in sie hineinbeiße,so weich sind sie. Aber mit Pflaumen zu Kompott gekocht, da sindsie absolute Spitzenklasse. Das Kilo zu Euro 1,99. Nun gut. Ichpacke also Stück für Stück betastet, geprüft mit den lieblichstenVorstellungen für den späteren Verzehr an. Das kleine Loch in derPlastiktüte lässt zwei von den Köstlichkeiten zum Boden entweichen,und ich bücke mich flugs hinterher. Habe ich mir doch schon mit soviel Sachverstand, denn nach und nach versucht ein jeder zu lernen,<strong>Machofantasien</strong> 27


das zarte Tütchen von diesem komischen Gerät gezogen. Ihr findetes heute nahezu in jedem Supermarkt, Ihr habt es alle schon probiert,und doch: Ein Loch im Beutel hält nun einmal nicht dicht. Plumps,Plumps, und ab auf den Boden. Das ist jetzt Fallobst, denke ichnoch, und ich war einen klitzekleinen Augenblick versucht, es anderenKunden nachzutun. Was? Na klar. Wie Uwe Seeler. Schuss undunter die Latte. Hier natürlich die des Obststandes. Ihr, Ihr liebenLeser, spielt doch auch wie Uwe Seeler, oder?Nun, ich werde die beiden Superpflaumen aufheben und in dieKiste zurücklegen. Obwohl, ich habe es vor einigen Tagen in derZeitung gelesen, dass der Kunde für den Schaden, den er in einemGeschäft, wie zum Beispiel in diesem Supermarkt, verursacht, aufkommenmuss. Also müsste ich die Pflaumen, das Fallobst also, mitnehmenund bezahlen. Oder ich könnte mit dem Filialleiter sprechen,ihm die angedetschten Pflaumen zeigen und …? Vielleichthätte er ein Einsehen und schenkte mir die gefallenen Pflaumen zumsofortigen Verzehr, damit sie an der Kasse nicht mitgewogen werden.Obwohl, ungewaschen könnte ich die Pflaumen nicht essen, dannbekäme ich auf der Stelle einen Ausschlag und blühte wie … ja, ichweiß nichts Vergleichbares zu benennen. Jedenfalls bekomme ichsolche roten Plustern an den Nasenflügeln. Ein ehemaliger Kollegevon mir, der Rudolf Lindenthal, konnte sich mit einem Biss in denApfel lähmen. Ja, wirklich. Wenn der den ersten Apfelbissen gekautund Abmarsch frei in den Magen gegeben hatte, dann wurde zuerstdie Unterlippe taub, dann wurden die Beine schwach, er begann zuschwanken, und dann musste er sich hinsetzen. Eine Stunde späterwar er meistens wieder einigermaßen „gut“, wenn er zur Entlastungden Finger in den Hals gesteckt hatte und ... Ihr wisst schon, was!Wir haben ihn einmal, so nach fünf Glas Pils, dieser Pils lähmte ihnanders, aber das ist eine andere Geschichte, überreden können zueiner Vorführung. Ach, Ihr lieben Leser, Ihr glaubt es kaum, diesesalles und noch viel mehr, ging mir in der kurzen Zeit des Bückensdurch den Kopf. Wobei es lediglich ein halbes Bücken war. Erstaun-28 Fieber, Wahn und Horror


lich nicht? Also, so auf halber Tiefe des Bückens zum Boden, zu denbeiden Pflaumen, zu dem Fallobst, angekommen, gab es einen heftigenBums, Knall und Sterne vor die Augen, dann eine kurze Dunkelheit,zurückweichen und …Ihr werdet es nicht glauben. Nun habe ich doch wirklich jedenlängeren Umweg in Kauf genommen. Die gewohnten Einkaufszeitenauf „für Berufstätige uneinhaltbar“ gelegt, und? Ja, ich gehe jetztauch in den teuren Supermarkt. Alles das habe ich bis zu diesemBums, Knall und Sterne vor die Augen und kurze Dunkelheit …erfolgreich durchgehalten. Ihr ahnt es schon? Ja? Ja, es stimmt! Vormeinem flimmernden Sternenhimmel taumelt sie. Presst ihre Handgegen die Stirn unter dunklen Wuschelhaaren und blinzelt mich ausdiesen meeresblauen Augen an.Die Apothekerin!Ich stürme sofort zum Regal gegenüber, wo gerade im Sonderangebot,noch ein Sonderangebot, Gartengeräte angeboten werden. Ja,Gartengeräte im Lebensmittelmarkt. In diesem Moment zur rechtenZeit und punktgenau hilfreich. Steht das vielleicht auch schon inmeiner Akte, Herr Marketingstratege, du, da hinter der Wand desPfeilers? Also, als nützlich erweisen sich die blechernenBlumentopfspaten, von denen ich mir zwei schnappe. Einen für dieApothekerin und einen für mich. Zum Pressen und Kühlen aufzulegenauf die Bumsstellen.So tanzen wir zur Freude der in solchen Fällen immer anwesenden,gaffenden Rentner und Rentnerinnen umher und verschluckenalle Schimpfworte, die normalerweise bei solchen Karambolagen indie Luft entweichen müssten. Das mag die Zuschauer ärgern, diemehr erwartet haben. So aber verteilt sich die Ansammlung unerwartetschnell wieder mit den Einkaufswagen auf die die Gänge derewigen Verlockungen und Laster. Vielleicht sollte ich wiederholen,<strong>Machofantasien</strong> 29


