thema g yoga bei krebs»Es wird für <strong>die</strong> Zukunft zunehmendwichtiger werden, <strong>die</strong>ses multiplePhänomen Krebskrankheit in einenerweiterten spirituellen Zusammenhangzu stellen <strong>und</strong> in den Therapieansätzenganz beson<strong>der</strong>s <strong>die</strong> seelische <strong>und</strong>geistige Entwicklung des Menschen alsgr<strong>und</strong>legende Voraussetzung für <strong>die</strong>Heilung sehen zu lernen.«Verhärtungen im Bereich <strong>der</strong> <strong>Brustwirbelsäule</strong><strong>und</strong> ihre HintergründeInteressanterweise wird aus geisteswissenschaftlicherSicht <strong>die</strong> Wirbelsäulemit ihren drei Teilabschnitten den Bewusstseinskräfteno<strong>der</strong>, fachlich gesprochen,den so genannten Seelenkräften desMenschen, dem Denken, dem Fühlen <strong>und</strong>dem Willen, zugeordnet. Dabei wird dasDenken <strong>der</strong> Halswirbelsäule, das Fühlen<strong>der</strong> Brustwirbelregion <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wille <strong>der</strong>Lendenwirbelregion zugeordnet. <strong>Die</strong>seGlie<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Zuordnung eröffnet erste,sehr wertvolle diagnostische <strong>und</strong> therapeutischeRückschlüsse, <strong>die</strong> vom Seelenlebenauf den Körper gezogen werdenkönnen. Heinz Grill beschreibt, dass sichBlockaden, <strong>die</strong> im Gefühlsleben durchEinschnürungen, Verdrängungen o<strong>der</strong>ungelebte Lebenswünsche entstehen, oftin einer blockierten bis verformten <strong>Brustwirbelsäule</strong>manifestieren. Ein natürlichesFließen von Lebenskräften wird in <strong>die</strong>semBereich aufgr<strong>und</strong> einer Disharmonie imSeelenleben behin<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> sogar ganzunterb<strong>und</strong>en. <strong>Die</strong>se Einschnürungen <strong>und</strong>Verhärtungen im Bereich <strong>der</strong> <strong>Brustwirbelsäule</strong>,<strong>die</strong> sich bereits bei einfachenÜbungen deutlich abzeichnen, <strong>und</strong> <strong>die</strong>Tumorerkrankung in <strong>die</strong>sem Körperabschnittkönnen <strong>die</strong> Mitte des Menschen ineinem sehr hohen Maße „verschatten“. Esist bei einer gezielten <strong>Mobilisierung</strong> <strong>die</strong>serRegion nicht selten <strong>der</strong> Fall, dass <strong>der</strong> Teilnehmervon den befreienden Eindrücken<strong>und</strong> den Gefühlen <strong>der</strong> Offenheit, <strong>die</strong> mit<strong>der</strong> Ausführung einhergehen, regelrechtüberwältigt wird.Mit <strong>der</strong> seelischen Kraft des Fühlens,<strong>die</strong> im Bereich <strong>der</strong> <strong>Brustwirbelsäule</strong> <strong>und</strong><strong>der</strong> Brustorganisation lokalisiert ist, ist<strong>der</strong> Mensch rhythmisch in das Leben eingeb<strong>und</strong>en.Er besitzt mit <strong>die</strong>ser Mitte <strong>die</strong>Fähigkeit, am Leben empfindungsfreudig<strong>und</strong> emphatisch teilzunehmen <strong>und</strong>sein individuelles Zentrum beständig neuauszurichten <strong>und</strong> aufzurichten.Und genau <strong>die</strong>seRegion ist es, <strong>die</strong> heutzutagein zunehmendemMaße blockiert <strong>und</strong> sichverhärtet <strong>und</strong> somit einnatürliches Integriert-Seinimmer mehr verhin<strong>der</strong>t.<strong>Die</strong>se seelische Isolationlebt nicht erst ab dem Zeitpunkt<strong>der</strong> Diagnose, abdem in <strong>der</strong> Regel großeÄngste aus dem Unterbewusstseindas weitereDenken, Fühlen <strong>und</strong> Handelndeterminieren. Einnatürliches In-Beziehung-Treten, Wahrnehmen <strong>und</strong> Handeln findetsich unter <strong>die</strong>sen ungewöhnlichenVerhältnissen sehr wenig o<strong>der</strong> gar nicht.