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EdithundRolf Zun<strong>de</strong>l


Dieses Buch, hervorgegangen aus <strong>de</strong>r vielbeachteten ZEIT-Serie, bietet eine in <strong>de</strong>r Form einzigartige,je<strong>de</strong>rmann verständliche, zugleich wissenschaftlichfundierte Einführungdie wesent-I ichen Richtungen gegenwä rti ger Psychotherapiedargestellt am Lebens- und Erkenntnisweg sowiean <strong>de</strong>r Arbeitsweise von zwölf repräsentativen"Leitfiguren(:Otto F. Kernberg Cerda tsoyesenMarie-Louise von Franz Karlfried Graf Dürckheim undCarl Rogers Maria Hippius-Cräfin DürckheiRuth CohnStanislav Groftlorst EberhardRichter Flilarion PetzoldVirginia Satir Ken WilberMara Selvini ?alazzoli


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Die Welt <strong>de</strong>r Psychotherapie istunübersichtlich gewor<strong>de</strong>n - fürviele ebenso verlockend wie verwirrend,für an<strong>de</strong>r ein unbekanntbedrohlicherBereich, Dieses Buchist das Ergebnis einer fünfiährigenOrientierungs- und Ent<strong>de</strong>ckungsreisein diese vielgestaltige Welt,Die Autoren, eine Psychologin un<strong>de</strong>in politischer Journalist (privatsind sie Ehepartner), folgen aufdieser Reise zwölf ,Leitfiguren <strong>de</strong>rPsychotherapieu auf ihrem Weg.Sie lasen das Wichtigste, was dieseweltwei t bekann ten TheraPeutenselbst und was an<strong>de</strong>re über siegeschrieben haben, sie sprachenmit ihnen, haben mit ihnengearbeitet - in Einzel-, Paar- o<strong>de</strong>rGruppentherapie,ln ihrem Buch nun gelingt es <strong>de</strong>nAutoren, für je<strong>de</strong> dieser Leitfiguren<strong>de</strong>n Zusammenhang von Biographie,Theorie und praktisch-therapeutischemTun aufzuzeigen - einebisher einmalige Darstellungsweise.Dementsprechend kann dasBuch auf verschie<strong>de</strong>ne Art gelesenwer<strong>de</strong>n: als eine Serie von Biographienbeson<strong>de</strong>rs interessanterPersönlichkeiten ; als Einführungdie Theorien <strong>de</strong>r Leitfiguren bzw,<strong>de</strong>r therapeutischen,Richtungu, fürdie sie stehen; als Darstellung <strong>de</strong>rheute wichtigsten Psychotherapienin Verbindung mit einzigartigenErfah ru ngsberichten.Schließlich liefert das Buch, dasmit repräsentativen Fotos <strong>de</strong>r Leitfigurenausgestattet ist, unter <strong>de</strong>r


Hand auch ein Stück Entwicklungsgeschich te <strong>de</strong>r PsYchotheraPieund ihren neuesten Stand. Es bringtNeuent<strong>de</strong>ckungen und Wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckungen- <strong>de</strong>s Unbewußten, <strong>de</strong>sKörpers, <strong>de</strong>s Sozialen, <strong>de</strong>s Familiensystems,<strong>de</strong>s Religiösen, Undam En<strong>de</strong>, fast zwangsläufig, führt eszu <strong>de</strong>r Frage: Was ist letztlichbrauchbar von dieser erstaunlichenVielfalt? Welcher Weg könnte <strong>de</strong>rmeine sein?Dr. Edith Zun<strong>de</strong>l, geboren 1928,Dipl.-Psych., Prof. an <strong>de</strong>r FachhochschuleKöln, Fachbereich Sozialarbeitwo sie Psychologie lehrt und dasArbeitsfeld Sozialisierung Straffälligerkoordiniert. Studiert hat sie Psychologieund Soziologie in Tübingen,Lawrence/Kansas (USA) und Bonn.Zusatzausbildungen u. a. in 0ruppendynamik,0esprächspsychotherapie(Rogers) und Katathymem Bil<strong>de</strong>rleben( Leu ner).Dr. ßolf Zun<strong>de</strong>l, geboren 1928, politischerJournalist, DIE ZEIT, BonnerBüro. Studium in Tübingen und Paris,Abschluß als 0ermanist.Kösel-Verlag München


EdithundKolf Zun<strong>de</strong>lfum&&ffigxxr*#mrWmämLebenundWerkKösel


CIP-Kurztitelaufnahmc dcr Dcutschen BibliothckZun<strong>de</strong>l, Edirh;Leitfiguren dcr Psychothcrapie : Lebcn u.Werk / Edith u. Rolf Zundcl. - 2.Autl.' I l -16.1\d. MünchenKöscl,198U.IStsN 3-466-34174-4NE: Zun<strong>de</strong>l. Rolf:@ 1987 by Kösel-Verlag GmbH & Co.' Münchcn2. Auflage 1988, I l -16. TausendPrinted in Germany. Alle Rechtc vorbchalten.Gesamtherstellung: Kösel, Kempten.Umschlag : Günther Oberhauser. München.(Fotonachweis siehe S. 236)ISBN 3-466-3.1174-4


InhaltEinleitung 1Edith Zun<strong>de</strong>lOtto F. Kernberg: Psychoanalyse - Sigmund Freud undseine NachtbleerllEdirh ZLtn<strong>de</strong>lMarie-Louise von Franz: Die analytische PsychologieC. G. Jungs 3lEdith Zun<strong>de</strong>lCarl Rogers: Humanistische Psychologie 49Edith Zun<strong>de</strong>lRuth Cohn: Themenzentrierte Interaktion 66RctlJ'Zun<strong>de</strong>lHorst Eberhard Richter: Psychoanalyse und sozialeVerantwortung83Edith Zun<strong>de</strong>lVirginia Satir: Humanistische Familientherapie 103Edith Zun<strong>de</strong>lMaraSelvini-Palazzoli:SystemischeFamilientherapie 123RolJ'Zun<strong>de</strong>lGerda Boyesen: Biodynamische Psychotherapie 143


Rolf Zun<strong>de</strong>lKarlfried Graf Dürckheim, Maria Hippius Gräfin Dürckheim:lnitiatischeTherapie 159Edith Zun<strong>de</strong>lStanislav Grof: Transpersonale Psychologie - HolotropeTherapieRolf'Zun<strong>de</strong>lHilarion Petzold: Integrative Therapien4l9lEdirh Zun<strong>de</strong>lKen Wilber: Transpersonale Psychologie Entwicklung<strong>de</strong>s BewulStseins 215


EinleitungEigentlich begann es damit. dalS wir uns einen alten Traurnerfüllen wollten: gemeinsam ein BLrch zu schreiben. Das warnicht ganz einfach für ein Ehepaar. <strong>de</strong>ssen Berufswege weitauseinan<strong>de</strong>r geführ1 hatten. sie eine Psychologin. er ein Journalistuncl beicle in sicherem Abstand zu jenern Bereich. in <strong>de</strong>m cleran<strong>de</strong>re zu Hause war. Es wur<strong>de</strong> einc Art Paartherapie im Selbstversuch.ein spätes Abenteuer.Was entstand, rst die Beschreibung einer Ent<strong>de</strong>ckungsreise in dieWelt cler Psychotherapie. Wir haben nicht versucht. diese Weltnach unseren E,rkenntnisseneu zu verlllessen: es hätte unserVermögen überfbr<strong>de</strong>rt. Wir haben uns in diesern Buch auch nichteiner Schule angeschlossen, dazu erschienen uns die verschie<strong>de</strong>nenAnsätze zu interessant. zu wichtig. Statt <strong>de</strong>ssen firlgten wirzwölf t,eitfiguren <strong>de</strong>r Psychotherapie auf ihrem Weg. lasen dasWichtigste, was sie selber o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re über sie geschriebenhaben, sprachen austührlich mit ihnen. versuchten. <strong>de</strong>n Zusarrmenhangzwischen ihrer Biographie. ihrern t'rkenntnisweg undihrern Tun zu zeigen. Und u'ir haben rnit <strong>de</strong>n meisten von ihnengearbeitet. in E,inzel-. Paar- o<strong>de</strong>r Gruppentherapie.l)as ist eine autwendice Metho<strong>de</strong>. <strong>de</strong>nn sie be<strong>de</strong>utet. sich ganzauf clas Bezugssystem. die Arbeitsn'eise <strong>de</strong>s Therapeuten einzu-Iassen. nicht nur als intellektuelle Übung. son<strong>de</strong>rn auch alspersönliche Erfahrung. Und es gab Augenblicke. wo wir unserUnternehmen verwünscht haben. Manchmal hat es lange gedauert.bis wir Vorbehalte überwun<strong>de</strong>n und Erfahrenes verdauthatten und wiecler frei genug waren. schreiben zu kijnnen. Diesund die Tatsache, daß wir bei<strong>de</strong> hauptberuflich etwas an<strong>de</strong>restun, erklärt, dal3 wir fünf Jahre an <strong>de</strong>m Buch gearbeitet haben,


und dies macht, so glauben wir, auch <strong>de</strong>n Unterschied zu an<strong>de</strong>renDarstellungen aus. Im Grun<strong>de</strong> berichten wirvon Begegnungen.Solche Begegnungen sind notwendigerweise persönlich eingefärbt,was allerdings nicht heißt. dalS die Texte von subjektiverBeliebigkeit wären. Sie wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Beschriebenen gelesenund akzeptiert. Soweit also über Fakten und Theorien geschriebenwird, sind sie verlässlich. ihre Interpretation wur<strong>de</strong> alszutreffend o<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>nfalls als möglich anerkannt. Wo wir unsnicht einigen konnten. haben u'ir auf eine Veräffbntlichungverzichtet.Der auf'merksame Leser wird bemerken. dalS wir mit Kritiksparsam umgegangen sind. Ein Grund dafür war. daß wir Textelief'ern wollten. in <strong>de</strong>nen sich die Beschriebenen wie<strong>de</strong>rerkennen.Texte, die nicht vor allem Schwächen und Denkf'ehlerzeigen - davon gibt es ausreichend viele -. son<strong>de</strong>rn die dasDenken und Tun eines Therapeuten sozusa-een iclealtypisch clarstellen.An<strong>de</strong>rs hätten wir's ar.rch nicht machen können: wer sichauf einen Therapeuten o<strong>de</strong>r eine Therapeutin einläf3t, rnulJ davtlnüberzeugt sern. dal3 ero<strong>de</strong>r sie ihrn etwas zu sagen hat. Uncl wirsind überzeugt, daLi all diese sehr verschie<strong>de</strong>nen Leitfigureneinen wichtigen. wertvollen Ansatz gelief'ert haben.Das kann allerdings nicht be<strong>de</strong>uten. dalJ in <strong>de</strong>r Psychotherapie>alles geht< . Wie je<strong>de</strong>r Therapeut seine Stärken hat. stl hat er auchein Auge für die Schwächen an<strong>de</strong>rer. manchmal auch für seineeigenen. Je<strong>de</strong> dieser Leitfiguren hat ihren Stil. ihre Arbeitsr.r'eisein Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit an<strong>de</strong>ren entwickelt. L,in Sttick dieserAuseinan<strong>de</strong>rsetzung wird in <strong>de</strong>n Texten spürbar. AuLler<strong>de</strong>rnlag<strong>de</strong>r Umstand. dalS wir nicht nur eine Leitfigur. son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>renzwijlf vorstellen, nützlich sein. um die Möglichkeiten uncl Grenzen<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Ansätze zu erkennen.Über die Auswahl läl3t sich streiten; sie hat Lücken. Aber sieerscheint uns breit genug, um einige <strong>de</strong>r w'ichtigsten Entrvicklungslinien<strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong>n zu lassen. Die Liste beginnt wiekönnte es an<strong>de</strong>rs sein - ntit !'ertretern <strong>de</strong>r mittlerweile schonklassischen Schulen, mit Otto F. Kernberg. <strong>de</strong>r die fast unübersehbareTradition Freuds und seiner Nachtblger seordnet hat,8


und Marie-Louise von Franz, <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten leben<strong>de</strong>n InterpretinC. G. Jungs. Und sie en<strong>de</strong>t. nicht zufällig, mit zweiPersönlichkeiten, die, wenn auch auf unterschiedliche Weise,das Gesamtpanorama <strong>de</strong>r Psychotherapie in <strong>de</strong>n Blick nehmen,Hilarion Petzold und Ken Wilber. Sie stehen für einen wichtigenmo<strong>de</strong>rnen Tiend. <strong>de</strong>n Beginn einer systematischen vergleichen<strong>de</strong>nPsychotherapie, die versucht, die verschie<strong>de</strong>nen Schulen inein Gesamtbild einzufügen.Da ist clie Humanistische Psychologie mit ihrem in Deutschlandbekanntesten Vertreter. Carl Rogers. <strong>de</strong>r objektive Kriterien fürdie Qualität von Therapiegesprächen entcleckte und Therapiedamit lehrbar machtei <strong>de</strong>m es weniger um spezifische Krankheitssymptome,son<strong>de</strong>m um <strong>de</strong>n ganzen Menschen ging unddarum, <strong>de</strong>ssen Selbstheilungskrätie treizusetzen. Die Gestalttherapeutengehören in diese Richtung und bis zu einem gewissenGrad auch Ruth Cohn, die Mutter <strong>de</strong>r ,Themenzentrierten Interaktion,.und Horst Eberhard Richter: bei<strong>de</strong> komrnen von <strong>de</strong>rPsychoanalyse her. bei<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> das -lherapiezinrmer zu klein.Ruth Cohn <strong>de</strong>hnte ihre Tätigkeit auf Gruppen und Institutionenaus. Richter auf Familien und stlziale Brennpunkte bis hin zuntintensiven politischen E,ngagen.rent. Ganz sicher gehört zu <strong>de</strong>nHumanisten auch Virginia Satir. eine <strong>de</strong>r ,Erfin<strong>de</strong>rinnen. <strong>de</strong>rFarnilientherapie. Sie hat in <strong>de</strong>r Gruppe urn Gregory Bateson inPalo Alto die Ausbildung von Familientherapeuten aufgebaut.Von <strong>de</strong>n Kommunikationstheoretikern in Palo Alto hat wie<strong>de</strong>rurndie Mailän<strong>de</strong>rin Mara Selvini Palazzoli die Theorie für ihrenkonsequent systemischen Ansatz in cler Familientherapie bezc'rgen.Mit <strong>de</strong>n körperlichen Syrtlptornen psychischer Störungenhat sich die Psychotherapie früh beschäfiigt, die Arbeit mit <strong>de</strong>mKirrper als Weg zu Psychischem u'ur<strong>de</strong> spät ent<strong>de</strong>ckt. GerdaBoyesen und Graf Dürckheirn repräsentieren cliese Entwicklung'Körpertherapie verbin<strong>de</strong>t sich oft mit Spiritualität und transpersonalerPsychologie. Für die transpersonale Seite stehen sowohldie Jungianerin Marie-Louise von Franz. Dürckheim und MariaHippius im <strong>de</strong>utschen Sprachraum als auch Grof und Wilber in<strong>de</strong>n USA.


Diese Zuordnungen wollen nicht festiegen. Ein Stück Rogerssteckt in je<strong>de</strong>m einfühlen<strong>de</strong>n Therapeuten. um Kommunikationund Lernen geht es implizit in allen Therapien. fast keine ist<strong>de</strong>nkbar ohne <strong>de</strong>n Kontext <strong>de</strong>r Klassiker, und Psychotherapie undreligiöse Übung waren schon immer Verwandte. wenn auch oftfeindliche. Wer Psychotherapie wirklich verstehen will. nuß dieTherapeuten in ihrer Arbeit kennenlernen. Wir hoffen, daß diesesBuch dabei hilli.Wir sind <strong>de</strong>r Fachhochschule Köln und <strong>de</strong>ren Fachbereich Sozialarbeitzu Dank verpflichtet, sie haben tür dieses Pro.jekt einForschungssemester gewährt. Wir danken <strong>de</strong>r ,Zeit,. daLl sieunsere Arbeit unterstützt hat: das Buch ist aus einer Serie vonArtikeln entstan<strong>de</strong>n. die in dieser Wochenzeitung veröff'entlichtwur<strong>de</strong>n. Haug von Kuenheim hat uns dabei viel geholf'en. Vrrallem danken wir unseren ,Leitfiguren <strong>de</strong>r Psychotherapie, fürihre Bereitschaft. mit uns zu re<strong>de</strong>n und zu arbeitcn.


Otto F. KernbergPsychoanalyse - Sigmund Freudund seine NachfolgerbLL [..r*ll


T-t s hat doch beinahe <strong>de</strong>n Anschein. als wäre das\\ HAnalysieren <strong>de</strong>r dritte jener ,unmöglichen, Berufe,/ / I--J bei <strong>de</strong>nen man <strong>de</strong>s ungenügen<strong>de</strong>n Erfolges vonvornherein sicher sein kann. Die bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn. weit längerbekannten, sind das Erziehen und das Regieren." So skeptisch.so realistisch hat Sigmund Freud. Urvater aller psychoanalytischenund psychotherapeutischen Bemühungen. das Kind betrachtet.das er in die Welt setzte - und diese Welt. ln"rrnerhin hatsich das Kind inzwischen so kräftig entwickelt. daß je<strong>de</strong>r. <strong>de</strong>rsich ernsthaft mit menschlichem Seelenleben und seinen Störungenbeschäftigt, <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung Ittit <strong>de</strong>r Psychoanalysenicht ausweichen kann.Mit Kritik wur<strong>de</strong> dabei nie gespart. Das Entsetzen seiner Zeitgenossenüber Freuds eingehen<strong>de</strong> Beschäftigung mit Sexualitätwird heute belächelt. Aber: Psychoanalyse ist eine Therapie"Diefür Gesun<strong>de</strong>, die viel Zeit und Geld haben", meinen Spi)tter undspielen damit auf die vielen Jahre mit täglichen Sitzungen an undauf die Tatsache. daß nur Menschen mit relativ leichten Lei<strong>de</strong>nsformenals analysierbar gelten. Die Konzentration auf das Krankhafte,<strong>de</strong>n Defekt anstatt auf ganzheitliches Wachstum wirdkritisiert und dal3 die Analyse zu einseitig auf intellektuellesVerstehen ausgerichtet sei. um tiefgehen<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rungen bewirkenzu können.Schließlich fragt man. ob diese Metho<strong>de</strong> heute. bei all clerKonkurrenz neuerer Therapieangebote. die schnellere, oft auchintensivere Heilerfblge versprechen. überhaupt noch aktuell ist.In<strong>de</strong>s, ist Psychoanalyse heute überhaupt noch dasselbe wie zuFreuds Zeiten'l12


Eine Leitfigur <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Psychoanalyse ist Ono F. Kernberg.weiß gar nicht, wann <strong>de</strong>r Mann schläft(, sagte Margret"IchS. Mahler. eine <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Theoretikerinnen <strong>de</strong>r Psychoanalyse,als wenige Monate vor ihrem Tod noch ein Gespräch mitihr möglich war. >Er liest je<strong>de</strong>s Buch, hat je<strong>de</strong>n Film gesehen.


ster hört man Vögel zwitschern. Die Analytikercouch überziehtwarmer Plüsch und über ihre ganze Breite hängt ein alter Stichvon Wien - natürlich. <strong>de</strong>r typische New Yorker Analytiker ist<strong>de</strong>utschsprachiger Emigrant. Auch Kernberg. knapp mittelgroß,ein beweglicher und liebenswürdiger Herr. stammt aus Wien.Wegen <strong>de</strong>r Fragen hätte ich mir keine Sorgen zu machen brauchen.Kernberg re<strong>de</strong>t off'ensichtlich gern und t1üssig. SeineE,ltern emigrierten 1939 mit <strong>de</strong>m Elfiährigen nach Chile. Dorthat er seine Schulzeit. sein Medizinstudium und auch seineAusbildung als Analytiker absolviert. l9-59 kam er rnit einemStipendium in die USA und hat dort schncll Karriere gemacht.1966 wur<strong>de</strong> er Dozent ant Topeka Institute fbr Psychoanalysis.1969 Direktor <strong>de</strong>s Menninger Mernorial Hospitals. Seit 1973lebt er rnit seiner Familie in Neu'York. Für <strong>de</strong>n Fall. daLl ichmehr wissen miichte. drückt er mir einen Lebenslauf in dieHand. <strong>de</strong>r, wie sich bei <strong>de</strong>r Lektüre herausslellt. aus einer sehrgenauen AutTählung von Anrtem. Mitglic'tlschafien. Ehrungenund einer sehr langen Bibliographie seiner Veröftentlichungenbesteht.Später, als ich Persönlichercs zu fiagen wagc, ist Kernbergjedoch überraschend off'en uncl präzis. Sein Vater war Zollbcanrtcrin <strong>de</strong>r Abteilung für Int- und Export. die Mutter Hausliauund Laienpsychologin. Sehr wichtig war in dcr Familie <strong>de</strong>rOnkel Manfied Sakel. <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>cker <strong>de</strong>r Insulinbehandlung dcrSchizophrenie. L,r war ein Cousin <strong>de</strong>r Mutter und ihr I<strong>de</strong>al, für<strong>de</strong>n jungen Otto das grof3e Vorbild als Forscher.Der Vater war österreichischer Patriot und stolzer Besitzer vielerOr<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Ersten Weltkrieg. lustig, freundlich, extravertiert.Beim ,Anschluß. Österreichs an das ,Reich. meinte er:>Alles wird sich legen.,, Die Mutter, milJtrauischer und ängstlicher,hatte von Anfäng an das Gefühl: wird nicht gutgehen...Sie behielt recht"lrsOtto war Einzelkind. freundlich erzogen und ,wienerisch.: manwar auf gute Sitten und gutes E,ssen bedacht; Kont-likten wichman aus. Als Jugendlicherebellierte Otto dagegen und ging aufDistanz. Erst nach seiner eigenen Heirat wur<strong>de</strong> die Beziehung14


zu <strong>de</strong>n Eltern wie<strong>de</strong>r enger. in ihren letzten Lebensjahren sehrnah.,Meine Eltem waren einfäche Leute, ttr die die Auswan<strong>de</strong>rungvöllig unerwartet kam; sie waren innerlich überhaupt nicht daraufvorbereitet und taten sich entsprechend schwer. Die Nachrichtenvon <strong>de</strong>n Verfblgungen von Freun<strong>de</strong>n und Verwandten inDeutschland waren ein ständiger Alpdruck. Irin Bru<strong>de</strong>r meinesVaters und seine Familie kamen inr Konzentrationslager um.Meine Eltern sind nie nach Österreich zurüekgekornnlen.


Kernberg gehört zur Enkeigeneration <strong>de</strong>r Psychoanalytiker. UndFreud hat bei seinem Tod 1 939 Kin<strong>de</strong>rn und Enkeln ein ungeheuresErbe hinterlassen. Eintge Stichworte zur Theorie Freuds:- das [JnhewuJJte: ein großer. dunkler See aus Trieben undAffekten. aus Früherfahrenem. Archaischem und vor allemaus Verdrängtem, das we<strong>de</strong>r Raum noch Zeit noch Logikkennt und das, regiert vom Lustprinzip, in ungehemmter,primitiver Direktheit Entladung und Erfüllung sucht. Aufdiesem See segelt das Bewußtsein wie ein kleines Boot;- <strong>de</strong>r Traum und seine GesetzmälSigkeiten; neben <strong>de</strong>r FehlhandlungKönigsweg zum Unhewul.iten:- die duale Trieblehre mit Libido (Sexualität in einem sehrweiten Wortsinn) und A-egression (zunächst als Selbsterhaltungs-,später als To<strong>de</strong>s- o<strong>de</strong>r Destruktionstrieb):- die Geschichte die.ser Triebe, vor allern <strong>de</strong>r Libido in verschierJenenPhosen <strong>de</strong>r kindlichen Entwicklung: ( l) erstens <strong>de</strong>roralen - Hauptquelle <strong>de</strong>r Befriedigung ist die Nahrungsaufnahmedurch <strong>de</strong>n Mund: (2) <strong>de</strong>r analen - das Töpf'chen schaffteine neue \Ä/eltordnung. Machtkämpt'e wer<strong>de</strong>n ausgetragen:über >Von-sich-geben o<strong>de</strong>r Zurückhalten' entsteht die ersteEigenständigkeit <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s; (3) <strong>de</strong>r ödipalen mit <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckung<strong>de</strong>s Geschlechtsunterschie<strong>de</strong>s. rnit Kastrationsängstenund <strong>de</strong>r ersten Dreiecksbeziehung: das Kind liebt <strong>de</strong>ngegengeschlechtlichen Elternteil und muß lernen. sich damitabzufinclen. daß Mutter o<strong>de</strong>r Vater im sexuellen Sinne nicht zuihm. son<strong>de</strong>rn zueinan<strong>de</strong>r gehören, schlief3lich (:1) die Latenzzeitund (5) die Pubertät und die eigentliche genitale Reif-ezeit;- die Struktur- o<strong>de</strong>r Insten;enlehre, wonach Psychischesich indrei Bereiche unterteilen läßt: das Es - weitgehend i<strong>de</strong>ntischmit <strong>de</strong>m Unbewußten:das Überich - die in die eigene Seeleintegrierten Gebote o<strong>de</strong>r Verbote <strong>de</strong>r erziehen<strong>de</strong>n Umwelt;und schließlich das lch als höchst difl'erenzierte Vermittlungsinstanzsowohl zwischen <strong>de</strong>n Ansprüchen von Es und Überichals auch zwischen <strong>de</strong>nen von Person und Umwelt:- dte Neurose als unverarbeiteter Konflikt zwischen diesen16


Instanzen und als Steckenbleiben <strong>de</strong>r Triebentwicklung (Fixierung)in bestimmten Phasen. mit <strong>de</strong>n Hauptformen <strong>de</strong>rSchrzoidie, <strong>de</strong>r Depression. <strong>de</strong>r Zwanghaftigkeit und <strong>de</strong>rHysterie. Dabei gilt die Faustregel:je schwerer die Störung,<strong>de</strong>sto früher sind ihre Ursachen entstan<strong>de</strong>n;- die Abu'ehrmec'hanismerl als Versuche <strong>de</strong>s Ich. die Angst zubewältigen, die in diesen Kämpfen entsteht: man verdrängt,projiziert Unliebsames auf an<strong>de</strong>re. bewältigt <strong>de</strong>n Zorn auf<strong>de</strong>n unangreifbaren Chef mit einem Fuf3tritt für <strong>de</strong>n Hund,usw.:- irn therapeutischen Bereich die Üb(rrrdgrrrtg als wesentlichstesMittel <strong>de</strong>r Therapie: (Fehl-)Verhaltensmuster wer<strong>de</strong>n incler Beziehung zum Analytiker lebendig und sind gelöst.wenn sie in dieser Beziehung gclöst wer<strong>de</strong>n können. ZurLt)sung tragen die Deutungen <strong>de</strong>s Analytikers bei. die diegegenwärtigen Beziehungsmuster mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r frühen Kindheit in Verbindung bringen.Was das alles in <strong>de</strong>r damaligen gesellschalilichen und wissenschafilichenSituation be<strong>de</strong>utete, läßt sich heute kaum mehrnachvollziehen. C.G. Jung. damals geu'if3 kein ParteigängerFreuds mehr. schreibt am En<strong>de</strong> seines Lebens über ihn; ein "Wiealttestamentlicher Prclphet hat er es unternommen, talsche Gätterzu stürzen, <strong>de</strong>n Vorhang wegzuziehen von einem Haufen vonUnehrlichkeit und Heucheleien und rnitleidslos die Fäulnis <strong>de</strong>rzeitgenössischen Seele <strong>de</strong>m Tageslicht preiszugeben. Er hat esnicht gescheut, die Unpopularitiit eines solchen Unterfangenseinzustecken.< Wahrscheinlich hat aufjer Marx niemand dasDenken unseres Jahrhun<strong>de</strong>rt so beeinflulSt wie Freud.Es ist auch kaum jemand so sehr bekämpft wor<strong>de</strong>n wie er' nichtzuletzt aus rassischen Grün<strong>de</strong>n. Sie es als Ju<strong>de</strong> schwerer"Dal3haben, wird, wie bei uns allen, die Wirkung haben, all IhreLeistungsfähigkeit zum Vorschein zu bringen.. schrieb Freud aneinen jungen Freund. In <strong>de</strong>n ständigen Kämpf'en wur<strong>de</strong> diePsy,choanalyse auch zur 'Bewegung,. schließlich zur,Kirche,, inihren Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen um die reine Lehre durchaus vert7


gleichbar <strong>de</strong>n traditionellen Kirchen. <strong>de</strong>ren Glauben sie als,kollektive Zwangsneurose, bekämpfte.Es ist ein intellektuelles Vergnügen, Kernberg zuzuhören' wie erdie Wege <strong>de</strong>r Psychoanalyse nach Freud skizziert. Sie sind trotzaller Dogmatik erstaunlich vielgestaltig. Hier die für Kernbergwichtigsten Strömungen:Die Urspmngslän<strong>de</strong>r Österreich und Deutschland waren nach <strong>de</strong>rZeit <strong>de</strong>s Nationalsozialismus >ausgeblutet


Störungen beschäftigt und sie mit <strong>de</strong>r frühen Mutter-Kind-Beziehungin Verbindung gebracht hatte. Konsequent und einfühlsamhatte er auch versucht, die entgangene Mutterliebe in <strong>de</strong>r Analysegewissermaßenachzuholen. An <strong>de</strong>r frühen Mutter-Kind-Beziehung,in <strong>de</strong>r Fachsprache <strong>de</strong>r ersten ,Objektbeziehung'' habenWinnicott, Fairbairn und die Balints weitergearbeitet. Kernbergimponiert an <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn, daß sie trotz enormer Differenzenkreativ zusammenarbeiten konnten. Brücken zwischen verschie<strong>de</strong>nenDenkrichtungen zu bauen. sieht auch er als seine Aufgabe.In tlen USA <strong>de</strong>r vierziger. fünfziger und sechziger Jahre wur<strong>de</strong>Anna Freuds Ichpsychologie von Hartmann. Kris und Loewensteinweiterentwickelt und praktisch zur herrschen<strong>de</strong>n Strömung.Die Arbeit rnit <strong>de</strong>r Abwehr. die ,Realitätsanpassung


gestellt( - und <strong>de</strong>r Tiiebbegriff ist unverän<strong>de</strong>rt Prüfstein <strong>de</strong>rreinen Lehre - ,in<strong>de</strong>m er die Pathologie <strong>de</strong>s Selbst zum Zentrumseiner Metapsychologie machte. Dabei bestand er darauf, daßsein Vorgehen klassisch psychoanalytisch sei.< Auch KohutsBehandlungstechnik gefällt Kernberg nicht' vernachlässigt"Erdie negative Übertragung. er hat einen unterstützen<strong>de</strong>n, umerziehen<strong>de</strong>nAnsatz.. und. das ist tür Kernberg das Schlirnmste.>Kohut sieht die Aggression nur als Reaktion auf fiustrieren<strong>de</strong>Erlebnisse und nicht. daf.J Grausamkeit und Sadismus auch Spal3machen können.,, Vielleicht ist es Gegenbewegung zu seinerkonf'liktscheuen 'Wiener Erziehung,, vielleicht Reaktion auf dieErfahrungen mit <strong>de</strong>m Nationalsozialisnlus. je<strong>de</strong>nfalls ist es I(ernbergimmer wichtig. dal3 Aggressives in seiner Urspriinglichkeitgesehen und bearbeitet wird.Eine an<strong>de</strong>re Herausfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r alten Lehre. dic Ob.jektbeziehungstheorie.eng verkntipft rnit <strong>de</strong>r-Iheorie cler Ichentwicklung.kommt von Erikson. Jacobson. Mahler und Kernberg selbst.Schrnunzelnd bezieht Kernberg sich. wie alle Analytiker. auf <strong>de</strong>nStarnmvater Freud: war auch er ein Objektbeziehungstheoretiker.


schung an schwer -sestörten und normalen Kin<strong>de</strong>rn und ihrenMüttern beginnen wir unser Leben in einem Zustand, wo lch undEs. Libido und Aggression. Selbst und Umwelt noch nichtunterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r >autistischen Phase,. Vom zweitenLebensmonat an benimmt sich dann das Kind. als ob es zusammenmit seiner Mutter ein allmächtiges System bil<strong>de</strong>te. eineZwei-Einheit mit gemeinsamen Grenzen. die,svnlbiotischePhase.. Erst vom füntien Nlonat ab lij"t sich <strong>de</strong>r jr'rnge Menschlangsam körperlich von dieser Einheit und ent<strong>de</strong>ckt begeistertseine wachsen<strong>de</strong>n Fähigkeiten und eine immer -cr013er wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>Welt. Vrm fünfzehnten Monat ab entwickelt er erst wirklichgetrennte Vorstellungen von sich und seiner Unlwelt. Damitverliert er sein Paraclies <strong>de</strong>r All-Einheit und geu innt eine c'igeneI<strong>de</strong>ntität - die psychische Geburt <strong>de</strong>s Menschen verlliuff beinahewie die biblische Schöpfungsgeschichte.Während dieser Prozel3 <strong>de</strong>r lchentrvicklung abläuti. entwickelnuncl verän<strong>de</strong>rn sich auch die Triebe. Zuerst ist es für das Kindunerträglich. in seiner guten. nähren<strong>de</strong>n und schützen<strong>de</strong>n Muttergleichzeitig auch iemancl zu sehen. <strong>de</strong>r bijse sein kann. Es hilftsich, in<strong>de</strong>nr es <strong>de</strong>n guten Mutterteil von clenl bijsen trennt, dieMutter sozusagen in zwei spaltet Nun lernt es' dal3"Teilob.iekte"Menschen, die Mutter und auch es selbst. tnanchnlal gut r-rndmanchmal böse sein können und trotz<strong>de</strong>rn intnler diesclbenMenschen bleiben. In cler Fachsprache:das Kind lernt. Libidinösesund Aggressives zu integrieren. und es geu innt clarnit Obiektkonstanzund eigene I<strong>de</strong>ntität. Die nächste Entwickltrngsstuf'e istdann, wie beirn klassischen N'lo<strong>de</strong>ll, die irdipale. Hier entwickelt<strong>de</strong>r junge Mann seine l<strong>de</strong>ntität als männliches o<strong>de</strong>r rve iblichesWesen.Die Entwicklung kann rnifSlingen. sei es. weil das Kind vonvornherein eine zu dürftige Ausstattung mitbringt, sei es, weil esin eine zu dürftige und verletzen<strong>de</strong> Urnwelt hineingeboren wird.Wircl das Kind in <strong>de</strong>r autistischen o<strong>de</strong>r s1'mbiotischen Phase starkverletzt o<strong>de</strong>r vernachlässigt. so führt das zttr Psvchose. Fehlentrvicklungenwährend <strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>r I-oslösung und Individuationführen zu Strukturpathologien. <strong>de</strong>n Bor<strong>de</strong>rlinie- und narzil3ti-21


schen Störungen. Späteres Mißlingen führt dann >nur noch


Ein Geschäftsmann, En<strong>de</strong> dreil3ig. mit <strong>de</strong>r Diagnose "narzißtischePersönlichkeitsstruktur mit Bor<strong>de</strong>rlinezügen


So chaotisch sie ihm zuzetten erscheinen. bei seinen Bor<strong>de</strong>rline-Patienten fin<strong>de</strong>t Kernberg doch früher o<strong>de</strong>r später immer das indiesem Fall geschil<strong>de</strong>rte Verhaltensmuster: eine Bewußtseinsspaltungä la Dr. Jekyll und N4r. Hy<strong>de</strong>. die sich in <strong>de</strong>rÜbertragung auf <strong>de</strong>n Therapeuten zeigt. Der Erwachsene wehrtsich mit dieser Spaltung wie ein Kind gegen die Erkenntnis. daßdie gute Mutter - und er selbst - auch böse sein können, eineErkenntnis, die nicht zu verkraften ist. solange das Individuurnnoch nicht zu seiner eigenen I<strong>de</strong>ntität gefun<strong>de</strong>n hat. o<strong>de</strong>r wenndiese brüchig gewor<strong>de</strong>n ist. Die Abwehr durch Spaltung santtI<strong>de</strong>alisierung, Verleugnung untl Projektion ist nach Kernbergtypisch für Bor<strong>de</strong>rlinestörungen: Neurotiker neigen eher zurVerdrängung.Daß Kernberg bei seinen Bor<strong>de</strong>rline-Patienten klassisch analy'-tisch mit <strong>de</strong>r Übertragun-e arbeitet. ist rlutig. Das New YttrkerAnalytiker-Ehepaar G. und R. Blanck und auch die <strong>de</strong>utscheBor<strong>de</strong>rline-Expertin Roh<strong>de</strong>-Dachser schlagen Modifizierungen<strong>de</strong>r 'Iechnik vor. Die Arbeit mit <strong>de</strong>r Übenrlgun-u ist schon beileichteren. neurotischen Fiillen eine heikle Sache. Stürnle vonLiebe und Haß. von MilJtrauen und I<strong>de</strong>alisierung. Phasen clesinneren Wi<strong>de</strong>rstands und solche <strong>de</strong>s Fortschritts rnit Gleichrnutund Verständnis zu verkraften. fällt zuzeiten auch Analvtikernschwer. die selbst lange Lehrjahre auf <strong>de</strong>r Couch zugebrachthaben. Und bei Bor<strong>de</strong>rline-Patienten sind die ernotionalen Wechselbä<strong>de</strong>rund auch die Gegenübertragung <strong>de</strong>s Analytikers beson<strong>de</strong>rsintensiv.Die Heilungschancen für Bclr<strong>de</strong>rline-Patienten Kernberg bezieht dabei die narzilStisch Gesttjrten ntit ein - sind gar nicht soschlecht. Nach seiner Erfahrung ist die Prognose günstig, n'enndie Patienten überhaupt dauerhafie Beziehungen zu an<strong>de</strong>renMenschen haben. seien sie auch noch so chatttisch, und uenn sicüber )normale Ehrlichkeit< r'erfügen.Kernberg empfiehit mir einen Besuch bei N{ichael Stone. einenlehemaligen Mitarbeiter und mittlerweile selbst Bor<strong>de</strong>rline-Fachmann.Stone ist Amerikaner. aber er liest "DieZeit". In seinerWohnung steht ein Bechsteintlügel mit Schubertnoten und eine24


unglaubliche Sammiung von Erstausgaben. sogar ein Paracelsusist darunter. Deutsches Bildungsbürgertum fin<strong>de</strong>t oft'enbar inNew Yorker Analytikerkreisen statt. Stone untersucht zur Zeitehemalige Patienten, die zwischen 1963 und 1976\ängereZeitstationär im Columbia Hospital behan<strong>de</strong>lt u'ur<strong>de</strong>n. Kemberg,Stone und an<strong>de</strong>re Analytiker (insgesamt 180) haben sie dorttherapiert. 200 dieser Patienten hatten Bor<strong>de</strong>rlinestttrungen. StonesErgebnis: Fast keiner dieser Patienten brauchte einen weiterenKrankenhausaufenthalt. rund die Hälfte war seit ihrer Entlassungin einem Arbeitsverhältnis, zurn grof3en Teil in anspruchsvollenBerufen. als Geschätisleute. Arzte. Pastoren. Sozialarbeiter.Nicht wenige suchten im religiösen Bereich Halt. "Derf'esteRahmen hilfi ihnen über die eigene Strukturschwiiche hinweg


von Pflege und an<strong>de</strong>ren Lebenshilfen konsequent zu trennen. Die>bösen Schwestern,, fin<strong>de</strong>t er nach <strong>de</strong>m Bil<strong>de</strong> <strong>de</strong>r kontrollieren<strong>de</strong>nMutter geformt. sich selbst zuzeiten nach <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s sexuellverführerischen Vaters. Nach sechs Wochen kommt die Patientinin ein Übergangsheim: später kann sie draußen wie<strong>de</strong>r einemBeruf nachgehen. Während <strong>de</strong>r ganzen Zeit begleitet Kernbergsie durch Höllen <strong>de</strong>s Mißtrauens, <strong>de</strong>s sexuellen und aggressivenGetriebenseins; <strong>de</strong>r Gespaltenheit. Konfusion und Unfähigkeit.klare Grenzen zwischen sich und an<strong>de</strong>ren zu ziehen. trägt Schichtum Schicht ab. bis hin zu einer irn Nebel". zu"Eiswüsteverbindungslosen Gefühlsinseln. zu <strong>de</strong>m BewulStsein. daf3 es fürdie Patientin kein zusammenhängend erleben<strong>de</strong>s Selbst gibt -und nicht einmal darüber kann sie sich noch ängstigen. Sie istjetzt ein Jahr in Kembergs Behandlung und begreifi langsarn. da13ihre Probleme nicht auf3erhalb. son<strong>de</strong>m in ihr liegen.Mein Nachbar zur Linken. ein junger Analytiker. hört diesernBericht recht unruhig zu: 'Merkt <strong>de</strong>r Mann <strong>de</strong>nn nicht. claß diejunge Frau sich ganz zu Recht wehrt. wenn er sie so frühzeitigeinsperrt'? Sie muß in dieser Situation ja vollends verrückt wer<strong>de</strong>n!"Mit Kernberg diskutieren will er aber nicht: bin ihnr"lchdoch theoretisch gar nicht gewachsen l" Mein Nachbar zur Rechten. ein älterer Analytiker. ist tief beeindruckt: ist wahre"DasAnalyse, so unerschrocken bis zum tiefsten Kern <strong>de</strong>r Verzweiflungvorzustoßen!" Und ich fiage rnich. wie weit eigentlich dasbestechend klare Bezugssystem die Wahrnehmung <strong>de</strong>s Analytikersund damit das Geschehen in <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>terminiert.Fin<strong>de</strong>t er die Ostereier. die er vorher versteckt'.rKernberg hat sich nicht nur mit Einzeltherapie, sonclern auch mitGruppen und Institutionen. speziell psychiatrischen. beschäftigt.Er kennt die Gefängnisatmosphäre grol3er Hospitäler ntit ihrenversteinerten Hierarchien. die Isolierung und Dehurnanisierung<strong>de</strong>r Patienten durch autoritäre Kontrolle. Er kennt auch dieantipsychiatrische Gegenbewegung heilt". die die großenKliniken entleerte. aber keineswegs intmer angemessene"FreiheitLebensbedingungen tür die Expatienten schuf. Und er ist vertrautmit <strong>de</strong>m Bemühen kieiner. psvchiatrischer Krankenhäuser und26


Abteilungen. <strong>de</strong>mokratisch das innere Wachstum und Selbstwertgefühl<strong>de</strong>r Patienten zu för<strong>de</strong>rn. Er hat auch therapeutischeGemeinschaften gelettet und supervisiert. Kernbergs l<strong>de</strong>al ist einbreites Spektrum psychratrischer Behandlungsmöglichkeiten:kurz- ocler langfristige Krankenhausauf'enthalte. Tageskliniken,viele ambulante Einrichtungen und Dienste.In <strong>de</strong>m geschil<strong>de</strong>rten Fall berichten Stationsarzt und -team überdas Verhalten <strong>de</strong>r Patientin. <strong>de</strong>r Analytiker analysiert und besprichtes mit ihr. Seine eigenen Erfährungen mit <strong>de</strong>r Patientinteilt Kernberg <strong>de</strong>m Team nicht mit. Expertenfunktionen läf3t ersich. bei allem verständnis für Demokratisierunsspr()ze\se,nicht nehmen. Leitung in Gruppen und Institutionen mu[.] seinerMeinung nach funktional und aufgabengerecht sein. und dazugehören für ihn Strukturen. in <strong>de</strong>nen sich Experlenwissen durchsetzenkann. Allerdings zieht er auch hier Grenzen. Die Rigiditätin clen Organisationen <strong>de</strong>r Psychoanalytiker"rnd vor allem inihrem Ausbildungswesen fin<strong>de</strong>t er schlinlnl.E,s ist schon eindrucksvoll. wie sich unter Kernbergs Zugriff diekornplizierte Welt cler Psychoanalyse ordnet Auch in seinemprivaten Leben hat er seine Ordnung gefun<strong>de</strong>n Seit rnehr alsclreifSig Jahren ist er mit seiner chilenischen Frau verheiratet'ZuHause sprechen wir spanisch. nur wenn wir uns iirgcrn' c-nglisch..Uncl 'es hat viel geholfen' dalS rneine Frau auch Analytikcrinist.. meint er. uncl sie ergänzt: Leute lassen"An<strong>de</strong>re sichscheiclen. wir haben viele verschie<strong>de</strong>ne Ehen miteinan<strong>de</strong>r geführt".Die bei<strong>de</strong>n haben drei Kin<strong>de</strong>r: <strong>de</strong>r Alteste ist angehen<strong>de</strong>rFacharzt, eine Tochter Psychologin. sie will Analytikerin wer<strong>de</strong>n,die Jüngste -ueht ntlch zur Schule.Kernbergs Verständnis von menschlicher Partnerschafi ist wohletwas mehr als eine intellektuelle Konstruktion. Es läl3t sichungefähr so beschreiben: Die Orgasrnusfähigkeit ist für ihn' imGegensatz zu an<strong>de</strong>ren Anall'tikern. noch kein Garant für einereif-e Beziehung. orgasmusfähig k(rnnen auch schwer narzil3tischGestörte sein: uncl umgekehrt können relativ leichte Störungen zusexueller Gehemmtheit führen. Der Mensch muf3 eine angemesseneIclentität entwickelt uncl in sich die Polarität von Liebe und2'7


Haf3 einigermaßen integriert haben. um sein Gegenüber wirklichsehen und lieben zu können. so wie es ist. Wer dies nichtgeschafft hat, hebt leicht <strong>de</strong>n Partner in alle Himmel. nur um ihnnachher in um so tiefere Höllen zu stürzen. Der Mensch mußauch die ödipale Situation bewältigen. eine eigene Geschlechtsi<strong>de</strong>ntitäterreichen. Vater und Mutter sozusagen hinter sichgelassen haben. um innerlich fiei zu sein für eine erwachseneBeziehung. Und schließlich:"diereif'e Wahl <strong>de</strong>s Menschen. <strong>de</strong>nman liebt und mit <strong>de</strong>m man sein Leben verbringen rni)chte.schließt reif'e I<strong>de</strong>ale. Werturteile und Ziele ein, die. wenn sie <strong>de</strong>rBefriedigung <strong>de</strong>r Bedürfnisse nach Liebe und Intirnität hinzugefügtwer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>m Leben einen uml'assen<strong>de</strong>n Sinn geben." DieHingabe an einen solchen Partner ist dann ganz natürlich. "ueilsie die Hingabe an die Lebensweise ist. die die Bezichung zuclieser Person repräsentier1.. Hier ist Partnerschaft zw'ischenMann uncl Frau wun<strong>de</strong>rschön auf einen tsegriff gebracht. fast zuschön.Frauen - Anna Freud. Melanie Klein, Edith Jacobson. MargrctMahler, Jeanine ChassegLret-Srnirgel und an<strong>de</strong>re - habcn nichtnur zur Praxis. son<strong>de</strong>rn gera<strong>de</strong> auch zur Thcoriebildun-u <strong>de</strong>rPsychoanalyse Wescntliches beigetragen. Uncl clas. obu'ohl sie inFreucls Theorie als <strong>de</strong>fiziente Männer figurieren. <strong>de</strong>ren "Penisneid"nicht kurierbar sei. Dazu meint Kernberg: ,\'länner unclFrauen wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Psychoanalyse eben intntcr gleich behan<strong>de</strong>lt.niemand hat beson<strong>de</strong>rs darüber nachgedacht.. NlargretMahler allerdings knurrt auf rneine Bernerkung, dal3 es nicht ebenleicht tür sie gervesen sein rnag. als Frau und h,ntigrantin in NeuYtrrk zu wer<strong>de</strong>n, was sie ser.l'or<strong>de</strong>n ist. >das ist das Un<strong>de</strong>rstatement<strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts".In <strong>de</strong>n fünfuiger und sechziger Jahren war clie Psvchttanalvse in<strong>de</strong>n USA >die Religion.. Heute f in<strong>de</strong>t ntan in anrerikanischenBuchhandlungen auf ein Buch über Freud und Freudianischeszehn über transpersonale Psycholo-uie und C. G. Jung. Kernbergräurnt ein. dal3 Wertsysteme. Religiijses die hirchsten Bereiche<strong>de</strong>s menschlichen Lebens sind. aber er zieht eine scharfe Grenze:>Die Psychoanalyse beschaliigt sich nicht damit. und ich mag2u


das. Je<strong>de</strong>r hat die existentielle Aufgabe zu lösen: Wie versteheich mein Leben und was will ich daraus machen? Die Psychoanalyseals medizinische Wissenschaft beschränkt sich jedoch darauf,Menschen wie<strong>de</strong>r zum Funktionieren. zum Wachsen zubringen, und respektiert im iibrigen ihre persönhche Autonomlg.


Stellung kostet, winkt er ab: die Stellung. die Leistung sei nichtso ungewöhnlich. Aber dann meint er: "lchhabe immer viel undhan gearbeitet, eigentlich stehe ich immer unter Druck. lch binmir bewußt. wie begrenzt alles ist. \Ä'as man machen kann."Au s pewühlte Puhlikat ion e ttBordcrline-Störungcn und pathologischcr Narzif3nlus. (Engl. 1975)Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1978. Obicktbezichungcn und Praxis dcrPsychoanalysc. (Engl. 1975) Stuttgan: Klctt-Cotta l9lll. IntcrnalWorld and External Reality. Ncu Ytrrk: Aronson 19U0. - Psy'chothcrapcuticStrategics. Ncu' Havcn-London: Yalc Univcrsity Prcss. l9ll'1.Wichtige Neuan.rtit:c in <strong>de</strong>r Psvchotrnulv.st'Mahler. Margarct S.: S1'mbiose ultd Individuation. Bd l: Psychoscn rnlliühcn Kindcsaltcr. Untcr N{itarb. r'. Furcr. I\',I. Stuttgan: Klctt-Cottar1983. dics./Pinc, FrcdiBcrgmann. Anni: Dic psychischc Gcbtrrt dcsMcnschcn. Frankfurr a. N{.: Fischcr Tb (6731) 'lq8'1.Kohut, Hcinz: Dic Zukunlt dcr Ps1'choanalvsc. Frankl'urt a. N'I.: Suhrkamp Tb 1975. NarzilJrttus. (En-ul. l97l)Franklirrt a. \4.: SuhrkanipTb t976.


