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Kálmán! Helmuth Froschauer zum 80. Geburtstag 1. 11. 2013 ... - WDR

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45<strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong><strong>zum</strong> <strong>80.</strong> <strong>Geburtstag</strong>Wenn <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> heuteAbend seinen Taktstock hebt, dannist es vielleicht jenes sorgsamgehütete Exemplar, das ihm einstHerbert von Karajan schenkte –als Anerkennung für viele gemeinsameProjekte auf der Opernbühne,auf dem Konzertpodium und imSchall plattenstudio.Als Chordirektor des Wiener Singvereins,der Wiener Staatsoper und der SalzburgerFestspiele arbeitete <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> mehrals zwei Jahrzehnte lang eng mit dem großenKollegen zusammen, der für ihn niemals derunnahbare Pultstar war, sondern stets einväterlicher Freund und Förderer.Das Wiedererwachen des Wiener Musiklebensnach der dunklen Zeit von Krieg undDiktatur haben sie beide hautnah miterlebt.<strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong>, 1933 in Wien geboren,wurde 1942 Mitglied der Wiener Sängerknaben.Bereits im darauffolgenden Jahr durfteer <strong>zum</strong> ersten Mal in Bachs Matthäuspassionmitsingen. Das machtvolle, tönende Eingangsportalmit Doppelchor und Knabenstimmenbereitete ihm damals einen unauslöschlichenEindruck – ebenso wie später das schöneHornsolo im Benedictus der d-moll-Messe vonAnton Bruckner. Das Horn wurde neben demKlavier »sein« Instrument, mit dem er sichauch das Studium an der Wiener Musikakademiefinanzierte. »Es gab kaum eine Fronleichnamsprozession,bei der ich mir nicht meine<strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong>im Jahr 199720 Schillinge mit dem Hornblasen verdienthätte«, so erinnert sich <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong>.»Für einen jungen Burschen von 14 oder 15Jahren war das ein Vermögen.«Dass er nicht <strong>zum</strong> Orchestermusiker wurde,war purer Zufall. Kurz vor Ende seinesStudiums erhielt er ein Engagement in Südafrika,das er nur ein wenig hinauszögerte,um zuvor noch sein Abschlussexamen zuabsolvieren. Aber in der Zwischenzeit ereilteihn ein ehrenvoller Ruf der Wiener Sängerknaben,als Kapellmeister an seine ehemali geWirkungsstätte zurückzukehren. <strong>Froschauer</strong>akzeptierte – und blieb elf Jahre lang. Mehrereinternationale Tourneen führten ihn mit demreisefreudigen Knabenchor bis nach Neuseeland;vor dem Schah von Persien hat <strong>Helmuth</strong><strong>Froschauer</strong> ebenso dirigiert wie vor dem japanischenTenno.Eine weitere Berühmtheit kreuzte 1961seinen Weg: Nach einem Gastspiel in Los Angelesbeschloss der große Walt Disney, einenFilm über die Sängerknaben zu drehen. Mitdem Soundtrack wurde <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong>betraut, der in den folgenden Jahren als musikalischerLeiter der Walt Disney Productionsin Wien noch bei mehreren aufwändigen Filmprojektenmitwirkte.Perfektion und Präzision der Filmarbeithaben <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> von Anfang an fasziniert,ebenso der kompromisslose Einsatz,mit dem Walt Disney selbst in allen Belangenfür die hohen Standards seiner »Marke« sorgte.So scheute sich der Tycoon keineswegs, eineaufwändige Tanzszene neu zu drehen, nurweil der Kostümbildnerin das Dekolleté einer