dass am hiesigen Segelhafen oder in Berlin, im KDWE, sofort imTeam aller Fachärzte um uns herum versammelt gewesen wären.Nun gut. Sie waren auch nicht nötig, und den Test mit einer vollendetenOhnmacht wollte ich mir ersparen. Ihr wisst doch warum!Nein? Das war der kleine Unfall am Segelhafen. Der Apothekerinbereitete ich beim Spazierengehen, rein theoretisch, einen Entenbratenvor. Bums, Fall, Ohnmacht und … ich war ohne Apothekerin,aber hatte mir die segelnde Arzttochter „eingefangen“.Diese Arzttochter zeigte sich nun wirklich als eine super Frau.In den vierzehn Hafentagen haben wir uns jeden Tag auf dem Bootgetroffen. An drei Segelwettertagen durfte ich auch mit hinaus zueinem kurzen Törn „vor die Haustür“. Sie bewies so gewandte Umgangsformen.Formen, ja Formen, wie sie durchaus Männerherzen,und so auch meines, begeistern können. Und so gebildet. So echthanseatisch und so echt hanseatisch gebildet. Eine echte Hamburgerin.Gebürtig! Kenner wissen, dass ein Hamburger dazu in derdritten Generation an der Elbchaussee das Licht der Welt erblickthaben muss, ja muss. Ansonsten läuft mit „gebürtig“ gar nichts. DieUrahnen meiner Arzttochter haben schon bei der Gründung derHandelskammer Hamburg mitgewirkt … und das ist immerhin nahezudreihundert Jahre her. Wer rechnen kann, wird herausfinden, wieviel Generationen Gene über Gene das sind. Da liest du den Shakespearewie andere die Dreigroschenromane. Allerdings unterscheidensich die literarischen Inhalte zu damals nicht sonderlich. Menschbleibt Mensch. Was gibt es da schon Neues zu beschreiben?Aber die Worte, die Worte und die Gedanken, niedergeschriebenby Heine oder Goethe. Nein, Goethe, Heine, Schiller. Da werdenWeiber zu Hyänen. Absolut spannend. Sechzehn Uhr dreißig.Tea time. Eine Zeremonie. Darin könnte, das vermute ich jedenfalls,sogar die Queen sich wiederfinden. Wow. Ihr Doktorpapa, natürlichder Eigentümer einer Privatklinik für … natürlich für standesge-30 Fieber, Wahn und Horror


mäßes Aufpolieren der menschlichen Oberflächen, bekam jeden Tagfeuchte Augen ob der Leuchtkraft dieser herrlichen Frau, seinerTochter.Also, keine Ohnmacht im Supermarkt, sondern eine Einladungzum Cappuccino. Zur Apothekerin. Ich verbrenne mir an dem Cappuccino,wie jedes Mal, denn unter der Sahne ist es lodernd heiß, dieLippen und die Zunge und den Schlauch zum Magen. Sie lacht. Siekennt das. Das ist mir bei dem Nachmittagstee noch nie passiert, undaußerdem wird der mit abgespreiztem kleinen Finger getrunken undnicht so plump aus der Faust … so als hätten wir in der Wohnungzehn Grad minus auszugleichen. Die Apothekerin strömte mir ihrzärtlichstes Mitleid zu. Es wirkte absolut echt. Na, ja. Eben Apothekerin.Wir zeigten uns gegenseitig unseren Holzschaden an der Stirnund lachten, kicherten, alberten herum. Sehr zum Ärger der Mieterum uns herum, und es klopfte von allen Seiten. Komisch, als damalsandere Geräusche aus diesem Zimmer kamen, war es rundherum umuns mucksmäuschenstill.Ich denke, Ihr lieben Leser, Ihr hättet Euch an meiner Stelleauch zu einem Cappuccino einladen lassen, oder? Nein? Es ist nichtmehr zu ändern. Ich habe es getan. Und dazu? Na klar. Ich habe ihrdie gesamte Segelgeschichte erzählt.Parallel zu unserer Ausgelassenheit und der Vertraulichkeiten,begann mein durchgerüttelter Holzklotz hinter der Schadstelle wiederzu arbeiten und fragte mich gehässig, wie er nun einmal strukturiertist, und immer beharrlicher, ob unser Zusammentreffen ein Zufallwar! Oder hatte sie mich ausgeforscht? Ha, ich könnte es verstehen!Sie ist mir bei geeigneter Gelegenheit hinterher? Mein Bücken wardie Gelegenheit für sie? Nein, nein und nochmals: Nein! Das Loch indie Plastiktüte habe ich zwar mit Sachverstand aber ungeschicktselbst gerissen. Was wäre gewesen, hätte ich mich zwischendurch,einfach mal so, weil mich ein Sonderangebot anlächelte, umgedreht?<strong>Machofantasien</strong> 31


Die Sonderangebote und auch die anderen Waren stehen zwar immeram gleichen Ort, damit ein Verlaufen ausgeschlossen ist. AberMänner wissen das nicht. Und wenn sie es wissen, dann merken siees nicht. Das wissen Frauen. Auch Apothekerinnen. Und die Gefahrfür sie, von mir vorzeitig entdeckt zu werden, war riesengroß. MeinGott, mein Gott, sind mir zu dieser wahnsinnigen Idee doch klugeWorte eingefallen, oder? Oder war der Bums so folgenschwer …Doch lest ruhig weiter. Ein wenig bleibt in dieser Kopfstoßepisodenoch zu erzählen.Egal, wie es wirklich war. Ich bin auf der Hut und eine Spurmisstrauisch. Höflich, wie ich nun einmal bin, und das nicht erst seitmeiner Segelbootlehrzeit, frage ich auch sie nach den Erlebnissen inder Zeit ohne mich und stelle fest, dass ich ihr fehle. Wow. Um denGraben zwischen uns noch geflutet zu halten, erzähle ich ihr, dassich jeden Tag einen Brief aus Hamburg erhalte, und? Ja, wir telefonierenauch jeden Abend dazu und lesen uns auch etwas aus derklassischen Literatur vor. Ja, ich jetzt auch. Mal sie, mal ich. Immerreihum. Manchmal schreiben wir uns danach auch noch ein Gutenacht-Mail.Nein. Manchmal ist gelogen. Wir schreiben uns zu jederNacht ein Gutenacht-Mail. Das hat sie alles bei mir nicht vermutetund lässt spontan ihre Freundin erkranken und lädt mich auf die nunfreie Karte zu dem morgigen Klavierkonzert ein. Beethoven. DasDritte und das Fünfte. Auweia. Wow. Auweia.Nein, ich kann morgen Abend nicht als Ersatz für ihre Freundineinspringen. Nein, das geht wirklich nicht. Soll ihre Freundin sich einpaar Pillen mehr einwerfen und sich wärmer anziehen. Ich? Ichwüsste garantiert keine Krankheit, die mich von dem Konzert abhaltenkönnte. Komm, komm. Die Liebe zu meiner Hamburgerin istkeine Krankheit. Ihr lieben Leser, oder doch? Ihr konntet mir nichthelfen, und so hatte ich meine Entscheidung hilflos, hilflos, wie ichbei solchen Gelegenheiten nun einmal bin, ganz alleine zu treffen. Ja,wir telefonieren jeden Abend pünktlich von 20.30h bis 21.30h. Dann32 Fieber, Wahn und Horror


