13.07.2015 Aufrufe

10 Über die gesetzliche Verantwortung in Sachen Medikation

10 Über die gesetzliche Verantwortung in Sachen Medikation

10 Über die gesetzliche Verantwortung in Sachen Medikation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!

Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.

vs. §<strong>Über</strong> <strong>die</strong> <strong>gesetzliche</strong> <strong>Verantwortung</strong> <strong>in</strong> <strong>Sachen</strong> <strong>Medikation</strong>.Im Alter ist der Erhalt e<strong>in</strong>er gewissen Lebensqualität oft an <strong>die</strong> E<strong>in</strong>nahme e<strong>in</strong>er Vielzahl vonMedikamenten gebunden. Diese <strong>Medikation</strong> benötigt wiederum e<strong>in</strong>e Vielfalt von Beteiligten <strong>die</strong> von derVerschreibung über <strong>die</strong> Dosierung bis h<strong>in</strong> zur E<strong>in</strong>nahme den Kranken, Alten oder Pflegebedürftigen beider Verwaltung <strong>die</strong>ser Arznei behilflich, sprich unerlässlich s<strong>in</strong>d.Die Verschreibung e<strong>in</strong>es Medikaments erfolgt somit durch den Arzt der hierfür vom Gesetz her alle<strong>in</strong>zuständig ist, da es sich um e<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>isches Verfahren handelt (acte médical). Die Zubereitung und <strong>die</strong>Ausgabe unterliegen dem Apotheker und schlussendlich <strong>die</strong> Verabreichung den Kranken-, Alten- odersonstigen Pflegern.Das Allgeme<strong>in</strong>recht sieht vor, dass jeder für se<strong>in</strong>e Handlung verantwortlich ist und für eventuelleSchäden, <strong>die</strong> er Dritten zufügt, aufkommen muss.So auch <strong>in</strong> der <strong>Medikation</strong>. Begeht der Arzt bei der Verschreibung des Medikaments e<strong>in</strong>en Fehler(falsches Medikament, falsche Dosierung…) welcher dem Patient e<strong>in</strong>en Schaden zufügt muss er für<strong>die</strong>sen Schaden aufkommen. Wenn der Apotheker sich <strong>in</strong> der Zubereitung des Medikaments irrt ist erhierfür haftbar.Das gleiche Pr<strong>in</strong>zip gilt am Ende der Kette wo oft e<strong>in</strong> Pfleger <strong>die</strong> Verwaltung der Medikamenteübernimmt welche sich wiederum <strong>in</strong> mehrere Handlungen unterteilt:- sie beg<strong>in</strong>nt mit der Zubereitung der Medikamente für deren Verabreichung (1)- sie umfasst dann e<strong>in</strong>e Aufklärungspflicht <strong>in</strong>sofern der Empfänger über se<strong>in</strong> Medikament <strong>in</strong>formiertwerden will (2)- es folgt <strong>die</strong> Verabreichung begleitet von e<strong>in</strong>er <strong>Über</strong>prüfung ob das Medikament tatsächlich durchden Empfänger genommen wurde; <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Zusammenhang stellt sich <strong>die</strong> Frage was tun, wenn e<strong>in</strong>ePerson sich weigert se<strong>in</strong> Medikament e<strong>in</strong>zunehmen? (3)- zusätzliche Probleme können entstehen, wenn Pfleger verschiedene Medikamente vonverschiedenen sogenannten zuständigen Personen, seien <strong>die</strong>se der behandelnde Arzt,Familienangehörige, Arbeitskollegen…,zur Verabreichung an e<strong>in</strong>e Person übergeben bekommen,ohne dass <strong>die</strong>se jedoch darüber Bescheid wissen, was der Pfleger se<strong>in</strong>erseits auch nicht weis , ob<strong>die</strong>se Medikamente mit anderen schon zu nehmenden Medikamenten verträglich s<strong>in</strong>d. (4)(1) Die Zubereitung e<strong>in</strong>es Medikaments durch den Pfleger. Diese Zubereitung ist nicht mit der desApothekers zu verwechseln. Die Zubereitung des Apothekers besteht dar<strong>in</strong> <strong>die</strong> gute Dosierung bei derMischung von bestimmten Produkten gemäss den Anweisungen des Arztes zu erreichen. DieseHandlung ist alle<strong>in</strong> dem Apotheker vorenthalten.Die Zubereitung des Pflegers beschränkt sich auf <strong>die</strong> Handlung vor der E<strong>in</strong>nahme wie das Sortieren derrichtigen Anzahl von Pillen, das Füllen der Spritze oder das Anlegen e<strong>in</strong>er Infusion. Begeht der Pflegerhier e<strong>in</strong>en Fehler welcher dem Patienten e<strong>in</strong>en Schaden zufügt, ist er hierfür verantwortlich.Falls sich jedoch bei e<strong>in</strong>em zugefügten Schaden herausstellt, dass der Fehler bei der Verschreibung oderder Dosierung <strong>in</strong> der Apotheke gemacht wurde, s<strong>in</strong>d der Arzt oder Apotheker haftbar. DieRechtsprechung sieht hier jedoch vor, dass der Pfleger ausnahmsweise mitverantwortlich gemachtwerden kann falls <strong>die</strong>ser, <strong>in</strong> Anbetracht se<strong>in</strong>er Qualifikation, e<strong>in</strong>en vom Arzt oder Apothekerbegangenen groben Fehler hätte bemerken müssen und somit <strong>in</strong> der Lage gewesen wäre, den Schadenzu vermeiden.


