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Schriftsatz von RA Peter Richter im Auftrag der - NPD

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RechtsanwaltDipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M.<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstraße 5 l 66121 SaarbrückenBundesverfassungsgericht– Zweiter Senat –Rinthe<strong>im</strong>er Querallee 1176131 Karlsruhe<strong>Peter</strong> Rüdiger <strong>Richter</strong>RechtsanwaltDiplom-JuristMaster of European LawKanzleianschrift:Birkenstraße 566121 SaarbrückenMein Zeichen: R 1/12 Vf Saarbrücken, den 17.01.2013Telefon:0681 / 68 099 7852 BvE 11/12In dem VerfahrenMobil:0162 / 26 44 388<strong>NPD</strong> g e g e n Bundestag, Bundesrat,<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Richter</strong>, LL.M.Bundesregierungw e g e n:Feststellung <strong>der</strong> Verfassungskonformität <strong>der</strong> Antragstellerinbedanke ich mich für die Zuleitung <strong>der</strong> Stellungnahme des Bundesministeriumsdes Innern vom 05.12.2012 und trage namens und <strong>im</strong> <strong>Auftrag</strong>e<strong>der</strong> Antragstellerin wie folgt ergänzend vor:I. AllgemeinesVorab ist darauf hinzuweisen, dass <strong>der</strong> Beschluss des Bundesrates vom14.12.2012 hinsichtlich <strong>der</strong> Einleitung eines (regulären) Parteiverbotsverfahrensgegen die Antragstellerin ohne Einfluss auf das hiesige Verfahrenist. Jedenfalls solange <strong>von</strong> einem Verbotsantrag nur gesprochenTelefax:03222 / 83 57 888E-Mail:peter.richter@vodafone.deE-Post-Brief:peter_ruediger.richter@epost.deGeschäftskonto:Sparkasse SaarbrückenKonto: 67047969BLZ: 59050101Fremdgeldkonto:Sparkasse SaarbrückenKonto: 67048025BLZ: 59050101Steuernummer:040/262/09302(Finanzamt Saarbrücken)wird, ein solcher jedoch nicht anhängig ist, besteht das Rechtsschutzbedürfnis<strong>der</strong> Antragstellerin aus den <strong>im</strong> verfahrenseinleitendenSprechzeiten:nach Vereinbarung


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 2 / 26<strong>Schriftsatz</strong> vom 08.11.2012 dargelegten und <strong>im</strong> Folgenden noch weiter zu konkretisierendenErwägungen unverän<strong>der</strong>t fort.Doch selbst wenn die nach § 43 BVerfGG antragsberechtigten Verfassungsorgane tatsächlicheinen Parteiverbotsantrag gegen die Antragstellerin be<strong>im</strong> BVerfG einreichen sollten – worandie Antragstellerin angesichts <strong>der</strong> durchweg kritischen bis komplett ablehnenden Haltungnahezu sämtlicher namhafter Juristen in Deutschland trotz des Bundesratsbeschlusses vom14.12.2012 ganz erhebliche Zweifel hat –, dürfte das Rechtsschutzbedürfnis <strong>im</strong> hiesigen Verfahrenerst mit rechtskräftigem Abschluss eines regulären Verbotsverfahrens entfallen. DieEinleitung eines Parteiverbotsverfahrens durch Bundestag, Bundesrat o<strong>der</strong> Bundesregierungstellt ihrerseits nämlich noch keine Garantie dafür dar, dass es in einem solchen Verfahrentatsächlich auch zu einer Sachentscheidung kommt und <strong>der</strong> Anspruch <strong>der</strong> Antragstellerin aufabschließende Klärung ihres verfassungsrechtlichen Status erfüllt wird. Gerade <strong>im</strong> Hinblickauf die noch <strong>im</strong>mer nicht geklärte V-Mann-Problematik sind zahlreiche Szenarien denkbar,die ähnlich wie <strong>im</strong> Jahre 2003 zu einer Verfahrenseinstellung führen und damit einer