Marie-Louise von FranzDie analytische Psychologie C. G. Jungs.T7o c.'rü - | h,.p v.vt-t,-u..-3t


wischen <strong>de</strong>rn Zürich-See und einem waldreichen Ttrbelliegt Küsnacht, ein Musterort für soli<strong>de</strong>n SchweizerWohlstand mit sentütlichen Jugendstilvillen und altenFachwerkhäusern. Nichts ist durch Kriege zerstört. bilSchen"Einverschlafen ist die Gegenddie Ahnen sind hier noch lebendig. Ich bin je<strong>de</strong>smal fioh.wenn ich aus <strong>de</strong>m Ausland über die Schweizer Grenze zurückkomme..C. G. Jung hat rnehr als tünfzig Jahre zusammen mit seinerFamilie in Küsnacht gewohnt. am See. Hier behan<strong>de</strong>lter seinePatienten und schrieb sein urnfangreiches Werk. Hier wur<strong>de</strong>nseine fünf Kin<strong>de</strong>r grol3. hier starb er mit ti6 Jahren.Die Küsnachter haben sich ihrern berühmtesten Bürger gegenübernicht lumpen lassen. Sie haben <strong>de</strong>n Jungianern ein wun<strong>de</strong>rschönesaltes Haus als Ausbildungsstätte zur Verfügung gestellt.Auch dieses Institut liegt arn See. in einent Rtlsengarlen. Dieldylle hin<strong>de</strong>rt jedoch nicht große Weltoifenheit: es gibt einenenglisch- und einen <strong>de</strong>utschsprachigen Ausbildungszweig, auchim Sekretariat spricht man bei<strong>de</strong> Sprachen. Die Psychologie C.G. Jungs dürtie zur Zeit wohl das einzige psychologische System<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Sprachraum sein. das exportiert wird, sonst lebtman hierzulan<strong>de</strong> von Impoften.Das Küsnachter lnstitut ist die größte Ausbildungsstätte tür dieanalytische Psychologie C. G. Jungs. 4-10 Stu<strong>de</strong>nten besuchenhier Seminare und Vorlesungen. absolvieren ihre 300 Stun<strong>de</strong>nLehranalyse und besprechen eigene Fälle. Es sind nicht nurMediziner und Psychologen. auch Ethnologen.'fheologen undsogar zwei Zahnarzte sind darunter. Das Stoffangebot ist breit.32


Neurosenlehre und Entwicklungspsychologie mulS man können;<strong>de</strong>r Schwerpunkt liegt aber auf <strong>de</strong>m Verständnis <strong>de</strong>r Symbolik vonTiäumen, Märchen und Mythen und auf <strong>de</strong>r Arbeit damit. (DieAusbildung an <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen C. G. Jung-lnstituten in Stuttgart,Berlin und Bremen ist. aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kassenzulassung <strong>de</strong>rAusgebil<strong>de</strong>ten. strenger. Es wer<strong>de</strong>n zum Beispiel 600 Stun<strong>de</strong>nLehranalyse gefor<strong>de</strong>rt. ) Man ist sehr persönlich und fieundlich imKüsnachter Institut. Interviewen ist hier keine Kunst. Bei<strong>de</strong>Direktoren sind männlichen Geschlechts und haben, sicher nichtzufällig, Bücher über Mann-Frau Probleme geschrieben. Frauenhaben bei <strong>de</strong>n Jungianern immer eine grol3e Rolle gespielt.Die oberen Räume <strong>de</strong>s Instituts mit ihren alten Ver-täfelungen undSchnitzwerk stammen aus <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rl, das Kellergewölbe- es wird als Vorlesungsraum genutzt - aus <strong>de</strong>m 13. Daserinnert an einen Traum Jungs. in <strong>de</strong>m er einmal in einem Haus,das er als das seine erkannte. von Stockwerk zu Stockwerk überRokoko, Nlittelalter und Römerzeit bis in die Vorgeschichtehinunterstieg. So ist Jung wirklich hinuntergestiegendie Tiefe<strong>de</strong>r Psyche, seiner eigenen und <strong>de</strong>r seiner Patienten, in die <strong>de</strong>seinzelnen und die <strong>de</strong>r Menschheit. Dabei war er keineswegs nurintrovertierter Träumer. Vital und bekannt für sein dröhnen<strong>de</strong>sLachen , Feinschmecker und selbst exzellenter Koch. begeisterterWassersportler und Bergsteiger. hielt er sich - an<strong>de</strong>rs als Freud -die Menschen nicht vom Leibe. Er ist in Zürich-Küsnacht auchflnfundzwanzig Jahre nach seinem To<strong>de</strong> noch sehr lebendig.Jungs Leben, Tiäume und Werk bil<strong>de</strong>n eine Einheit. Aufgewachsenin <strong>de</strong>r bedrücken<strong>de</strong>n Muß-Christentum-AtmosphäreinesPf'arrhauses. in <strong>de</strong>m Glaube nicht mehr von inner her ert-ahrenwer<strong>de</strong>n konnte. lebte er schon fiüh nicht nur in <strong>de</strong>r realen , son<strong>de</strong>rnauch in <strong>de</strong>r Welt seiner lmaginationen und Träume . Er wur<strong>de</strong> dannam Burghölzli Psychiater, ein Beruf. in <strong>de</strong>m er naturwissenschaftlicheund geistige Interessen verbin<strong>de</strong>n konnte, befieun<strong>de</strong>te sichmit Freud. <strong>de</strong>m ,ersten be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Mann meines Lebens., undverteidigte <strong>de</strong>ssen Theorien, obwohl sie unpopulär waren, weil sieseinen Befun<strong>de</strong>n entsprachen. Freud sah - und fürchtete bald - inJung seinen Nachfolger.JJ


Bei<strong>de</strong> waren jedoch recht verschie<strong>de</strong>n. Jung konnte sich nicht mitFreuds Reduktion alles Geistigen auf Verdrängungs- und Sublimationsformenbiologischer Triebe anfreun<strong>de</strong>n. Für ihn ist <strong>de</strong>rMensch Bürger zweier Welten. <strong>de</strong>r biologisch-animalischen, dieer mit <strong>de</strong>m Tier gemeinsam hat. und <strong>de</strong>r geistig-spirituellen. <strong>de</strong>rWelt <strong>de</strong>r Philosophie und Religion. die spezifisch menschlich ist.Freucls dogmatischesSie nlir. nie die Sexualtheorieaufzugeben. das ist das Allerwesentlichste< irritie rte ihn sehr."Versprechen>lch hatte bis dahin <strong>de</strong>r Sexualitrlt nie die Be<strong>de</strong>utung einerschwankenclen Angelegenheit zugemessen. <strong>de</strong>r rnan die Treuewahren mulJ, weil sie sonst in Verlust geraten künnte." Quasireligiirse Verehrung wollte er einer seiner Meinung nach zuUnrecht rein biologisch verstan<strong>de</strong>nen Fr'rnktitln nicht entgegenbringen. Aus <strong>de</strong>r Freudschen Libido wurcle für ihn ganz allgemeinLebenstrieb. vital". Die endgültige Trennun gab aut'"6lan 'frennungbeiclen Seiten viel biises Blut. Für Jung bedcutete dieseauch eine Lösung von l'reundschatilichcn und beruflichen Kontakten,clie ihm sehr wichtig waren. Und was hittte cr <strong>de</strong>rtl allenwirklich entgegenzusetzen'lIn <strong>de</strong>n fblgen<strong>de</strong>n Jahren hat er u'cnig geschrieben. Lis war eincZeit <strong>de</strong>r Träurne und Visionen. eine Zeit <strong>de</strong>s Hinuntersteigensunbekannte Tief'en <strong>de</strong>s Unbewuf3ten. Kritiker glaubtcn. hicrschizophrene Züge z,u entclecken. Marie-LoLrise von Franz nenntdies seine ,Jenseitsreise.. E,r selbst nteint: nlul.Jte nlich tict"lchbücken." E,s waren schwere Jahre. Geholf'en hat ihnr dabei dieAlltagsrealität seiner Farnilie und seiner therapeutischen Arbeit.vor allem aber sein Bentühen. beu'ulJt zu verstehen und zubearbeiten. was ihm in dicser Unterwelt wi<strong>de</strong>rl'uhr. "Die Jahre.in <strong>de</strong>nen ich <strong>de</strong>n inneren Ililclern nachging. u'aren die uichtigsteZeit meines Lebens. in <strong>de</strong>r sich alles Wesentlich entschied.Meine gesamte spätere Tritigkeit bestand darin. clas auszuarbeiten.was in jenen Jahren aus clern Unbeu'ulJten auf-uebrochen warund was mich zunächst überflutete."Grob <strong>de</strong>flnien besteht die Ps,u-che nun für Jung aus <strong>de</strong>nl Bewul3tsein,ilessen Träger das Ich ist. aus <strong>de</strong>m persönlichen Unbeu'u{3-ten. <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>nSchatten,, <strong>de</strong>s Vergessenen' V'erdrängten


und Nichtgelebten und. das ist seine wichtigste Ent<strong>de</strong>ckung, aus<strong>de</strong>m überpersönlichen. kollektiven Unbewußten, das <strong>de</strong>r Psyche<strong>de</strong>s einzelnen ebenso zugrun<strong>de</strong> liegt wie <strong>de</strong>rjenigen <strong>de</strong>r ganzenMenschheit. Dieses koilektive Unbewußte ist <strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>nArchetypen


Tiaum zum Bewußtsein.: <strong>de</strong>m Dogma setzten die Aichemisten- darin <strong>de</strong>n Mystikern sehr nahe - die persönliche ErfahrungGottes gegenüber, <strong>de</strong>m hellen Gott <strong>de</strong>s neuen Testaments <strong>de</strong>ndunklen >Gott <strong>de</strong>r Tiefe., Merkurius, ern in die Materie versunkenergottmenschlicher Schöpfergeist. <strong>de</strong>r dort <strong>de</strong>r Erlösungharrt. Es war eine Kompensation <strong>de</strong>r Einseitigkeit <strong>de</strong>s kollektivbewußten Gottesbil<strong>de</strong>s. Bei all<strong>de</strong>m hat Jung jedoch lebenslang<strong>de</strong>r eigenen Erfahrung <strong>de</strong>n Vorrang gegeben. Am eigenen innerenErleben maß er, was er in <strong>de</strong>r Außenwelt fänd'Ern dunkler Punkt ist Jungs Verhältnis zum Nationalsozialismus.Ernst Kretschmer hatte 1933 die Leitung <strong>de</strong>r ,Deutschenallgemeinen ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie, nie<strong>de</strong>rgelegt.Jung übernahm die Präsi<strong>de</strong>ntschaft, machte die Gesellschafizu einer internationalen - <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Lan<strong>de</strong>sverbandwar cler stärkste - und verlegte ihren Sitz nach Zürich. Aus <strong>de</strong>nJahren 1933134 grbt es recht mißverständliche Aul3erungen vonihm über Semitisches und die An<strong>de</strong>rsartigkeit <strong>de</strong>r arischenRasse. Seine Kontroverse mit Freud und <strong>de</strong>r Psychoanall'se.sein beson<strong>de</strong>res Verhältnis zu Mythologischem - flr ihn lebte in<strong>de</strong>r nationalsozialistischen Bewegung <strong>de</strong>r germanische SturmgottWotan wie<strong>de</strong>r auf und sicher auch politische Naivitätmachten ihn offenbar anfällig tür das, was damals in Deutschlandgeschah. Ein 'Nazi,, da sind sich seine Freun<strong>de</strong> sicher. warer darum nicht.Nicht alle Schriften Jungs sind einfach zu lesen. Oft umkreist erseinen Gegenstand viele Male, weitet ihn mit immer neuenMythologien aus und formuliert seine Begriffe ebenso of-fen u'ieunscharf. Auch die mystische Komponente mag dazu beigetragenhaben, dalJ Jung lange nur in begrenztem Kreis bekannt undgeschätzt war, trotz so berühmter Patienten wie Hermann Hesseund Ehrendoktorhüten von Oxford und Harvard.Zuerst hat wohl seine Autobiographie Jung einer breiteren Öffentlichkeitnahegebracht. Er hat sie Aniela Jaff'6 erzählt, <strong>de</strong>rAnalytikerin, Autorin und Privatsekretärin seiner letzten Lebensjahre.Sie ist eine unglaublich gute Zuhörerin. Als icheigene Tiäume mit rhr bespreche, erzähle ich viel mehr. als ich36


ursprünglich vorhatte. Und in ihrem Schreiben wird Jungianischessehr lebendig und einleuchtend.Heute hat sich <strong>de</strong>r Zeitgeist geän<strong>de</strong>rt, und viele sind für <strong>de</strong>nPionier und Klassiker <strong>de</strong>r Transpersonalen Psychologie offen.Marie-Louise von Franz meint: wird erst jetzt so richtig"Jungent<strong>de</strong>ckt.< Über die offiziellen Jung-Schulen ist sie allerdingsnicht so recht glücklich: 'Je<strong>de</strong>r trägt weiter, was er kapiert hat.Es gibt nur sehr wenige, die ihn ganz verstan<strong>de</strong>n haben. ErichNeumann (Verfasser <strong>de</strong>r ,Ursprungsgeschichte <strong>de</strong>s Bewußtseins.und <strong>de</strong>r >Großen MutterMysterium Conjunctionis,begriffen wer<strong>de</strong>n, wird es noch weitere fünfzig Jahre dauern.


dingt ehrlich. veriäßlich, jähzornig. wenn man ihn reizte undmelancholisch. Über tiefere Dinge hat er wohl nachgedacht,re<strong>de</strong>n konnte man mit ihm nicht darüber. er war sehr scheu undverschlossen." Die Mutter war Rheinlän<strong>de</strong>rin. Gesellschaftsdame.,'Ich bin mit ihr nicht ausgekommen. Die Ehe meinerEltern war eine Katastrophe. mein Vater liefi sich nur ausKorrektheit nicht schei<strong>de</strong>n. Zum Glück hat sie sich in unsererKindheit nicht viel um meine Schwester und mich gekümmert.Gott <strong>de</strong>r Tiet'e". das oWasser <strong>de</strong>s Lebens" un<strong>de</strong>inen Gefährten. mit <strong>de</strong>m zusammen sie am Meer die Geburt <strong>de</strong>rAphrodite erlebt. Dieser Traum symbolisiert gut <strong>de</strong>n Individuationsweg,<strong>de</strong>n Weg zurn 'Selbst" <strong>de</strong>r Jungianer. <strong>de</strong>r nicht nurSelbstverwirklichung im üblichen Sinne ist. son<strong>de</strong>rn vor allemSuche nach <strong>de</strong>r religiösen Dimension <strong>de</strong>r Seele. In Hel<strong>de</strong>nmythenund -rnärchen rvircl dies als die gefahrvolle Suche nacheiner großen Kostbarkeit o<strong>de</strong>r einer Prinzessin dargestellt. clievon Drachen und an<strong>de</strong>ren Ungeheuern bewacht wird.Die bewulSte Individuation ist eigentlich eine Aufgabe o<strong>de</strong>rTherapie für die zweite Lebenshälfte: in <strong>de</strong>r ersten geht es auchbei <strong>de</strong>n Jungianern um Partnerschafls- und Berufsproblerne. umsZurechtfin<strong>de</strong>n in dieser Welt. Bei <strong>de</strong>r neunzehniährigen Marie-Louise von Franz war Jung so viel tFrühvollen<strong>de</strong>tes. etrvasunheimlich. ,Aber ich bin jetzt doch siebzig Jahre alt gewor<strong>de</strong>n,..schmunzelt sie und rneint >heute suchen viele jungeMenschen nach dieser Kostbarkeit


für notwendig. um sich besser in die Patienten einfühlen zukönnen und sich nicht auf <strong>de</strong>n 'Therapeutenthron< zu setzen.Jung, <strong>de</strong>r sich immer als Empiriker <strong>de</strong>s Seelenlebens verstand,hat im Lauf'e seines Lebens rund 80000 Träume analysiert. Auchfür Mane-Luise von Franz sind sie <strong>de</strong>r Hauptweg zunl Unbewußten.Das Unbewußte äufiert sich in diesen Traumbotschaften,naturhaft,. ohne die Gesetze vcln Kausalität und Logik, von Zeitund Raum. E,ine Verschlüsselung. wie die Freudianer annahmen'ist nicht darin. Trotz<strong>de</strong>rn sind Träume von <strong>de</strong>r ,Natur <strong>de</strong>r Sache'her nicht immer leicht zu verstehen. Reichen die perstlnlichenEinfälle zur Erklärung nicht aus. ziehen die Jungianer verwandteMotive aus Märchen und Mythen heran. Frau von Franz hat einenunglaublichen Schatz davon in ihrem Gedächtnis und auch vielclarüber geschrieben. >Der Schatten und das Bäse irn Märchen'Llncl ,Die Suche nach <strong>de</strong>m Selbst, sind solche Märcheninterpretationen.Sie liest noch heute täglich Mythologisches' Bleiben dieTräume. die ,Stimnte <strong>de</strong>r Natur.. ungehört und unverstan<strong>de</strong>n'kann clas zu psychischer o<strong>de</strong>r physischer Krankheit führen.Lei<strong>de</strong>nserfahrungen. Gelühle <strong>de</strong>r Leere und Sinnlosigkcit, stehen<strong>de</strong>nn auch ofi am Beginn eines Individuationsweges. VtlnFranz nennt das reine Art Berut'uns. die aber nur wenige stlwahrnehmenr,.Neben Nachtträurnenutzen die Jungianer auch aktive Imaginationals Weg ins Unbewußte. eine Art Phantasienleditation. in <strong>de</strong>rman sich mit clen Erscheinungsfbrmen <strong>de</strong>s UnbewulSten wie mitrealen Partnern auseinan<strong>de</strong>rsetzt. Als sie damit anfing. ztlg sichMarie-Louise von Franz eigens einmal in eine einsam gelegeneSkihütte zurück. Der einzige menschliche Kontakt war <strong>de</strong>r täglicheEinkauf im nächsten Dorf. Tagsüber lief sie Ski. Es karnnichts. Sie war so introvertiert. dalS dieser geringfügige Kontaktrnit <strong>de</strong>r Außenwelt schon genügte. keine Einsamkeitsgefühle beiihr aufkommen zu lassen. Sie -eab das Skilauf'en auf. besorgtesich Proviant für mehrere Tage und setzte sich. ohne etwas zutun, in die Hütte. Nach Stun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Langeweile bekam sie Angstvor einem E,inbrecher. Damit kämpfte sie lange. Bis ihr schließlichaufging: das ist es ja. worauf ich gewartet habe. So begann39


ihre aktive Imagination. Sie ließ <strong>de</strong>n Einbrecher und noch vieleanclere Phantasiefiguren nach ihm kommen und setzte sich mitihnen auseinan<strong>de</strong>r. Langweilig war das nicht mehr. und nachtsschlief sie bombenfest. obwohl die Hüttentür nicht abzuschließenwar.Eine dritte spezifisch Jungianische Form <strong>de</strong>r Tiefenerfahrung istunbewulStes Gestalten, Arbeiten mit Ton. Malen, Tanz o<strong>de</strong>r dasSandspiel , das Dora KalfT. 'Analysekind< von Jungs F'rau Emma'entwickelt hat. Ich sitze bei ihr vor einem Sandkasten' umgebenvon hun<strong>de</strong>rten kleiner Spielzeugdinge. Steine. Häuser. Bäume.Menschen, Tiere. Ich baue Landschaften, steinige und grüne.Eine kleine Fi-cur <strong>de</strong>s indischen Gottes Shiva fasziniert mich undwircl schwierig. Unzufrie<strong>de</strong>n mit mir und <strong>de</strong>r Welt fahre ichdanach eine Beule in mein Auto. Zur letzten Stun<strong>de</strong> konlme ichmit einem merkwürdig weichen. fast zärtlichen Gefühl. vergesseShiva und setze in meine Landschaft eine Frau. einen Mann un<strong>de</strong>in Kind. Jetzt stimntt es. Ich bin zu <strong>de</strong>n religiirsen Synlbolenmeiner Kindheit zurückgekehrt. Dora Kalff. die rnit Menschenaus sehr verschie<strong>de</strong>nen Kulturkreisen arbeitet. fin<strong>de</strong>t es wichtig.über die eigene religi(rse Traditicln zu sich selbst zu konlmen.Marie-Louise von Franz beschreibt <strong>de</strong>n Individuationsprozel-l'<strong>de</strong>n Weg zum Selbst, sehr klar. In <strong>de</strong>r Regel begegnet man zuerstclen eigenen Schatten. <strong>de</strong>m Unterdrückten. Nichtgelebten, Nichtgetanenin sich. Sich <strong>de</strong>nen zu stellen. ist nicht einfach' VielAngst ist clamit verbun<strong>de</strong>n, Getriebenheit. Begiercle. Abscheu.Oft enthalten die Schatten aber auch wertvolle Lebenselemente.Nicht immer muß die ei-tene Schwäche o<strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>nschaft bekämpftwer<strong>de</strong>n. manchmal eher ein Stück moralischer Hochmut.Häufig erweist sich als eigener Schatten. was einen an an<strong>de</strong>reninitiert, Ehrgeiz zum Beispiel, ungehemmtes Ausleben vonSexualität, Hysterie o<strong>de</strong>r Depression. Dann bekämpft man außen,was eigentlich inneres Problem ist. Hexenverbrennungenund Kriege entstehen so. Es ist eine hohe moralische Leistung,solche Projektionen in sich selbst zurückzunehmen und dort zubearbeiten. Aber so. und nur so, kann man <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n in dieser40


Welt näherkommen. Wozu <strong>de</strong>r innere Schatten dann für <strong>de</strong>neinzelnen wird - zur unterdrückten und zur Unzeit durchbrechen<strong>de</strong>nAggression etwa o<strong>de</strong>r zur angemessenen Durchsetzungsfähigkeit- hängt davon ab, wie er ihm begegnet.Eine Son<strong>de</strong>rform <strong>de</strong>r Schatten sind Anima und Animus, dasweibliche Element im Mann und das männliche in <strong>de</strong>r Frau.Geprägt vom jeweils gegengeschlechtlichen Elternteil, spielenAnimus und Anima in je<strong>de</strong>r Paarbeziehung mit. Die auf"Liebe<strong>de</strong>n ersten Blick" ist meist Projektion eines inneren Bil<strong>de</strong>s auf<strong>de</strong>n Partner. Auch hier gibt es wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Doppelaspekt: DasWeibliche im Mann und das Männliche in <strong>de</strong>r Frau kann unleidlrchund Verführung zum Negativen sein ebenso wie Leitfigur zutiet-erer Weisheit.Jung schreibt sehr differenziert über die Anima <strong>de</strong>s Mannes, <strong>de</strong>rAnimus <strong>de</strong>r Frau kommt - als stures Beharren auf halbverstan<strong>de</strong>nen,heiligen. Überzeugungen - schlechter weg. Frauen"Vielesind nur <strong>de</strong>shalb in ihrem negativen Animus so zu Hause' weil sieihre eigenen kreativen und geistigen Fähigkeiten nicht auslebenkönnenSelbst.. ein ebenstl wichtiger wieschwieriger Begriff bei Jung. Es ist gleichzeitig Kern <strong>de</strong>r Persönlichkeitund - ,<strong>de</strong>r Seele Grenzen sind unendlich" - umfalJt <strong>de</strong>n4l


ganzen Kosmos. >In <strong>de</strong>n westlichen Religionen nennen wlr esGott. im Hinduismus Atman. im Buddhismus Buddhawesen o<strong>de</strong>rDharma. in China Tao." Männem kann es als alter Weisererscheinen. Frauen als Erdmutter o<strong>de</strong>r eine an<strong>de</strong>re Göttin. Essymbolisiert sich irn Gold und im Stein <strong>de</strong>r Weisen <strong>de</strong>r Alchernisten,in <strong>de</strong>n Mandalas <strong>de</strong>r Tibeter und in <strong>de</strong>n großen Urmenschen<strong>de</strong>r Mythen, <strong>de</strong>m Ymir <strong>de</strong>r Germanen. <strong>de</strong>m Purusha <strong>de</strong>r ln<strong>de</strong>r.aus <strong>de</strong>nen die ganze Er<strong>de</strong> entstand. Es ordnet unsere Träume und<strong>de</strong>n Gang <strong>de</strong>r Sterne.Im Selbst vereinigen sich die Polaritäten und Wi<strong>de</strong>rsprüche <strong>de</strong>rSeele in einer höheren Ordnung. Das Aufiauchen dieses Syrnbolsbringt meist ein überwältigen<strong>de</strong>s Erlebnis von innerem Frie<strong>de</strong>nund Sinn cles Lebens. Vollkontrnenheit ist es nicht. eher nlenschlicheVollständigkeit mit allen Wi<strong>de</strong>rsprüchen. die nun aberakzeptiert sind. Daraus ergibt sich die heitere Gelassenheit <strong>de</strong>sMenschen. <strong>de</strong>r rnit sich selbst ins Reine gekomnlc-n ist.Sich mit clem Selbst zu i<strong>de</strong>ntifizieren. sich sozusagen als Gott zufühlen, ist eine getährliche Versuchung und führt zu einer ArtInflation. Es ist das sicherste Minel. es wiedcr zu verlieren.Jecloch: >Wenn man <strong>de</strong>r Wirklichkeit <strong>de</strong>s Selbstägliche Beachtungschenkt, so ist es. als ob man auf zwei Ebenen leben mülJte.Man widmet zwar wie zuvor seine Aufmerksamkeit <strong>de</strong>n Unlweltaufgaben,achtet zugleich aber auf alle Winke uncl Zeichen inTräumen und Ereignissen, clurch die das Selbst seine Absicht unddie Richtung kundtut, wohin <strong>de</strong>r Lebensstr


zugebracht. Allerdings nicht allein. Jung schätzte das nicht,>>wenn man allein lebt. fressen einen die Patienten auf,, undüberre<strong>de</strong>te seine Mitarbeiterinnen. zusammenzuziehen. Lachen<strong>de</strong>rzählt Frau von Franz. wie sie daraufhin zehn Jahre lang mitihrer vierundzwanzig Jahre älteren Kollegin Barbara Hannah(auch sie hat bekannte Bücher über Jung geschrieben) kämpfie:>Wir haben uns fast umgebracht und Jung hat nur gelacht: 'Dahaben Sie Gelegenheit. Ihre negative Mutterübertragung auszuarbeiten.,oOffensichtlich geschah das mit Erfirlg: Die bei<strong>de</strong>nhaben 35 Jahre lang bis zu Barbara Hannahs Tbd 1986 zusammengewohnt.Je<strong>de</strong>r IndividuationsprozelS, je<strong>de</strong> Therapie ist für Jungianer etwassehr Individuelles und verläufi nur ungetähr in <strong>de</strong>r geschil<strong>de</strong>rtenForm. Frau von Franz ist es <strong>de</strong>nn auch wichtig: Jun-eiani"Diesche Therapie ist minimal manipulatorisch. Ils gibt keine Neurosentheorie,keine Diagnose. keine therapeutische Technik. DiePersijnlichkeit <strong>de</strong>s Therapeuten ist entschei<strong>de</strong>nd' Wir begleitencien Patienten durch Himmel. Er<strong>de</strong> und Hiille. Das übrige tun dieTräume, clie <strong>de</strong>r Therapeut ,zurückfüttert,. Die modcrnen JungianischenTherapieschulen - einige wen<strong>de</strong>n rnangels eigenerPsychopathologie die NeofieLrdianische- sincl Frau vtln Franzin <strong>de</strong>r Regel zu klinisch. zu reduktionistisch:"Sie wen<strong>de</strong>n Jungnicht tief genug an, und dann scheitern sie an Psychotikern oclereinfach Stukturierten." Sie hat selbst Psychotiker therapiert undist clabei nicht viel an<strong>de</strong>rs vert'ahren als mit an<strong>de</strong>ren Klienten' nur>es ist viel anstrengen<strong>de</strong>r. Man ist nach je<strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong> wie aus <strong>de</strong>mWasser gezogen


chung: gibt Hinweise, daß die physikalische und die psychischeEnergie zwei Aspekte ein und <strong>de</strong>rselben Sache sein könnten,"Eswobei die Welt <strong>de</strong>r Materie gleichsam wie ein Spiegelbild <strong>de</strong>rWelt <strong>de</strong>s Geistes erscheint und umgekehrt." Das war auch dieVorstellung <strong>de</strong>r Alchemisten. Die mo<strong>de</strong>rne Parallele: Der Erfin<strong>de</strong>r<strong>de</strong>s Cortisons träumte, daß nach langen vergeblichen Mühen<strong>de</strong>r gesuchte Stoff endlich auskristaliisierte. Da klingelte ihn einAnruf aus <strong>de</strong>m Schlaf: Was er geträumt hatte. war in diesemMoment tatsächlich eingetreten. Auch im Alltag fin<strong>de</strong>n relativhäufig Tiaummotive in <strong>de</strong>r materiellen Urngebung <strong>de</strong>s Träumersihre Entsprechung. Man sieht sich zum Beispiel im Traumschwarz geklei<strong>de</strong>t und erhält an<strong>de</strong>rntags die To<strong>de</strong>sanzeigeinesFreun<strong>de</strong>s. Jung nannte diese Verbindung zwischen innerem undäußerem Ereignis >Synchronizitätsphänornen,: es gibt keine Ursache-Wirkungs-Beziehungzwischen bei<strong>de</strong>n Ereignissen. siegeschehen einfach relativ gleichzeitig und haben gleichen Sinnfür das erleben<strong>de</strong> Individuum.Die alten Chinesen hielten sich in ihrer Geschichtsschreibung andieses Prinzip. Da heißt es zum Beispiel: Im Jahre <strong>de</strong>r Schlangegab es Mißernten. die Kaiserin lief mit ihrem Liebhaber davonund <strong>de</strong>r oberste Berater <strong>de</strong>s Kaisers starb. Im nächsten Jahr kamdie Kaiserin reumütig zurück. und die Ernten waren gut. NichtUrsache-Wirkung war wichtig. son<strong>de</strong>rn ,was zeitlich zusammenaufzutreten beliebte,. Und es ging darum. diesen generellenTrend einer Zeit. ihren Sinn. zu verstehen. Das alte chinesischeOrakel- und Weisheitsbuch I Ging beruht auf diesem Prinzip.auch an<strong>de</strong>re Wahrsagemetho<strong>de</strong>n: Wer Dinge fragt. die für ihnemotional be<strong>de</strong>utsam sind - die emotionale Beteiligung ist einewesentliche Voraussetzung -. bekommt einen Hinweis. ertährtetwas über Sinn und Gesamtzusammenhang. Frau von Franzbenutzt auch selbst das I Ging. hat mich noch nie im Stich"esgelassen< und lächelt benehmen uns wie<strong>de</strong>r wie die alten"wirRömer mit ihren Auguren o<strong>de</strong>r wie die Leute in <strong>de</strong>r Steinzeit".Hinter solchem Geschehen vermutet von Franz <strong>de</strong>n EinfluLl vonArchetypen, die gleichermaßen Physisches wie Psychischessteuern. Archetypen, das,Eingekerbte., die Erlebensdispositio-44


nen großer Kollektive. Nationen o<strong>de</strong>r Generationen, bestimmenso <strong>de</strong>n Zeitgeist, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs war in <strong>de</strong>r Rennaissance und imRokoko; in <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>ntengeneration <strong>de</strong>r sechziger und siebzigerJahre und <strong>de</strong>r von heute.Für Marie-Louise von Franz sind diese Archetypen in einemMuster angeordnet und tauchen, einer nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>rn, inbestimmtem Rhythmus aus <strong>de</strong>m großen Ozean <strong>de</strong>s kollektivenUnbewußten auf. Das Auf- o<strong>de</strong>r Untertauchen von archetypischenBil<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>l von Einstellungen in einer Generationo<strong>de</strong>r in einer Nation ist jedoch nicht automatisch vorherbestimmt.In <strong>de</strong>r Regel konstelliert sich unterschwellig eine Gegenströmungzur bewußten Einstellung. die <strong>de</strong>ren Einseitigkeit ktlmpensiert.>Trau keinem über dreißig< war das Schlagwort iungerMenschen noch vor fünfzehn Jahren. Heute kann eine jungeFrau, die ihre Doktorarbeit über Nazigreuel in <strong>de</strong>r Tschechoslowakeischreibt, zu ihrem Vater sagen. <strong>de</strong>r dort während <strong>de</strong>sKrieges als SS-Offizier war: ,Komm Vater, laß uns gemeinsamnach Prag reisen und dort >die Ju<strong>de</strong>n begraben,.


friedvolle Atmosphäre habe ich sonst noch nirgendwo gespürt.>Es ist mein Heilplatz, wenn ich am Zusammenbrechen bin vorÜberarbeitung und rieche diesen beson<strong>de</strong>ren Geruch vomFeuer. . .Antwort auf Hiob, setzte Jung sich mit diesenl dunklen Aspekt46


<strong>de</strong>s alttestamentlichen Gottes auseinan<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r seinen fiommenKnecht mit allen Strafen dieser Welt heimsucht. ist er"Wieein zorniger, eiferiger Gott. weil er selber die unverän<strong>de</strong>rlicheLiebe ist'l Wie mag Liebe und Zorn ein Ding sein'?< fragteschon <strong>de</strong>r Mystiker Jakob Böhme und beschied sich damit. daßLeben nur sein kann. wenn auch das Böse neben <strong>de</strong>m Gutenbesteht. So beschie<strong>de</strong>n sich auch Jung und sein Hiob auf dieFrage, wie Gott Geu'alt. Kriege und das unendliche Leid dieserWelt zulassen kann. mit <strong>de</strong>r L,insicht. das Gott gut undbrise zugleich ist.Es kornmt noch schwieriger: Jungs Gott ist nicht nur gut undböse zugleich. er ist auch unbewußt. ein getriebener Golt. <strong>de</strong>ntdas Mafi f-ehlt: <strong>de</strong>r wüten<strong>de</strong> Jahwe <strong>de</strong>s altcn Testaments.Wotan. <strong>de</strong>r irn Sturrn daherreitet. Allah ocler <strong>de</strong>r christlicheGott <strong>de</strong>r Glaubenskriece. bei <strong>de</strong>nen icdc Grausarnkeit erlaubtist .Wenn Gott unbewulSt ist. heillt das. claf.ich rnit rneinem bißchenrnenschlicher tsewußtheit Gott i.iberlegen bin'l Woherhabe ich dieses Bewulltsein überhaupt. $'enn nicht von Gott'l\jaric_Louise vOn Franz läßt sich nicht beirrerr:"Die Kreaturüberragt ihren Schöpf'er um ein Winziges. wir Menschen sind<strong>de</strong>r Tcil <strong>de</strong>r Schiipl'ung. <strong>de</strong>r nach BewulStse in strebt. Der unbewullteGott sehnt sich nach Licht und hat w'ahrscheinlich dieSchirpfung geschaf'fbn. urn daclurch selbst bewul3t zu wer<strong>de</strong>n..,Inr Hinduismus gibt es ein ähnliches Weltmo<strong>de</strong>ll: Gott schaftiund zerstör1 die Welt, ist ebenfalls gut und bi)se zugleich. Ercntfaltet und unterhält sich in seiner Sch(ipfung. die ein Kreislaufist: ,Des ew'gen Sinnes elr''-ue Untcrhaltung.."Eine grausamcVorstellung. dal3 Gott nicht nur die Schiinheit, son<strong>de</strong>rnauch die unendliche Qual dieser Welt zu seinet.n Antüserlentveranstaltet.. fin<strong>de</strong>t Frau von Franz. und ,<strong>de</strong>r westlicheMensch will an eine Entu'icklung glauben kännen und reagiertmit Depressionen. wenn er sich eine z1'klische Welt vorstellenmuß". Deshalb. so rneint sie. '<strong>de</strong>nken wir uns <strong>de</strong>n Lauf <strong>de</strong>rWelt linear auf das Ziel <strong>de</strong>r Beu'uf3tu'erdung hin gerichtet. Und/1


<strong>de</strong>r Menschheit fällt eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Aufgabe dabei zu. Eskönnte allerdings geschehen. daß wir uns vorher gegenseitigumbringen. In diesem Fall wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Prozeß wahrscheinlich ineinem an<strong>de</strong>ren Teil <strong>de</strong>s Weitalis weitergehen.,'Das menschliche Bewußtsein als winzige Überlegenheit <strong>de</strong>rSchöpfung über <strong>de</strong>n Schöpfer- ein schwieriger Gedanke. Und daerfahre ich ein Letztes: In <strong>de</strong>r kabbalistischen Mystik gibt esneben Jahwe ein weibliches Element. mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Schöpf-ergottvor Urzeiten vertraut war: Sapientia, die Weisheit. Die Vereinigungmit dieser weiblichen Weisheit. ist das Tiel <strong>de</strong>t Welt undihres Schöpfers. Dann sind die Gegensätze vereinigt. Nur mitdiesem weiblichen Eros, dieser Sapientia. kann die MenschheitWi<strong>de</strong>rstand leisten gegen die Maßlosigkeit <strong>de</strong>s unbewußten Gottes,und <strong>de</strong>n ,einzigen Gottesdienst( tun: bewufJt wer<strong>de</strong>n.Au s p ewiih lt e P ub I i kar i o n e nPsychologischc Märchenintcrprctation. Einc L'in1'ührung. München:Köscl 1986. Dic Suchc nach <strong>de</strong>m Sclbst. Individuatitln im Märchcn'Münchcn: Köscl 1985. - Traum und Tod. Was ul.ts die TräumcStcrben<strong>de</strong>r sagcn. München: Kösel 1984 - Die Visioncn dcs Niklausvon Flüc. Zürich: Daimonrl9U3. Zahl und Zcit. PsychologischeÜbcrlcgungcn zu ciner Annäherung von Tiefcnpsychologic und Physik'Stuttgart: Klett-Cotta'1986. - Dcr cwige Jüngling. Dcr Pucr Aeternusund dcr kreative Gcnius im Erwachscnen. Münchcn: Köscl 19U7.Wissen aus dcrTiefc. ÜberOrakcl und Synchronizität. Münchcn: Kiiscl1987. Spiegelungen dcr Seelc. Projcktion und inncrc Sammlung(1978, vergr. Neuausg. in Vorber. Münchcn: Köscl 1988). - DerIndividuationsprozel3. In: C. G. Jung et al ..:- Dcr Mensch und scincSymbolc. Olten*Frciburg i. Br.: Waltcr ''1980 (Sondcrausg.). -C. G. Jung. Sein Mythos in unserer Zeit. 1972 (vcrgr.. Ncuausg inVorber.: Kösel).


Carl RogersHumanistische PsychologieitaÄW49


T Jber Carl Rogers zu schreiben, ist auf eine rnerkwürdigeI I Weise schwierig. Nicht. weil es wenig über ihn zu sagen\-/ eäbe. sonclern weil er selber fast alles über sich gesagthat. Kein an<strong>de</strong>rer Psychologe hat so viel vtln sich mitgeteilt' SeinLeben liegt da wie ein ofl'enes Buch. leicht zu lesen. so scheintes. tür je<strong>de</strong>rmann - als amerikanische Erfblgsstory. als Geschichteeiner persönlichen Entwicklung (früher nannte nlan dasein erfülltes Lebcn), als Folge von Stichwoften für Zcitstrcjnrungen.Es ist geschrieben in jener Einfachheit. die oberflächlicheLeser manchmal an Reutlcr's Di,qe'st erinnert, nach<strong>de</strong>nklichezuweilen an ein Kunstwerk von verlrackter Simplizität'Off'enheit - notwendige und zugleich unendlich schwierige Voraussetzungje<strong>de</strong>r wirklichen Begegnung - ist in cler Tat <strong>de</strong>rAusgangspunkt aller praktischen Psychologic bei Rogcrs. vielleicht seine wichtigste Botschaft. und darnit vcrschwistert (<strong>de</strong>nnsonst wür<strong>de</strong> Ol'f'enheit unerträglich) Vertrauen - Vertraucn' dal3diese Otl'enheit, auf welchen gefährlichen Unruegc-n rtuch irnmer,positive Verän<strong>de</strong>rung ermöglicht. Altrlodisch ausgedrückt:Rogers glaubt an das Gute im Menschen."ln.r allgerneinent' strbeschrieb er einmal seine Erwartung zu Beginn <strong>de</strong>r Arbeit miteiner grol3en Gruppe. ich keine Vtlrstellung davtln. was"habepassiert. Aber ich habe das Gefühl: Was auch passieren wird eswird richtig sein."Am ersten Tag beäugen sich die 120 Teilnehrnc-r <strong>de</strong>s Setninursnoch verlegen und bemühen sich dann. zu einer Einigung zukommen: Ob es sinnvoll sei. rn <strong>de</strong>r großen Gruppe miteinan<strong>de</strong>rzu arbeiten o<strong>de</strong>r in kleinen. und wann das eine tl<strong>de</strong>r das an<strong>de</strong>re50


stattfin<strong>de</strong>n könne. Die Leiter <strong>de</strong>r Kleingruppen stellen sich vor,wer<strong>de</strong>n sie genannt; <strong>de</strong>r Name ist ein Programm"Facilitators((und nützliche Utopie): sie sollen <strong>de</strong>n Gruppenprozeß nichtleiten. son<strong>de</strong>rn erleichtern.Ein namhafter Professor ist dabei. Psychologen. ein Bewährungshelf'er.eine Erzieherin: eine ganze Reihe davon ohne formaleAusbildung in Gruppenarbeit: in La Jolla gewesen zu sein,<strong>de</strong>m Centre fbr Studies of the Person in Kalifbrnien. ist wichtig.Unter <strong>de</strong>n Teilnehmern sind Theologen und Schülc-r, Arzte undHausfrauen. Psychologen, Journalisten. viele begeisterte Rogerianer.Und da ist <strong>de</strong>r >Masnethumanistischen Gottesdienst< zu sein. Die Teilnehmer hi)renauf'einan<strong>de</strong>r, lassen auch gelten. was nicht <strong>de</strong>n eigenen Anschauungenentspricht: einer. <strong>de</strong>n seine Kleingruppe ausgeschlossenhatte. weil sie ihn unerträglich fand, kann sich rehabilitieren. DieTeilnehmer sind dabei aktiv und neugierig: Wie die "Facilitators


Was liegt dazwischen? Viele Gruppenstun<strong>de</strong>natürlich. aber vorallem die Erfahrung mit diesem Menschen. <strong>de</strong>r auf erstaunlicheWeise lebt. was er propagrert. Da mag eine Bemerkung noch soverworren und verquer sein, er faßt sie in seinen Wonen zusammen,und das Gesagte wird auf einmal klar und wichtig. AufAmbivalentes und Kritik hört er beson<strong>de</strong>rs genau. Frappieren<strong>de</strong>rnoch als Rogers'Art zuzuhören, istiedoch seine Fähigkeit' sichselber mitzuteilen. would like to share with you" beginnt er'"lund dann erzählt <strong>de</strong>r alte Hen ohne Scheu und auch auf dasRisiko hin. mißverstan<strong>de</strong>n zu wer<strong>de</strong>n, sehr Persiinliches ausVergangenheit und Gegenwart. bekennt sich zu politischen undreligiäsen Überzeugungen, die durchaus nicht nach ie<strong>de</strong>rnlannsGeschmack sind. und bringt dadurch viele in <strong>de</strong>r Gruppe dazu.dieses Vertrauen mit ähnlicher Off-enheit zu honorieren. DasErstaunlichste aber ist <strong>de</strong>r unerschütterliche Glaube dieses Altmeisters<strong>de</strong>r humanistischen Psychologie. daß Menschen sichpositiv entwickeln. wenn man sie nur lä13t, selbst in einen-tverrückten Plenum.Angefangen hat das alles ganz an<strong>de</strong>rs. Rogers entstammt einerwohlhaben<strong>de</strong>n Familie aus <strong>de</strong>m mittleren Westen <strong>de</strong>r USA; <strong>de</strong>rVater war Bauunternehmer. Er wur<strong>de</strong> zusamnlen mit vier Brü<strong>de</strong>rnund einer Schwester in priltestantisch-calvinistischer Arbeitsethikerzogen. Gefühle waren in dieser Familie nicht gefiagt,Offenheit riskant. >Mutter war die Person. <strong>de</strong>r nlan bessernichts erzählte." Carl war ein schwächliches. sensibles Kind,aber unter <strong>de</strong>n robusten. ständig necken<strong>de</strong>n Geschwistern mul3te<strong>de</strong>r kleine Träumer sich durchzusetzen lernen. Früh wur<strong>de</strong> ihmauch <strong>de</strong>r Sinn fürs Geschäftliche beigebracht: Man übertrug ihmdie Sorge für die Hühner, und in seinen ersten Schuljahrenerwarb er sein Taschengeldurch <strong>de</strong>n Verkauf von Eiern an seineMutter und die Nachbarn.Die Familie zog eigens aufs Land, um die Kin<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>nGefähren <strong>de</strong>r Stadt zu bewahren. Erzogen wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>mGrundsatz: ,An<strong>de</strong>re Leute benehmen sich etwas zweif'elhaft.spielen Karten, gehen ins Kino, rauchen. tanzen, trinken und tun52


noch an<strong>de</strong>res, über das man besser nicht re<strong>de</strong>t. Wahrscheinlichwissen sie es nicht an<strong>de</strong>rs. man mul] da tolerant sein. aber sichnicht zu sehr mit ihnen einlassen und sein Leben in <strong>de</strong>r Familieleben.o Während <strong>de</strong>r ganzen Grundschulzeit habe diese unterschwelligeArroganz sein Verhalten geprägt. gesteht Carl Rogers.Ganz perfekter Christ freilich konnte man laut MutterRogers auch in <strong>de</strong>r Familie nicht wer<strong>de</strong>n. irgendwie sündig bliebman lmmer.E,ine Klassenkameradin erinnert sich an <strong>de</strong>n kleinen Carl: einschüchterner. wenig geselliger Junge, <strong>de</strong>r sich lieber in seinenBüchern vergrub und in seiner Traumwelt lebte als sich auf <strong>de</strong>mSportplatz zu produzieren. Noch von seiner Adoleszenz sagtRogers selbst:"Meine Phantasien in dieser Zeit waren entschie<strong>de</strong>nbizarr. und u'ahrscheinlich hätte man rlich als schizoiddiagnostiziert. Glücklicherweise karn ich nie in Kontakt miteinem Psychologen.. Erst als er während seiner Studienzeit dasMädchen aus seiner Klasse rviedcrtraf. ent<strong>de</strong>ckte er. dalS ntansich Gedanken, Träume. Getühle gegenseitig mitteilen kann: esentstand erste wirklich liebevolle. enge und oft-ene"die Beziehung.seines Lebens. Das Mädchen wur<strong>de</strong> seine Fralr. und diebei<strong>de</strong>n haben eine lange, nicht itnnter einfache Ehe geführt.Natürlich war er immer ein ausgezcichneter Schüler. "Erwar niezufrie<strong>de</strong>n. wenn er nicht ganz \'orn\\'ar und <strong>de</strong>prinriert. wenn ernicht lauter L,insen hatte


sein Leben selbst verantwortlich zu sein. Obwohl Rogers diesesErwachsenwer<strong>de</strong>n als >stille Emanzipation" schil<strong>de</strong>rt - eitelHarmonie herrschte nicht immer. Grun<strong>de</strong> ihres Herzens"lmwaren Carl uncl Mutter Billy-Graham-Typen". erinnert sich einBru<strong>de</strong>r, ,es gab immer Feuerwerk zwischen ihnen.


vorgestellt, und Rogers arbeitete eng mit Sozialarbeitem undPsychologen, Psychiatern und Soziologen. mit Pflege- und Erziehungsheimenund nicht zuletzt mit <strong>de</strong>r Justiz zusammen. Eswar wohl seine intensivste Lehrzeit.Wie er es in New York gelernt hatte. begann er mit Diagnosenund Behandlungsplänen. vor allem aber war er. <strong>de</strong>r Pragmatiker'am Ergebnis <strong>de</strong>r Behandlung interessiert. Bei <strong>de</strong>r Behandlungstand für ihn zunächst die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Umgebung imVor<strong>de</strong>rgrund. Für Problemfamilien fbr<strong>de</strong>rte er dan.rals sozialePlanung und Kontrolle - Vorstellungen. die recht nahe bei <strong>de</strong>rSkinnerschen Verhaltenstherapie liegen. die er später so vehementbekämpfte. Immerhin fand er schon dantals. dalS Kin<strong>de</strong>rsich in einer verständnisvollen Untgebun-e quasi von selbst gutentwickeln:"Eine günstige Umgebung erlaubt<strong>de</strong>m Kind' gesundzu sein.r,Was die direkte Therapie anging. so experimentie( er mit allenmöglichen Formen. Und an allen fand er Mängel. auch an <strong>de</strong>rPsychoanalyse. Sie schien ihm zu teuer. zu zeitautwendig. nichtgenügend auf die augenblickliche Situation <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s bezogenund vor allem zu wenig wissenschaftlich überprüft. Gegen En<strong>de</strong><strong>de</strong>r Rochesterjahre stief3 er auf die Psvchotherapie Ranks. einesFreudschülers. Dessen Metho<strong>de</strong>. sich bei cler Beratung nichtdirekt einzumischen, son<strong>de</strong>rn sich auf die eigene Wachstumstenclenz<strong>de</strong>s Individuums zu verlassen. und Ranks Definition <strong>de</strong>rtherapeutischen Beziehung als wachstumsfijr<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Urngebung- das leuchtete ihm ein. Vor allem aber lernte er durch Praxis.Häufig erzählt er von einer Schlüsselerfahrung mit einer intelligentenFrau, Mutter eines ntongoloi<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>s. <strong>de</strong>r er in vielenGesprächen vergeblich klarzumachen versucht hatte' daß ihrKincl nur wenig bildungsfähig und auf lange Sicht wahrscheinlichbesser in einem Heim unterzubringen sei. Er been<strong>de</strong>te dieseGespräche schließlich n-rit <strong>de</strong>m Bekenntnis. sie seien kein rechterErfolg gewesen. Die Frau bestätigte das, verabschie<strong>de</strong>te sich unddrehte sich an <strong>de</strong>r Tür noch einrnal um: ,Nehmen Sie auchErwachsene zur Beratung'/" Als Rogers bejahte. begann einwirkliches Gespräch. Die ganze Misere ihrer Ehe und ihres55


unbefriedigten Lebens brach aus <strong>de</strong>r Frau heraus, und damitbegann eine sehr erfolgreiche Therapie.Mit alle<strong>de</strong>m machte Rogers von sich re<strong>de</strong>n. hielt Vorträge'bekam Lehraufträge. arbeitete in Verbän<strong>de</strong>n. bestand <strong>de</strong>n Kampfum die Leitung <strong>de</strong>s Beratungszentrums. bislang selbstverständlichals Domäne <strong>de</strong>r Psychiater angesehen. Er schrieb auch einBuch über seine Erahrungen. das ihm einen Ruf an die Ohio StateUniversity als Ordinarius einbrachte - ein Verfahren' das erwarm empfiehlt. Sich <strong>de</strong>n Weg dahin an <strong>de</strong>r Universität erbukkelnzu müssen. meint er. ver<strong>de</strong>rbe nicht nur <strong>de</strong>n Charakter.son<strong>de</strong>rn auch alle Lust und Fähigkeit zu Kreativem.Uncl kreativ ist er. In <strong>de</strong>r Folge fornlulierl er seine eigeneTheorie, die konsequent mit <strong>de</strong>r Vrrstellung aufiäumt. <strong>de</strong>r Beraterwisse alles am besten. Int Mittelpunkt steht <strong>de</strong>r Klient. SeineGefühle sind wichtiger als abstrakte Erkenntnisse. das Gegenwärtigewichtiger als das Vergangene. sein Wachsen und Reif'enals ganzer Mensch wichtiger als ein isoliertes Problem. Und vtlrallem hat <strong>de</strong>r Klient das Recht. seine Lebensziele und die Wegedahin selbst zu wählen. und er kann das auch. nach<strong>de</strong>m er zueiner gewissen Einsicht in sich selbst gekomnlcn ist.Zum ersten Mal in <strong>de</strong>r Therapiegeschichte veri)ffentlichte Rogersauch eine vollständige Therapie Wort t'ür Wtlrt nach Tonbandprotokollen.und vielleicht sind diese sorgfältig analvsierten undreflektierlen Protokolle sein wichtigster Beitrag: Er hat Therapieentmystifiziert, kontrollier- und lehrbar gernacht'Entschei<strong>de</strong>nd für das Gelingen einer Therapie ist danach. dalS ein'fherapeut drer Dinge leistet:- Erstens muß er sich präzis und sensibel in die Welt <strong>de</strong>s Klientenuncl <strong>de</strong>ssen Bezugssystern einfühlen:er muß gewissermaßen"in<strong>de</strong>n Schuhen <strong>de</strong>s Klienten. sehen lernen und auch rnitteilenkönnen, dalS er ihn begreift;- zweitens muß er lernen, <strong>de</strong>n Klienten fiei von Beurteilung undBewertung zu akzeptieren, und- drittens. das ist am schwersten. muß er dabei echt sein' dasheißt. sich nicht nur in die Gefühle <strong>de</strong>s Kiienten hineinversetzen.56


son<strong>de</strong>rn auch seine eigenen wahmehmen. akzeptieren und unterUmstän<strong>de</strong>n aussprechen - etwa so: ,Ich fühle mich im Augenblickgelangweilt< o<strong>de</strong>r habe im Augenblick Angst vor"lchIhnen, Angst vor <strong>de</strong>m, was Sie mrr antun könnten." EigeneOffenheit ist <strong>de</strong>r Königsweg zur Überwindung von Banierenbeim an<strong>de</strong>ren.Einer cler ersten Rogersschüler schreibt dazu: hat die"Rogersnondirektive Beratung so klar beschrieben. dafi man <strong>de</strong>r Illusionunterliegt. sie sei ganz einfach. Und dann fiingt rnan praktisch an'Ein talsches Wort da und dort . . . rlan ist versucht. zu interpretieren... nichts scheint so schwierig. claf3 man es mit Inehr Ühungnicht korrigieren könnte ... aber diese anscheinend kleinenFehler und clie hijlzernen Reaktionen halten sich hartnäckig.Dann dämmert es langsam: Wenn rnan die Technik gut rnachenwill. muß sie von Herzen konlmen. Und dann bringt man sich fastdamit um, permissiv und akzeptierend zu sein. Und imnler nochkommen diese lästigen Fragen <strong>de</strong>r Klienten: Wie sie weitermachensollen. wie sie sich verhalten sollen . . ' Und dann fragt mansich: Hat man ein Recht. die Klienten hiltlos zu lassen. wenn manihnen clen Weg nach draulSen zeigen könnte . . . Uncl hier geht es")durchs Na<strong>de</strong>löhr ... Keiner kann es einenr abnehn'ren' sichrigoros selbst zu prüf'en und die eigenen Einstellungen zu än<strong>de</strong>rn.Glaubst Du wirklich. dalS alle Leute kreative Frihigkeiten in sichhaben'l Daß.iecler eine einzigarlige Persönlichkeit ist und diesenur selbst entwickeln kann'l O<strong>de</strong>r glaubst Du doch eher. dalleinige Leute wertlos sind und an<strong>de</strong>re schwach uncl daf-J man sieleiten unil lehren mul3. klüger und stärker zu werclen'l Manbeginnt zu begreif'en. daß ntan hier nichts halbherzig tun kann'claß cliese Art <strong>de</strong>r Beratung die äußerste und umt'assendste Ktlnsequenzfbr<strong>de</strong>rt. Wo Akzeptieren das Beratungswerkzeug ist, wirdnicht weniger als die ganze Person gefbr<strong>de</strong>rt. Und selbst zuwachsen ist die grttl3te For<strong>de</strong>rung vtln allen.'Wieviel Mut das Vertrauen in die Kräfte <strong>de</strong>s Klienten fbr<strong>de</strong>rt,zeigt fblgen<strong>de</strong>r Therapieausschnitt:51


