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DIE KIRCHE ZU ST. GABRIEL IN MÜNCHEN

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Abb. 1 ! St. Gabrielskirclie zu München j Architekten: O. Kurz und E. Herbert, München j Bildhauer: Erwin Kurz, MünchenDi, Figur St. Gabriels ist 7,50 m groß; er ist phantomhaft aufgefaßt, daher in so großem Maßstab. Maria ist noch das Menschenkind, daher, nachAngaben der Arcfiitekten, in die Architektur einbezogen.<strong>DIE</strong> <strong>KIRCHE</strong> <strong>ZU</strong> <strong>ST</strong>. <strong>GABRIEL</strong> <strong>IN</strong> <strong>MÜNCHEN</strong>ARCHITEKTEN: O. KURZ UND E. HERBERT, <strong>MÜNCHEN</strong>Wie das kirchlich-religiöse Leben an überlieferte Kultformengebunden ist, so ist auch unser Kirchenbau an bauliche Überlieferungeng geknüpft. Selbst wenn der Baumeister an neuzeitlicherFormgebung geschult ist und neuzeitliche Gestaltung bevorzugt— die Aufgabe, eine Kirche zu errichten, hat sich inBezug auf den Zweck wenig oder gar nicht gegenüber der Vergangenheitgewandelt. Nicht jede Kirche wiederholt heute inenger Anlehnung romanische, gotische oder barocke Einzelheiten;14513W. M. B. XI 4


aber die Grundformen derRaumanordnung bleiben imwesentlichen die gewohnten;Grundriß und Querschnitt zeigendie althergebrachten Typender Basilika, des Zentralbauesusw. (vgl, auch die Abbildungenauf Seite 153 ff). Der Kirchenbauist trotz seiner stetigenEntwicklung nicht so sehr denTagesmoden unterworfen, wiedie anderen Gebiete der Baukunst.So zeigen die großen klarenMassen der Kirche zu St. Gabrielin München, die im vergangenenJahre nach Plänenvon Professor Otto OrlandoKurz und E. Herbert errichtetwurden, Anklänge an früheBasiliken; auch der durch dieJahrhunderte stets von neuemunternommene Versuch einerVerschmelzung von Langhaus-Abb. 2 bis 4 I St. Gabrielskirche zuMünchen / Architekten; O. Kurz undE. Herbert, MünchenNebenstehend: Blick durch das Mittelschiffzum Altar l Unten links: Gitterder Taufkapelle I Unten rechts: Bronzeportaldes Haupteingangsund Zentralbau wird wiederholt.Von sklavischer Nachahmunghält sich der Bau innenund außen frei.Zwar erinnert der Turmin seiner klaren prismatischenKörperlichkeit an frühe italienischeVorbilder, ist aber imGegensatz zu jenen frei nebendem Kirchenschiff emporragendenGlockentürmen in denKirchen-Grundriß einbezogen(Abb. 6); auch im ÄußerensindTurm und Kirche noch überder Haupt gesimshöhe miteinanderverbunden — ob dieseVerbindung besonders glücklichist, bleibe dahingestellt(Abb. 1). Die fesselnde Parallelitätzwischen dem Kirchturmund dem Treppenturm desKlostergebäudes ist vielleichtmit der Unterbrechung desgeschlossenen Baukörpers desKlostergebäudes durch denDas weiträumige Innere wird durcheine Holzbalkendeckeabgeschlossen.Das Presbyterium (-vgl. Abb. 6) durchein massives achteckiges Sterngewolbe146


Abb. 5 I St. Gabrielskirche zu München j Architekten: O. Kurz und E. Herbert j Ansicht an der Äußeren PrinzregentenstraßeDie Kirche ist eine Franziskanerkirche, also eine Bettelordens-Kirche; daher war eine einfache Lösung anzustreben. Das Äußere dieser drittgrößten Kirche Münchens istin Ziegelrohbau unter Verwendung von Muschelkalk ausgeführtschwächeren Treppenturm <strong>ZU</strong> teuer erkauft. Etwas Neuartigesist mit dem Figuren seh muck am Giebel der Eingangsseite beabsichtigt.Die scheinbar willkürliche freie Verbindung von Plastik undMauer ist wohl an romanischen Kirchen öfters anzutreffen, aber dasGrößenverhältnis zwischen dem ins Riesige gesteigerten Engel derVerkündigung und der in eine Nische versetzten viel kleiner dargestelltenMaria weicht stark von der mittelalterlichen Überlieferungab; die Riesengestalt Gabriels wird in ihrer Wirkung noch dadurchgesteigert, daß sie durch das Hauptgesims des Giebelshindurchstößt und ihre Bedeutung durch die inmitten des sonstleer gelassenen Giebelfeldes durch die Taube in der Achse desBaues nochmals hervorgehoben wird (Abb. 1 und 5).Ähnlich ist das Gitter der Taufkapelle (Abb. 3) neuzeitlichempfunden, während ihm gegenüber das Bronzeportal des Haupteingangs(Abb. 4) an romanische Kirchentore anklingt: in den(sehr hoch angebrachten) von Löwenhäuptern gehaltenen Klopfringenwie in dem Wechsel der die Feldermitten betonendenSymbole. Ebenso bewußt an Altes anknüpfend erscheint der Übergangaus dem quadratischen Presbyterium zum achteckigen Überbau(Abb. 2 f 5 und 6) durch die alte Form der Trompen, L. A.Hinter dem Paradies(Vorhalle)liegt die Totengruftder Franziskanermit Totenkapelleunterder Taufkapelle-Unter dem Presbyteriummit besonderemEingangvon der Bragstraßeliegen Ver~sammlungsräume.Die Hinzuziehungsolcher Versammlungsräumefür weltlicheZwecke findet sichhäufig bei bayrischenKirchen,die in den letztenJahren errichtetwurden.Das Schwesternheiman derBraystraßekam bisherwegen Geldmangelnicht zurAusführung;ebenso mußtenvorerst die geplantenMosaikender Altarnischeund die Malereienan denWänden zurückgestelltwerden.Abb. 6 j St. Gabrielskirdie zu München / Ardiitekten: O. Kurz und E. HerbertGrundriß des Erdgeschosses I Maßstab 1:100014?


Abb. 7 I St. Gabrielskirche Manchen / Architekten: O. Kurz und E. HerbertBlick gegen den Eingang zur TaufkapelleAbb. 8 1 St. Gabrietskirche München j Architekten: O. Kurz und E. HerbertBlick ins SeitenschiffVORSCHLAG <strong>ZU</strong>R NEUGE<strong>ST</strong>ALTUNG DER NÖRDLICHEN UMGEBUNGDER DOM<strong>KIRCHE</strong> <strong>IN</strong> SPALATOVON WERNER SCHÜRMANN, DÜSSELDORF-KAISERSWERTHDer älteste Teil der jugoslavischen Stadt Spalato ist das indie gewaltigen Reste des Palastes des römischen Kaisers Diokletianhineingebaute mittelalterliche Stadtgebiet. Mitten in dem Gewirrder vielgeschossigen Häuserkomplexe, die durch die engen Schlitzeder Gassen durchschnitten sind, liegt das Mausoleum des Kaisers,die heutige Domkirche der Stadt, An der Nordseite dieses durchAbb. 1 und 2 J Umgebung der Domkirche in Spalato j Links: heutiger Zustand I Rechts; Vorschlag zur Umgestaltung148


Alter, Material und Formschön hei t ausgezeichnetenBauwerks stand ein ineinfachen Formen aufgeführter bischöflicherPalast. Während der ersten Dezennienunseres Jahrhunderts entbrannteein harter Kampf der Meinungen überdie Notwendigkeit, dieses Gebäudeabzubrechen. Auf der einen Seite indiesem Kampf der Geister standen dieIngenieure, die für den Stadtteil Zufuhrvon Licht und Luft und Verkehrsverbesserungerhofften, an ihrer Spitzeder Spalatiner Ingenieur Senjanovic;auf der anderen Seite bemühten sichdie Künstler und Kunstfreunde, ihnenvoran der um die Erhaltung undErforschung der Kunstdenkmäler Dalmatienshochverdiente Konservator MonsignoreDr, F, Bulic» dem sich als Gutachterauch Cornelius Gurlitt anschloß,um die Erhaltung des für die gutearchitektonische Wirkung des Mausoleumswichtigen Bischofspalastes.Der Streit fand sein Ende dadurch,daß der Palast im Januarl924 abbrannte.Der so entstandene heutige Zustand giltAbb. 3 ! Umgebung der Domkirche in Spalatoden Verfechtern beider Auffassungen alsModell des bestehenden ZustandesBeweis, die richtige Auffassung gehabtzu haben.Der durch die Abbildungen verdeutlichte Vorschlag zur Neugestaltungder Umgebung des Mausoleums will versuchen, dieForderung nach erweiterter Verkehrsmöglichkeit, nach vermehrterZuführung von Licht und Luft in das dichtbebaute Behausungsgebietmit den Wünschen nach schönheitlich befriedigender Lösungin Einklang zu bringen. Er gründet sich auf die Auffassung,daß die heutige verhältnismäßig große Freifläche, die nachdem Brande des Bischofspalastes entstand,als eine unnatürliche Lücke imOrganismus der Bebauung des Palastgebieteserscheint. Bei der Bearbeitungwaren folgende wesentliche Gesichtspunktemaßgebend: Einmal die Auffassungdes Erbauers des Mausoleums,der unmittelbar um diesen Zentralbaueine Art Umfriedigung in Form vonnischengeschmückten Wänden zur Schaffungeines geheiligten Raumes errichtethatte; sodann die eigene Erkenntnis,daß bei den großen Formen des römischenBauwerks untergeordnete Bautenzur Gewinnung eines Maßstabs erforderlichsind, wobei sie aber die Betrachtungsmöglichkeitdes Hauptbaus in seinerGesamtheit nicht beeinträchtigen dürfen.Die Stadt Spalato schenkt unter derkunstverständigen Leitung ihres BürgermeistersDr. Tartaglia der Frage der Regelungdes Zustandes beim MausoleumDiokletians ihre ganze Aufmerksamkeit,zumal sie sich bewußt ist, daß sie ein derganzen Kulturwelt wertvolles Kleinodverwaltet. Der vorliegende Vorschlagmöchte vor allem den Kreisen, die inihrer Freude über die durch eine Schicksalsfügunggewonnene Freifläche jedenGedanken an eine Neubebauung ablehnen, zeigen, daß eine solche,wenn sie in kleinem Umfange erfolgt, den Nutzen, den die freieFläche gebracht hat, nicht beeinträchtigt, den Schaden aber, densie brachte, wettzumachen in der Lage ist.Werner Schürmann, Düsseldorf-KaiserswerthStellvertretender Geschäftsführer des LandesplanungsverbandeaDüsseldorfMAU/OLEUMDlOCLETiANJET2T:MKIRCROMI/CHE BAUTEN U-RE/TCBEBAUÜN&Abb. 4 I Umgebung der Domfcirche in SpalatoPlan des bestehenden Zustandes149