Sachentscheidungdurch das BVerfG entgegenstehen könnten. Schließlich wäre auch denkbar,dass die Antragsteller eines regulären Verbotsverfahrens ihre Anträge während des Verfahrenszurücknehmen könnten, sodass auch insoweit weiterhin ein Bedürfnis nach Durchführungdes hiesigen „negativen Verbotsverfahrens“ bestünde.II. Zum HauptantragZur Statthaftigkeit des diesseitig gestellten Hauptantrags hat die Antragstellerin bereits <strong>im</strong>verfahrenseinleitenden <strong>Schriftsatz</strong> vom 08.11.2012 umfassend ausgeführt. Hierauf kann <strong>im</strong>Wesentlichen Bezug genommen werden; folgende Ergänzungen erscheinen jedoch <strong>im</strong> Hinblickauf die Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern angezeigt:1.Hinsichtlich <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> Anerkennung eines „negativen Verbotsverfahrens“ mitdem Ziel <strong>der</strong> Feststellung <strong>der</strong> Verfassungskonformität einer öffentlich fortwährend als „verfassungswidrig“gebrandmarkten politischen Partei ist entgegen <strong>der</strong> Rechtsauffassung des<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 3 / 26Bundesministeriums des Innern <strong>von</strong> einer Eingriffsqualität <strong>der</strong> länger als ein Jahrzehnt andauerndenVerbotsdiskussion gegen die Antragstellerin auszugehen. Insoweit erinnert dieAntragstellerin daran, dass nach dem mo<strong>der</strong>nen Eingriffsbegriff ein solcher nicht nur bei Vorliegen<strong>von</strong> Finalität, Unmittelbarkeit, Rechtsförmigkeit und Durchsetzbarkeit mit Befehl undZwang gegeben ist, son<strong>der</strong>n bereits jedes staatliche Handeln ausreicht, das dem Einzelnenein Verhalten, welches in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, erheblich erschwerto<strong>der</strong> unmöglich macht. Hier<strong>von</strong> sind mittelbar-faktische Eingriffe ausdrücklich mit umfasst.In diesem Zusammenhang ist die neuere Rechtsprechung des 1. Senats des BVerfG <strong>im</strong> sogenannten„JF-Beschluss“ <strong>von</strong> beson<strong>der</strong>er Bedeutung. Dort hat das Gericht mit Blick auf diePressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zutreffend ausgeführt:„Nicht jedes staatliche Informationshandeln und nicht jede Teilhabe des Staatesam Prozess öffentlicher Meinungsbildung ist als Grundrechtseingriff zu bewerten(vgl. BVerfGE 105, 252 - zu Art. 12 Abs. 1 GG -; 105, 279 - zu Art. 4 Abs. 1 GG -). Maßgebend ist, ob <strong>der</strong> Schutzbereich einesGrundrechts berührt wird und ob die Beeinträchtigung einen Eingriff o<strong>der</strong>eine eingriffsgleiche Maßnahme darstellt. Das ist bei <strong>der</strong> Nennung <strong>der</strong> Beschwerdeführerin<strong>im</strong> Verfassungsschutzbericht zu bejahen.[...]Der Schutz vor inhaltsbezogenen Einwirkungen betrifft nicht allein Eingriffe<strong>im</strong> traditionellen Sinne (zum herkömmlichen Eingriffsbegriff siehe BVerfGE105, 279 ), son<strong>der</strong>n kann auch bei mittelbaren Einwirkungen auf diePresse (vgl. BVerfGE 52, 283 ) ausgelöst werden, wenn sie in <strong>der</strong> Zielsetzungund ihren Wirkungen Eingriffen gleich kommen (vgl. BVerfGE 105,252 ). