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Herpesvirus-Erkrankung am Katzenauge - BolligerTschuor

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<strong>Erkrankung</strong> <strong>am</strong> <strong>Katzenauge</strong>12© Katzen Magazin 1/09<strong>Herpesvirus</strong>-<strong>Erkrankung</strong><strong>am</strong> <strong>Katzenauge</strong>Das Feline <strong>Herpesvirus</strong> ist weit verbreitetin der Katzenpopulation. Neben Katzenschnupfensymptomenwerden vorwiegendVeränderungen im Bereich der Augenbeobachtet. Dabei reicht das Spektrumvon der leichten Bindehautentzündung biszu gravierenden Hornhautveränderungenmit Beeinträchtigung des Sehvermögens.Foto: M. CzolgoszewskiVon Dr. med. vet. Jürg Bolliger Dipl. ECVODas FVH-1 gehört zur F<strong>am</strong>ilie der Alpha-Herpesviren.Man vermutet, dass um die 80 Prozent der Katzen latentinfiziert sind. Bei ungefähr der Hälfte der infizierten Katzenwird das Virus spontan reaktiviert und gestreut. EineAusbreitung auf Hunde und andere Tierarten, sowie denMenschen, ist bis heute nicht bekannt.Das FVH-1 wird durch Herausniesen von Sekreten desoberen Respirationstraktes übertragen. Bereits 24 Stundennach Infektionsbeginn kann es gestreut werden. DieVirusausscheidung erfolgt während einer bis drei Wochen.Die akute Krankheitsphase dauert eine bis zweiWochen. Katzenwelpen können bereits in den erstenLebenswochen durch das Muttertier angesteckt werden.Dabei dringt das Virus über die Nasen-Maul-Schleimhautund über die Bindehaut in den Körper ein undverbreitet sich über den Rachenraum bis in die Bronchien.Während der Infektion wird auch das Nervengewebebefallen. Dorthin zieht sich das Virus während derLatenzphase zurück.KrankheitsbildBei der Erstinfektion mit dem FVH-1 zeigen die erkranktenKatzen Schnupfensymptome und beidseitigeBindehautentzündungen. Die Bindehaut ist gerötetund geschwollen. Der wässrige Augenausfluss wird mitzunehmender Krankheitsdauer schleimig-eitrig. Es könnenoberflächliche, kaum erkennbare, Hornhautverletzungenentstehen.In den meisten Fällen wird die Primärinfektion ohnebleibende Augenschäden überstanden. Bei Katzenwelpenkönnen jedoch Bindehautverwachsungen mit den Lidernund der Hornhaut entstehen. Durch solch ausgedehnteVerwachsungen kann das Sehvermögen beeinträchtigtwerden. Ist der Bereich der Tränenpunkte mitbetroffen,bleibt oftmals chronischer Tränenausfluss bestehen. Beiausgewachsenen, bereits infizierten Katzen, kann dieFolgeinfektion mit dem FHV-1 eine ein- oder beidseitigeBindehautentzündung verursachen.In schweren Fällen ist die Hornhaut mitbetroffen. Blutgefässewachsen in das Hornhautgewebe und es könnenfeine, linienförmige oder grossflächige Verletzungen entstehen.Bakterielle Folgeinfekte können zu gravierendenKomplikationen führen.Herpesassoziierte HornhautveränderungenHornhautentzündung und -verletzung: Das FVH-1kann Zellschäden im Bereich der Hornhaut verursachen.Bei der Ausbreitung entlang der Nerven in den oberflächlichenHornhautschichten entstehen linienförmige, sichverzweigende Läsionen. Die obersten Zellschichten könnensich auch grossflächig ablösen. Später wachsen Blutgefässevom Hornhautrand in das Hornhautgewebe ein.Hornhautsequester: Eine für die Katze einzigartigeHornhauterkrankung ist die Bildung von Hornhautsequestern.Dabei handelt es sich um eine Degenerationder Hornhautkollagenfasern, die begleitet wird von derEinlagerung brauner Pigmentstoffe. Diese entstehen nachVerletzungen