<strong>WILD</strong>, <strong>JAGD</strong>, <strong>JÄGER</strong>Gut getarnt: Jede Deckung nutzend,„schleicht“ Klaus Grüssing einen FlugRingeltauben an.Auf allen Vieren kriecht Klaus Grüssingein Stück weiter, hält inne<strong>und</strong> hebt vorsichtig den Kopf.Doch trotz Tarnbekleidung <strong>und</strong> behutsamenPirschens machen die Ringeltaubenbereits einen „langen Hals“ <strong>und</strong>streichen kurz darauf mit klatschendenFlügelschlägen ab.„Das war wohl nichts“, sagt Grüssingtrocken <strong>und</strong> schaut den Geringelten hinterher.Im selben Moment zieht ein neuerFlug die Aufmerksamkeit des passioniertenNiederwildjägers auf sich. Nachein paar Ehrenr<strong>und</strong>en fallen sie in einembenachbarten Knick ein. Die meistenWallhecken um Hollen wurden vor etwa100 Jahren angelegt <strong>und</strong> mit Büschen<strong>und</strong> Bäumen bepflanzt. Dadurch solltendie Gr<strong>und</strong>stücke abgegrenzt <strong>und</strong> derBodenerosion vorgebeugt werden.„Mal schauen, ob ich an die herankomme“,sagt Grüssing. „Die Bäume steheneng beieinander, <strong>und</strong> der Unterwuchsist auch schön dicht.“ Doch stattloszupirschen, setzt sich der Ostfriese ander Grabenkante ins trockene Gras <strong>und</strong>beobachtet die Geringelten ein paarMinuten aus sicherer Deckung heraus.„Die Tauben müssen sich erst mal beruhigen<strong>und</strong> eine entspannte Haltung einnehmen“,erklärt der Ostfriese. „So langesie noch aufrecht auf den Ästen hocken<strong>und</strong> einen langen Hals machen, hat mankeine Chance, auf Schussentfernungher anzukommen.“Das ist wie bei der Frühjahrsjagd aufden balzenden Tauber. Auch da mussteman sich jeden Schritt genau überlegen,wenn man am Ende nicht als Schneidernach Hause gehen wollte. Eine hastigeBewegung, ein Knacken, <strong>und</strong> die sichergeglaubte Beute war weg. Bei KlausGrüssings Art zu jagen ist das Risiko, vonden aufmerksamen Vögeln entdeckt zuwerden, noch um ein Vielfaches größer.Denn einem kopfstarken Flug Geringelterentgeht so gut wie nichts. „Dochgerade das macht den Reiz des Anschleichensaus“, erklärt der 55-Jährige mitleuchtenden Augen. „Wem es hauptsächlichum die Größe der Strecke geht,sollte lieber zu seinen Locktaubengreifen. Derjenige, der allerdings seineFähigkeiten beim Pirschen kennenlernen<strong>und</strong> extrem spannendes Waidwerkerleben möchte, für den ist das Anschleichengenau das Richtige.“Inzwischen sitzen die Tauben leichtnach vorn gebeugt <strong>und</strong> lassen sich dieSonne aufs Gefieder scheinen. Hin <strong>und</strong>wieder flattern sie auf die Wiese <strong>und</strong>nehmen emsig Eicheln auf.„So, dann wollen wir mal“, sagtder Ostfriese <strong>und</strong> greift zu seiner Bockflinte.Gebückt geht es am Grabenrandentlang. Plötzlich streichen ein paar Taubenab, doch der erfahrene Waidmannbehält einen kühlen Kopf <strong>und</strong> „schleicht“unbeirrt weiter: „Tauben kommen <strong>und</strong>gehen. Vielleicht schmecken die Eichelnwoanders ja besser.“Die verbliebenen Ringeltauben bekommenvon all dem nichts mit. Nurein paar neugierige Kühe scheinen sichfür ihn zu interessieren. Im Galopp kommensie auf das getarnte Etwas zugestürmt<strong>und</strong> machen große Augen. „KomischesDing“, scheinen sie zu denken<strong>und</strong> vergrößern vorsichtshalber den22 <strong>WILD</strong> UND HUND 2/2009