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt den Trägern <strong>der</strong> Pressefreiheitdaher ein subjektives Abwehrrecht auch gegen Beeinträchtigungen, die mittelbarüber eine Einflussnahme des Staates auf Dritte eintreten, etwa dadurch, dassdas Verhalten dieser Dritten die publizistischen Wirkungsmöglichkeiten o<strong>der</strong>die finanziellen Erträge des Presseorgans in einer Weise nachteilig beeinflusst,die einem Eingriff gleichkommt. Dass über faktische Nachteile des Informationshandelnshinaus rechtliche Auswirkungen an die staatliche Maßnahme geknüpftsein müssen - wie <strong>der</strong> Zweite Senat <strong>im</strong> Jahre 1975 für den Bereich desArt. 21 GG angenommen hat (BVerfGE 40, 287 ) - ist demgegenübernicht Voraussetzung dafür, dass die Kommunikationsfreiheit beeinträchtigt seinkann.“vgl. BVerfG vom 24.05.2005, Az.: 1 BvR 1072/01, Rn. 50, 52, zitiert nachwww.bverfg.de mit aufschlussreicher Besprechung <strong>von</strong> Wisuschil,ZUM 2006, 294.Diese Erwägungen zum Eingriffscharakter staatlichen Informationshandelns auf die Pressefreiheitmüssen auch für die Beeinträchtigung einer mit dem Verfassungsauftrag des Art. 21<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 4 / 26Abs. 1 Satz 1 GG ausgestatteten politischen Partei gelten. Wenn nämlich schon die Nennungeiner Wochenzeitung in diversen Verfassungsschutzberichten einen relevanten Eingriff inGrundrechte darstellt, dann doch wohl erst recht die fortwährende und über Jahre, gar Jahrzehnteandauernde regierungsamtliche Stigmatisierung einer politischen Partei als „verfassungswidrig“.Im Gegensatz zur „Jungen Freiheit“ sieht sich die Antragstellerin nicht nur mit ihrer Nennungin Verfassungsschutzberichten konfrontiert, son<strong>der</strong>n ist durch die mittlerweile schon seitJahrzehnten betriebene Brandmarkung einer ganzen Reihe <strong>von</strong> Nachteilen, Diskr<strong>im</strong>inierungenund Problemen ausgesetzt, <strong>von</strong> denen an<strong>der</strong>e politische Parteien überhaupt nicht betroffensind. Die <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gegenseite zitierte Rechtsprechung des BVerfG, wonach eine zwarunter „Verfassungswidrigkeitsverdacht“ stehende, aber noch nicht verbotene politische Parteigemäß dem Grundsatz <strong>der</strong> abgestuften Chancengleichheit zu behandeln ist und nichtdiskr<strong>im</strong>iniert werden darf, hat nämlich mit <strong>der</strong> Realität in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschlandrein gar nichts mehr zu tun. Dies soll <strong>im</strong> Folgenden in <strong>der</strong> gebotenen Kürze erläutert werden:a) Themenkomplex „Kontenkündigungen“Die Antragstellerin war in den letzten zehn Jahren zwei großen Wellen <strong>von</strong> Kontenkündigungenausgesetzt, und zwar in den Jahren 2000 und 2008. Im Jahr 2000 wurden insgesamt 118Konten <strong>von</strong> <strong>NPD</strong>-Verbänden (Parteivorstand, Landesverbände, Kreisverbände, Junge Nationaldemokraten,Nationaldemokratischer Hochschulbund) <strong>von</strong> diversen Banken und Sparkassengekündigt. Im Jahr 2008 erfolgte aufgrund eines Berichtes <strong>von</strong> Report Mainz und eineröffentlichen Erklärung des jetzigen Ministers <strong>Peter</strong> Altmeier eine zweite Kündigungswelle.Die Klagen gegen private Banken blieben erfolglos. Anfragen bei 328 Banken und Sparkassenauf freiwillige Konteneröffnung wurden abgelehnt. Zurzeit werden nur Konten bei den öffentlich-rechtlichorganisierten Sparkassen eingeklagt. Bundesweit mussten insgesamt 35Klagen gegen Sparkassen geführt werden; einige sind noch anhängig. Teilweise wird in denRechtsstreiten die Existenz <strong>der</strong> <strong>NPD</strong>-Verbände bestritten, sodass jahrzehntealte Protokolleüber die Gründungsversammlungen zusammengesucht werden müssenB e w e i s:Anhörung des Herrn Frank Schwerdt, zu laden über die Antragstellerin.