<strong>DIE</strong>DORF<strong>KIRCHE</strong> <strong>IN</strong> MECKLENBURG-SCHWER<strong>IN</strong>VON ARTHUR BAALK, HAMBURGIm Küstengebiet der Ostsee sowie in einem breiten keilförmigin den Osten des Landes auslaufenden Gebiete herrscht in Mecklenburg-Schwerinder Backsteinbau vor, nördlich und südlich diesesKeiles der Feldsteinbau und im südlichen Teil des Landes derFachwerkbau. — Hinzu kommen die durch das ganze Land verbreitetenhölzernen Turmbauten (Glockenstühle), von denen überhundert erhalten sind.Der Backsteinbau, der den größten Anteil an den Denkmälernhat, weist die bedeutendsten und schönsten Bauten auf. Der Eindruckder Größe des hier tätigen Bauwillens wird verstärkt durch dashäufige Vorkommen einer sehr charakteristischen massigen Turmform—• des hohen Achteckhelms über vier Schildgiebeln (Abb. 1und 3). Diese gotischen Türme des 14. und 15, Jahrhunderts, diebei Dorfkirchen von der holländischen Provinz Friesland an überbeide Küsten Schleswig-Holsteins, über Mecklenburg, Vorpommern,Rügen und mit letzten Ausläufern noch im Deutschordenslande alsgeschlossene Gruppe vorkommen, haben in Mecklenburg ihremeisten Vertreter.Mehrere Kirchen in der Umgebung Wismars bekunden in ihrenZiermotiven deutlich einen engen Zusammenhang mit der WismarschenBaukunst. Ein Beispiel der nur ausnahmsweise vorkommendenfigürlichen Plastik ist das Kapitellband mit den 12 Aposteln amChorportal zu Steffenhagen bei Doberan (Abb 6).Die Backsteinbauten sind im ländlichen Kirchenbau die eigentlichenTräger höherer architektonischer Werte, denn dem Feldsteinbauwar von Natur aus eine künstlerische Weiterbildung versagt.Abb. 1 (links) l Kirche in Proseken bei WismarFrühgotischer Ziegelbau mit romanischen Anklängen aus der zweiten Hiilfte des13. Jahrhunderts[Abb. 1 und 2 nach Aufnahmen von Fritz Seng, Wismar)Abb. 2 I Kirche in Hornstorf bei WismarSpätgotischer Ziegelbau des 15. Jahrhunderts / Kreuz gewölbtes Schiff mit vier Jochen j Der Westturm quadratisch150


Abb. 3 I Kirchdorf auf Prel (Aufnahme von Fritz Seng, Wismar)Der Ziegel galt überdies als vornehmer. Bemerkenswert ist, daßder Feldsteinbau schon früh den Ziegel für gewisse Bauteile zuHilfe nahm, die eine feinere Ausführung verlangten oder diegeeignet waren, Ziermotive zu tragen.Es ist begreiflich, daß die meisten Feldsteinkirchen den großenKirchen des Backsteinbaues an künstlerischer Gestaltung desÄußeren nachstehen. Sie wirken vielfach mehr durch ihre Masse(Abb. 4), als durch eigentlich künstlerische Durchbildung, durchfeinere architektonische Gliederung.In stilistischer Hinsicht ist die Verwendung einer westfälischenGewolbeform, der achtrippigen Hängekuppel, bei Feldsteinkirchendes Übergangsstils bemerkenswert. —Westfälische Grundrißformenkommen auch andernorts in Mecklenburg vor, so in Vietlübbe beiGadebusch; das Vorbild für diese Anlagen bieten die Dorfkirchenzu Rehme und Windheim im Kreise Minden,Abb. 4 I Aps'ts der Kirche in Frauenmark bei Parcfüm f Spätromanischer Granitquaderbau; 1872 instandgesetztAbb. 5 I Hölzerner Glockenturm der Kirdie in Dütschoiv bei Parchim


&. 7 / Protestantische Kirche in Ellingen / Emporengeschoß-Grundriß f:300Architekt: German Bestelmeyer, MünchenAbb. 2 I Protestantische Kirche in Ellingen ! AußenansichtArchitekt: German Bestelmeyer, MünchenAbb. 3 ! Protestantiscfie Kirche in Etiingen ,Empore mit Orgel j Architekt: German Bestelmeyer, München15314W. M, B. X! 4


Abb. 4 l Ziunskirche, Douglaston (New York) ! Innenansicht gegen den Altar I Architekt: Aubrey B. Grantham / vgl. Abb. 6 bis 8 and 12Abb. 5 i Protestantische Kirche in Ellingen j Blick gegen die Orgel / Architekt: German Bestelmeyer, München154


k^. 6 / Zionskircfie, Douglaston (New York) / Hauptansicht / Architekt: Aabrey B. GranthamDie Abbildungen 4, 6 bis 8 und 12 nach „Tke Architectural Record", New KorkAbb. 7 j Zionskirclie, Douglaston (New York) / SeitenansichtArchitekt: Auhrey B, Granthamvgl. Abb. 4. 6, 8, 12Abb. 8 l Zionskirche, Douglaston (New York) I Innenansicht gegen den AusgangArchitekt: Aubrey B. Granthamvgt.Abb.4,6, ?, 12155


ABB.9-11AUFNAHMENTÜRKISCHERKLO<strong>ST</strong>ER- UND<strong>KIRCHE</strong>N-BAUTENVON HE<strong>IN</strong>RICHROTHBeachtenswert ist die Verwendungder Minaretts andiesen christlichen Bautenim OrientAbb. 12 (unten) / Zionskirche, Douglaston (New York) / GrundrißArchitekt: Aubrey B. Grantham (vgl. Abb. auf S. 154 und Abb. auf S. 155)Abb. 13 I St. Josephskirchein Ludwigshafen am RheinGrundriß des Erdgeschosses(vgl. Abb. 16 auf Seite 157)Maßstab 1:1000156


Abb. 14 und 15 / Entwurf zu einer Protestantismen Kirche in Ludwigshafen am Rhein j RecJits: Ansicht nach dem Modell / Links • Blick gegen den Atta.Architekten; Karl Lattsyer und Hans Schneider, Ludwigshafen a. Rh.Abb. 16 i Wettbewerb für die St. Josephskirche in Ludwigshafen am Rhein j Erster Preis -Architekten: Karl Latteyer und Hans Schneider, Ludwigshafen a, Rh.Vgl. Abb. 13Der Wettbewerb war 1924 von der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst ausgeschrieben. Im PreisgericJit ah Fachpreisrichteru. a.; Professor Richard Berndl, Professor Kart Jäger, Oberbaudirektor Sternlieb-Ludwigshafen, Ministerialrat Heinrich Ullmann —Der preisgekrönte Entwurf kam nicht zur Ausführung. Statt dessen wurde eine Basilika errichtet.157


n rfem engeren Wettbewerb um eine katholische Kircfie in Hamburg-Barmbeck erhielten die Arciiitekten Puls und Richter für den hier wiedergegebenen Entwurf den erstenPreis. Im Preisgericht saßen als Fachleute: Oberbaurat Maetzel, Hamburg, Oberbaurat Dr. Ing. W. Hellweg-Hamburg, Baumeister Matern, Paderborn. Dem Erläuterungsberichtentnehmen -wir folgendes; Der Entwurf hält an dem bewährten Grundrißtyp katholisdier Kirchen fest; die Kirche hat die richtige Ostunq und da$ Pfarrhaus erhälteine günstige Sonnenlage ohne daß sich Wiedersprüche in städtebaulicfier Hinsicht ergäben. Der Bauplatz wird nur zu einem geringen Teil beanspracht, so daß fürSchule, Schiilhof und Schwesternhaus reiclilich Platz zur Verfügung steht. Der Turm ist so gestellt, daß in jeder Ansicht das Gleicfigewicht der Baumassen gewahrt bleibt.Es ist versucht worden, kirchliche Würde und Zurückhaltung zu wahren, ohne einen der Großstadt angemessenen modernen Charakter zu vermeiden. Große Flächen undklare einfache Körper schienen dem Rhythmus des Wohnstraßenviertels am besten zu entsprechen.Der auf Seite 159 dargestellte Entwurf ist ein weiterer Wettbewerbsentwurf derselben Architekten. Die Kirche selbst ist hier weiter zur Mitte des Bauplatzes geruckt,der Turm steht frontal vor dem Kirchengebäude, Der tätliche Eingang ist durch einen anheimelnd und einladend gestalteten vorbereitenden Hofraum vom Straßenverkehrabgerückt. Der Eingang an der Pestatozzistraße ist nur für Festtage gedacht. Die Baukörper sind parallel zu den umgebenden Häuserfronten orientiert. Es sind großeruhige Baumassen angestrebt, die den Mietshausfronten ein geeignetes Gegengewicht bieten. Der Grundriß erfällt die Anforderungen eines normalen Kirchenprogrammes.Es sind 505 Sitzplätze vorhanden,Abb. 17 bis 23 / Wettbewerbsentwurf für einekatholische Kirche in Hamburg-Barmbeck I ErsterPreis I Architekten: Puls und Richter, Ham~bürg I Ansichten und Schnitt 1:600 / Grundrißdes Obergeschosses 1:1000 (vgl Abb. 29)1csjuir*- /.-158


,466. 28 I Wettbewerbsentwurf für die katholische Kirche in Hamburg-Barmbeck / Kennwort „Oase" / Architekten: Puls und Richter, HamburgOben: Choransicht 7:600 / Mitte: Scliaubild / Unten redits: Grundrisse und Querschnitt 1:1000f %t kn C if i n t)-IV-Wettbewerbsentwurffür diekatholisch e Kirchein Hamburg-BarmbeckErster PreisTTiArchitekten:Puls und Richter,HamburgGrundriß 1: 600(vgl. Abb. 17-23)159