kommt nämlich der Papa aus der Klinik. Ne, habe noch keinenAbend ausgelassen. Dafür gab und gibt es auch keinen triftigenGrund. Jedenfalls bisher nicht. (Alfred Brendel und Beethovens KlavierkonzerteNummer Drei und Nummer Fünf. Das ist wie, ja wie? Das ist alswie wenn, so würde der Hamburger sagen, das ist als wie wenn Beethovenpersönlich dort an dem Flügel säße. Das ist als wie wenn Topf und Deckel.Das ist als wie wenn Kopf und Arsch. Das ist als wie wenn Rubinstein undChopin. Jedenfalls für mich. Obwohl, der Wladimir Askenazy … das ist dieLösung, wenn auch …)„Du, der Alfred Brendel ist wirklich ein Ausnahmepianist.Ehrlich klasse. Der Krankheit Deiner Freundin ist wirklich nicht zuverzeihen. Ich könnte heute Abend Karin fragen, ob sie vonHamburg, ist ja ´ n Katzensprung, bei der Chance mit dem Autohierherkommt. Ihr geht dann zusammen. Wenn ich ganz ehrlich bin,dann passen für mich der Askenazy und der Beethoven besserzusammen. Sorry, aber ist doch eine gute Idee, was?“Was soll ich Euch jetzt noch viel erzählen, Ihr lieben Leser?Ich kaufe wieder als wie wenn zu alt gewohnten Zeiten ein. Ichkaufe auch wieder in allen mir vertrauten Läden ein. Wieso? Dastaunt Ihr, was?Ja? Meine Apothekerin und ich? Ja, wir winken uns freundlichzu, wenn wir uns zufällig sehen. Und? Ja, ja, ja, ach so. Ich telefoniereabends nicht mehr. Meiner Literatur- und Musik- und für allesund jeden Fall als-wie-wenn-Professorin habe ich ein Mail geschrieben,dass ich ihretwegen eine Einladung zu einem Konzertabend mitAlfred Brendel, von mir genannt „Der Beethoven“, abgesagt hätte.Ich fühlte förmlich durch den Draht, wie sie, die Kunstkennerin,in Liebe zu mir erglühte. Dann verpasste ich ihr den kalten Guss,und sie erstarrte augenblicklich.<strong>Machofantasien</strong> 33


„Nach reiflicher Überlegung, meine Liebe, kann ich es mir niemalsverzeihen, dass ich die Einladung nicht angenommen habe.Wir können jederzeit telefonieren. Doch Alfred Brendel tritt von derBühne ab. Nie mehr live. Bei aller Wertschätzung für Dich …Auch ein Briefwechsel oder gar ein Telefonat könnten diese Wundenicht mehr schließen!“Genial, was? Ich war wieder frei. Danke Alfred Brendel.Danke Wladimir Askenazy. Danke, ihr gefallenen Pflaumen.Manchmal denke ich, dass solch ein Kopfstoß in einem Supermarkt,direkt an einem Pflaumenregal, doch sehr heilsam sein kann,oder?34 Fieber, Wahn und Horror


Ente süßsauerGenial, nicht wahr? Das muss gleich zu Anfang dieser Episodenoch einmal betont werden. Geschickt hatte ich die Situationen aus„Der Kopfstoß“ für- und mit- und gegeneinander genutzt.Es wäre mir selbstverständlich, das könnt Ihr mir glauben, besondersäußerst peinlich gegenüber diesen beiden Virtuosen auf demKlavier gewesen. Wenn Brendel auf dem Klavier Beethoven spielt,dann ist es mir, als ob Beethoven dort säße. Wenn Ashkenazy Beethovenspielt, dann ist es mir, als ob Beethovens bester Schüler, seinLieblingsschüler, ihm vorspielt. Versteht Ihr, Ihr lieben Leser, wasich meine? Wenn ja, dann ist es gut. Wenn nein, dann ist es auch gut.Denn Ihr hattet Euch ja nicht, so wie ich, aus einer zweifachenKlammer zu lösen. Wladimir hin. Alfred her: Und ich war sowohlbefreit von der Apothekerin als auch von der hanseatischten allerHanseatinnen.Wer meine Episoden unter dem Zeichen der Apotheker fleißiglesend mit verfolgt hat, der weiß, dass mich zunächst die Apothekerinin ihren Bann zog. Eine am Segelhafen gesichtete Ente verlocktemich zu der spontanen Idee eines Entenbratens, den ich sofort derApothekerin kundtat. Dieses kulinarische Angebot reizte sie so sehrzu spontanem Ekel und zu körperlicher Gewalt an mir, dass ich ohnmächtigzu Boden schlug.Diese Ohnmacht wiederum warf mich schlussendlich in die gebürtigeHochkultur der Hanseaten in der verführerischen Form einerArzttochter. Einem Töchterchen, das mit ihrem Vater auf dessen Segeljacht,die hier zwischen den Pfählen, Blicke anziehend, fachmännischvertäut lag, jedermann im Hafen begeisterte. Doch das erfuhrich erst so nach und nach … und konnte es sehr gut nachvollziehen.Es war eine wirklich sehr interessante Erfahrung für mich, dass eine<strong>Machofantasien</strong> 35