Klientin; Ich hab' das noch nie jemand - Sesagt gedacht hab' ich'sschon lange - es ist schrecklich zu sagen. wenn ich nur etwasGroßes fän<strong>de</strong>, für das ich mein Leben geben könnte, wäre ichglücklich. Wahrscheinlic habe ich nicht <strong>de</strong>n Schnerd - o<strong>de</strong>r dieKraft - mich umzubringen - und wenn irgendwer diese Verantwortungübernähme - o<strong>de</strong>r wenn es ein Unfäll wäre - ich - ich -will einfach nicht mehr leben.Therapeutin: Im Augenblick sieht alles so schwarz aus. dafi Sienicht viel Sinn darin sehen. zu leben -Klientin: Ja- ich wollte. ich hätte diese Therapie nie angetangen'Ich war glücklich in nteiner Traumwelt. Da war ich so. wie ich seinwollte. Aber jetzt - es ist so ein riesiger Unterschied zwischenmeinem l<strong>de</strong>al und- wie ich wirklich bin. Ich wollte. die Leutehaf3ten rnich. ich versuche. sie dazu zu bringen. Weil ich dann dieSchuld auf sie schieben kännte aber nein - es ist alles in rneinerHand - mein Leben - und entwe<strong>de</strong>r ich fin<strong>de</strong> mich danlit ab. dallich absolut wertlos bin - o<strong>de</strong>r ich bekämpfe. was mich in diesernschrecklichen Kontlikt hält. Und wenn ich akzeptiere. dafi an mirnichts liegt. kiinnte ich vermutlich weggehen irgendwo einZimmer nehmen - einen rnechanischen Job irgendwo - und michin meine Traumwelt zurückziehen. wo ich alles n'rachen kiinnte,kluge Freun<strong>de</strong> hätte. eine fabelhafie Person wäre -Therapeutirt: Es ist ein harter Kampf so hineinzugraben. wieSie's tun - und manchmal kommt Ihnen lhre Traurnwelt vielattraktiver und bequemer vor.Klientin; Ja. (Lange Pause: verän<strong>de</strong>rte Stimme). Deshalb ist essinnlos. lhreZeitzuverschwen<strong>de</strong>n - wenn ich zweimal die Wochekomme - ich bins nicht wert - was meinen Sie dazu'lTherapeutin:Es hängt von lhnen ab. Gil. für mich ist es keineZeitverschwendung - ich bin immer froh. wenn Sie kommen -aber es kommt auf Sie an - ob Sie nicht mehr zweimal die Wochekommen wollen - o<strong>de</strong>r doch - o<strong>de</strong>r einmal wöchentlich - eskommt auf Sie an (Lange Pause).Klientin:Sie schlagen nicht vor. daß ich öfier komrnen sollte'J Siehaben keine Angst und wollen, daß ich je<strong>de</strong>n Tag komme' bis ichaus diesem Tief raus bin'l58


Theropeutin: Ich glaube. daß Sie sich selber entschei<strong>de</strong>n können'Ich bin immer für Sie da. wenn Sie komrnen woilen.Klientin: (betroff'en) Ich glaube. Sie haben keine Angst - dasmerk ich - ich kann Angst vor mir selber haben - aber Sie habenkeine Angst um mich (steht mit einen merkwürdi-sen Gesichtsausdruckauf)Therapeutin: Sie sagen. Sie haben vielleicht Angst vtlr sich selbst- uncl Sie wunclern sich. warum ich oftenbar keine Angst um Siehabe'lKlientin; (lacht kurz) Sie haben mehr Vertrauen zu mir als ichselber - bis nächste Woche - vielleicht.Deutlich wird in diesem Beispiel <strong>de</strong>r Therapiewie möchte o<strong>de</strong>r mül3te ich sein" ist hier so grof3. daf'iclie Klientin es kaum mehr erträgt. Die Lücke zwischen l<strong>de</strong>al undRealität ist die Einbruchstelle von Angst' Depressitln und an<strong>de</strong>renNeurotizismen. Gelingt eine Therapie' kann <strong>de</strong>r Klient dasAkzeptiertwerclen durch <strong>de</strong>n Therapeuten übernehmen und lernt'sich selber zu akzeptieren. einschließlich aller bisher abgewehrtenuncl verdrängten Gefühle. Dann nähern sich auch I<strong>de</strong>al undRealität einaniler an. und schließlich wirkt sich die verbesserteinnere Kommunikation auch auf die Beziehungen zur Umweltaus.olch bin nicht mehr gegen mich. son<strong>de</strong>rn mit mir". meint eineKlientin am En<strong>de</strong> ihrer Therapie. Und ein an<strong>de</strong>rer Klient fin<strong>de</strong>t:,rMir bleibt noch imrner eine Menge zu tun ich n-ruf3 n-richinnerlich reorganisieren. aber es ist an<strong>de</strong>rs - es ist fast so. als obich die übriggebliebenen Probleme gar nicht mehr als solcheempfin<strong>de</strong>. Wahrscheinlich ist es das. was man unter Selbstvertrauenversteht.. Das En<strong>de</strong> einerTherapie ist natüriich nie etwasEndgültiges. Leben heißt für Rogers. sich ständig wan<strong>de</strong>ln undwachsen. Ein gesun<strong>de</strong>r Mensch ist für ihn einer. <strong>de</strong>r für diesenProzeß offen ist.


In <strong>de</strong>n Jahren 1945-51 ist Rogers an <strong>de</strong>r Universität von Chicagound baut ein eigenes, für die damalige Zeit ungewöhnlich <strong>de</strong>mokratischgeführtes Forschungs- und Beratungszentrum auf, um<strong>de</strong>ssen Leitung er wie<strong>de</strong>r einmal mit <strong>de</strong>n Psychiatem kämpfenmuß. rEs war ein Kampf auf Leben und Tod für nich. aber wennman mich in die Ecke stößt \!'ie hier und in Rochester, kann ichmit <strong>de</strong>r ganzen Eftizienz kämpt'en. die rnan in einer Familie mitsechs Kin<strong>de</strong>rn erwirbt..Der an<strong>de</strong>re große Kampf in Rogers Berufsleben r"aren seineDebatten mit Skinner. Behaviourismus o<strong>de</strong>r Humanistische Psychologie- das ist für Rogers eine philosophische Entscheidung.Denr Diktum Skinners: N'lensch ist das Produkt seiner"DerUmgebung. er han<strong>de</strong>lt. wie er han<strong>de</strong>ln rnuf.J. aber stl, als ob ernicht gezwungen wäre


Psychologieverbän<strong>de</strong> gewählt wur<strong>de</strong> und, darüber hat er sich ammeisten gefreut, schon 1956 zusammen mit Wolfgang Köhlerund Kenneth Spence von <strong>de</strong>r American Psychological Associationeinen Preis für wissenschaftliche Leistungen erhielt. Um somehr wun<strong>de</strong>rt er sich, daß seine präzise fbrmuliefte Theraptetheoriein Kochs Riesenbän<strong>de</strong>n a Study of"Psychology.Science. auf Bibliotheksregalen ungelesen verstaubt.Mit 6l Jahren, 1963. überlegte er. daß ihm die Universitäteigentlich nicht mehr viel zu bieten habe. So nahm er ein Angebotvom Western Behavioural Science Institute an. nach La Jolla,San Diego, Kalifbrnien, zu kommen. Dies Institut lag ihm so amHerzen. daß er auf sein Gehalt verzichtete: leben konnte erdamals längst aus <strong>de</strong>n Einkünfien seiner Publikationen' Als ihmspäter das Verhalten <strong>de</strong>r Institutsieitung zu un<strong>de</strong>mokratisch erschien,grünclete er zusammen rnit Institutsmitglie<strong>de</strong>rn dasCentre tbr Studies of the Person. <strong>de</strong>rn er auch jetzt noch angehört.Uncl hier. im Pensionsalter. begann für Rogers noch einmal eineerstaunliche Etappe seiner persönlichen Entwicklung' selnerschriftstellerischen Produktivität und seiner Popularität. Die Arbeitmit Gruppen rückte ins Zentrum seines Interesses. Heute hälter die Encounterbewegung für eine <strong>de</strong>r wichtigsten unsererZeit.Fasziniert hatten ihn Gruppen immer schon. Akzeptieren undverstehen hatte er ja lange geübt. und in <strong>de</strong>r therapeutischenSituation konnte er auch enge Beziehungen eingehen. Privat warer jedoch immer ziernlich reserviert geblieben. Spontan unddirekt war bei <strong>de</strong>n Rogers bislang nur Frau Helen gewesen' Nuntänd seine Tochter Natalie plötzlich: hat sich ungeheuer"Ervcrän<strong>de</strong>rl. Ich kann es kaum tässen.'Ein Mitglied einer Rogers-Gruppe erzählt: ,F,iner <strong>de</strong>r Teilnehmerwar ziemlich zynisch, hatte sich die ganze Woche von <strong>de</strong>rGruppe zurückgezogen. Er war ein unangenehmer Zeitgenosse'Carl war fest entschlossen, diesen Menschen zu öf'tnen' Erversuchte so ziemlich je<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong>. die er kannte - nichtsfunktionierte. Am allerletzten Vormittag (mittags war Abreise-6t


termin) kam Carl ziemlich blaß nach einer schlaflosen Nacht indie Gruppe. Mit Tränen in <strong>de</strong>n Augen (ich habe oft gedacht, daßer ein fabelhafter Schauspieler war) sagte er. wie sehr er diesenMenschen mochte und mit ihnr tühite. und dal3 ihn die eigeneUnfrihigkeit. an ihn heranzukommen. um <strong>de</strong>n Schlaf gebrachthabe. Er erzählte uns von seiner Angst. dal3 er nie wie<strong>de</strong>r eineGruppe mit leiten<strong>de</strong>n Angestellten machen könne. weil er unfähigsei, mit <strong>de</strong>r Situation fenigzuwer<strong>de</strong>n. 'lch tauge einfach nichtdafür., Natürlich hat das die ganze Gruppe in Trab gebracht. Sieging vehernent auf <strong>de</strong>n Teilnehnter los. Arn En<strong>de</strong> lagen sich Carlund <strong>de</strong>r arme Kerl in <strong>de</strong>n Arrnen und bei<strong>de</strong> weinten ausgiebig. Eswar ein Höhepunkt für alle - wun<strong>de</strong>rschiin. befiiedigend und sehrhilfreich für <strong>de</strong>n Teilnehmer."Rogers beschränkte sich nicht auf ciie Arbeit rnit Kleingruppen.er wagte sich auch an Institutionen. vor allern piidagogische.Schulen, Universitäten. ein Jesuitcnkolleg. Schon I9-52 hatte eran <strong>de</strong>r Harvard Business School seine Zuhirrer ntit seinen Vlrstellungenüber das Lernen in Aufiuhr gebracht:"Mir scheint,dalS allcs. was man ienran<strong>de</strong>n lehren kann. relativ unwichtig istund wenig Einfluu auf sein Verhalten hat" ... "Esinteressiertnrich eigentlich nur. Verhalten zu ün<strong>de</strong>rn. ... ich zu"Wennlehren versuche. veranlasse ich ntein Gegcnüber eige ntlich nur.seincn eigenen lJrf'ahrungen zu IrtilStrauen uncl verhinclere danlitwcsentliches Lernen. Das Resultat <strong>de</strong>s Lehrens ist entweclcrunwichtig o<strong>de</strong>r schädlich,... stelle 1'est. dal3 ich nur atl"lchLernen interessiert bin ich fin<strong>de</strong>. daLJ beim Lernen rnitan<strong>de</strong>ren sehr viel herauskotrtntt..Deshalb schlug er vor. Exanten und Diplorle abzuschaft'en. teilswegen <strong>de</strong>s Machtverhältnisses zwischen Lehrenclen und Lernen<strong>de</strong>n.vor allem aber. weil sie gewisserrnalSen einen Endpunktbe<strong>de</strong>uten und ein Lernen<strong>de</strong>r nur am fbrtlaufen<strong>de</strong>n Prozelj <strong>de</strong>sLernens interessiert sein sollte. Was damals einen Schock ausgelösthatte. fand jetzt. in <strong>de</strong>n sechziger Jahren, oft'ene Ohren. undviele versuchten sich in <strong>de</strong>m neuen Stil. Heute. fünfzehn Jahrespäter. sind allerdings nur noch wenige dieser Prtlekte lebendig.62


Im Einklang mit seiner Philosophie <strong>de</strong>s Lernens hat sich CarlRogers auch immer geweigert, eine eigene Therapieschule o<strong>de</strong>r-vereinigung zu gnin<strong>de</strong>n. Er überläßt es lieber <strong>de</strong>n Klienten. zuentschei<strong>de</strong>n, welche Therapeuten sie gut fin<strong>de</strong>n und aufsuchen.Zertifikate kümmern ihn uenig.Er selbst. immer lentend, läfit sich weiterhin vtln Klienten,Gruppenmitglie<strong>de</strong>rn und jungen Menschen anresen. Erstaunlichvorurteilsfiei schreibt <strong>de</strong>r alte Hen über neue Formen in Parlnerschaliund Ehe. auch über ganz persönliche L'rfahrungen. BeimTbd seiner Frau kommt er mit neuen. transzen<strong>de</strong>nten Dinlensionenin Berührung. Nach Rank. Kierkegaard und Buber ent<strong>de</strong>ckter nun die Propheten <strong>de</strong>s New Age, Fergustln und Capra. für sich'beschäfiigt sich mit spirituel ler Suche. E xploration,-les Übersi nnlichenuncl <strong>de</strong>nkt - da schlägt <strong>de</strong>r alte Empiriker clurch auchclarüber nach. wie Forschung in dieserl.r Bereich auszusehenhätte. Ein wenig än<strong>de</strong>rt er sogar seine Theorie. Zur "Selbstaktualisierungsten<strong>de</strong>nz.,die <strong>de</strong>n Selbsthei lungs- und Wachsturnskriften.je<strong>de</strong>s Menschen nach seiner Ansicht zugruncle liegt. korntntjetzt noch die Fähigkeit aller Organisrnen. über sich selbsthinauszuwachsen. Formen höherer Komplcxitlit. hi)herer Ordnungzu entwickeln.Sein letztes, gröf3tes Anliegen jedoch ist <strong>de</strong>r Fric<strong>de</strong>n. Er bringtVertreter <strong>de</strong>r Gesundheitsversorgung und unzufrie<strong>de</strong>ne Slunlbeu,ohnerzusammen. irische Kathtlliken und Prtltestatrten' cr re<strong>de</strong>tmit Gruppen in Spanien. Brasilien. Polen. Ungarn. Sein Traun'tist. <strong>de</strong>n Dialog zwischen Ost und West wiecler in Gang zubringen.Angefangen vorn fiüheren Vertrauen in eine Art hunranistischerReligion. über die Botschaft <strong>de</strong>r Offenheit uncl <strong>de</strong>s Akzeptierensin cler Einzeltherapie und in <strong>de</strong>n Gruppen bis zur Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>rSpiritualität und zum Engagement l'tir <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n: in RogersThemen kehn viel von <strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>r. was in <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten>Fortschrittliche" bewegt hat. Manche haben mit ihm erlebtuncl gedacht. viele haben ihn nachenlpfun<strong>de</strong>n und seine Stichworteaufgenommen. Er wur<strong>de</strong> N{o<strong>de</strong>. Rogers Erklärung dafür isteinfach: Zett war reif.."Die63


Carl Rogers wäre nicht er selbst, wenn er seine Lebensarbeit fürabgeschlossen hielte. Und so fragt er sich: Warum ist die Metho<strong>de</strong>so erfol-sreich bei <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung von Personen und ihrenBeziehungen und so wenig erfolgreich ber Institutionen? Warumist die personenzentrierte Gemeinschaft <strong>de</strong>r Gruppen so wenigdauerhaft? Ist <strong>de</strong>r humanistische Ansatz zum Untergang verdammt'lWird er überrannt wer<strong>de</strong>n von machtorientierten Kulturen?Wo kommen letzten En<strong>de</strong>s Betrug und Gewalt, wo kommtdas Böse im Menschen her'lCarl Rogers ist über 80 Jahre. Was wird aus seinem Werk'l ImCentre for Studies of the Person <strong>de</strong>nkt man mit Sorge an dieZeit,wenn <strong>de</strong>r Magnet Rogers nicht mehr da sein wird. Einige an<strong>de</strong>reseiner ehemaligen Schüler. Gordon und Gendlin etwa, habenseine Lehre fbrtentwickelt, ei-uene Zentren gegrün<strong>de</strong>t. Den grö13-ten EinflulS hat Rogers jedoch nicht in Amerika, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>srepublik. t960 importierte Reinhard Tausch. Psychologieprof'essorin Hamburg. <strong>de</strong>n klientenzentrierten Ansatz. DieGesellschafi für wissenschafiliche Gesprächspsychotherapie(GwG) wur<strong>de</strong> gegrün<strong>de</strong>t. Sie hat mittlerweile rund 7300 Mitglie<strong>de</strong>r.einige mehr als die Verhaltenstherapeuten. und ist darnit <strong>de</strong>rgräßte Therapieverband in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik. Rogers sieht'smit gemischten Gelühlen. Er konnte Verbän<strong>de</strong> nie so rechtlei<strong>de</strong>n, hat die Ausbildung in Verdacht. zu technisch zu sein undmüchte die Therapeutenqualifikation lieber von Urteil <strong>de</strong>r Klientenals von <strong>de</strong>r Vergabe eines Zertifikats abhängig machen. DerVerbandsvorsitzen<strong>de</strong> meint in<strong>de</strong>s: "Wirsind da realistischer. Wirwer<strong>de</strong>n traurig sein, wenn Rogers nicht mehr da ist, aber es ist füruns keine Katastrophe. Institutionen überdauern das Leben eineseinzelnen.


merkung für Bemerkung auf <strong>de</strong>n Tonbandprotokollen <strong>de</strong>r Gesprächemit Klienten, und es geht auch hier darum: Was kann ichbeim Klienten zulassen und akzeptieren. wo sind meine Grenzen,wo muß ich wachsen?Auch voll ausgebil<strong>de</strong>te Therapeuten sind verpflichtet. regelmäßigmiteinan<strong>de</strong>r ihre Fälle durchzuüberlegen: Lernen ist nie zuEn<strong>de</strong>. Sie arbeiten zumeist in Erziehungsberatungsstellen, Krankenhäusern,Heimen; freie Praxen sind für sie schwieriger, <strong>de</strong>nndie Krankenkassen übernehmen. an<strong>de</strong>rs als bei <strong>de</strong>n Freudianern,die Kosten nur zum Teil. Mit acht Therapiestun<strong>de</strong>n - so langedauerte die erste vercjffentlichte Rogerstherapie - ist heute keinKlient mehr fertig, üblich sind 60 bis I 20 Stun<strong>de</strong>n . Je höher dieQualität <strong>de</strong>s Therapeuten, <strong>de</strong>sto gründlicher und länger arbeiteter in <strong>de</strong>r Regel. Auch sonst gibt es Variationen. Carl Rogers istdas nur recht. Er warnt davor, zu >rogern(. Je<strong>de</strong>r soll seinen Stilfin<strong>de</strong>n.Das ist wohl sein Geheimnis: kein Dogma. zuhüren, lernen,of'fen sein - für sich selbst und an<strong>de</strong>re. für das Risiko und das,,kreative Unbekannte".Carl Rogers ist am 6. Februar 1987 gestorben.Aus pewählte P ubl i kation e nE,ncountcr Gruppe n. Das Erlcbnis dcr mcnschlichcn Bege gnung. Frankfurta. M.: FischerTb l9il4 (Geist u. Psychc 12260).- Entwicklung <strong>de</strong>rPcrsönlichkeit. Psychotherapie aus dcr Sicht eines Therapcutcn. Stuttgart:Klett/Cotta5 I 985. - Dic klicntenzentriertc Gcsprächspsychothe rapie.Neuaufl. Frankfurt a. M.: Fischer Tb 1978 (Geist u. Psychc42175). Die Kraft dcs Guten. Ein Appcll zur Selbstverwirklichung.Frankfurt a. M.: Fischer Tb 1985 (Geist u. Psyche ,1227 l). - Freihcitund Engagcment. Personcnzcntriertes Lchrcn und Lernen. Münchcn:Kösel 1984. - Der neue Mensch. Stuttgart: Klett/Cottatl983. - Dicnicht-direktive Bcratung. Counscling und Psychothcrapie. Frankfurta. M.: Fischer Tb. 1976 (Geist u. Psvchc 421161.65


Ruth CohnThemenzentrierte Interaktion/'hö L/L-66


"llenollrudk mer txx'h sclnn.jcducht:,Nu hälstc'.s triclt mehr uLts,Und da lrua'k mer .fort.jentut'htttus'n HausUn bin n'ic toll immer v'eitu jclooJcnIrgentlv'ohin, unt' n Strick odcr .sttrt'ttl :u krxtftttDenn v,oyort soll mer nu wirkli


National Training Laboratories in Bethel. Maine. im EsalenInstitute in Kalifornien, in unzähligen kleineren >Growth Centers


Hasenpanier ergriffen. Ruth Cohn in<strong>de</strong>s funktionierte voll missionarischenErfers die Situation kurzerhand in ihrem TZI-Stilum: Sie bat die Podiumsredner. ihre Referate zu kürzen, gebotdann allgemeines Schweigen und Nach<strong>de</strong>nken und leitete anschlielSen<strong>de</strong>ine Diskussion im Plenunt inklusive einer Auseinan<strong>de</strong>rsetzungeigens aus Berlin angereister linker Stu<strong>de</strong>nten mit<strong>de</strong>m Establishment <strong>de</strong>s Kclngresses. die ganz ungewohnt getlrdnetverlief.Eine beeindruckend starke Frau uncl. die eigentliche Überraschungnachher an"r privaten Tisch. eine sehr ntenschliche Frau,die keinen Hehl daraus ntachte. dall sie Unterstützung undFreundschafi braucht. Autonontie und Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nz - Eigenständigkeitund rvechselseitige Abhängigkcit - clas lebt sie. unddas sind auch die Leitbegriff'e ihrer Metho<strong>de</strong>. Atn tneisten gefreuthat sie nach ihrem Husarenritt beint Kongref.tjedoch dic Bemerkungeines älteren Herrn über das Schweigen und Nach<strong>de</strong>nken:diese Weise vermei<strong>de</strong>n Sre Massensuggestion und Massenhysterie."Sie hatte,nur. die Autonorni cles einzelnen uncl seine"AufFähigkeit. in sich hineinzuhören. ltjr<strong>de</strong>rn wollen. DalJ dies auchpolitische Auswirkungen haben ktjnnte. tnachte sie glücklich.Spiiter nahm ich an eincm von Ruth Cohns TZI Selninaren teil.E,s war eine Veranstaltung für die Mitarheiter einer psychosomatischenKlinik und einige Gäste. die rneisten u'arcn Arzte .r.lerPsychologen. E,ingeladcn hatte <strong>de</strong>r Klinikchef Franz Heigl undseine Frau Anneliese Hei-sl-Evers. Grün<strong>de</strong>rin cler Sektion Gruppentherapieim DAGG. lch hatte clarnals einige Ertahrung alsGruppenmitglied und als -frainerin. hatlc aber bis dahin inkeinem Seminar mit sowenig Frustration soviel gelernt. Wie wardas möglich'/ lm Gegensatzu <strong>de</strong>tn dantals in Gruppendynarnikund Gruppenpsychotherapie Üblichen u'ar tiberall eine sanfieStrukturierung zu spüren. r,on <strong>de</strong>r Ruth Ctlhn glaubt. cial.l sieechte Freiheit erst möglich mache. Es gab die anfänglichenMeditationsminuten, es gab Regteln: zu geben und zu"Versuchenehmen. was du selber geben und nehmen rnöchtest . je<strong>de</strong>r ist seineigener Chaitman und bestirnmt. wann er re<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r schweigt


sonstwie unkonzentrien ist. kann sein Mißbehagen kundtun un<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r Gruppe bearbeiten. Es sind Regeln. die eigentlich füralle Gruppenarbeit gelten, ausdrücklich ausgesprochen und geübterleichtem sie die Arbeit sehr.Ahnliches gilt für die Themen. Das Leiterteam entwickelte aus<strong>de</strong>n Beclürtnissen cler Gruppe und <strong>de</strong>n Lemzielen - Sachliches istin diesen Gruppen ebenso r'r'ichtig wie Persönliches - Themen,schrieb sie auf. uncl jecler konnte sich in einer Kleingruppe mitclern Thema beschiittigen. clas ihn gera<strong>de</strong> interessierte. (ln <strong>de</strong>nsonst üblichen Kleingruppen hatte man zu bleiben. seine eigenenThemen zu fin<strong>de</strong>n uncl gegebenenfalls Kont-likte durchzustehen')Ein Thema gut zu formulieren erforclert Fingerspitzengefühl fürSituation uncl Teilnehrner uncl E,rfahrung. Stellt nlan zun.r Beispieleiner Gruppe Ion Journalisten die Aufgabe. über Schreibsttirungenzu re<strong>de</strong>n. läuti nlan Gefahr. dat.l sic sich stun<strong>de</strong>nlang incler Darstcllung miLllicher Zustän<strong>de</strong> erschöpfen. während beirn'l'hema ,Wie fincle ich rnein kreatives Schrciben" dic Chancebesteht, clal3 an <strong>de</strong>ren ÜberwindLrng geclacht wird. In unseremScrtrinar hietl es auch nicht 'Marx und Mittelstand". wie einTeilnehmer clan]als vrtrschlug. s0nclern nach ausführlicher Diskussion: oMeine Chancen in unserer Gesellschaft". und seltenhabc ich so E,indrucksv0lles über Bilclungs- und Statusproblenle.über Okologisches und Frauenfragen gehirrtlncles. es waren Zeiten. in <strong>de</strong>nen .iecle Struktur.ietle Aut()ritatsr.rspekt war. uncl so fand auch cliese ihre wi<strong>de</strong>rsacher. Ruth Ctlhncntu'affnete sie auf ihre Weise: mit einem lustigen Ringkampf incler Pause rnit einenr klaren Bekenntnis. ".jau'ohl'ich habeSenclungsbewufjtsein. ich möchte alles Lernen von <strong>de</strong>nl Unsinn<strong>de</strong>s Unlebencligen unr,l Unwesentlichen befreien". Und einmal 'als es ganz schwierig gewor<strong>de</strong>n \\'ar. weinte sie schlicht, undhatte natürlich clie Gruppe voll N{rtgefiihl wie<strong>de</strong>r auf ihrerSeite.Über ihr eigenes Verfahren hinaus beherrschte Ruth Cohn nocheinige an<strong>de</strong>re uncl integrierte sie: Gestaltarbeit im Stil von Perls.Familienskulpturen. wie sie Virginia Satir entwickelt hatte,Techniken. die damals hierzulan<strong>de</strong> noch völlig unbekannt waren1l


und nahezu als Hexerei bestaunt wur<strong>de</strong>n. Das eigentlich Faszinieren<strong>de</strong>jedoch war sie selbst. Ruth Cohn, auf anstecken<strong>de</strong>Weise offen, spontan, fähig zu intuitiver Einfühlung und vorallem bereit zu akzeptieren. Sie hält nichts von <strong>de</strong>r psychoanalytischenZunickhaltung, praktiziert in <strong>de</strong>r Vorstellung. daß dadurchdie tjbertragung frühgelernten (Fehl-)Verhaltens auf aktuellePartner erst möglich und bearbeitbar wird. Diese Übertragungen.meint sie. fin<strong>de</strong>n auf je<strong>de</strong>n Fall statt und wer<strong>de</strong>n ambesten sofbrt bearbeitet. in<strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Ühertragen<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>rRealität seines Gegenübers. auch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Gruppenleiters. konfiontiert.Ruth Cohns Off'enheit ist nicht verletzend: ich "Wassage. ist ehrlich und echt. aber ich sage nicht alles. was ich<strong>de</strong>nke.. E,s ist ihr wichtig. bei allern. was sie sagt o<strong>de</strong>r tut. nachinnen zu sehen. aber auch nach auf]en. nach clem, was für an<strong>de</strong>resinnvoll ist. was die Situation erfbr<strong>de</strong>rl. Man n.rul3 >erzogeneGefühle< haben und eine ,seschulte Intuition.


tionen - gut o<strong>de</strong>r böse - akzeptiert wird, wird <strong>de</strong>r Weg zurVerän<strong>de</strong>rung frei". Und viele bezeugen diese Verän<strong>de</strong>rungen,persönliche und institutionelle.Ruth Cohn hat ihre Metho<strong>de</strong> aus Erfahrungen heraus entwickelt.Und sie hat wahrhaftig Erfahrungen gemacht. Zunächst diepersönlichen. Ihre Mutter. eine Mainzerin. ein )sonniges Gemütbis zum Illusionären hin"; sie traurig zu machen. ist gröl3teSün<strong>de</strong>. Der Vater, überlegen. ernst. auch liebevoll. selbstverständlichHen im Hause; er examiniert die kleine Ruth. wenn ersie sieht. die Namen ihrer Puppen. geschweige <strong>de</strong>nn ihre sonstigenInteressen kennt er nicht. Der ältere Bru<strong>de</strong>r ist in dieserFamilie natürlich viel wrchtiger als ein ,unnützes< kleines Mädchen.Sie ist sich ganz sicher. dal3 <strong>de</strong>r liebe Gott diese Ungerechtigkeitgutmachen. dall sie an ihrem sechsten Geburtstag alsJunge aufwachen wird. Als dies lei<strong>de</strong>r nicht geschieht' kompensiertsie die Enttäuschung, in<strong>de</strong>m sie versucht. tlinker und auchsonst besser zu sein als <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r.Die Jugend im Berlin <strong>de</strong>r wil<strong>de</strong>n zwanziger Jahre: ktlnnte"Manin unserem Alter nur entwe<strong>de</strong>r Komrnunist o<strong>de</strong>r Nationalsozialistsein.. erzählt sie. waren nur ältere l-eute. Bei <strong>de</strong>r"liberalAuswahl war ich natürlich kommunistisch und las begeistertMarx. Nur gefiel mir gar nicht. dall die Kin<strong>de</strong>r dort nicht bei <strong>de</strong>nEltern erzogen wer<strong>de</strong>n sollten. Deshalb war ich nicht in <strong>de</strong>rPartei.


Der Vater starb 1930. Ruth Cohn w'ar damals achtzehn. Sieerlebte diesen Tod zunächst mehr als einen Verlust. <strong>de</strong>n ihreMutter erlitten hatte. und half ihr nach Kräften: für sich selbst hatsie erst später trauern können.Der Vater hatte sich keine Illusionen darüber gemacht. was beiHitlers Machtübernahme drohte. er hatte in seiner Jugend Diskriminierungerlebt. Jüdin zu sein. war tür Ruth Cohn bis dahinnichts Beson<strong>de</strong>res gewesen. Es hatte viele Glaubensgenossinnenin ihrer Schulklasse -eegeben; in ihrenl Elternhaus wer man inreligiösen Dingen liberal. Weihnachten wurcle dort gef'eiert wieanclerswo, nur die Knppe f'ehlte unter <strong>de</strong>m Bautn. Jetzt plötzlichwar vieles an<strong>de</strong>rs. bedrückend: eine wegen cles "Rassenunterschieds.zerbrclchene Freundschaft, zusamlrengeschlageneKornmilitonen. Sie enrigrierte 1933. lanse vor ihren Farlilienangehörigenund nahrt.r gegen <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r verwalten<strong>de</strong>nVerwandten soviel wie m0glich vtln ihrent L'rbe rnit; es warohnehin nur ein Bruchteil erlaubt. Dies hat ihr und ihrerl Frer'rndin Zürich ein Studium errnöglicht uncl einigcn Schicksalsgenossendie Entigration.E,inen solchen Schicksalsgenossen. clen Frcuncl. hat sic clannauch geheiratet: >Die Schweizer Frenl<strong>de</strong>nptllizei ktlnnte darnalsAusIäncler rauswerf'en. wenn sie unverhciratet /tl\illllmcn wohnten.


Auch <strong>de</strong>r berufliche Anfang war schwer. In.r New Yorker PsychoanalytischenInstitut riet man ihr als Nichtmedizinerin, nurKin<strong>de</strong>r zu therapieren. obwohl sie ein international anerkanntesZertifikat als Analytikerin vorweisen konnte. Sie machte eigenseine Lehrerinnenausbildung in <strong>de</strong>n progressiven Bank StreetSchools und fing an. rnit Kin<strong>de</strong>rn zu praktizieren. In <strong>de</strong>renUmgebung fän<strong>de</strong>n sich iedoch immer wie<strong>de</strong>r Erwachsene' diedre Kin<strong>de</strong>rprobleme beeinf'lußten und oft ihre therapeutischenBemühungen zunichte machten. So lan<strong>de</strong>te sie schlielllich dochbei <strong>de</strong>ren Therapie.Es hall'cler Sache <strong>de</strong>r Psychologenatürlich. dall TheoLlor Reik.Schüler und lebenslanger Freund Freuds und selbst Psychologe,sich <strong>de</strong>n Monopolansprüchen <strong>de</strong>r Mecliziner gegenüber standhafterwies. Er grün<strong>de</strong>t ein psychoanalytisches AusbildLrngsinstitut'das Gesetze gegen Nichtrnediziner verhin<strong>de</strong>rte. Ruth Cohn beteiligte sich am Aufbau und war bald Vorsitzen<strong>de</strong> dcs Ausbildungsausschusses.Wil.tbegierig hat sie immer weitergelernt: interpersonale Therapiein Sullivans Schule: eine Ftlrtsetzung ihrer eigenen Therapiedort vcrn.rittelte ihr: bin erwachsen. ich rveilS. ich kann.."lchReichs Bioenergetik - sie konnte cla an ihr Gincllcr-Trainingankntipt'en. Die Reichschen Nachfblger \\'arcn ihr allerdings zunrechanistisch. Für sich selbst behielt sie: 'ln irritierten o<strong>de</strong>rclepressiven Zustänclen lenke ich rneine Aufnlerksarllkeit <strong>de</strong>rnAtmen zu. sobald ich soweit bin. ntir helt'en zu wollen. Wenn ich<strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>s Aterns in rneinern Körper verlillge. l(isen sich dieSpannungen." Sie übertnigt ihre Auffassuns voll <strong>de</strong>r kiirperseclischenEinheit fiüh mit Erfirlg auf ihre-fherapie. hiilt clie Hän<strong>de</strong><strong>de</strong>r Patienten. legt gelegentlich <strong>de</strong>n Arnr unl Schultern. IhreAnalytikerkollegen rümpf-en dartiber sehr die Nase. Später' inihrem TZI-Verfahren, wer<strong>de</strong>n jedoch Ki)rpersrgnale von N'lüdigkeitbis Magenschmerzen sehr ernst Senomnlen. Über VirginiaSatir ent<strong>de</strong>ckte sie Farnilientherapie. über ihre Freundin AsyaKadis fin<strong>de</strong>t sie erst zügernd. dann inlrner rnehr beeindruckt,Zugang zur Therapie in Gruppen.196 I erhält sie die erste Einladung zur neugegrün<strong>de</strong>ten American15


Aca<strong>de</strong>my for Psychotherapists (AAP): von <strong>de</strong>ren Kongressenerzählt sie wie von Festivals <strong>de</strong>r Kreativität: Es gab keineVorträge, aber viele Räume, und je<strong>de</strong>r gab durch Anschlag seineLehrangebote und Lernwünsche bekannt. Dort <strong>de</strong>monstrierteGeorge Bach seine Marathongruppen, Albert Ellis seine RationalTherapy. und Fritz Perls nannte alle Therapeuten Scharlatane,inklusive sich selbst. <strong>de</strong>r Unterschied sei nur, dafi er es wisse.Erst Jahre später. als er seine eigene Metho<strong>de</strong> entwickelt hatte,wur<strong>de</strong> er optimistischer.Wichtigste Ent<strong>de</strong>ckung und berufliche Heimat wur<strong>de</strong> für RuthCohn die Erlebnistherapie mit <strong>de</strong>ren Vertretern Warkentin, Whitaker,später Bugenthal. <strong>de</strong>ssen Buch Search ofl<strong>de</strong>ntity< eine"lnsehr anschauliche Darstellung dieser Therapieforrn vermittelt.Hier, fand Ruth Cohn. brauchten die Patienten viel wenigerSitzungen, und die Erfblge waren <strong>de</strong>utlicher erkennbar als beian<strong>de</strong>ren Therapien. Hier war <strong>de</strong>r Therapeut nicht mehr nurSpiegel. son<strong>de</strong>rn suchte eine partnerschafiliche Begegnung nlit<strong>de</strong>m Patienten. echte und klare Kornmunikation: hier wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>rMensch als psychosomatische Einheit gesehen; hier ging esweniger um die frühe Kindheit. sttn<strong>de</strong>rn mehr um das Hier undJetzt <strong>de</strong>r Therapiebeziehung und <strong>de</strong>r Lebenssituation <strong>de</strong>s Patienten.Hier stan<strong>de</strong>n nicht Symptom und Krankheit im Vorclergrund,son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r ganze Mensch mit seinen Stärken und vtlr allenl mitseinen Müglichkeiten zu autonomer Entscheidung Lrnd Selbstverwirklichung.Es war eine Therapie nach <strong>de</strong>rn Herzen Ruth Cohnsund eine Bestätigung <strong>de</strong>ssen. was sie schon selbst als Metho<strong>de</strong>entwickelt hatte.Eine >wil<strong>de</strong>., Therapie. wie konservative Analytiker befürchteten,war das für sie ganz und gar nicht. Der Erlebnistherapeutmuß ,,seine eigenen Gefühle und Perspektiven sehr diszipliniertklären, um sicher und vertrauenswürdig arbeiten zu kiinnen". Siewamte auch vor <strong>de</strong>m verführerischen Irrtum, zu glauben. >wennich echt bin. heilt das <strong>de</strong>n Patienten.. und sie besteht darauf, daßSpontaneität und Offenheit die sanfter Grenzen. brauchen.In dieser Zeit spielte sie auch bei Kongressen auf <strong>de</strong>r Bühne"Balanceoft die Rolle <strong>de</strong>r Patientin. mit <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ne Kollegen ihre76


Therapielorm <strong>de</strong>monstrierten. Am meisten beeindruckte sie dabeiCarl Rogers : ',Er arbeitete mit <strong>de</strong>r Fähigkeit. sich voll auf <strong>de</strong>nan<strong>de</strong>ren zu konzentrieren, sich zugleich in sich selbst zu versenkenund aus dieser Tiefe heraus <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren zu verstehen.< Daswar für sie das Wesen <strong>de</strong>r Erlebnistherapie.Ihr tiefstes persönliches Therapieerlebnis verCankt Ruth Cohnjedoch Fritz Perls. Ihm war ihre manchmal über alles hinweghuschen<strong>de</strong>Sprechweise aufgefallen, die immer dann auftrat. wennsie sich fürchtete, an<strong>de</strong>re zu langweilen. to me


leben. und du bist nicht auf <strong>de</strong>r Welt, um nach meinen zuleben. . . wenn wir uns frn<strong>de</strong>n. ist es schön. wenn nicht, kannman nichts machen.,) und rief auch manchen zur Ordnung, <strong>de</strong>rallzu rücksichtslos ,'sein eigener Chairman" sein wollte. Sie hatsehr klare Maßstäbe. sucht gewissermaßen innen. was richtig ist.Dies gelingt ihr - und an<strong>de</strong>ren - aber nur, wenn sie gleichzeitignach aulJen sieht, an<strong>de</strong>re und an<strong>de</strong>res mitberücksichtigt."OrganismischenWertesinn. nennt sie diese Hypothese von eineminneren Kompal3 später und rneint. er sei in Kin<strong>de</strong>rn angelegt.Seine Pflege fin<strong>de</strong>t sie überlebenswichtig für die Menschheit.Nicht zuletzt ist es dieses Vertrauen in das eigene Erleben undBewerten. das Ruth Cohn schtln relativ früh zur Entwicklun-eeiner eigenen Metho<strong>de</strong> brachte. Es fing rnit ihren Gegenübertragungsseminarenan. In Zürich hatte sie jahrelang sechsmal wöchentlichauf <strong>de</strong>r Couch eines Lehranalytikers gelegen ("er war.jung und sehr attraktiv"). hatte dabei viel über sich gelernt. waraber letzten En<strong>de</strong>s nach <strong>de</strong>r ganzen Prozedur seelisch unsichererals zuvor. Der Grund; Sie hatte sich nie wirklich aus ihrer innerenAbhängigkeit gelirst, hatte imrler positiv-kindliche Gefühle aufihren Analysevater übenragen und eine entsprechen<strong>de</strong> Gegenübertragungerhalten: er sah und behan<strong>de</strong>lte in ihr das braveAnalysekind.Dcr Urngang mit Patientenübertragungen gehi)rt zunl Grundinventarpsychoanalytischen Denkens uncl Hanclelns. Die Gegenribertragung<strong>de</strong>s Analvtikers war jedoch immer ein heikles'fhema. Bei einem vollanalvsieften Menschen - und viele Analytikerhatten <strong>de</strong>n Anspruch. solche zu sein - durtte es damalseigentlich keine Gegenübertragung im klassischen Sinn geben.Ruth Cohn machte dieses Tabuthema zum Gegenstand cinesAusbildungsseminars für angehen<strong>de</strong> Analytiker. und. nlutig wiesie war, begann sie dieses Serninar mit ausführlichen Assoziationenzu einem eigenen Fall. <strong>de</strong>r auf fatale Weise stagnierte. AmEn<strong>de</strong> dieser Assoziationen ent<strong>de</strong>ckte sie für sich ienen Moment<strong>de</strong>r Leere. <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong>punkt ist. \krraussetzung l'ür <strong>de</strong>n erlijsen<strong>de</strong>nEint'all. Perls und seinen Engpallbegriff kannte sie damalsnoch nicht.78


E,s wur<strong>de</strong> ein faszinieren<strong>de</strong>s Seminar und <strong>de</strong>r Beginn <strong>de</strong>ssen, wassie später als Lernen,, in ihrer TZI-Metho<strong>de</strong> entwikkelte.Diese Arbeit machte sie bald nicht nur in Therapeutenkrei-"lebendigessen bekannt und gesucht, son<strong>de</strong>rn auch bei Sozialarbeitern. in <strong>de</strong>rIndustrie. bei Künstlem und Lehrern. Für sie war es ein Ansatzzur oGesellschaftstherapie.. das Therapiezintmer war ihr zu enggewor<strong>de</strong>n. Mit Freun<strong>de</strong>n grün<strong>de</strong>te sie 1966 das Workshop Institutefor Living-Learnin-u. kurz WILL.Als sie En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r sechziger Jahre nach Europa kommt. ist sie einein fäszinieren<strong>de</strong>r Mensch. eine Spezialistin"Naturereignis":mit enormem Wissen und Kijnnen von Therapiefirrrrlen. die hierfäst unbekannt waren und last not least die Mutter <strong>de</strong>t TZI-Metho<strong>de</strong>. Sie ist auch Integrationsf igur: Für die Analytiker ist siecine <strong>de</strong>r ihren, für die an<strong>de</strong>ren Prototyp <strong>de</strong>r hurnanistischenPsychologie. Aul' je<strong>de</strong>n Fall wird sie begeisterl empl'angen undbekommt viel Anerkennung. SchlielSlich vermittelt sie auch ineiner Zeit, in <strong>de</strong>r vieles hinterfragt und abgewertet wird. ganzein<strong>de</strong>utig Werte. Manche vergleichen sie rnit Theresa von Avila,<strong>de</strong>r spanischen Heiligen. die ja auch eine sehr patente Persongewesen sein muß. an<strong>de</strong>re mit Paoltt Freire. <strong>de</strong>m Autor <strong>de</strong>r<strong>de</strong>r Unterdrückten". Sie selbst hiilt sich an das"PlidagogikPrinzip 60: 20: 20. Prozent rleincr Zuhörer bin ich gleichgültig.20Prozent kijnnen mich nicht lei<strong>de</strong>n. und 20 Prozent sind"60hegeistert.


