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Zeitpolitisches Magazin - Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik

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KINDERBETREUUNG RUND UM DIE UHRIn Kooperation mit JobcenternEin Modell freier Träger zu ergänzender BetreuungIm bundesweiten Vergleich ist das Berliner System der Kinderbetreuungdifferenziert und flexibel. Dennoch: nicht immerbietet es passgenaue Kinderbetreuungslösungen. In einerStadt wie Berlin funktionieren großfamiliäre Strukturen oderandere private Netzwerke vergleichsweise nicht so wie anderswo.Deshalb sind private Lösungen oft nicht ausreichendvorhanden. Professionelle Dienstleistungen auf dem BerlinerMarkt der Kinderbetreuung sind <strong>für</strong> Familien mit Kindern oftnicht bezahlbar.Wer über moderne Möglichkeiten von Betreuungssettings zueher untypischen Zeiten redet, trifft „den Nerv der Zeit“. SolcheAngebote müssen nicht dem Kindeswohl widersprechen(ein häufig anzutreffendes Vorurteil). Sie können durchausdem kindlichen Bedürfnis nach Struktur und Kontinuitätgerecht werden. Auch der Beziehungsaufbau ist möglich. ImBewusstsein solcher Vorurteile in die Diskussion zu gehen, istZiel dieses Beitrages.Das „Netzwerk Berliner Kinderbetreuungsprojekte“Nach 1990 entstanden zunächst in den östlichen BezirkenBerlins wegen der großen Nachfrage nach Kinderbetreuungaußerhalb der Öffnungszeiten von Kita und Hort Kinderbetreuungsprojektevon Selbsthilfeinitiativen und Frauenvereinen.Alleinerziehende sollten gestärkt werden. Im Kontextdes Zeitstrukturwandels und der Zunahme von atypischenBeschäftigungsverhältnissen haben aber auch ZweielternfamilienBedarf an ergänzender Kinderbetreuung.In jenen Jahren entstand eine Studie zum Bedarf an flexiblenKinderbetreuungszeiten bei Einelternfamilien. Sie brachte dasProblem Zeit und Zeitdruck, insbesondere bei Einelternfamilien,auf den Punkt. Ziel der Studie war es, eine Ungleichheitsanalysevorzunehmen und bestehende Bedürfnisse möglichstumfassend darzustellen. Zentraler Lösungsvorschlag war dieEinführung flexibler Kinderbetreuungsformen, um dem immergrößer werdenden Bedarf an nicht regulären Betreuungszeitengerecht zu werden. Die Studie, die von der Jugend- undFamilienstiftung des Landes Berlin gefördert wurde, beschriebsehr konkret die Lebenslagen der Betroffenen. In Tiefeninterviewswurden typische Situationen hinsichtlich des Zeitbudgetsund der flexiblen Kinderbetreuungszeiten analysiert.(Fischer 1998).Es blieb nicht bei vereinzelten Initiativen: Freie Träger schlossensich 1995 berlinweit im „Netzwerk Berliner Kinderbetreuungsprojekte“zusammen, das es noch immer gibt (www.shiaberlin.de/Kinderbetreuung/Netzwerk).Zu ihm gehörte dasFrauenzentrum Paula Panke und der Verein SHIA, Selbst-HilfeInitiative Alleinerziehender, Landesverband Berlin, derdas Netzwerk von Anfang an koordiniert.In diesem Netzwerk wurden mehr als zwei Jahrzehnte langzwei Modelle praktiziert:• Zum einen handelt es sich um ein Modell mit Ehrenamtlichen.Familien wird eine Unterstützung im Alltag angeboten.Die ehrenamtliche Arbeit auf diesem Gebiet ist hilfreichund sehr zu schätzen. Geht es aber um die Vereinbarkeit vonFamilie und Erwerbstätigkeit und um regelmäßige Betreuungszeitenam frühen Morgen, am späten Abend oder in derNacht, dann sind Ehrenamtliche nicht die richtigen Ansprechpartner/innen.Diese Projekte können – auch nacheigener Einschätzung – hier keine zuverlässige und auchkeine passgenaue Lösung anbieten.• Zum anderen handelte es sich um ein (Auslauf)Modell, dasfinanziert wurde über Berliner Jobcenter. In Kooperationmit diesen konnte bis Ende 2011/Anfang 2012 von freienTrägern ergänzende Kinderbetreuung außerhalb der Öffnungszeitenvon Kita und Hort angeboten werden. DerFokus lag auf der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit.Mehrheitlich älteren Frauen mit Familienkompetenzenund oft wenig Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkteröffnete das Projekt eine zeitweilige Erwerbsperspektive.Heute ist die Finanzierung nicht mehr möglich, da – so dieBegründung – das Angebot von familienpolitischen Leistungennicht zu den originären Aufgaben der Jobcenter gehörten,sondern dies Aufgabe der Kommunen sei.Das Modell der Kooperation mit JobcenternFlexibilität und Mobilität im Erwerbssektor war auch in denBerufsgruppen spürbar, aus denen Eltern nach besonderemUnterstützungsbedarf suchten: Sie arbeiteten in der Gesundheitswirtschaft,der Altenpflege, der Dienstleistungsbrancheoder auch der Kreativwirtschaft. Aber auch Aus- und Weiterbildungwie Studium erforderten ergänzende Kinderbetreuung.Das Modell richtete sich an Alleinerziehende bzw.Zweielternfamilien vorwiegend aus sozial schwachen Einkommensgruppen.Je nach Möglichkeit und Rahmenbedingungwurde das Angebot angepasst und weiterentwickelt.Der Bedarf war ganz unterschiedlich: Konkret ging es um früheMorgen- oder frühe Abendstunden und um das Wochenende.Manchmal war eine Betreuung über Nacht nötig. Nachgefragtwurden die Betreuung in den Ferienzeiten oder auch Notfalllösungen.18 ZPM NR. 23, DEZEMBER 2013

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