SEGEN UND FLUCH DER ÜBERLIEFERUNG IM <strong>KIRCHE</strong>NBAUDie alten „geprägten Formen", die den Kirchenbau noch deutlicherbeherrschen als die übrige Baukunst, finden sich in vielenAbbildungen dieses Heftes in mannigfaltigen Abwandlungen wiederholt.Die griechisch-römische Baukunst kannte keine Türme. Diebyzantinisch-türkischen Bauten, von denen man auf S. 156 einige Aufnahmensieht, wirken — mit ihrem Minarett neben dem Betsaal —wie die Urgroßväter der Kirchen, in denen wir unsere Andachtverrichten sollen. Die Münchener St. Gabrielskirche (vgl. Abb. 5S. 147) zeigt: Turm, Vorhalle und Stücke eines Zentralgebäudesmit Trommel darüber ganz ähnlich wie die Kirche byzantinischenUrsprungs auf S, 156, Abb. 11. In Spalato ist das Zentralgebäuderömischen Ursprungs unter nachträglicher Anreihung eines Turmeszur Kirche umgewandelt worden; und ebenso fremdartig undunvereinbar wurden in Ellingen (S. 153, Abb. 2) von BestelmeyerTurm- und Zentralbau hintereinander gestellt. Ein Zentralgebäude,deäsen Schwergewicht nicht durch einen daneben gestellten Turmnachträglich wieder aus dem Zentrum herausgerissen wurde, zeigtdie alte schlesische Holzkirche (im Vordergrund der untenstehendenAbb.). Der Betsaal der Tessenowschüler Schnabel und Roth(S. 168—169) stellt sich von außen ebenfalls als Zentralgebäude dar.Ob die Steigerung des Turmhelms glückt — die hochgerücktenDachfenster erinnern fast an die barocken Wucherungen der gotischenTeynkirche in Prag (vgl. W. M. B. 1926, S. 494, Abb. 3) -das wird hoffentlich bald die Ausführung des Baues zeigen.Latteyers Preisentwurf für die St. Josephskirche (S. 157unten), zeigt, daß bei achsialer Ansicht des Zentralbaues dieHintereinanderreihung von zwei widersprechenden Akzentenwenig stört.In hohem Maße geglückt ist die schwierige Verschmelzungvon Turm und Langhaus bei den alten schleswig-holsteinischenKirchen (S. 150—151). Die stammige Wucht ihrer Türme istübrigens unübertrefflich. Ähnlich gut wie bei den holsteinschenKirchen glückte die Verbindung von Turm und Bethaus bei KrophollersKirche im Haag (S. 161). Der seitlich hochragende Schornsteinzeigt, daß nicht nur ideelle, sondern auch physische Bedürfnissezum Kampfe gegen die Alleinherrschaft eines Kirchenturmesanregen. Geistreiche Bemühungen um die künstlerischeVereinigung von Turm und Bethaus zeigen auch die Entwürfe vonPuls und Richter (S. 158 und 159).Bei dem Bialystoker Kirchenentwurf auf S. 162 — 163 stehtder Turm wieder als Campanile selbständig neben dem Langhaus.Auf der Haupteingangsseite dieser geplanten Kirche wurdenentschlossene Abweichungen von der Überlieferung versucht.Die verhinderte Ausführung hätte zeigen müssen, ob die Wirkungdes kubistisch-baukastenmäßigineinandergeschobenen verschwindenkann, die dem Fassadenentwurf noch anhaftet. Sehr viel überzeugenderbereits im Entwurf wirkt das schöne Innere dieserpolnischen Kirche (S. 163), wo trotz Festhaltens an dem Gedankender Hallenkirche neuartige Wirkungen, aus Beton und Glas, glücklichversucht werden. In verwandter Richtung wie dieses Kircheninnerewagen sich die kühnen Fassadenentwürfe von Farkaä sehrviel weiter vor (S. 164—165). Ihr grandioses Pathos wirk gelegentlichfilmpathetisch und gemahnt an ihre heute schon so ferneEntstehungszeit: das Jahr 1923.Einige der Hochhausentwürfe von Heinrich Adam (S. 166—167)möchten gotisches Kirchenpathos auch in den Geschäftshausbautragen, ein in Amerika oft gemachter Versuch, dessen Berechtigunggelegentlich des Kölner Hochhaus-Wettbewerbs viel erörtertwurde (vgl, W, M. B. 1926, S. 104 ff.).Sehr viel weniger angenehm als die freischweifenden Gedankenskizzenvon Farkas ist die Kolossal-Ruine der neuen Kirche inBarcelona (S, 162), die sich in viel dreisterer Weise an gotischeVorbilder anlehnt und sie in die fratzenhaftesten Ausschweifungendes estilo monstruoso verzerrt. Neben diesem plumpen Faschingwirken die amerikanische Zionskirche (S. 154—156) und dasInnere des deutschen Betsaals (S, 169) wie vornehme Feierlich-Abb. 30 I St. Annakirche in Rosenberg (Oberschlesien} Schrotholzbaa. Die ältere Kirche (im Hintergrund) Lungbau, die vordere Sechseck mit fünf sternförmig ausstrahlendenKapellen (77. Jahrhundert, die barocken Hauben aus dem 18. Jahrhundert) j Zeichnung von Georg Rasel, Breslau160


keiten. Bei demVergleich zwischendem amerikanischenunddem Ellinger (S.153-156) Kircheninneren,diebeide mit vollendeterSicherheitüberlieferte Vorbilderweiterentwickeln,erweisensich beide alsdurchaus bodenständig;währendaber die EllingerLosung ihren Reizaus freiwilligerBindung an eineArt Bauernstilhernimmt (manbemerke die barockeKnolligkeitder „Säulen" unterden Emporen),bedient sich dieamerikanische Losungdes ortsüblichen„Colonial"-Stils, der unserem„um 1800" entsprichtund dertrotz seiner ortlichenGebundenheitauf WeltgeltungAnspruchmachen kann.Ähnlich ist einwohl erzogenerMensch stolz aufsein Volkstum, indem er wurzelt,und weiß sichtrotzdem in jedemgebildetenLande zu bewegen.Ist es einNachteil, daß dasInnere dieseramerikaniächenZionskircheebenso wiedas desTessenowschenBetsaals (S.169) in keinemgebildeten Landeweißer Rasseschlecht am Platze, niemals unmodern und trotzdem bodenständig wirken kann? Vielleicht ist es Vorteil.Das Schicksal des polnischen Entwurfes (S. 162—163) zeigt, wie die Bindung an die bauliche Überlieferung zuunerträglicher Knechtschaft ausarten kann. Der Entwurf erhielt den ersten Preis in einem Wettbewerbe, dessenPreisgerichte führende Baumeister Polens angehörten. Der erste Preisträger hatte Anspruch auf Ausführung seinesEntwurfs. Die Geistlichkeit aber hielt den Entwurf für unvereinbar mit der Überlieferung des Landes, verwarfihn und läßt statt seiner einen barockisierend-traditionellen Entwurf eines Architekten ausführen, der im Wettbewerbekeinen Preis erhielt. Ganz wie so oft bei uns!Nach der Entscheidung des Preisgerichtes erscheint mir dies Vorgehen unstatthaft. Einwenden läßt sich auch,daß in Frankreich die Beton- und Glaskirche Perrets (vgl. W.M.B. 1925, S. 506) von der Geistlichkeit gutgeheißenwurde. Beachtenswert ist auch, daß in Berlin gerade katholische Kreise sich von dem Bruch mit der bau-Abb. 31 ! Kirche imHaag I Architekt:A. J. KrophollerAus dem Werke: J.P.Mieras und F. R. Yer~bury. HolländischeArdiitektur des 20,Jahrhunderts. VerlagErnst WasmuthA.G.161


liehen Tradition Erfolge versprechen; bekanntlich wurde die katholischeLesehalle, die Reichskanzler Marx 1926 einweihte, von Kosinaund Mahlberg- im expressionistischen Stile eingerichtet. Als Schmuckwurde ein gotisches Heiligenbild vor einen gemalten Hintergrundvon Wolkenkratzern gestellt.Gegen den Bruch mit der Tradition läßt sich viel sagen. Abermir scheint eine so ernste Glas- und Beton-Halle, wie die hier(Abb. 35) abgebildete, unendlich viel vornehmer und künstlerischwertvoller als die Pseudo-Anpassung an die Überlieferung, dieman in Abb. 33 („Sagrada Familia") sieht und die von denGeistlichen gutgeheißen wird, obgleich sie nur Hülle für phantastischeZuchtlosigkeit bedeutet. W. H.„KLARHEIT UND RUHE"AUSZÜGE AUS HE<strong>IN</strong>RICH WÖLFFL<strong>IN</strong>'S VORTRAG„GOETHES ITALIENISCHE REISE"Abb. 32 l Wettbewerbsentwurf für eine Kirche in Bialystok (Polen) / Erster PreisFlugbild l Architekten: Wladislaus Czerny, Jan Kltrzeivski, Jerzy Woyzbunvgl Abb. 35 bis 37... Es wird Goethe nachgerechnet, was er alles in Italiennicht gesehen hat: Giotto und die Fresken der Arenakapelle inPadua, die keuschen Primitiven der Frührenaissance in Venedigund Florenz usw. Es wird ihm vorgeworfen, daß er die Kunstüberhaupt zu isoliert aufgefaßt habe, zu formalistisch . . . Entwederhabe sein Herz nie geschlagen oder er habe es gewaltsamzugekniffen. (So sagte z. B. der Maler Cornelius.)In jedem Fall sei es lächerlich, im Norden mit griechischenSäulen bauen zu wollen. Wir sind keine Griechen, und unserHimmel ist nicht der südliche Himmel. Nun wird man Goetheschwerlich nachsagen können, daß er unempfindlich gewesen wärefür den Zusammenhang der Kunst mit Land und Leuten — wieoft spricht er davon! -—, aber das ist gewiß: als er nach Italienging, suchte er nicht das Lokal-Italienische, sondern „die großewahre Kunst",Von den Nazarenern aber und ihrer Vorliebe für das Primitivetrennte ihn eine andere Auffassung von Wert und Würde desMenschen, Das große edle Dasein, das er ahnte, verlangte nachder reifen vollendeten Form, und das Unentwickelte, Unfreiekonnte ihn nur als Durchgangsstudium interessieren.Er war Historiker genug, um jede Erscheinung im Zusammenhangdes Werdens aufzufassen und nicht als ein Vereinzeltes ...Goethe spricht von dem Bildungsresultat seiner italienischenReise in dem doppelten Sinn, daß es zwar eine völlige Wiedergeburtgewesen sei und daß niemand glauben solle, Rom bedeutetenur eine Ergänzung und Ausfüllung eines Besitzes, denman schon mitbringe; andererseits aber will es ihm vorkommen,er treffe überall nur auf Bestätigungen dessen, was er schonwußte, und das Schlußwort: in Rom habe ich mich selbst gefunden,heißt doch nichts anderes, als daß er sich seiner eigentlichenAbb. 33 j Die Kirdie „Sagrada Familia" zu BarcelonaArchitekt: Antonio Gaudi. BarcelonaAbb, 34 I Längsschnitt der Kirdie „Sagrada Familia" in Barcelona, verglichen mitSt, Peter in Rom und San Marco in Venedig (nach: Deutsche Bauzeitung 1926)162


