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Jean Genet - Schauspiel Stuttgart

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xxx Copyright Freiheitxxxx xxxxx spielzeit 2011 / 2012derBalkonVon<strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong>Übersetzung von Georg Schulte-FrohlindePremiere am 12. November 2011, NORDWeitere Vorstellungen: 15. & 16.11; 18.11-21.11; 23.11.-27.11;29. & 30. November; 01.-04. DezemberRechte beim Verlag der AutorenKammertheaterschauspielstuttgartstuttgartder balkon↘ ( <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong> )Wenn ihr mich über den Tisch gebeugt sehenkönntet, / Das Antlitz mitgenommen vonmeinem Schreiben, / Wüsstet ihr, dass diesesAbenteuer mich auch anekelt, / Erschreckendist es, das Gold, versteckt / Unter so vielFäulnis, entdecken zu wollen.Die Spiegelkabinette der Madame Irma im Haus der Illusionen sind eine Einladung analle, die für die Dauer von ein paar Stunden ihre Identität tauschen wollen. Im geschütztenRaum kann jeder Besucher seine Macht- und Unterwerfungsphantasien ausleben.Die Realität bleibt außen vor. So werden aus diesen Besuchern die Stützen der Gesellschaft:Bischof, Richter, General, die ihren vorgstellten Ämtern gemäße Spiele spielenund dabei von Irmas Mitarbeitern professionell bedient werden. Nur einen Polizeipräsidentenwill niemand der Gäste imaginieren. Und darum hat der wirkliche Chef der Polizei,der zugleich Madame Irmas ehemaliger Geliebter und jetzt ihr Mäzen (oder Zuhälter)ist, ein Problem: Auch er möchte Gegenstand der bürgerlichen Wunschträume sein.Aber zu Beginn des Stückes steht er in der Warteschleife …Machtrausch und Lust an der Demütigung, die in Irmas Refugium ausgelebt werdenkönnen, erhalten ihren besonderen Kick durch die Überzeugung, draußen – vor den Türendes Bordells, denn als solches versteht sich ihr Etablissement – tobe ein Aufstand.Es ist, glaubt Irma, der Aufstand der Anständigen, der dem amoralischen Treiben imHaus der Illusionen ein Ende setzen und neue Machtverhältnisse hervorbringen will.Während im sogenannte ,Draußen‘ eine Welt in Schutt und Asche zu gehen scheint, taucht einGesandter der (inzwischen verschütt gegangenen) Königin auf und überredet Madame Irma,das Spiel ihrer Gäste selbst zu spielen. Das meint: Irma soll die Identität der gerade abhanden gekommenenKönigin annehmen. Und mit ihr müssen Richter, General und Bischof aus dem Schutzdes Bordells in die Wirklichkeit heraustreten und tatsächlich verkörpern, was sie bis dahinnur phantasierten: Sie sollen staatsmännisch handeln. Und in ihrer Eitelkeit gekitzelt - lässt sichMadame Irma auf das Angebot ein.<strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong>s der balkon ist eine Versuchsanordnung. Alle Figuren sind an Rollenspielen beteiligt.Am Anfang steht die Selbsterhöhung dreier anonymer Personen, die erst im Spiel ihr Gesicht gewinnen.Im umgekehrten zeitlichen Ablauf schildert <strong>Genet</strong> zunächst Ende, dann Mitte und zuletzt Anfangeiner ,Sitzung‘ im Hause Irmas. Dazwischen ermöglicht er immer wieder den Blick ,hinter dieKulissen‘, in das Getriebe der Illusionsmaschine und in den Gedankenkosmos Irmas, die einerseitsmit kühlem Geschäftssinn agiert, andererseits immer mehr zur Konsumentin ihrer eigenen Angebotewird.Dazwischen konstruiert <strong>Genet</strong> eine Gegenwelt, gebunden an den Revolutionär Roger, die, andersals das Treiben im Haus der Illusionen, Faktizität für sich beansprucht. Die Revolte scheint nacheiner neuen Wirklichkeit zu verlangen, mündet