<strong>Die</strong> Krankheit sitzt mitten im Leben <strong>und</strong>verhin<strong>der</strong>t jegliche Form von Normalität<strong>und</strong> Natürlichkeit. Das Selbst ist verschattet<strong>und</strong> umhüllt von Gedanken <strong>und</strong> Vorstellungen,<strong>die</strong> angstbeladen jede Aktivität<strong>und</strong> Begegnung begleiten. „Das Lebendig-Werden in <strong>der</strong> <strong>Brustwirbelsäule</strong> ist in <strong>die</strong>semSinne ein wahrer schöpferischer Aktaus dem aktiven Anteilnehmen des Individuumsan den Mitmenschen <strong>und</strong> an denverschiedenen Erscheinungen <strong>der</strong> Welt.<strong>Die</strong> Aussage ist jene, dass sich <strong>der</strong> Menschum <strong>die</strong> kreative Entfaltung von Gefühlen,um Gefühlsbeziehungen, um lebendigeEmpfindungsbeziehungen, Beziehungenzu <strong>der</strong> Natur, zu den Menschen o<strong>der</strong> zuGegenständen bemühen sollte. <strong>Die</strong>s istein sehr wichtiger, ges<strong>und</strong>heitsför<strong>der</strong>licherwie auch ästhetischer Weg hinein in dasLeben.“ (Heinz Grill)Mobilisieren <strong>und</strong> Wahrnehmen <strong>der</strong>Brustregion am Beispiel von Chandrasana<strong>Die</strong> gezielte För<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> <strong>Mobilisierung</strong><strong>die</strong>ser wichtigen Körperzonedes Menschen sollte sich jedoch nichtnur auf eine rein mechanische <strong>Methode</strong>o<strong>der</strong> Technik beschränken. Es wäre sehrnaiv zu denken, dass <strong>die</strong> seelischen Einschnürungen,<strong>die</strong> ungelebten Lebenswünschesowie <strong>die</strong> rückzugsgeprägtenVerhaltensweisen, <strong>die</strong> ja <strong>die</strong> Ursachen<strong>der</strong> Problematik kennzeichnen, nur mitHilfe einer mechanischen Streckung <strong>und</strong><strong>Mobilisierung</strong> <strong>der</strong> entsprechenden Körperpartienaufgelöst werden können. Eineordentliche Dehnung <strong>und</strong> Streckung <strong>der</strong>mittleren Wirbelsäulenpartie wird sicherwertvolle <strong>und</strong> anregende Wirkungen mitsich bringen. Tiefer liegende seelischeEntwicklungsprozesse werden aber damitnoch sehr wenig o<strong>der</strong> gar nicht berührt<strong>und</strong> angeregt. <strong>Die</strong> Entfaltung einer bewussten,fein gewählten Gestaltungskraftin den verhärteten Wirbelsäulenabschnittenist hier sehr wesentlich, damit für<strong>die</strong>se wichtigen Körperbereiche wie<strong>der</strong>ein Bewusstsein entsteht <strong>und</strong> sich dadurcherneut erfrischende <strong>und</strong> belebendeKräfte einglie<strong>der</strong>n können. Auf Hilfsmittelsollte verzichtet werden, weil <strong>die</strong>se mehrdazu verleiten, sich passiv <strong>der</strong> Dehnunghinzugeben, <strong>und</strong> den Einzelnen wenigerdazu anregen, aktive Formkräfte zuentwickeln.Ein einfaches Beispiel soll das bisherGesagte verdeutlichen. Der stehende Halbmond,Chandrasana, bei dem <strong>der</strong> Übendeim aufgerichteten Stand <strong>und</strong> mit geschlossenenBeinen <strong>die</strong> Arme über den Kopfführt, eignet sich als relativ einfache Übungsehr gut für ein erstes „Bewusst-Werden“<strong>und</strong> Mobilisieren <strong>die</strong>ser Körperregion.Ruhige Phasen <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>und</strong>Orientierung zentrieren den Teilnehmerin <strong>der</strong> entsprechenden Wirbelsäulenregion<strong>und</strong> schenken ein Gefühl <strong>der</strong> Innerlichkeit.