(2) <strong>Über</strong> <strong>die</strong> Aufklärungspflicht. Da <strong>die</strong> Verschreibung und Zubereitung der Pharmazeutika Arzt undApotheker zustehen, obliegt ihnen an erster Stelle <strong>die</strong>se Aufklärungspflicht. Kranken- oder Altenpflegersollten sich somit enthalten, Informationen an den Patienten zu erf<strong>in</strong>den oder zu erahnen sondern sichvielmehr selbst bei Arzt oder Apotheker über eventuelle Auswirkungen des zu verabreichendenMedikaments erkundigen um <strong>die</strong>se dann an den Betroffenen weiterzuleiten.Der Pfleger ist somit verantwortlich für jede improvisierte falsche Information, welche für denEmpfänger negative Folgen haben würde.(3) Verabreichung und <strong>Über</strong>prüfung durch den Pfleger. Diese Handlung besteht dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Person e<strong>in</strong>Medikament e<strong>in</strong>nehmen zu lassen.Die <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Bereich häufige Rechtsprechung deutet darauf h<strong>in</strong>, dass wohl hier <strong>die</strong> meisten Fehlerbegangen werden. Verwechslungen <strong>in</strong> der Anzahl der Pillen, Verletzungen bei schlecht gesetzten odernicht sterilen Nadeln und Spritzen, Verwechslung der Patienten bei der Verabreichung <strong>in</strong>Mehrbettzimmern….führen regelmäβig zu gravierenden Körperverletzungen bis h<strong>in</strong> zum Tod. Beischwierigen Patienten <strong>die</strong>, sei es weil sie Angst haben oder wegen ihres jungen oder fortgeschrittenenAlters sich zu wehren versuchen und so <strong>die</strong> sichere Verabreichung beh<strong>in</strong>dern, verlangt <strong>die</strong>Rechtsprechung vom Pfleger, dass er sich Hilfe holt vielmehr als dem Empfänger <strong>die</strong>se Handlung unterVerletzungsgefahr aufzudrängen.Zu e<strong>in</strong>er gewissenhaften Verabreichung gehört laut Rechtsprechung e<strong>in</strong>e <strong>Über</strong>wachung der E<strong>in</strong>nahmedurch den Pfleger. Sie erfolgt sowohl bei als auch nach der E<strong>in</strong>nahme. Bei der E<strong>in</strong>nahme soll soverh<strong>in</strong>dert werden, dass der Empfänger schummelt und das Medikament letztendlich doch nichte<strong>in</strong>nimmt. Nach der E<strong>in</strong>nahme soll <strong>die</strong> <strong>Über</strong>wachung dem Pfleger ermöglichen, bei eventuellen Vorfällenoder Reaktionen auf das Medikament rasch e<strong>in</strong>zugreifen.Weiterh<strong>in</strong> ist der Pfleger haftbar für das Material, welches er bei der Verabreichung benützt. Die Spritzemuss perfekt steril und das Medikament nicht abgelaufen se<strong>in</strong>. Fahrlässigkeiten unterliegen hier derHaftung des Pflegers beziehungsweise dessen Arbeitgebers (siehe <strong>in</strong> f<strong>in</strong>e).Was nun, wenn der Empfänger <strong>die</strong> E<strong>in</strong>nahme verweigert? Kann ihm <strong>die</strong>se aufgezwungen werden?Rechtlich gesehen ist <strong>die</strong>ses Verhalten e<strong>in</strong>er Verweigerung der Pflege gleichgestellt. DiePflegeverweigerung e<strong>in</strong>es Patienten ist derzeit <strong>in</strong>ternational von der Rechtsprechung anerkannt. DieseRechtsprechung f<strong>in</strong>det ihren Ursprung <strong>in</strong> Prozessen, <strong>die</strong> Zeugen Jehovas anlässlich aufgezwungenerBluttransfusionen veranlasst hatten und Recht bekamen. Voraussetzung für den Arzt oder dasPflegepersonal <strong>die</strong>ser Verweigerung statt zu geben ist jedoch, dass <strong>die</strong>se dem richtigen Willen desBetroffenen entspricht. Verfügt <strong>die</strong>se Person, aus Alters- oder Krankheitsgründen, nicht mehr über ihren„klaren Willen“, kann sich das behandelnde Personal über <strong>die</strong>se Verweigerung h<strong>in</strong>wegsetzen. DieRechtsgrundlage hierfür ist, dass bei mangelndem klarem Verstand angenommen wird, dass sich derBetroffene über <strong>die</strong> Tragweite se<strong>in</strong>er Verweigerung nicht bewusst se<strong>in</strong> kann. Die Beweislast über denMangel <strong>die</strong>ses klaren Willens im Moment der Verweigerung des Empfängers liegt im Falle e<strong>in</strong>er Klagebeim Pflegepersonal.(4) Die Polymedikationsfalle. Die Situation ist folgende: e<strong>in</strong> Pflegebedürftiger bekommt anlässlich se<strong>in</strong>erKranken- oder Altenpflege e<strong>in</strong> oder mehrere Medikamente verabreicht, <strong>die</strong> ihm vom behandelnden Arztverschrieben wurden. E<strong>in</strong> Familienmitglied des Pflegebedürftigen oder e<strong>in</strong> Arbeitskollege des Pflegers,welcher sich um den Patienten bekümmert, bittet <strong>die</strong>sen, dem Patienten doch bitte e<strong>in</strong> zusätzlichesMedikament aus <strong>die</strong>sen oder jenen Gründen jeden Morgen und jeden Abend zu verabreichen.Der Pfleger wäre hier gut beraten, <strong>die</strong>ser Gefälligkeit nicht bl<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>gs Folge zu leisten da hier gleichmehrere rechtliche unterschwellige Zeitbomben zu zünden drohen.