aber am Ende des Stücks im Bordell selbst: DerRevolutionär will (nach dem Scheitern seines Aufstands) zum Gegenteil, dem politischen Gegenspielerseiner selbst, werden – nämlich zum Polizeipräsidenten, der den Aufstand niederschlug.Für alle im Stück agierenden Figuren geht es darum, sich immer wieder neu zu erfinden. Das istdie verstörend moderne Ausgangsthese des Stücks: Die Behauptung einer Rolle ist dem Einzelnenin Fleisch und Blut übergegangen. Außerdem ist jeder beobachtende Blick geprägt durch die vermeintlicheKenntnis voneinander: Glaube ich, du bist ein Mörder, werde ich jede Geste, jeden Augenaufschlagin diesem Sinne interpretieren. Und wenn ich annehme, du bist ein Opfer, funktioniertdas genauso.<strong>Genet</strong> macht verwirrende Vexierspiele auf: Madame Irmas Haus der Illusionen ist eine Traumfabrikund zugleich die einzig vorhandene Welt. Eine andere Realität außerhalb dessen gibt esnicht. Und so wird auch jeder antizipatorische Gedanke vereinnahmt.<strong>Genet</strong>, das enfant terrible der französischen Literatur der fünfziger und sechziger Jahre, verstehtsich als Provokateur. Er feiert in seinen Dramen das Verbrechen, er schreibt sich seine Homosexualitätvon der Seele, er verweigert die Akzeptanz bürgerlicher Normen, und er misstrautdem einfachen Begriff von Wahrheit. Was er in Dramen, Romanen und Gedichten schildert,hat er selbst er- bzw. gelebt. Seine Biografie ist bis Ende der vierziger Jahre mit unzähligen Gefängnisaufenthaltenverbunden. Nur die Fürsprache von <strong>Jean</strong> Cocteau rettet ihn vor dem Urteil,lebenslänglich‘.Seine Stücke sind zum Zeitpunkt ihrer Uraufführung oft Theaterskandale. Denn eines ihrerHauptthemen ist Gewalt in jedweder Form. Sie entziehen sich den üblichen Dramaturgien, sinddunkel, lyrisch und manchmal geschwätzig. An Faszinationskraft verlieren sie dabei nichts,weil sie die Problematik des Individuums in der Moderne beschreiben: der balkon erzählt vomgrotesken Kampf gegen die Konturlosigkeit der eigenen Existenz. Er ist eine theatralische Versuchsanordnung,in der das Theater zum Bordell und seine Zuschauer zu Besuchern desselbenwerden.beate seidel↘ ( <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong> )Es gibt keine andere Quelle der Schönheit als die Verletzung, einzigartigverschieden bei jedem Einzelnen, versteckt, aber sichtbar, die jeder Menschin sich trägt, die er sich bewahrt und in die er sich zurückzieht, wenn er dieWelt in eine vorübergehende, doch tiefe Einsamkeit verlassen möchte.*82 *109*85 *103 *92*84 *104 *110 *100 *101 *105 *106 *108 *96 *112 *117*87 *86 *88 *89 *90 *91 *102 *97 *107 *93 *94 *95 *98 *99 Koproduktion mit der staatlichen Hochschulefür musik und darstellende künste stuttgartBesetzungmadame Irma:Der Bischof:Der Richter:Der General:Der Bettler/der Sklave/Aufständischer:Carmen:Das Mädchen:Der Polizeipräsident:Der Gesandte der Königin:Artur/Roger:Regie:Bühne:Kostüme:Musik:Dramaturgie:Regieassistenz:Musikalische Einstudierung:Bühnenbildassistenz:Kostümassistenz:Souffleur:Inspizient:Regiehospitanz:Bühnenbildhospitanz:Kostümhospitanz:Mit freundlicher Unterstützung von uraufführungAstrid MeyerfeldtRainer PhilippiLutz SalzmannRahel OhmBoris BurgstallerDorothea ArnoldLisa BitterBoris KonecznyJan KrauterDino ScandariatoThomas DannemannCary GaylerRegine StandfussMichael WertmüllerBeate SeidelMarkus KlemenzNanita PeschkeDaniel UngerKatharina FaltnerHermann J. WolterRoberto RochowSimon ReinNathalie HimpelOlga Schulz premiere WiederaufnahmeTechnische Direktion: