MANAGEMENTWirtschaftlichkeit hat PrioritätINVESTITIONSHILFEN Die Wirtschaftlichkeit sei im Kanton Bern in der Beurteilungvon Beitrags gesuchen zentral, erklärt im Interview Franz Hofer. Ein Entscheidbasiert auf einem Gutachten mit Betriebskonzept und Tragbarkeits berechnung sowieeiner Nutzwertanalyse. Kerngrössen seien der Arbeitsverdienst je Stunde undInvestitionskosten pro Einheit.Investitionshilfenkommen grösstenteilsder Milchviehhaltungzugute.<strong>UFA</strong>-<strong>Revue</strong>: Wie kommt man zuInvesti tionshilfen?Franz Hofer: Es gibt Eintretenskriterien(siehe Box, Seite 20), dassind grösstenteils Schwarzweiss Krite -rien. Wenn eines davon nicht erfüllt ist,erhält man keine Investitionshilfen.Wurden alle Unterlagen vollständigeingereicht und ist die erste Hürde genommen,wird jedes Gesuch von unserenExperten geprüft. Zudem findet inder Regel ein Betriebsbesuch statt.Es gibt in der Verordnung «Kann-Formulierungen»,was zeigt, dass Sie auchHandlungsspielraum haben.Wir verfügen über ein begrenztes Budgetund stehen unter dem Spardruck derTabelle: Anzahl bewilligte Gesuche Investitionshilfen(kombiniert IK plus Beiträge) 2012BE LU SG VDMilchwirtschaft 46 21 30 34Mutterkuhhaltung 9 10 3 4Spezielle Raufutterverzehrer(Milchschafe, Wasserbüffel etc.) 2 0 3 1Kälbermast/Rindermast 2 1 – –Alpgebäude 4 1 8 2Rinderaufzucht – 1 2 –Gesamt 63 34 46 41öffentlichen Hand. Wir können nicht alleGesuche bewilligen und müssen Prio -ritäten setzen. Bezüglich des von Ihnengenannten Ermessensspielraums entscheidenwir nicht willkürlich. Es erfolgteine objektive Beurteilung mittels einerNutz wert analyse.Was sind aus Sicht des Kantons Bern förderungswürdigeÖkonomiegebäude?Wir fördern in der Regel Milchviehställe,die eine angemessene Wirtschaftlichkeitaufweisen. Bedeutungsvoll sinddie ökonomischen Kriterien mit einerGewich tung von rund 60% in derNutzwert analyse. In der Regel gibt eskeine Hochbaubeiträge, wenn nichtmindestens ein Arbeitsverdienst von7Fr. erzielt wird. Auch die Buchhaltungsergebnisseund eine kostengünstigeBauweise werden zur Begutachtungherangezogen.Welche Faktoren werden mit den restlichen40% gewichtet?Die restlichen 40% der Gewichtung betreffendas Tierwohl (Laufstall) und denBetriebsstandort, ob der Betrieb beispielsweisein Regionen liegt, wo dieBesiedlung und Bewirtschaftung gefährdetist. Aber man muss auch klar sagen,wenn eine Bauernfamilie mit einem Projektweniger als 7 Fr. pro Stunde verdient,muss sehr viel gearbeitet werden,um ein genügendes Einkommen zu erwirtschaften.Solche Verhältnisse sindlangfristig kaum tragbar. Ein solchesProjekt zu bewilligen, wäre auch verantwortungslosder Familie gegenüber.Bewilligt werden nur noch Laufställe?Nein. In begründeten Ausnahmen kannauch ein Anbindestall mitfinanziert werden,beispielsweise wenn es um denUmbau eines Ökonomiegebäudes in einemalten Berner Bauernhaus mit tragendenStützmauern geht. Aber es gehtja nicht nur um das Tierwohl. Laufställesind ab einer bestimmten Bestandesgrösseauch arbeitswirtschaftlich besser.Werden Betriebsgemeinschaften eher gefördert?Gemeinschaftliche Vorhaben haben einPlus. Ökonomisch macht das ja auchSinn, indem hier die Grösseneffekte sowohlbei der Investition als auch bei derBewirtschaftung zum Tragen kommen.Dies muss