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Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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56<br />

Novembergruppe kam nicht zustande, obwohl ein enges Verhältnis sowohl<br />

programmatisch als auch personell bestand. 354<br />

Am 1. April 1919 hatte Walter Gropius die Leitung der Hochschule für bildende Kunst in<br />

Weimar, die schon wenig später in Staatliches Bauhaus Weimar umbenannt wurde,<br />

übernommen. Schnell kam es durch den Umbau der Schule zu Auseinandersetzungen.<br />

Die Studierenden setzte er mit Lehrlingen <strong>und</strong> Gesellen gleich <strong>und</strong> die Professoren<br />

„degradierte“ er zu normalen Handwerksmeistern. Bereits im Dezember 1919 begannen<br />

Angriffe auf die als spartakistisch-bolschewistisch bezeichnete Schule. 355 Die<br />

überregionale Presse griff den Streit auf. Zunächst richteten sich die Polemiken nur gegen<br />

die künstlerischen Richtungen, sie verstärkten sich aber in der Folge <strong>und</strong> stellten<br />

schließlich die weitere Existenz der Einrichtung in Frage. Sympathieerklärungen erhielten<br />

die Weimarer Bauhäusler u. a. von der Novembergruppe, dem Arbeitsrat für Kunst <strong>und</strong><br />

anderen deutschen Kunstschulen. Die „Arbeitsgemeinschaft freier Künstler“ 356 <strong>und</strong> die<br />

„Hallische Künstlergruppe“ 357 richteten am 15.1.1920 einen Brief an Walter Gropius, in<br />

dem sie sich mit ihm solidarisierten. Das Schreiben zeigt eindrucksvoll die für die Zeit<br />

typische pathetische, bildreiche, teils drastische Sprache.<br />

„Die hallischen Künstler an Walter Gropius!<br />

Mit Ihnen sind die Unterzeichner der Auffassung, daß die Kunsttat von heute frei sein<br />

muß; freier denn je eine Kunst war, weil sie der erste Laut einer durch Jahrtausende<br />

ungesprochenen <strong>und</strong> ungehört gebliebenen Sprache ist. Auch frei von Nation <strong>und</strong><br />

Rücksicht auf sie. Kunst ist Sprache des Menschen, der innerst ist; Künstler ist Zunge des<br />

Lebendigen; der Nationen Zunge aber ist Geschütz <strong>und</strong> Schwert, Parlament <strong>und</strong><br />

Verfügung die Tötung des Menschlichen sind. Wo Worte wie ‚national’ <strong>und</strong> ‚<strong>und</strong>eutsch’,<br />

‚semitisch’ <strong>und</strong> ‚antisemitisch’ fallen, da ist Gefahr für den Künstler. Wer vom Künstler<br />

verlangt ‚national’ zu sein, schleudert giftigen Pfeil gegen den Künstler <strong>und</strong> der<br />

Menschheit Brust. Unsere Gedanken <strong>und</strong> Empfindungen steilen in Entrüstung darob, daß<br />

einen solchen Kampf gegen die Verjüngung Menschen führen, die durch ihre Auffassung<br />

von Kunst allein beweisen, wie wenig teil sie an dieser haben; daß Menschen unter dem<br />

Vorwand, die Kunst, den Gipfel des Menschseins zu schützen, ihre Haß- <strong>und</strong><br />

354<br />

KLIEMANN 1969, S. 14.; NOVEMBERGRUPPE 1993, S. 15.<br />

355<br />

SCHÄDLICH 1989, S. 15. Zu Weimarer Widerständen gegen die Avantgarde vgl. ULBRICHT<br />

1999, S. 406-411.<br />

356<br />

Den Brief unterschrieben: Hermann Lange –Schriftsteller, Wilhelm Krüger – Maler, Paul Zilling –<br />

Maler, Hans Herbst – Maler, Willy <strong>Martin</strong>i – Glasmaler, Arnulf Peters – Maler; B. Tillwichs –<br />

Redakteur, Lisbeth Lange, Hanns Meickow.<br />

357<br />

Den Brief unterschrieben: Rose Schlesinger – Bildhauerin, Richard Horn (alias Borgk)–<br />

Bildhauer, Paul Horn – Bildhauer, Gerhard Bartels – stud.phil., Heinrich Staudte – Bildhauer, Karl<br />

Völker – Maler, Werner Lude – Maler, Schmidt-Callm – Maler, Kurt Völker – Maler, Dipl.-Ing. Georg<br />

Schramme - Architekt, <strong>Martin</strong> Knauthe – Architekt, Kurt Wieschala – Maler.

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