Karl-Heinz Mittelstädt / Technische Direktion <strong>Schauspiel</strong>: Reiner Darr /Technische Leitung: Benno Brösicke / Bühneninspektor: Matthias Hennig / Beleuchtungsinspektor:Reinhard Schaible / Technik: Michael Guther, Klaus Hein, Thomas Heyden, Richard Meinharth, MartinSchader, Roland Seiferling / Beleuchtung: Tino Langmann, Jürgen Hommel, Günther Konopik, OliverScheuble / Ton: Herbert Schnarr, Markus Götze / Requisite: Dieter Bauche, Andreas Gsell, RobertKraus / Maschinerie: Hans-Werner Schmidt / Leitung Dekorationswerkstätten: Bernhard Leykauf /Technische Produktionsbetreuung: Monika Höger / Malsaal: Maik Sinz / Bildhauerei: Michael Glemser /Dekorationsabteilung: Donald Pohl / Schreinerei: Frank Schauss / Schlosserei: Patrick Knopke /Leitung Maske: Heinz Schary / Maske: Sabine Pies, Jutta Wennrich / Kostümdirektion: Werner Pick /Produktionsleitung Kostüme: Sabine Keller / Gewandmeisterinnen: Renate Jeschke (Damen), Anna Volk(Herren) / Färberei: Martina Lutz / Kunstgewerbe: Heidemarie Roos-Erdle, Daniel Strobel / Modisterei:Eike Schnatmann / Rüstmeisterei: Achim Bitzer / Schuhmacherei: Verena Bähr, Alfred BudenzI↘ ( <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong> )Vorwort zu»Der Balkon« (1956)Die fiktive Darstellung einer Handlung, einer Erfahrung erlässt es uns fürgewöhnlich zu versuchen, sie auf der realen Ebene und in uns selbst nachzuvollziehen.Wenn das Problem eines großen Widerspruchs – oder eines Unheils –, soebenauf den Brettern gelöst wurde, entsteht der Eindruck, es sei tatsächlich erledigt,denn nach den Theater-Konventionen unserer Epoche kann die theatralischeDarstellung nur die Darstellung einer Tatsache sein. »Wenden wir unsalso anderen Dingen zu und lassen wir unser Herz vor Stolz anschwellen,da wir die Partei des Helden ergriffen haben, der die Lösung wagte – und sieerreichte.«So pflegt ein versöhnliches Bewusstsein es den Zuschauern unaufhörlichzuzuflüstern. Aber kein dargestelltes Problem sollte im Imaginären gelöstwerden, zumal die dramatische Lösung eine vollendete soziale Lösunganstrebt. Im Gegenteil sollte das Böse auf der Bühne explodieren, uns nacktzeigen, uns möglichst verstört zurücklassen, und so, als hätten wir nur inuns eine Zuflucht.Die Künstler – oder die Dichter – haben nicht die Aufgabe, die praktischeLösung der Probleme des Bösen zu finden. Sie sollten akzeptieren, Verdammtezu sein. Sie werden bei ihrer Arbeit ihre Seele verlieren, sofern sie eine haben.Aber das Werk wird ein gewaltiger Ausbruch sein, ein Akt, auf den dasPublikum reagiert, wie es will, wie es kann.Einige Dichter unserer Zeit geben sich einer sehr seltsamen Tätigkeit hin: siebesingen das Volk, die Freiheit, die Revolution usw., welche, vom Besungenwerdensich rasch verflüchtigend, auf einen abstrakten Himmel genageltwerden, wo sie erschlagen und erschlafft als difforme Sternbilder erscheinen.Wie sich ihnen annähern, sie lieben, leben, wenn sie so achtungsgebietendweit weg geschafft wurden? Manchmal prachtvoll beschrieben, werden siezum Signum eines Gedichts; da Poesie Nostalgie ist und der Gesang ihrenVorwand zerstört, töten unsere Dichter, was sie zum Leben erwecken wollen.Ich habe michschlecht ausgedrückt,möglicherweise?