tief gehende, ja intensive Beziehung, ausschließlich in Form des kulturellenFleisches geistiger Konsistenz sich glühend, flammend, verzehrendund lockend entfalten kann. Ja, dass ich geradezu gefesseltwar von dem Gedanken, dass wir uns am Telefon, am Mail auszutauschenpflegten. Goethe, Schiller, Beethoven und Mozart. Nein,nein, nein. Wir bewegten uns nicht nur mit den unendlichen Erkenntnissenund Datenströmen des World Wide Web in der Welt vorrunden 200 Jahren, nein. Wir analysierten sehr wohl die RollingStones, die Beatles, den gesamten Prozess des Pop und Rock undBlues. Wir verglichen sehr wohl Thomas Mann, Bertold Brecht,Günter Grass, Heinrich Böll, Dittsche und Der private Schnüffler.Doch eines wurde mir dabei unumstößlich durch meine süßeProfessorin klar: Die Reinheit des Umfeldes, die Klarheit der Gedanken,der Genuss, kein Produkt der alles und jedes gedachten Gedankenzu sein, finden wir wohl nur noch unverfälscht beim guten altenDante in seiner Göttlichen Komödie, dem Ursprung allen Schaffens.Nahezu seit dessen genialen Ergüssen ist meine Arzttochter gebürtigin Hamburg. Also kein Wunder, sondern Gene, Gene, Gene.Ach, Ihr lieben Leser, so wie mich mehr oder weniger urplötzlicham Segelhafen das hochgeistige Gut ereilte, so war ich auch vonjetzt auf gleich nicht nur erfüllt, sondern abgefüllt und sehnsuchtstrunkennach Einsamkeit und nach selbstständigem Denken. Da kammir dann das einmalige und letztmalige öffentliche Konzert vonAlfred Brendel als Waffe sehr gelegen.Danach? Ach, wie gemütlich habe ich mich auf dem Sofa ausgestreckt.Ach, wie genussvoll habe ich Glas um Glas einen vorzüglichenroten Bordeaux aus dem Jahre 1996 getrunken. Ob das Jahr1996 ein gutes Weinjahr war? Was weiß ich, ob das Jahr 1996 eingutes Weinjahr war. Mir tat der Rote richtig gut. Mir schmeckte derSaft der roten Traube nicht nur, sondern er mundete vorzüglich. Ja,ich muss dazu auch noch sagen: Nach den Turbulenzen der jüngsten36 Fieber, Wahn und Horror


Zeit schmeckte mir sogar mein selbst gekochtes Essen lecker; undnicht nur mir. Mein Himmel un Ääd war selbst zu meinen Nachbarnmit verführerischen Düften hinüber geschlichen. So unter Zäunenund Fenstern, Türen und Ritzen hindurch, hinein über Münder, Zungenund Nasen auf die Essenszellen und … Hunger, Hunger, Hunger.So koche ich heute, also richtig am heutigen Tag, für Mutter,Vater und Tochter nebenan mit.Ein guter Freund, der mich vor einiger Zeit gute 14 Tage besuchte,hat mir zu meinen Nachbarn folgendes Gedichtchen hinterlassen:Blick zum NachbarnDes Nachbars Tulpen eine Pracht,die Rosen knospen nun mit Macht.Des Nachbars Blumenbeet, es strahlt,Stiefmütterchen wie hingemalt.Des Nachbars Kirschbaum blühet weiß,der Apfelbaum mit gleichem Fleiß.Des Nachbars Garten, vorbildlich,weil er zu ihm fast mütterlich.Des Nachbars Kind, wollt ihrs raten?Es steht dort links, dort am Spaten!Wie mit des Künstlers Hand gemalt,schuf der Nachbar wie Eden strahlt.<strong>Machofantasien</strong> 37


Die Tochter wirkt in hölzern Pracht,hier zeugten and´rer Gene Macht.Einen Buckel, krumme Beine,Ohren wie dem Esel seine.Auch die Nase wie ein Säbel,drunter Härchen wie Clark Gable.So spendet Dir unsre Natur,ein knarrend Brett und auch Purpur.Ich halte seinen Eindruck zu meiner Nachbarschaft für außerordentlichübertrieben. Wirklich. Wahr ist, dass mein kleiner Gartenhinter dem Haus von dieser Nachbarschaft sehr profitiert. MeineNachbarn legen mit Hand an in meiner Natur. Kaum lasse ich michmit Gartengeräten sehen, dann stehen schon helfende Hände bereit.Ratschläge fliegen sowieso über den Zaun oder kommen direkt durchdas nie verschlossene Gartentor. Ich war sogar für einen städtischenPreis vorgesehen. Ja, wirklich. Ich bin allerdings zu den Juroren hinund habe denen gebeichtet. Feine Art von mir, oder?Gut, dass sie dafür von meinen Birnenbäumen, meinen Himbeeren,meinen Stachelbeeren, meinem Rhabarber profitieren, ist nurrecht und billig.Übrigens, das Kompott aus den Supermarktpflaumen mit denÄpfeln meiner Nachbarn, gekocht von der Nachbarin Tochter Hand:einfach unschlagbar. Wirklich. Unschlagbar. Und noch nebenbei: dieKirschen zum Grießpudding. Da könntest du schon beim Anblickwirklich die Selbstbeherrschung verlieren. Unschlagbar ist auch dervon ihr aus deren Äpfeln gekochte Apfelmus, der nun wiederumunabdingbar zu meinem heute zu kochenden Gericht gehört.38 Fieber, Wahn und Horror


Meine Zutaten für Himmel un Ääd:Das alles sind die ungefähren Mengen für meine drei Nachbarn undmich und für den immer ungeplant eintreffenden Besuch. Wenn keinBesuch kommt und ihr oder die Nachbarn gar nicht mehr mögt, dannfreuen sich Hunde, Katzen und wer hat … Möwen.1000 g Kartoffeln1,5 l Wasser10 g Salz1000 g Äpfel … Für den Mus prima sind Äppel,die auf jeden Fall vom Nachbarn stammen müssen …2 El Zucker2 El Zitronensaft150 g Speck5 - 7 Zwiebeln300 ml Milch50 g Butter, 1 Tl. Salz1000 g Blutwurst1000 g LeberwurstMeine Zubereitung:Kartoffeln schälen und vierteln und kochen. Wenn die Kartoffelndann gar sind, dann stampfen und mit Milch, Butter und Salz zuPüree schlagen.Zum Apfelmus müsst Ihr die Tochter meiner Nachbarn fragen oderEuch einfach ein Glas aus dem Supermarkt holen. Der schmeckt abernicht so gut, das sage ich Euch gleich.Auf den Teller kommt dann mit einem „Zack“ das Kartoffelpüree,daneben mit einem „Klacks“ der Apfelmus. Den in der Pfanne ge-<strong>Machofantasien</strong> 39