Natur bewußt geworden seiund von ihr Besitz ergriffenhabe. Der römischeGoethe aber ist für uns derklassische Goethe.Versucht man nun, dieseklassische Einstellung aufbestimmte Begriffe zu bringen,so muß man wohl anfangenmit dem Begriff desreinen Schauens, mit JenemBedürfnis, die Welt reinund vollständig von der anschaulichenSeite her xufassen. Nicht als ob die sinnlicheErfassung der Dingemit dem Auge etwas Neuesfür Goethe bedeutet hätte;aber wenn er schon mit dembestimmten Entschluß reist,sein Auge zu prüfen, ob es„licht, rein und hell" sei, soglaubt man eine wachsendeLust des Schauens in dem„formreichen" Italien zu beobachten.Er bemüht sich,die Dinge zu sehen, wie siesind. Er möchte unter Ausschaltungvon allen Spielender Phantasie „das Augeallein Licht sein lassen" unddie Bilder der Welt „klar,ganz und lauter" in dieSeele aufnehmen, wodurchder Geist von selbersich „reinigt und bestimmt".Dieses reineSchaue», lange geübt, imVerlauf der Reise zur Vollkommenheitgebracht, gibtihm eine beglückende „Klarheitund Ruhe 1 *. Das Ichschweigt. Er hat sich gewöhnt,die Erscheinungenobjektiv aufzufassen, nichtüber die Dinge zu sprechen,sondern die Dinge selbstsprechen zu lassen.Was Niebuhr tadelte, daßihm auch eine Dogenprozessionin Venedig nichts alsein oberflächliches Schauspielgewesen sei und daßdie Imago alter Große ihnunberührt gelassen habe,geht gerade auf diese bewußteEntäußerung vonallen Assoziationen zurück,Abb. 35 bis 37 ! Wettbewerbsentwurffür eine Kirche in Bialystok(Polen) Erster PreisArchitekten: Wladislaw Czerny, JanKurzewski, Jerzy Woyzbun } ObenBlick ins Kirchenschiff l Untenrechts: Grundriß / Unten links:Lageplan (vgl. Abb. 32)163


auf den festen Willen, jetzt nur noch das zu sehen, was da Ist, undnicht, was man sich allenfalls noch dazu denken konnte. Es ist dieselbeSelbstdisziplin» die ihn an historischen Stätten veranlaßt,den geologischen und landschaftlichen Blick zu benutzen, um „Einbildungskraftund Empfindung zu unterdrücken".Auf solche Art sind die erschöpfenden Schilderungen Neapelsund das „Römische Carneval" möglich geworden. Das Wichtigeaber ist, daß ihm auch die höchste Poesie an diese einfacheSachlichkeit gebunden zu sein schien.,.. spater wird ihm die Abwesenheit aller Effektrechnung zumallgemeinen Merkmal des Klassischen. Vollendete Kunst ist vollendeteSachlichkeit. Homer ist darin nicht anders als die antikenBildhauer. Beide aber besaßen neben der Kenntnis der Naturnoch etwas anderes: den sicheren Begriff von dem, was sich darstellenläßt und wie es dargestellt werden muß. Und dies führtuns auf etwas Weiteres, auf den Begriff der Form.„Form" bezieht sich immer auf den Zusammenhang der Teilein einem Ganzen. Man weiß, wie Goethe in Italien anfing,strengere Forderungen an diesen Zusammenhang zu machen.Italien ist dem Norden gegenüber immer das Land der strengerenForm gewesen. Einen ersten jubelnden Ausbruch über denWert der Form finden wir bei Goethe aber nicht angesichtsAbb.38_,und 39 j Entwürfe zu Maseumsbaaten / Architeki: E. Farkas, Düsseldorf i (Vgl. Text S. 760 bis 1621164


,466. 40 bis 42 l Entwürfe zu einer Kathedrale (oben links), einer Kapelle (oben rechts) und einem briedenspalast unten (vgl. Text 6, 160 bis 162)Architekt: E. Parkas, Düsseldorf - , '165


eines Kunstwerks, sondern angesichts eines Naturproduktes: einesSeetiers am Lido. „Was ist doch ein Lebendiges für ein köstlichherrliches Ding! Wie abgemessen in seinem Zustand, wiewahr, wie seiend!" (das letzte Wort unterstrichen). Es ist derselbeEindruck, den er später vor dem antiken Tempel von Assisiin das Wort preßt: »So ganz!" d.h. so einheitlich geschlossenin sich. Entscheidend aber ist die Einsicht, daß in der strengen(organischen) Form eben die Garantie des Lebens liegt, daßForm nicht etwas von außen Übergestülptes bedeutet, sonderndas sichtbar gewordene Leben selbst. Das Formlose hat keineExistenz und das Lockere nur eine schwache: je strenger gebundendie Teile sind, um so mehr „Sein" ist in dem Geschöpf.Die Alten sind auch darin unübertrefflich.Und wie in der Natur, so ist auch bei ihnen das Schema nieein starres und von vornherein determiniertes, sondern besitzteine glückliche Beweglichkeit, so daß sich die Gestalt einesTempels z. B. nach der Umgebung, nach der Funktion im Raumjedesmal neu bestimmt. „Dieses ist eben der alten Künstler Wesen,daß sie wie die Natur sich überall zu finden wußten und dochetwas Wahres, etwas Lebendiges hervorzubringen wußten." Siebleiben immer natürlich und immer groß im Natürlichen.„Groß im Natürlichen!" Das ist das Dritte. Wie die StrengeENTWs/PlF ZV EiNEM HOtMHAV^ FVR PlfrVEN VO&TL-Abb. 43 bis 46 I Entwurf zu einem Hochhaus für Flauen im Vogtland / Architekt: Heinrich Adam, Magdeburg / (Vergl. Abb. 47 bis 50) j Das Schaubild rechts und dieGrundrisse im Maßstab 1:1200 sind eine Variante des in Abb. 43 und 47 bis 50 dargestellten Entwurfs.166


iß >•V».2SR!47 öis 50 / Entwurf zu einem Hochhaus für Planen im VogtlandArchitekt: Heinridi Adam, MagdeburgOben: Schaubilder I Unten: Grundrisse im Maßstab 1:12006NTWQF2VE<strong>IN</strong>EM HOCH167


Abb. 51 bis 53 j Entwurf zu einem Bethaus j Schaubild / Aufriß und Grundriß 1:400Architekten: Hans Schnabel und Alfred Roth, Dresden / Vgl, Abb. 54 und Text S. 160—62 und S. 181—82der Form im Natürlichen gegeben ist, soist auch das Große, nach dem wir verlangen,nicht außerhalb des Natürlichenzu suchen, sondern es steckt in der Natur.„Wie freut es mich» daß ich mein Leben demWahren gewidmet habe, da es mir nun soleicht wird, zumGroßen überzugehen, das nurder höchste reinste Punkt des Wahren ist."Was keine wahre Existenz in sich hat, kannnie groß werden. Nur aus dem Natürlichenläßt sich das Große Entwickeln. Beispiel undBeweis ist die klassische Architektur und ihrGegensatz: die nordische Gotik. Jene ist einezweite Natur, diese ist das Willkürliche unddamit von vornherein totgeboren. Das Fragmenteines antiken Tempelgfebälks genügt,um eine Ahnung von reinem großen Daseinzu geben. „Das ist freilich etwas anderes alsunsere kauzenden, auf Kragsteinlein übereinandergeschichteten Heiligen der gotischenZierweise, etwas anderes als unsere Tabakspfeifen-Säulen,spitze Türmlein und Blumenzacken;diese bin ich nun Gott sei Dank aufewig los!" Unter den Neuern aber ist es Palladio,der wie kein zweiter in seinem Werkesinnlicherweise die Idee des großen Menschenuns nahe bringt. Palladio habe ihm den Wegzu aller Kunst und zum Leben geöffnet.Nicht nur die klassische Architektur, allehohe Kunst wollte Goethe als eine zweiteNatur aufgefaßt wissen, von Menschen hervorgebrachtnach allgemeinen ewigen Gesetzen.In dem Aufsatz über „Einfache Nachahmungder Natur, Manier, Stil" von 1788 (unmittelbarnach der italienischen Reise geschrieben)nimmt der Stil die oberste Stelle ein: gemeintist eine Kunstweise, wo das Persönliche desSchöpfers sozusagen ausgeschaltet ist und nurdie reinen Ideen der Natur Gestalt gewonnenhaben. Es ist, was er schon im antiken Romahnte: „Alles Willkürliche, Eingebildete fälltzusammen, da ist die Notwendigkeit, da istGott."KunstwerkedieserIetzten Vollkommenheitauch nur zu betrachten, ist eine großeGlückseligkeit. Was einen Palladio oder Raffaelso bedeutend macht, ist eben, daß auchan ihnen kein Haarbreit Willkürliches war:„Nur daß sie die Grenzen und Gesetze ihrerKunst im höchsten Grade kannten und mitLeichtigkeit sich darin bewegten, sie ausübten,macht sie so groß."Damit ist die Wendung zum Typischen inder Kunst besiegelt. Das Einmalige, Bloß-Individuelle, der Sonderfall verliert an Interesse.In allem Einzelnen soll das Allgemeinedurchleuchten. „Die Gestalt dieser Welt vergeht.Ich möchte mich nur noch mit den bleibendenVerhältnissen beschäftigen."Die griechische Gestaltenwelt ist der bewunderungswürdigeVersuch, die Naturformendes Menschenlebensfestzulegen und den Kreisdes Möglichen vollständig zu runden. AlleEinstellung auf das Typische in der Weltwird auch eine Einstellung auf durchgehendeEinheit sein, auf ein bindendes Gesetz. . . .168