Ruth Cohn selbst brauchte eine Weile, bis sie <strong>de</strong>n Pen<strong>de</strong>lverkehrüber <strong>de</strong>n Ozean aufgab und New York <strong>de</strong>n Rücken kehrte. Eininnerer Wen<strong>de</strong>punkt war für sie ein Gedicht, ihr erstes wie<strong>de</strong>r in<strong>de</strong>utscher Sprache, ein böses Gedicht über die Perversion <strong>de</strong>r<strong>de</strong>utschen Weihnacht, die sie hat es nie veröf'-"Naziweihnacht";fentlicht. Aber es hat für sie das Eis gebrochen. Die Sprache ihrerJugend hat sie wie<strong>de</strong>r nach Hause geholt. Nach einem Umwegüber eine Gastprof'essur am Clark's College, <strong>de</strong>r Universität' an<strong>de</strong>r einst Freud und Jung ihre ersten Vorträge in Amerika hielten'und Vlotho, einer Bildungsstätte in Nordrhein-Westf'alen, kamsie zu einer Stippvisite nach Hasliberg. stand vor einer <strong>de</strong>rschönsten Aussichten <strong>de</strong>r Schweiz. dachte. kann ich vielleichtCott fin<strong>de</strong>n" und sagte ja zu groLlen Aussicht mit <strong>de</strong>r"<strong>de</strong>r"hierkleinen Wohnung., ja zum Bleiben.Dem sie dies zusagte, war Armin Lüthi. Leiter <strong>de</strong>r Ecole d'Humanitd.<strong>de</strong>r ehemaligen O<strong>de</strong>nwaldschule. die 1934 in dieSchweiz emigrierte. Die Schüler stammen aus l6 verschie<strong>de</strong>nenNationen, Diplomatenkin<strong>de</strong>r sind darunter und Kin<strong>de</strong>r. die vomBasler Sozialamt eingewiesen wur<strong>de</strong>n. Sie sollen hier zu "freien.schöpf-erischen< Menschen heranwachsen. ohne Alkohol . Zigaretten und Walkman, aber rnit viel Skilauf'en. Bergu'an<strong>de</strong>m undKanufahren, und mit ganz kleinen Lern- und Lehrgruppen.Ruth Cohn bietet hier <strong>de</strong>n Lehrern Supervision an. Der SchulleiterArmin Lüthi beschreibt seine Erfahrungen dabei: "lchbinlebendiger gewor<strong>de</strong>n. Das be<strong>de</strong>utet: Ich bin mil<strong>de</strong>r und hrirter.mutiger und vorsichtiger gewor<strong>de</strong>n. Ich zwinge nlich. klarer zu<strong>de</strong>nken, und wage, tief'er zu fühlen. . . Es ist aber nicht bequeni.sich mit jeman<strong>de</strong>m auseinan<strong>de</strong>rzusetzen,keinen Respekt vorheiligen Kühen hat."Ruth Cohns Einfluß auf Institutsentwicklungen ist auch an<strong>de</strong>rswozu spüren. Im Arxhof bei Basel. einer bekannten "\1a13-nahmeanstalt< für Straffällige, arbeitet man nach TZI und auch inDirk Rossmans Drogistenkette in Nord<strong>de</strong>utschland. Sie hat -1edochclie Erfahrung gemacht, dalS solche Arbeit über die Seminarzeithinaus in <strong>de</strong>n Institutionen nur dann Ful3 fassen und u eiterlebenkann, wenn engagierte und trainierte Leiter sie weitertühren.80


Im Arxhof ist das Roberto Lobos. bei <strong>de</strong>n Drogisten NormanLiberman.Für mich nimmt sie sich Zeit für lange Gespräche über Gott unddie Welt. Die Zukunft unseres Planeten und ihr Verhältnis zumMetaphysischen. zum Numinosen treibt sie um. Eine Heilige istsie darum nicht gewor<strong>de</strong>n. auch die Rolle <strong>de</strong>r weisen alten Fraufinclet sie ein bißchen fad. Augenzw'inkernd erzählt sie von ihremnachlassen<strong>de</strong>n Gedächtnis: oKein Wun<strong>de</strong>r. dal3 Fritz Perls in<strong>de</strong>m Alter so türs ,Hier und Jetzt< war: man kann sich wirklichnicht mehr gut merken. was Klienten vor einer Woche gesagthaben.,, Aber sie braucht nach einern anstrengen<strong>de</strong>n Supervisionswochenen<strong>de</strong>ganze 20 Ruherninuten. um wie<strong>de</strong>r putzmunterzu sein. Viele besuchen sie. aber sie vermil]t sehr einen Menschen.<strong>de</strong>r ganz zu ihr gehör1: ihre Kin<strong>de</strong>r. ihre langjährigenFreun<strong>de</strong> blieben ja in Amerika.Die wichtigste Arbeit <strong>de</strong>r letzten sechs Jahre in Haslibcrg war,das Buch.. Ursprünglich als Notdach ftir ein unvollen<strong>de</strong>tesManuskript ihres Freun<strong>de</strong>s Alfred Farau gedacht. wur<strong>de</strong> es für siezurn AnlalS. Rtickschau zu halten, nachzu<strong>de</strong>nken über Erlebtesund Getanes und es gedanklich zusammenzul'ugen.Sie hat sehr viel dafür gelesen. Psl'chologisches' Pädagogisches,Philosophisches, auch mo<strong>de</strong>rne Indianerliteratur' Christa Woll's,KassanrJra. uncl die New Age Autoren. Neugierig und ganz aufclern lauf'en<strong>de</strong>n ist sie ntlch itnmer. Sie war sehr genau mit diesen'rBuch. Einzelne Kapitel hat sie unzählige Male überarbeitet.TrotztJern ocler auch <strong>de</strong>swegen lesen sie sich leicht wie einKriminalroman. Sie hat Buch zu ihrem Vermächtnis gernacht'Sie selbst, gesteht sie lächelnd. ist <strong>de</strong>rl Pantheisn.rus wie<strong>de</strong>rnäher gekommen. <strong>de</strong>n sie in ihrer Jugend von Goethe übernomrnenhatte. Die Frage, ob es personal Göttliches gibt o<strong>de</strong>r einhologrammartiges Raster <strong>de</strong>s Geistigen' läLtt sie ofTen. Amchesten mag sie sich das wie das Materielle in Schwingungen(<strong>de</strong>nken. sich immer wie<strong>de</strong>r aufltjsen und verbin-"die"Geistigeclen, wobei das Geistige vielleicht das Primäre und das Finalesein könnte".Kontemplativer Frie<strong>de</strong> be<strong>de</strong>utet das alles für sie nicht' dazu gibt8l


es zu viele Gegensätze in ihr. Für die Welt fürchtet sie <strong>de</strong>nUntergang und hofft gleichzeitig auf einen Quantensprung <strong>de</strong>rVernunft. <strong>de</strong>r das <strong>de</strong>s Stärkeren" in Gerechtigkeit.verwan<strong>de</strong>lt. Sie ist voller I<strong>de</strong>alismus und Phantasie und"Recht "lieben<strong>de</strong>gleichzeitig ein genauer. praktischer Mensch, f'est auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Tatsachen und so leicht nicht unterzukriegen. Sie ist einGenie <strong>de</strong>r Freundschafi und gleichzeitig ohne Paftner. Siemöchte Menschen ihre Getühle wie<strong>de</strong>rschenken


Horst Eberhard RichterPsychoanalyse und soziale Verantwortunslnvll Qrl,orJ b,,W83


in erfolgreicher. kluger Psychiater. gewitzt durch dieMachtkämpfe <strong>de</strong>r therapeutischen Schulen, ert-ahren in<strong>de</strong>r Stanclesdiplomatie und nicht ohne einige bittere Erlebnissein <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s Außenseiters. sagte über ihn: ist ein "ErKerl .,.Nichts könnte auf <strong>de</strong>n ersten Blick weniger zu Horst EberhardRichter passen als diese Charakteristik. stellt man sich"Kerle.gerneinhin so nicht vor. Die Figur. gut proportioniert, aber eherzierlich, die Sprache leise. nlanchmal zögernd. Ein Zuhörer, bei<strong>de</strong>m die Gesprächspausen nicht bedrückend und bedrohlich wer<strong>de</strong>n,son<strong>de</strong>rn Fragen und Antworten wachsen lassen. Kein Krafimensch.<strong>de</strong>r mit frohen o<strong>de</strong>r schrecklichen Botschafien ins Hausfiillt: Hoppla, jetzt komme ich.Der traiJitionelle rnännliche Held. <strong>de</strong>r technische und militärischeEroberer. <strong>de</strong>n nichts aus <strong>de</strong>r Bahn wirti. schon gar nicht seineGefühle, ist Richter tief suspekt. ja, das Symptom einer Kulturkrankheit.Und was sein Metier angeht, so bekennt er: 'Mankönnte Psychoanalyseine weibliche Wissenschall nennen'; siebeschäftige sich vor allem mit emViertausen<strong>de</strong>r


<strong>de</strong>snormen ebenso wie die Regeln politischer Anständigkeit. Ermachte sich gemein mit Stu<strong>de</strong>nten, die in <strong>de</strong>n siebziger Jahrenneue Formen menschlichen Zusammenlebens und <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rerziehungversuchten, war Mitglied einer Gruppe. die mit Obdachlosenarbeitete. machte auf ziemlich unkonventionelleWeise Wahlkampf für die SPD. war Gesprächspartner <strong>de</strong>r grünenFraktion in Bonn. als sie über ihre Haltung zur NS-Vergangenheitdrskutierte. Er tauchte bei <strong>de</strong>n Anti-Pershing-Demonstrantenin Mutlangen auf, zählt zu <strong>de</strong>n führen<strong>de</strong>n Köpf'en <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsbewegung,ist Mitglied <strong>de</strong>r blockübergreif'en<strong>de</strong>n Initiative >lnternationaleArzte zur Verhütung <strong>de</strong>s Attlmkriegs., und hat mitvielen seiner Kollegen in <strong>de</strong>r 'Frankfurter Erklärun-e" jeglichekriegsmedizinische Fortbildung vern'eigert.Die einen haben ihm Preise verliehen, die an<strong>de</strong>ren ihn alsgefährlichen Mann beschimpti o<strong>de</strong>r als Träumer.,"illusionärengesehen. Die FronkJ'urte r Allgenteine Zeituttg, hat einnral schauclerndseinen Satz aufgespießt:"Wir müssen eintach mehr Muthaben, unser Gefühl einzubringen als Elerrrent' <strong>de</strong>rn dic Rrlitikfblgen sollte." Die Warnung karn zwangslaufig:"Nicht auszu<strong>de</strong>nken,was geschähe. wenn solche Maximen MaLJstab <strong>de</strong>rPolitik wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n.. Schuster. bleib bei <strong>de</strong>inern Leisten!Ocler auf <strong>de</strong>n Fall Richter übertragen. Therapeut. bleib hinter<strong>de</strong>iner Couch !ln <strong>de</strong>r 'Iat ist es schon einigermal3en aul3ergewöhnlich. daßPsychoanalytiker sich so konsequent und stl weit in die Sozialpsychologieund in die Politik hineinwagen. lhr Stanlmvater,Sigrnund Freud. wiewohl weit offener für sozialpsychologischeProblerne als viele seiner Schüler (und interpretationsfähig wieMarx für seine Erklärer), konzentrierte sich auf die Entwicklungcles lndividuums. Freud hat eine Entwicklungspsvchologie entwort'en.die sich im wesentlichen auf die innere Verarbeitungfiühkindlicher Konflikte beschränkt: so entsteht I<strong>de</strong>ntitiit. Schondie Sprache - als >Ob.jektbeziehung" wird das Verhältnis <strong>de</strong>sKin<strong>de</strong>s zu seinen E,ltern bezeichnet - ist verräterisch; die Weltwird aus <strong>de</strong>m Blickwinkel <strong>de</strong>s Individuums erklärt.In <strong>de</strong>r klassischen Einzeltherapie ie<strong>de</strong>nfalls ist <strong>de</strong>r Klient aus <strong>de</strong>n8-5


sozialen Wechselbezü-een min<strong>de</strong>stens insoweit herausgelöst, alsdas soziale Umfeld und die Erziehung als Schicksal angenommenund hingenommen wer<strong>de</strong>n. Dabei mag. wie Richter vermutet.bei Freud die resignative Verarbeitung <strong>de</strong>r jüdischen Auf3enseiterrollemit hineingespielt haben. In Freuds an <strong>de</strong>r"UnbehagenKultur,, wird jene resignative Grundstirnnlung beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlichles ist im Grun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Versuch. mit Hilf-e <strong>de</strong>r Psychoanalyseeine Art stoischer Durchhaltefähi-ckeit zu geuinnen.Richter erweitert <strong>de</strong>n BegrifT <strong>de</strong>r Pslchoanalyse. Sie beschäftigtsich nicht nur mit <strong>de</strong>n unbewul3ten Wirkungen früher Erfahrungen<strong>de</strong>s Individuums. son<strong>de</strong>rn auch mit <strong>de</strong>n unbewuf3ten Wirkungen<strong>de</strong>r gegenwärtigen Umwelt. Die konfliktreiche Ernanzipation<strong>de</strong>s einzelnen aus <strong>de</strong>n schützen<strong>de</strong>n und bedrängen<strong>de</strong>n Beziehungenzu <strong>de</strong>n Eltern wird erglinzt durch die En'ranzipatitln aus<strong>de</strong>m sozialen und kulturellen Gehäuse.Ein schwieriger Gedanke. Denn die sozialcn und kulturellenNormen geben ja auch Sicherheit. sind Vtlraussetzung dafür. clal3eine Gemeinschafi und <strong>de</strong>r einzelne in ihr überhaupt existieren-feilkiinnen.Und sie sind la zu einem grof3en etwa das Verbtltzu töten auch clurchausinnvoll.Richter streitet das nicht ab. aber er betrachtet clas Problenl ausan<strong>de</strong>rer Sicht. Er sieht vor allem die Mechanisnren. clie Menschen einsetzen. unt ihrer Angst l'or Einsanlkeit Lrncl Isolierungzu entgehen. uncl erkennt ihre Bereitschaft. sich in clen Schutz <strong>de</strong>rAutoritäten zurückzuziehen. sich vorl,sesellschaftliehen tIher-Ich. führen und verführen zu lassen - im Erperirnent (etrva beiclen Versuchen Milgrams. wo Testpersonen auf Anweisung <strong>de</strong>nHebel für tädliche Elektroschocks drückten ) uncl in <strong>de</strong>r Wirklichkeit<strong>de</strong>s NS-Staates. Die Angstneurotiker. die Richter rnit einerrlKollegen untersucht hat. lei<strong>de</strong>n an gesttlrtem Selbstwertgefühl;sie sincl E,xtremfälle <strong>de</strong>ssen. was allen zu schat'l'enlacht: Angstvor <strong>de</strong>r Isolation.Die Manipulationen zur Verrneidung von Angst uncl Einsarnkeitmachen auch vor <strong>de</strong>m Therapiezimmer nicht halt. Auch da gibt es- und das wird ja in <strong>de</strong>r Therapie auch benutzt - ein unbervufitesZusammenspiel. Soweit davon aber die TherapeLrten selber be-86


trofl'en sind (Gegenübertragung heißt das Stichwort). wird es vonmanchen Psychoanalytikern zurückhaltend behan<strong>de</strong>lt. Richter istda offener. In seiner Klinik wur<strong>de</strong> untersucht. welcher Typ vonTherapeuten sich welche Art von Klienten sucht. Und auch dieMacht- uncl Herrschaftstechniken <strong>de</strong>r Stan<strong>de</strong>sorganisation machter namhaft. ,lnstitutionen


seits von Not und Herrschaft, eine ganze Stu<strong>de</strong>ntengenerationfaszinierte und sie zur ,großen Verweigerung" aufrief. hat ihnnicht geblen<strong>de</strong>t. Sie ist für ihn nur die sanftere. ästhetischere un<strong>de</strong>rotischere Variante <strong>de</strong>s Übermenschen Nietzsches. bei <strong>de</strong>r kompliziertegesellschaftliche Konf1ikte verdrängt. und <strong>de</strong>ren Wurzelnim Unbewußten übersehen wer<strong>de</strong>n. Vor solchen Utopien hatihn <strong>de</strong>r ständige therapeutische Urngang mit Menschen bewahrt,die Arbeit in Selbsthilfegruppen. nicht zuletzt im Obdachlosenmilieu,wo eine erkärnpfte zweite Mülltonne wichtiger. nützlicherund befreien<strong>de</strong>r wirkt als je<strong>de</strong>s Gere<strong>de</strong> über eine bessereWelt.Immerhin. Richter ist in Wi<strong>de</strong>rspruch zur organisieften <strong>de</strong>utschenNachkriegspsychoanalyse geraten. die. in Nachahntung<strong>de</strong>s i<strong>de</strong>alisieften anrerikanischen Vrrbil<strong>de</strong>s. als eine therapeutischeDienstleistungsindustrie <strong>de</strong>n Weg in die sttziitle Anpassungnachvollzogen und in ihrer Forschung <strong>de</strong>n Bezug zur gesellschaftlichenAktualität wenig beachtet hat. Unte r diesen Urnstiin<strong>de</strong>n.so schreibt Richter."sincleinige wie Alexancler und Mitrgarete Mitscherlich und später ich selbst in eine son<strong>de</strong>rbare Ar'rf.Jenseiterrollegeraten, inclenr wir an sozialwissenschafilichen Aktivitätenirl alten Berliner Institut anknripften und uns kritischinterpretierend mit <strong>de</strong>rn unbewußten Hintergrund politischcrHaltungen beschiiftigten".Nazi-Herrschaft und Krieg. Zusantmenbruch: diese Zeit hatRichter geprägt. Nicht dall da pli)tzlich ein lVlann als Summeseiner Erfahrungen ein f ertiges Kt'rnzept <strong>de</strong>r Öff'entlichkeit vorgelegthätte: E,s begann mit Unbehagen. Fragen. Zweif'eln. Protcst.Suchen.Fremdartig, bedrückend sei die Herrennrenschen-lcleologie 1ürihn schon gewesen. erzählt Richter. nie kant mir in clen"AberSinn, daß ich es wagen könnte. gegen das System aktiv aul'zubegehren.. . Mein Ohnmachtsgefühl wur<strong>de</strong> durch die politischeAbstinenzhaltung meiner E,ltern gelör<strong>de</strong>rt. Ich erinnere rnich,daß mein Vater - Direktor bei Siemens - sich einre<strong>de</strong>te. alsIngenieur und Konstrukteur nichts mit Politik zu tun zu haben.Bezeichnen<strong>de</strong>rweise war er ein Spezialist für Feinmechanik,88


über welche er ein Lehrbuch verfäßt hatte. Diese technischeMikrowelt, in <strong>de</strong>r er beruflich lebte, war zugleich ein Mo<strong>de</strong>llunserer Familie. in <strong>de</strong>m rvir als kleine Teilchen mechanisch in<strong>de</strong>m großen Getriebe mitfunktionierten. Ich protestierte zwar alsPubertieren<strong>de</strong>r heftig gegen das positivistisch-mechanistischeWeltbild meines Vaters. Aber die Ge-eenwelt, die ich mir baute,entrückte mich auf an<strong>de</strong>re Weise von <strong>de</strong>r politischen Realität. Ichlas mit Lei<strong>de</strong>nschafi Dichtun-e und Philosophie. speziell aus <strong>de</strong>rRomantik . . . ich ias dann weiter als junger Soldat in RulSland.habe mich", so analysiert Richter sich selber,"lch "als Personaufgespalten. AufJerlich versuchte ich mir. soweit es ging, durchtaktische Anpassung massivere Reibereien zu ersparen. Danebenführte ich, wie ich glaubte, mein eigentliches Leben in meinerintrovertieflen Privatwelt <strong>de</strong>r Besinnlichkeit. <strong>de</strong>r Phantasie. <strong>de</strong>sGefühls."Diese >zweigleisige Lebenstechnik. war darnals wohl u'eit verbreitet,und Richter. wie viele an<strong>de</strong>re. ist nicht leicht danrit f'ertiggewor<strong>de</strong>n. Er reagierte nrit Krankheit. mit vergeblicher Auflehnung, mit Rebellion. und nur sein Chefarzt Richter warinzwischen zur Sanitätstruppe versetzt wor<strong>de</strong>n rettete ihn vorcinenr Kriegsgerichtsverfahren. das ihrn ein NS-Führungsotfizieranhängen wollte. Dieser Chefarzt war Werner Flollntann, einSchüler Viktor von Weizsäckers. Psychotherapeut und väterlicherFreund. In <strong>de</strong>n Gesprächen mit Hollmann gewann Richter"die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Erkenntnis. dafS die gewaltträchtige Realitätim Kont'likt mit <strong>de</strong>n individuellen Bedürfnissen eine krankrnachen<strong>de</strong>Übennacht erlangen kann. Die Illusion. daLJ rnan sichgegen eine AulSenwelt in einer kleinen Privatwelt abschirn.renkijnnte, um dort zusamr.nen mit engen Bezugspersonen relativungestirrl psychische Befiiedigung auszukosten. wur<strong>de</strong> mir hiererstmals bewul3t."Richter kam 1946 als entlassener Gefangener aus <strong>de</strong>m Kriegzurück. Vom E,lternhaustand nur noch die Ruine. die Elternrvaren von <strong>de</strong>n Russen umgebracht wor<strong>de</strong>n. Die Freun<strong>de</strong> warengefallen. Nur er war übrig geblieben. W'arunl E,r beantwortetedie innere Ratlosigkeit durch rastloses Studieren. und es begannu9


jenes zuerst instinktive, später bewußte Lemen. Er versuchte sichklar zu wer<strong>de</strong>n. ich meine unbewälti-cten Erfahrungen aus"wie<strong>de</strong>m Krieg und <strong>de</strong>n Schock nach <strong>de</strong>m Zusarnmenbruch akzeptierenund wie ich das daraus folgen<strong>de</strong> notwendige Lei<strong>de</strong>n anTrennung und Schuld verarbeiten könnte


Kind übermitteln. in<strong>de</strong>m sie sich von eigenen mangelhaft bewältigtenKonflikten entlasten wollen,,. Eltem. die selber mit ihrenTrennungsängstenicht fertig gewor<strong>de</strong>n sind. die ihre partnerschaftlichenBeziehungen nicht bewältigt haben. klammern sichan ihre Kin<strong>de</strong>r. E,in symbiotisches. unfreies Verhältnis <strong>de</strong>r gegenseitigenManipulation entsteht. clas sich nur schwer auflösenläl3t uncl die normale Entwicklung und Reifung eines Kin<strong>de</strong>shin<strong>de</strong>rt, wenn nicht unmö-slich rnacht. O<strong>de</strong>r: Eltern wollen dieKränkung durch eigenen. nangelhaftcn Lebensertirlg per l<strong>de</strong>ntifikationrnit einerr.r Kind aufheben, das um.lc<strong>de</strong>n Preis erfblgreichsein soll. O<strong>de</strong>r: Das Verbotene und das Schu'ache wer<strong>de</strong>n an dieKincler clelegierr. Das bt)se. schwache. erfblglose Kind wird zurtsedingung eigener Vortrefflichkeit und Gröf3e.Nicht nur clas UnbewulSte dcs einzelnen. stlnclern clie gegenseitigenunbewuuten h,int-lüsse rücken ins Bilcl. Sie anzuerkennen.fällt nicht gera<strong>de</strong> leicht. Denn die Eltern leiclen ja. und ihreÜbcrzeugung, clalS sie clas bcste für ihre Kin<strong>de</strong>r w'ollen. istdurchaus ehrlich.Das Buch ,E,ltern. Kind und Neurose. solltc die HabilitationsschrifiRichters wer<strong>de</strong>n. Sie blieb liegen: dcn Berliner Prof'essorenpaLlte wohl die ganze RichtLrng nicht. Aber clieses Buch undcine Reihe von Vorträgen hatten Richter inzwischen bekanntgemacht. L,r erhielt 1962. obwohl nicht habilitiert. einen Lehrstuhl in GiefSen und baute clort die psy'chosomatische Klinik auf'clie sich zu einem interdisziplinären Zentrr'rn'r nlit htlhe nl wissenschaftlichenStandard entwickelt hat.Das Thema cler unbewulSten Rollenaufträge rvircl u'eitergetührtuncl systematisiert in >Patient Fanlilie". Nicht nur solche Fällewerclen beschrieben. wcl ein Teil dcr Farllilie sich selber salviert,inclern er <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren seine ungelösten Schwierigkeiten autbürclet.sonclern auch Familien. clie sich hotntrsenlit einenr"relativeinheitlicheneurotischen Konzept organisieren" ' Richter unterschei<strong>de</strong>tdrei 'lypen:Dtts Sttnatorium; Es entsteht. wenn ein Angstneurotiker dieFarnilie als stützen<strong>de</strong> Umu'elt zu organisieren versucht' DieFamilie wehrt sich zunächst gegen diese Versuche. gibt dann9l


aber um <strong>de</strong>s lieben Frie<strong>de</strong>ns willen nach und zieht sich insgesamtin das Schonklima einer Sanatoriumswelt zurück. Die Familiefunktioniert, aber ihr Lebensradius insgesamt ist eingeschränkt.Mami. Papi und Püppi leben friedlich miteinan<strong>de</strong>r. aber diesozialen Fähigkeiten verkümmern.Die Festung,:Sie wird verteidigt von Familien, die unerträglichewechselseitige. feindselige Impulse nach auLlen ableiten. Kennzeichnendist eine kämpf'erische Besessenheit von fixen, wahnhaftenI<strong>de</strong>en. Die Familie wird zur i<strong>de</strong>ologischen Kampfgruppe.Das Theuter: Teils spielen die Mitglie<strong>de</strong>r vttreinan<strong>de</strong>r Theater,teils fbrmiert sich die ganze Farnilie zu einem Ensemble. Es gehtimmer um Darstellung, Effbkt. Die kunstvoll konstruierte hysterischeSzenerie ist im Grun<strong>de</strong> ein Abwehrsystem gegen dieGefahren einer Depression.Seit Richter dieses Buch geschrieben hat - er war einer <strong>de</strong>rBahnbrecher - hat sich Fantilien- und Paartherapic weit verbreitet.Sie ist einer <strong>de</strong>r SchwerpLrnkte in -fheorie und Praris gewor<strong>de</strong>n.ein lohnen<strong>de</strong>s. aber zugleich schwieriges Unternehnlen.weil es <strong>de</strong>rn Therapeuten viel abverlangt: Er kann seine Rollenicht st'r weit verfrem<strong>de</strong>n und neutralisieren wie in <strong>de</strong>r Einzeltherapie.er muß sich direkter seinen Patienten stellen, und erüberschreitet auch zuweilen die Grenze zur Beratung.Richter hat in seinen Büchern viele Fälle geschil<strong>de</strong>rt. und indiesen Darstellungen ist er ant eindringlichsten. anl überzeugendsten:L,twa das Ehepaar. das sich mit Krankheitssvmptonlendueliert - ein Wettbewerb nach <strong>de</strong>m heintlichen Motttl: Wer ist<strong>de</strong>r größere Märtyrer. wer darf <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren anklagen ? Wer darfPflegling sein, wer muf3 Ptleger spielen'lO<strong>de</strong>r das Paar rnit <strong>de</strong>m Jungen, <strong>de</strong>n die Frau in die Ehe rnitgebrachthat. hirngeschädigt. ein schwieriges. hällliches Kind.L,ntwe<strong>de</strong>r geht <strong>de</strong>r J unge o<strong>de</strong>r ich gehe selbst. sagt <strong>de</strong>r Stiefvater.E,s ist eine erstaunliche Geschichte. wie dieses Ehepaar auseinfachen Verhältnissen sich allrlählich in cler gemeinsamenSorge um <strong>de</strong>n Jungen gefun<strong>de</strong>n hat. und wie das Kind eben nichtin einer Bewahranstalt als hindämmern<strong>de</strong>s menschliches Wrack92


en<strong>de</strong>t. son<strong>de</strong>rn trotz vieler Schwierigkeiten die Schule absolvierenkann und so viel an sozialer Einglie<strong>de</strong>rung schafft. wie beiseinen Voraussetzungen möglich rst.Richter hat eine bestimmte Form von Paartherapientwickelt:Zwei Wochen lang, je<strong>de</strong>n Tag zwei Stun<strong>de</strong>n, trifft sich einEhepaar mit <strong>de</strong>m Therapeuten. Die Anfangsphas einer solchenTherapie in Ausschnitten:Ein 40jähriger Angestellter. eine 34jährige Hausfiau' seit9 Jahren miteinan<strong>de</strong>r verheiratet. zwei Kin<strong>de</strong>r von 7 und 3Jahren. Er stottert, sie hat Magenschnlerzen. Bei<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n, dalSsie ,'s


je<strong>de</strong>r die eigene Nähe zu <strong>de</strong>m Partner bekun<strong>de</strong>. ohne daß dieserdaraufpositiv reagiere. Keiner freue sich. obrvohl er vom Partnergenau das zu hören bekomme. was er angeblich vermisse.Als bei<strong>de</strong> nach wie vor an ihren Vorwürfen kleben. interpretiert<strong>de</strong>r Therapeut: >Wenn Sie einan<strong>de</strong>r nicht glauben wollen, daß <strong>de</strong>ran<strong>de</strong>re sich Ihnen noch positiv verbun<strong>de</strong>n fühle. dann heillt dascloch, claß je<strong>de</strong>r von Ihnen einen Vorwand sucht. um seinenegativen Gefühle off'en bekennen zu können- .fccler von lhnenhat Impulse. vom Partner wegzugehen. Aber.je<strong>de</strong>r mtichte. daLl<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re die Bombe zün<strong>de</strong>t. darnit er für die eigenen lmpulseseine Entschuldigung hat."Bei<strong>de</strong> schwiegen betrof'fbn und nachclenklich. Dann gesteht siespontan, daf.l sie wirklich iifter daran <strong>de</strong>nke. v


kelt wur<strong>de</strong>n und inzwischen Schule gemacht haben. TypischeVerläufe, Erfolg und Mißerfolg wer<strong>de</strong>n erkennbar. Die Ergebnisselassen <strong>de</strong>n SchiulJ zu. dal] sich mit dieser Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>rPaartherapie fiuchtbar arbeiten läßt - nicht im Sinne einer endgültigenLösung (vermutlich ohnehin eine nutzlose. ia schädlicheVorstellung). son<strong>de</strong>rn als Hilt-e zur Selbsthilfe.,lmmer wie<strong>de</strong>r". so Richter, rerfahren zvu'ei Partner. dal] sie esviel leichter haben. einmal unverhüllt aus-eedrückte aggressiveGefühle miteinan<strong>de</strong>r zu verarbeiten. als die Forlsetzung einervielleicht jahrelang praktizieften Strategie Ilin-uer zu ertragen, beiwelcher je<strong>de</strong>r seine Aggressivität. sei es durch Kopfschtnerzen.Frigidität. bedrücken<strong>de</strong>n Pessimisntus. zerlnürben<strong>de</strong> Peclanterieo<strong>de</strong>r clergleichen rnaskiert hattc.


<strong>de</strong>rlä<strong>de</strong>n< sagte man damals - um eine Reform <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rerziehungbemühten, und bei <strong>de</strong>r Gruppe. die im Obdachlosen-Gettoarbeitete und versuchte >mitzuhelf-en. daß die Bewohner einesSlums aus <strong>de</strong>r Lethargie und Resignation erwachten. in die siedurch Abspaltung von <strong>de</strong>r Gesellschafi geraten sind."Emanzipation war damals <strong>de</strong>r politische Leitbegriff: Richter hatihn sich zu eigen gemacht. Im Unterschied zu manchen Politikernaber hat Richter diesen Begriff nicht i<strong>de</strong>ologisch verstan<strong>de</strong>n,nicht als Dogma, das unabhängig davon. was Menschen vermögen,durchgesetzt wer<strong>de</strong>n muß. son<strong>de</strong>rn als Ermutigung zugemeinsamem Lernen. Es gibt einen typischen Satz. <strong>de</strong>r beiRichter immer wie<strong>de</strong>r auftaucht: ,Wenn man im Machen nichtdas anwen<strong>de</strong>t. was man erkannt hat, kann man schließlich auchnicht mehr erkennen. was zu machen ist. Wenn rnan sich mittheoretischer Kritik dort begnü-et. wo eine Veränclerung in persönlicherReichweite gewesen wäre. korrumpiert die UnterlassungschlielSlich auch das kritische Denken." Diese, zum Teilschmerzlichen, aber auch fruchtbaren Lernprozesse hat Richterzusammen mit einigen Kollegen begleitet und geför<strong>de</strong>r1.Über die Gefahren <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rlä<strong>de</strong>n ist viel berichtet wor<strong>de</strong>n: voncler Neigung. gesellschattspolitische Wunschvtlrstellungen alsNahziele zu begreif'en und damit sich selbst und die Kin<strong>de</strong>r zuübertbr<strong>de</strong>rn - drrrch rigi<strong>de</strong> Politisierung. durch zu tiühe Emanzipation<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r, durch zwanghatte Sexualdressur. Irn Kin<strong>de</strong>rla<strong>de</strong>nsollte eine Art schiiner neuer Welt entstehen. zu <strong>de</strong>renVerwirklichung Eltern selbst nicht tähig waren. Diese Gefahrensieht auch Riclrter. aber er kann auch davon berichten. wie solcheElterngruppen allmählich gelernt haben, ihre Spannungen auszuhaltenund die Bedürfnisse <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r zu ent<strong>de</strong>cken. Er erzähltvon Gruppen. <strong>de</strong>ren Mitglie<strong>de</strong>r sich in einem besseren, vertieftenVerständnis gefun<strong>de</strong>n haben, die ein Beispiel gaben: Dies istmöglich.In <strong>de</strong>r Arbeit mit <strong>de</strong>n Slum-Bewohnern stellt sich das Problemetwas an<strong>de</strong>rs: Wie überhaupt kann die Gruppe' die sich aus <strong>de</strong>mMittelstand rekrutiert, mit <strong>de</strong>n Bewohnern tragfähige Beziehungenaufbauen? Das geht u'e<strong>de</strong>r durch Überi<strong>de</strong>ntifikation mit <strong>de</strong>n96


Hilfsbedürftigen noch durch Anlehnung an die Sozialbehör<strong>de</strong>n.>Wir müssen ertragen, daß die Getto-Bewohner uns nie ganz von<strong>de</strong>rn Mißtrauen entlasten. das sie <strong>de</strong>r gesamten organisiertenMittelstandsgesellschaft gegenüber haben, <strong>de</strong>r sie ihre Ausschließungund Diskriminierung verdanken.. Dies allerdings isteine Betrachtungsweise. die <strong>de</strong>m gegenwärtig herrschen<strong>de</strong>n Politikverständnisradikal wi<strong>de</strong>rspricht. das auf die Belohnung <strong>de</strong>rLeistungsfähigen setzt und soziale Härte fbr<strong>de</strong>rt.Natürlich wuchern am unteren Rand <strong>de</strong>r sozialen Stufenleiter>mangelhaft kontrollierte Triebhaftigkeit. Suchtgefahr. offeneAggressivität - lauter Züge. <strong>de</strong>ren vorbehaltlose Verabscheuungzu <strong>de</strong>n selbstverständlichen Zielen je<strong>de</strong>r bürgerlichen Erziehunggehört". Aber wenn man diesen Menschen nicht mit <strong>de</strong>r ,autt'rmatischenDefensiv- und Strafhaltung begegnet


Konflikte zu entschärfen - und um handfeste Sozialpolitik: Wiekann ein Patient, eine Familie besser betreut wer<strong>de</strong>n' wie wirddie sozrale Versorgung einer Region verbessert'lSo ganz geheuer war dieses Untemehmen <strong>de</strong>n Traditionalistennicht, ebensowenig wie <strong>de</strong>r weitgehen<strong>de</strong> Abbau <strong>de</strong>r Hierarchienin seiner Klinik. Aber auf seltsame Weise hat Richter damitErfolg gehabt, und er ist damit auch zu einer Art politischenLeitfigur gewor<strong>de</strong>n. Dabei ist er von Hause aus eher ein apolitischer Mensch. noch die Stu<strong>de</strong>ntenrebellion L'n<strong>de</strong> <strong>de</strong>r sechzigerJahre ist an ihm fast vorbeigegangen, aber er hat gelernt' sichclurchzusetzen: Zum Beispiel bei <strong>de</strong>r Psychiatrie-Enqu6te Mitte<strong>de</strong>r siebziger Jahre. die er gegen die ursprüngliche Konzeption.in <strong>de</strong>r Psychotherapieigentlich gar nicht vorkanl. entschei<strong>de</strong>ndverän<strong>de</strong>rt hat. o<strong>de</strong>r auch bei tnanchen finanziellen Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen.Er beherrscht durchaus die Register subtiler Beein-11ussung. Notfalls. so ie<strong>de</strong>nfalls erzählcn Tcilnehnler' tritt er alsbeleicligte Diva auf. die an<strong>de</strong>ren wegen ihres kleinlichen Gezänksum Geld sehr brauchbare Schuldgefühle einzupflanzen vermag.Wie viele beileutencie Psychotherapeuten verfügt auch Richterüber eine genaue Witterung für neue Stirnnrungen. L'r hat siemeist tiüher als an<strong>de</strong>re gespürt und dargestellt. Seine Bücher. dieim Lauf'e <strong>de</strong>r Jahre immer persönlicher gewor<strong>de</strong>n sind. lesen sichwie Testberichte über Aneignung und Verarbeitung neuer I<strong>de</strong>en'Sie sind, wenn man so will. Selbstanalyse durch Schreiben'Paare. Farnilien, Gruppen. Randgruppen. soziale Organisationen:Hier wird sichtbar. wie sich Richter immer weiter inspolitische Uml'eld hineinbewegt. Und es ist f-ast zwangsläufig,tlalS auch die Geschichte ins Blickf'eld rtickt: die historischenKräfie. die beirn Entstehen <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>men Abhängigkeiten. <strong>de</strong>rneurotischen Strukturen mo<strong>de</strong>rner GeselIschafien mitgewirkt haben.Richters Urleil ist harsch: psychische Hintergrund"Derunserer so imposant erscheinen<strong>de</strong>neueren Zivilisation ist nichtsan<strong>de</strong>res als ein von tiefen, unbewältigten Angtten genährterGrößenwahn."Wie kommt er zu diesem Urteil'l Er geht aus von einer fiühkindli-98


chen Fehlentwicklung, die aus Angst vor <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>s elterlichenSchutzes entsteht und sich äußert als Herrschattsanspruch:Die >Flucht aus phantasierter tödlicher Ohnmacht in eine narzißtischeAllmacht


terTief'er gestön als diejenigen. clie ar"rf die Bedrohung mitAngst uncl Verzweiflung reagieren. sind die Verantu'tlrtlichcn,die diese Risikopolitik betreiben und ihre eigene Angst verdriingen..Ocler an an<strong>de</strong>rer Stelle: gegenwärrige <strong>de</strong>struktive"DieSozial-, Umwelt- und Rüstungspolitik hat eine psvchologischeInfiastruktur. und in dieser spielen unbewul3t Komponenten einegewichtige Rolle. cleren Aufhellung sich als Therla t'ür diepsychoanalytische Sozialpsychologie anbietet.


schen Systeme, aber er beharrt aufeiner psychologischen "Aquidistanz


hierarchische Struktur und versachlichte Or-eanisation. Für einenPsychoanalytiker, <strong>de</strong>r bei Freud gelernt hat. und <strong>de</strong>r beim Nach<strong>de</strong>nkenimmer wie<strong>de</strong>r zu ihm zurückkehrt. eine bemerkenswerteEntwicklung.Au.r g,ev' ti h I t e Pu b I i ku t i o n e rtE,ltern. Kind uncl Neurosc. Dic Rolle dcs Kintles rn dcr Farrilic.Rcinbck : Rou'ohlt Tb I 969. Paticnt Fanrilic. Entstchun-s' Struktur undThcrapic von Konfliktcn in E,hc und Familic. Rcinbck: Row'ohlt 'l'hl9'72. - Dic Gruppc. Hoffnung auf cincn ncucn Wcg. sich uncl andcrc zubclrcicn. Rcinbek: RorvohltTb 197u. DcrGottcskornplcx. Dic Gcburtuncl die Krisc <strong>de</strong>s Glaubens an dic Allnracht dcs Mcnschcn. Rcinbck:Rowohlt 1919. - Zur Ps1'chologic dcs Fricdcns. Rcinbck: RowohltTb 1984. Dic Chancc dcs (lcqisscns. Erinncrungcn und Assoziatitrncn. Hamburg: Hoffrnann und Cantpc l9116 - Richter. H. E./Bccknrann,D.: Hcrzncurosc. Stuttgart: Thicrnc. 2. ühcrarb. Aut'l 1973.


Virginia SatirHumanistische FamilientheraPie../ ./t4r-r;^- ={"*.-''103


arum stiehlt ein Kind? Warum wird ein Mensch <strong>de</strong>pressivo<strong>de</strong>r schizophren'l Warum verhält er sichan<strong>de</strong>rs als die übrigen'? Die Antwort auf diese Fragenwird auf vielen Wegen gesucht. Einer davon ist die Familientherapie.Danach ist abweichen<strong>de</strong>s Verhalten nicht nur in seinerEntstehung wesentli.:h von <strong>de</strong>r Farnilie gefbrrnt. son<strong>de</strong>rn es wirdauch durch die Art. wie Familienmitglie<strong>de</strong>r miteinan<strong>de</strong>r umgehen.autiechterhalten und verstärkt. Man rerlet in <strong>de</strong>r Familientherapiedarum nicht von E,inzelpatienten. son<strong>de</strong>rn von "Symptonträgern(o<strong>de</strong>r Klienten". Das Problern liegt"i<strong>de</strong>ntifiziertennicht bei einem einzelnen. son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Farnilie als System.Und in <strong>de</strong>r Konsequenz wird dieses Familiensystem dann auchals Ganzes therapiert.Obwohl das Verfahren - es entstand in <strong>de</strong>n fünfziger uncl sechzigerJahren - noch.jung ist, gibt es eine ganze Anzahl verschiedcnerRichtungen: die psychoanalytischen. die systenrtheoretischen.die humanistischen. die strukturellen. die verhaltenstherapeutischen,alle mit diversen Untergruppen. Die Farnilientherapeutenim <strong>de</strong>utschen Sprachraum verbin<strong>de</strong>n rneist Systent- undKomn.runikationstheorie mit nsvchitanalvti schen o<strong>de</strong>r huntanistischenAnsätzen.Eine <strong>de</strong>r ersten Farnilientherapeuten ist Virginia Satir. Uncl sie istnicht nur das. Zusamrnen mit Fritz Perls und Milton E,riksongehört sie zu <strong>de</strong>n clrei<strong>de</strong>r Therapie.. nrit <strong>de</strong>nen"Hexenrneisternsich zwei Linguisten. Bandler und Grin<strong>de</strong>r. beschäftigt haben,um ihren faszinieren<strong>de</strong>n Heilerfolgen auf die Spur zu kommen.<strong>de</strong>r Magie" nannten sie ihre E,rgebnisberichte.'fatsächlich "Strukturerinnert Virsinia Satir an tene Medizinmänner undt04


Schamanen. <strong>de</strong>ren intuitive Weisheit und Heilkraft zurZeitin<strong>de</strong>rPsychoszene so viel Eindruck macht. Dabei ist sie alles an<strong>de</strong>re alsexotisch. viel eher <strong>de</strong>r Prototyp einer Amerikanerin aus <strong>de</strong>mmittleren Westen: groß, stattlich. dauergewelltes Blondhaar undunverkennbarer Akzent. Sie stammt von einer Farrn in Wisctlnsin,<strong>de</strong>m countrv< an <strong>de</strong>n riesigen Seen ntit endlosen"rollingWeizenf'el<strong>de</strong>rn. kalten Wintern, heißen Somtnert und weiternHimmel. Ihre Vorfahren kamen aus Deutschland. Aus Handwerker-und Bauerntänrilien die Männer. aus vttrnehmen Kreisen dieIrrauen. Natürlich gab das Zündstoff. In eintachen Farnilienverhältnissenist diese Mutter <strong>de</strong>r Farnilientherapie nicht aufgewachsen.Sie hat sich <strong>de</strong>shalb schon als Kind vorgenolnnten. ein>Familien<strong>de</strong>tektiv" zu wer<strong>de</strong>n. herauszul'in<strong>de</strong>n.verstehenund damit zu bewältigen. was in ihrer lrarnilie geschah und was inFamilien überhaupt geschieht.Dieses Vrrhaben hat sie wahr gentacht. Heute hält sie auf <strong>de</strong>rganzen Welt Seminare und <strong>de</strong>ntonstriert ihre Fanrilientherapie inkleinen Gruppen und vor Tausen<strong>de</strong>n von Zuh0rern. Zuschauernund N'litrnachern. In San Francisco arbeitet sic .iecles Jahr nlitFarnilien aus <strong>de</strong>n Slums. in t'r-orth Dakota vcrnrittelt sie zwischenIndianern vom rWoun<strong>de</strong>d Knee. und ihren u'eil.len Gegnern. Derlndianerstamtn clttrt hat sie auch zur Scharnanin gcmacht, innächtclangen EinweihungszL-rerlr()nicn. rtrit Schwitzhaus unclPt'eif'e.Adlerfrau" ist ihr lndianernanle. uncl die"Fliegen<strong>de</strong>Pfeif'e läl3t sie alljährlich neu n'eihen. wic sich clas gehört.Das Münchener Farnilienkolleg, eine Aus- uncl Fortbildungsstiittefür Familientherapie int Stil r,on Virginia Satir (dic erste ist-lägein Weinheim), hat sie für Farlilienrekonstruktion."zehneirrgela<strong>de</strong>n. Durch ein Versehen bin ich nicht angerttel<strong>de</strong>t. Aberals sie mir gegenübersteht. mich ansieht und nteine bei<strong>de</strong>n Hlin<strong>de</strong>hält, ist sie herzlich uncl völlig unkortrpliziert. Zu Beginn <strong>de</strong>sSeminars schlägt sie vor. daß je<strong>de</strong>r aLrf Unbekannte zugehen uncl,das Kennenlernen eines Menschen uie ein Fest gestalten soll. Esgelingt tatsächlich. Diese Forn'r <strong>de</strong>r Kontaktaut'nahrne. die kijrnerlicheBerührunc. das direkte Ansehen. die r,olle. herzlicher05


Konzentration auf das Gegenüber ist Metho<strong>de</strong>. eine Metho<strong>de</strong>allerdings. die ohne wirkliche Anteilnahme nicht funktionierl. Esist auch eine sehr flexible Metho<strong>de</strong>. Virginia Satir spürt' wievielNähe o<strong>de</strong>r Distanz ihrem Gesprächspartner angenehm ist und hältsich daran. Der Effekt <strong>de</strong>r simplen Geste ist meist ähnlich wie beimir: Man geht danach gerne auf ihre Vorschllge ein.Was sie vorträgt. ist einfach und sinnfällig. Da ist die Ursprungs-Tria<strong>de</strong>. <strong>de</strong>r Vater. die Mutter. das Kind: <strong>de</strong>r Kern ie<strong>de</strong>r Farnilie.auch wenn es E,rsatz-Mütter und -Väter gibt und mehrere Geschwister,die die Beziehungsstruktur vielfriltiger und kornpliziertermachen. In dieser Tria<strong>de</strong> gibt es verschie<strong>de</strong>ne Möglichkeitenfür Bündnis und Gegnerschaft. die direkt <strong>de</strong>monstrieftwer<strong>de</strong>n. (ln diesem Seminar ist das Sehen und Fühlen nlin<strong>de</strong>stensso wichtig wie das Hören. ) Virginia bittet Tcilnehmcr heraus und,rno<strong>de</strong>llicrt. sie: Da <strong>de</strong>uten Vatcr und Ttlchter. engumschlungen,mit ausgestrecktem Zeigefinger und grinlrnigern Gesicht aufclie kümmerlich clahocken<strong>de</strong> Mutter: ocler Mutter und Sohnmachen die verrücktesten Ausweichmaniiver, un'r sich einemsteif'en und intellektuellen Vater zu cntziehen: ocler bei<strong>de</strong> Elternverbün<strong>de</strong>n sich gegen das Kind. das dann wirklich nichts mehr zulachen hat.Er sind viele Formen <strong>de</strong>r Komnlunikation. clie sie da clemonstriert.Sie hat sie in Jahrzehnten <strong>de</strong>r Praxis ntit vielen'fausen<strong>de</strong>nvon Farr.rilien gefun<strong>de</strong>n. vor alletn aLrch die Fehlfilrrnen. hinter<strong>de</strong>nen Menschen ihre Verletzlichkeit verstecken: I)as Anklagen- )setz dich durch. kärnpf' l'ür dich. rnach die an<strong>de</strong>ren t'ertigl":das Beschwichtigen - "seibrav. nirl.rrn allcs Leicl auf dich. seidankbar für die kleinste Kleinigkeitl,.; das Ablenken "stelldirvor. clu hättest einen schiefsitzen<strong>de</strong>n Kopf. <strong>de</strong>r sich clauerndclreht, so dalS du nicht weilSt. wohin du gehst und nicht merkst.wenn du einmal ankommst


druck. Gemeintes und Gesagtes. Gestik. Mimik. Stimme undWorte stimmen überein. Notfalls kann man auch ein klaressagen, ,<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re fällt dabei nicht tclt umkongruente" Kornmunikationsfbrm Mut erfbr<strong>de</strong>rt undschwerer zu lernen ist als die an<strong>de</strong>ren. Man mul3 ein gesun<strong>de</strong>sGetühl für <strong>de</strong>n eigenen Wert haben dabei: umgekehrt gilt auch:Wer sich klar ausdrückt. bekomrnt es.Virginia Satir hat ein hübsches Bild für die verschie<strong>de</strong>nen Verfassungen<strong>de</strong>s Selbstwertgefühls. Auf <strong>de</strong>r Farrrl ihrer Eltern gab eseinen großen. eisernen Pott. <strong>de</strong>r umschichtig für die Herstellungvon Seif'e, die Aufbewahrung von Düngemitteln und. wenn intHerbst die Drescher kamen. 1ür das Kochcn grtll3er Mengen vonE,intopf gebraucht rvur<strong>de</strong>. Es kttnnte also viel und wenig und schr[Jnterschiedliches darin sein. genau rvie beinl Gefühl für <strong>de</strong>ncigenen Wert.Ein wohlgefüllter Topf erleichtert vieles. Man braucht ihn auch.wenn man sich nicht hoffnungslos im Ileziehungsgeflecht clerTria<strong>de</strong> odcr <strong>de</strong>r größeren Farnilie verhedclern rvill. Dies wird miteiner Wäscheleine <strong>de</strong>monstriert. die Virginia <strong>de</strong>n clrei-feilnehrncrnihrer Mo<strong>de</strong>lltria<strong>de</strong> so utn clen Bauch binclet. claf.] sie alle an<strong>de</strong>mse lben Seil hängen. Je<strong>de</strong> gröf3ere Bewegung <strong>de</strong>s einen drücktso ihm selbst und dcn an<strong>de</strong>ren die Lutt ab. Dic Liisung: DieBeteiligten bin<strong>de</strong>n ihre Beziehungsleine überhaupt nicht um ihreKirrper. son<strong>de</strong>rn halten sie frei in clen Hlin<strong>de</strong>n ultd gewinnenclarnit für sich selbst sehr viel Beweglichkeit. Sie können letztsogar tanzen - Fantilien-Ballett nennt Virginia Satir clas. tJndwenn zwei gera<strong>de</strong> etuas intensiver ttiiteinltl<strong>de</strong>r zu tun haben.kann <strong>de</strong>r Dritte sich so lange mit eincr Soltl-Pit'ouctte utrlüsicrenund braucht nicht eif'ersüchtig zu werclen. Wo Virginia Satir mitrealen Familien und <strong>de</strong>ren Schwierigkeiten arbeitet. lä{3t sie aLrchStreßsituationen auf die körperliche Weise darstellen. Dabeientspannt die Komik <strong>de</strong>r Sache clie Situation und gleichzeitigrvird bis in die Körpergefühle hinein <strong>de</strong>utlich. wt'r es hakt.Virginia Satir unterschei<strong>de</strong>t zwischen off-enen und geschlossenenFamiliensystemen. Die geschlossenen kennzeichnen testge-107


schriebene, kaum verän<strong>de</strong>rliche Re-eeln und verzerrte. rigi<strong>de</strong>Beziehungen. Sie sind beherrscht von Macht und neurotischerAbhängigkeit. von Mangel und Schuldgefühlen. Die Familienmitglie<strong>de</strong>rhaben viel Angst. Deshalb klammern sie sich. trotzaller Schwierigkeiten, fest an das Systern. <strong>de</strong>nn je<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rungwür<strong>de</strong> für sie eine Struktur zerstijren, von <strong>de</strong>ren Unwan<strong>de</strong>lbarkeit- so glauben sie - das Uberleben abhängt. Die oft'enenSysteme bieten mehr Flexibilität und Wahlmöglichkeiten. Siekönnen sich mit wechseln<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n än<strong>de</strong>rn. In einen.tsolchen System ist Macht weniger wichtig als Verstehen. Liebeund Menschlichkeit. Wirklich off'ene. ihre Mitglie<strong>de</strong>r tiir<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>Familien hat Virginia Satir off'enbar nicht sehr häufig getroff'en.Offenheit und danrit Selbstsicherheit und N{enschlichkeit zufi)r<strong>de</strong>rn. ist ihr Arbe its- und Lebensziel.In <strong>de</strong>r grol3en Gruppe kcjnnen unnrirglich alle direkt rnit VirginiaSatir arbeiten. Damit niernand sich allein fühlt und jecler zuseinern Recht. das heißt zu seiner Farnilienrckonstruktionkornmt. für die Virginia bekannt ist (tnanche haben ein ganzesKöl'1'erchen mit Stamnrbäurnen und an<strong>de</strong>ren Farnilicnakten angeschleppt).wer<strong>de</strong>n Dreiergruppen gebilclet. In dieser Triaclenstrukturkann bei <strong>de</strong>r genteinsamen Arbeit clie primlire SitLrationwie<strong>de</strong>r erf ahren wcr<strong>de</strong> n. in clcr wir unser ersten Beziehtlngslnustergebil<strong>de</strong>t haben. Die erste Aufgabe ist. clie .'Überl.'bensrcgeln.herauszufin<strong>de</strong>n. die ll'ir als Kind o<strong>de</strong>r später entwickelthaben und dann zu prüf-en. ob sic noch sinnvoll sind tl<strong>de</strong>r ob siernittlerweile dazu beitraccn. clas eigene Leben 'eher zu sterbenals zu leben"."lch rnulS immer perf'ekt sein". ist stt eine Regel. >sonst wercle ichnicht geliebt, geschätzt, kann nicht leben". Natürlich läfit sichdas nicht wirklich einhalten. Unueigerlich entstehen Schulclgefühle,man pro.liziert auf an<strong>de</strong>re. hat Angst. "lchrlluß imnlerzuerst für meine Kin<strong>de</strong>r sorsen(. ist die Re-sel einer jun-uenMutter. und sie fühlt sich elencl dabei, rveil sie es nicht schafft.Leise än<strong>de</strong>rt Virginia Satir das: ,Versuche, statt ,nlu[3,,kann, zltsagen,< - 'lch kann immer.... Nein. das fühlt sich auch nicht108


gut an. wür<strong>de</strong>st du das <strong>de</strong>iner Mutter sagen'?,, -"Wie "Uberhauptnicht o<strong>de</strong>r verteidigend.< - >Willst du <strong>de</strong>ine Kin<strong>de</strong>r bessererziehen, als du erzo-een wor<strong>de</strong>n bist l" Befieites Lachen - das istes. ,Versuche es mit manchmal.,. - kann manchmal zuerst"Ichfür meine Kin<strong>de</strong>r sorgen, in Augenblicken. wenn . . .< Und nunmuß sie Bedingungen fin<strong>de</strong>n. in <strong>de</strong>nen das geht: es in <strong>de</strong>m"WennMoment für sie wichti-ser ist als für mich': >>wenn ich danachetwas für mich haben kann.. Jetzt ist sie sichtlich erleichtert undstrahlt: So f ühlt es sich gut an. so geht es. Und Virginia versicherlihr. daß sie nun mit mehr Gelassenheit eine bessere N'lutter seinwird.E,ntscheiclend ist für Virginia Satir dabei: nicht nur hilflosesOpf'er solcher Regeln zu sein. son<strong>de</strong>rn seine cigenen Wahlntilglichkeitensehen und bewufJt wählen. Sie hält es nicht für nütig'dalS ihre Klienten ihre alten Schwierigkcitenoch einnral durchleben,urn sie dann bewältigen zu k(jnnen. Allerdings strebt sieauch nicht nur rationales Verständnis an. Sie rnijchte "Lichtanzün<strong>de</strong>n., sehen lehren. Wahlrnciglichkeiten zeigen. Unci rnitclem Üben neuen Verhaltens. rneint sie. verlieren sich alteSchwierigkeiten und Sl,ntptorne von selbst.Arn En<strong>de</strong> je<strong>de</strong>r Arbeitseinheit lcitet Virginia Satir zu einerMeditation an. die sie jeweils auf <strong>de</strong>n ProzelJ <strong>de</strong>r Gruppe zuschnei<strong>de</strong>rt.Sie bittet. die Augen zu schlief.len und in Kontakt nril<strong>de</strong>rn eigenen Atent zu kontmen. Die Stinlrne. die sonst so ofi zutrlLachen bringt, wird cindringlich: das Wun<strong>de</strong>r und vielleichtnoch tief'er. das Heilige. und umarme die Person. die"Spüre<strong>de</strong>inen Namen trägt. Dann öffne dich für clie Energie. dieSchwerkraft <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Sie bringt dir das Ge fühl. llo<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>nFül3en zu haben. die Fähigkeit. praktisch zu sein und realistisch.Uncl dann spür' die Weite <strong>de</strong>s Himmels. Sie bringt Intuition undIrnagination mit sich. Und wenn diese bei<strong>de</strong>n Energien sichtreffbn. entsteht etwas Neues. das ausstriirnt über <strong>de</strong>ine Arme undHän<strong>de</strong> zu an<strong>de</strong>ren Menschen und von dort u'ie<strong>de</strong>r zurückkommtzu clir . . . AulSerliches können wir verlieren. aber uns Selbst kannuns nie verlorengehen. Wir können es nur vergessen. Vielleichthaben wir ietzt <strong>de</strong>n Mut und können uns erlauben, das heilige109