meinsam mit den Zwiebeln gebratenen Speck wirbelt Ihr über dieBlut- und Leberwurst, die natürlich in einer anderen Pfanne zeitgleichgebraten wurde und jetzt schon auf dem Teller duftet. WennEuch dann die gesamte Verteilung auf dem Teller wie, sorry, „hingeschissen“vorkommt, dann könnte Himmel un Ääd so lecker schmeckenwie bei mir.Aber, wenn Ihr, Ihr lieben Leser, die Zubereitung beim erstenMal noch nicht so richtig hinbekommen habt, dann werft Ihr dasRezept (zusammen mit dieser Episode) vielleicht aus dem Fensterund das Gericht wie oben beschrieben gleich zu den bereits genanntenTieren … wenn die das dann aber lebend überstehen … versuchtihr es vielleicht noch einmal. Das gelingt, wenn nicht schon hungrigeund neugierige Spaziergänger das hinausgeworfene Rezept mitgenommenhaben.… Freude schöner Götterfunken … erklingt es im Tenor aus berufenemMunde, von Karajan dirigiert, von den Berliner Philharmonikerngespielt, aus meinen Lautsprechern herunter von einer CD …Wie Ihr seht, Ihr lieben Leser, es ist nicht sämtliches Kulturgut hoffnungslosverschwunden, gar untergetaucht. Nein, nein, nein. Ichscheue mich ganz und gar nicht, diesen musikalischen Leckerbissen,die 9. Symphonie von Beethoven, mit meinem rheinischen Essen,Himmel und Ääd, musikalisch zu verbinden, ja zum Hochgenuss zuführen.So ist es fast an den Buchstaben dieser Worte nachvollziehbar,dass ich im Eifer dieses Gefechtes das erste Klingeln an der Haustüreüberhöre. Erst, als der elektrisch erzeugte Ratterton von heftigemKlopfen begleitet wird …… alle Menschen werden Brüder …… seid umschlungen Millionen …40 Fieber, Wahn und Horror


Ich öffne die Tür und werde umschlungen. Nicht von Millionen,aber von einem Kaschmirpullover, von verlockendem Duft aus derNase von Jil Sander und von zärtlichstem hanseatischen Gengut.Die Professorin!!!Ein Küsschen links, ein Küsschen rechts, ein Küsschen links,komm doch herein, ach, duftet es hier gut, ach, die 9. von Beethoven,deshalb hast du, mein Guter, mich nicht gleich gehört, erwartest duBesuch, nein, ich koche für die Nachbarn mit, ach, für die Nachbarnmit, ja, Himmel und Äd, bleibst du zu Tisch, ist genug für alle da,oder hast du schon gegessen, aber nicht von meiner Hand gekochtund schon gar nicht Himmel und Äd, lecker, lecker, lecker.Und so vieles mehr Gesagtes oder Ungesagtes? Wer weiß dasschon so genau in einem solchen Moment zu unterscheiden, ob wiruns in gemeinsamer Wiedersehensmacht vollgesäuselt oder gedankenschwerangeschwiegen haben. Weil meine Nachbarn auch Hungerhaben und das Sprösslein der hanseatischen Erbfolge einen mirbisher nicht bekannten Appetit entwickelt, fülle ich den angedachtennachbarschaftlichen Futteranteil aus den Töpfen und reiche ihn flugsüber den Zaun. Selbst ziehe ich mich, meine Fehleinschätzung derFassungsmenge ihres 100-Liter-Magens sehend, auf ein „ich kannheute gar nichts herunterbekommen“ zurück. Dabei sehne ichschmachtend jedem Stückchen hinterher, das sie in Windeseile verschlingt.Gut, das Lob „Du bist ein super Koch“ bleibt mir erhalten.Sie verzehrt und spricht mit abgespreiztem kleinen Finger, verstehtsich. Wie beim Tee trinken. Ich komme erst zum Spreizen beimgekauften Cerealien-Joghurt, den sie im Moment verschmäht, weilsie sich den Geschmack von meinem vorzüglichen Himmel-un-Ääd-Gericht nicht verderben möchte.<strong>Machofantasien</strong> 41


Dann ist sie auch schon wieder an der Haustür. Kaschmirpullover,Jil Sander, hanseatisches Gengut um meinen Hals, Küsschen links,Küsschen rechts und Küsschen links. Warum sie zu mir gekommenist? Das weiß ich nicht zu erzählen. Nein, ehrlich nicht. Es mag sein,dass sie sich nicht so wirklich für den begrünten Bauch der Segeljachtinteressiert, die in der Scheune von Bauer Prüß, in der schon seit ewigenZeiten kein Stroh und kein Mähdrescher und kein Pflug mehrPlatz finden, aufgebockt überwintert. Da legt nur der Herr PapaHand an die Oberfläche aus Plastik; wie in seiner Klinik bei denalternden Schönen.Taktvoll haben meine Nachbarn mit ihrem Dank und Lob fürHimmel und Ääd gewartet, bis der weiße Sportflitzer, ähnlich geklontwie diese Hanseatin, sich mit BrummBrummBrumm und nochmalsBrummBrummBrumm entfernt hatte.Köstlich. Köstlich. Wir trinken zusammen einen wunderbar starkenKaffee. Und der selbst gebackene Pflaumenkuchen aus der Handder Mutter des Hauses: köstlich. Das Töchterchen tupft mir sozusagenals I-Tüpfelchen einen Klacks steifer, weißer Sahne auf dieFrucht … Wow … Die nun folgenden Witze des nachbarlichenHausherrn sind zwar abgehangen, doch wir lachen, was das Zeughält und dass sogar herzhaft. Er weiß sie uns mit der gleichen Perfektion,wie er seinen Garten betreut, so als durchaus mit gewissemReiz anzuerkennender Loriot, vorzutragen und uns somit außergewöhnlichzu vergnügen. Als wir uns durch die Gartentür verabschiedenund uns noch einmal zuwinken, als würden wir uns nunJahre nicht mehr sehen, spüre ich, dass der gesamte Kaffeezauber fürmich, ja extra für mich, in Szene gesetzt wurde. Danke, ihr liebenLeute. Wenn ihr meinen Garten mit Erd´ und Frucht euer eigennennen wollt, dann greift jetzt zu. Das hätte ich am liebsten gesagt.Wenn einem also Gutes widerfährt,dann ist es schon einen 96er Roten wert.42 Fieber, Wahn und Horror