<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 8 / 26eingereichten verwaltungsgerichtlichen Klagen wurden <strong>von</strong> dem mecklenburgvorpommerschenVerwaltungsgerichten mit durchweg haarsträuben<strong>der</strong> Begründung abgeschmettert,es wurde nicht einmal die Berufung zugelassen und auch bundesverfassungsgerichtlicherRechtsschutz war bislang wegen <strong>der</strong> mit BVerfGE 99, 1 eingeleiteten Rechtsprechungsän<strong>der</strong>ungnicht zu erlangen. Insgesamt wurde folgenden Personen – in <strong>der</strong> Regel ohneEinzelfallprüfung und ohne persönliche Anhörung – die erstrebte Kandidatur versagt:Herr Tino Müller bei <strong>der</strong> Bürgermeisterwahl in <strong>der</strong> Gemeinde Ferdinandshof, dessenVerfassungsbeschwerde mit dem Az.: 2 BvR 1946/10 vom BVerfG nicht zur Entscheidungangenommen wurde,Herr Stefan Köster bei <strong>der</strong> Landratswahl <strong>im</strong> Kreis Ludwigslust,Herr Michael Andrejewski bei <strong>der</strong> Landratswahl <strong>im</strong> Kreis Ostvorpommern,Herr Michael Andrejewski bei <strong>der</strong> Bürgermeisterwahl in Anklam,Herr <strong>Peter</strong> Marx bei <strong>der</strong> Oberbürgermeisterwahl in Schwerin, dessen Verfassungsbeschwerdebe<strong>im</strong> BVerfG noch unter dem Az.: 2 BvR 1136/12 anhängig ist,Herr Torgai Klingebiel bei <strong>der</strong> Bürgermeisterwahl in Ludwigslust,Herr Gordon <strong>Richter</strong> bei <strong>der</strong> Bürgermeisterwahl in GeraDiese <strong>im</strong>mer länger werdende Liste verdeutlicht, dass die Antragstellerin – jedenfalls waskommunale Direktwahlen anbelangt – schon längst eine faktisch verbotene Partei ist, ohnedass es insoweit eine Entscheidung des BVerfG in dem dafür an sich vorgesehenen rechtsstaatlichenVerfahren gegeben hätte.Weitere Beispiele können auf Verlangen des Gerichts kurzfristig vorgetragen und mittelsAktenvorlage belegt werden.e) Themenkomplex „Berufsverbote gegen <strong>NPD</strong>-Anhänger“Seit Jahren und Jahrzehnten werden <strong>NPD</strong>-Mitglie<strong>der</strong> aus dem öffentlichen Dienst entferntund damit faktisch Berufsverbote verhängt. Jüngstes und gleichzeitig erschreckendstes Beispielist das des Bezirksschornsteinfegermeisters Lutz Battke aus Sachsen-Anhalt, dessenKehrlizenz wegen seiner Nähe zur <strong>NPD</strong>, bei <strong>der</strong> er nicht einmal Mitglied ist, entzogen wurdeB e w e i s:Beiziehung <strong>der</strong> Verfahrensakte des Bundesverwaltungsgerichts in <strong>der</strong> Sache8 C 28.11;<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 9 / 26Eine entsprechende Verfassungsbeschwerde ist bereits anhängig.Weitere Beispiele können auf Verlangen des Gerichts kurzfristig vorgetragen und mittelsAktenvorlage belegt werden.f) Themenkomplex „Diskr<strong>im</strong>inierung durch Private“Als Folge <strong>der</strong> allgegenwärtigen Verbotsfor<strong>der</strong>ungen gegen die Antragstellerin kommt esauch <strong>im</strong> zivilgesellschaftlichen Bereich regelmäßig zu Diskr<strong>im</strong>inierungen <strong>der</strong> Antragstellerinsowie ihrer Mitglie<strong>der</strong> und Anhänger.In diesem Kontext sind zuvör<strong>der</strong>st die zahlreichen