• / / / /Immer wieder kommt bei Goethedas tiefe Glücksgefühl zum Ausdruck,das den Besitz dieser Bildung undseinen täglichen Neuerwerb begleitete.„Eine stille wache Seligkeit" nennter seinen Zustand, wobei der Akzentnicht überhört werden darf, der geradeauf dem Begriff „wach" liegt.Alle Klassik ist Kunst der Aktivität,und der klassischen Klarheit undStrenge widerspricht grundsätzlichjedesSichgehenlassenundjederRauschgenuß.„Ich bin ein Mann, der von derMühe lebt", konnteGoethe ohneÜbertreibungvon sich sagen, und wem dasHerz in Italien erst beim Wein aufgeht,der dürfte sich nicht auf ihnberufen. „Ich lebe sehr diät und haltemich ruhig, damit die Gegenständekeine erhöhte Seele finden, sonderndie Seele erhohen", ist von Anfang anseine Reisemaxime.Wenn nun diese Geistes- und Seelenhaltungoffenbar etwas Einheitlichesdarstellt und in allen Punkten auf einegeschlossene Kunst- und Weltanschauung-hindeutet, so ist es für den Historikerdoch ein Bedürfnis, dem Fall dasVereinzelte zu nehmen und ihn womöglichmit etwas Verwandtem zusammenzubringen.Es fehlt nicht anAnalogien. Die gewichtigste ist wohldie, die die Geschichte Albrecht Dürersaufweist. Im ungefährgleichen Lebensalterhat Dürer seine große, eigentlicheitalienische Reise (er war früherschon einmal in Italien gewesen), vonungefähr gleicher Dauer, angetreten,und obwohl dieseReise zu ganz andererZeit, am Anfang des 16. Jahrhundertsstattfand, ist die Einstellung zu Italienund das Resultat doch von überraschendähnlicher Art. Die Klarheitdes Sehens war auch für Dürer deroberste Begriff. Es drängte ihn, überdie mehr nur andeutende, mit bloßsuggestiven Mitteln arbeitende deutscheZeichnung zu erschöpfender Sachaufklärungzu gelangen, und wie dieItaliener Gestalt und Raum behandelten,erschien ihm musterhaft. Auch ergewinnt dann in Italien die Vorstellungvon der Würde der strengerenForm. Jetzt entstehen jene Kompositionen,wo alles nach tektonischerRegel an seinem Platze steht, eineGesetzlichkeit» die den Italienernnatürlich ist, von den Deutschen aberleicht als Zwang empfunden wird.Auch Dürer nimmt in Italien dieWendung zum Typischen und suchtnicht nur die Proportionen der einzelnenFormcharaktere festzulegen,sondern ergeht sich in den gleichenSpekulationen wie Goethe, wenn erdas eine durchgehende Bildungsgesetz aufsucht, das auch noch die entferntesten Gestaltenzusammenhält und tragt. Ob es sich um Pflanzen handle oder um die Varietäten der menschlichenFigur — die grundsätzliche Einstellung ist dieselbe, und es klingt fast bis aufs Wort übereinstimmend,wenn es bei Dürer heißt; „Es ist eine große Vergleichung- zu finden zwischen ungleichenDingen." Auch darf erwähnt werden, daß solche Spekulationen nicht ein Zeitvertreibwaren, der neben der Kunst herging. Sie standen im Zentrum seiner Interessen und haben ihnjedenfalls ebenso glücklich gemacht, wie Goethe seine morphologischen Forschungen.Mitten auf der Reise nach Rom ist in Goethe einmal die Erinnerung an Dürer aufgestiegen:er habe in München ein paar Stücke gesehen „von unglaublicher Großheit". Es können damitnur die großen Münchener Apostelbilder gemeint sein, Beispiele jener steigernden, typenschaffendenKunst, die über das Wirkliche hinausgeht, ohne den Grund der Natur zu verlassen.„Denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur", war Dürers Glaubenssatz geworden, wobeiwir unter Kunst die gesetzmäßige Schönheit zu verstehen haben. Ist das etwas anderes alsGoethes Überzeugung, daß nur aus dem Natürlichen sich Schönheit und Größe entwickeln lasseund alles Willkürliche und bloß Eingebildete tot bleiben müsse?Aber wie? Wenn nun diese zwei großen Deutschen ihre Klassizität in Italien, an italienischerKunst gewonnen haben, hat man dann nicht Ursache» diesem Produkt das größte Mißtrauen entgegenzubringen,als einem Gewächs, das eben nicht auf unserem Boden gewachsen ist? An derItalianität der Begriffe, die das Klassische ausmachen, kann kein Zweifel sein. Nicht nur in deneigentlich klassischen Perioden, stets hat Italien, verglichen mit dem Norden, eine mehroder weniger klassische Stimmung. Die „lateinische" Klarheit so gut wie die gemesseneForm ist nie ganz verdunkelt worden. Dem nordischen Individualismus gegenüber be-Tnnnnnnnzzt^1231 IB.Abb. 54 ( Entwurf zu einem Bethaas I Innenansicht I Architekten: Hans Schnabel und Alfred Roth, DresdenVgl. Abb. 57-53, sowie Text S. 160-62 und S. 181-82.16915W.M.B. XI 4


Abb. 55 und 56 / Aus dem Einfamilienhaus in Böhmisch-Leipa I Architekten: HansSchnabel und Alfred Roth. Dresden i vgl. Abb. 57 bis 64 und Text Seite 780—181rührt uns italienische Kunst immer so, als ob sie mehr auf dasTypische abgestellt gewesen wäre. Jene Spekulationen über dieEinheit des Bildungsgesetzes in den organischen Wesen, sie sindschon einem Lionardo und Leon Battista Alberti vertraut, Undwie sehr die Kunst Italiens im Natürlichen verankert ist, beweistallein die Tatsache, daß die Gotik hier nie eigentlich hat Fußfassen können, geschweige denn, daß das Land imstande gewesenwäre, einen solchen Stil zu erzeugen. Umgekehrt hat im Nordendas gotische Grundgefühl kaum je ganz aufgehört lebendig zusein. Man hätte also immerhin Anlaß, nach der Legitimität desKlassischen bei uns zu fragen. Es gibt Leute, die sie bestreiten.Aber sollte es wirklich möglich gewesen sein, daß ohne innereAffinität Italien jene große Anziehungskraft auf uns ausgeübthätte? Sollte es auch hier gelten: „War'nicht das Auge sonnenhaft—"? Bei Goethe so gut wie bei Dürer läßt sich nachweisen,daß die Organe für das „Italienische" sich schon im Norden ausgebildethatten. Es muß sich also doch wohl um etwas handeln,das allgemeiner Natur und nicht auf Italien beschränkt ist.Und blickt man näher zu, so ist es ja gar nicht auf ein Herübernehmenfertiger italienischer Kunst abgesehen. Wenigstensist dieser Klassizismus immer rasch abgestorben bei uns. Demrechten Meister hat sich das italienische Gut unter den Händenvon selber in etwas anderes verwandelt. Der deutsche Klassizismusgeht aus einem Gegensatz hervor, den der Süden gar nichtso kennt, und er behält diesen Gegensatz dauernd als Wirkungsfolieneben sich. Nenne man ihn romantisch oder wie immer,genug, es ist das Andere, dem gegenüber Italien uns, aber eben nuruns, als die Erlösung ins Klare, Gestaltete, Ewige, als die Welt derreinen Formen erscheint. Auch uns ist klassische Vollendung alseine Verheißung gegeben. Nicht unfaßbar, aber doch ein Ideal,das nur auf Augenblicke zu realisieren ist. Immer wieder werdenwir zurücktauchen in unser Element des Werdenden und Unendlich-Vielfältigen und als das Eigentliche das verehren, was gar nichtin Gestalt uud geschlossene Form eingehen kann. Auch im klassischstenWerk wird die deutsche Kunst nicht verleugnen, daßihre Wurzeln aus solchen Tiefen Nahrung ziehen. . .Wir reisen heute anders als Goethe und sind stolz darauf,daß wir der Kunst in allen ihren Äußerungen gerecht zu werdengelernt haben. Giotto ist uns ebenso genießbar wie die gelösteKunst des Bernini und die weit ausladende Gebärde des Barock,wir schwärmen für den feinem Naturalismus der Quatrocentistenund bewundern gleichzeitig die abstrakte Schönheit altchristlicherMosaiken, wir schätzen Palladio und Bramante, aber wir möchtendie geheimnisvollere Architektur von San Marco nicht missen,wo Goethe einfach lachte, oder den fremdartigen Zauber desDoms von Monreale, den er auch nur anzuführen nicht der Mühewert fand. Wir sehen anders und anderes, umfassender, historischer— aber eine Wiedergeburt aus dem Geist des Klassischen,wie sie Goethe erlebt hat, wird sich so nebenher schwerlich bewerkstelligenlassen.Und doch hat Italien auch für uns nicht aufgehört, das Landder Menschlichkeit zu sein. Es bleibt noch immer etwas anderes,nach Italien zu reisen, als eine Reise nach Spanien, Frankreichoder England zu machen. Auch dort gibt es Kunst, große Kunst, aberjene Erneuerung-des ganzen, nicht nur des aesthetischen Menschen,jene Ahnung einer vollendeten Humanität, wie sie Goetheerschöpfend mit den Worten kennzeichnete (die nicht in dieSchlußredaktion übergegangen sind): Die „Seele quillt auf, derder Mensch fühlt eine Art von Verklärung seiner selbst, ein Gefühlvon freierem Leben, höherer Existenz, Leichtigkeit und Grazie",sie wird immer an den italienischen Boden gebunden bleiben.Heimat freilich kann uns Italien nicht sein. Wir können immernur eine Reise nach Italien machen, und der Weg wird dannenden in jenem Land des Klassischen, das nicht jenseits derBerge liegt, sondern in unserer Seele,.. Das Himmelreich ist in euch!170