<strong>Die</strong> beschauliche Ausführung, <strong>die</strong> ihrenSchwerpunkt auf eine bewusste Wachheit<strong>und</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> <strong>Brustwirbelsäule</strong>legt, besitzt für das Leib-Seele-Verhältniseinen außerordentlich för<strong>der</strong>lichen <strong>und</strong>harmonisierenden Charakter <strong>und</strong> solltedeshalb genügend Zeit erhalten. Durch einruhiges Beobachten <strong>und</strong> Wahrnehmen <strong>der</strong>Körpermitte kann sich ein Impuls für <strong>die</strong><strong>Mobilisierung</strong> aufbauen <strong>und</strong> dynamischentfalten. Für den weiteren Aufbau empfiehltes sich, bewusste Verzögerungsphasenzu integrieren, damit <strong>der</strong> Teilnehmerinnerhalb <strong>der</strong> Ausformung <strong>die</strong> Möglichkeiterhält, den Körper feinsinnig zu erleben<strong>und</strong> <strong>die</strong> Stellung, ausgehend von eineridealen Spannungsverteilung, intensiverdurchzuformen. Er beginnt <strong>die</strong> Streckungmit dem Körper <strong>und</strong> stoppt dann mitten in<strong>der</strong> Ausführung den Bewegungsfluss. <strong>Die</strong>Dynamik wird für einen kurzen Momentvon vielleicht zehn bis zwanzig Sek<strong>und</strong>enganz bewusst zurückgehalten. Dadurchwerden gewohnte Bewegungsabläufe unterbrochen.In <strong>die</strong>ser Ruhephase kann sichdas Bewusstsein neu sammeln <strong>und</strong> zentrieren.Der Übende achtet dabei auf einenfesten Stand im Beckenbereich sowie aufeine entspannte Schulter-Nacken-Region<strong>und</strong> lernt langsam, <strong>die</strong> Blockaden <strong>und</strong>versteiften Zonen in <strong>der</strong> Wirbelsäule zuerspüren <strong>und</strong> <strong>die</strong> gewünschte Dynamikgenau in dem mittleren Wirbelsäulenbereichaufzubauen. Er verbleibt weniger imErleben aufkeimen<strong>der</strong> Gefühle, <strong>die</strong> sichdurch <strong>die</strong> Streckung automatisch entfalten,son<strong>der</strong>n beginnt den Körper mit einemfeinen Gestaltungssinn zu ergreifen <strong>und</strong><strong>die</strong> gewünschte ideale Form immer besserzu kreieren. In <strong>die</strong>sem Sinne wird eryoga aktuell april | mai 2012 81
thema g yoga bei krebsauf ganz neue Weise herausgefor<strong>der</strong>t. <strong>Die</strong>Phasen von Ruhe, Übersicht <strong>und</strong> Dynamikkönnen sich rhythmisch abwechseln,<strong>und</strong> das Asana kann auf <strong>die</strong>se Weise ordentlichherausgearbeitet werden. Damitkann er <strong>die</strong> notwendigen Lebenskräftegenau an den entsprechenden Stellen insFließen bringen. Der Yogalehrer sollteauf <strong>die</strong> Ordnung <strong>und</strong> Bewusstseinsaktivierungsehr viel Wert legen, denn füreine tiefgehende Heilung genügt es, wiebereits erwähnt, lei<strong>der</strong> nicht, „wenn <strong>der</strong>Unterricht nur auf eine mechanische <strong>Mobilisierung</strong><strong>der</strong> <strong>Brustwirbelsäule</strong> abzielt.Es müssen <strong>die</strong> Werte einer lebendigenBeziehungsaktivierung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Fähigkeitenzur Bewusstseinsaufnahme <strong>und</strong> zueinem gezielten Denken <strong>und</strong> Empfindengeför<strong>der</strong>t werden.“ (Heinz Grill)»Heilung im Sinne des Yogaist immer mit Entwicklung,Wachstum <strong>und</strong> inneremFortschritt verknüpft.«Seelische <strong>und</strong> geistige Entwicklungals Voraussetzung für HeilungMan kann davon ausgehen, dass <strong>der</strong>kranke Körper nicht imstande ist, aussich selbst heraus eine Heilung zu erzieleno<strong>der</strong> Blockaden aufzulösen, <strong>der</strong>en Ursachenim Seelenleben zu suchen sind. DerMensch muss neue <strong>und</strong> belebende Kräfteim Bewusstsein heranbilden, damit einewirkliche Ges<strong>und</strong>heit in den seelischen<strong>und</strong> körperlichen Seinsebenen eintretenkann. Heilung im Sinne des Yoga ist immermit Entwicklung, Wachstum <strong>und</strong> inneremFortschritt verknüpft. Eine Heilung ohneneue Ansichten, Wahrnehmungen <strong>und</strong>entscheidende Schritte im Leben ist, vomStandpunkt des Yoga ausgehend, nichtwirklich zu denken. Wie oft liest manvon den Phänomenen, <strong>die</strong> zu Spontanheilungen<strong>und</strong> lebenswerten Verbesserungengeführt haben, <strong>und</strong> erkennt bei genauerBetrachtung, dass im Gr<strong>und</strong>e genommenmit <strong>der</strong> Heilung immer auch wichtigeweitreichende Entscheidungen <strong>und</strong> innereEntwicklungsprozesse