Es sei zum ersten daran er<strong>in</strong>nert, dass <strong>die</strong> Pfleger im Gesundheitswesen verpflichtet s<strong>in</strong>d, sichstrengstens an <strong>die</strong> <strong>gesetzliche</strong>n Bestimmungen zu halten, welche ihre Kompetenzen undZuständigkeiten genauestens def<strong>in</strong>ieren. Wenn auch das Verabreichen von Medikamenten <strong>in</strong> dessenZuständigkeitsbereich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>fällt, so müssen <strong>die</strong>se Medikamente jedoch vorerst durch e<strong>in</strong>en Arztverschrieben worden se<strong>in</strong>. Der Arzt ist vom Gesetz her alle<strong>in</strong> zuständig um <strong>die</strong>s zu tun da es sich hier ume<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>isches Verfahren (acte médical) handelt welches ausschlieβlich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Kompetenzbereichfällt. Demzufolge, wenn der Pfleger auf guten Glauben h<strong>in</strong> und ohne e<strong>in</strong>e vom Arzt vorliegendeVerschreibung e<strong>in</strong> Medikament, welches ihm e<strong>in</strong> Dritter vorlegt, verabreicht, droht <strong>die</strong>ser sich derillegalen Ausübung der Mediz<strong>in</strong> strafrechtlich schuldig zu machen. Bedarf <strong>die</strong> <strong>Medikation</strong> ke<strong>in</strong>erärztlichen Verschreibung besteht <strong>die</strong>ses Risiko nicht.Verschreibt e<strong>in</strong> Arzt e<strong>in</strong>em Patienten e<strong>in</strong> Medikament tut er <strong>die</strong>s unter Berücksichtigung desseneventueller Allergien und/oder Unverträglichkeiten <strong>die</strong> er genauestens kennt. Erhält nun der Pfleger e<strong>in</strong>Medikament von irgende<strong>in</strong>em Dritten kann er nicht wissen, <strong>in</strong>wiefern <strong>die</strong>ser Dritte auf eigene Initiativehandelt, im Unwissen über jegliche Allergien oder Unverträglichkeiten des Patienten, oder nachBeratung e<strong>in</strong>es Arztes. Sagt <strong>die</strong>ser Dritte er würde auf Verschreibung e<strong>in</strong>es Arztes <strong>die</strong>ses Medikamentbr<strong>in</strong>gen sollte der Pfleger dennoch vorsichtig se<strong>in</strong> und nachfragen, ob es sich hier um den üblichbehandelnden Arzt des Patienten handelt oder um e<strong>in</strong>en Arzt, der den Patienten und dessenVergangenheit sowie <strong>die</strong> Medikamente, <strong>die</strong> er schon verabreicht bekommt, vielleicht nicht so gut kennt.Unterlässt der Pfleger <strong>die</strong>se Nachfragen riskiert er im Falle e<strong>in</strong>es Schadens durch se<strong>in</strong>e Fahrlässigkeit zur<strong>Verantwortung</strong> gezogen zu werden.Die Ausrede, das Medikament wäre ihm doch durch jemand anders zwecks Weiterverabreichungübergeben worden wird der Richter dem Pfleger wohl kaum für gut halten. Die Pfleger sollten sich sehrwohl bewuβt se<strong>in</strong>, daβ ihr Stand nicht der