.466. 57 Wohnhaus in Böhmisch-Leipa i Straßenansicht j Architekten: Hans Schnabel und Alfred Roth, Dresdenvgl. Abb. 55, 56 und 58 bis 64 und Text S. 180—181DAS FLACHE DACH AN DER HEER<strong>ST</strong>RASSE I<strong>ST</strong> VERFAULTVorbemerkung des Herausgebers: Bei der Durchsetzung neuerGedanken sind die Schwierigkeiten des Anfangs die größten. Wegender grundsätzlichen Bedeutung des flachen Daches auf dem bekanntenHause von Erich Mendelsohn an der Berliner Heerstraße,das viele sonst so praktische Berlinerinnen mit der Vorliebe für dasmoderne Flachdach erfüllte, veranlaßte uns die Nachricht über dasfrüh? Verfaulen dieses Daches, ein zuverlässiges Baugeschäft um einesachverständige Beurteilung der Ursachen zu bitten. Es muß lebhaftgehofft werden, daß der hier festgestellte Mißerfolg nichtzu einem verfrühten Einstellen der grundsätzlich wichtigen Experimentemit dem flachen Dache führen möge und daß sich auchin Zukunft Baumeister mit genug Entdeckerfreude und Einfamilienhausfreundemit genug finanziellen Mitteln und Liebezur Sache finden, um die für unsere Baukunst so wichtige Fragenach, der Daseinsberechtigung des flachen Daches für kleineHäuser durch immer neue praktische Versuche eindeutig zu losen.(Vgl. die längeren Ausführungen über flaches und schräges Dachim vorigen Heft).In den letzten Jahren hat auch bei den modernen Land hausbautendas begehbare flache Dach Anwendung gefunden, obrgleich hier keine Notwendigkeit dazu vorliegt, da Gärten undTerrassen weit bessere Gelegenheit zum Aufenthalt im Freienbieten. Vorausgesetzt, daß nicht nur die Architektur für dieseBauweise bestimmend gewesen ist, wäre zu untersuchen, welche171


A. 55 bis 64 j Wohnhaus in Üöhmisch-Leipa j Ansichten und Grundrisse J:300 / Architekten: Hans Schnabel und Alfred Roth, Dretdetivgl. Abb. SS bis 57Vorteile das flache Dach gegenüber dem Ziegeldach hat, und obüberhaupt welche vorhanden oder gar Mängel zu finden sind.Bei Ausführung eines flachen begehbaren Daches darf dieKostenfrage keine Rolle spielen, denn nur die Verwendung vonbestem Material und gewissenhafteste Ausführung gibt die Gewährfür eine einwandfreie Abdichtung. Wie schwierig diese ist,beweist die Tatsache, daß selbst bei guten Ausführungen diemeisten Ausbesserungen an den flach abgedeckten Bauteilen zufinden sind. Schäden an der Dachhaut des Ziegeldaches sindviel leichter festzustellen und zu beseitigen. Die meisten Landhäusermit begehbarem flachem Dach zeigen heute schon mehroder weniger deutlich Spuren von durchnäßtem Mauerwerk, dieauf eine schlechte Abdichtung der Dachhaut gegen das Mauerwerkschließen lassen. Infolge des langsamen Wasserabflusses indie Gullys zeigt eine kleine Undichtigkeit eine viel größere Auswirkungals beim steilen Dach. So ist z. B. die begehbare Dachflächeeiqe$ Hauses in der Nähe des Reichskanzlersplatzes als Holz-Zement'Dach auf Schalung ausgebildet. Unter der Schalung sindmit ca. 30 cm Zwischenraum die Decken der darunterliegendenZimmer in Rabitz gespannt. Das Haus steht erst 4 Jahre, Durchdie schadhafte Abdichtung hervorgerufen, ist jetzt schon dieSchalung wegen ungenügender Be- und Entlüftung verfault unddurchgetreten, so daß das Wasser in die unteren Räume dringt.In diesem Falle hilft keine Ausbesserung mehr. Die ganze Dachkonstruktionmuß vollständig entfernt werden, weil die insMauerwerk ragenden Balkenköpfe weiter faulen und Einsturzgefahrbesteht. Es war mir Gelegenheit gegeben, die Konstruktionund den Umfang der Zerstörung einzusehen, was ganzaußerordentlich lehrreichen Aufschluß gab. Bei der Unmöglichkeit,eine solche Konstruktion dauernd nachzuprüfen, wird immerdie Gefahr vorliegen, daß an einer Stelle doch Feuchtigkeit eindringt,wodurch die Schäden entstehen, wie sie in diesem Fallezu beobachten waren. Auch bei einer durchaus einwandfreienIsolierarbeit kann es vorkommen, daß sich Leckstellen bilden, diein keiner Weise wahrgenommen werden können, besonders wenn,wie im vorliegenden Fall, eine Rabitzkonstruktion die Einsichtin die Dachkonstruktion unmöglich macht.Wie verhält es sich mit der besseren konstruktiven Ausbildungdes flachen Daches, von dem verlangt wird, daß es die darunterliegenden Räume genau so gegen die Witterung schützt wie dasaltbewährte steile Dach, und bietet das Massivdach eine größereSicherheit gegen solche Vorkommnisse? Selbstverständlich ist beieinem Massivdach die Gefahr kaum so unmittelbar wie in dembeobachten Falle, da keine Holzfäule eintreten kann. Trotzdemdarf man wohl bei einer Massivdecke die dauernde schädigendeWirkung von eindringendem Wasser, verbunden mit Frostwirkung,nicht unterschätzen, besonders, da sie schwer von Anfang an wahrzunehmenund die Leckstellen kaum zu finden sind. Beim Klebender Isolierschicht spielt die seitliche Abdichtung gegen das aufgehendeMauerwerk die Hauptrolle. Ist diese Abdichtung nichthoch genug oder nicht mit genügender Sorgfalt ausgeführt, sozeigen sich bald feuchte Stellen im Inneren des Hauses und amäußeren Mauerwerk. Auch verstopfte Gullys, deren Reinhaltungnicht genügend beachtet wird, sind häufig Ursache dieser Wand-'durchfeuchtung. Das auf dem Dach stehende Wasser fließt nichtab und kann allmählich durch die kleinste undichte Stelle in derAbdichtung hindurchdringen. Während im Winter der Schneeauf dem steilen Dach kaum liegen bleibt, bildet das begehbareflache Dach durch das Brüstungsmauerwerk einen idealen Schneefang.Es wird also vom flachen Dach im Winter mehr Feuchtigkeitaufgenommen als vom steilen.Diese nun einmal bestehenden Mängel des flachen begehbarenDaches lassen sich nicht aus der Welt schaffen und überall da,wo keine Notwendigkeit zu dieser Bauweise vorliegt, ist das altbewährteZiegeldach dem flachen begehbaren Dache stets vorzuziehen.Hans Dau, Berlin172


Abb. 7 bis 3 I Bürgerschule mit Spielwiese, Hannover-KleefeldArchitekt; Paul Wolf, DresdenPAUL WOLF UND HE<strong>IN</strong>RICH TESSENOWÜber Paul Wolf wurde einmal in diesen Heften („Städtebau"1925, S. 153) gesagt, daß er „vor allem als Seher, geistigerDurchdringer und praktischer Verwirklicher großer städtebaulicherZusammenhänge und weniger als Baukünstler Bewunderungverdiene," Als Antwort sandte er mit anerkennenswertemFreimute Abbildungen seiner neuesten Bauten zwecks Veröffentlichungin „Wasmuths Monatsheften" und schrieb dem Herausgeber:„Ich zweifle nicht daran, daß bei der weitgehenden Übereinstimmung,die wir beide auf städtebaulichem Gebiet zeigen,Sie auch bei näherer Prüfung über meine architektonischen Arbeitenein anderes Urteil bekommen werden."Es erwächst dem Herausgeber so die Pflicht, seine ungünstigeBeurteilung der Wolfschen Arbeiten zu begründen oder zuändern, was hier mit der Gewissenhaftigkeit und Zurückhaltungversucht werden muß, die einem Manne wie Wolf gebühren, dessenstädtebauliche Arbeiten der Herausgeber, lange bevor erihren Urheber persönlich kennen lernte, oft dem amerikanischenund deutschen Publikum im Druck und in Vorträgen als mustergültigvorgeführt hat.Auch die baulichen Arbeiten Paul Wolfs enthalten viel Schönes,das dankbar gewürdigt werden kann. So zeigen z. B, die hier mitgeteiltenAbbildungen 1, 3, 4 und 10 klare kubische Massen;Abb. 5 zeigt ein Treppenhaus von edler Einfachheit» Abb. 17einen schönen Kuppelbau, Abb. 29 eine Anordnung von großerSachlichkeit, Andererseits läßt sich aber einwenden, daß dieseund andere schöne Dinge durch die unmittelbare Nachbarschaftvon Gestaltungen geschädigt werden* die an der Formkraft des Baumeisterszweifeln machen. So sieht man auf Abb. 1 hinter dem alsGesamtmasse überzeugend wirkenden langen Bau des Vordergrundeseinen Risalit vorspringen (Abb. 2), der zu schmal ist, um den langenBau meistern zu können. Die verhältnismäßige Schwäche diesesRisalits bleibt bestehen trotz seiner schweren Formen, die — gleichvielob sie etwa romanisch oder modern sein sollen •— kaum jenesMindestmaß feiner Durchbildung zeigen, auf das wir nach demWirken Messeis und Ludwig Hoffmanns Anspruch machen dürfen.Vor den schmächtigen Giebeln der Rückseite desselben Schul*baues (Abb. 3) sieht man die schöne Masse der Turnhalle geschädigtdurch den etwas plumpen Vorbau des Einganges unddurch die spielerischen Eckaufbauten auf dem Dache. ÄhnlicheDachaufbauten findet man auf dem sonst ganz ausgezeichnet wirkendenKraftwerke in Abb. 4. Die Strebepfeiler an den Ecken,als deren oberer Abschluß die Dachaufbauten gedacht sind,mögen (ähnlich wie die der Turnhalle in Abbildung 3) als Tragerfür praktische Zwecke im Inneren willkommen sein. TrotzdemAbb. 4 l Kraftwerkam „SchnellenGraben",HannoverArchitekt: PaulWolf, Dresden173