67<strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong>im Jahr 2000jungen Schauspielerin namens Senta Bergerein wenig zu tief geraten war – eine Anekdote,die <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> noch heute gern erzählt.Die Filmjahre blieben freilich eine bunteEpisode im bewegten Leben des Dirigenten.1968 wurde <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> zunächstSolokorrepetitor und später Chordirektor derWiener Staatsoper. In gleicher Funktion setzteer auch bei der noblen Gesellschaft der WienerMusikfreunde Maßstäbe. Oder wie esGerhard Rohde kürzlich in der Frankfurter AllgemeinenZeitung formulierte: »Er zauberteförmlich Transparenz in den kompakten undsonoren Chorklang dieses ›Singvereins‹; anStrahlkraft war das kaum zu überbieten.«Zum wdr kam <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> erstmalsAnfang der neunziger Jahre. Nach mehrerenerfolgreichen Gastspielen wurde er 1992Chefdirigent des wdr Rundfunkchores. Ingleicher Funktion ging er 1997 <strong>zum</strong> wdr Rundfunkorchester,das ihn nach einer fünfjährigenAmtszeit 2003 <strong>zum</strong> Ehrendirigenten ernannte.Von der A-cappella-Kunst der alten Meisterbis <strong>zum</strong> Champagnerklang der Wiener Operette,vom romantischen Singspiel bis <strong>zum</strong> Tonfilmschlagerreicht das weit gespannte Repertoire,das <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> in Köln dirigierthat. Sogar im Kölner Karneval hat er seineSpuren hinterlassen: Schon heute legendärist seine Zusammenarbeit mit Köbes Underground,der Hausband der Kölner Stunksitzung.In den mittlerweile 21 Jahren seiner KölnerTätigkeit hat <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong> manch vergessenenSchatz gehoben: Friedrich von FlotowsAlessandro Stradella und Victor NesslersDer Trompeter von Säckingen erweckte er austiefem Archivschlaf zu blühendem Leben. Oratorienwie Albert Lortzings Die HimmelfahrtJesu Christi und Carl Loewes Die Erweckungdes Lazarus erwiesen sich über ihre musikalischeQualität hinaus auch als kulturgeschichtlichbedeutsame Wiederentdeckungen. Das giltnicht minder für die Einspielung von JacquesOffenbachs Operette Coscoletto, die 2006 mitdem Preis der Deutschen Schallplattenkritikausgezeichnet wurde. All das ist glücklicherweiseauf CD dauerhaft greifbar – ebenso wieeine 2008 erschienene Aufnahme mit Musikder Wiener Hofkapelle. Bei dieser traditionsreichenInstitution steht <strong>Helmuth</strong> <strong>Froschauer</strong>noch heute regelmäßig am Kapellmeisterpult.Man sieht: Vom Ruhestand ist der vitale Jubilarauch in seinem neunten Lebensjahrzehntdenkbar weit entfernt.


89<strong>Kálmán</strong>!Gut neun Stunden braucht der NachtzugEN 463 »<strong>Kálmán</strong> Imre« von Münchenbis Budapest. Über Salzburg,Linz und Wien geht es in rascherFahrt die Donau entlang bis <strong>zum</strong>Budapester Ostbahnhof. Wenn allesglatt geht, kann man schon um9.30 Uhr beim Frühstück in der altenPester Großmarkthalle sitzen unddem bunten Treiben an den Ständenzusehen.Auch der junge <strong>Kálmán</strong> Imre mag hier nachmanch fröhlich durchzechter Nacht seinenMorgenkaffee eingenommen haben. 