sich natürlich im Einzelfallauch in den Betriebsergebnissen zeigenoder zumindest bezüglich Arbeitsbelastungzu einer Verbesserung führen.Was ist mit Nebenerwerbsbetrieben?Zur Wirtschaftlichkeitsbeurteilung einesMilchviehstalles wird der Arbeitsverdienstaus der Milchwirtschaft herangezogen.Wenn einer nebenbei Lohnarbeitenmacht oder auswärts arbeitetund dadurch eine Querfinanzierungstattfinden würde, muss versucht werden,eine klare Abgrenzung zu machen.Persönlich finde ich, dass die landwirtschaftlicheTätigkeit auch einen positivenBeitrag zum Familieneinkommenleisten sollte. Bei Grenzfällen erfordertdie Beurteilung ein genaues Hinsehen.Fairerweise muss gesagt werden, dassbestimmte Kosten, beispielsweise Hypothekenfür das Wohnhaus, auf derBetriebsbuchhaltung lasten. Besondersbei Nebenerwerbsbetrieben müssendiese Kosten auf die verschiedenen Tätigkeitenverteilt werden. So kann auchein Nebenerwerbsbetrieb Chancen haben.18 10 2012 · <strong>UFA</strong>-REVUE
MANAGEMENTGrafik: Investitionshilfen in Milchviehställe und PreisentwicklungMio. Fr.1601401201008060402002007 2008 2009 2010 2011Total Investitionshilfen (inklusive Umbauten)Produzentenpreisindices RohmilchStallneubauQuelle: Zahlen Bundesamt für Landwirtschaft. Grafik: SBV StatistikMomentan ist Ihr Budget für 2012ausge schöpft. Kommen Gesuche, dienoch eingereicht werden, auf eine Warteliste?Wir haben keine ellenlange Warteliste,höchstens wird auf nächstes Jahr verschoben.Gesuche drei- oder vier Jahrezurück zustellen, ist im heutigen dynamischenlandwirtschaftlichen Umfeldnicht ange bracht. Das blockiert die Bauern.Sie wissen nicht woran sie sind undkönnen keine Entscheide fällen.Was für eine Rolle spielt die Entwicklungam Markt. Ein Landwirt, der in einenStall neubau investiert hat, kann beischlechteren Preisen nicht einfach dieMilchwirtschaft aufgegeben?Genau deshalb ist es so wichtig, dassman sich vor der Investition strategischeÜberlegungen macht. Nach der Investitionist man mit dem Kapital und der Arbeitskraftfür lange Zeit gebunden. Dableibt oft nichts anderes übrig, als einfachden eingeschlagenen Weg weiterzugehen.Beim Gesuchseingang zeigtsich, dass die Marktentwicklung vonden Landwirten wahrgenommen wird.Im letzten Jahr hatten wir weniger Gesuchefür Milchviehställe als in den Vorjahren.Zusätzlich haben aber auch Änderungenin den TierschutzvorschriftenAuswirkungen auf die Zahl der eingereichtenGesuche. Vermutlich deshalbgab es dieses Jahr eine leichte Zunahme.Aufgrund welcher Zahlen werden die Gesuchebeurteilt, z. B. beim Milchpreis?Jedes Gesuch wird von uns individuellbeurteilt, da jeder Betrieb spezifischeRahmenbedingungen hat. Im KantonBern schwanken die Milchpreise zwischenweniger als 50 Rappen und mehrals 90 Rappen. Grundsätzlich basierendie Berechnungen auf den aktuellenMilchpreisen mit einer Reduktion aufden kommenden Jahren von 3 bis 5 %pro Jahr. Je mehr Unsicherheit amMarkt existiert, desto höher müssendie Reserven bei der Tragbarkeitsbeurteilungsein.Werden Ge suche von besser ausgebildetenBauern, zum Beis pielMeisterbauern, bevorzugtbehan delt?Meisterbauern werden nichtdirekt bevorzugt. Umgekehrtsollte sich eine gute«Warum der und ich nicht, [ ...]»Es gibt Leute, die sagen, Geld verteilen sei schwieriger, als es zu be -kommen. Zu