WH*+—+•I IMI IAbb. 5 I Studentenhaus Dresden / Treppenhaus / Architekt; Paul Wolf, Dresden Abb,6—8 / Studentenhaus Dresden Grundrisse / Vgl. Abb. 5, 9—77Abb. 9 I StudentenhausDresden / FestsaalArchitekt: Paul Wolf,DresdenVgl. Abb. 5—8, 1O t 11174


wirkt ihre gotisierendeSichtbarmachungnach außen fast etwaswie ein Widerspruchzu der Sachlichkeit,die man bei einemmodernen Kraftwerke(oder einermodernenSporthalle)erwartet. Die ebenfallsganz vorzüglicheGesamtmasse desStudentenheims (AbbildunglO)wird entstelltdurch einen ausderErdespringendenverquackten Spi lzbogenmit rechteckigerTür dahinter undrechteckigen Fensterndaneben (Abb. 11),einer jener scheußlichenGrotesken, vondenen man hoffendurfte, daß sie längstin die Kitsch- undRumpelkammer desIuflations- Modernismusverstaut wordenseien, (Statt dessenist neuerdings auchder Ausbau derBerlin-SchönebergerCeciliengärten durchderartige Groteskenentweiht worden. Dadie mustergültigestädtebauliche Gesamtanlageder „Ceciliengärten"auf PaulWolfs SchonebergerTätigkeit zurückgeht,ist zu fürchten, daßseine baulichen Aus»Schweifungen inDresdenrückwirkend auchseiner vorzüglichenstädtebaulichenSchöpfung in Schöneberggeschadet haben.)Dem groteskenEingang des DresdenerStudentenheims(Abb.ll) wurden vomBaumeister zwei blumentisch-tragendeBetonklötze vorgestellt,deren Maßstablosigkeitvortrefflichzu demmaurischen Spitzbogendahinter paßtund der Eingangstürund den FensternHohn spricht. Ver-Abb. 10 und 11 ! Studentenhaus, Dresden / Architekt: Paul Wolf. DresdenOben: Straßenansicht j Unten: Hauptaingang • • , . < •.wandte Inflations-Spitzbogen sieht man auf Abb. 27—30. Wo sie nur in ihrer eigenen Gesellschaft auftreten,wie in Abb. 27, bleiben sie erträglich. Wo sie sich aber, wie in Abb. 28 und 30, neben rechteckige Fensterstellen, wirkt die Verwischung oder Versackung der Kämpferhöhen so unangenehm, daß selbst der schönstemaurische Brunnenhof daneben nicht entschädigen kann.Eine andere Art phantastischer Bogen sieht man in Abb. 26; dort zeigt die Verglasung rechts das Miß-175


Abb. 12a / Biirgerheim Dresden / Erweiterungsbau j Architekt: Paul Wolf, Dresden Abb,12 ! Pflegersiedlung, Dresden / Architekt: Paul Weif, DresdenAbb. 13 I Stadtbank, Dresden / Neue Innentreppe j Architekt: Paul Wolf, DresdenAbb. 14 l Städtisches Planetarium / Offene Vorhalle / Architekt: Paul Wolf f DresdenVgl. Abb. 15 bis 18176


Abb. 1b bis 18 I Planetarium, DresdenArchitekt: Paul Wolf, DresdenNebenstehend (Abb. 15): HauptansichtMitte links (Abb. 16): EingangshalleMitte rechts (Abb. 17): RückansichtUnten (Abb. 18): Nahaufnahme derHanptansicht (vgl. Abb. 14)177


Abb, 19 und 20 / Neues Männerobdach, Dresden / Architekt: Paul Wolf, Dresden f vgl. Abb. 21Verhältnis zwischen dem praktischen Verlangen nach Senkrechtenund der historisierend- oderspielerisch-„modern" gebogenen Form,während der linke, teils mit Mauerwerk» teils mit Holz gefüllteBogen eine besondereForm des Inflations-„Expressionisittus"zeigt: das Exzentrische.'Auf demselben Bilde(Abb, 26) sieht manneben dem hochmodernenexzentrischenRundbogeneingfangeinen ägyptisierenden,pharaonengrabmäßigen.Die gewaltigespitz vorkragende Betonplatteüber demEingang ist gestütztvon dossierten massigenPfeilern und trägteinen Erker. Daß Erkerauch ohne derart gewaltigeUnterstützung,ja gar ohne irgendwelcheUnterstützungunvermittelt in die Lufthängen können, zeigtspöttisch Abb. 12, wodie Backsteine derErker auf einer dünnenEisenschiene zu ruhenscheinen. Man denkesich von dem Hause imHintergrund von Abbildung^den fremdvor die Mitte gehängtendreieckigen Erkerweg, und man hat einenhöchst achtbaren Bau.Das Dreieck war dasAbb. 21 j Neues Männerobdach,Dresden / EingangArchitekt: P. Wolf, Dresdenvgl. Abb. 19 und 20Lieblingsschmuckstück der hoffentlich für immer versunkenen Inflationszeit.Ahnlich wie in Abb. 12 und 26 finden sich dreieckigeVorbauten auf Abb. 18 und 21, wo sie sogar in die Hauptachsegelegt sind.BeiAbb.18läßt sich zur Entschuldigungder peinlichenW\Wirkung vielleicht sagen,daß durch dasDreieck etwas wie zweiEingänge und dadurcheine Ordnung des Verkehrsangedeutet wird.In Abb. 21 (vgl. auchAbb. 20) aber stürztsichderHauptzugangswegstracks in dieSchneide des vorgestrecktenSchwertes.Etwas Peinlicheres istschwer denkbar. DasRaumempfinden dergroßen Zeit im künstlerischenStädtebauempfing oft den Hauptzugangswegmittelseiner vorhofartigenEinbuchtungdesBaues.Diekonkaven Fassaden desBarock leiteten ihre Berechtigungaus diesemgastfreundlichen Feingefühleher. Es ist erstaunlich,wie sehr PaulWolf, der als StädtebauerRaumgefühl bewiesenhat, es als Architektmanchmal ganz zuentbehren scheint.Der Eingang zumPlanetarium (Abb. 18und auch Abb. 14) stehtin eigentümlichem Gegensatzzu dem dahinterliegendenKuppelbau.Wer würde vor178


Abb. 22 und 23 / Straßenbahnhof Walther*Straße, Dresden (vgl. Abb. 24—26) i Architektonische Gestaltung: Paul Wolf, DresdenLinks: Molle mit Vorplatz / Rechts: Inneres der Halledem spitz vorstoßenden Gebilde der Abb. 18 je glauben, daß esder Diener des Kuppelbaues (Abb. 17) sein könne?Die schlammigen Doppelkapitelle im Innern (Abb. 16) wirkennicht als verwandt,aber als ebenso maßstabloswie die grobausladenden Platten,die in Kämpferhöheunter die Rund bogendes Eingangs (Abbildung14) gezogensind. Die senkrechtenhellen Streifen, diesich außen auf diesenRundbogen totlaufen,passen zu derBrutalität der Kämpferplatten.Diese grobenund dann dochwieder „profilierten"Platten werden womöglichnoch überbotendurch die „Profile"in Abb. 24. Aufdossierten Untersätzenergehen sichdort die Pfeiler inVerdünnungen undVerdickungen, diestaunend fragen machen;Soll das nun„Renaissance" odersoll das „modern"sein?DerinAbb.19u.20erscheinende Bau erhälttrotz der bereitserwähnten spitzenZuckungen des Mittelrisalitsetwas vongroßzügiger Einheitlichkeitdurch starkeBetonung der Hori*zontalen. Obgleichdas Umspannen derHäuser mit dichtenstreifbandähnlichenHorizontalen leicht etwas karnevalesk wirkt und deshalb eine derLieblingswirkungen der Inflationszeit war, kann bei unbeirrter Anwendungim Großen schließlich doch wieder etwas einheitlich Ruhigesherauskommen.Peinlichjedoch wird dieWirkung leicht, wennwie in Abb. 25 dieHo rizontalität aufeine Schauseite odergar nur ein Stückeiner Schauseite beschränktist und wenndaneben vertikaleZackungen gestelltsind. Die vertikalen,gezackten\orsp rü ngesind im Vordergrundder Abb. 25 wenigstensnoch verhältnismäßigbreit; dieVertikalenim Hintergrundwirken um somagerer neben dermächtigeren Horizontalgliederung.Zeugennicht diese gewaltsamenBetonungender Horizontalenoder Vertikalen auchein wenig von Lärmbedürfnis?Ist nichtauch das vielfältigeZickzack, das Wändeund Decke des Speisesaalsin Abb. 9 beunruhigt,etwas laut ?Steht nicht das massiveGeländer in Abbildungl3fremdartigwie eine Badewanneim Treppenhaus?Abb. 24 I StraßenbahnhofWalther-Straße, DresdenEingang zur Bahnhofs^Verwaltung / Ardiitekt;Paul Wolf, Dresdenvgl, Abb. 22, 23, 25 und 26179


