13.07.2015 Aufrufe

Zum Gedenken an meinen verehrten Lehrer Prof. Dr - Tinnitus Klinik ...

Zum Gedenken an meinen verehrten Lehrer Prof. Dr - Tinnitus Klinik ...

Zum Gedenken an meinen verehrten Lehrer Prof. Dr - Tinnitus Klinik ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Zum</strong> <strong>Gedenken</strong> <strong>an</strong> <strong>meinen</strong> <strong>verehrten</strong> <strong>Lehrer</strong><strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. med. <strong>Dr</strong>. med.dent. <strong>Dr</strong>.h.c.mult. Ernst Lehnhardt<strong>Prof</strong>. Ernst Lehnhardt, mein verehrter <strong>Lehrer</strong> und Förderer, verstarb am 1. Dezember2011 im Alter von 87 erfüllten Jahren. Bis zuletzt war er trotz seiner schwerenKr<strong>an</strong>kheit voller Energie und immer für wissenschaftliche und kritische Gesprächeoffen; er verlor nie seine klaren <strong>an</strong>alytischen Fähigkeiten und seinezukunftsorientierten Fragen.Geboren 1924 im mecklenburgischen Crivitz als Sohn des dortigen Pfarrers wurde ernach dem Abitur in Schwerin schon als junger M<strong>an</strong>n zum Kriegsdienst eingezogen.Mit viel Glück überlebte er in Russl<strong>an</strong>d diesen, wie er immer betonte, sinnlosen undgrausamen Krieg. Unmittelbar d<strong>an</strong>ach beg<strong>an</strong>n Ernst Lehnhardt das Studium derMedizin in Kiel, promovierte dort 1950 und studierte d<strong>an</strong>ach Zahnmedizin in Rostock,was er ebenfalls mit einer Promotion 1953 abschloss. Mit dieser Doppelapprobationund -promotion beg<strong>an</strong>n er seine Facharztausbildung zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt beiWalter Hesse in Rostock und habilitierte sich dort 1959 über die Lärmschwerhörigkeitdes Innenohres. Aus dieser Arbeit ging das erste (von zwei) Hauptreferaten auf demdeutschen HNO-Kongress über die Berufsschäden des Ohres (1965) hervor. 1984folgte als weiteres Hauptreferat die „<strong>Klinik</strong> der Innenohrschwerhörigkeit“, eine bisheute einzigartige Zusammenfassung über die vielfältigen Ursachen vonErkr<strong>an</strong>kungen des Innenohres.Nach kurzer Zeit als Oberarzt bei Konrad Fleischer <strong>an</strong> der Berliner Charité verließ erOst-Berlin am Tag des Mauerbaus unter abenteuerlichen Umständen und zugleichmit dem Glück, was ihn, wie er gern in persönlichen Gesprächen erzählte, so oftbegleitet hat. Er ging als Oberarzt zu Rudolf Link nach Hamburg Eppendorf, seinemFörderer und erhielt 1968 den Ruf auf den Lehrstuhl für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde <strong>an</strong> der neu gegründeten Medizinischen Hochschule H<strong>an</strong>nover; die dazugehörige <strong>Klinik</strong> musste erst aufgebaut werden. Mit seinem überaus breitenoperativen Spektrum und seiner operativen Begabung und Vielfalt verhalf Lehnhardtder h<strong>an</strong>noverschen Universitätsklinik schnell zu einem hervorragenden Ruf für alleDisziplinen unseres Faches. Für die niedergelassenen Kollegen der Region und weitdarüberhinaus wurde die HNO-<strong>Klinik</strong> ein verlässlicher Partner und gleichzeitigwillkommener Weiterbildungsort. So leitete Ernst Lehnhardt mit seinem Teamjahrel<strong>an</strong>g die Audiometrieausbildung im Rahmen der jährlichen HNO-Berufsverb<strong>an</strong>dstagung. Mehr als 10 Jahre war er zudem Schriftleiter der ZeitschriftHNO und etablierte diese auf hohem wissenschaftlichem Niveau.Die moderne Hördiagnostik wurde durch Ernst Lehnhardt geprägt: Herausragendsteht dafür die „Praxis der Audiometrie“, die Lehnhardt 1970 von BernhardL<strong>an</strong>genbeck übernahm und für die er noch 2009 im Alter von 85 Jahren diemittlerweile 9. Auflage überarbeitete, noch immer die „Bibel der Hörprüfung“. Aberauch über die objektive Audiometrie und besonders die akustisch evozierten