der Hornhaut, FVH-1-Infektionen, aberauch durch chronische Irritationen von fehlwachsendenWimpern oder einrollenden Lidern. Eine Rassenprädispositionwird bei Perser- und anderen brachycephalenRassekatzen beobachtet.Eosinophile Keratitis (Proliferative Hornhautentzündung):Diese Hornhauterkrankung zeichnet sichdurch Gefässeinsprossungen der Hornhaut und durchSymptomeBei Katzenwelpen (Erstinfektion)• Schnupfen mit wässrigem bis schleimig-eitrigemAugen- und Nasenausfl uss• beidseits gerötete und geschwolleneBindehäute in stark betroffenen Fällen• Bildung von Entzündungsmembranen undunterschiedlich ausgeprägten Verwachsungender Bindehaut mit den Lidern und der Hornhaut• Hornhautläsionen mit GefässeinsprossungenBei ausgewachsenen Katzen (Folgeinfektion)• bei 45 % der infi zierten Katzen ist eineVirusreaktivierung möglich• ein- oder beidseitige Bindehautentzündungmit oder ohne Atemwegserkrankung• wässriger Augenausfl uss• ein- oder beidseitige Hornhautveränderungen(Blutgefässe, Trübungen, Verletzungen)Das FHV-1 wird durch Tröpfchen beim Niesen, aberauch über die Hände, Futtergeschirre, Katzenkistchenund Transportboxen übertragen. Der grösste Teil derinfi zierten Katzen bleibt Virusträger. Stressfaktorenwie Geburt, Laktation, Ferienheimaufenthalt, Neuzugängevon Katzen, Ausstellungen, unterliegende Virusinfektionen(Felines Leukosevirus, Felines Immundefi -zienzvirus) und Behandlungen, die das Abwehrsystemschwächen, können das FVH-1 aktivieren. Das FHV-1überlebt in der Umgebung ungefähr 18 Stunden.© Katzen Magazin 1/0913


<strong>Erkrankung</strong> <strong>am</strong> <strong>Katzenauge</strong>Katzenwelpe mit Augenentzündungen und starkem Nasenausfluss.weissliche Auflagerungen mit eosinophilen, weissenBlutzellen aus. Die Ursache dieser Eosinophilen Keratitisist nicht bekannt. Ein immunbedingter oder allergischerProzess wird vermutet. Zusätzlich konnten inzahlreichen Fällen Herpesviren nachgewiesen werden.Ebenfalls wurde das Auftreten dieser Hornhautentzündungnach FHV-1-Infektionen gesehen.KomplikationenVerminderte Tränenproduktion: Die virusbedingtenBindehautverwachsungen können zum Verkleben derTränendrüsenausführgänge führen. Vermutlich wirddas Tränendrüsengewebe auch direkt durch die Virusinfektionzerstört. Beide Prozesse führen zu einer vermindertenTränenausscheidung und zum Austrocknender Augenoberfläche.Bakterielle Hornhautinfektion: Das FHV-1 schädigtdie oberflächlichen Zellschichten der Atemwege undder Augenoberfläche. Dies erhöht das Risiko von sekundären,bakteriellen Infektionen. Bei der Hornhautkann dies zu gravierenden Problemen führen. Bakterienenzymekönnen die Hornhaut innert ein bis zweiTagen durchschmelzen. Dies kann einen chirurgischenEingriff nötig machen oder sogar zum Verlust des Augesführen.eingesetzt. Die Virostatika werden vor allem beim Auftretenvon Bindehautverwachsungen, Hornhautschädigungenund bei langem Krankheitsverlauf angewendet.Da das FVH-1 Schädigungen der Gewebeoberflächenverursacht, werden zusätzlich zur Verhinderung von bakteriellenFolgeinfektionen Antibiotika verabreicht.Bei kurzem, unproblematischem Krankheitsverlauf zieltdie Behandlung vorwiegend auf eine Abschirmung vorSekundärinfektionen ab. Leiden die Katzen unter starkemSchnupfen, kann der Geruchssinn ausgeschaltet werdenund der Appetit ausbleiben. Solche Patienten müssen zurintensiven Betreuung hospitalisiert werden.Katzenwelpen sind gefährdet für Bindehautverwachsungen.Zuerst bilden