e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>fachen Handlangers der Ärzte, Apotheker odersonstiger Dritter ist sondern der e<strong>in</strong>er qualifizierten Profession mit e<strong>in</strong>em gesetzlich festgelegtenZuständigkeitsbereich sowie der daran hängenden <strong>Verantwortung</strong>en. Aufmerksamkeit und Initiativeerwarten sich sowohl <strong>die</strong> Pflegebedürftigen als auch <strong>die</strong> Richter vielmehr als gefügiges Kopfnicken.Sollte dem Pfleger nun trotz aller Vorsichtsmaβnahmen dennoch e<strong>in</strong>en Fehler unterlaufen, welcher demPatienten e<strong>in</strong>en Schaden zufügt muss er zivilrechtlich das Opfer für <strong>die</strong>sen Schaden entschädigen. Diesfällt jedoch meistens auf den Arbeitgeber des Pflegers zu welcher laut den Bestimmungen des Code Civilsowie des Code du Travail <strong>die</strong> <strong>Verantwortung</strong> für se<strong>in</strong> Unternehmen und <strong>die</strong> Schäden, <strong>die</strong> se<strong>in</strong>eAngestellten verursachen, trägt. Nur im Falle e<strong>in</strong>es schwerwiegenden Fehlers hat der Arbeitgeber <strong>die</strong>Möglichkeit, Rekurs gegen se<strong>in</strong>en Angestellten zu nehmen und <strong>die</strong> Rückerstattung des von ihmausgeglichenen Schadens zu beantragen.Strafrechtlich gesehen bleibt der Pfleger jedoch alle<strong>in</strong> dem Gesetz gegenüber verantwortlich da <strong>die</strong>seArt von <strong>Verantwortung</strong> nicht vom Arbeitgeber übernommen wird. Hier droht dem Pfleger e<strong>in</strong>eStrafanzeige wegen willentlicher oder unwillentlicher Körperverletzung, Vergiftung oder fahrlässigerTötung da <strong>die</strong> Folgen e<strong>in</strong>er falschen Verabreichung e<strong>in</strong>es Medikamentes meistens e<strong>in</strong>en körperlichenSchaden mit sich br<strong>in</strong>gen.In der Praxis haben <strong>die</strong> Pfleger hier <strong>in</strong> Luxemburg jedoch derzeit ke<strong>in</strong>en Grund zur Sorge. DieRechtsprechung der letzten hundert Jahre hier zu Lande berichtet kaum über Streitfälle bei denen <strong>die</strong><strong>Verantwortung</strong> Pfleger <strong>in</strong> <strong>Sachen</strong> Verabreichung von Medikamenten <strong>in</strong> Frage gestellt wurde. Dennochsollte man <strong>die</strong>sen Zustand nicht überbewerten. Anlässlich e<strong>in</strong>er Konferenz über hiesiges Thema, anwelcher der Unterzeichner vortrug, berichtete <strong>die</strong> Direktor<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Krankenhauses aus Lyon, daβ <strong>die</strong>offizielle Zahl der Todesfälle <strong>in</strong> Frankreich durch falsche <strong>Medikation</strong> bei 80.000 liegen würde. DieDunkelzahl, <strong>die</strong> der Realität wohl näher käme, schätze man auf das Doppelte.Pierrot SchiltzRechtsanwalt <strong>in</strong> der Kanzlei Penn<strong>in</strong>g-Schiltz-Wurth

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!