Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
160<br />
Waden sowie der lässig an der Leine nebenher spazierende Dackel verdeutlichen die<br />
ironische Distanz des Malers zur blasiert wirkenden Person. Völker hat immer wieder an<br />
dem Bild gearbeitet <strong>und</strong> es letztlich, aus nicht bekannten Gründen, zerstört. Die kurz<br />
vorher entstandene Arbeit, die eine ältere Frau beim Kopieren des Bildes eines jungen<br />
Mädchens 984 in einer Galerie zeigt, ist eine Satire auf das Dilettieren in Kunst <strong>und</strong> das<br />
Fest-Halten-Wollen der Jugend, <strong>und</strong> sei es auch nur im Bild. Beide Werke stehen am<br />
Anfang einer Reihe ironisch-satirischer Kaffeehausbilder <strong>und</strong> der Porträtskizzen während<br />
seines Kuraufenthaltes.<br />
Im selben Jahr erschien das zweite Kunstheft der Juryfreien, in dem von Völker die<br />
„Dame mit H<strong>und</strong>“, „Arbeitspause“ – bekannt unter dem <strong>Titel</strong> „Arbeitermittagspause“ <strong>und</strong><br />
„Bahnhof“, d.h. eine Auswahl von Bildern, die er seit 1927 auf den Juryfreien<br />
Ausstellungen gezeigt hatte, abgebildet wurden. 985<br />
2.4. Kuraufenthalt <strong>und</strong> Zeichnungen<br />
Immer wieder fesselte Völker sein Magenleiden ans Bett, so auch am Jahresende 1929.<br />
Er nutzte diese Zeit u.a., um Fre<strong>und</strong>en zu schreiben. Aus einem Brief an Nagler geht<br />
hervor, dass er mit seiner Malerei unzufrieden war <strong>und</strong> nicht so recht vorwärts kam. Ihn<br />
beschäftigte zu dieser Zeit immer noch die „Jungfer mit dem Köter“, wie er selbst<br />
schrieb. 986 1930 gönnte er sich einen Kuraufenthalt für vier Wochen in<br />
Degersheim/Schweiz (Lugano). Leicht spöttelnd beschrieb er Elise Scheibe wie er sich<br />
„nach allen Regeln der Naturheilkunst bewaschen, begießen, bestrahlen“ 987 lasse. Für die<br />
Rückreise plante er Besuche in Zürich, Basel, Colmar <strong>und</strong> Straßburg ein. Doch zunächst<br />
war ihm, wie er heiter ironisch berichtete, der „Doktor Eisenbart...den ganzen Tag ... auf<br />
den Fersen <strong>und</strong> wenn er mich nicht mit Wasser begießt, so muß ich ins Bett, alles auf<br />
Befehl, denn die Schweizer Grenze soll in wenigen Wochen ein dicker Mops passieren,<br />
welcher nicht durch den Schlagbaum geht.“ 988 Nach der Kur teilte Völker an Nagler, dass<br />
er etwas aquarelliert habe, dies aber mangels geeigneten Papiers einstellen musste <strong>und</strong><br />
dann lediglich eine große Anzahl an Bleistiftzeichnungen entstanden. Von diesen<br />
schnellen <strong>und</strong> knapp skizzierten Porträts sind etwa 60 Blätter erhalten. Sie waren bislang<br />
nicht im Werkverzeichnis erfasst. Wenige Striche <strong>und</strong> gewischte Schatten reichten für die<br />
ausdrucksstarken, häufig ironischen, teils grotesken Darstellungen der Kurgäste: biedere<br />
Frauen mit Hut <strong>und</strong> Dauerwelle, markante professorale Männergesichter mit Schnauzer<br />
984<br />
‚Malerin beim Kopieren’.<br />
985<br />
Maler <strong>und</strong> Bildhauer der Juryfreien II, Berlin 1929, o.S.<br />
986<br />
StA Ce, NL KV, n.inv.<br />
987<br />
SLUB HA, Mscr. Dresd. App. 2533, 21.<br />
988 Ebd.