sich zähe Membranen, die die Liderverkleben. Ein regelmässiges Lösen dieser Entzündungsmembranenkann die Ausdehnung der Verwachsungenreduzieren. Führen die Verwachsungen zu einer starkenBeeinträchtigung des Sehvermögens, kann mittels Chirurgieversucht werden, ein Teilsehrvermögen zu erhalten.Rezidive sind jedoch häufig. Grossflächige, nicht-heilendeHornhautverletzungen können ein chirurgisches Eingreifennötig machen. Dabei wird die Hornhaut oberflächlichabgetragen, um die Heilung zu aktivieren. DieAminosäure L-Lysin wird über das Futter verabreicht. Siescheint die Virusvermehrung und -ausscheidung sowiedie Krankheitssymptome zu reduzieren.KrankheitsprophylaxeAusgewachsene Katze mit alter Bindehautverwachsung auf der Hornhaut(linke Hornhautseite).Katze mit Herpesinfektion: Die Bindehaut ist entzündet und aufgequollen.Katzenwelpe mit herpesbedingten Bindehaut-Lid-Verwachsungen, diezum totalen Visusverlust führten.DiagnostikBindehautverwachsungen, Gefässeinsprossungen indie Hornhaut und Hornhautverletzungen sind verdächtigfür eine akute oder vorangegangene Herpesinfektion.Feine, linienförmige Hornhautläsionen sindtypisch für eine akute <strong>Herpesvirus</strong>erkrankung. Sinddiese Verletzungen in den oberflächlichsten Schichtender Hornhaut, können sie nur mit einem Spezialfarbstoff(Rosebengalfärbung) sichtbar gemacht werden.Die PCR-Untersuchung (Polymerase-Chain-Reaction)ermöglicht während der akuten Infektion den Nachweiskleinster Virusgenmengen. In der Virus-Latenzphaseverbleibt das FVH-1 im Nervengewebe und kann nichtmehr nachgewiesen werden.BehandlungsmöglichkeitenEs gibt keine Behandlung, die das FVH-1 aus demKörper eliminieren kann. Die Therapien zielen auf eineHemmung der Virusvermehrung ab. Dazu werden virushemmendeAugentropfen oder Tabletten (Virostatika)In Katzenzuchten, Tier- und Ferienheimen ist das Ansteckungsrisikobesonders hoch. Obwohl die Katzenschnupfenimpfungkeinen hundertprozentigen Infektionsschutzbietet, scheinen die Krankheitssymptome sowie dieVirusausscheidung bei geimpften Katzen reduziert zusein. Nach der Grundimmunisierung wird eine jährlicheImpfauffrischung empfohlen. Bei der Kätzin sollte dieAuffrischimpfung vor dem Decken durchgeführt werden.Das Stresspotenzial sollte innerhalb der Katzengruppenmöglichst gering gehalten werden (kleine Gruppen,Versteckmöglichkeiten, wenig Zu- und Abgänge). NeueKatzen sollten zuerst während zwei Wochen isoliert werden.Auch Katzen, bei denen Schnupfenanzeichen auftreten,sollten von der übrigen Gruppe getrennt werden.Katzenmütter mit ihren Welpen sollten nicht zus<strong>am</strong>menmit anderen Katzen gehalten werden, bis die Jungtieregeimpft sind. Um das Virus nicht innerhalb von Katzengruppenzu verschleppen, ist auf eine gute Hygiene zuachten. Futternäpfe, Katzenkistchen und z.B. Bürstenkönnen kont<strong>am</strong>iniert sein und müssen sorgfältig gereinigtund gegebenenfalls desinfiziert werden. Die Händesollten vor dem Kontakt mit anderen Katzen gründlichgewaschen und desinfiziert werden.Mit Rosebengal-Farbstoff sichtbar gemachte linienförmige, oberflächlicheHornhautschädigungen (oben).Brauner Hornhautsequester im Hornhautzentrum mit sekundärer, bakteriellerInfektion (gelber Hof).Fotos: zVgWeitere InformationenDr. med. vet. Jürg Bolliger Dipl. ECVOFachtierarzt für AugenerkrankungenKieferstrasse 2, CH-4665 Oftringen14© Katzen Magazin 1/09© Katzen Magazin 1/0915

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