1882in Siófok am Plattensee geboren, kommt er1892 als Gymnasiast nach Budapest. Nachdem Studium der Rechte (für die Eltern) undder Musik (für sich selbst) arbeitet er zunächstals Kritiker bei der Tageszeitung »Pesti Napló«.Weil seine Karriere als Komponist von KlavierundOrchesterwerken nicht so recht in Schwungkommen will, probiert er es einmal mit einerOperette. Und tatsächlich: Tatárjárás (EinHerbstmanöver) wird 1908 in Budapest soerfolgreich uraufgeführt, dass man das Stückbald darauf nach Wien exportiert – und denKomponisten gleich dazu. Aus <strong>Kálmán</strong> Imrewird Emmerich <strong>Kálmán</strong>, der sich mit seinerCsárdásfürstin von 1915 neben Franz Lehardauerhaft als führender Komponist der »silbernen«Operettenära etablieren kann.Die Liebesgeschichte um die Varieté-SängerinSilva Varescu und den Wiener FürstensohnEdwin von Lippert-Weylersheim bietetnicht nur reichlich Gelegenheit zu Revueszenenvon mondäner Eleganz, sie stellt auch aufeindrucksvolle Weise persönlichen Stolz undmenschliche Würde gegen den Standesdünkelin der untergehenden Donaumonarchie.Subtile Gesellschaftskritik übt auch<strong>Kálmán</strong>s nächste Operette Die Faschingsfee,die im September 1917 unter den erschwertenBedingungen der Kriegsjahre in Wien Premierefeiert. Hier beschützt ein Maler eine jungeFrau vor den Zudringlichkeiten eines reichenMäzens. Das pittoreske Ambiente der Künstler-Bohèmewird <strong>Kálmán</strong> 1930 in Das Veilchenvom Monmartre noch einmal höchst wirkungsvollbeschwören.»Nach der ›Csárdásfürstin‹ die ›GräfinMariza‹! An diesen zwei Bollwerken prallenNeid, Zeit und jede Änderung im musikalischenGeschmack machtlos ab.« Mit dieserEinschätzung sollte der <strong>Kálmán</strong>-BiographRudolf Oesterreicher recht behalten. ImGegensatz zur Csárdásfürstin sind es in derGräfin Mariza (1924) nur vermeintliche Standesunterschiede,die den Gutsverwalter BelaTörök von seiner aristokratischen Chefintrennen. Bei dem dienstbaren Angestelltenhandelt es sich in Wahrheit um den verarmtenGrafen Tassilo Endrödy-Wittemburg, der amEnde durch eine großzügige Tante wieder inden Besitz seiner verpfändeten Güter gelangt:Ein Happy End in der Liebe wie auf dem Bankkonto.Gesellschaftliche Gegensätze bilden auchin der Folgezeit einen wichtigen dramaturgischenMotor für <strong>Kálmán</strong>s Operettenschaffen.In Die Zirkusprinzessin (1926) verbirgt dertenorale Held seine aristokratische Identitäthinter der Maske eines geigenden Artisten. InDie Herzogin von Chicago (1927) stehen sichein mittelloser Balkanprinz und eine reicheamerikanische Erbin gegenüber – was <strong>Kálmán</strong>die Gelegenheit gibt, dem walzerseligen Operettenidiomdie schärfer gewürzten Rhythmenund Klänge amerikanischer Jazzkapellen gegenüberzu stellen.In den zwanziger Jahren jagt der Filmdem Theater mehr und mehr die Marktanteileim Unterhaltungsgeschäft ab. Grundsätzlichsteht <strong>Kálmán</strong> dem neuen Medium distanziertgegenüber: Die Musik zu Ronny (1931) mitKäthe von Nagy und Willy Fritsch bleibt seineinziger Ausflug ins Genre der Tonfilm-Operette.Allerdings lockt mit der Verfilmung seinerWerke ein Zusatzgeschäft, dem der Komponistsich keineswegs entzieht: So komponierter das Tenorlied Du hast in deinen Augen 1932eigens für eine Leinwand-Adaption der GräfinMariza.Als Jude muss Emmerich <strong>Kálmán</strong> Österreichnach dem Anschluss an Nazi-Deutschland1938 verlassen. Über Zürich und Paris gelangter mit seiner Familie in die USA. Hier ist seineMusik zwar durchaus populär; der Inspirationdes Komponisten allerdings bekommt das Lebenin der Neuen Welt weniger gut. Bald nachdem Krieg drängt es ihn zurück nach Europa –und zu einem letzten Bühnenprojekt: Im Mittelpunktder Operette Arizona Lady steht nachEmmerich <strong>Kálmán</strong>


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