Ich habe gerade den Wein in meine einzige, jedoch in schlichterEleganz unübertroffene, Karaffe eingefüllt, nein, selbstverständlichdekantiert, da klingelt es schon wieder an der Haustür. Meinen erstenGedanken, auf abwesend zu machen … verwerfe ich allerdings sofortwieder. Es leuchtet mein Wohnzimmerlicht gut sichtbar nach draußenund das bei leerem Haus. Das ist eher unüblich, wenn niemand,speziell bei mir, daheim verweilt. Ja, es gut Meinende, kämen vielleichtsogar auf den Gedanken, dass mir etwas zugestoßen sein könnteund riefen die bekannten Notdienste. Da wiegt gute Tat am Endesehr teuer. Also, was ist zu tun? Klar, du gehst zwar widerwillig aberdoch zur Haustür. Da mich die Dunkelheit draußen durch die dicke,verzierte Glasscheibe der Haustür nichts Konkretes erkennen lässt,fliegen mir, während ich noch den richtigen Schlüssel für das Türschlosshektisch und nervös suche, tausend Gedanken zu möglichenoder ganz und gar unmöglichen Besuchern durch den Kopf. Dieseeinzelnen Gedanken, die will ich Euch, Ihr lieben Leser, obwohl esmir zuzutrauen wäre, heute nicht mehr in Schriftform zumuten.Vielleicht davon nur diese wenigen:Die Hanseatin etwa noch einmal? Zuzutrauen wäre ihr das!Aber ohne Auto? Denn das BrummBrummBrumm ihres Bleifußeshätte ich vom Wohnzimmer aus gehört. Bernhard? Wilhelm? Peter?Richard gar? ... Und was erkenne ich jetzt bei endlich geöffneter Türund im eingeschalteten Flurlicht:Blaue Augen unter dunklen Wuschelhaaren strahlen mich zwarfröhlich aber auch etwas unsicher an!!! Eine kleine, zarte Handstreckt mir zaghaft eine mittelschwer ausgefüllte Plastiktüte aus (berüchtigt)bekanntem Supermarkt entgegen. Aha? Die Plastiktütewärmt meine Hände! Aha? Also keine in Karton verpackten Pflaumen!„Ich habe uns vom Deinem Chinesen gebratene Ente in süßsauermitgebracht. Hast Du Appetit?“<strong>Machofantasien</strong> 43


PromenadenszeneHeute will ich Euch, Ihr lieben Leser, von einem kleinen hochsommerlichenErlebnis auf einer Strandpromenade erzählen. Damites eine Kurzgeschichte bleibt, springe ich mitten hinein, aber nichtvom Fahrrad, auf dem ich sitze und meinen Gedanken nachhänge.Was heißt hier Gedanken nachhängen? Ich bin ein Mann und alsMann, während ich meinen Gedanken nachhänge, kann ich anNichts denken. Jawohl, an Nichts. Ihr männlichen Leser werdetdiesen ewigen Zank mit der weiblichen Hälfte kennen, die das nämlichnicht wahrhaben wollen, weil sie es einfach nicht können oderkapieren können. Frauen können nicht an Nichts denken. Wir könnendas, und das ist gut so.So, nun zurück zu meiner Kurzgeschichte. Ich fahre also mitmeinem Fahrrad auf der Strandpromenade, vor den Dünen, so gleichrechter Hand, wenn ihr es genau wissen wollt. Der Strand ist so angelegt,dass du ihn von der Promenade aus nur an den wenigen Eingangswegeneinsehen kannst. Ansonsten schaust du auf ein Meer vonHagebutten und Sanddorn und Häschen und Birken und auf dasNatureum mit seinen Wald-, Moor- und Wiesengebieten … Ihr kenntdas ja alles schon von mir. Also, ich schaue nicht auf das Wassermeer,sondern auch auf grasende Kühe, die zum Teil mit ihren Euternoder Säbeln bis zum Bauch im Moor versinken, dort wiederkäuenund es irgendwie doch immer wieder schaffen, sich fortzubewegen.Von den Hasen, ach ja, hatte ich schon erzählt. Und vondem von den Eingangswegen aus zu sehenden Dünensandstrand,dem Kinderlachen, den Strandkörben, von den Vätern, Ihr wisst es,die mit dem Dosenbier und natürlich von meinem Lieblingsthema injedem Sommerjahr: den himmelwärts gespreizten männlichen undweiblichen Schenkeln. Ich muss mich jetzt zusammenreißen so beimNichts denken und kehre jetzt endgültig auf mein Fahrrad und aufdie Promenade zurück.44 Fieber, Wahn und Horror


Ein Ehepaar mit Kind geht vor mir. Zu Fuß schlendernd. DasMädchen, so in etwa um die 10 Jahre jung und die Eltern, so in etwaMitte dreißig. Diese drei Leutchen sind bestimmt schon 14 Tage tagtäglicham Strand gewesen, denn sie tragen eine solide braune Hautzu Markte, besonders die beiden Alten der Kleinen. Und ich mussauch hier und direkt gestehen, dass die Mutter, vom Fahrrad aus vonhinten betrachtet, eine äußerst reizvolle Figur schwingen lässt und füreinen klitzekleinen gedanklichen Moment vernasche ich sie sofortund direkt hier auf dem Plattenweg. Natürlich, heftig, geil. Das könnenwir Männer übrigens ebenso fantastisch wie an das Nichts denken.Während ihr Frauen mehr so das Praktische und Wirklichewollt, könnten wir so im Allgemeinen mit der Fantasie zufriedensein. Also, diese Mutter stolziert sehr ansprechend voran, ja, vortrefflichgebaut.„Ich will aber noch nicht ins Hotel zurück. Es ist gerade so schönhier am Strand. Und die Rita von der Burg …“„Sei doch endlich still. Allein kannst Du nicht bleiben dort, und wirmüssen und wollen ein bisschen ausruhen.“Ich fahre jetzt, irgendwie ahnend, was kommen könnte, natürlichsuperlangsam, denn als gestandener Vater und Großvater interessiertmich das schon, wie sich die beiden Alten aus der Affäre ziehenwerden.„Papa, warum müssen wir jetzt reingehen? Ich hätte doch auch beiRita und den Eltern bleiben können. Die sind doch so nett.“„Wir kennen die Leute doch gar nicht richtig.“„Papa, es ist doch erst zwei Uhr nachmittags, und das Wasser ist soschön warm und Rita …“<strong>Machofantasien</strong> 45