Wesen zu stärken und zu schützen und zu lieben. das wir selbersind, damit wir besser als bisher ganz menschlich wer<strong>de</strong>n können.. . Erlaube dir. mit dir selbst zu sein!" Es ist sehr f'eierlich,wenn sie das sagt. Aber ich habe Schwierigkeiten rnit diesengroßen Worten. Zen - Meditation ist mir lieber.Je<strong>de</strong>n Morgen gibt es in diesem Seminar eine Stun<strong>de</strong> >Wetterbericht.,.Je<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Gruppe kann in dieser Stun<strong>de</strong> nach vornekommen und sagen. was ihm gefällt, was ihn irritiert. was er von<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren wissen. was er <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren sagen rnt)chte undwelche Wünsche er hat. Was da zum Vorschein ktlmtnt und wasVirginia Satir daraus macht. gehitrt zuni Interessantesten <strong>de</strong>sSeminars.Da ist eine Tria<strong>de</strong>. in <strong>de</strong>r.jenrand sich unglücklich fühlt. Virginiaklärt. welche Proiektionen und Irrationalitäten dabei im Spielesind. danach läufl es wie<strong>de</strong>r.Da ist <strong>de</strong>r Teilnehmer. <strong>de</strong>r eine Fahrt nach Dachau vorschlägt, esist <strong>de</strong>r ll. Mai. Daran entzün<strong>de</strong>t sich eine De batte und schliefilichVirginias Erzählung: bin in einer <strong>de</strong>utschstärnrnigen"lch Farnilieaufgewachsen, in <strong>de</strong>r die Männer nteine bei<strong>de</strong>n Grof.Jviiter undteilweise auch mein Vater - eine rigicle. starre Linie vertirlgten.Meine Mutter brachte ntir bei. niemals etwas mit <strong>de</strong>utschenMännern anzufangen. . . Währcnd <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges warenmeine drei Brü<strong>de</strong>r und ntcin Mann Solclaten. Mein jüngsterBru<strong>de</strong>r war unter <strong>de</strong>n anterikanischen Soldaten, die in Dachau dieKz-Häftlinge befieit haben . . . E,s hat sehr lange gedauert. bis erüber das sprechen konnte. was er dort gesehen hat. Darnals warich voll Zorn. .. Bis l96l brachte ich es nicht t'ertig. nachDeutschland zu komnten. Später habe ich etwas Trauriges herausgefun<strong>de</strong>n:Ich habe die Deutschen für alles verantwot'tlichgemacht. Natürlich gab es das Grauenhafie wirklich. aber Grauenhaftesgab es auch an<strong>de</strong>rswo auf <strong>de</strong>r Welt. nicht nur inDeutschland... Viele glauben immer noch. dal3 wir an<strong>de</strong>reMenschen verurteilen dürfen. dalS wir rnit <strong>de</strong>n Mitteln <strong>de</strong>r Bestrafungund <strong>de</strong>r Furcht an<strong>de</strong>re erziehen und belehren können . . .. alsob es einem Menschen erlaubt sei, <strong>de</strong>rTyrann übereinen an<strong>de</strong>ren110


Menschen zu sein. . . Ich weiß aber auch. daß l\{enschen ganzan<strong>de</strong>re Fähigkeiten haben. Und ich hoffe, daß. wenn ich einmalnicht mehr da bin. es in <strong>de</strong>r ganzen Welt Menschen geben wird,iJie eine sc'r sichere Überzeugung von ihrem eigenen Wert haben.dalS sie <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>s Mitmenschen anerkennen können und ihnlieben. So stellt sich Virginia Satir die Bewältigung von Aggressionund Grausamkeit vor: Man hat sie nicht nötig. wenn man zu"sich selbst und <strong>de</strong>nt eigenen Weg gefun<strong>de</strong>n hat.Oft leistet sie beim >Wetterbericht" ein ganzes Stück -fherapie.Hans zum Beispiel hat grol3e Schwierigkeiten mit Peter. Es stelltsich heraus, dal3 Peter aussieht u'ie <strong>de</strong>r grof.le Bru<strong>de</strong>r v


verständnisvoll zugehört, nun fühlt er sich schuldig. VirginiaSatir fragt: glaubst du, wie hat er wohl <strong>de</strong>ine Anteilnahme"Waserlebt?" - habe das Gefühl, er mochte das gern." Und"Ichwie<strong>de</strong>r wen<strong>de</strong>t sich Virginia Satir an die Zuhörer: sind sicher"Esviele hier. die oft das Gefühl haben. das undjenes hätte ich an<strong>de</strong>rsmachen sollen. Und vielleicht stimmt das sogar: nur. es lst ganzunerheblich. Denn wenn wir es hätten tun können, hätten wir esgetan.< Und zu Hans: das nicht auch für dich'1" Und"StimmtHans holt tief Luft und sa-ut erstaunt: bin fiei.""lchVirginta Satir arbeitet hier erst an rler Übertragung. dann amProblern <strong>de</strong>s Schuldgefühls. Das Um<strong>de</strong>uten (Reframing) <strong>de</strong>rSituation ins Positive und Allgerncine ist eine ihrer Spezialitäten.Hans kann das hier akzeptieren und fühlt sich erleichtert. Wie esihm wohl nach <strong>de</strong>m Seminar geht'? N'lanchrnal sind die Unr<strong>de</strong>utungenrccht suggestiv. Folgt Hans nur <strong>de</strong>r sclbstsicheren Führerinund ihren eindringlichen Worten, o<strong>de</strong>r verän<strong>de</strong>rt sich wirklichetwas in ihrn'l Kann er sich in <strong>de</strong>r kurzen Zeit wirklich fieirnachenvon seinen Schulclgefühlen'lDas Wichtigste im Seminar sind die Farnilien-Rekonstruktionen.E,in steht im Mittelpunkt. Seine Fanrilie wird bis zur"Star.GroLlelterngenerationGanz einfach ist es nicht"durchleuchtetDu kannst ja imrner wie<strong>de</strong>rkonlmen


Der Krieg kam, Doris Annas Vater mußte an die Front. DieMutter konnte schwer allein sein, suchte Zuflucht bei Verwandtenund reiste viel. Eine richtige Heimat und Bo<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>nFüßen hatte Doris Anna nicht. Sie mußte nicht nur die Rolle <strong>de</strong>rtoten Schwester übernehmen. son<strong>de</strong>m Partner. f'ast Mutterersatz,für die eigene Mutter sein und natürlich auch für ihre jüngerenGeschwister sorgen. Als Jahre später <strong>de</strong>r Vater aus <strong>de</strong>r Gefängenschafizurückkam. wur<strong>de</strong> sie <strong>de</strong>ssen >bester Sclhn". Mit ihm hatsie sich für Kunst interessiert. für ihn Mathematik studiert. Siewar sehr wichtig in <strong>de</strong>r Familie. nur. sie selbst zu sein. war ihrnicht erlaubt. Jetzt möchte sie mit <strong>de</strong>m neuen Namen ihre eigenel<strong>de</strong>ntität fin<strong>de</strong>n. abepich habe <strong>de</strong>n neuen Namen noch nichtangenommen - ich spüre, wenn ich Doris loslasse. habe ichüberhaupt keine Be<strong>de</strong>utung rnehr..Dazu Virginia Satir: >lch erzähle dir rnal eine Geschichte. Ich bin<strong>de</strong>ine Mutter. und ich liebe einen Mann. <strong>de</strong>n nlein Vater nichtausstehen kann. Irn Grun<strong>de</strong> weill ich. dalS mein Vater keinenMann mögen wird. <strong>de</strong>n ich mag; daß es ihn wahrscheinlichlieber wäre. ich wür<strong>de</strong> eine alte Jungl'er und bliebe seine heimlicheLiebe. Aber dann wür<strong>de</strong> er keine llnkel kriegen. es sei <strong>de</strong>nn.sie kämen von ihm. und das darf nicht sein. Alstt heirate ich. aberwohl ist mir nicht dabei. Da ich meinem Vater untreu gewor<strong>de</strong>nbin. bringe ich ihm mein erstes Kind. vielleicht vergibt er mirdann. Das Kind steckt sich an und stirbt. Ich habe es wirklich auf<strong>de</strong>rn Altar meiner Vaterliebe geopf-ert. Das alles ist stl schrnerzlichtür mich, dall ich so tue. als ob es nie geschehen wäre. MeinVater stirbt, und ich bekomme wie<strong>de</strong>r ein Kind. Und wenn ichdieses Kind zum Abbild <strong>de</strong>s ersten mache, kann ich glauben, dalSdas an<strong>de</strong>re alles nie passierte..Virginia Satir liefert keine Diagnose - die wäre leicht -. son<strong>de</strong>rnhat sehr viel menschliches Verständnis für die Mutter. Verständnisauch für die Verzweiflung von Doris Anna. Mutter"Deinehatte nie das Gefühl, auf ihren eigenen Fül3en stehen zu können,und das ist so <strong>de</strong>struktiv wie nur moglich. Irgend etwas in dirwuf3te, wie stark die Verbindung mit <strong>de</strong>m ersten Kind war undwar willens, Doris zu wer<strong>de</strong>n. Aber nun kommt langsam <strong>de</strong>r113


gesun<strong>de</strong> Teil in dir zum Vorschein und verlangt. daß du du selberbi st. "In<strong>de</strong>s. das ist schwer. Doris Anna hat aufmerksatn und nlancheEinzelheiten bestätigend zugehört. Ihre Schwester ist in diesemFamiliensystem schizophren geu'or<strong>de</strong>n. Ihre Hän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>nenVirginias geborgen gesteht sie, wie stark das ist. "ichmu[3 Dorisbleiben" und Virginia Satir akzeptiert: wäre überrascht."lchwür<strong>de</strong> es eigentlich nicht glauben. dal3 du so schnell <strong>de</strong>ine Regelnerkennst. durchlebst und än<strong>de</strong>rst." Und dann zu clen Zuhi)rern:als ich E,inzeltherapie"Früher, tttachte. hätte ich versucht' AnnasSelbstwertgefühl zu stärken:aber ich hätte wenig Mirglichkeitendatür gehabt . . . Jerz,t kann ich in zehn Str"rn<strong>de</strong>n in einer Fanrilien-Rekonstruktion erreichen. \{'ozu ich in <strong>de</strong>r Einzelthcrapie Jahregebraucht hätte.. Offbnsichtlich ist sie sich ihres Ertirlges sehrsicher - o<strong>de</strong>r schw0rt sie ihn herbei'l Mcclizinnlänrler ttlachen dasso ähnlich.Nach Doris Annas Angaben tnachte Virginia Satir eine sehrgenaue Karle dcr Familicn vtln l)tlris Annas l-.ltern uncl ihrenbei<strong>de</strong>n Grof.Jeltern. Geburts-. Heirats- und Til<strong>de</strong>sclaten. I)atenvon Krankheiten. Urnzügen und Trennungcn. Und clann wer<strong>de</strong>nin Rollenspielen die Familien <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Eltern lcbendig. I)ieeine aus Oberschlesien und clie an<strong>de</strong>re aus Böhrlcn. nlit clettrRisiko, das dort itnmer nrit <strong>de</strong>m Bckenntnis zur eigenen Nationalität.zur eigenen l<strong>de</strong>ntität verbun<strong>de</strong>n nar. ttlit Nationalsozialisrnus.SS. Krieg und Nachkrie-c: und nlit vielen. vielen Unklarheitenund Tabuthernen. Dic Szenc. als Doris Anna von ihrerRollenspiel-Mutter <strong>de</strong>n Kittel ihrer ttttcn Schwcster übergezogenbekarn. war für sie schlirrtnl,"zt-ttr Ersticken".Den'rentsprechend schwierig sind die rlit <strong>de</strong>nen l)oris"Reseln"'Anna auf wuchs: ,Niemand darf wissen. wer ich bin. (Als Kind"be<strong>de</strong>utete das für sie: Keiner clarf wissen. clal3 ich nicht die toteDoris bin. Wenn ich nreiner Mutter sagte. dal3 ich nicht die toteDoris bin. wür<strong>de</strong> sie mich fallenlassen und selbe r sterben. ) Und:"lch bin veryflichtet. alles in Ordnung zu bringen". (Wenn ichdas nicht tue. könnte meine Mutter verrückt wer<strong>de</strong>n. und ichstün<strong>de</strong> allein da.) gnfl' "ln unserer Familie darf es nur eine Frau114


geben.( (Da ich ein Mädchen bin. darf ich eigentlich überhauptnicht leben.)Wie soll sie da herauskommen'l Wie konnte sie überhaupt überleben? Virginia Satir kommt auf die I<strong>de</strong>e: Schizoi<strong>de</strong> Mütter habenoft mit kleinen Kin<strong>de</strong>rn sehr guten körperlichen Kontakt. DieRollenspiel-Mutter nimmt Doris Anna auf <strong>de</strong>n Schoß. sehrzärtlich. sehr warm, sehr nah. So gut gehalten rvird sie wirklichzum Baby, und während dieser Regression sagt ihr Virginia leiseun


Eltern zu verteufeln. son<strong>de</strong>rn alles tut. um <strong>de</strong>ren Verhaltenmenschlich verständlich zu machen.Und die >Aktion


stellt sich ihm in verän<strong>de</strong>rter Gestalt vor. Das wüten<strong>de</strong> Rumpelstilzchenzum Beispiel kann sagen: bin <strong>de</strong>ine Aktivität und"lchEnergie< und Casanova: olch bin <strong>de</strong>ine Sexualität. <strong>de</strong>ine Fähigkeit,sinnlich zu sein und kreativ... Und <strong>de</strong>r Gastgeber akzeptiertTeil um Teil und integriert ihn. Am En<strong>de</strong>, als Hans und späterInge sich so erlebt haben, gehen sie aufeinan<strong>de</strong>r zu, mit neuemSelbstvertrauen und neuem Verständnis.Auch das Individuum ist für Virginia Satir ein innerpsychischesSystem, das integriert o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>sintegriert sein kann. flexibel o<strong>de</strong>rstark. in <strong>de</strong>m die Teile rniteinan<strong>de</strong>r auskommen können o<strong>de</strong>rnicht, sich gegenseitig för<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r bekämpt-en. Wenn die Kooperationinnen klappt. dann sind die Chancen grol3. daß sichauch die Beziehung in <strong>de</strong>r Partnerschafi. die AulSenbeziehung.entspannt. In <strong>de</strong>r Therapie Virginia Satirs grbt es imrner dreiStul'en: Kennenlernen und Kontakt herste llen - Chaos - Integration.In <strong>de</strong>r Parts-Party wer<strong>de</strong>n sie beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich.Viele ihrer Metho<strong>de</strong>n und Ühungen hat Virginia Satir aus <strong>de</strong>rNotwendigkeit <strong>de</strong>s Au-cenblicks heraus ertun<strong>de</strong>n und späterweiterentwickelt und ausgef-eilt. So gekonnt geht das natürlichnur. wenn man eine >Schatzkiste< hat wie sie. Lachend erzähltsie. daß man während ihrer Ausbildung von ihr erwartete,>pur


liert wer<strong>de</strong>n darf nicht, Eigenverantwortlichkeit mul3 gewahrtbleiben. Sie warnt sehr davor, ihre Metho<strong>de</strong>n ohne diese Ethikanzuwen<strong>de</strong>n. Und sie schwört mich darauf ein' nie "strategischeFamilientherapie< zu betreiben. wo <strong>de</strong>r Therapeut Symptomesozusagen hinterrücks kuriert. ohne daf3 die Familienangehörigendie Zusammenhänge richtig begreif'en. geschweige<strong>de</strong>nn sie aktiv und eigenverantwortlich än<strong>de</strong>rn. Für VirginiaSatir sind die Kräfte <strong>de</strong>s Wachstums und <strong>de</strong>r Heilung in .1e<strong>de</strong>mMenschen selbst angelegt. ein guter Therapeut ptlegt sie wieein Gärtner. Ein Symptom ist für sie wie eine Warnlalnpe inrAuto, clie anzeigt. daß Öl t-ehlt o<strong>de</strong>r etwas an<strong>de</strong>res nicht inOrdnung ist. Es genügt keineswegs. diese Lampe auszuschalten.Wer zu ihren Schülern gezählt wer<strong>de</strong>n will. wer gar im >AvantaNetwork


<strong>de</strong>r ersten und zweiten Einwan<strong>de</strong>rergenerationdie USA. eineGeschichte kin<strong>de</strong>neicher Familien. vor allem aber eine Geschichtestarker Frauen. Von ihrer Mutter erzählt Virginia Satirmit gröl3ter Hochachtung: Kind dachte ich. dau sie einfäch"Alsalles kiinnte


und Collegejahre mit Rekordgeschwindigkeit zu durchlaufen.>Ich habe nie konkurriert. ich war ohnehin immer die erste.< AnSelbstwertgefühl hat es ihr offenbar schon damals nicht gefehlt.Nach <strong>de</strong>m College arbeitete sie sechs Jahre lang als Lehrerin anverschie<strong>de</strong>nen Schulen. absolvierte dann neben <strong>de</strong>r Arbeit einGraduate-Studium in Sozialarbeit und eine psychoanalytischeAusbildung. einschließlich eigener Lehranal.vse. SchlielSlichmachte sie sich in Chicltuo mit einer eigenr'n Praxis selbstän-dig-Das war sehr ungewöhnlich für eine Sozialarbeiterin. Sie bekarnzunächst auch nur Klienten. rnit cienen die Fachleute. Arzte undPsychoanalytiker, nicht f'ertig w'ur<strong>de</strong>n. E,s u'ar schwer, die Son<strong>de</strong>rstellungab ihr aber auch die Freiheit. ohne Rücksicht aufStan<strong>de</strong>s- und Institutionsnormen ausprobieren zu ktinnen. wasfür die Klienten am ntitzlichsten war. Eine dieser Klienten wareine junge Frau. <strong>de</strong>ren DiagnoseIautete. Sie"Schizophrenie"kam ganz gut mit ihr zurecht. bis eines lages die Mutter <strong>de</strong>rKlientin anrief und Virginia Satir rnit einer Klage bedrohte wegen"Entfrenrdung <strong>de</strong>r Gefühle ihrer Ttrchter". Virginia hörte - undclas ist bezeichnend für sie - nicht nur clie Drohung. son<strong>de</strong>rn auchdie Angst und <strong>de</strong>n Hilf'eruf dieser Frau und lud sie ein. mit ihrerTochter zu kommen. In diesen Dreiergesprächen brach alleszusammen. was sie bisher rnit <strong>de</strong>r Tochter therapeutisch erreichthatte, und Virginia Satir mulJte von neuem beginnen. Dasselbervie<strong>de</strong>rholte sich, als ein halbes Jahr später <strong>de</strong>r Vater dazukarnund schlielSlich noch einmal. als nach einem weiteren halben Jahrauch noch <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Therapiesitzungen autiauchte.SchlielSlich konnten die Angehörigen.iedoch wie<strong>de</strong>r miteinan<strong>de</strong>rre<strong>de</strong>n, und die junge Frau r.vur<strong>de</strong> gesund. Virginia Satir hatte <strong>de</strong>nEinfluß einer bestimmten vertrackten Art. miteinan<strong>de</strong>r umzugehen,ent<strong>de</strong>ckt, <strong>de</strong>r dann bei einem Familienmitglied Schizophrenieerzeugt. Und sie hatte auch ent<strong>de</strong>ckt. wie dies in <strong>de</strong>r Familiezu therapieren ist.Das war 195 l. Vier Jahre später war sie schon scl bekannt. dal3man sie auffor<strong>de</strong>rte, am Illinois-State-Psychiatric-Institute fürr20


angehen<strong>de</strong> Mediziner <strong>de</strong>n ersten Kurs <strong>de</strong>r Welt in Familiendynamikzu halten. Wenig später fand sie zu ihrer grol3en Überraschungin einem Artikel von Don Jackson eine Theorie über dieKommunikationsstruktur in <strong>de</strong>n Familien Schizophrener. Daswar, was sie in <strong>de</strong>r praktischen Arbeit mit vielen Familien selbstent<strong>de</strong>ckt hatte. was sie nun - nrit an<strong>de</strong>ren Worlen - Iehrte. l95tizog sie nach Kalifornien. l9-59 grün<strong>de</strong>te sie. zusammen mit DonJackson und John Riskin. das Mental Research Institute in PaloAlto, Kalifbrnien. Hier, in engern Kontakt rnit <strong>de</strong>r Forschergruppeurn Gregory Bateson. erlebte 5,ie 'gol<strong>de</strong>ne Jahre.. Sie wardort vor allem für die Ausbildung angehen<strong>de</strong>r Fantilientherapeutenzuständig.Später, von 196,11969. warsie Direktorin amEsalenInstitute. Seit<strong>de</strong>m bereist sie rnit ihren Serlinaren die Welt.[:ine steile Karriere für eine Frau und Sozialarbeiterin. Sie hatihren Preis. Zwei Ehen wur<strong>de</strong>n nach.ieu'eils neun Jahren wie<strong>de</strong>rgeschie<strong>de</strong>n. Ihrc Adoptivt(jchter und <strong>de</strong>ren Familien sieht sie f'astso selten wie ihr Haus in Palo Alto. Privatleben wird bei VirginiaSatir kleingeschrieben. Sie lebt in ihren Seminaren für ihr Ziel.Farnilien off'ener. Menschen menschlicher zu rnachen.Vrr kurzem hatte Virginia Satir eine Krebs- und eine Gallenoperationund war fast blind gewor<strong>de</strong>n. Davon nterkt man diesemneunundsechzigjährigen Energiebün<strong>de</strong>l nichts an. Befragt. wiesie es schaffi. zehn Tage lang für 7-5"Alleinunterhalterin"Senrinarteilnehrner zu sein uncl dabei therapeutische Schwerarbeitzu leisten (auch in <strong>de</strong>n Pausen und abends ist sie belagert),sagt sie: habe ich vielleicht fünfzig o<strong>de</strong>r sechzig Prozent"Frühermeiner Energie wirklich genutzt. das an<strong>de</strong>re verbrauchte ich rnitStrefS, Arger und Ahnlichem. Heute nutze ich achtzig bis neunzigProzent.< Sie möchte auf hun<strong>de</strong>rt kommen. Das wäre für siemit <strong>de</strong>r universellen"Einswer<strong>de</strong>n Lebenskraft.,. Einsrverclen mitihrem Gott.t2l


Aus gev' ählte P u b I i kat ion e nFamilienbehandlung. Kommunrkation und Bczichung in Thcorie. Erlebenuncl Therapie. Freiburg i. Br.:Lambertus Selbstwcn undtt985.Kommunikation. Familienthcrapie für Beratcr und zur Sclbsthilf'c.München: Pfeiffer "1985. Satir. V.lBaldw'in. l\1.: Stcp by Stcp. AGui<strong>de</strong> to Create Changc in Familics. Palo Alto: Scicncc and BchaviourBooks 1983.


Mara S elvini -P alazzoliSystemische FamilientheraPie\ \,c,,4%r- C.a.ut23


n Mailand fahren die Züge pünktlich. Aber die ,Preul3enItaliens< nehmen sich auch südländisch freundlich und hilfsbereiteiner ra<strong>de</strong>brechen<strong>de</strong>n Auslän<strong>de</strong>rin an. Man ist elesantin <strong>de</strong>r industriellen Hauptstadt Italiens. Die Schirpfer <strong>de</strong>r AltaModa residieren in alten A<strong>de</strong>lspalästen mit wun<strong>de</strong>rschönen Innenhöfenim >Gol<strong>de</strong>nen Dreieck. und geben Feste. die <strong>de</strong>nenihrer Vorgänger nicht nachstehen. Man hat viel Sinn für Darstellungund Selbstdarstellung in <strong>de</strong>r Stadt <strong>de</strong>r Scala. viel Sinn auchfür Macht. Mailand war schon Zentrunr <strong>de</strong>r Lornbar<strong>de</strong>i. als dieGegend noch Gallia Cisalpina hieß und <strong>de</strong>r Stadtheilige Ambrosiusmit <strong>de</strong>n traurigen Augen sein Christentum als alleinseligmachen<strong>de</strong>Lehre etablierte; er zwans sogar einen Kaiser zum Kniefall.In Mailand schlug auch die Stu<strong>de</strong>ntenbewegung <strong>de</strong>r sechzigerund siebziger Jahre hohe Wogen. Und die Stadt liegt in <strong>de</strong>mLand, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Psychiater Basaglia nrit <strong>de</strong>m Schlachtruf,Freiheit heilt, die Schließung <strong>de</strong>r großen psvchiatrischen Anstaltenbewirkte. SchlielSlich ist Mailand. trotz Nebel. Recen undSmos. eine Stadt von lateinischer Klarheit.Von all <strong>de</strong>m ist etwas in <strong>de</strong>r systemischen Farnilientherapie. wiesie Mara Selvini Palazznli zusammen mit Luigi Boscolcr. GianfiancoCecchin und Giuliana Prata in Mailand entwickelt hat:Präzision, rationale Klarheit, Freu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Darstellung, Emanzipationund gewil3 das Spiel mit <strong>de</strong>r Macht. Es ist eine Therapie,in <strong>de</strong>r die psychische Stärung eines Familienrnitglieds als Anpassungan ein gestörtes Umt'eld. meist an die Familie. gilt. DieHeilung wird durch eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Verhaltensregeln diesesSystems bewirkt. Elemente svstenischen Denkens fin<strong>de</strong>nsich in allen Formen <strong>de</strong>r Familientherapie; so konsequent undt24


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0vl-aJqdozrqJS esatp gep'3un11alsror1 Jap taq Stiapur,nqcs pJLA JIIN>iqJrr.u ra )lqell( lzlaf luqelaSqu 3t11o,,r äpunlsuelsJe Jap uI qJltu lui{ lä]u^ Jac 'ltutululäqn lqllu lIequeJICasarp erlrrul?j elp'qrr1qnn1iu11.'üI?przln) euapelllnz Jqas eulaor,,r\ Ileg ureselp reqn }r.tnuq..rs äts :ueins uetu aluuol 'ellepueqrlozzrll]d rur^les plu6 tun lqctu qJls sa uuo6 ,Sunqra-rqcs-la^ eqJrlJapucrc^un< 3lp uuEp els ueuttloleq qJIllnuJe^ 'uel-lelsoq urellc uJOtIg erp är\ lll n iunz]rS uätstlttlu Jtlz >'uapuelaAse.irura lqJIu ueuap laq qJIs uu3,\\ 'uJapuna qJIu apJn,\\ LIJJ


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' 9U6 I. PlloJ/tlrl) :UuillnlS( l ll6 l Irlll ) uollBsrull;-lO lrP uJ\slln) uiPlclurH :'[ü]o " t\l' rlozzElnd-lul,\lcs - llt6 l elloJillrl) :llnillnls ( l x6 Ilutl) rrlSPhl Jucqnezlue rccJ : [n ]r "l 'rlozzl?ll?d-rut^lcs - '9116Irn]loJnlol) :ueillnls (sL6l lr?ll) uoxoptlrldueilg pun uoxoplTlud: lu tr "lAI 'llozzPltd-lur^l3s - fll6l- r?lloJ/'11.1) :utz;-unts(t96 1'1e11,1ardtlrcqtuollrtupl lnz Jeuloztlls iunlpuuqcg Jip uo^ tqcnsrc.Sr:111u ) tt o I I t)l t I q n d ) I I Lt Dl0 d'' nVueqBq lqsar aploqtEp'urrup 113er1 eqollqJsueu erp t8arl lqrlellar1 'saleed lstlJgqse/y\13 aIS JnJ lsl lqJel^i run;due;1 rap iuauorlnlllsul ut'ua3-llqclsre8eyrtr ueJql Ieq 'ualIItuPJ uI ssslull€qJa^lqJe6 J$ IJIIS


Gerda BoyesenB iodynamische PsychotheraPiet'$K'ßry7143


ie Klinik liegt im Westen Londons, in einem Vttroft, wosich das Hauptstädtische im Alltäglichen verliert: einfacheRestaurants und kleine Geschäfie. rneist vttn In<strong>de</strong>rnbetrieben. säumen die Hauptstral3e auf <strong>de</strong>r einen Seite, Wtrhnblocksmit farbigen Mietem auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren. Wo die Straßenstiller wer<strong>de</strong>n, beginnen die Reihen kleiner Hiiuser. in <strong>de</strong>nenhinter winzigen Vorgärten <strong>de</strong>r Mittelstand etwas Distanz undSicherheit sucht, nicht inrnrer erfblgreich. Viele Wohnungenstehen zum Verkauf. Die KIinik liegt nicht an einem herausragen<strong>de</strong>nOn. eher an einem durchschnittlichen Umschla-eplatz <strong>de</strong>sLebens, <strong>de</strong>r überall und nirgendwo sein kijnnte. Kein schlechterPlatz für Gerda Boyesen. die sich kaurn in eine vorgegebeneStruktur einordnen lä13t.Klinik: auch das Wort führt in die lre. Nichts von chrornblitzen<strong>de</strong>rZweckmäßigkeit, von langen und leeren Gängcn. Da steht,etwas abgesetzt von <strong>de</strong>r HauptstralSe, ein schnlales Zweiskrckwerk-Gebäu<strong>de</strong>mit grau gewor<strong>de</strong>nen Mauern: die Versuche,Fenster und Simse weiß und blau aufzununtern, liegen off'enbarlange zurück. Innen ist das Haus veru'inkelt. das Mobiliar zurrlTeil reichlich gebraucht. lrn Entt'angsraunr warten N{enschen.<strong>de</strong>ren soziale Herkunft schuer zu bestinrrnen ist. clie tlleistenjung, Männer sind in <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rzahl. Der Ton ist locker. fastfamiliär. Die Zeitschriften und Broschüren au1' <strong>de</strong>n 'fischenhan<strong>de</strong>ln viel von Ökologie und Neu' Age.Auf zwei Seiten gehen die Fenster zu einent Park. uo Kin<strong>de</strong>rspielen und Hun<strong>de</strong> aller Rassen ausgeführt r,''ercien. Ein Pärchenliegt unter einem alten Baum. und auf einem geson<strong>de</strong>rten Stückkulzgeschorenen Rasens befblgen weiLlgeklei<strong>de</strong>te Leute mit gesammeltemErnst clas Ritual <strong>de</strong>s Bowling.144


Acacia House heißt die Klinik. benannt nach einem Akazienbaumneben <strong>de</strong>m Eingang. Sie ist. auf ihre \Veise. <strong>de</strong>nnoch einbeson<strong>de</strong>rer Platz. Als Gerda Boyesen Anfang <strong>de</strong>r siebziger Jahreein Haus in London suchte. hatte ihr jemand prophezeit, es wür<strong>de</strong>einen seltenen Baum und einen kleinen Teich im Garten haben.Auf einer Party war ihr dann Sean Connery begegnet, <strong>de</strong>r James-Bond-Darsteller, und hatte ihr sein Haus angeboten. Sie hatte,etwas überrascht von so viel Großzügigkeit. abgelehnt. Jahrespäter erhielt sie eine Oftbrre. Als sie sich das Haus ansah, waralles so, wie ihr vorausgesagt w


System begriffen, kam eine unerwartete Wendung. etwas Neues.Ihr Buch ist ailes an<strong>de</strong>re als eine wissenschaftliche Abhandlung'so präzise sie sich an manchen Stellen ausdrückt. vielmehr einEntwicklungsroman ohne En<strong>de</strong>.Manchmal dachte ich auch. was um Himmels willen sollen dieseGeschichten? Nun gut. u'enn sie von früheren Inkarnationenberichtete wie unsereiner vom Auf-enthalt in Har.nburg o<strong>de</strong>rMünchen, lustig war dasia schon: etu'a als sie erzählte. wie sievor Jahren plötzlich <strong>de</strong>n unwi<strong>de</strong>rstehlichen Drang hatte. tief<strong>de</strong>kolletierte Klercler zu tragen. bis ihr aufging. und diese Erkenntnishatte schon vorher in ihr runlort. daLl sie irn Mittelalterein Leben als Kurtisane in Florenz gelebt hatte. Dic Stadt ist ihranscheinencl auch heute noch nicht sehr syrnpathisch. Aber wasbringt clas für <strong>de</strong>n psychologischen Prozel.J einer Grr'rppe'lEs dauerle einige Zeit. bis ich be-urif'f. dal3 diese ausgelallenenGeschichten ihre therapeutische Be<strong>de</strong>utung hatten. Wo <strong>de</strong>r Erziihlerso viel von sich preisgibt. sosar l:rfahrungen. die für vieleabstrus klingen, ijffhet auch <strong>de</strong>r Zuhijrer sein Herz, gewinntVeftrauen und wagt sich in jenen Bereich. wo auch ihm Seltsamesuncl Schwieriges geschehen ist. Und attch tlas Llnbewul3tenrit seinen Inhalten beginnt sich zu rcgen. sich zr.r äu[.Jcrn. n'rul'Jnicht mehr Angst haben. vom Zensor <strong>de</strong>s Uber-lchs rtlit Gcbotuncl Verbot verwiesen zu wer<strong>de</strong>n. Es entsteht eine ähnlicheWirkung, wie wenn jerrand Miirchen erzählt. [Jncl nebenbeibemerkt: auf vertrackte Weise sind Märchen .ia u'ahr.Diese erste Phase ie<strong>de</strong>r guten Therapie (untl je<strong>de</strong>s glücklichenLebens). in cler ein Mensch vertrauenssesättigt u'agt. cr selber zuwercleu. ist für Gerda Boyesen sehr wichtig. Einer ihrer Schülernannte sie clas weibliche Penclant zu Carl Rogers. u'eil auch siedie Fähigkeit besitzt. <strong>de</strong>n Klienten zu akzepiieren. und in ihrrdamit die Fähigkeiten freisetzt. die zur eigenen Entwicklung undzur Heilung nittig sind. Tatsächlich sind manche ihrcr VeranstaltungenerklärtermalSenzur gegenseitigen Bewunclerung..Nicht selten benutzt sie die Ubung. bei cler die"GesellschafienGruppenmitglie<strong>de</strong>r aufgefor<strong>de</strong>rl r"'er<strong>de</strong>n. sich in eine kuscheligeEcke zurückzuziehen und ihre Lebensgeschichte zu erzählen,146


und zwar nach <strong>de</strong>m Motto: ich versuche, mich an all das zuerinnern, was mich glücklich und fioh gemacht hat. Und zuweilenverkün<strong>de</strong>t sie auch in drolligem Deutsch: <strong>de</strong>nke, wir"lchsollen uns zuerst etwas verwöhnen.


weise, Gestik und Sprache sind Diagnosemittel, und das Wie <strong>de</strong>rSprache ist nicht selten aufschluf3reicher als <strong>de</strong>ren Inhalt. dasWas. Über <strong>de</strong>n Körper lassen sich <strong>de</strong>shalb. min<strong>de</strong>stens zu einetnTeil, auch psychologische Stirrungen heilen.Eine zweite grundlegen<strong>de</strong> I<strong>de</strong>e Reichs verbin<strong>de</strong>t Atem undEmotion: Gehemmter Atem und gehentmte Emotion entsprechensich. Reich hatte beobachtet. dafJ bei tiel-ern unbewulStem Atnrenverdrängtes Material und die es begleiten<strong>de</strong>n Gefühle wie<strong>de</strong>rauftauchen. Wo chronische Muskelspannung vorherrscht, Erstarrung.kann <strong>de</strong>r Atern nicht frei f-liefien. wer<strong>de</strong>n Gefühlezurückgehalten. Emotionale Hemmungen und Blocka<strong>de</strong>n irnKürper haben dieselbe Wurzel.Ein dritter Gedanke Reichs. <strong>de</strong>r ihm viel Spott und noch rnehrmoralischc Verdammnis eingetragen hat. ist bekanntgewclr<strong>de</strong>nunter <strong>de</strong>nr Begriff Reich glaubte, dalS die"Orgasmusfähi-skeit".sexuelle Erfüllung alle überschüssige linergie im Organismusabbaue. so dal3 nichts mehr übrigbleibe zunr Autbau neurotischerVerhaltensmuster. Etwas weniger technisch uncl freundlicherausgedrückt: Volle Erlebnisfähigkeit in <strong>de</strong>r Liebe war für ihn einHinweis darauf, dalS diese Fähigkeit auch in an<strong>de</strong>ren Situationenvorhan<strong>de</strong>n war.Gerda Boyesen ist erst spät rnit <strong>de</strong>n Gedanken Reichs dircktbekanntgewt'tr<strong>de</strong>n, sie hut Ahrtliches u ic' Reich selber ent<strong>de</strong>ckt,seine Gedanken weitergel'ührl. auch sich in nrancheln abgegrenzr.Je<strong>de</strong>nfalls ist für sie und die an<strong>de</strong>ren von Reich beeinfluLltenTherapeuten die wichtigste Erkenntnis: Jc gestilrter einMensch in seinen Gefühlen ist. <strong>de</strong>sto weniger ist er irn Kontaktmit seinem Körper. Den Kontakt mit <strong>de</strong>m eigenen Körper zusuchen. ist das leiten<strong>de</strong> Prinzip. Tatsächlich lällt sich die LebensgeschichteGerda Boyesens als ständiger. imtner intcnsiver wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>rKontakt mit <strong>de</strong>m eigenen Kärper beschreiben - und es istauch die Geschrchte <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckung und <strong>de</strong>r Vervollkomnlnungeines therapeutischen Instruments.Begonnen hat sie, wie an<strong>de</strong>rs könnte das sein. etwas komisch.Gerda lebte 1941 in Oslo. in gutbürgerlichen Verhältnissen, siehatte ein wenig an <strong>de</strong>r Universität dilettiert. spielte gern und gut148


Tennis. hatte eine gute Partie gemacht. war Mutter von zwelkleinen Mädchen. Da fiel ihr ein Buch über Neurosen in dieHän<strong>de</strong>, sie las es und war sofort überzeugt, sie sei neurotisch.Kurz entschlossen ging sie zu <strong>de</strong>m Autor. um sich von ihmtherapieren zu lassen. Der aber war ebenso kurz angebun<strong>de</strong>n un<strong>de</strong>rklärte ihr. er habe keine Zeit. empfahl ihr aber einen Kollegen.Bei seinem Kollegen hatte sie etrvas mehr Glück' er nahm sichirnnrerhin eine Stun<strong>de</strong> Zeit. war aber an einem Gespräch weniginteressieft. son<strong>de</strong>rn ließ sich statt <strong>de</strong>ssen ihre -lennisbe\\'egungenvorführen: Vorhand. Rückhand. Aulschlag. SchliefSlichteilte er ihr rnit. sie seidickkijpfig. Gerda u'i<strong>de</strong>rspracheftig, siesei ein braves Kind gewesen. und alle ihre Bekannten bcstätigte nihr. sie sei um-uänglich und liebenswürdig . . . Der Analytikeraber sagte. das sei unwichtig. er sche doch. wie sie die Kinnbakkenzusammenpresse. wenn sie Tennis spiele. Die Stuncle war zuIrncle, und auf <strong>de</strong>m Nachhauseweg wie<strong>de</strong>rholte Gerda itnnlerwie<strong>de</strong>r: Er hat Unrecht. ich bin nicht dickkiipt'ig . . .Zu F{ause - niemand sonst war tla fühlte sie pliitzlich. wie dieKinnbacken sich wie<strong>de</strong>r zusanlmellpre[.Jten und wie sie zuschluchzen begann. E,ine Kindheits-Erinnerung schoLl ins Bew'uf3tscin.Dic sechsjährige Gerda war nicht folgsanl gewcsen.hatte Prügel bektxrmen. Der Vatcr hatte ihr angcdroht: Ich wer<strong>de</strong>clich so lange verdreschen. bis du zu brüllen authi)rst. Und diekleine Gerda hatte ihre Tränen zurtickgepref3t und versprochen:Ich wer<strong>de</strong> brav sein. Ich rver<strong>de</strong> nicht nlehr weinen. wenn du michiiebhast.Sie hatte seit<strong>de</strong>m nie ntehr geweint. auch nicht rnehr richtiggelacht. Zwei ?rge nach dieser Stun<strong>de</strong> las sie in einern lustigenBuch und ertappte sich plötzlich, wie sie schallencl lachte. Undsie spürte, wie sie leichter atmete. wie sich das Zwerchf-ellentspannte, wie Lachen und Weinen wie<strong>de</strong>r erscheinen konnten.Diese Episo<strong>de</strong> zeigt. wie sensibel schtln damals Gerdas Körperreagierte. wie leicht für sie die psychosonlatische Verbindungherzusteilen war. Damals je<strong>de</strong>nt-alis hat sich ihr Leben verän<strong>de</strong>rt,aus <strong>de</strong>r braven norwegischen Hausfrau wur<strong>de</strong> eine Art Ent-149


<strong>de</strong>ckungsreisen<strong>de</strong>. Sie studierte Psycholo-eie, lernte Physiotherapie,fand einen Therapeuten. Ola Raknes. einen bekanntenSchüler von Reich. und ent<strong>de</strong>ckte bei Aa<strong>de</strong>l Bülow-Hansen eineneue Form <strong>de</strong>r Massagetechnik.Ohne Reich gekannt zu haben. arbeitete Aa<strong>de</strong>l Bülow-Hansenweitgehend nach seinem Konzept. befreite <strong>de</strong>n Atem. lockerte<strong>de</strong>n Muskelpanzer. und Gerda Boy'esen lernte von ihr und nochmehr von ihren eigenen Erfahrungen: Der Ki)rper kapselt Emotionenein. in<strong>de</strong>m er die Muskeln zur chrtlnischen Stanheitverspannt und eine bestirnmte Haltung annirnmt. Wird die Haltungverän<strong>de</strong>rt, än<strong>de</strong>rt sich auch die Psyche. Gerda Boyesenfand: Es ist maiglich. neurotische Persttnen ohne Psychotherapiezu heilen, allein mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n. Dies -ueschah freilich nicht nurdurch eine mechanische Haltungsveränclerung, stln<strong>de</strong>rn durchlangsames Wie<strong>de</strong>rgewinnen <strong>de</strong>r Beweglichkeit. <strong>de</strong>s rhythrnischenAtmens. <strong>de</strong>r Fähigkeit. sich wohlzufühlen.Mit einigern Vergnügen erzählt sie von Persijnlichkeitsverän<strong>de</strong>rungen.die dabei eintraten. bei ihr selbst aus <strong>de</strong>r ergebcnenGattin wur<strong>de</strong> eine ziemlich selbständige Frau - und bei Klienten:Ehemänner. die sich bisher auf die Fügsarlkeit ihrer Frauenverlassen konnten, erlebten zunächst <strong>de</strong>ren Zorn. spiiter <strong>de</strong>renUnabhängigkeit. Es muf.l eine ziernlich glückliche Zeit gewesensein fürGerda. Sie gab zehn bis I'ierzehn Massagen anl Tag undhatte das Gefühl. nie rnü<strong>de</strong> zu wer<strong>de</strong>n. Uncl w'lihrend anl Abendihr Ehemann schweigend neben ihr salJ. dachte sie darüber nach,welches Zusammenspiel <strong>de</strong>r Muskeln die Spannungen hervorrief, warum es müglich war, da{.J allein die kirrperliche L,ntspannungeine emotionale E,ntlastung hervorrief.Warum bleiben Menschen trotz Krisen. trotz schweren Schicksalsunneurotisch. so fragte sie sich. rvährend bei an<strong>de</strong>ren dieStörung in <strong>de</strong>r Psyche und im Kirrper erhalten blieb'l Un dies zuerklären. reichten die Metho<strong>de</strong>n vttn Aa<strong>de</strong>l Bülou'-Hansen uncldas Konzept von Reich nicht aus. Gab es da einen subtilenbiologischen Mechanismus, <strong>de</strong>r für ernotionale Abfuhr sorgte,<strong>de</strong>r Streß sozusagen >verdaute


Hosen macht. son<strong>de</strong>rn sanfter. gleichmäßiger. Die Theorie <strong>de</strong>rvegetativen Entladung entstand.Der Weg dorthin führt natüriich über eine Geschichte, es ist dieGeschichte von Gerda. die schreien wollte und das Prinzip <strong>de</strong>rPsychoperistaltik ent<strong>de</strong>ckte. Sie war damals in einer Phase ihrerTherapie, wo sie das Gefühl hatte. sie mü[.]te etwas herausschreien.Sie versuchte dies bei ihrenl Analytiker. <strong>de</strong>r sie auffbr<strong>de</strong>rte.darüber zu sprechen. \\'as sie bedrängte. Er teilte seinePraxis mit zwei an<strong>de</strong>ren Medizinern und f'and Schreien genierlichfür die ancleren Klienten irn Nebenzinlnter. Gerda aber wolltenicht sprechen. sie wollte schreien.Darauf ging sie zu Ola Raknes. ihrenl ersten Lehrer. <strong>de</strong>r aber warinzwischen alt gewor<strong>de</strong>n und ihr sagte: ,lch habe schon so vieleLeute schreien gehitrt. ich kann's nicht rnehr hi)ren. bitte versch


sie leicht hören kann. manchmal freilich auch leise. vor allemdann. wenn sie nicht eruptiv auftreten. Wie lassen sie sich genauverfblgen'? Gerda kam auf <strong>de</strong>n Gedanken . sie mit <strong>de</strong>m Stethoskopzu verfolgen; das Instrument gehöfi inzwischen zur Standard-Ausrüstung <strong>de</strong>r Boyesen-Therapeuten.Gerda ent<strong>de</strong>cl


<strong>de</strong>nartiges Produkt einer im Gehirn allgernein arbeiten<strong>de</strong>n Energieist". Die Energie. die sich in <strong>de</strong>n Emotionen und Symptomenseiner Patienten zeigte, betrachteter als "etwas.das in <strong>de</strong>r Lageist. sich zu steigern, abzunehmen. zu verschieben. zu entla<strong>de</strong>nund das sich selbst auf die Erinnerungsbahnen eines Gedankensaus<strong>de</strong>hnt. wie eine elektrische Ladung über die Obert-läche einesKörpers".Freud hat später von <strong>de</strong>m Energiekonzept kaunt ntehr Gebrauchgemacht. Wilhelm Reich hat diesen Ansatz weiterentwickelt:Nicht nur die einzelnen Individuen Lresitzen ein bestitnmtesE,nergiemuster. <strong>de</strong>r ganze Kosnrcls ist ein srolSes Feld pulsierentlcrfinergie. Gerda Boyesen ist auf <strong>de</strong>rn Wec ihrer eigenenErfährungen zu ähnlichen Vorstcllungen -uelangt. Bei cler Behandlun-eihrer Patienten. insbeson<strong>de</strong>re dann. wenn sich dieSpannungen l(isten. konnte sie beobachten. w'ie sich clas Wbhlbefin<strong>de</strong>ninr Kiirper ausbreitete:"lchhabe die Libido tatsächlichgesehen. .Diese Libiclo ist fieilich etwas an<strong>de</strong>res als <strong>de</strong>r blolje Sexualtrieb.wie bei Freud. es ist. die Begritte uechseln. "l-cbcnscnergie.."kosnrischeEner-uie.. Das Merku'ürdi-ue passiert: Diese Vtrstellungciffnet die -lherapie l'r.ir naturwissenschaftliche Erkenntnisse.Der Stotfrvechsel. clic Bewegung cler Körperfltissigke it,das Gegeneinan<strong>de</strong>r und Miteinancler <strong>de</strong>r Muskeln kornn'ren in <strong>de</strong>nBlick. Aber auch Spirituelles rückt niiher: alte östiichc Wcisheit;die Chinesen sprechen von <strong>de</strong>r Ki-E,ncrgie. die AkkupLrnktLrrversucht auf diese Energietrahnen einzuwirken. in <strong>de</strong>r inclischenPsychologie und auch bei <strong>de</strong>n -lechniken cler L,rleuchtung werciendiese lrnergien benutzt.Ahnlich wie die Bioenergetiker erklärt auch Gerda Bovesen dieStörungen als gestörten Energielluß, und auch die verschie<strong>de</strong>nenpsychischen und physischen Defirrrnationen r"'er<strong>de</strong>n als verschie<strong>de</strong>neFormen <strong>de</strong>r Blockierung dieses Flusses dargestellt. Für je<strong>de</strong>Störung gibt es da regelhatie Muster. Erfblgreiche Therapie setzthier an und versucht. die spezifischen Blocka<strong>de</strong>n abzubauen.lm Unterschied zur Primärtherapie (etwa <strong>de</strong>r Urschrei-Technik).die zum Teil mit harten Einsrift'en arbeitet und nach Gerda153


Boyesens Meinung oft <strong>de</strong>m Klienten mehr zumutet. als er verarbeitenund integrieren kann, forciert die Biodynarnik <strong>de</strong>n Prozeßnicht gewaltsam. Sie beschäfiigt sich mit <strong>de</strong>m, was wird."reif,,Sie zerstört nicht abrupt alte Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>. die.ia zugleich Schutzgeben, Teil einer in vielen Jahren gewachsenen Persiinlichkeitsstruktursind, son<strong>de</strong>rn geht behutsant Schritt für Schritt vor. siezerlrümmert nicht. sie Irn Unterschied zu <strong>de</strong>rn BioenergetikerLowen legt Gerda Boyesen weit gröl3eres Gewicht"schmilzt..auf die Regression. bleibt nicht inr Hier und Jetzt. son<strong>de</strong>rnversucht zurückzugehen in <strong>de</strong>r Lebensgeschichte:"Wir helf'en<strong>de</strong>m Patienten. das zum Vorschein zu bringen. \\ils in seinemUnterbewußtsein uncl in seinem Körper eingeschlossen ist.