Potentiale wurde <strong>an</strong> seiner <strong>Klinik</strong> intensiv geforscht. Lehnhardt war dabei einstrenger, überaus genauer, fördernder und zugleich Präzision fordernder Chef und<strong>Lehrer</strong> – Mittelmäßigkeit und Nachlässigkeit tolerierte er nicht.Neben der intensiven klinischen Forschung st<strong>an</strong>d in seiner <strong>Klinik</strong> jedoch immer diePatientenversorgung im Vordergrund. Mit hum<strong>an</strong>en und zugleich innovativenKonzepten auf solider diagnostischer Grundlage war Ernst Lehnhardt, wie er immerwieder hervorhob und seinen Schülern gleichzeitig zu vermitteln versuchte, zuerstArzt und d<strong>an</strong>n erst Mediziner und Wissenschaftler.Besonders den hörgestörten Patienten und später d<strong>an</strong>n den schwerhörigen undgehörlos geborenen Kindern widmete er sein ärztliches H<strong>an</strong>deln und Forschen undführte in einer einzigartigen Pionierleistung in Europa die ersten Innenohrimpl<strong>an</strong>tateein, <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs mit sehr strenger Indikation nur bei Erwachsenen und späterkonsequent und wiederum <strong>an</strong>fänglich gegen erheblichen Widerst<strong>an</strong>d bei Kindern.Diese Aufbauarbeit für das Cochlea-Impl<strong>an</strong>t (CI) füllte die letzten Jahre seinerBerufstätigkeit aus, aber auch nach der Emeritierung operierte er noch viele Jahrenin über 50 neu aufgebauten CI-Zentren in der g<strong>an</strong>zen Welt. Für die gehörlosgeborenen oder früh ertaubten und mit einem CI versorgten Kinder gründete er eineStiftung, die Ernst-Lehnhardt-Stiftung, und initiierte ein spezielles kindgerechtes undfachübergreifend medizinisches und pädagogisches CI-Zentrum, das CochlearImpl<strong>an</strong>t Centrum „Wilhelm Hirte“. Auch die Gründung der Deutschen CI-Gesellschaftals Interessen- und Selbsthilfevertretung geht wesentlich auf die Initiative ErnstLehnhardts zurück. Tausende operierter und dadurch wieder hörender Patienten sinddurch diese Aufbauleistung mit <strong>Prof</strong>. Lehnhardt verbunden.Für seine Arbeit wurde Ernst Lehnhardt mit der Ehrendoktorwürde zuerst derUniversität Rostock geehrt, später der Universität Posen. Die Deutsche Gesellschaftfür HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, deren Präsident Lehnhardt 1983 war,ern<strong>an</strong>nte ihn 1996 zum Ehrenmitglied. Er war weiter Ehrenmitglied zahlreicher<strong>an</strong>derer Gesellschaften, so u.a. der österreichischen, der polnischen und derjap<strong>an</strong>ischen HNO-Gesellschaften. Seine Geburtsstadt Crivitz ern<strong>an</strong>nte ihn zumEhrenbürger, die Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d ehrte ihn mit demBundesverdienstkreuz am B<strong>an</strong>de.Was uns neben D<strong>an</strong>kbarkeit für seine Pionierleistungen besonders um die CI-Versorgung bleibt sind seine zahlreichen wissenschaftlichen Bücher und mehr als130 wissenschaftliche Publikationen, die letzte noch 2005. Vor allem aber bleibt dieErinnerung <strong>an</strong> einen fürsorglichen und unermüdlichen Arzt, einen überausintelligenten Wissenschaftler und einen strengen, aber ungemein motivierenden undprägenden <strong>Lehrer</strong>. Als Mensch und Freund war er wertvoll, intelligent und zugleichhumorvoll.Ich werde Ernst Lehnhardt nie vergessen und sein Andenken in Ehren halten.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. Gerhard Hesse, Bad Arolsen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!