„Quaak, quaak, quaak. Wir gehen jetzt zum Hotel. Wir können dochspäter, so ´ne Stunde vor dem Abendbrot, noch einmal an den Strandgehen. Schau, Kleines, obwohl Du schon so schön braun bist, sindDeine Schultern von der glühenden Sonne gerötet, und Deine Nasefängt bereits an, ein wenig zu pellen. Baden und Sonnenbaden, dasschlaucht. Wir müssen alle Drei uns ein wenig ausruhen.“„Ausruhen! Ausruhen! Ausruhen! Das kenne ich doch alles schon.Ihr wollt nur wieder ficken!“Jetzt ging alles sehr schnell. Die rechte Hand des Herrn derSchöpfung, ansatzlos, blitzschnell und hart an die Wange des Mädchensgeschlagen, warf diese, klatsch, zu Boden. Fünf Sekunden absoluteRuhe der Verwunderung, dann brüllten Mutter und Vater undKind, ein jeder nach seiner Facon, durcheinander. Während die Mutterdie plärrende Tochter zu sich in den Arm hochhob, schrie ich:„Solche Arschlocheltern sind der Wunsch eines jeden Kindes!“Mit glühenden, kugelrunden Augen stürzte der Schläger aufmein Fahrrad und mich zu. Selbst geschockt und ein Feigling desMoments, trat ich so sehr fest in die Pedale, dass ich aus dem Standheraus Fahrt aufnahm und den boxenden Papa um ein Haar umfuhr.Ich kam also in diesem Sinne „noch haarscharf“ an ihm vorbei undin wilder Hast voraus. Er, hechelnd aber olympiareif, hinterher. Keinschlechter Läufer, so dachte ich noch und trotzdem, nach ungefährhundert Metern war ich frei von ihm, weil er nicht mehr wollte,konnte oder was auch immer. Jetzt dachte ich nicht mehr an Nichts,sondern Tausend Gedanken flogen mir gleichzeitig und paralleldurch den Kopf. Hätte ich das sagen dürfen? Hätte ich vielleichtabsteigen sollen, um den Alten einen Vortrag über Kindererziehungzu halten. Da verfügte ich über ein von meiner Frau unendlich gefülltesRepertoire. Hätte ich mein verkrontes Gebiss riskieren sollenals Kämpfer für die Gerechtigkeit? Und so weiter, und so weiter!!!46 Fieber, Wahn und Horror


Und so weiter??? Nun, gut und weniger gut. Uns als junge Eltern hates in den ersten Jahren auch zu jeder Tageszeit getrieben. Und wenndann die ungesehenen, aber deutlich zu fühlenden Liebesgewitterblitzean den dafür vorgesehenen Stellen einschlugen, dann musstenwir auch aufs Zimmer. Aber so? Schon denke ich wieder fast anNichts. Vor mir, die Sitzbank, sie wurde meine.Ihr kennt doch vielleicht den Film mit Arnie? Den Kultfilm „DerTerminator“? Ja? Wo er seine Umgebung und alles so per Computerblickabcheckt? Also parallel habe ich (somit fast an Nichts gedacht),jawohl, wir Männer können auch parallel denken, nicht nur ihr Frauenkönnt das. Blödes wissenschaftliches Gelaber von irgendwelchenWeicheeiern, die ihre oder die Frauen beeindrucken wollen. Alsoparallel habe ich gecheckt, den Jäger in den Genen spürend, dass ichdiesem Typen rein körperlich überlegen bin. Wenn der nicht in denasiatischen Kampfsportarten versiert ist, so wie es bei kleineren Leutenja häufiger vorkommen soll, dann kann der mich nicht! Wow!Den haue ich rein physisch betrachtet um.Also, ich setze mich auf die Sitzbank. Schneller als erwartet,habe ich die Blickrichtung auf die drei Leutchen. Töchterchen mitfeuchtem Gesicht an Mamas Arm und Väterchen drei Schritte vorausmit strengem Gesicht. Ich, mit erhobenem Haupte, zunächst sitzendund dann? Dann stehe ich auf, um mich ein wenig zu strecken, dasT-Shirt und die Hose ein wenig zurechtzurücken. Natürlich dasganze Gehabe nur, um dem ankommenden Hahn zu zeigen, wer aufdieser Promenade der King ist. Bei den beiden weiblichen Braunhäuten,so glaube ich, ein etwas ungläubiges, verstohlenes Lächelnzu entdecken. Da habe ich einen Stein im Brett, so denke ich noch,als dieser Macker tatsächlich auf mich zukommt. Für eine Flucht aufdem Fahrrad ist es zu spät. Vielleicht bleibt es bei ein paar Schürfwunden,einem blauen Auge, und die Kronen kommen heil davon.Ich weiß gar nicht, ob die Krankenkasse da einspringt, wenn ich jetztvielleicht doch stärker lädiert aus dem Match …<strong>Machofantasien</strong> 47


„Danke“, sagt er, „dass Sie gewartet haben. Ich möchte mich hiervor Ihnen und meiner Familie für mein Verhalten entschuldigen.Es tut mir sehr, sehr leid!“Innerlich sinke ich vor, ich weiß nicht was, zusammen. Äußerlichbleibe ich, zunächst jedenfalls, so glaube ich, völlig cool. Coolhabe ich schon vor Jahren von meinen beiden Jungs aufgeschnappt.Finde ich immer noch gut. Bleib cool Alter, sagten sie häufiger zumir. Und ihr werdet es vielleicht wissen oder glauben. Es hilft tatsächlich.Also bleib cool, Alter, sage ich zu mir. Sehr eindringlichüberzeuge ich so mich selbst und sage: „Was bieten Sie noch an?“Erst ist er ein bisschen sprachlos, die beiden Begleiterinnen sind eswohl auch.„Wir haben einen wunderbaren Roten auf dem Zimmer,kommen Sie mit?“Plötzlich umarmen wir vier Leutchen uns und lachen, was dasZeug hält. Der Rote lockt mich schon, doch es ist mir, genau wie derkleinen Lea, so heißt das Mädchen mit der mittlerweile dick geschwollenenWange, viel zu früh, um aufs Zimmer zu gehen.Ich lehne daher das Angebot dankend ab, wünsche noch einenschönen Tag und einen schönen Urlaub noch und schwinge mich,doch ein wenig erleichtert, aber nicht wirklich ganz froh, auf meinFahrrad und sause davon.48 Fieber, Wahn und Horror