Glücks, <strong>de</strong>r Liebe, <strong>de</strong>r Zeitlosigkeit in die weniger freundlicheRealität hineinfin<strong>de</strong>n. Sre schreibt ihnen eine "Pnmärpersönlichkeit"zu, im Unterschied zu jenem Dressurergebnis. was siespäter ausmacht. <strong>de</strong>r Der Unterschiedzu Freud, <strong>de</strong>ssen pessimistisches Menschenbild auch und"Sekundärpersönlichkeit,,.gera<strong>de</strong> das Kleinkind nicht ausspart, w'ird hier sehr <strong>de</strong>utlich.Das Konzept <strong>de</strong>r Primärpersönlichkeit läf3t sich auf mancherleiWeise mißverstehen. Sie ist nicht das Produkt eines erzieherischenLaissez-faire. Gerda beschreibt rnit drastischer Deutlichkeit,wie sie damit bei ihren eigenen Kin<strong>de</strong>rn scheitefte. Wohlaber hat es etwas damit zu tun. dafj die Bedürfnisse <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rernstgenommen wer<strong>de</strong>n: das Bedürfnis nach Zärtlichkeit. Ki)rperwärrneganz zu Beginn. aber auch später. inl Trotzalter. <strong>de</strong>rDrang, nein zu sagen. Wo hier <strong>de</strong>r Wille gebrtlchen u'ird. in <strong>de</strong>rDressur erstickt. wird auch ein Teil cler Fähigkeit zur Lebensbewältigungzerbrochen. wer<strong>de</strong>n die Strukturen <strong>de</strong>r SekundlirenPersijnlichkeit gelegt, die unsicher in sich selbst. auf äuLlereBefiiedigung und Belohnung angewiesen ist.lrn Grun<strong>de</strong> beschäftigen sich viele 'fherapien rnit <strong>de</strong>r Prirlärpersiinlichkeit.auch wenn sie etwas andcrs benannt und clet'inicrtwird. Die humanistische Psychttlogie spricht von "huntanpotential


geboren als Primärpersönlichkeit. mit <strong>de</strong>r Fähigkeit zu Glück.innerer Sicherheit, zum staunen<strong>de</strong>n Wun<strong>de</strong>rn und Begreif-en <strong>de</strong>rWelt um uns. >Für mich ist das wesentliche Ziel". erklärt Gerda.Menschen zu helfen. auf diese Ebene <strong>de</strong>s Bewußtseins"<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rlibidinalen Zirkulation zurückzukehren."Boshafte Kritiker sagen. Gerdas Neurose besteht in ihrem Harmoniestreben.An<strong>de</strong>re fiagen. komnt bei ihr das Ich nicht zukurz. lijst es sich nicht in Wohlgetallen auf o<strong>de</strong>r verl'lüchtigt sichin einem ozeanischen Mystizisrnus. ehe cs noch zu Beu'uf3tse ingekommen ist'l Manches scheint auf <strong>de</strong>n ersten Blick dafür zusprechen. so auch <strong>de</strong>r Satz: bin grundsätzlich gegen <strong>de</strong>n"lchSchmerz in <strong>de</strong>r Psychotherapie." Und sie zitiert zLrstintmend dieTochter Wilhelrn Reichs: Vater hat nic gewollt. tlalS"Meinjenrand lei<strong>de</strong>t. damit es ihrr später gut geht." Die Sätze richtensich vor<strong>de</strong>rgründig gegen die Methotlc von ttranchen Bictenergetikern.clie bei ihren Übungen oti bewtrl3t ihre Klienten in <strong>de</strong>nSchmerz treiben. Da kann Gerda auch spitz wer<strong>de</strong>n: "ltsist dtlchselbstverständlich. wenn mir jemand wehtut. dann sc'hreie ich."Aber dabei handle es sich um eine norntale Abreaktion, ohneZusammenhang nit <strong>de</strong>r Lebensgeschichte eines Klienten. "lchbin gegen je<strong>de</strong> Manipulation <strong>de</strong>s Kiirpers. die Schnterzur Frllgehat


Art >happy ending" zu entiassen. soweit dies immer möglichist.Preisgabe <strong>de</strong>s Ich? Die Gruppensitzungen, die ich mit Gerdaerlebt habe. vermitteln eher <strong>de</strong>n Eindruck. daß die Teilnehmerein größeres Zutrauen zu sich selbst gefun<strong>de</strong>n haben, nlehrwagten. sie selbst zu sein. Aber steht dagegen nicht ihr Credo:Wo lch war. muß das Es erscheinen'l Der Satz ist wahr undzugleich irreführend. Wahr ist er auf <strong>de</strong>r Ebene einer bestinrrntenSpiritualität, die weiß, daiJ so ziernlich alles von <strong>de</strong>rn. was wirIch nennen. ein Konstrukt ist. Selbstversicherungegen dieE,xistenzangst, und dall die Angst nur aufhört. wo dieses Ich in<strong>de</strong>m aufgeht, was Jung als clas Selbst bezeichnet und was diealten Philosophen das Sein nennen. lrrefültrentl ist dc'r Satz auf<strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r norrnalen Psychologie, wo das bewulSte Ich einclurchaus erwünschter Zustand ist. Was Gerda hier zunl Verschwinclenbringen möchte. ist nicht das lch. sontlern das Üher--feIch ,.jeneril <strong>de</strong>s lch also, <strong>de</strong>r - unfie i . in Ge boten und Verbotengefängen <strong>de</strong>n Zugang zum Hier und Jetzt nicht fin<strong>de</strong>t'Das Mäclchen hieß Sandra. Sic war tüchtig irn Berul', schickgeklei<strong>de</strong>t, hatte .iene praktische soziale Intelligenz. die sie l'astirnmer als erste das richtige Wort. <strong>de</strong>n richtigen Vrrschlag fin<strong>de</strong>nliel3. Eigentlich konnte man sich gar nicht vorstellen' dal3 sieProblcme hattc: die idcale Ehefrau für einen klugen und grol3zügigenMenschen. Und das wäre sie wohl auch gerne gewescn' Siehatte nur eine Obsessit'rn: sie wollte gerne die spirituellen Gesetzebefblgen, und die <strong>de</strong>finierte sie sehr rigi<strong>de</strong>.Gerda hörte sich ihre Geschichte ruhig an Lrnd fing an zuerzählen, wie sie einrnal Gesangsunterricht genomnlen hattc.Sehr weit habe sie es nicht gebracht dabei. aber inlnterhin habesie damals ihren ersten Mann kennengelernt. Und dann begannsie zu singen, mit einer tief'en, gutturalen Stirnme: the man I ltlve.alle Strophen, die ihr einfielen. Gelächter. das drücken<strong>de</strong> Über-Ich. das in <strong>de</strong>r Form spiritueller Gesetze Sandra heinlgesuchthatte. löste sich in Heiterkeit auf. Nebenbei: Dies war. wenn auchauf etwas ungewöhnliche Weise. eine zientlich direkte lntervention.151


Es mag sein, daß sich manche in die von Gerda verbreiteteHarmonie wie in ein wun<strong>de</strong>rbares Kindheitsparadies flüchten,ich selber habe eher das Gegenteil erlebt: Menschen. die einStück selbstbewul]ter. fieier wur<strong>de</strong>n. Sie mußten sich ihre Freiheitallerdings nehmen. mulJten dafür bereit sein. Wenn dies abergeschah. gab sie Gerda ihnen ohne Vorbehalt.Ich kann nicht alle Theorien Gerdas nachvollziehen. teils. weilsie viel anatomische und physiologische Kenntnisse verlangen,teils. weil n.rir Gerdas Erfährungen f'ehlen. Vielleicht auch, weilSystematik und ein exaktes Konzept tatsächlich nicht ihre Stärkensind. Vielleicht weicht sie auch mancher Konfrontation aus.da for<strong>de</strong>rt ihre Tochter Ebah mehr. Aber ich habe bisher niemandmit so viel therapeutischer Intuition getroffbn. Ich habe esrnanchmal erlebt: sic fühlt. sie nirnrnt wahr (ich vermute. sehr ofiim eigenen Körper). was in einem Klienten vor sich -eeht, und siefin<strong>de</strong>t genau das richtige Wort. die passendc Massage, unl <strong>de</strong>nProzelS voran- und zu einern guten E,ncle zu bringen. GerdaBoyesen ist im alten Sinn <strong>de</strong>s Worles und auf sehr nto<strong>de</strong>rne Arteine weise Frau.Aus dc tt Pu h I i kut ir t ttt' trÜbcr dcn K(irper dic Scclc hcilcn. Biody'nantischc Psychologic undPsychothcrapic. Einc Einl'ührung. N'lünchcn: Kiiscl 19u7.


Karlfried Graf Dürckheim,Maria Hippius - Gräfin DürckheimInitiatische Therapiel\ , 7 t', t4u'.o^Fz.,-^.- # ; pf, i ;.r,- 7*;e- \Y'*tAu'-159


in Stück weit ins Ungewöhnliche mul3 man sich schonvorwagen. um Karlfiied Graf Dürckheim zu beschreiben.Und so mag <strong>de</strong>nn - als Beispiel für die schwierigeAnnäherung an eine solche Gestalt - eine Geschichte aus <strong>de</strong>rSufi-l-iteratur am Anfäng stehen. eines jener verlrackten Zeugnissemohammedanischer M1,stik. Ein Derwisch aus <strong>de</strong>r konservativenSchule. eifiig im Dienste seiner Religion, bedacht auf dierichtige Form, ging eines Tages atn Wasser entlang. Da h


erzählten: wenn sie nicht in Gefühien <strong>de</strong>r Verehrung schwelgten,waren sie auf seltsame Weise sprachlos. fan<strong>de</strong>n immer nur daseine Wort >Präsenz,, - was sollte ein in protestantischer Religionsdürreund sachgerechtem Denken Aufgewachsener damitanfangen'l Was mit einem Mann. <strong>de</strong>r ohne Umschweif'e berichtete,wie er als Vierundzwanzigjähriger ein Satori-Erlebnis hatte,wie im Zen-Buddhismus die Erleuchtun genannt wird.Beim Hijren <strong>de</strong>s I I . Spruchs aus Laotses-fao-te-king "Dreif3igSpeichen treff-en die Nabe. aber das Leere erwirkt das Wesen clesRa<strong>de</strong>s, aus Ton entstehen Töpfe. aber das Leere in ihnen wirktdas Wesen <strong>de</strong>s Tbpfes" da geschah es: 'Der Vorhang zerril3.und ich war erwacht. Ich hatte Es erfahren."Ich konnte mir nur zu gut vorstellen. wie ein Besucher. <strong>de</strong>r vonihm mit <strong>de</strong>r Frage emplängen wur<strong>de</strong>: 'Haben Sie schon einmalSeinsfühlungehabt'1". auf innere Distanz ging. Und <strong>de</strong>nnoch:ich habe niernan<strong>de</strong>n erlebt. <strong>de</strong>r durch die 'Iherapie irn SchwarzwalddorfRütte ging und nicht angerührt wur<strong>de</strong>. betrof't'enochim Aufbegehren. Und manche waren wohl - das überständigeWort ist da am Platze - verwan<strong>de</strong>lt.Auf zwei Lebenswegen ist nach Rütte gebracht wor<strong>de</strong>n, washeute die Institution <strong>de</strong>r BildungsundBegegnungsstätte Todtmtns-Rütte. ausmacht: auf <strong>de</strong>m ei-"Existentialpsvchologischennen kam Graf Dürckheirn. auf <strong>de</strong>nr an<strong>de</strong>ren Maria Hippius.Spannungslos ist ihr Verhältnis heute noch nicht. obwohl siebei<strong>de</strong> inzwischen ein biblisches Alter erreicht haben. Nicht weilsie unverträgliche Charaktere wären. son<strong>de</strong>rn weil sie verschie<strong>de</strong>nePrinzipien verkirrpern. "Sieschenkten sich nichts". sodrückte es, etwas salopp. einer ihrcr Mitarbeiter aus.Dürckheim, aus altem bayerischen A<strong>de</strong>l, im E,rsten Weltkrieg alsFahnenjunker eingerückt und vier Jahre an <strong>de</strong>r Front, gewil3 eintapf'erer und lange wohl ein traditionell konservativer Offizier,versuchte nach <strong>de</strong>r Rückkehr aus <strong>de</strong>m Kriege. alte Ordnungsprinzipiengegen die Revolution durchzusetzen. Verhaftung, To<strong>de</strong>surteilwegen angeblichen Hochven'ats. Rettung durch einenalten Diener, <strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n neuen Herren gehörte, und dann plötzlich<strong>de</strong>r Entschluß: Du darfst nicht mehr Soldat sein. Ein Entl6t


schluß. bei <strong>de</strong>m fast alles zurückblieb, was bisher überkommeneGewißheit ausmachte. E,in zweites Leben begann: Studium <strong>de</strong>rPhilosophie, Assistent in Leipzig bei Krtiger (Ganzheitspsychologie).Einer <strong>de</strong>r ersten Hochschullehrer. die Vorlesungen überFreud. Adler und Jung hielten (etwa zur selben Zeit promoviefteclort Maria Hippius mit einer Arbeit über <strong>de</strong>n "GraphischenAusclruck von Gefühlen)aus Ihnen wird nie ein Nazi. - mit einem Forschungsaufiragnach Japan abgeschoben.Die Begegnung mit Japan. vor allem nlit <strong>de</strong>m Zen-Buddhismus,hat Dürckheim uncl seine Therapie geprägt. Was er zuvor in <strong>de</strong>rLektüre von Meister Ekkeharr erspürt hatte. ent<strong>de</strong>ckte er wie<strong>de</strong>rin <strong>de</strong>r Erfährungs- und Exerzitienweisheit <strong>de</strong>s Buddhisnlus: Was<strong>de</strong>r Mystiker <strong>de</strong>n göttlichen Funken in <strong>de</strong>r Seele nannte, heilSt intjstlicher Weisheit die und in Dürckheirns Terminologiedas ,Wesen,,. Je<strong>de</strong>r Mensch hat Anteil daran: "Hin-"Buddha-Natur


still und stetig geschehen muß. wie <strong>de</strong>r Mond am abendlichenHimmel aufsteigt. Noch habe ich nicht die volle Höhe erreicht,bei <strong>de</strong>r dann <strong>de</strong>r im voll ausgespannten Bogen liegen<strong>de</strong> Pf'eil Ohrund Wange berührt - da durchfährt mich die Orgelstimme <strong>de</strong>sMeisters: ,Halt!, Erstaunt und etwas unmutig über diese Unterbrechungim Augenblick höchster Sammlung lasse ich <strong>de</strong>n Bogenherab . . . >Bitte, noch einmal, Ahnungslos beginne ich aufsneue. Die gleiche Bewegungsfolge läufi ab. Doch als es zumSpannen kommt. ist meine Kunst schnell am En<strong>de</strong> . . . die Armebeginnen z.u z)ttern, ich schwanke ohne Halt hin und her, diemühsam gewonnene Form ist zerschlagen: - <strong>de</strong>r Meister aberfängt an zu lachen I Verzweifelt bemühe ich mich noch einrnal . Esist aussichtslos !"Der Meister erklärt <strong>de</strong>m Schüler: "Dal3Sie r/lc Form eneichthatten. die zu erringen in diesen Wclchen Ihre Aufgabe war,erkannte ich schon an <strong>de</strong>r Weise. wie Sie ntir die Haustüriil'fneten... Wenn <strong>de</strong>r Mensch eine Form seiner selbst. seinesLebens. seines Wissens o<strong>de</strong>r seines Werkes erreicht hat. um dieer sich vielleicht lange bemühte. dann kann ihnt nur e in Unglückgeschehen: im Erreichten stehenzubleiben . . . Will das Schicksalihm wohl. dann schlägt es ihrn das Gewor<strong>de</strong>ne. ehe es sichverhär1et. wie<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Hand. Dieses in <strong>de</strong>r Übung zu tun. istSache <strong>de</strong>s wissen<strong>de</strong>n Meisters."An dieser Schil<strong>de</strong>rung soll <strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong>n: Das Bogenschiel3enist wie alle an<strong>de</strong>ren Zen-Übungen .,nur eine Gelegenheit. in dieTief'e <strong>de</strong>s eigenen Wesens zu dringen. Das aber gelingt nur auf<strong>de</strong>m haften Weg <strong>de</strong>r Läuterung. das heiflt. <strong>de</strong>r Bet'reiuns vomeitlen und ehrgeizigen Ich. das gera<strong>de</strong> daclurch. daLJ es so sehr umdas Gelingen <strong>de</strong>r äul3eren Leistung besorgt ist. die Vrllkorrrntenheitdieser Leistung gefähr<strong>de</strong>t. Erst wenn dieses Ich überwun<strong>de</strong>nist. kann die rechte Leistung gelingen. Dann aber gelingt sie nichtrnehr auf Grund eines vom ehrgeizigen Willen gesteuerten Könnens.son<strong>de</strong>rn auf Grund eines inneren Seins.*Dieses ,Sein< o<strong>de</strong>r rWesen" ist kein Gegenstand fiommenGlaubens. son<strong>de</strong>rr in geduldiger Übung erworbene E,rfahrung,man kann es auch >transzen<strong>de</strong>ntalen Realismus. nennen. ln <strong>de</strong>rr63


christlichen Tradition heißt es : <strong>de</strong>r alte Adam stirbt ' und ein neuerMensch wird geboren .lmZen heißt dieses Erlebnis"SatoriMitte


Maria Hippius nach Rütte mitgebracht hat. Etrvas überpointiert:'Wb Dürckheim mit fast nachtwandlerischer Sicherheit. scheinbarohne Anstrengung das Wun<strong>de</strong>r cler erlebt."Seinsertährung"ist ihre Funktion mehr die bewußte Störung <strong>de</strong>s himmlischenFrie<strong>de</strong>ns, Stachel zu sein in jenem schönen Gefuhl. clas so leichtentsteht, wenll man sich von Numinosen firrttragen lälJt. Siebesteht clarauf: ohne Schrnerz. ohne das. '"vr.ts clie Nlvstiker Todo<strong>de</strong>r Sterben nennen. gibt es keine Heilung: stehe für die"lchSchattenbege-gnung. dic inr len z.u kulz kotrttt.tt..Schatten - das ist cin Begrift aus cler 'lieftnpsychologieC. G. Jungs und bezeichnet die >u'lihrend unseres Lebens nichtzugelassenen. verrvorf'enen. r'erdrltngten lnhaltc unserer Psychc".nicht zuletz,I: 'die unerkannt gebliebcne inrntanentc Bipolarität".die rnännlichcn uncl u'eiblichen (irunclelenrcnte clesSeins in allen Menschen. Und crst wenn dic gelernte Rolle irnLeben. cler Mensch" zcrbricht. u'irtl dcr Schatten"natürlichcsichtbar. kann clas Unbekannte integriert wer<strong>de</strong>n. kann clerMensch in cinenr ner,ren Sinn heiluerclcn. Geratle in <strong>de</strong>r Syrnbolwelt. die u'ie es Jung nennt. <strong>de</strong>r N'lcnschheitsgeschichtegemeinsanr ist. gibt es die Licht- Lrnd Schattenrvelt. Dic"archetypisch".l--rlahrung dieser Welt. tsegegnung n'rit etwas Letztenl."clieAbsoluten" fordcrt NIaria Hippius. ',das dcn l\'lenschen in einencue Dynamik vcrsetzt" in cinen \lindlLrngsprozelJ. <strong>de</strong>r sichtbarund kontrollierbar lvird in In cliesenr"Ererzitien.. "Kernproze[.]".in <strong>de</strong>r E,rfhhrung <strong>de</strong> s I)unkeln und cles Lichten. stirbt (in <strong>de</strong>rSprache <strong>de</strong>s christlichen Nlittelaltcrs aLrsgeclrückt) "<strong>de</strong>r alteAclanr.. cs entsteht allrniihlich. 'in iebenslanger Arheit <strong>de</strong>reigentlich gerneinte N{ensch..Ohne Maria Hippius jeclenfalls hlitte.jene scltsante Pl'lanze tistlicherWeisheit, die Dürckheim aus Japan mitbrachte. imSchwarzwalcl nicht Wurzeln schlagen kirnnert. Sie hat sic heir.nischgenracht. und das ist ganz r.r'örtlich zu r.erstehen. Sie hatdas erste Haus in Rütte eru,orben. auf Kreclit natürlich. inzwischengebietet sie über ein kleines Reich. Durclt ihre Schulegingen alle 'fherapeuten. und sorveit sich das für einen AulSenstehen<strong>de</strong>nerkennen läßt. hat sie es keinenr leichtcentacht. Etwas165


salopp ausgedrückt: Wer nicht schon, ehe er nach Rütte kam. ineiner Krise war. hat sie spätestens dort erfahren. kamen alle"Wirvon ganz untenAber


taste mit geschlossenen Augen die Fläche ab. spüre die Umrandung,die Feuchtigkeit und Schwere <strong>de</strong>s Materials. Dann dieStimme <strong>de</strong>s Therapeuten (er sitzt etwa zwei Meter abseits) mit<strong>de</strong>r schon gewohnten AufTor<strong>de</strong>rung: ,Folgen Sie Ihren Impulsen.tun sie. was Ihre Hän<strong>de</strong> wollen I . Die Hän<strong>de</strong> fangen an, sich in dieMasse hineinzuarbeiten. spüren. wie in <strong>de</strong>r Mitte ein Hügelentsteht. wer<strong>de</strong>n ratlos. Und wie<strong>de</strong>r kommt einer <strong>de</strong>r typischenSätze: >Graben Sie tief'erl, Die Hän<strong>de</strong> wühlen die Masse auf,etwas wie ein Relief entsteht - ein Gesicht'.) Ein Gedanke driingtsich auf: Sollte man ihm nicht zwei Teuf'elsh


Erfahrung, daß da Ton und innere VerfassunS. außen und innennicht getrennt waren, dall auf merkwürdige Weise die Arbeit amTon Arbeit an sich selbst war.Zwei an<strong>de</strong>re Erscheinungsforme n <strong>de</strong>r Therapie in Rütte sind dieZaz.en-Medttation und die Personale Leibtherapie: die eine. dieMeditation. hat Dürckheim aus Japan rnitgebracht. clie anclere hater aus seinen Erlahrungen dort ent$'ickelt.In <strong>de</strong>r Leibtherapie u'ird -urundsätzlich unterschie<strong>de</strong>n zwischen"<strong>de</strong>m Körper, <strong>de</strong>n ntan hat. und "clem Leib. <strong>de</strong>r tllan ist< - einefür mo<strong>de</strong>rne westliche Menschen etwas schwierige Unterscheidung.Ki)rper". so <strong>de</strong>finiert Diirckheinl <strong>de</strong>n Untcrschied."Beim,seht es urn Gesundheit. LeistLrngskraft. Irn Hinblick auf diesenKrirper ist <strong>de</strong>r Mensch gegen jc<strong>de</strong> Krankheit..ie<strong>de</strong>n Schrnerz undgrundsätzlich gegen <strong>de</strong>n Tod cingestellt. Ileilen ist hier vor itllenlSache <strong>de</strong>s Mediziners. Der Leib dagegen bin ich selbst in clcrEinheit <strong>de</strong>rGebär<strong>de</strong>n. in <strong>de</strong>nen ich rrtich ausdrücke Lrn darstelle .verwirkliche o<strong>de</strong>r vcrfehle. Der Leib. cler ich bin. ist in Ordnungin <strong>de</strong>rn MaLle. als ich in ihnr uncl durch ihn durchliissig bin tiirlncin Wesen." Leibtherapie ist also nicht N'lassage. sonclernBewul3twcrduns von Fehlhaltung. Fin<strong>de</strong>n dcr richtigen Haltung.<strong>de</strong>s 'FIara.:,Hara. u,iirtlich Bauch. nleint clie.ienige Vcrfassungcles ganzen Menschen, in cler er gelassen in seiner Leibesrnitteruht und fiei ist von eincr MifStrauenshaltung seines Ichs. die ihnin An-est und Sorge f'csthiilt."E,inc zweite Unterscheiclung. gleichfitlls schrvierig für clie dr"rrchmoclerne Wissenschaf t aufgekllirtcn Westeurtlpäer. ist 1'ür r-liescTherapie wichtig clie zwischen grob- und t'einstofflichem Leib."Für gewöhnlich weil.J <strong>de</strong>r Mensch nichts davon. dalS er gar nichtin <strong>de</strong>r ihm zugt-'dachten Haut lebt. Er weif.l nicht. dal3 er crst.wenn er iiber seine physische Haut hinaus cla ist. wirklich fieiselbst da ist. So weifj er auch nicht. dalj zu ihrn scine Aura, diezugleich seine Strahlung bestimmt. gehörr." Ahnlichkeiten nritvergessenen Mythen und ntit ntodcrnen Konzepten <strong>de</strong>r Bioenergetikschimmern hier durch' Leibtherapie ist also >eine ArtBewußtseinserweiterung nach innen.. \'eniefung und Intensivierung<strong>de</strong>r Wahrnehmung. Statt weiterer Definitions- und Er-168


klärungsversuche rvie<strong>de</strong>rum cias Gesprächsprotokoll eines Klienten:>lch wer<strong>de</strong> gebeten. die Schuhe auszuziehen und betrete einenkahlen, hellen Raum: die rvenigen Einrichtungsgegenstäncie sindsorglältig angeordnet. In <strong>de</strong>r Mitte liegt eine Decke. links unclrechts. in einigern Abstand. von zwei Sitzkissen tlankiert. DerTherapeut erkr.rndigt sich nach nteiner Verfassung - etwa in <strong>de</strong>rForm. wie ein Therapeut üblicherw'eise seinen Patienten zuBeginn einer Stun<strong>de</strong> befiagt untl sich auf ihn einzustimmenversucht. Dann lege ich ntich auf die Decke. schlieLle dic ALr-uen.Ich soll Kontakt rnit <strong>de</strong>rn Untcrgruncl suchen. Zuerst werclen dieFül3e schrver. dann die untere Partie cles Rückens. die Schultcrn.z.uletzt <strong>de</strong>r Kopf. Der Rat. sich zu fühlen wic ln f'euchtenl Sand.funktioniert. Das Gcfühl stellt sich ein. lrngenehtn entspannt ineiner Hiihlung zu liegen.Die Hän<strong>de</strong> cles Therapeuten greit'en nirgends in clie N4uskulatr'rrcin. sie beriihren nur. Dann itnnter wiecler die ,,\uf'ltirclcrr,rng. dieVerbindung zwischen clen Hlinclen <strong>de</strong>s Therapeutt'n itn c'igenenK0rper herzustellen. zuerst zwischcn <strong>de</strong>n Hül'tkntlchen. clann inverschie<strong>de</strong>nen F.tappen an clen Beinen: nach Zehe nzupt'en undtsearbe itung cler FulSsohlc rver<strong>de</strong>n cie Verh i ncl un-uen cleutl icher.etw'as wie Strömung entsteht. auch über gr(il.i'-re Strecken. DasK(irpergefühl tlehnt sich Liber dic Fül3e nach unten trnd übcr <strong>de</strong>nKopf'nach oben aus.Arn L,n<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong> liege tch noch ein paar Nlintrten still. clerAtenr geht leicht uncl langsam. r'on <strong>de</strong>r Körpcrsehucrc ist nurnoch wenig zu spüren. die Gcdanken ktttt.tnten scltencr ttnd irrlZeitlupen-Tenrpo. Ich fühle mich int lrriccle n nrit cler Wclt.Das Aufstehen flillt überraschend schr'r'er: die Senkrechte zLtfin<strong>de</strong>n, ohne zu wackeln. ist zunächst einc Anstrengr-rng. clannwird <strong>de</strong>r Stand sicher. Das Geftihl gewinnt Gestalt. zr.r'ischenHimmel und Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>n richtisen Platz gefunclen zLt haben..Aul3erlich ie<strong>de</strong>nfalls geschieht in <strong>de</strong>r Leibtherapie wenig,manchmal wird über länsere Zeit <strong>de</strong>r Kcimer <strong>de</strong>s Klienten über-169


haupt nicht benihrt. Die Wirkung scheint davon abhängig zusein, was <strong>de</strong>r Klient bereit ist. geschehen zu lassen. Die Willensanstrengungje<strong>de</strong>nfalls nützt überhaupt nichts. Dre Wirkung kannschlichtes Wohlbefin<strong>de</strong>n sein. Reduktion von Verspannungen,und sie reicht bis in ungewohnte Erfahrungen von Strömungen,Wärme, Helli-skeit.Za-Zen, die für alle Medrtation.. das zweite"GrundübungExerzitium, das Dürckheirn in Rütte eingeführt hat. wird von ihmfolgen<strong>de</strong>rmaßen beschrieben: ,Dies ist eine Übung. die. inkorrekter Haltung durchgeführt, als Sitzen in volliger Unbewegtheit<strong>de</strong>s Leibes. im Ledigwer<strong>de</strong>n von allen Inhalten (Bil<strong>de</strong>rn undGedanken), das heif.lt über clie totale >Leere, clen Bo<strong>de</strong>n bereitetfür die Begegnung mit <strong>de</strong>rn >Wesen,.Morgens, kurz vor 6.4-5 Uhr. Ich steige die Aul3entreppe zueinem alten Bauernhaus hinauf, <strong>de</strong>ssen Obergeschol3 zu einemTeil als Meditationsraum (Zendo) eingerichtet ist. Ich lege imVorraum die Schuhe ab und betrete einen Raum Init kleinenFenstern;Holztäf-elung an <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n. Matten auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n.An <strong>de</strong>r Stirnwand eine kleine Buddha-Statue. daneben frische170


Blumen. Ich hole Sitzkissen und Unterlage. reihe mich andiejenigen an. die schon vor mir gekommen sind. RuhigesStehen, dann sorgfältiges Aussuchen <strong>de</strong>s Sitzes. Die Meditationclauert zweimal eine halbe Stun<strong>de</strong>. mit einer Pause für Meditierenim Gehen (Kin-hin) dazwischen. Wer sich nachlässig setzt.kriegt es schnell zu spüren.Etwa ein Dutzend Menschen sitzen in <strong>de</strong>m Raunl ' in <strong>de</strong>n die ersteMorgendämmerung fällt. Die letzten Laute verstummen. Einpeitschen<strong>de</strong>r Knall (zwei Holzstäbe wer<strong>de</strong>n zusanlmengeschlagen):<strong>de</strong>r Beginn. Dann drei Gongschläge. sie hallen nach in <strong>de</strong>rwachsen<strong>de</strong>n Stille. In dieser Stille geschieht viel. beirn Anfängerzunächst einmal . was einem aussichtslosen Kampf ähnelt. um alldas loszuwer<strong>de</strong>n. loszulassen. was er mitgebracht hat. Imnlerwie<strong>de</strong>r wircl die Konzentration auf clas Konlnlen und Gehen <strong>de</strong>sAten'rs gestt)rt. Gedanken. Pläne drängen sich dazwischen. Wersie willentlich verscheuchen will. hält sie nur <strong>de</strong>sttl f'ester.verkrampft plötzlich. Einer schluckt plirtzlich - aha. auch inSchwierigkeiten. Wie<strong>de</strong>r nehmen Erinnerungen clas Bewuf.Jtseinmit: Kürzlich habe ich fast die ganze erste Hälfte cler Meditationnrit clem Problem zugebracht. das Schlucken zu vernlei<strong>de</strong>n.Langsarn wird die Stille dichter, und wie<strong>de</strong>r schiel3t eine Erinnerung durch <strong>de</strong>n Kopf: die Benterkung eines Freuncles. wie vielpower in <strong>de</strong>r gemeinsamen Meditation einer Gruppe steckt.Allmählich lasse ich los. und u'ie vtln selber stellt sich eineaufiichten<strong>de</strong> Krafi ein. die <strong>de</strong>n Oberkörper in eine zugleichgeracle und litckere Haltung bringt. Aber das Gefühl verfliegtschnell wie<strong>de</strong>r. Die erwarteten Beschwer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Beinenbeginnen. sie werclen langsarn zurn Schnlerz. Ich fange an. <strong>de</strong>nSchmerz zu betrachten: er bleibt. aber rückt zugleich in Distanz,ist da. aber stiirt nicht mehr. Ich konlme zur Ruhe. das Bewuljtseinfblgt <strong>de</strong>m Atem. die Gedanken ziehen sich ein Stück zurück,sie sind zwar noch da. aber nicht mehr so autdringlich. manchmalnur noch wie SchattensPiele.Wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gong, langsame Rückkehr. SchlLrcken. die eingeschlaf'enenFüße massieren. Was ist geschehen in <strong>de</strong>r Meditation:wenig Bemerkbares. so scheint es: die mühsame Suche nach <strong>de</strong>r171


ichtigen Haltung. Dies ist freilich zugleich die Suche. besser:das Zulassen einer geordneten inneren Verfassung. Eine prägen<strong>de</strong>Erinnerung bleibt zurück und reicht ein Stück r'veit in <strong>de</strong>nTag hinein. aber keineswegs in <strong>de</strong>r Forrn erhabener Gefühle.vielmehr in <strong>de</strong>r Fähigkeit <strong>de</strong>r unbefangenen Wahrnehrnung. diebis ins scheinbar Banale ceht: Die Fruhstücksbr(itchen sindrundum ein Genuf.J..Riitte hat eine eigene Atmosphiire. das kleine Dorf licgt in einet'tiel'en N{ul<strong>de</strong>. die Hügel ringsurl lassen nur einen schnralenAusgang frei. Es gibt manche Danren. die rnit ctr.r'as verzückternAugenaufschlag von kosrnischen Gcfuhlen herichten. die sie hierspüren. Glücklicherw'eise sind solche Reaktionen seltcn. Unclwer danach sucht. wird r.r'ohl an viclcn Orten die Gelegenheit zueinern Vollbad irn Numinosen t'in<strong>de</strong>n. Die Realitiit (einschlieLllich<strong>de</strong>'ssen. was nran clas Nutninosc nerlnt) ist hlirter. Vieleje<strong>de</strong>nfalls. die nach Rütte korrrnen. geraten itt cinett itlnc-renProz-ef3. <strong>de</strong>r sie durchschüttelt und an dcssen gutern lincle sicnranchrnal zweif-eln. fast verzvn'eifelntitgen. Heintsuchung istein gutes \\krrt dafür. Und tler seltsanre Be griff Gnadc - erlebt alsHilf'e. wcnn vont eisenen Ego nichts nrehr ubrig ist als dieScherben - gewinnt für nranche neue Becletrtung. wirtl [-rlirhrung.Vielleicht haben manche. die von cler eigentLimlichen Wirkung<strong>de</strong>s Graf-cn Dürckheirr erziihlcn. nicht so unrecht. Wer sich aufdie Begegnung mit Rütte. rver sich aul'ihn eingelassen hat. fängtan" in seinen Büchern eine Melodie zu hi)ren und zLt verstehen.die ihrn vorher entgangen ist. L-:ntl n'er ihnr often br'llcgnct. rnagtatsaichlich so etwas spüren u ie Priisenz. Vielleicht nti.il.Jte Illan esnclch einfacher ausdrücken. \'orlt Dasein (fLir anclcre) reclen.vielleicht nur voln t'Selnt''172


A us cev'tihIte Pu bI ikuti one nDer Alltag als Übung. lbm W'e-c dcr Vcruandlung. Bcrn-Stuttgart-Wicn: Huber tl9il4. Durchbruch zunr \\tse'n. Bcrn-Stuttgart-Wien:Hubcr ilgt'1,5. - Erlcbnis und \Äiandlung. Glundl'ragen dcr Selbstfindung.Bern-München-Wien: Schcrz (O W. Bartht Erir' NcurLt:gahr'19U3. - Jaoan und dic Kultur <strong>de</strong>r Stillc. Bcrn-l\{ünchcn Wicn: Schclz(O. W. Barth) rl98l. Mcditrcrcn - \\'()ztl untl riic. Dic Wcndc zunlInitiatischcn. Frciburg i. Br.: Hcrclcr s 19t35. Vonr cloppcltcn Llrsprungdcs Mcnschcn. Frciburg i. Br.: Hcrdcr (Hcrdcr-tlüehclci 'l8o)"198-5-\\'undcrbarc Katzc. Bcrn-N4ünchcn-Wicn: Schcrz (O W. Ilarth)t I 9tt2.


Stanislav GrofTlanspersonale Psychologie - Holotrope Therapie,rfu^trd?ry


teilküste am Pazifik, dahinter Berge und Wildnis' auteinem Plateau ein blühen<strong>de</strong>r Garten ntit einer kleinenBuddha-Statue. ein Bergbach springt rnit einem Wassertällins Meer, niedrige Holzhäuser. heiße Schwef'elquellen' alteReclwoodbäume - das ist E,salen. Big Sur. Kalifirrnien. Vorunserer Ankunft hatte ein Erdrutsch die Küstenstralje zwischenSan Francisco und Los Angeles lahmgelegt. Monterey' dienächste Stadt, war nur noch durch einen vielstündigen Urnweg zuerreichen. Post gab es zweintal in <strong>de</strong>r Woche. iiftentliche Verkehrsrnittelüberhaupt nicht. Aber auch ohne L'rdrutsch es isteine eigene, eine beson<strong>de</strong>re Welt.Alclous Huxley. Maslow. Perls. Batestln und an<strong>de</strong>re' die nicht in<strong>de</strong>n üblichen Wissenschaftsbetrieb pal3ten. haben hier jahrelanggelebt. gearbeitet und zusamnten mit Gastdozenten auch CarlRogers war darunter ein wesentliches Stück <strong>de</strong>r humanistischenPsychologie geschafl'en. Die Esalen-Senlinare llurcn tmtner an<strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>ssen. was in <strong>de</strong>r Psychoszsl.ls ,'in. war. Mit <strong>de</strong>rnKörper zu arbeiten, um Psychisches zu beeinf'lussen' ist heutesehr mo<strong>de</strong>m. In Esalen machte nlan das imrner schon: Rtllfing-Massage, Bewegungstherapie ä la Fel<strong>de</strong>nkrais' Tai Chi. Träger.In <strong>de</strong>n wil<strong>de</strong>n sechziger und siebziger Jahren galt Esalen alsHochburg <strong>de</strong>r Gruppendynamik: Fritz Perls machte es zu einemwichtigen Zentrum <strong>de</strong>r Gestalttherapie. und neuerdings ist esMekka <strong>de</strong>r transpersonalen Psychologie. Das allemeueste sindPläne. hier eine Art Universität zu grLin<strong>de</strong>n. Eine straff-e Führungo<strong>de</strong>r auch nur eine einheitliche Linie gibt es kaunl' In Esalen wirdangeboten. wofür immer sich Interessenten fin<strong>de</strong>n. Zur Zetrreicht das Programm vom interdisziplinären Symposium zwi-175


schen renommierten Wissenschaftlent über theraper"rtische Veranstaltungenbis zu Erlebnisfähr-ten in die Wildnis. und es grbtsogar einen Kurs frir Heitncomputer.Wir sind zum Grof-Seminar gekomrlen."N'lorgenlandfahrt"angelockt von seinen Büchern rrit <strong>de</strong>rn To<strong>de</strong>" und"Begegnung<strong>de</strong>s Unbewuf.]ten.. einer Lanclkarte. die nicht nur"Topographieweit über <strong>de</strong>n Bcreich hinausgeht. cien Freud und seine Nachtblgerskizziert haben. son<strong>de</strong>rn auch die Paradignlen in Frage stellt.die seit Descartes und Newton als wissenschatilich gelten. Dasitzen wir nun. rnit 32 an<strong>de</strong>ren. auf Kissen auf <strong>de</strong>rn FulSbo<strong>de</strong>nStühle gibt es in E,salens Serninaträumenicht. Einige .jungeGesichter. aber auch viele in <strong>de</strong>r Midlil'e-Crisis o<strong>de</strong>r danach.Menschen aus Australien. Kanada. Brasilien. Skandinavien.England. cler Bun<strong>de</strong>srepublik und natürlich <strong>de</strong>n USA:die hell'en<strong>de</strong>nBeruf'e - Arzte. Psychologen. Theologen. Sozialarbciter.Krankenschwestern und Krankengyrnnal;tinnen - überwie-uen.Auch ein Rechtsanwalt. ein Schauspieler. ein Geschätismann irnRuhestand und ein Bhagwan-Anhänger sind dabei. Viele sincl inUnrbnrchsiluationen. übcrlegen sich lhre Scheiclung, einen Berufswechscl o<strong>de</strong>r das Aussteigen überhaupt.Uncl da kommen sie nun direkt von <strong>de</strong>r Konf'erenz <strong>de</strong>r InternationalenTranspersonalen Gesellschaft in Davos. rlit aber"jct-lag..noch ohne Gepäck. das unterwegs f'ehlgeleitet wur<strong>de</strong> - es scheint<strong>de</strong>r normale Lebensstil <strong>de</strong>r Vielgereisten -. Stanislav Cirof. grol3und massiv. ein slawischer Bär. ntit eigentünrlich durchdringen<strong>de</strong>n,dunkien Augen. und seine Frau Christina. fast ebenso grol.l.schlank - ein schijnes Paar. In nrühelosemr h'nglisch - er sprichtauch <strong>de</strong>utsch. russisch und französisch und hat ncben Latein undGriechisch auch Sanskrit studiert -- stellt <strong>de</strong>r gebürtige Tschechcsich vor. Im Anblick <strong>de</strong>r Prager Katheclrale religionslos aufgewachsen- die h,ltern waren von unterschiedlicher Konf-essionund wollten <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn eine eigene, unbeeinfluL]te Wahl errnöglichen- wollte er ei-centlich Conticstrip-Zeichner wer<strong>de</strong>n.Dann aber entschlolS er sich zu Nledizin. Psy'chiatrie und zu einerpsychoanalytischen Ausbildung bei <strong>de</strong>rn damals einzigen Analytikerin <strong>de</strong>r Tschechoslowakei. <strong>de</strong>r zunächst das Nazi-Regime176


und später die Restriktionen <strong>de</strong>r Kommunisten überstan<strong>de</strong>n hatteund sich damit brüstete. noch freudianischer als Freud zu sein.Grof erzählt mit Schau<strong>de</strong>rn von langen Seminarstun<strong>de</strong>n. die mitDebatten über die Frage zugebracht wur<strong>de</strong>n. ob man Patientendie Hand geben dürfe o<strong>de</strong>r nicht.Im Jahr 1954 fing er an. mit <strong>de</strong>m neuen Medikament LSD zuexperimentieren. Im Selbstversuch zunächst - es scheint in <strong>de</strong>rFamilie zu liegen. Sein jüngerer Bru<strong>de</strong>r. <strong>de</strong>r in Kanada einepsychiatrische Klinik leitet. probiert noch heute je<strong>de</strong>s Medikament.das er seinen Patienten verschreibt. erst an sich selbst aus.Stanislav Grof wur<strong>de</strong> schon bei seinem ersten Selbstversuch nlitLSD vieles klar, woran er in seiner psychoanall'tischen Lehrtherapielange vergeblich gearbeitet hatte.LJrsprünglich wollten Grof und an<strong>de</strong>re Forscher rnit diesen Versuchen<strong>de</strong>m Rätsel <strong>de</strong>r Schizophrenie näherkomnten. Bald stelltesich jedoch heraus. dal3 die Droge keine spezifische Wirkunghatte. son<strong>de</strong>rn verstärkte. u'as intnter in einent Individuum anpsychischen Prozessen vor sich ging. Damit war. wie Groferläutert, ein Forschungsinstrulnent für Psychisches gefun<strong>de</strong>n,vcrgleichbar <strong>de</strong>m Mikroskop <strong>de</strong>s Biologen. Mit diesem Instrunrentliel3 sich Verdrängtes und Vergessenes. ins Unbewul3teabgesunkenes biographisches Material erkennen. es irftnete aberauch <strong>de</strong>n Zugang zu BewulStseinsbereichen. die sonst nur nachjahrelanger Meditation o<strong>de</strong>r ähnliche Praktiken. wenn überhaupt,zugänglich sind. Und nicht nurdas: LSD nrachte auch eineintensive. therapeutische Behandlung mirglich.In <strong>de</strong>n ersten acht Jahren war diese Forschung ein c'insamesGeschäft: Grof stief3 auf Unglauben und Ablehnung, wenn er in'tKollegenkreis davon berichtete. und riskierte dabei seinen Rufals ernstzunehmen<strong>de</strong>r Psychiater. Mitte <strong>de</strong>r sechziger Jahre allerdingsgab es in Europa und <strong>de</strong>n LJSA viele LSD-Forschungszentren.Als Grof 1967 mit <strong>de</strong>n Ergebnissen von zehn Jahren Forschungsarbeitim Gepäck als Mrtarbeiter. später Leiter <strong>de</strong>sPsychiatrischen Forschungszentrums in Maryland, Baltimore, indie USA kam, begegnete er neuen Problemen: <strong>de</strong>m Schwarzmarkt-LSD.<strong>de</strong>r Drosen-Subkultur. <strong>de</strong>n Sensationsberichten171


über psychotische Zusammenbniche, Mor<strong>de</strong> und Selbstmor<strong>de</strong>unter unkontrolliertem LSD-Einfluß. Das war vtlllig an<strong>de</strong>rs als<strong>de</strong>r ärztliche Gebrauch unter kontrollierten Bedingungen, <strong>de</strong>nGrof gewohnt war.Das Maryland-Team arbeitete mit Alkoholikern. von <strong>de</strong>nen vieleerfolgreich therapiert wur<strong>de</strong>n und mit unheilbar"psyche<strong>de</strong>lisch"Krebskranken - daraus entstand Grofs rnenschlich bewegendstesBuch, >Die Begegnung mit <strong>de</strong>m Tod" Aber dann tlof3 das Geldfür diese Forschung spärlicher. und LSD wur<strong>de</strong> so diskreditiert.daß Arzte und Psychologen in <strong>de</strong>n USA und in Europa sich davondistanzierten. Nicht so Grof: er verteidigte <strong>de</strong>n kontrolliertenGebrauch von LSD auf Vortragsreisen und machte sich imBereich <strong>de</strong>r konservativen Psychiatrie und Psychoanalyse clan'ritentlgültig zuln AulSenseiter.Allein war er mit seinen Vorstellungen vorn verän<strong>de</strong>rten Bewu[3tseinallerdings längst nicht mehr. Zusantrnenlit Maslow. Sutichund an<strong>de</strong>ren begrün<strong>de</strong>t er eine neue. die Transpersonale Psychologieund wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gründungspräsi<strong>de</strong>nt ihrer internatitxalenGesellschafi. Und er fänd einen neuen Wohnsitz in Esalen. wo ereiner <strong>de</strong>r Direktoren ist. Ob Esalen. die USA. Heimat für ihnsind'l Eher ist <strong>de</strong>rTscheche Grof, <strong>de</strong>r nicht mehr in <strong>de</strong>n sowjetischenEinfluf3bereich zurückkehren kann. wohl zum Weltbürgergewor<strong>de</strong>n. Und Weltbürger ist er auch in seinen Anschauungen.Längst hat er verwandtes Denken nicht nur in <strong>de</strong>r f'ernöstlichenMystik, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>r >härtesten" aller Naturwissenschaf'-ten, <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Physik. gefun<strong>de</strong>n.So wenig man von <strong>de</strong>nt Europäer Grof über das Berufliche hinausvon seiner Lern- und Lei<strong>de</strong>nsgeschichte erfährt. so of'fen bekenntsich seine zweite Frau Christina. eine Arnerikanerin aus Honolulu,zu <strong>de</strong>r ihren. Was er aus LSD-Sitzungen kennt und beschreibt,scheint sie zuzeiten im Ailtag zu leben. Manches davonließe sich mit psychiatrischen Begriff'en fässen. In<strong>de</strong>s, ihr Mann,<strong>de</strong>r Psychiater, meint dazu: froh. daß Du das alles so erlebst,"Seian<strong>de</strong>re gehen dafür jahrelang in die Einö<strong>de</strong> und meditieren.< Sieist Yoga-Lehrerin, Schülerin <strong>de</strong>s Guru Swanri Muktananda. Stanund Christina Grof arbeiten eng zusammen und sagen nichtt78


ichwir


eine Art Neuanfang. So kam er zu ,<strong>de</strong>r aufwühlen<strong>de</strong>n Erkenntnis,daß <strong>de</strong>r Beginn <strong>de</strong>s Lebens und sein En<strong>de</strong> einan<strong>de</strong>r gleichsind,..Grof fand vier perinatale Phasen. vier Stadien <strong>de</strong>s Geburtsvorgangs.Die erste vor <strong>de</strong>m Einsetzen <strong>de</strong>r Geburt ist die Erfahrung<strong>de</strong>r Ureinheit mit <strong>de</strong>r Mutter. Wenn die Entwicklung ungestörtverläufi. eine Phase voll WohlgefLihl. ein paradiesischer Zustand'ozeanischer Ekstase., .Das än<strong>de</strong>rt srch in <strong>de</strong>r zweiten Phase. Die Gebürnlutter zieht sichzusammen, <strong>de</strong>r F(jtus rvird geprelSt. Mutter uncl Kind bereitensich gegenseitig Schmerzen. Der Mutterrnund ist nno exit. - ausweglos. In dcr dritten Phase ' clerVorwärtsbewegung durch <strong>de</strong>n Geburlskanal ste igern sichSchmerz und Angst über alles Vorstellbare hinaus. Der Muttermundist aber jetzt geöffnet. Der Fötus wird in einern ständig vonErsticken beclrohten Kampt unrs Überleben tlurch dcn Geburtskanalvorangetrieben. er begegnet Schleirrl. SchrveilJ. Blut. Urinund Kot. Psychische E,ntsprechungen sind hier revolutionäreDurchbrüche. sadomasochistische Elemente. auch starke sexuelleErregung. Religionen mit Bluttlpf'ern. schwarze Messen,Hexensabbat und Walpurtisnacht und die 'vulkanische Ekstase"gehören in diesen Bereich.ln <strong>de</strong>r vierlen Phase wird das Kind schlief.llich ausgestol.ien,erlebt trleichterung und Entspannung. tut <strong>de</strong>n ersten Atetnzug,die Nabelschnur wird durchtrennt und das synlbiotische Einsseinmit <strong>de</strong>r Mutter been<strong>de</strong>t. Auf <strong>de</strong>r symbolischen Ebene be<strong>de</strong>utetdies, daß auf <strong>de</strong>n äulSersten Tietpunkt Befieiung und Erlilsung,aber auch Trennung und Alleinsein fblgen. In gewisser Weiseüberschneiclet sich diese Phase mit <strong>de</strong>r ersten. Der ganze Prozefjwird oft als Tod und Wie<strong>de</strong>rauf'erstehung erlebt.Die Erfahrungen auf dieser Ebene schaffen laut Grof die Verbindungzur dritten, <strong>de</strong>r transzen<strong>de</strong>nten Dinlension. Das Bewußtseinüberschreitet nun die Grenzen <strong>de</strong>r Person in Fonn von Reisen inr80