↘ ( <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong> )Tagebucheines DiebesIZwar glaubte ich nicht, daß ich von prächtiger Geburt wäre, doch die Ungewißheit meinerHerkunft ermöglichte mir, sie auszumalen. Ich fügte ihr die Einzigartigkeit meines Elendshinzu. Von meiner Familie im Stich gelassen, schien es mir nur natürlich, diesen Umstandnoch zu verschärfen durch die Knabenliebe und diese Liebe durch den Diebstahl, denDiebstahl durch das Verbrechen oder die Neigung zum Verbrechen. So verwarf ich entschlosseneine Welt, die mich verworfen hatte.meine Geburt und meine Neigungen von der gesellschaftlichen Ordnungausgeschlossen, unterschied ich nicht deren Vielfalt. Ich bewunderte ihren lückenlosenZusammenhalt, der mir den Zutritt verwehrte. Ich war fassungslos überIIDurchein so strenges Gebilde, dessen einzelne Teile sich gegen mich verschworen hatten.Nichts in dieser Welt war ungewöhnlich: die Sterne auf dem Ärmel eines Generals, die Aktienkurse,die Olivenlese, die Sprache der Justiz, der Kornmarkt, die Blumenbeete … Nichts. Diesefürchterliche, gefürchtete Ordnung, deren Einzelheiten sich genauestens ineinanderfügten,hatte einen Sinn: mein Exil. Im Dunklen, heimlich, hatte ich bisher gegen sie gewirkt. Heutewagte ich, daran zu rühren, zu zeigen, daß ich daran rührte, indem ich jene beleidigte, ausdenen sie besteht. Und gleichzeitig, während ich mir das Recht darauf zuerkannte, erkannteich meinen Platz in ihr.Gefangenen bietet das Gefängnis das gleiche Gefühl von Sicherheit wieder königliche Palast dem Gast eines Königs. Es sind die beiden Gebäude, diemit dem stärksten Glauben errichtet wurden, die die größte Gewißheit aus-IIIDemstrahlen zu sein, was sie sind, die sind, was sie sein wollten und es bleiben.Gemäuer, Materialien, Proportionen, die Architektur stimmen überein mit einem moralischenGefüge, das diese Stätten vor Zerstörung bewahrt, solange das soziale Gebilde besteht, welchessie symbolisieren. Das Gefängnis ist eine vollkommene Garantie. Ich hege keinen Zweifel,daß es für mich erbaut wurde, nicht anders als der Justizpalast, dessen Nebengebäude undgewaltige Vorhalle. Mit dem größten Ernst wurde mir dies alles zugedacht. Die Unerbittlichkeitdes Reglements, seine Engstirnigkeit, seine Genauigkeit sind von der gleichen Art wie dieEtikette eines königlichen Hofes, wie die vollendete, tyrannische Höflichkeit, die dem Gast andiesem Hofe zuteil wird. Die Ähnlichkeit besteht auch darin, daß das eine Gebäude die Wurzel,das andere die Krone eines lebendigen Organismus bildet, welcher pendelt zwischen diesenbeiden Polen, die ihn einfassen, verdichten, die Gewalt in ihrer reinsten Form verkörpernd.Welche Geborgenheit in diesen Teppichen, diesen Spiegeln, sogar in der Intimität der Latrinendes Palastes. Dieselbe Sicherheit bietet mir das Gefängnis. Nichts kann es vernichten. KeinWindstoß, kein Sturm, kein Bankrott. Es bleibt seiner gewiß, und Ihr seid Eurer gewiß mittendarin.↘ ( Auszüge aus dem Interview von Hubert Fichte mit <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong> (1975) )Es gibt keine nichtritualisierte WeltIWenn ich ehrlich bin, liegt mir gar nicht daran, dasseine Revolution stattfindet. Die aktuelle Situation,das augenblicklichen Regime erlauben mir dieRevolte. Aber die Revolution würde mir wahrscheinlichkeine individuelle Revolte gestatten. Ich kanndagegen sein, aber wenn es sich um eine wirklicheRevolution handeln würde, könnte ich nichtdagegen sein. Ich würde ein Anhänger dieserRevolution werden und ein Mann wie ich ist keinAnhänger von irgendwas, er ist ein Mann derRevolte. Mein Standpunkt ist sehr egoistisch. Ichmöchte, dass die Welt sich nicht verändert, damitich mir erlauben kann, gegen die Welt zu sein.IIDas Ritual bedeutet (…) das Anerkennen von etwasTranszendentem, es ist die repetitive Anerkennungdieser Transzendenz, Tag um Tag. Woche