Die Flucht der Sylter Austern„Also, Kameraden, seid Ihr denn taub? Hört Ihr nicht dieChampagnerkorken knallen und das ewige Schlürfen?Und das: Aaaah! Seid Ihr denn taub? Wenn meine Berichte stimmen,dann wurden dort von blanken Messern die Schalen unsererKameraden aufgepresst, dann in das offene Licht gelegt, von gierigenAugen bestaunt und von geilen Händen zum Munde geführt und …dann das: Aaaah!“„Wo sollen wir denn hin? Das Meer ist so unendlich groß. Und hierbekamen wir regelmäßig unser Futter. Nun ja, wir sind jetzt zwarnicht mehr in diesen engen Drahtgeflechten, aber ich, ich jedenfalls,ich habe Hunger und möchte sehr, sehr bald etwas in den Magen!“„In den Magen, in den Magen, in den Magen. Wir sind jetztzunächst einmal auf der Flucht vor den Mägen. Vor den Mägen derewigen Syltaner. Da sprichst Du von Hunger!? Von knurrendemMagen. Freiheit heißt auch, sich selbst versorgen. Sich selbstverantworten. Es mag sich ja wohl fressen in der Obhut der Jäger,doch das Ende ist nach dem Knallen der Champagnerkorken dasMesser und dann die Augen und dann, dann wirst Du geschlürft!“„Wir haben Hunger! Wir haben Hunger! Wir haben Hunger!“„Was wollt Ihr? Freiheit oder Futter?“„Wir haben Hunger! Wir haben Hunger! Wir haben Hunger!“Was wollt Ihr? Sie schlürfen uns alle!“„Wir haben Hunger! Wir haben Hunger! Wir haben Hunger!“Was wollt Ihr? Wollt Ihr den totalen Verlust?“„Wir haben Hunger! Wir haben Hunger! Wir haben Hunger!“„Nun dann. Die Demokratie will den Korb. Auf und zurück!“<strong>Machofantasien</strong> 49


VerlagswortWir freuen uns sehr, dass wir erneut für unseren Autoren <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong><strong>Franzen</strong>, zum dritten Mal, den Traum vom eigenen Buch/eBookWirklichkeit werden lassen konnten und bedanken uns für das entgegengebrachteVertrauen sowie das größte Gut eines Schreibenden –sein Manuskript, welcher Idee, durch dieses Buch nun Leben eingehauchtwurde.„<strong>Machofantasien</strong>. Fieber, Wahn und Horror“ für den Liebhaberder außergewöhnlichen Buchstabenkunst. Extravagante Reime undPoesie, durchaus aus dem Leben gegriffen, skurrile Shortstorys, diedas Blut in den Adern gefrieren lassen, erschreckende Gedankengängemit sexuellen Fantasien, die Taten folgen lassen oder aber aucheine Inbrunst an Gefühlen der fleischlichten Lust untermalt mit einemgalanten Gentleman-Lächeln. <strong>Machofantasien</strong> lässt humorvollden weichen Kern unter der harten Schale blitzen und umschmeicheltdie Sinne im wortwörtlichen Zeitgeist. Ein gelungener, subtilerAkt vom FieberWahnHorrorSeptett, welcher die sieben Charaktere:Rattenfänger, johannf, Lackaffe, <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>, summerKHF,Der private Schnüffler, Schatzgräber, vereint im Siegerwerk dermännlichen Facetten. Die wohl individuellste like a man Versuchung,seit dem es Sextett & <strong>Franzen</strong> gibt. Viel Vergnügen beim Schmökernder <strong>Machofantasien</strong>, die sich im Fieber, Wahn und Horror präsentieren.Danke für den Erwerb von <strong>Machofantasien</strong>, und dass wirdurch dieses eBook Ihr Leseinteresse wecken durften, auch im Namendes Autors <strong>Karl</strong>-<strong>Heinz</strong> <strong>Franzen</strong>. „<strong>Machofantasien</strong>. Fieber,Wahn und Horror“ ist als eBook erhältlich. Sonderdrucke als Buchunikatein edler Hardcoverbindung sind auf Anfrage für 39.- € bestellbar(Einzelanfertigung). Das eBook ist unter der ISBN 978-3-940119-66-7 für 19,95 € zu beziehen, beim Autor www.kh-franzen.deim www.artofbookshop.com dem Verlagsbuchshop von art of arts.<strong>Machofantasien</strong> 535


Verlags-BuchprogrammBücher & eBooksbisher erschienen seit 2006 bis 2011Bücher der art of books collectionart of words - Band 1 Buch eBookart of mind - Band 2 Buch eBookart of heart - Band 3 Buch eBookart of mystery - Band 4 Buch eBookart of man – Band 5 Buch eBookart of women – Band 6 Buch eBookart of poetry – Band 7 Buch eBookart of xmas – Band 8 Buch eBookart of kids - Band 9 Buch eBookart of magic - Band 10 Buch eBookart of erotica – SoBand 1 Buch eBookart of crime – SoBand 2 Buch eBookart of live – SoBand 3 Buch eBookBücher einzelner Autoren / AutorinnenDas Zauberwort DAS Buch eBookDie wahnw. m. GeschenkefibeleBookOhnemilch / Agent 0815 Buch eBookPerfekt – DefekteBookUnglaubliches unter uns Buch eBookGPS-Millionenjagd Buch eBookourStory Buch eBookgeDANKE ... be your reality Buch eBookErdennebel in eisblau Buch eBookourStory2 Buch eBookDie Rose des Todes Buch eBookImpulse Buch eBookWechselhaft heiter bis wolkig Buch eBookUnselbsteBookAlltägliches Allerlei Buch eBookProphetische Spiritualitäten Buch eBookIm Eifer des Geschlechts Buch eBook536 Fieber, Wahn und Horror


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