Raum und Zeit. es reicht zurück in tiühere Entwicklungsstadienbis hin zur pflanzlichen o<strong>de</strong>r mineralischen Existenz. Grof sagt.wer sich als Pflanze erlebt habe. könne genau die Photosynthese<strong>de</strong>r Pflanzen beschreiben. auch wenn er vorher davon nichtsgewußt habe. Kollektive und rassische Erfahrungen gehörenebenso in diesen Bereich wie spiritistische und rnediale. Mankann Archetypischem int Sinne von C. G. Jung begegnen und. in<strong>de</strong>r höchsten Form. das BewulStsein <strong>de</strong>s universalen Geisteserfähren, wie es die grof3en Mystiker aller Zeiten und Religionenbeschreiben.Grof illustriert die Erfahrungen auf <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Ebenenmit einer stupen<strong>de</strong>n Fülle von Bildmaterial aus <strong>de</strong>n Religionenund rnagischen Gebriiuchen <strong>de</strong>r L,r<strong>de</strong>. Ebenso genül.ilich verweilter bei mittelaltcrlichen Hexen und dcr Walpurgisnacht wie irrthinduistischen Götterhimrnel. sch0pti aus al len nri)gl ichen I iterarischenund philosophischen Qucllen. würzt ntit Corniczeichnungenund vergleicht irnmer u'ie<strong>de</strong>r rrtit Erlebnisberichten vonLSD-Sitzungen.Urn <strong>de</strong>n Zugang zutn Unbervul3ten aulzuschlieLlen. verwen<strong>de</strong>tGrof heute eine an<strong>de</strong>re Metho<strong>de</strong>:"Breathing".intensives Atmen( Hyperventi lation ). Statt Erklärungen clie Schi l<strong>de</strong>rung eines-lei l-nehmers an einem sttlchen"Breathing":'Etwas nervös und ängstlich lie-rle ich in einer verdunkeltenHallc. neben mir sitzt mein ,Sitter,. Er soll aufpassen. dal3 ich aul'<strong>de</strong>r Matte bleibe, soll Sichcrheit vermitteln. In einigern Abstandsitzen und liegen die an<strong>de</strong>ren Gruppennritglie<strong>de</strong>r. Christina Grofleitet zur Entspannung an: Und nun schlielJen Sie clie Augen,atmen tief und schnell - bis dahin ist es nicht schwierig. Aberdann stürzt aus <strong>de</strong>n Lautsprechern Musik, aufreizend. hektisch.hysterisch. Ich atme weiter. tief und schnell. höre nach einerWeile Stöhnen und Schreien. kann nicht unterschei<strong>de</strong>n, ob diesdie an<strong>de</strong>ren Gruppennritglie<strong>de</strong>r sind o<strong>de</strong>r das Tonbancl. Als meinUnbehagen 1äst unerlräglich wird. rolle ich mich u'ie ein Embryozusammen und * fühle mich auf einn.ral sicher. fiiecllich undheiter wie im Mutterschoß o<strong>de</strong>r eher im Zentrurn eines Hurri-181


kans, <strong>de</strong>nn um mich herum ist die Hölle los. HieronymusBoschs Dämonen tanzen mit <strong>de</strong>nen vom tibetanischen Totenbuch.drohen, quälen, martem. Irgendwie ist das auch meineQual, meine Aggression. Und doch fühle ich mich geborgen.Später fangen meine Hän<strong>de</strong> und Füße an. angenehm zu kribbeln,als ob ein Bergbach in meinen A<strong>de</strong>rn spru<strong>de</strong>lte' Nun binich in <strong>de</strong>r Musik o<strong>de</strong>r die Musik in mir. Bil<strong>de</strong>r einer sehrlebendigen, indischen Stadt ziehen vtlrbei. ein Tempeldistriktmit rituellem Tanz. Ich bin dieser Tanz' fin<strong>de</strong> immer neueBewegungen, bin glücklich. Und ich versuche. etwas von diesemFrie<strong>de</strong>n. dieser Freu<strong>de</strong> meinen stiihnen<strong>de</strong>n Nachbarn mitzuteilen.Manchmal hört das Stiihnen dann auf. Zum Schlußsehe ich mich mit <strong>de</strong>r Gruppe in einem stlnnenbeschienenenFrühlingswald.">Breathing", Hyperventilation. verän<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Sauerstoffgehaltim Körper. Das Unbehagen am Anfang ist dabei häufig. dieUberwindung immer wie<strong>de</strong>r ähnlich: nicht dagegen ankämpf-en,loslassen, geschehen lassen. Grof geht es darum. die Energienfließen zu lassen.Einige Teilnehmer liegen zunächst mit verkrarnpfi verdrehtenHän<strong>de</strong>n. an<strong>de</strong>ren schüttelt diese Energie <strong>de</strong>n Sanzen Köryerdurch. Manche sind in dieser Verfassuns wesentlich gewandterund stärker als in ihrem normalen Bewuf.]tseinszustand. Mitgenommenist nach <strong>de</strong>n ein bis zwei Stun<strong>de</strong>n (man kann nachBelieben aufhören) fäst je<strong>de</strong>r. mü<strong>de</strong> eigentlich niemand'Die Erfahrungen sind vielgestaltig: Einer Teilnehrnerin, dieeinen Hang zu Süßigkeiten hat. erscheint ein freundlicher Sarotti-Mohrmit einer Schale voll Pralinen; einer träumt. wie erauf einer mittelalterlichen englischen Dorfwiese zum Tanz aufspielt,und er geigt wie verrückt: einer sieht sich als Sperma imWettlauf zum Ei als triumphieren<strong>de</strong>r Sieger: ein Priester erlebtdas Lei<strong>de</strong>n Christi.Durch Geburts- und To<strong>de</strong>sschmerzen gehen viele. Die Esalen-Atmosphäre. die Gruppe. die Vorrräge. die Aterntechnik, dieMusik - es wirkt wohl alles zusanmen, um diese Erlebnisse182


zustan<strong>de</strong>zubringen. Als bloße Suggestion kann man sie wohlnicht abtun, dafür sind sie zu unterschiedlich. zu persönlich.Während <strong>de</strong>r >Breathings,, sind die Grofs dabei, helfen, vorallem gegen En<strong>de</strong>, die Situation aufzulösen. Wo etwa Schmerz.Hoffnungslosigkeit wie ein Alpdruck auf <strong>de</strong>r Brust liegen, verstärkensie diesen Druck oft und provozieren so <strong>de</strong>n Aufschrei,das Aufbäumen - die Entladung. Stanislav Grof hat einen sechstenSinn dafür, wann und wie er gebraucht wird.Sein therapeutisches Konzept'? Am besten läf3t es sich an <strong>de</strong>mRatschlag exemplifizieren, <strong>de</strong>n er einem Teilnehmer gab, <strong>de</strong>rsich als angepaßt und wenig kreativ beschrieb und <strong>de</strong>m beimBreathing sein strenges Sauberkeitstraining als Kleinkind in dieQuere gekornmen war. Er konnte nicht loslassen. Grofs Rat:beim nächsten Breathing - mit entsprechen<strong>de</strong>n Vrrkehrungen -sich gehenzulassen, sich nicht um die Kontrolle <strong>de</strong>r Harnblase zukümmern. Aus eigener E,rfahrung wisse er, wieviel ungehenlmterman hinterher re<strong>de</strong>n und schreiben könneWas hier am drastischen Beispiel erkennbar wird. bringt Grof auf<strong>de</strong>n Begnff: ,Man wird Aggressionen los. in<strong>de</strong>m rnan Aggressionendurchlebt, Versagen los. in<strong>de</strong>m man Versagen durchlebt.Depressionen los, in<strong>de</strong>m man Depressionen durchlebt." Abreaktionist ein wichtiges Wcrrt in Grofs therapeutischem Vokabular.Und mit einem Seitenhieb auf manche seiner Kollegen meint er:"Esist wirklich entn-rutigend für Psychotherapeuten. für diehelfen<strong>de</strong>n Berufe überhaupt. zu sehen, wie die Leute sich heilenkünnen. ohne viel äußere Hilf'e." Was man vor allem brauche:eine fieundliche, unterstützen<strong>de</strong> Urngebung und keine Be- o<strong>de</strong>rVerurteilung. Tolerantes Akzeptieren wird grof3geschrieben.Und dies ist wohl das Eindrucksvollste an <strong>de</strong>r Grofschen Therapie,wievrel hier zugelassen und damit bearbeitbar wird.Es ist gut. dal3 bei all <strong>de</strong>m Jack Komfield dabei ist. ein amerikanischerJu<strong>de</strong> und ordinierter buddhistischer Miinch, ein knochendünnerAsket. <strong>de</strong>nkbar gröl3ter Gegensat zu seinem genußfieudigenFreund Grof, <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Ruf <strong>de</strong>s ,transzen<strong>de</strong>ntalen Hedonisten(anhängt. Jack kümmert sich um alle. Und wenn er mit183


gekreuzten Beinen und funkeln<strong>de</strong>n Augen seine Geschichtenerzählt, versetzt er die Gruppe in Tausendun<strong>de</strong>ine Nacht: "Denunglaublichen Mullah Nasruddin bat sein Nachbar. ihm seinenEsel für einen Gang zum Markt zu leihen. Der Esel sei in an<strong>de</strong>renGeschäften fort. meint Nasruddin. Da tönt es aus <strong>de</strong>m Stall 'iah,.Vom Nachbarn zur Re<strong>de</strong> gestellt. brüllt Nasruddin: ,Glaubst Du<strong>de</strong>m Nasruddin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rn E,sel'1," Angesichts all <strong>de</strong>r Erstaunlichkeitenin Esalen rät Jack. <strong>de</strong>m Esel zu glauben.Jack lehrt die Weisheit <strong>de</strong>s Buddha. die nicht Wissen und Machtist. sonclern das Glück <strong>de</strong>s inneren Frie<strong>de</strong>ns. bei <strong>de</strong>m kein ach sowichtiges Ego mehr zu schützen. nichts zu gewinnen und nichtszu verlieren ist. Wir kreuzen unsere wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n abendländischenKnochen zum Meditatitlnssitz: komnlen, nitlrnl es"Lallwahr. lafJ es gehen. gehe sanft zum Atem zurück. - so sclllen wirmit Gedanken und Bil<strong>de</strong>rn. Wünschen und Schrr.rerzen. mit Haf.lund Liebe umgehen.Leben heilJt Leiclen für Buddhisten. und <strong>de</strong>m I-ei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n gebührtMitgefühl. jungerMann aus gutem Hause". soerzrihltJack,"E,in>kommt zum Abt eines Klosters und will das Dharrna. dieWahrheit, kennenlernen. schnell. - Das ist schwierig. rneint <strong>de</strong>rAbt, was kannst Du <strong>de</strong>nn'.) Der junge Mann. <strong>de</strong>r bislang sichseines Daseins freute und nichts -eelernt hat. meint. er ki)nneimmerhin Schach spielen. Der Abt läLlt einen Mönch kommenund mit ihm spielen. Wer verliert. muLl sterben. Die bei<strong>de</strong>nspielen mit äuf3erster Konzentration. und das wechseln<strong>de</strong> Glückneigt sich schließlich <strong>de</strong>m.iungen Mann zu. Er blickt auf'' siehtdie abgearbeiteten Hün<strong>de</strong> <strong>de</strong>s alten Mönchs und sein gutesGesicht und - schenkt ihm <strong>de</strong>n Sieg. Und <strong>de</strong>r Abt schenkt ihn'r. erhat seine Lektion gelernt. das Leben."Jack wird abgelöst vttn einem tibetischen Lama. <strong>de</strong>r spiit abenclsin tiefstem Bal3 die Gesänge zelebriert. die <strong>de</strong>n Toten im Jenseits<strong>de</strong>n richtigen Weg weisen. Schmerzvoll sitzen wir wie<strong>de</strong>r inrMeditationssitz; vor <strong>de</strong>n geöffheten Fenstern kommen und gehendie Pazifikwellen. Eine Anweisung zum richtigen Leben sei, waser singt, meint <strong>de</strong>r Lama. mehr als eine zum richtigen Sterben.Die Dämonen <strong>de</strong>r Hiille. das Böse dieser Welt. sind nichts als184


Projektionen unseres egoistischen Denkens und Seins. Loslassen- so lautet auch seine Bot-schaft.Grof selbst liegen die hinduistischen Religionsfbrmen wohl näherals die buddhistischen. Beson<strong>de</strong>rs u'ichtig sind ihm dietantrischen Systeme - sie fin<strong>de</strong>n sich sowohl irn Hinduismus wieim Buddhismus. Das Ktlnzept <strong>de</strong>r Kundalinikraft dort ist <strong>de</strong>mEnergiebegriff Grofs sehr nahe. Kuncialini - im C)sten als eine inje<strong>de</strong>m Menschen schlummern<strong>de</strong> Schlange synlbolisiert - kanndurch Yoga o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Übungen geweckt rver<strong>de</strong>n. N'lanchmalgeschieht das unerwartet. explosiv. nicht ohne gesundheitlicheRisiken. Diese innere Krafi weckt die höheren BewulJtseins.die Chakras. zunt Leben. Tantra ist ein Kult" in <strong>de</strong>m"Organe"weibliche Gottheiten eine -uro[3e Rolle spielen. Die rituelle Vereinigungvon Shiva und Shakti. von nlännlichem. reinen Bewufitseinmit weiblicher. reiner Energie. äffnet clen Weg zttrTranszen<strong>de</strong>nz.So unterschiedlich und vielgestaltig die östlichcn Religionssystemesincl. so haben sie eins gemcinsanl - übrigens auch nlit <strong>de</strong>rabendlänclischen Mystik: die direkte. persi)nliche. nicht intellektuelleErfahrung einer an<strong>de</strong>ren Wirklichkeit. Die Hinclus nennensie Brahman. clie Bucldhisten Dharma o<strong>de</strong>r Tao. bei <strong>de</strong>n Christenist es die Ert'ahrung Gottes. Crot'beschrcibt clieses l-etzte. dieUreinheit. im Bil<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ozeans, aus <strong>de</strong>nl alles komrnt und in <strong>de</strong>nalles zurückkehrt. In dieser Einheit liisen sich letzten En<strong>de</strong>s auchalle Gegensätze auf - eine schwierige Vorstellung für abendlündischesDenken. Durch eben dieses gegenständliche. oblektiveDenken. so lehrt östliche Weisheit. wer<strong>de</strong>n cliese Gegensätzersterschaffbn: Um Schönheit zu erkennen' brauchen wir das Häßliche.um das Gute zu <strong>de</strong>nken und zu tun. das Biise: Gervinnenund Verlieren. Licht und Dunkelheit sind zwei Seiten <strong>de</strong>sselbenPhänomens. Auch Raum und Zeit sind begrenzte Konzepte. diesich auf höherer Ebene vereinigen lassen. Sogar Leere undForm sind zwei Aspekte <strong>de</strong>rselben Realität. die im stetigenWan<strong>de</strong>l ist: Shiva. cler tanzen<strong>de</strong> Gott. schafti und zerstiirt dieWelt. Es ist eine Welt, an <strong>de</strong>ren Ganzheit je<strong>de</strong>r Mensch. je<strong>de</strong>sDing terlhat. In clen Ve<strong>de</strong>n heif3t es: "lmllimmel Indras gibt esr85


ein Perlennetz. sieht man eine Perle an, so spiegeln sich allean<strong>de</strong>ren darin. Und so ist je<strong>de</strong>s Ding in dieser Welt nicht nures selbst, son<strong>de</strong>rn beschließt alle an<strong>de</strong>ren Dinge in sich, istalles an<strong>de</strong>re..,Frappierend ähnlich schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Physiker Capra das Weltbild<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Naturwissenschaft. wie es sich für ihn aus Relativitätstheorie,Quanten- und Astrophysik ergibt. Sein Gedankengang:das Universum ist nicht. wie in <strong>de</strong>r traditionellenNaturwissenschaft. die auf Descartes und Newton zurückgeht,eine Art Maschine. <strong>de</strong>ren Teile mechanisch auf-einan<strong>de</strong>r einwirken,son<strong>de</strong>rn unteilbares. dynamisches Ganzes. Nach Heisenbergsgibt es keine Teile. die nicht mit <strong>de</strong>m"Weltformel"Ganzen verkoppelt und vernetzt wären. Die Kategorien vonRaum und Zeit. Materie und Energie verschwirnlnen. Das BewulStsein<strong>de</strong>s experimentieren<strong>de</strong>n Beobachters spielt eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>Rolle. Ja. das Universum wird zu einem Gewebedynamisch untereinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>ner Geschehnisse, <strong>de</strong>ren L,igenschaftenwesentlich von unseren Beobachtungsmetho<strong>de</strong>nabhängen. gewissermaßen Spiegelungen <strong>de</strong>r Strukturen unseresBewuf3tseins sind. In diesem Weltbild fin<strong>de</strong>n die indische Philosophiewie die Mona<strong>de</strong>nlehre Leibniz' ihren Platz und auchGrof.Ihn fasziniert eine technische Neuheit. die Holographie - einphotographisches Verfahren, das eine ungew(ihnliche Speicherkapazitätfür Informationen erlaubt. Das Interessanteste fürGrof ist dabei, daß je<strong>de</strong>s Bildteilchen die Intbrmation über dieganze trägt. etwas unschärf-er und verwaschener"Gestalt(zwar, aber genauso abrufbar wie vttm ganzen Bild. Ahnlichstellt sich Grof die Speicherung im menschlichen Bewul3tseinvor. Auch dieses Bewußtsein weilS vom "Ganzen".allerdingsmuß dieses Wissen zugänglich gemacht wer<strong>de</strong>n.Für Grof bieten diese Denkmo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>n BegrifTsrahmen türviele sonst unerklärliche Beobachtungen seiner Forschung.Jungsche Archetypen. platonische ,l<strong>de</strong>en. könnten als Muster<strong>de</strong>m universalen Bewußtsein eingeu'ebt sein. Räumliche undzeitliche Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s Bewußtseins. übersinnliche Wahr-186


nehmung, spirituelles Heilen lassen sich in diesem Denkmo<strong>de</strong>llbegreifen.Spirituelles Heilen führt in Esalen Don Josd vor. Huichol-Indianer und Schamane wie aus Castanedas Büchern entsprungen.Hun<strong>de</strong>rtundsechs Jahre sei er alt, heißt es. in malerischbestickter Kleidung sitzt er auf leuchtend bunten indianischenDecken. Mit 69 habe er seine Berufung gespürt. nach<strong>de</strong>m erzuvor lange. einsame Jahre verbracht hatte. bis ihm in Trance einTiergeist erschien, <strong>de</strong>r ihn lehrre. mit Vater Sonne und MutterErtle. Großvater Ozean und Grol]mutter Feuer zu re<strong>de</strong>n. Er istkatholisch. aber Christus ist für ihn Huichol aus Mexiccr"einCity". Abends sitzt Grof an <strong>de</strong>r Trommel. wir an<strong>de</strong>ren schwingenRasseln und tanzen ums Feuer. Mit dieser Begleitung versöhntDon Jos6 in Esalen Er<strong>de</strong> und Ozean. die über <strong>de</strong>n Raubbau<strong>de</strong>r Menschen böse sind.Zum SchlulJ. es ist fast Mitternacht, macht er eine Heilungszeremonie.streicht mit Fe<strong>de</strong>rn über Verletztes. saugt Krankheitenaus und spuckt sie mit Abscheu in ein Gefä|.}. Obwohl erzwischendurch Witze rnacht. habe ich noch nie einen europliischenArzt so konzentriert und voller Mitgefühl erlebt.Schliel3lich kommt, gar nicht exotisch. vielleicht <strong>de</strong>r erstaunlichsteGast: Ann Armstrong, >psychic"' Hellseherin. Eine zartgliedrigeFrau um die sechzig. Möglich' clalS sie einmal war, wasntan eine rSouthern Belle" nennt. Inzwischen hat sie einenlangen Weg am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r PsYchose und <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s zurückgelegt.einen Weg. von <strong>de</strong>m sie erzählt, daf.l er sie auch zur Wahrnehmungvon Ereignissen und Wesen führte' die <strong>de</strong>n'r normalenBewulStsein fiemd sind. Immer wie<strong>de</strong>r betont sie' wie wichtig essei. sich in dieser an<strong>de</strong>ren Welt als eigenständiges Wesen zubehaupten, wie wichtig auch moralisches Denken. moralischesVerhalten.Und sie versteht sich auf Menschen. Über einzelne Gruppenmitglie<strong>de</strong>ro<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren abu'esen<strong>de</strong> Familienangehörige sagt sie fiappierendGenaues, ohne daß man ihr davon erzählt hätte. In<strong>de</strong>s.sie erhebt keinen Monopolanspruch. Unter ihrer Anleitung übenwir paarweise hellsehen. Ich nenne meiner Partnerin Namen undr87


Wohnort einer Person. an die ich <strong>de</strong>nke. Sie schließt die Augen,und ich frage nach einer Liste - neutral und ohne zuerkennen zu geben, was ich von ihren Antwoften halte -. wiedieser Mensch aussieht. geht. steht. wohnt. was für ein Autoer fährt. welchen Beruf er hat und welche Krankheiten. Siebeschreibt sehr <strong>de</strong>tailliert und anschaulich einen älteren Mann:er hatte nur lei<strong>de</strong>r keinerlei Ahnlichkeit mit meinem Sohn. an<strong>de</strong>n ich gedacht hatte.Umgekehrt war sie mit nrir freundlicher und gab nrit einemerstaunten Ausruf zu erkennen. dal3 ich's getroft'en hatte. alsich das erste Bild eines Menschen, das mir vor clie geschlossenenAugen kam. mutig beschrieb. Der Rest war clann leicht.Den Vogel schof3 jedoch ein englischer Psychiater ab. SeinePartnerin hatte sich ihre todkranke Mutter vorsestellt. Erwur<strong>de</strong> plötzlich diese Mutter, frihltc ihre Schmerzcn und Sorgen.und die bei<strong>de</strong>n hatten ein Gespriich nriteinan<strong>de</strong>r. wie esechter und intensivereal nicht hätte sein kiinnen.Die Grofs haben als Anwendun-r ihrer Erfuhrung SEN (SpiritualEn'rergency Network) gegrün<strong>de</strong>t. eine Hill'sorganisation fürMenschen. <strong>de</strong>ren spirituelle Entu'icklung sie in Bereiche führt.clie normalerweise als ps1'chotisch gelten. Fiir die Grofs istPsychose <strong>de</strong>s Hel<strong>de</strong>n in die Unterwelt.. w'ie ihn cler"WegMythologe Joseph Campbell ("Der Heros in tausend Gestalten")beschreibt. Statt einen solchen Weg meclikamentiis zuverhin<strong>de</strong>rn. wie es in cler Psy'chiatrie üblicher'"veise geschieht,soll <strong>de</strong>r ihn in verständnisvoller Llntgebung durchstehenund bewältigen. ähnlich wic Indianer ihre Initiation"Held"zunlSchamanen.Zusammenfassend skizziert Grof das neue Weltbild: Der Kosmosbesteht nicht. wie wir zu <strong>de</strong>nken gervohnt sincl. aus unbelebterMaterie. die nach Jahrmilliar<strong>de</strong>n irgendwann einmal>zufällig" Leben hen'orbrachte. woraus u'ie<strong>de</strong>rurn in Jahrmillionen>zufällig" Bewußtsein als ausschlief.llich menschlichesVermögen entstand. Bewußtsein ist vielrnehr untgekehrt dasPrimäre. es schaffi alles und durchdringt alles: auch ein Steinr88


hat in diesem Sinne Bewußtsein. Und wir sind sehr wörtlich>Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mutter Er<strong>de</strong>,..Mit dieser neuen Weltsicht. <strong>de</strong>m neuen Paradigma. liegt Grof aufähnlicher Linie wie <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong>zeitautor Capra o<strong>de</strong>r die Publizistin<strong>de</strong>r VerschwtjrunS", Marilyn Ferguson. Er i<strong>de</strong>ntifiziertsich jedoch nicht rnit <strong>de</strong>r ganzen 'New Ase


<strong>de</strong>n Armen. Dann, nach langem inneren Kampf, legt sie esfreiwillig auf einen Altar zurück . Zwei Tage später erlebt sie in<strong>de</strong>r zweiten Sitzung ihre kleine Tochter als schöne junge Frau.Und diesrnal ist es umgekehrt: die Tbchter hält sie. Und diesesGefühl, gehalten, getragen zu sein - sie hat es bei ihrer Mutter nieerlebt -, ist ihr geblieben.Aus pev,ähh e Pub I i kuti one rtTopographie <strong>de</strong>s UnbcwufSten. LSD im Dicnst dcr tict'cnpsychologischenForschung. (Engl. 1975) Stuttgart: Klctt/Cottarl9tl3. - Grof. S.1Halifax. J.:Dic Bcgegnung mit dcm Tod. (Engl. l9771Stuttgaft:Klctt/Cotta 1980. - LSD-Psychothcrapic. (Engl. l9tt0) Stuttgaft: KlcttiCottal9i't3. Grof. S. u. C.:Jcnscits dcs Todcs. An dcn Trrrcn dcs Bcwuljtscins.(Engl. l9il0) Münchcn: K(jscl l9tl.1. - Gcburt. Ttrd und Transzcndcnz.Ncuc Dimcnsioncn in dcr Psy'cholosic. Münchcn: Kiiscl 1985. -Altc Wcishcit und modcrncs Dcnkcn. Spiritucllc Traclitioncn in Ost undWest irn Dialog mit dcr ncucn Wissenschati. (Engl.l9ll.1) München:Krjscl 1986. - Das Abcntcucr dcr Sclbstcntdcckultg. Hcilung clurchvcrändcftc BcwufStseinszustlindc. Ein Lcitl'adcn. Münchcn: Küscl| 987.


Hilarion PetzoldIntegrative TherapieL h,^f191


s gibt Menschen. <strong>de</strong>ren Leben sich in einer einzigen,exemplarischen Situation <strong>de</strong>m Verständnis erschliefit. HilarionPetzold gehört nicht zu ihnen. Da ist nicht das eineBild, in <strong>de</strong>m er sich begreif'en ließe. viele Bil<strong>de</strong>rdrängen sich auf.Der Zauberer, <strong>de</strong>r scheinbar ganz intuitiv mit wenigen Interventioner.rgenau die Szene hervorrult, die einen Menschen Iangcbedrängt und gelähnrt hat. Er fin<strong>de</strong>t sie mit natürlicher Eleganz.wie die Katze eine Maus fängt. und erklärt nichl ganz ohneschnurren<strong>de</strong>s Behagen. wie er das gemacht hat - lege artisnatürlich, in strikter Anwendung eines lehrbaren therapeutischenVertahrens.Der Dozent, <strong>de</strong>n ein hingeworf-enes Stichwort in lange unddruckreif'e Exkursionen lockt - etwa über die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>sRitus in <strong>de</strong>r Psychotherapie ("Wir suchen neue Formen für das,was in alten Kulturen nach vorgegebenem N'luster ablief


Der Zugewandte, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Schmerz, <strong>de</strong>r im Gewahrwer<strong>de</strong>n alterWun<strong>de</strong>n aufbricht, nachfühit, als wäre er sein eigener, <strong>de</strong>r miteiner fast unmerklichen Handbewegung zeigt: ich bin für dich da,und <strong>de</strong>ssen Gesicht an das einer Mutter erinnert, die über ihrkrankes Kind gebeugt ist.Der Kumpel, <strong>de</strong>r sich von uns in voller Montur ins Wasser werfenläßt (genauer: <strong>de</strong>m StolS durch einen Hechtsprung zuvorkommt)und mit trief'en<strong>de</strong>n Hosenbeinen, Salzwasser im rötlichen Bart,<strong>de</strong>m Meerentsteigt: Neptun auf Landgang. Und auch <strong>de</strong>r Distanzierte,<strong>de</strong>r vereinnahmen<strong>de</strong>r Kamera<strong>de</strong>rie ganz undramatisch,aber fühlbar Grenzen setzt.Viele Rollen, auch viele Interessen. Die Liste <strong>de</strong>r Veröff'entlichungen<strong>de</strong>s 42jährigen (sie umfaßt zehn eng bedruckte Seiten)läßt zwar Schwerpunkte erkennen - Gestaltarbeit. Körpenherapie,Psychodrama, Arbeit mit alten Menschen -, aber sie istzugleich auch ein Gang durch viele Landschaften. Und am Ran<strong>de</strong>taucht auch scheinbar Kurioses auf: "Frühjahrsklauenpflege",,rBemerkungen zur Erforschung <strong>de</strong>r altserbischen Kirchenmusik,.o<strong>de</strong>r ein Aufsatz über Kunst <strong>de</strong>r Naiven,,."DiePetzold hat dreimal promoviert, als 24jähriger in Paris als Theologe(über Spezialprobleme im orthodoxen Eherecht), drei Jahrespäter ( l97l ) in Philosophie und Psychologie bei Gabriel Marcel("Eschatologie und Anthropologie aus <strong>de</strong>r Sicht ostkirchlicherRehgionsphilosophre und -psychologie"), und schlielJlich 1975in Heil- und Son<strong>de</strong>rpädagogik an <strong>de</strong>r Universität Frankfurt. Er istProfessor für klinische Bewegungstherapie und Psychomotorikan <strong>de</strong>r Freien Universität Amsterdam, hat Lehraufträge an <strong>de</strong>nUniversitätenGraz. Frankfurt und Bern und leitet das Fritz-Perls-Institut, eine <strong>de</strong>r großen Ausbildungsstätten für Therapeuten inDeutschland. Er spricht ,racht o<strong>de</strong>r neun SprachenAlle Psychotherapeuten< . erklärt er, ,die großen wie die kleinen,versuchen in <strong>de</strong>m Verfahren. das sie wählen o<strong>de</strong>r entwickeln, einStück ihres eigenen Lebens, ihrer Lebensgeschichte auszudrükkenund zu bewältigen." Bei Petzold - in so vielen Rollengerecht, mit so weitgespannten Interessen, an so vielen Oftenr93


lehrend und lernend - Ieuchtet dieser Gedanke unmittelbar ein.Integration lautet das Schlüsselwort für seine Lebensbewältigung,und nicht zufälhg nennt er sein Verfahren >lntegrativeTherapie".Schon die Familie hat <strong>de</strong>m jungen Hilarion eine ganz ansehnlicheAusstattung mitgegeben. Der Vater - die Familie' die von<strong>de</strong>utschen Siedlern abstammt, kommt aus RufJland und Polen -war Saatgutexperte und hat sich viel nrit naturwissenschaftlichenFragen beschäftigt."Mein Vater ging fast je<strong>de</strong>s Wochenen<strong>de</strong> mituns durch die Natur und erklärte uns Pflanzen und Tiere - mitneun. zehn Jahren hatten wir das draul'." Die Mutter. eineDüsseldorf'erin, ist mit <strong>de</strong>r Musik. mit <strong>de</strong>nl Theater autgewachsen.stand selber auf <strong>de</strong>r Bühne. Von klein aut'wur<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rlagebüchergeführt. in Reirnen abgelallt und illustriert. Mit Vctternund Basen wur<strong>de</strong> Theater gespielt. wur<strong>de</strong>n Puppenstücke aufgeführt,rnit selbstverfaßten Texten natürlich und rnit selbstgebastelten Puppen.Nicht nur zum eigenen Vergnügen, obwohl auch dies ganzbeträchtlich gewesen sein rnul3. Die Mutter gab da ein Beispielhat im Zweiten Weltkrieg als Rote-Kreuz-Schwester"Sie fürSchwerkranke und Sterben<strong>de</strong> Gedichte geschrieben' auch zusammenmit ihnen. Sie hat ihnen vorgelesen und sie ermutigt,sich ihr Leid von <strong>de</strong>r Seele zu schreiben." Die Kin<strong>de</strong>r clerGroßfamilie zogen in Altersheinre und spielten r.nit Verwandtenund für sie. Therapie für alte Leute - rnit Poesie. Puppenspiel'Geschichtenschreiben - ist später ein wichtiges Feld <strong>de</strong>r IntegrativenTherapie gewor<strong>de</strong>n. sehr präzise ausgearbeitet' nach kritisch-wissenschatilicherDurchmusterung aller an<strong>de</strong>ren Benrtihungenauf diesem Gebiet. Und die Begleitung Sterben<strong>de</strong>r istvielleicht das anrührendste Beispiel <strong>de</strong>r therapeutischen ArbeitPetzolds. Sie geschieht ja in einem schwierigen Grenzbereich'wo es nicht mehr um das übliche Heilen und Wachsenkiinnengeht, son<strong>de</strong>rn ums Trösten und Abschiednehmen. Mit eleganterTechnik allein kann hier kein Therapeut bestehen.Von cler Vaterseite hat Hilarion Petzold neben <strong>de</strong>m Interesse fürNaturwissenschaft noch etwas an<strong>de</strong>res, Wichtiges mitbekommen194


- von <strong>de</strong>n alten Leuten aus <strong>de</strong>m Osten. <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Vaters,<strong>de</strong>n Großonkeln und GrolJtanten. die nach <strong>de</strong>r russischen Revolutionund zwischen <strong>de</strong>n Kriegen nach Deutschland zurückgekehnwaren. schwermütige. nach innen gekehrte Menschen.die sehr fromm waren


In Paris formt sich die philosophische und anthropologischeGrundüberzeugung Petzolds. Sie entfaltet sich an <strong>de</strong>m Begriff>Leiblichkeitabgründige Zwei<strong>de</strong>utigkeit <strong>de</strong>s Menschen


are praktische Be<strong>de</strong>utung. Krankheit entsteht dort, wo dieseBeziehungen gestört sind. Und auch die Rolle <strong>de</strong>s Arztes wirddadurch bestimmt. Zu <strong>de</strong>ssen Selbstverständnis nluß es gehören,so fbr<strong>de</strong>rt Marcel. all seinen diagnostischen Ret-lexionen"daßund therapeutischen Anstrengungen ein spontanes Gewahrwer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Menschen voraus- und zugrun<strong>de</strong>liegt. . . Ausdieser Teilnahme, dieser Fähigkeit. sich auf <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren rückhaltloseinzulassen und sich irn Mitsein mit ihm zu ent<strong>de</strong>cken:daraus ergibt sich alles ärztliche Tun.. Therapeuten sprechen vonEmpathie; sie ist die Grundvoraussetzung ihrer Arbeit.Wie aber sieht Empathie aus. was wird da gespürt'? Eine Antwortdarauf f in<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wahrnehmung <strong>de</strong>s"PhänomenologieKieler Philosophen Hermann Schmitz. auf <strong>de</strong>n sich Petzoldberufi. Im Grun<strong>de</strong>lement <strong>de</strong>r Wahrnehnrung. so erkenntSchmitz. 1lie13t vieles zusamrnen: vollsinnige Mensch"Je<strong>de</strong>rnimmt Dunkelheit. Stille. leeren Raum. Zeit, Atmosphäre, Sachverhalteund Situationen nicht weniger wahr als Farben. Geräuscheund Bewegungen." Stille zunt Beispiel hat Weite. Gewicht,Dichte ; es gibt brüten<strong>de</strong> Mittagsstille, zarte Morgensti I le. friedl i-che Abendstille. lärmen<strong>de</strong> und f'cierliche Stille . . . "DerFeinfühligenimmt ofi unter Menschen und Dingen leicht und <strong>de</strong>utlichwahr. ,was los ist, (eine ganze Situation). ehe er auf Farben undGeräusche und <strong>de</strong>rgleichen achtet..Solche nicht gera<strong>de</strong> selbstverständlichelrilSt an"Feinspürigkeit


Therapie - so: >Es müht sich das Stakkato dürrer Worte, rascheln<strong>de</strong>rChiffren, die sich aus zusammengekniffenen Mün<strong>de</strong>rn,aus welken Lippen von Re,uierungssprechern. Komrnentatoren,Beschwichtigern hervordrehen. dichter und dichter, umkeine Lücke aufkommen zu lassen. keine Pause. keine Stille. indie sich <strong>de</strong>r Schrei hineindrängen kann. raumgreifend. aushöhlend.alle Dämme brechend. Je f-einer <strong>de</strong>r Film <strong>de</strong>r Worte dieOberfläche be<strong>de</strong>ckt. .1e dichter das Sprachgewebe <strong>de</strong>r Vernunfigezogen ist, <strong>de</strong>sto mächtiger öfTnen sich die Mün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Tief'e.Sie wollen nicht ersticken: am Schrei <strong>de</strong>r Qual . ant Freu<strong>de</strong>nschrei,am Zornesschrei. am Angstschrei."Diese Feinspürigkeit ist begreifiicherweise f ür Therapeutenziemlich nützlich. ja eigentlich unentbehrlich, zum Beispiel in<strong>de</strong>n Schlüsselszenen. in <strong>de</strong>nen eine schwere Störung <strong>de</strong>r Beziehungenzu an<strong>de</strong>ren rno<strong>de</strong>llhaft <strong>de</strong>utlich wird. Die blof.le Mitteilung.wur<strong>de</strong> von nteinem Vater verdroschen.. be<strong>de</strong>utet ott"ichwenig. Erst wenn die Atmosphäre, die Szene wie<strong>de</strong>r auftauchtund vom Therapeuten wahrgenonrtnen und erfafSt wird Erkennenund E,rkanntwer<strong>de</strong>n gehören zusammen -. kann cler Prozef.J<strong>de</strong>r Heilung beginnen.Im Hervorrut'en solcher Atrnosphären und Szenen liegt vielleichtPetzolds gröl3te Begabung, da ist er wirklich eine Art Zauberer.Nicht irgen<strong>de</strong>in Vater taucht auf. son<strong>de</strong>rn ein ganz bestimmter,nicht eine Abstraktion. ein Archety'p, son<strong>de</strong>rn e in hirchst lebendiger,bedrohlicher - auch heute noch. Man hat ihn vor Augen.man spürt ihn in <strong>de</strong>n Muskeln und in <strong>de</strong>n Knochen. Und plötzlichwircl klar, warum <strong>de</strong>r Junge - sogar noch als Erwachsener - es soschwer hat, ihm off'en entgegenzutreten, und wie diese Hemmungauch in an<strong>de</strong>ren Beziehungen wie<strong>de</strong>r erscheinen rnuß.Dabei geht es weniger um die einzige. grof3e und traumatischeErlährung, wie sie in <strong>de</strong>r klassischen Psychoanalyse gesuchtwird. son<strong>de</strong>rn um eine Kette von Erlebnissen. in <strong>de</strong>nen dasgestörte Verhalten allmählich in und Blut" übergegangenund ein Teil <strong>de</strong>r Charakterstruktur gewor<strong>de</strong>n ist."FleischDie <strong>de</strong>r Bezogenheit" ist für Petzold noch aus"Philosophieeinem weiteren Grund wertvoll: Die Bezosenheit auf an<strong>de</strong>re -198


und das istja die anthropoiogische Grundüberzeugung Petzolds -prägt auch das Wahrnehmen. Wie es einem an<strong>de</strong>ren Menschenzumute ist. erkennt man, wie Schmitz und Merleau-Ponty herausgearbeitethaben. nicht nur an <strong>de</strong>ssen Verhalten. an <strong>de</strong>ssenGesichtsausdruck. son<strong>de</strong>rn man spürt es an sich selber. Und oftgibt das eigene Empfin<strong>de</strong>n genauere Auskunft über <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>renals das, was er tut und sagt. Dies ist eine Grundtatsache menschlicherBegegnung, <strong>de</strong>r therapeutischen zumal. ja eigentlich ihreVoraussetzung - eine Voraussetzung freilich. <strong>de</strong>ren sich nurwenige, auch nur wenige Therapeuten. voll bewufit sind.In Paris lernt Petzold auf3er Gabriel Marcel noch einen an<strong>de</strong>rengroßen alten Mann kennen: Vladrmir N.llyine. einen russischenUniversalisten, <strong>de</strong>ssen Liebe aber vor allem zwei Dingen galt:<strong>de</strong>r Schauspielkunst und <strong>de</strong>r Psychotherapie. 'lm Spiel


chodramas, Schriftsteller, Psychiater und vor allem Theaterdirektor.War Ilyine schmal. drahtig, so Moreno ein ntächtigerZwei-Zentner-Mann, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Raum füllte - die Verkörperungseines Diktums: >Gott ist nicht tot. Er lebt im Psychodrama!


erlebter Erfahrung und nach ihrer Reflexion neues Verhalteneingeübt wird. Damit ist nicht das Menschenbild <strong>de</strong>s klassischenBehaviourismus übernommen. das ein mechanistisches Vorgehennahelegt, noch wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ssen blin<strong>de</strong> Flecken übersehen(etwa das Desinteresse an Person und Lebensgeschichte); genutztwer<strong>de</strong>n wertvolle Erfahrungen und daraus entwickelte Techniken,und nur so weit, wie sie in <strong>de</strong>n Kontext <strong>de</strong>r IntegrativenTherapie passen.In <strong>de</strong>n USA lernt Petzold das ganze bunte Spektrum <strong>de</strong>r neuenTherapien kennen. <strong>de</strong>n Zirkus <strong>de</strong>r Gurus. Körperarbeit. Transaktionsanalyse,Bioenergetik. und vor allem natürlich die Gestalttherapievon Fritz Perls. ,Sehr schroff und sehr u'eich zugleich


erühmtesten und eloquentesten unter <strong>de</strong>n Reich-Schülern -einen Mann, <strong>de</strong>r sehr viel energischer mit <strong>de</strong>m Körper umging,bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus.Die Vielfalt <strong>de</strong>r Schulen ist gera<strong>de</strong> auf diesem Feld gewaltig. DieErfahrung, von <strong>de</strong>r sie ausgehen. lautet in ihrer allgemeinstenForm: Physische und psychische Stmktur u'irken ineinan<strong>de</strong>r (ausdiesem Zusammenwirken entsteht erst das' was Petzold "Leib'nennt). Auch er fin<strong>de</strong>t. dal3 Sttirungen nie psychische""nurUrsachen haben, <strong>de</strong>nn E,rfahrungen. traumatisieren<strong>de</strong> zumal'wer<strong>de</strong>n körperlich erlebt und in <strong>de</strong>n Leib eingespeichert."Esmuß <strong>de</strong>shalb immer um die Behandlung <strong>de</strong>s ganzen Menschengehen, in die die kttrperliche Dimension einbezogen wer<strong>de</strong>nmu[J..Die Ent<strong>de</strong>ckung o<strong>de</strong>r besser: die Wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Arbeitmit clem Körper geht im wesentlichen auf Wilhelrn Reich zurück.Auch wenn Petzold ihm in vielem nicht firlgen kann. schon garnicht seinen Spekulationen über die kosrnische E,nergie. so räumter doch ein. dalS Reichs Ansatz nützliche Hinweise liefert: Wo imKörper wer<strong>de</strong>n Zorn. Schnterz. Angst f'estgehalten'l Denn im>Kirrpergedächtnis" kijnnen E,mtltionen tatsächlich dort >wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>n.wer<strong>de</strong>n. wo die Muskeln bei <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>nGebär<strong>de</strong>n einer Emotion benutzt o<strong>de</strong>r gehemrnt wor<strong>de</strong>n sind.Auch für Petzold gilt: L'rntltion hat eine physische Entsprechung.


Gedanke nachgera<strong>de</strong> zwingend. sich eine Übersicht zu verschaffen,zu ordnen und zu vergleichen und das auszuwählen, waseinem Therapeuten gemäß ist und für <strong>de</strong>n Klienten nützlich (wassich nicht immer <strong>de</strong>ckt). Im Grun<strong>de</strong> tut dies je<strong>de</strong>r Therapeut,mehr o<strong>de</strong>r weniger bewußt. in kleinerem o<strong>de</strong>r in größeremRahmen. Bei Petzold ist <strong>de</strong>r Rahmen sehr weit. nicht nur weil er,wie es ein Kollege salopp sagte. >ein fixer Junge". ein 'Trend-Setter< ist, son<strong>de</strong>rn weil diese Landschaft so riesig und reichist .Die meisten dieser Verfahren und die ihnen zugruncle liegen<strong>de</strong>nKonzepte sind .ja nicht einfach wahr tl<strong>de</strong>r falsch. sie rnachenSinn. sie bezeichnen in <strong>de</strong>r Regel "einclegitirne Metho<strong>de</strong>.seelisches Leid zu behan<strong>de</strong>ln und menschliche Persiinlichkeit zuentwickelno.Das Imaginative und Kreative bei Perls. in <strong>de</strong>r Psychoanalyse dieordnen<strong>de</strong> und erhellen<strong>de</strong> Krafi <strong>de</strong>r Retlexicln. Berührung undBewegung in <strong>de</strong>n Kitrpertherapien: je<strong>de</strong>r dieser Zugiinge führtzum Menschen. bei .ie<strong>de</strong>m wird ein Teil von ihnl erkennbar' Nurwer viele Zugän-ue kennt und sie nutzen kann, erhält ein einigermaLJenzutrefl'en<strong>de</strong>s Bild. kann sich klar wer<strong>de</strong>n. welchen Zugangzu benutzen in einer bestimmten Situation. bei einernbestimmten Menschen sinnvoll ist.Die nreisten Schulen in ihrer ursprünglichen Gestalt haben cinenAspekt scharf im Blick. aber manches bleibt dabei am Ran<strong>de</strong>, csgibt die Überschätzung <strong>de</strong>s eigenen Konzepts. es gibt blin<strong>de</strong>Flecken. Nicht zufällig entwickeln sich die Schulen und verbreitenihren Ansatz. ofi gegen <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Dogmatiker.>Aus einer gewissen historischen Distanz", so schil<strong>de</strong>rt Petzolddie Situation, ,sehen wir heute. wie viel die Psychoanalysegeleistet hat, aber auch. dalJ Leiblichkeit. kreative Aktion von ihrnur am Ran<strong>de</strong> wahrgenommen wer<strong>de</strong>n. Diese Elentente fin<strong>de</strong>nwir im Psychodrama o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Körpertherapien. Dafür bietetdas Psychodrama wenig Konzepte für die Erklärung unbewul3terseelischer Prozesse. in <strong>de</strong>n Körpertherapien wie<strong>de</strong>rum tritt oft dieReflexion zurück, was wie<strong>de</strong>rum die Stärke <strong>de</strong>r Psychoanalyseausmacht. Wir fin<strong>de</strong>n bei Jung eine reiche Lehre <strong>de</strong>s Symboli-


schen, die wir in Adlers Individualpsychologle nicht haben, dafürtreten bei Jung die soziale Umwelt. die gesellschaftlichen Beziehungenzurück, die bei Adler <strong>de</strong>utltcher wer<strong>de</strong>n. Die Psychoanalysekonzentriert sich auf die Vergangenheit. die Gestalttherapiearbeitet im Hier und Jetzt. bei an<strong>de</strong>ren. etwa bei Adler' ist <strong>de</strong>rZukunftsentwurf wichti g. "Es kann aber nicht angehen, daf3 <strong>de</strong>r Mensch nur Emotion undBauch ist, nur Kopf. nur Sprache. nur Sprachlosigkeit. nur einProdukt <strong>de</strong>r Vergangenheit. nur Gegenwart. nur ein Zukunftsentwurf.>lntegratives Arbeiten heißt zunächst einmal nlehr perspektivischschauen. (Petzold). An<strong>de</strong>rs ausgedrückt: Zeit <strong>de</strong>r"Die,eindimensionalen, Behandlungen beginnt abzulauf'en' und dieForclerungenach ganzheitlichen und integrativen Ansätzen <strong>de</strong>rTherapie. die sich nicht nur auf die psychische Realität beschränken,son<strong>de</strong>rn auch die kttrperliche. geistigc und stlziale Din.rensioncles Menschen zu erreichen suchen. stellt sich immerdringlicher.'Und das um so mehr. als im Leib diese Dirnensionenicht getrenntsincl: mit welcher Metho<strong>de</strong> auch irnrner <strong>de</strong>r Mensch erreicht wird.er wird als ganzer getrof'ten. Wer auf einenl Gebiet arbeitet'bewirkt auf an<strong>de</strong>ren"streueffekte". beabsichtigte manchrnal. oftaber auch unbeabsichtigte und nicht erkannte.Integration be<strong>de</strong>utet ein Doppeltes: einnlal Sarnrr.reln' zuln anclerenSichten. Was das Sammeln angeht. so ist Petzold manchemseiner Kollegen wtthl etwas unheirnlich. <strong>de</strong>nn es gibt fast keinGebiet <strong>de</strong>r Psychotherapie. das er sich nicht erarbeitet hätte' undschon zum eigenen Schutz liegt <strong>de</strong>r abwerten<strong>de</strong> Kommc'ntar sehrnahe und manchen auch aul <strong>de</strong>r Zunge: oberflächlich. Hans-Dampf in allen Gassen.Sichten. das heilSt Ordnung schaffen und damit auch ausgrenzen'was nicht integrierbar ist. Es ist typisch für Petzold und für <strong>de</strong>nLeser manchmal ermü<strong>de</strong>nd. dal3 er alle auch nur einigermaf.lenwichtigen Aufsätze mit einer -erundsätzlichen Einleitung versieht.in <strong>de</strong>r er sich immer rvie<strong>de</strong>r, fast zwanghatt' <strong>de</strong>r philosophischanthropologischenGrundlage. <strong>de</strong>s theoreti schen Konzepts ver-eiewissert.Hier wircl <strong>de</strong>r Rahmen seiner Arbeit bestimmt, hierwer<strong>de</strong>n die Grenzen <strong>de</strong>r Integration abgesteckt.204


Ordnung: In vielen Artikeln fin<strong>de</strong>n sich Diagramme, die eine Arti<strong>de</strong>altypischen Verlauf <strong>de</strong>s therapeutischen Prozesses darstellen.Solche Darstellungen sind bei Therapeute nicht ungewöhnlich,aber auch nicht gera<strong>de</strong> häufig. Ungewöhnlich aber ist bei Perzold, wie viel hier eingeordnet ist. In <strong>de</strong>r Grobstruktur han<strong>de</strong>lt essich um ein Vierstufen-Mo<strong>de</strong>ll: Initial-. Aktions-, Integrationsphaseund Neuorientierung. Natürlich verläuft nicht je<strong>de</strong> Sitzungo<strong>de</strong>r je<strong>de</strong> längere Behandlung exakt nach diesem Muster. aber esbietet <strong>de</strong>m Therapeuten eine Hilfe. die Dynamik zu erkennen unddie in <strong>de</strong>r jeweiligen Phase angemessenen Interventionen zugeben. Es ersetzt nicht dre Einfühlung. aber gibt ihr Orientierungshilfe.Prof'essionalität und Intuition ergänzen sich.Ahnliches gilt auch für die Stufen <strong>de</strong>r Reflexion,"Tiefung


die vor <strong>de</strong>r Zeit von Sprache und Begritf liegen. Ein solcherAbstieg ist eine Art induzierter Krise


son<strong>de</strong>rn ihn erlebbar zu machen. was kaum nur durch verbaleInterpretation <strong>de</strong>s Therapeuten. son<strong>de</strong>m durch eigenes Erfahrengeschieht. Ist diese Bewußtheit gewonnen. so beginnt auch dieVerän<strong>de</strong>rung: >Don't push the river it f'lows bv itself," (Perls).Eine gute Technik, mit Übertragungen umzugehen, ist die Arbeitmit <strong>de</strong>m leeren Stuhl. Das fblgen<strong>de</strong> Beispiel zeigt dies undmacht, nebenbei, in Kurzfbrm auch das Vierstut'enmo<strong>de</strong>ll undverschie<strong>de</strong>ne Ebenen <strong>de</strong>r Tiefuns <strong>de</strong>utlich.Kurl (an dic Gruppc) fühlc rnich inrmcr so unw'ohl. u'cnn hier in"lchclcr Gruppe so allcs hintcrliagt wird."Hiluriott vielleicht kiinncn sic rral in dic Rundc schauen. bci wcrn"Ja.Sic die scs Gcfühl bcsondcrs stark habcn'.).Kcrl (schaut sich unr) "BciJoscf. bci Anncnraric und. (zurn Thcrapcutcngcwandt)bci Ihncn.""bcsondcrsHilurion "Nun.dann sctzcn Sic mal dcn Hilarion hicr auf dicscn lccrcnStuhl und sagcn Sie ihm das dirckt. w'as Sic ihnr sagcn nriichtcn.