jenen, die Geld verteilen, gehören die kantonalenStrukturverbesserungsstellen, die Gesuche für Investitionshilfen für dieLandwirtschaft bearbeiten. In allen Zonen können zinslose, rückzahl -bare Investitionskredite bewilligt werden. In der Hügelzone und imBerggebiet stehen zudem nicht rückzahlbare Beiträge zur Verfügung.Die Strukturverbesserungsstellen verwalten Bundes- und Kantonsgelder,die beispielsweise für Stallneubauten den Landwirten zur Verfügungstehen. Dabei handelt es sich um Beiträge à Fonds perdu (Berggebiet)und um zinslose Investitionskredite. Es kommt vor, dass sich einBetriebsleiter ärgert,• dass dieser und jener Betrieb mit Bundesgeldern einen Stall bauenkann und er selber nicht, obwohl doch die genau gleichen Voraussetzungenvorhanden seien.• dass jenseits der benachbarten Kantonsgrenze wohl mit anderenEllen gemessen werde.• dass immer noch Milchviehställe gebaut würden, obwohl Über -schuss situation herrsche.• dass man als Nebenerwerbsbetrieb keine Chance habe.• dass nun auch noch oder vor allem auch noch Mutterkuhställeunterstützt würden.• dass Ordnung und Sauberkeit und eine bescheidene Mechanisierungwohl keine Rolle mehr spiele.Um in den Genuss von Investitionshilfen zu kommen, muss ein Betriebbestimmte Voraussetzungen erfüllen (Box, Seite ...). Diese objektivenKriterien sind aber zum Teil von Aussen nicht sichtbar. Es kann einLandwirt sehr gute Buchhaltungszahlen haben, auch wenn der Betriebunordentlich daher kommt. Umkehrt beweist ein grosser Traktor nochnicht, dass man gute Deckungsbeiträge erwirtschaftet hat. DieseVoraussetzungen, wie sie gemäss Strukturverbesserungsverordnungdefiniert sind, gelten schweizweit.ErmessensspielraumDie kantonalen Strukturverbesserungsstellen haben aber Ermessensspielraum,um Investitionshilfen zu bewilligen. So heisst es in derStrukturverbesserungsverordnung, dass Betriebe mit schlechter Pro -duktionstechnik (tiefer DfE) oder überdurchschnittlich hohen Strukturkostenzu rück haltend zu beurteilen seien. Nach zulesen ist auch, dassInvestitions hilfegesuche von eindeutig unwirtschaftlichen oder sehrteuren Lösungen die Agrarkreditkassen ablehnen können, selbst wenndiese dank einer guten Eigenkapitalbasis finanzierbar sind. Auch heisstes weiter, dass Grenz fälle bezüglich Kosten und Wirtschaftlichkeit inGebieten mit genügend zweck mässigen Bauten oder aufstockungswilligenNachbarn strenger zu beurteilen seien als in Gebieten, in denen inabsehbarer Zeit Zupachten möglich würden. Es gibt also einen Ermes -sensspielraum, um punkto Wirt schaftlichkeit Gesuche um Investitionshilfengutzuheissen oder eben nicht. Was aber nicht heisst, dass diezustän digen Stellen aus dem Bauch heraus entscheiden können.Abgelehnte Ge suche müssen begründet sein und die Verfügung be -ziehungsweise der Entscheid kann mit Beschwerde an die übergeordnetenBeschwerdeinstanzen angefochten werden.Daniela ClemenzAusbildung in besseren Betriebsergebnissenzeigen. Mir persönlich ist schonaufgefallen, dass Bauern, die einen Erstberufausserhalb der Landwirtschaft gelernthaben, ein sehr grosses unternehmerischesDenken mitbringen. Wenn sieFranz Hofer leitetdie FachstelleHochbau undKredite im KantonBern sowie dieBernische Stiftungfür Agrarkredite(BAK).<strong>UFA</strong>-REVUE · 10 2012 19