Abb. 25Strapenimhnhof Walther-Straße, Dresden / Verwaltungsgebäude mit Wohnhausgruppe j Architekt: Paul Wolf, Dresdenvgl. Abb. 22 bis 24 und 26In der Straßenbahnhalle (Abb. 23) von Wayss & Freytag- und Professor E. Morsch wurden die Bogenals Zweigelenkbogen mit Zugband ausgebildet (Spannweite 33,5 m). Es wäre wissenswert, wie großdie Ersparnis, verglichen mit einer freien Halle (d, h. also ohne die Verschneidung des überwölbfenRaumes durch die horizontalen Zugbänder), gewesen ist. Wenn es zweifelhaft sein könnte, ob der so starkverschnittene Hallenraum ein Ergebnis technischer oder wirtschaftlicher Notwendigkeiten und nicht etwanur die Folge mangelnder Kühnheitdes Baumeisters war, so hates sicher dem Baumeister desunendlich langen Fensters derAbbildung 31 nicht an Kühnheitgemangelt. Abbildung 32 zeigt,daß das unendlich lange Fenstersogar um die tcke herumläuft;man kann einen der Betonbalken,welche die vorgekragtelange Wand über dem unendlichenFenster tragen, hinterder gläsernen Ecke schimmernsehen, Ist dieses unendlicheFenster mit der frei darüberschwebenden Wand etwa einSinnbild industrieller Sachlichkeit?Oder handelt es sich hierum eineningenieurromantischenKünstlerscherz? Soll dieserScherz eines auf unabsehbareLange gespannten Fensters etwanoch besonders handgreiflichdadurch gemacht werden, daßdem Torweg gleich darunter(vgl, Abb. 31) abgeschrägteEcken gegeben wurden, als obder Querbalken über dem Tordie Spannung ohne Konsolennicht überwinden könne? Aufder folgenden Seite (S- 183)findet sich ein Industriebau vonSchaeffer-Heyrothsberge, desseneinheitlich durchgezogenesBetonfachwerk dem Betrachterunbedingte Hochachtung vorder sehnigen Kraft des Eisenbetonsaufzwingt. Auch dortgibt es Sehr lange wagerechteFenster» aber sie laufen nichtum die Ecken herum und diesenkrechten Betonbalken Spielenselbst an den Ecken nichtVerstecken. Das Ergebnis istschön: edle Straffheit; auch dieFenster wirken, als säßen sieam rechten Platz. (Übrigensmöge auch zu diesem Bau aufS. 183 ein Bedenken vorgebrachtwerden : ist nicht das Profil desGesimses über dem zweiten Geschoßdurch unsachliche Formwünscheentstellt? Statt einerWassernase, die das Wasser vonder darunter befindlichen Wandabweist, hat dies Gesims eineForm, die das Wasser zur Wandzurückleitet. Das kann jedochdie ganz ausgezeichnete Gesamtwirkungdes Baues nichtAbb. 26 I Straßenbahnhof Walther-Straße, Dresden j Eingang zu denWohnhäusern / Architekt: Paul Wolf,Dresden / vgl. Abb. 22 bis 25180


eeinträchtigen, Man kann seineSchönheit erst recht würdigen,wenn man ihn mit einer früherenArbeit desselben Baumeistersauf S. 184 — vergleich t,derenvornehme Haltung noch durchallerlei formalistische Spielereienbeeinträchtigt wird. Wobeiallerdings zu berücksichtigenist, daß es sich bei der letztgenanntenArbeit um einenUmbau handelt und daß diegotisierend vorgezogenen Strebepfeilertatsächlich zur Festigungder stützungsbedürftigen„466. 27 / Georg-Arnhold-Bad, DresdenArchitekt: PaulMauern vorgebaut wurden.)Die Engländer und Amerikaner haben aus der Kriegszeit hersehr irreführende Bezeichnungen für gewisse Gewaltsamkeitender modernen deutschen Baukunst beibehalten. In bedauerlicherVerkennungder vornehmen Eigenschaften unseres Reichspräsidentenund unserer teutonischen Vorfahren nennen sie diejenige Art deutscherBaukunst, die z. B. an das Bruno Schmitzsche Volkerschlacht-denkmal erinnert: „Hindenburg-Architektur"oder „Teutonenstil".Es ist schwer, dieBauten Paul Wolfs nicht zudieser falsch benannten Art vonBaukunst zu rechnen. Es istaber sicher, daß — Gott seiDank! —- diese Art Baukunstnicht die einzige und hoffentlichbald auch nicht mehr diebeliebteste in Deutschland seinwird. Gerade in Dresden, woPaul Wolf heute seine zahlreichenBauten aufführt, wirkte/ Zuschauertribüne vgl. Abb. 28 bis 30Wolf, Dresdenbis vor kurzem Tessenow» dessenArbeitsweise sich sehr imGegensatz zu der Paul Wolfs in der Richtung liebevollerVerfeinerungund vornehmer Zurückhaltung bewegte. ^Tessenows veredelnder Einflußzeigt sich auch in ausgezeichneten Schülerarbeiien, von denen indiesem Hefte einige abgebildet sind. Man kann sich kaum etwas') Von Tessenow und seinen Schülern finden sich viele Arbeiten abgebildet in„Wasmuths Monatsheften* 1925, S. 365 ff. und 1926, S. 41, 263, 421.Abb. 28 l Georg-Arnhold-Bad, Dresden / Eingang / Ardiitekf: Paul Wolf, DresdenVgl. Abb. 27, 29, 30Abb. 29 j Georg-Arnhold-Bad, Dresden I Innenhof mit TrinkbrunnenArchitekt: Paul Wolf, Dresdenvgl, Abb. 27. 28, 30Abb. 30 ! Georg-Arnhold-Bad, Dresden j Hofansidit mit Umkleidekabinen undFußbadewannen / Architekt: Paul Wolf, Dresdenvgl. Abb. 27 bis 29181


Abb. 3} und 32 i Umformerwerk Dresden-Neustadt j Architekt: Paul Wolf, Dresden I Ingenienr-tecfinteche Anlage: Betriebsamt dar Stadt DresdenLiebenswürdigeres, Zurückhaltenderes und Höflicheres vorstellen alsz, B, die Schauseite des Hauses auf S. 171 oder den Andachtsraumauf S. 169. Kann man sich einen größeren Gegensatz dazu vorstellenals die Bauten Paul Wolfs? Ist es nicht unbegreiflich und einVerhängnis, daß man dem architektonisch feingebildeten Tessenowdie Gelegenheit zu größeren Arbeiten in Dresden versagte unddaß man sich statt seiner für den Bau des Hygiene-Museumsjetzt einen Baumeister nach Dresden geholt hat, dessen Arbeitsweiseder Formgebung- Paul Wolfs sehr viel näher verwandt ist als derTessenows? ? Nein! die Einheitlichkeit des modernen Dresdenwird dadurch gewinnen, und die Dresdener sollen „voll und ganz"haben, was ihnen nun einmal gefällt. Es hat allerdings in Dresdenandere Zeiten gegeben.Werner Hegemann182


<strong>IN</strong>DU<strong>ST</strong>RIEBAUTEN VON PAUL S C HAEFFE R - H EYR OTH S B E R G E, MAG D E B U R Gre;rn•ffTTTf] ffl-TfflJUUJ L—i 1JI! 11 __Abb. 1 bis 6 / ölfabrik Hubbe-Farenhrjltz G. m. b. H. Magdeburg / Unten: Ansicht des Kuchenschuppens Erbaut 1925 / Oben: Aufriß, Grundrisse und Schnitte 1: 500Architekt; Paul Sdiae/fer-Heyrothsberge, MagdeburgEisenbetonkonstruktion sdtalungsrauh ohne Verputz. Ausmauerung mit Ziegelsteinen von J /a und 7 Stein Stärke. Dach mit Ruberoid gedeckt.s" •• • • ""• ••"-• • • • . " • • '••-. •"•: ;••"; ' ":• • • 1 8 3


Neubau unter Benutzung der Baureste einer abgebrannten Fabrik. Die durch den Brand stark mitgenommenen stehen gebliebenen Mauern für die Aufnahme der Binderlastendurch die Pfeilervorlagen verstärkt. In dem ehemaligen Silo die Büros übereinander. Die große, niedrige Fabrikationshalle durch Oberlicht erleucfttef.Abb. 7—9 I Ölfabrik Hubbe-Farenholtz G.m.b.H., Magdeburg / Margarinefabrik j Erbaut 1922 f Oben: Aufriß 1:500 1 Unten: AnsichtenArchitekt: Paul Schaeffer-Heyrothsberge, MagdeburgAUS<strong>ST</strong>ELLUNG O<strong>ST</strong>ASIATISCHER BAUKUN<strong>ST</strong>Im Architekturmuseum der Technischen Hochschule, Charlottenburg1 befindet sich zurzeit eine wertvolle und reichhaltige Ausstellungchinesischer und japanischer Baukunst. Unter dem ausgestelltenMaterial fallen besonders chinesische Bauhandbücher auf»die große Reihe japanischer Tempeldarstellungen sowie umfangreicheWerkzeichnungen aus den Sammlungen Geheimrat Baltzer,Prof. Wach und Baurat Boerschmann, auf dessen zweibändigesWerk über Chinesische Architektur besonders verwiesen sei.*)WERKB'UNDAUS<strong>ST</strong>ELLUNG „<strong>DIE</strong> WOHNUNG"<strong>ST</strong>UTTGART, JULI BIS SEPTEMBER 1927Der Werkbundaussteliungf wird eine Internationale Plan- undModellausstellung Neuer Baukunst angeschlossen. Dieser Teil dergroßen Stuttgarter Veranstaltung soll die wichtigsten Probleme,mit denen sich die fortschrittlichen Baukünstler befassen, aufzeigen.Es werden nicht nur Wohnbauten, sondern auch Fabrik- und Büro-*) Ernst Boerschmann, Chinesische Architektur. 2 Bände gebunden Mlc. 160,Verlajr Ernst Wasmuth A. G„ Berlin184CHRONIKgebäude, Hochhäuser» Hallen und Garagen vorgeführt. Da nur Arbeitenvon Baukünstlern, die bahnbrechend gewirkt haben oder für diemoderne Baug-esinnung besonders typisch sind, ausgestellt werdensollen, so ist Beteilig-ung 1 an der Plan- und Modellausstellung nur aufEinladung hin möglich. Für Deutschland wird der künstlerischeLeiter der Werkbundausstellung, Architekt Mies van der Rohe,Berlin, das Material sammeln. Im Ausland werden die Einladungendurch geeignete Vertrauensleute der einzelnen Länder erlassen.E<strong>IN</strong> AUSLÄNDISCHES URTEIL ÜBER„WASMUTHS MONATSHEFTE"„Rig-asche Rundschau" von 9. Dezember 1926.„Die von Werner Hegemann geleiteten Monatshefte desArchitekturverlages Wasmuth werden in der ganzen Welt gelesenund gelten als führend in allen Fragen der heißumstrittenenForrnprobleme der Gegenwart, Hier werden die allerneusten Bauleistungeneiner eingehenden, maßvoll gehaltenen Kritik unterzogen,bei der die sachliche Ruhe einer Ablehnung allzu extremerVersuche ebenso erfreulich ist, wie die schonungslose Abwehrkunstwidriger Gesinnung gewisser offiziöser Kreise".

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