einhergingen. Es istbeispielsweise bekannt, dass <strong>die</strong> eigenebewusste Entscheidung zur Chemotherapie,<strong>die</strong> immer mit einem mutigen Schrittverb<strong>und</strong>en ist, wesentlich bessere Erfolgsquotenaufweist, als wenn <strong>der</strong> Betroffenein seinen alten Mustern verbleibt <strong>und</strong>nur <strong>der</strong> Arzt, <strong>der</strong> Therapeut o<strong>der</strong> auch<strong>die</strong> Familie <strong>die</strong> Therapie auf stille Weiseerzwingen o<strong>der</strong> einfor<strong>der</strong>n.Es wird für <strong>die</strong> Zukunft zunehmendwichtiger werden, <strong>die</strong>ses multiple PhänomenKrebskrankheit in einen erweitertenspirituellen Zusammenhang zu stellen <strong>und</strong>in den Therapieansätzen ganz beson<strong>der</strong>s<strong>die</strong> seelische <strong>und</strong> geistige Entwicklung desMenschen als gr<strong>und</strong>legende Voraussetzungfür <strong>die</strong> Heilung sehen zu lernen. Einewirkliche Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Überwindung<strong>die</strong>ser Krankheit wird einen mutigen Neubeginnim Leben des Betroffenen erfor<strong>der</strong>n.<strong>Die</strong> Yoga-Übungen können in ihrenvielfältigen Ausführungen dem Einzelnendabei zahlreiche seelische Entfaltungsmöglichkeiteneröffnen. Der Betroffene kann<strong>die</strong>se neu erworbenen Lernschritte in dassoziale Leben integrieren <strong>und</strong> beginntbeispielsweise, genauso wie in<strong>der</strong> Übungsgestaltung erlernt, sichaus krankmachenden rückzugsgeprägtenGewohnheitsmusternherauszulösen, sie zu überwinden<strong>und</strong> mit den neu eingestimmtenfeinen Gestaltungs- <strong>und</strong> Willenskräftendas Leben nach eigenenIdealen schöpferisch zu formen<strong>und</strong> zu gestalten.<strong>Die</strong> Selbstheilungskraft ist demnacheine heilsame Kraft, <strong>die</strong> nicht,wie fälschlicherweise angenommen,von selbst o<strong>der</strong> von alleineim Menschen zu wirken beginnt,son<strong>der</strong>n sie entfaltet sich durchein bewusst gestaltendes <strong>und</strong>waches Selbstbewusstsein, dassich mit wachsen<strong>der</strong> Weisheit, tiefgehen<strong>der</strong>Empfindungsfähigkeit<strong>und</strong> steigen<strong>der</strong> Handlungskraftin das Leben zu integrieren lernt.<strong>Die</strong>se individuelle Entfaltung einerSelbstverwirklichung schafft <strong>die</strong>Gr<strong>und</strong>lage, dass sich früher o<strong>der</strong> spätereine Heilung, Niveauverän<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong>Konditionsverbesserung bis in den Körperhinein manifestiert <strong>und</strong> somit <strong>der</strong> Krebstherapieeine wesentliche Unterstützungbieten kann. nInfosMurat Örs ist Heilpraktiker<strong>und</strong> heilk<strong>und</strong>lich orientierterYogalehrer <strong>und</strong> leitet das Institutfür Yoga <strong>und</strong> Heilk<strong>und</strong>ein Hinterzarten <strong>und</strong> <strong>die</strong> YogaAkademie Cavedine in Italien.Neben Ausbildungenzum Yogalehrer <strong>und</strong> Yogatherapeutenbietet er außerdem eine yoga-orientierteKrebstherapie für Betroffene an.Internet: www.yoga-heilk<strong>und</strong>e.deZitate aus: Heinz Grill: <strong>Die</strong> Gesun<strong>der</strong>haltungdes Brustorganismus. Eine Prophylaxe gegenBrustkrebs aus <strong>der</strong> Sicht des Yoga, Lammers-Koll-Verlag 2012Weitere Literaturempfehlungen:• Heinz Grill: Erklärung, Prophylaxe, Therapie<strong>der</strong> Krebskrankheit aus ganzheitlichermedizinischer <strong>und</strong> spiritueller Sicht, Lammers-Koll-Verlag 2001• Murat Örs: Yoga <strong>und</strong> Krebs. Seelische Wärme<strong>und</strong> Immunstärkung im Yoga, Lammers-Koll-Verlag 2011• Murat Örs: Yoga in <strong>der</strong> Traumatherapie. <strong>Die</strong>Aktivierung individueller Ressourcen im Yoga,Lammers-Koll-Verlag 201282 april | mai 2012 yoga aktuell