umWoche, Monat um Monat (…) die ganze Welt istritualisiert. Es gibt keine nichtritualisierte Welt. (…)Selbst die Revolution, sobald sie eingetreten ist,wird fast automatisch ritualisiert.IIIDie politischen Revolutionen stimmen niemals mitden künstlerischen Revolutionen überein. PolitischeRevolutionen werden nie durch künstlerischeRevolutionen ergänzt. Wenn politischeRevolutionen eine völlige Veränderung derGesellschaft erreicht haben, befinden sie sich vorfolgendem Problem: Sie müssen sich auf möglichstadäquate Weise ausdrücken. Es scheint mir, dasssich alle Revolutionäre der allerakademischstenAusdrucksmittel bedienen, die sie gestürzt habenoder stürzen wollen. Alles geschieht, als ob sich dieRevolutionäre gesagt hätten: „Wir wollen demRegime, das wir gestürzt haben, beweisen, dass wires genau so gut können.“ Und dann imitieren siedie Akademismen, die offizielle Malerei, dieoffizielle Architektur, die offizielle Musik. Sehr vielspäter planen sie eine Kulturrevolution und dannberufen sie sich nicht mehr auf den Akademismus,sondern auf die Tradition und auf neue Formen, umdie Tradition auszudrücken.IVBei einer revolutionären Handlung risikieren SieIhren Körper, beim Schaffen und beim Erkenneneines Kunstwerks riskieren Sie vielleicht IhrenNamen, Ihr Fortleben in zukünftigen Generationen,aber Ihr Körper ist nicht in Gefahr. Wenn Ihnen einGesicht schief geht, ein Konzert, eine Konstruktion,wird man sich vielleicht über Sie lustig machenoder Sie verlieren Ihren Ruf, der Ihnen zusteht, aberin Todesgefahr sind Sie nicht. Wenn Sie Revolutionmachen, ist Ihr Körper in Gefahr und das ganzeAbenteuer der Revolution zu gleicher Zeit.ImpressumTextnachweis: <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong>, Gedichte in: Werke in Einzelbänden Bd.VII, Merlin Verlag, Gilendorf 2004; <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong>, Tagebuch eines Diebes in: s.o. Bd. V; <strong>Jean</strong> <strong>Genet</strong>, Dramen in: s.o. Bd. VIII; Hubert Fichte, Ein Interview, Rimbaud Verlag, Aachen 2002 / Bildnachweis: Titelfoto von Sebastian Kowski; / Herausgeber: <strong>Schauspiel</strong> <strong>Stuttgart</strong>/ Staatstheater <strong>Stuttgart</strong> / Intendant: Hasko Weber / Redaktion: Beate Seidel / Gestaltung: Strichpunkt, <strong>Stuttgart</strong>/www.strichpunkt-design.de / Druck: medialogik GmbHVFichte: Warum habenSie keinen Mordbegangen?<strong>Genet</strong>: Wahrscheinlich,weil ich meineBücher geschriebenhabe.Fichte: Waren Sie von der Idee besessen, einenMord zu begehen?<strong>Genet</strong>: O ja! Aber einen Mord ohne Opfer. Eskostet mich schon Anstrengung zu glauben, dasLeben oder der Tod eines Menschen seienunwichtig, nur weil der Tod notwendigerweisekommen wird, ob er nun durch mich eintritt, durcheinen normalen Herzschlag, oder durch einenAutounfall. Das sollte mir nicht wichtig sein unddennoch ist es das. Sie können mir jetzt die Fragestellen, ob ich den Tod eines anderen Menschenverursacht habe.Fichte: Ja.<strong>Genet</strong>: Und ichwürde Ihnen nichtantworten.Fichte: Wie vollzog sich der Übergang von IhremLeben zum geschriebenen Werk?<strong>Genet</strong>: Wenn Sie eine grobe Antwort akzeptieren:Ich würde sagen, dass meine Mordimpulseabgeleitet wurden zugunsten dichterischer Impulse.IVIch kann einem anderen nichts sagen. Anderennichts sagen als Lügen. Wenn ich allein bin, sageich vielleicht ein bisschen Wahres. Wenn ich mitjemandem zusammen bin, lüge ich. Ich bindaneben.

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