Korl sitz' da vor <strong>de</strong>n Heften. Es ist alles unheimlich eng. Ich"lchkomm' auch nicht weiter. Ich kapier' das alles gar nicht. Die Omaspült gera<strong>de</strong>. Das Tellerklappern macht mich ganz verrückt. Dieguckt auch immer rüber. ob ich auch arbeite. und dann kommt sieauch noch. ,Na. biste immer noch nicht weiter. Karl? Weißt Du,meine Gcduld hat auch ihre Grenzen., Und dabei guckt sie nibcr zumKochliift'el. dieses Miststück" (Karl beginnt zu zittcrn).Hilarion ,Ja. was fühlst Du jetzt'?"Karl ,Das macht mich allcs so vcrwirrt. wie die mich anguckt. dakomm' ich überhaupt nicht mehr weiter. und das weil3 dic' und dasmacht <strong>de</strong>r Spaß, <strong>de</strong>r Alten" (Karl beginnt stärker zu zittcrn. er istzwischen Wut und Angst hin- und hergcrissen)Hilarion lal3 das Zittern ruhig zu!""Ja.(Dic autonomen Körperrcaktioncn von Karl wcr<strong>de</strong>n immer heftiger).Kurl nicht so an. Du Schlägerin, Du Quälerin, Du gottverdammtcHcxc.. (Strjßt dcn lccrcn Stuhl heltig mit dcm Fuß von sich"Glotzmichund bricht in Wcinen aus). >Du hast mir mcinc Kindhcit so kaputtgcmacht, Du gottverdanlmte Hcxc, Du !" (Das Wcincn wird hcltiger'claueft noch einc Zeitlang an und cbbt dann langsanr ab). Nach einigcrZeit:Hilarion vielleicht kannst Du cinmal schauen, was in dicser"Ja.Sitzung abgclaufen ist. Was waren für Dich die wichtigstc'n emotionalcnErfahrungcn und was wird Dir dabei klar'l"Längcrc Pausc.Karl ,Das Wichtigstc für mich war. mal die Wut gegcn die Altehcrauslasscn zu können, mal übcrhaupt Wut rauslassen zu kijnnen.Mit Aggressioncn hab' ich st'rwicso immer Schwicrigke itcn Das hätt'ich damals mal wagen sollcn. die hätt' mich grün und blau geschlagcnmit dcrn Kochlöff'cl."Hilarion >Was ist Dir noch <strong>de</strong>utlich gcwordcn'1"Krrrl >lrgcndwie wirkt dic Angst von damals immcr noch fbrt. lch fühlemich so oft bewcrtet. bcobachtct und hab' immcr die Angst' es nicjeman<strong>de</strong>m recht machen zu könncn..Hilarion >Vielleicht kannst Du jctzt mich cinmal anschauen und spüren.wic es Dir dabei crgeht."Karl >Sie schauen mich prüf'end an. nicht unlicundlich. nicht drängend.Auf le<strong>de</strong>n Fall ganz an<strong>de</strong>rs als meinc Grol3mutter. Das Gefühlvorhin, das hat mit Ihnen recht wenig zu tun.Vielleicht kannst Du Dir auch noch einmal die an<strong>de</strong>renGruppenmitglie<strong>de</strong>r ansehen. die Du vorhin genannt hattest undschaucn. wie cs mit ihnen steht. . ."208


Sammeln und Sichten: dies läßt sich an vielen Themen verfblgen,die Petzold bearbeitet hat, in seiner Darstellung <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>sTherapeuten o<strong>de</strong>r in seinen Untersuchungen über die Gruppe, dieerst relativ spät in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Psychotherapie. die ja alsIndividualpsychologie begonnen hatte. ins Blickf'eld geraten ist.In <strong>de</strong>r lntegrativen Therapie ist die Gruppe als Sozialisationsagenturund als Ort <strong>de</strong>r Therapie sehr wichtig. ja. unentbehrlich,und das erscheint nach Petzolds Menschenbild.ja auch zwingend:>lm Kontakt mit an<strong>de</strong>ren. <strong>de</strong>r Berührung und Grenzziehungzugleich ist. entsteht l<strong>de</strong>ntität."Manche Dogrnen im Konzept an<strong>de</strong>rer Schulen wer<strong>de</strong>n irn Lichtneuerer Erfährung und mo<strong>de</strong>rner Wissenschatt relativiert - etwa<strong>de</strong>r sogenanntejener"Ödipus-Komplex..geniale. <strong>de</strong>m griechischcn Mythos entnommene Begrifl'Freuds. ntit <strong>de</strong>r er die Konfliktsituation<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s beirn Überr:ang \ ()n cler Welt cler Mutterin eine gröf3ere Welt erklärt. <strong>de</strong>ren erster und wichtigster Repriisentant<strong>de</strong>r Vater ist. Für Petzold ist dies cine Metapher. die clasVerständnis erhcllen kann. die aber als Naturgesetz gelaßt undmit spekulativen Ableitun-uen versehen (Kastrationsangst unclPenisneid) irreführend w,ird. Für ihn handclt es sich bei diesemÜbergang um einen wichtigen uncl schwierigen Schritt in clerSozialisation. von <strong>de</strong>r Zweicr- zur Dreicrbeziehung. <strong>de</strong>r aberke incswegs nur bedrohlich und änestigend scin rnul3. 3e<strong>de</strong>nfallsnicht das eine grol3e bedrohliche Thema cler Therapie.Oiler die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung n.rit <strong>de</strong>nr Freudschen E,s. "DieDoktrin vom schlechten E,s< nennt Petzold dieses Konzept. clas<strong>de</strong>n perrnanenten Konflikt zur Folge hat. <strong>de</strong>r "fürdie FreudscheAnthropologie kennzeichnencl ist.. "Waruntrnuf.] Ich wer<strong>de</strong>n,wo Es war (Freud)'l Warurn nuIS das lunten rationis je<strong>de</strong>nSchatten ausleuchten'1" Für ihn ist <strong>de</strong>r Karnpf <strong>de</strong>s Geistes gegendie Natur nicht zu gewinnen. für ihn wird hier ein zweif'elhaftesProgramm abendländischer Kulturgeschichte sichtbar. <strong>de</strong>m auchFreud erlegen ist:jene Bemächtigun-usstrategie. clie ein angeblichdunkles Meer von Trieben und Atfbkten trockenle-uen r.r,ill. DerIntegrativen Therapie stellt sich hier v'ielmehr die Aufgabe einerfruchtbaren Verbindun-s - nicht weil das Ko-qnitive. Rationale209


gering geschätzt wür<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn weil es Grenzen hat, weil esinstrument ist, aber noch nicht <strong>de</strong>n ganzen Menschen ausmacht.Nicht zufällig warnt Petzold zugleich vor einer erlebnis- undkörperorientierten Therapie, die auf die Leistung <strong>de</strong>r Reflexionverzichten zu können glaubt. lntegration ist auch eine Art Wie<strong>de</strong>rherstellung<strong>de</strong>r Balance.Das Leitthema läßt sich noch in vielen Variationen weiterspielen.Ein merkwürdiges lnteresse Petzolds für sehr alte und sehriungeMenschen: Sterbebegleitung und Spiel mit Kin<strong>de</strong>rn. kreativer,lebendiger Mensch. ein Therapeut zurnal, sollte die bei<strong>de</strong>n"EinExtreme <strong>de</strong>s Lebensspektrurns auch emotional zur Verfügunghaben.. O<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r immer neue Versuch einer Vermittlung zwischenwissenschaft uncl Kunst: <strong>de</strong>r Hochschullehrer in Amsterdam.<strong>de</strong>rsichmitNeuromotorikbeschäftigtund<strong>de</strong>rdochwei[J,>diese Kenntnisse genügen nicht, um Mcnschen in ihren Lebenskrisen.in ihren Wertzweifeln, in ihrer Liebe, ihrem Haß undihrem Lei<strong>de</strong>n helfen zu können". Und nicht tulelzt die lntegrationvon Theorie und Praxis.I<strong>de</strong>en und Praxis <strong>de</strong>r Integrativen Therapie sind in viele Bereicheeingeflossen. Petzolcl selber hat eine Vielzahl von Prqekten inGang gesetzt: Arbeit mit Drogenabhängigen' Kranken' Sterbenclen.Schulkin<strong>de</strong>rn, Eltern und Lehrern. Und er hat viele interes-Sante Leute angezogen - zunächst. 1971, ein buntes Viilkchenvon rralternativen< Arzten, Psychologen, Sozialarbeitern' dienach neuen Wegen suchten, mit Menschen ganzheitlich zu arbeiten.Sie bil<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n Kem' aus <strong>de</strong>m eine lebendige Bewegunghervorging, die heute ihr Zentrum in <strong>de</strong>r Perls Aka<strong>de</strong>mie" '"Fritzeiner staatlich anerkannten Einrichtung <strong>de</strong>r beruflichen weiterbildung,in Hückeswagen hat. Hier wer<strong>de</strong>n in mehrjährigenberufsbegleiten<strong>de</strong>n Weiterbildungen Psychotherapeuten für dieArbeit mit Erwachsenen ausgebrl<strong>de</strong>t. Es gibt aber auch einCurriculum für clie Ausbildung zum Kin<strong>de</strong>r- und Jugendlichenpsychotherapeutenuncl - einzigartig in Deutschland - tür Geionto-und Thanatotherapie' die Arbeit mit alten Menschen'Kranken und Sterben<strong>de</strong>n.Das alles fin<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>m ehemaligen Seehotel statt, das schieferbe-2r0


wehrt am Ufer <strong>de</strong>r waldumsäumten Bevertalsperre liegt. Eswur<strong>de</strong> von Hilarion Petzold und seinen Mitarbeitern zu einemZentrum kreativer Therapieverfähren ausgebaut. das 60 PersonenPlatz bietet. Das Programm an Kursen und Tagungen istvielfältig und innovativ. Hier wur<strong>de</strong>n das erste "DeutscheSymposionfür Poesietherapie, Bibliotherapie und Literarische Werkstätten


Integrative Therapie gibt es in vielen europäischen Län<strong>de</strong>rn' inNorwegen o<strong>de</strong>r Jugoslawien. in Spanien und in Griechenland' Essind vor aliem die kreativen Ausdrucksmilglichkeiten dieserTherapieform - die Arbeit rnit Tcln, Bewegung' Farben' dramatischemSpiel -. die eine solche transkulturelle Anu'endung mö-ulichmachen, und wohl nicht zuletzt die Fähigkeit von Hilarionpetzold. sich in unterschiedlichste Sprachwelten. Mentalitätenund Milieus einzufühlen: 'So viele Sprachen lnan spricht' soviele Herzen hat man.


tor von aristotelischer Philosophie und christlichem Glauben,Thomas von Aquin - war er kein Neuerer'l In <strong>de</strong>r Zusammenschauerscheint das vorher Getrennte in einem an<strong>de</strong>ren Licht,es wird besser verstehbar. es wird lebendig - neu.Wer das bunte Rollenkaleidoskop Petzolds erlebt hat. fragt sichzuweilen, wo ist da eigentlich <strong>de</strong>r feste Punkt'.) Wird l<strong>de</strong>ntitätschon erreicht. wenn <strong>de</strong>r >eigene Platz im Kontext <strong>de</strong>s sozialenGefüges und im historischen Kontinuum gefun<strong>de</strong>n ist


Stille. Nach einer Weile nahmen wir die Bewegung wie<strong>de</strong>r auf.Das Wechselspiel zwischen Vergegenwärtigung einer Szene undBewegung setzt sich fort: im sonnenwarrnen Olivenhain, in einernördlichen weiten Landschafi mit hohem Himmel. Dann gingenwir in <strong>de</strong>r Zeit zurück - zu Venezianern. Römern' Griechen, diealle hier schon Anker geworf'en hatten. Mit dieser Erinnerungkehrten wir am En<strong>de</strong> heim zum Dorf auf <strong>de</strong>r Insel. wo. wie immerschon und eh und je, die Bauern ihre Ernte aus <strong>de</strong>n Olivenhainenheimbringen, die Frauen gebückt auf clen Ackern arbeiten und dieMänner nach <strong>de</strong>m Fischfang int Schatten sitzen. Nach je<strong>de</strong>mErleben und Verlassen einer Szene. so spürten wir. flossen Atem.Getühl und Gedanke freier. Die Rollen wechselten. aber <strong>de</strong>rRhythmus <strong>de</strong>s Lebens wur<strong>de</strong> klarer - beruhigend. zeitlos. heilsam.A u.t ge v'tih I t e P u b I i ku t i o n e n(Hrsg.): Dic ncucn Körpcrthcrapicn. Padcrborn: JLrnt'crmann 1977.Pctzold. H./Bubolz. E.: Psl'chothcrapic mit altcn Mcnschcn. Pa<strong>de</strong>rborn: Junf'ermann I 979. Pctzold. H. G.iVornrann.: ThcrapcutischcWohngcmcinschafien. Erfahrungcn, Modcllc. Supcrvision' Münchcn:Pfciftcr 1977. (Hrs-c. ): Dic Rollc dcs Thcrapeutcn und dic thcrapcutischcBczichung in dcr nrodcrncn Psvchothcrapic. Padcrborn: Junl-crmannl9ll0. (Hrsg.): Widcrstand cin strittigcs Konzcpt in dcrPsychotherapic. Padcrborn: Junf'crrnann. l9lJI Drarnatischc Thcrapic.Ncuc Wegc <strong>de</strong>r Bchandlun-c durch Psychodrama. Rtlllcnspicl'thcrapcutisches Theatcr. Stuttgart: Hippokratcs l9tl2. Pctzolcl' H./Spicgcl-Rirsing, I. : Psychothcrapic mit Stcrbcndcn. Padcrborn: JunfcrmannI 98,1. - (Hrsg. ): Lciblichkcit. Philosophischc. gcscllschaftlichcun


Ken WilberTianspersonale Psychologie - Entwicklung <strong>de</strong>sBewußtseinst*- tÄrtl',r215


T-! r ist ein Einsiedler. er lällt sich nicht sprechen


Bücher veröffentlicht haben? ,Er arbeitet sehr viel und hart. un<strong>de</strong>r ist ein Genieo. stellte Roger Walsh lakonisch fest. Walsh istProfessor für Psychiatrie an <strong>de</strong>r Universrty of California. SeineFrau, Frances Vaughan, ehemalige Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>r amerikanischenGesellschaft für Transpersonale Psychologie. Prof'essorin,Autorin und Therapeutin. er-uänzte: ,Er bringt auf <strong>de</strong>nBegriff, was wir <strong>de</strong>nken und nicht ausdrücken ki)nnen


sie offen zu sein, zu vertrauen. ,Wenn es mir gut geht, <strong>de</strong>nke ichauch, es liegt daran."Die Schil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Eltern bleibt blaß. Bei<strong>de</strong> waren sehr intelligent.konventionell, Baptistin die Mutter. <strong>de</strong>r Vater ohne kirchlicheBindung. >Er hatte Bo<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n Füßen und war. was maneinen anständigen Mann nennt.( Der Erziehungsstil war liberal:>Sie haben mir alle Freiheit gelassen. haben mir nie Vorschriftengemacht, was ich zu <strong>de</strong>nken hätte."Vcrn sich selbst berichtet er: war "lchein Lausbub und auchspäter habe ich genug Bier getrunken und war in ausreichendviele Frauen vernarrt. um ganz normal und gesund zu sein.< Mitzehn Jahren ent<strong>de</strong>ckte er ein Chemiebuch. Danach verbrachte erseine glücklichsten Augenblicke in <strong>de</strong>n Laboratorien, die er in<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Wohnungen seiner Eltern einrichtete. Ansonstentobte er sich in <strong>de</strong>r Turnhalle und auf <strong>de</strong>m Sporlplatz aus,war Kapitän <strong>de</strong>r Football-Mannschafi seiner Schule und bekamständig irgendwelche Preise - das Urbild eines jungen Amerikaners.<strong>de</strong>m die Welt oft'ensteht. Es war eine naturwissenschafilicheWelt, sein Studienziel Biclchemie und sein damaliges Innenleben,ein Idyll <strong>de</strong>r Präzision und Akkuratesse. eine Festung <strong>de</strong>sKlaren und Selbstverstänc'llichen.. bis ihnr auf <strong>de</strong>m Collegezufällig Laotse's Tao Tö King in die Hän<strong>de</strong> fiel:Tao, kann es ausgesprochen wer<strong>de</strong>n.ist nicht das ewige Tao.Der Name. kann er genannt wer<strong>de</strong>n.ist nicht <strong>de</strong>r ewige Nanre.Das Namenlose ist <strong>de</strong>s Himmels und <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> Urgrund.Das Namen Haben<strong>de</strong> ist aller Wesen Mutter.Das war eine völlig neue. ganz und gar an<strong>de</strong>re Welt. Sie lieu ihnnicht mehr los. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Monaten las er Einführungen inBuddhismus und Taoismus. und was er bisher als Sinn und Inhaltseines Lebens begrif fbn hatte, wur<strong>de</strong> blal3. Er schil<strong>de</strong>rt das so, alsob etwas längst Bekanntes wie<strong>de</strong>r in sein Bewußtsein getretenwäre. >Der alte Weise (Laotse) hatte eine Saite ganz tief in mirberührt. Ich wachte plötzlich auf, und es wur<strong>de</strong> mir klar, dal3218


mein altes Leben, meine alten Überzeugungen mir nichts mehrbe<strong>de</strong>uteten.Sie hielten Krishnamurti füreinen Kommunisten und Bodhidharma für einen gottlosen Atheisten.


Problemen ist, wie kann dann Perls behaupten, nur das Hier undJetzt sei wichtig'?"Die Wi<strong>de</strong>rsprüche gab es nicht nur in I<strong>de</strong>en. Wilber meditiertetäglich im Za-Zen-Stil und machte gleichzeitig Gestalttherapie.Tiotz Perls' Interesse für Zen-Buddhismus hält er <strong>de</strong>n Vater <strong>de</strong>rGestalttherapie für einen brillianten ,Pop-Freudianer,. Er hat vielvon ihm gelernt. Aber: 'Freud und Buddha haben wahrhaftigwenig gemein." Es wur<strong>de</strong> zur Existenzfrage für ihn. Sinn undZusammenhang zu fin<strong>de</strong>n.Um aus <strong>de</strong>r Misere herauszukomnlen. ntußte er sie erst einmalordnen. Zunächst unterteilte er seine Landkarte <strong>de</strong>s Bewufitseinsin die bei<strong>de</strong>n Ebenen <strong>de</strong>s Personalen und <strong>de</strong>s Transpersonalenund entwickelte die erste Regel: Man kann als möglicherweisewahr annehmen. was eine Persönlichkeitstheorie Liber die persiinlicheSphäre und was eine transpersonale Theorie über dietranspersonale aussagt. Aber bei Grenzüberschreitungen ist Vorsichtgeboten. Freuds >Hysterie angesichts <strong>de</strong>s Religiösen< etwa,finclet er ebenso unsinnig wie die pauschale Ablehnung Freudsclurch die transpersonalen Auttlren. die die unangenehmen.aber ganz wesentlichen Dinge ignorieren. clie das Genie"darnitFreucl über seinen Bereich zu sagen hat uncl statt <strong>de</strong>ssen dieMenschen als eine Mischung aus Süße und Lrcht begreiten -umgekehrt genauso einseitig wie Freud


Tianspersonalem beim Nach<strong>de</strong>nken über die Angst. Für dieExistentialtsten, Prototypen <strong>de</strong>r personalen Ebene. gehört Angstnotwendigerweise zum Menschen. sobald er sich seiner Indiviclualitätund damit seines Abgeson<strong>de</strong>rtseins von an<strong>de</strong>ren bewußtwird. Hölle, das sind die an<strong>de</strong>ren,


<strong>de</strong>rlich, daß ein so verkümmertes Selbst oft Angst hat. Integriertman die Schatten - die Arbeit <strong>de</strong>r Freudianischen und in gewissemMaß auch <strong>de</strong>r Jungianischen Therapie - wird die Personstärker, entwickelt ein vollständigeres lch. Das ist schon besser.Aber es ist immer noch ein Ich. das seinen Körper besitzt wie einAuto, es >ist. nicht Körper. Gelingt es, die Grenze weiter hinausbis zur eigenen Haut zu schieben. - mit Hilfe <strong>de</strong>r humanistischenPsychologie und <strong>de</strong>r Körpertherapien - gewinnt das Selbst schonstattlichere Dimensionen, wird zur stabileren,organismischen


damals vorzustellen: ,Mein Mann, Tellerwäscher und weltbekannterAutor.< Ein Schlaraffenleben war das nicht, aber er hatdie Entscheidung für diese Lebensform nie bereut: habe "lchgelernt, was mir keine Universität hätte beibringen können:Demut - vergiß Titel, Bücher und Arrikel. spüle Geschirr - und<strong>de</strong>n Realitätssinn <strong>de</strong>ssen. <strong>de</strong>r sich unmittelbar und konkret mit<strong>de</strong>r Welt beschäftigt.


getrennt: es gibt we<strong>de</strong>r Zeit noch Raum noch Grenzen. So ähnlichhat vermutlich <strong>de</strong>r Urmensch bis etwa 200000 Jahren v. Chr.gelebt: >ohne Unterscheidun-e zwischen innerer Erfahrung undäußerer Natur, ohne Gedanken. ohne Sprache. in einer Zeit vor<strong>de</strong>r Zeit, ohne wirkliches Begreif'en <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s und darum wohlauch ohne wirkliche E,xistenzangst: allrnächtig in seinem Nichtwissen..Dies ist <strong>de</strong>r Hintergrun <strong>de</strong>r Mvthen vorn Garlen E<strong>de</strong>n,vom Paradies.Ist dieses Paradies dasselbe wre die Einheit irn hiichsten Bewuf.itsein.im Atman <strong>de</strong>r Hindus. im Tao La


Götter sind unsterblich und sie wissen das. Der armseligeMensch jedoch wur<strong>de</strong> zu einer unglückseligen Mischung. Er iststerblich und er weiß es.,, Je verständiger er wird, <strong>de</strong>sto mehrwird er sich auch seines vom To<strong>de</strong> gezeichneten Schicksalsbewußt, <strong>de</strong>sto mehr Angst erlebt er.Vom zweiten Lebensmonat ab lernt das Neugeborene, vagezwischen sich und <strong>de</strong>r Urnwelt zu unterschei<strong>de</strong>n. Aber nochbleibt es symbiotisch mit <strong>de</strong>r Mutter verbun<strong>de</strong>n: sie ist weitgehendseine Welt. Nur langsam trennt es sich zunächst körperlich,dann auch in seiner Vorstellungswelt von ihr. Aber <strong>de</strong>r kleineMensch bleibt noch immer auf die unmittelbare Gegenwartbezogen, seine Gefühle sind vom Lust-Unlustprinzip bestimmtund kurzschlüssig. Seine Welt ist noch lange und voller"bewußtAbsichten", fbrmuliert Piaget. Selbst ist nur leicht verinnerlicht


au. Das setzt Sprache voraus. Zeitgefühl, die Fähigkeit zulängerer Planung und gemeinschaftlichem Han<strong>de</strong>ln' Mit <strong>de</strong>rSprache konnte auch kulturelle Tradition entstehen - ein großerEntwicklungssprung in eine neue, höhere Realität' Der Ackerbaubrachte Überschuß; die Menschen erfan<strong>de</strong>n das Geld, entwickeltenneue. spezialisierte Beruf'e und Klassen - Priester. Verwalter,Lehrer -. Kalen<strong>de</strong>r, Mathematik und Schreibkunst entstan<strong>de</strong>nund auch große Machtstrukturen in <strong>de</strong>n Stadtstaaten <strong>de</strong>s nahenOstens, in <strong>de</strong>n Dynastien an Euphrat und Nil'Mit <strong>de</strong>r schon erstaunlich verf'einerten und eleganten Kultur <strong>de</strong>sNiltals entstand auch ein Totenkult von ungeheuren Ausmal3en.Wilber nennt ihn clen ,ägvptischen Wahnsinn'. Zunächst genügte<strong>de</strong>m Menschen noch Magie. unl seine Ttr<strong>de</strong>sangst zu bewältigen'jetzt verdrängt er das BewulJtsein <strong>de</strong>r eigenen Sterblichkeit mitclem Bau von Pyrami<strong>de</strong>n. Für Wilber richtet sich die eigentlicheSehnsucht <strong>de</strong>r Menschheit auf ,Atman.' auf die Einheit mit <strong>de</strong>mhöchsten BewuLltsein. Dies wird auf keiner <strong>de</strong>r vlrstuf-en wirklicherreicht. und so verdrängen die Menschen das BewulStsein<strong>de</strong>r eigenen sterblichkeit rnit Ersatzlösungen für unsterblichkeit.rnit Besitz. Macht und Pyrarni<strong>de</strong>n nrit 'Atnlanprojekten''Die Mythologie dieser Zeitz'eigtnoch einen an<strong>de</strong>ren Zusanlmenhang.Zu Beginn <strong>de</strong>r Menschheitsentwicklungibt es fast rtusschließlichMuttergottheiten. Die chthonische Mutter, die Er<strong>de</strong>.gebiert. ernährt uncl - ernpfängt die Toten wiecler in ihrern ScholS.Das Herzstück ihrer Mythologie ist das rituelle Blutopt'er' zunächstein Menschenopf'er. ott ritueller Königsrttord Das 'Stirbund Wer<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Jahreszeiten ist darin und auch die Verbindungvon Blut und Fruchtbarkeit. Man schul<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r grolSen Muttergewissermal3en einen Tod. urn selbst Leben und Fruchtbarkeit zuerlangen. Die Könige fan<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n rituellen Mord bald Stellvertreter,Jungfrauen. Tiere. Und von dieser'zeit an erfahren wirauch von Kriegen: 'Wenn ich Dich töte. gewinne ich Leben'Macht und eine fruchtbare Zukunfi." Die Getiiteten sind Ersatzopf-er.Menschlicher Hafl - viel kälter und grausan.rer als <strong>de</strong>rtierische - ist für wrlber weitgehend kognitives. begrifllichesProdukt.226


Etwa ab 2500 v. Chr. beginnt eine neue Stufe. die mentalichhafte.Ihr Bild in <strong>de</strong>r Mythologie: männliche Götter tauchenauf, die nicht nur untergeordnete Gefährten <strong>de</strong>r Großen Muttersind. Der Kampf gegen die Natur ist nicht mehr aussichtslos, dieGroße Mutter nicht mehr unweigerlich Siegerin. Hel<strong>de</strong>n befieiensich von <strong>de</strong>m dunklen Ungeheuer und gewinnen einen großenSchatz: das Ich. die Fähigkeit zu kausalem. logischen Denken.Licht <strong>de</strong>r apollinischen Vernunfi geht"Dasauf. und machtunsere abendländische Kultur möglich. Der endgültrge Ausbruchaus <strong>de</strong>r unbewußten Bindung an Natur, Kosmos und Körper warjedoch bitter schwer und erzeugte bis dahin ungekannte Rachegefühle-eegen die fiühere Stufe. Grol3e Mutter wur<strong>de</strong> nicht nur"Dietranszendiert, was wünschenswert w,ar. son<strong>de</strong>rn verdrängt. wassich verheerend auswirkte.< Der Geist begann. die Natur zuunterwerl'en und zu zersti)ren. lernte auch das eigene StückNatur, <strong>de</strong>n Körper, ,Bru<strong>de</strong>r E,sel, verachten. Der Krieg zwischenVerstand und Instinkt beginnt.In <strong>de</strong>r Individualentwicklung ist dies die Phase. in cler das Kindsein eigenes Geschlecht, seine eigene I<strong>de</strong>ntität ent<strong>de</strong>ckt. Unddies führt gera<strong>de</strong>swegs zurersten unglücklichen Liebe:das kleineMädchen fühlt sich vom Vater. <strong>de</strong>r kleine Junge von dcr Mutterangezogen. aber bei<strong>de</strong> haben irn gleichgeschlechtlichen E,lternteileinen großen Rivalen. Das Kind steht nicht mehr nur eineran<strong>de</strong>ren Person, <strong>de</strong>r Mutter gegenüber. son<strong>de</strong>rn rnuf3 sich mitbei<strong>de</strong>n Eltern auseinan<strong>de</strong>rsetzen die Phase <strong>de</strong>s FreudschenOdipuskomplexes. Ihre Hauptkränkung ist tür Wilber Ausgeschlossenseinaus wesentlichen Gemeinsarnkeiten <strong>de</strong>r Eltern.ihre Hauptentwicklungsuutgabe die Über* inclung <strong>de</strong>r rnifilichenSituation, ihre Transzen<strong>de</strong>nz ins Mentale. Ödipus. das ist fürWilber <strong>de</strong>r tragische Held. <strong>de</strong>r vom Naturhaft-Mütterlichen nichtlos kam.Das Kind entwickelt nun auch vollends :ein Überich, das heilSt,es nimmt die Verbote und I<strong>de</strong>ale seiner Urnwelt. vor allerr dieseiner E,ltern, in sich auf, entwickelt moralische Mafjstäbe undplagt sich mit Schuld- und Scharngefühlen. wenn es diesenMaßstäben nicht genügt. Das eingeschränkte Selbst <strong>de</strong>s norma-221


len Mitteleuropäers, <strong>de</strong>m wir bei <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>s erstenSpektrumsentwurf'es begegneten. ist entstan<strong>de</strong>n.Die neue Entwicklungsstufe ist <strong>de</strong>utlich patriarchalisch bestimmt.Zum Teil ist das für Wilber natürlich: Die traditioneileDefinition <strong>de</strong>s Weiblichen >naturhafi. bewahrend. intuitiv, passiv,und die korrespondieren<strong>de</strong> männliche 'rational' logisch,aktiv, aggressiv< ist für ihn <strong>de</strong>sto zutreffen<strong>de</strong>r' je näher <strong>de</strong>rMensch noch seiner Körperlichkeit steht. und wird um so irrelevanterund irreflhren<strong>de</strong>r. je mentaler, je geistiger er wird'Schlimm finclet er, dalS die Frau - 'mulier taceat in ecclesia' - von<strong>de</strong>r mentalen Kommunikation und damit von <strong>de</strong>r Entwicklungeigener Geistigkert ausgeschlossen wur<strong>de</strong>. Von <strong>de</strong>r neuen E'ntwicklungeiner ,mentalen Femininität' erhofli Wilber sich nun<strong>de</strong>n Ausgleich rnaskuliner Einseitigkeit und Stagnation irn Verstan<strong>de</strong>srnäßigen.Weibliche Weisheit. die große Göttin Sophiao<strong>de</strong>r Sapientia. wird zur Führerin.E,ine Entwicklung <strong>de</strong>r Menschheit über die persönliche Autonomieuni1 Vernunft hinaus - woher weiß Wilber, dalS es sie gibtund wohin sie führt'l Persijnliche Erfahrung und die Erfahrung<strong>de</strong>r >Hel


konnten sich <strong>de</strong>rselben äußeren Rituale bedienen wie bei <strong>de</strong>rGroßen Mutter, aber neben <strong>de</strong>ren exoterischer Verehrung durchdie Masse <strong>de</strong>r Menschen tritt nun eine esoterische Religion imHerzen <strong>de</strong>r wenigen.Die am höchsten entwickelten Seelen in <strong>de</strong>r mental-ichhaftenPerio<strong>de</strong> - Christus. Buddha, Krishna. Laotse - dringen dann in<strong>de</strong>n Bereich jenseits <strong>de</strong>s persönlichen Gottes. <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>runmanifestierten Leere ein. Ihre E,insicht reicht weit über alleshinaus. was es vor <strong>de</strong>r mental-ichhafien Perio<strong>de</strong> gegeben hat.Christus sagt: >lch und <strong>de</strong>r Vater sind eins.< Wahrscheinlich war<strong>de</strong>r wesentliche Gehalt <strong>de</strong>r Lehre Christi - die E,vangelien <strong>de</strong>rNag Hammadi Bibliothek legen das nahe - reine Gnosis:"Gib dieSuche auf nach Gott. dcr Schopfun-und an<strong>de</strong>ren Dingen. Sucheihn, in<strong>de</strong>rn Du Dich selbst als Ausgangspunkt nimrnst. Erfähre.wer Du irn innersten bist... Dich selbst kennen. heißt Gottkennen.,. Das hiichste lch und das Giittliche sind iclentisch. Dasgnostische Verständnis fäßte .jedoch irn Abendland nie wirklichFuß. "E,inGottjenseits von Gott hätte das En<strong>de</strong> cler Macht <strong>de</strong>rersten Bischöf-e und tsankier-Priester be<strong>de</strong>utet.. und <strong>de</strong>r Mengecler Gläubigen im Abendland schien die gnostische Religionschlicht fälsch. Im Osten war clas Streben nach Atman. Tao o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>m Buddhawesen immer weit mehr als im Westen kulturellanerkannt. Zen-Meister D. T. Suzuki urteilte über die Verhältnisseim Abendland <strong>de</strong>nn auch spöttisch:"l)er Mensch ist gegenGott. die Natur ist gegen Gott und Mensch und Natur sindgegeneinan<strong>de</strong>r."Aus eigener Meditationserfahrung berichtet Wilber, wie bitterschwer es ihm gefällen ist. die Ebene <strong>de</strong>s Denkens hinter sich zulassen: >Es war die mühsarnste Auf-uabe. die rnir je gestellt war,die schwierigste Schlacht. die ich je teschlagen habe." Aberdann kam er in einen Bereich."in<strong>de</strong>m Gedanken ins Bewußtseintreten wie Wolken über <strong>de</strong>n Himmel ziehen: flielSend, anmutig,klar, nichts klebt, nichts kratzt o<strong>de</strong>r schabt". Er hatte. was er <strong>de</strong>n>Apollokomplex, nennt. bewältigt.Danach wur<strong>de</strong>n seine N{editationserlebnisse tief. archetypisch.Aber ie mehr er in dieser Meditation fortschritt. <strong>de</strong>sto mehr229


wur<strong>de</strong> ihm bewußt, daß er nicht jene Einheit erreichte, in <strong>de</strong>r eskeinen Erleben<strong>de</strong>n, keinen Zeugen mehr gibt. Ein Zen-Meister,<strong>de</strong>m Wilbers Erlebnisse wenig intponierten. machte ihm klar:,rZeuge zu sein. ist die letzte Bastion <strong>de</strong>s Ego." Als diese Bastionfiel, es nir-eendwo mehr ein Subjekt. nirgendwo ein Objekt"gabim Universum. da war nur noch Universurn. Vbn Augenblick zuAugenblick tauchte alles auf. in rnir und als Ich' aber es gab keinIch. . . Keine personliche Fähigkeit. Sprache. Logik' Begriffb'Motorik, war verloren o<strong>de</strong>r beeinträchtigt. Im Gegenteil, siefunktionierten zum ersten Mal richti-q. frei vtln allen Abwehrrnechanismen<strong>de</strong>s separaten Selbst. Dieser vtillig off'ene' vollkommennonduale Zustand war zu-eleich unglaublich und völliggew0hnlich. so sehr. daß er mir noch nicht einnlal auffiel. Es gabniernancl. um ihn zu begreif-en. bis ich - nach drei Stun<strong>de</strong>n - ausihm herausfiel."Wilbers neuestes Werk (Transtbrrnations clf Ctlnsciousness) befaljt sich noch einrnal und diesmal sehr viel dit'fbrenzierter mitPsychopathologie und Therapie. Das BewLrfitsein steigt ger.r'isserrnaLlenvttn Ebene zu Ebene: Präperstlnal . personal. transpersonal.Übermäl3iges Bewahrenwollen kann Entwicklung zumStillstancl bringen (Firierung) o<strong>de</strong>r sosar zurücklauf'en lassen(Regression). Steigt umgekehrl das Bewr'rf.Jtsein zu schnell aufhöhere Stufen weiter. kann es Btldcn unter clen Füf.len"<strong>de</strong>nverlieren.. wenn die vtlrhergehen<strong>de</strong>n Stut'cn nicht angemessenentwickelt, konsolidiert und integriert sind Daraus ergeben sichdie Gefahren und Störungen <strong>de</strong>r Entw'icklung.Bei clen Störungen <strong>de</strong>r präpersonalen Phase. wlihrend <strong>de</strong>r Entstehungcles lch, hält Wilber sich an die neofreuclianische Krankheitslehre.Das nehmen ihm nlanche transpersonalen Kollegenübel. habe ich mit Jung angefangen". \ugt er. "aber"Natürlichgegen tlie eigenen geistigen Väter wird man.ia meist am kritischsten.


eventuell mit ergänzen<strong>de</strong>r Psychotherapie. Die Strukturpathologien(Narzißmus und Bor<strong>de</strong>rlinestörungen) entstehen in <strong>de</strong>rPhase, wo Ich und Umwelt (Mutter) noch unvollkommen voneinan<strong>de</strong>rgeschie<strong>de</strong>n sind. Hier ist Behandlungsziel. die ungenügen<strong>de</strong>Egostruktur aufzubauen. Ichgrenzen abzuklären und zuetablieren. <strong>de</strong>n Trennungs- und Individuationsproze13 noch einmaldurchleben zu lassen. um ihn besser bewältigen zu können.Bei Neurosen schlielllich. auf die Phase <strong>de</strong>s Ödipuskomplexesund die Ausbildung <strong>de</strong>s Überichs zurüekzuführen. geht es um dieReintegration <strong>de</strong>s Verdrän-eten.Danach en<strong>de</strong>n die rneisten Theorien über ernsthafie psychischeStörungen. Wilber schlief.lt hier die Störungen <strong>de</strong>r personalenPhase an. Die Konflikte und Enrpfindlichkeiten sincl hier mehrkognitiver Natur. Da geht es einrnal urn Problerne cler sozialenZuordnung, um Rollen und Normen - <strong>de</strong>r Domiine <strong>de</strong>r Transaktionsanalyse.<strong>de</strong>r Familien- und <strong>de</strong>r Komnrunikationstherapeuten.Zum an<strong>de</strong>rn wircl die I<strong>de</strong>ntität zum Problem. <strong>de</strong>ren Sttirungenmit <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s Nach<strong>de</strong>nkens über die eigenePerson verbun<strong>de</strong>n ist. Introspektion Lrnd Philosophieren heiLlthier die Kur. und Wilber wünscht sich clafür einen Therapeuten,<strong>de</strong>r rriit seinem Klienten einen sokratischen Dialog führen kann.Drittens schließlich gibt es die existentielle Depression, Angst.Flucht vor Endlichkeit und Tcrd. Die Kur: je transparenter dasSelbst wird. je mehr es sich von unechtern Verhalten und egozcntrischenGefühlen befieien kann. <strong>de</strong>sto autonorner. echter undsicherer wird es. <strong>de</strong>sto eher fin<strong>de</strong>t es inneren Sinn.Auf <strong>de</strong>r transpersonalen Ebene sieht Wilber wie<strong>de</strong>r drei Artenvon Stärungen. Sie entstehen erstens irn Bereich von Kirrperekstaseund paranormalen Fähigkeiten. auf <strong>de</strong>rn ,Weg <strong>de</strong>r Yogis.,zweitens auf <strong>de</strong>rn tWeg <strong>de</strong>r Heiligen. und drittens auf <strong>de</strong>rn ,Weg<strong>de</strong>r Weisen.. Die spektakulärsten Störungen treten auf <strong>de</strong>m rWeg<strong>de</strong>r Yogis, auf, wenn paranormale Fähigkeiten aufbrechen unddie Struktur <strong>de</strong>s Selbst erschüttern. Konventionelle Psychiaterbegreif-en das meist als psychotischen Zusammenbruch und behan<strong>de</strong>lnihn mit Medikamenten. Das fiiert <strong>de</strong>n ProzelS oti ein un<strong>de</strong>rschwert eine spätere Heilung sehr. Wenn es sich bei StörungenlJl


auf dieser Ebene um das Erwachen <strong>de</strong>r sogenannten >Kundalini-Energie, han<strong>de</strong>lt, sind Yogaübungen angezeigt. Han<strong>de</strong>lt es sichum psychoseähnliche Episo<strong>de</strong>n, ist Yoga schädlich' Wilberempfiehlt dann eher eine Jungianische Therapie. Für die besteKur und gleichzeitig dre beste Vorbeugung dieser und an<strong>de</strong>rerStörungen auf <strong>de</strong>r transpersonalen Ebene hält Wilber gute Meditationsanleitunguncl Stärkung und Reinigung <strong>de</strong>s physisch-emotionalenKörpers mit Bewegung und vegetarischer Diät'Das grunclsätzliche clia-snostische und therapeutische Problemliegt clarin, die verschie<strong>de</strong>nen E,benen. auf <strong>de</strong>nen Störungenauftreten. nicht zu verwechseln. Konventionell Geschulte sehenin Störungen auf <strong>de</strong>r personalen cl<strong>de</strong>r transpers


lich nicht so souverän über Therapiesysteme schreiben' Marie-Louise von Franz. eine <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Vertreterinnen <strong>de</strong>rJungschen Psychologre, nennt ihn einen mo<strong>de</strong>rnen Thomas vonAquin. <strong>de</strong>r die ,Summa Theologia. <strong>de</strong>r Ze\t zieht. Da klingtBewun<strong>de</strong>rung mit, doch auch ein wenig Skepsis. Bewun<strong>de</strong>rung'weil Wilber eine faszinieren<strong>de</strong> Zusammenschau nicht nur <strong>de</strong>rverschie<strong>de</strong>nsten Therapieschulen. son<strong>de</strong>rn auch von Psychotherapieund religiöser Weishert liefert. Skepsis. rveil menschlicheEntwicklung zwar in diesem System verständlicher wird' abersich solcher Definition nie ganz tügt. Prosaisch ausgedrückt: DieMenschen sincl weit unor<strong>de</strong>ntlicher als Wilbers System' Nichtzufällig liebt Wilber die großen Systematiker <strong>de</strong>r Philosophie,Hegel vor allem.Wilber mcichte Psychologie philosophisch begriin<strong>de</strong>n. Vrn Kantüber Schopenhauer. Nietzsche. Kierkegaard. Hei<strong>de</strong>gger, Husserlbis hin zu Habermas hat er gelesen, was in <strong>de</strong>r europäischenPhilosophie lesenswert ist. ist überall Wahrheit drin'' Woherweiß er. was Wahrheit ist'l hits"' sagt er spontan: es"lt"Dascheint ihn wirklich wie ein körperlicher Schlag zu tref'fen' Unddann wird er rational: Es gibt drei Ebenen <strong>de</strong>r Erkenntnis: erstensclie sinnliche Erfahrung und <strong>de</strong>ren Verf'einerung. die empirischeWissenschafi: zweitens die logische Deduktion und Einsicht. sieschlielSt die Ernpirie <strong>de</strong>r vorigen Stuf- ein Lrnd übersteigt sie: undclrittens <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Kontemplation. <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rurn die beiclenersten einschließt und übersteigt. Wissenschafil ich beweiskriittigwird, was auf <strong>de</strong>rjeweiligen Ebene im Vergleich mit an<strong>de</strong>ren, dieauf clerselben Ebene arbeiten. Bestand hat. Schwierigkeitentauchen auf. wenn diese drei Ebenen nicht klar getrennt bleiben'Zur Zeit, finclet Wilber. neigen wir dazu. alles Wissen aLrf dieEmpirie zu recluzieren, beson<strong>de</strong>rs im angloanlerikanischenSprachraumt die <strong>de</strong>utschen,Geisteswissenschatiler sind ihnlda lieber.Aber Wilber lebt nicht nur in I<strong>de</strong>en. sich weigert' konternplativeTechniken zu erlernen. kann nicht über 'Atman' o<strong>de</strong>r"Wer,Buddhanatur( mitre<strong>de</strong>n.


Krebs im letzten Stadium habe. Er zog zu ihr ins Krankenhausund bei<strong>de</strong> haben eineinhalb Jahre lang gemeinsam gegen dieseKrankheit gekämpft. Nach zwei Operationen ist sie jetzt krebsfrei.Es fiel Wilber bitter schwer, seiner Berufung, <strong>de</strong>m Philosophierenund Schreiben. so lange untreu zu sein: aber: ,Es wareine Prüfung, wieviel unsere Weltanschauung wert ist. Vielleichthaben wir bei<strong>de</strong> die Erfahrung <strong>de</strong>r dunklen Seite <strong>de</strong>s Lebensgebraucht.


clurchaus nicht von allem begeistert. was es da gibt: New-"DieAge-Bewegung ist eine seltsame Mischung einer Handvoll wahrhafttranspersonaler Seelen mit Mas-.en von präpersonalen Süchtigen..rTranspersonale Landstreicher< nennt Wilber diesenMenschentyp unfreundlich.Es gibt eine wachsen<strong>de</strong> Min<strong>de</strong>rheit. fin<strong>de</strong>t er jedoch. die sichehrlich ein neues höheres Bewu{Jtsein zu erarbeiten versucht.Aber er ist keineswegs <strong>de</strong>r Meinung. daf3 innerhalb <strong>de</strong>s nächstenJahrzehnts <strong>de</strong>r wahre Geist über uns konlmen u'ird. gegenwärtigenPunkt <strong>de</strong>r Geschichte wür<strong>de</strong> eine radikale. durchdrin-"Amgencle und clie Welt erschüttern<strong>de</strong> Transltrrmation schtln darinbestehen, tlaß je<strong>de</strong>rrnann sich zu e inenl wahrhaft reit'en. rationalenuncl bewuLlten Ego entuickeln u'ür<strong>de</strong>. einenl [:gtl. das ir.nstanclewäre. frei ant oft'enen Austausch gegenscitiger Achtungteilzunehmen . . . Darnit wür<strong>de</strong>n wir ein u'irkliches neues Zeitaltererleben. . . Sollte <strong>de</strong>r Htllocaust uns alle verschlingen, dannwircl das nicht beweisen. da[.] die VernLrnft versagt hat. son<strong>de</strong>rnhauptsächlich. clalS sie noch nicht voll uncl ganz ausprobiertwur<strong>de</strong>.A tr.s gt' x'iih I t c Pub I i kut iott a trWcgc zunt Sclbst. Östlichc uncl r"cstlichc Ansntzc zu pe rs(rnlichcrllWachstunr (Engl. 1979). N{ünchcn: Ki;scl rl9t36 - Halbzcit clcr Evolution(Engl. 198 l). Bcrn Münchcn Wicn: Schcrz l9lt4. - (Hrsg'): Dashokrgraphischc \\tltbild. Bcrn-Münchcn-Wicn: Schcrz 19u6. - [:yc toEyc: Thc Qucst for thc Ncw Paradignra Nc'ur Vrrk: Anchor Prcss 1983(Deutsch: Münchcn: Kiiscl l9tt8). - I'hc Spcctrutr ot Consciousncss'(Engl. 1977) Bcrn-N'lünchcn-Wicn: Schcrz l9lt7 Thc Atrnan Pro-.icct. Whcaton: Quest 1980. - Thc Sociablc God. Tirward an Un<strong>de</strong>rstantlingof Rcli-qion. Bouldcr: Shambhala 19ft'+. - Wilbcr. K.lEnglcr. J /Brou'n. D. P.: Transtbrmatiolls of Consctousncss Convcntitlnal andContcmplative Perspecttves on Dcvcloprncnt. Boston-l-ondon: Shanlbhala1986,235


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Gerda BoyesenÜber <strong>de</strong>n Körper die Seele heilenBiodynamische Psychologie und PsychotherapteEine Einführunglgil Seiten. KarloniertMit diesem Buch lie-et endlich die lang erwartete Einführungin die von Gerda Boyesen entwickelte"BitrdynulnischePsychologie. vor. Sie hat zwei wesentliche Grundlagen:l. die Vegetotherapie Wilhelm Reichs und 2 Massage.die wie eine Psychoanalyse wirkt: durch Arbeit mit<strong>de</strong>m Körper wird ein dynamischer Prozeß in Gang gesetzt'cler die Psyche transfbrmiert. Diese santie Metho<strong>de</strong> integriertclie Sichtweisen <strong>de</strong>r drei GrolSen <strong>de</strong>r Psychotherapie- Freucl, Reich und Jung - und hat sich f ür Persiinlichkeitsstörungen,psychosomatische Erkrankungen und als Wegcler Persönl ichkeitsentwicklung v ielfäl ti g bewährt'Autobiographrsch erzählend zeigt Gerda Boyesen. wie dieBioclynamische Psychologie sich - mit ihr selbst imLaul-e einer mehr als drei13igjährigen Praxis theoretisch undpraktisch entwickelt hat. Zahlreiche Beispiele und klassischeFallgeschichten veranschaulichen diesen lebendigenBericht.Die Biodynamische Psychologie gehört zu <strong>de</strong>n wirksamstenunter clen heutigen Therapieansätzen und wird vclneiner stattlichen Anzahl von Therapeuten angehoten'Kösel-Verlag ' München


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