Kündigungen <strong>von</strong> Mitgliedschaften <strong>von</strong><strong>NPD</strong>-Mitglie<strong>der</strong>n und -funktionären be<strong>im</strong> Verband <strong>der</strong> Reservisten <strong>der</strong> Bundeswehr zu nennen,die teilweise jedoch keinen Bestand hattenB e w e i s:Zeugnis des ehemaligen Parteivorsitzenden <strong>der</strong> Antragstellerin, Herrn UdoVoigt, zu laden über die Antragstellerin.Gegen Herrn Udo Voigt wurde zudem <strong>im</strong> Rahmen eines geplanten Wellness-Hotel-Besuchesin Bad Saarow ein Hausverbot ausgesprochen, weil sich an<strong>der</strong>e Gäste in seiner Gegenwartob seiner politischen Gesinnung möglicherweise „unwohl“ fühlen könnten. Der Fall wurdemittlerweile vom Bundesgerichtshof teilweise zu Gunsten <strong>von</strong> Herrn Voigt entschiedenB e w e i s:Beiziehung <strong>der</strong> Verfahrensakte des Bundesgerichtshofs in <strong>der</strong> Sache V ZR115/11;eine entsprechende Verfassungsbeschwerde ist mittlerweile anhängig.Die Deutsche Post AG weigerte sich zunächst aus grundsätzlichen Erwägungen heraus, dieFraktionszeitung <strong>der</strong> <strong>NPD</strong>-Fraktion <strong>im</strong> Sächsischen Landtag zu beför<strong>der</strong>n. Erst vor dem Bundesgerichtshofbekam die Fraktion RechtB e w e i s:Beiziehung <strong>der</strong> Verfahrensakte des Bundesgerichtshofs in <strong>der</strong> Sache I ZR116/11;<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 10 / 26Auch Freiwillige Feuerwehren und Sportvereine versuchen systematisch, sich unliebsamerMitglie<strong>der</strong> mit <strong>NPD</strong>-Parteibuch zu entledigen; hier sei exemplarisch nur <strong>der</strong> Fall des Bundesgeschäftsführersdes Antragstellerin, Herrn Jens Pühse genannt, <strong>der</strong> allein wegen seiner politischenÜberzeugung und unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG iVm. § 138 BGB ausdem Verein Wer<strong>der</strong> Bremen ausgeschlossen wurdeB e w e i s:Zeugnis des Herrn Jens Pühse, zu laden über die Antragstellerin.Weitere Beispiele können auf Verlangen des Gerichts kurzfristig vorgetragen und mittelsAktenvorlage belegt werden.g) Themenkomplex „Straftaten gegen <strong>NPD</strong>-Anhänger“Regelmäßig werden Mitglie<strong>der</strong> und Anhänger <strong>der</strong> Antragstellerin Opfer <strong>von</strong> Übergriffenlinksextremistischer Gewalttäter. Die verübten Straftaten reichen <strong>von</strong> bloßen Beleidigungenüber Sachbeschädigungen bis hin zu Körperverletzungen, Brandstiftungen und Mordversuchen.Eine detaillierte Aufstellung aller gegen <strong>NPD</strong>-Mitglie<strong>der</strong> und -anhänger verübten Gewalttatenwürde bei weitem den Rahmen dieses <strong>Schriftsatz</strong>es sprengen, weshalb lediglichbeispielhaft auf die Zusammenstellung <strong>der</strong> zahlreichen gegen die Antragstellerin verübtenAnschläge <strong>im</strong> letztjährigen Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein hingewiesen wird. DieseDokumentation wurde <strong>im</strong> Rahmen des Wahlprüfungsbeschwerdeverfahrens des <strong>NPD</strong>-Landesvorsitzenden <strong>von</strong> Schleswig-Holstein, Ingo Stawitz, be<strong>im</strong> Schleswig-HolsteinischenLandesverfassungsgericht (Az.: LVerfG 7/12) vorgelegtB e w e i s:Beiziehung <strong>der</strong> Verfahrensakte LVerfG 7/12 des Schleswig-HolsteinischenLandesverfassungsgerichts,da in einem <strong>der</strong>artigen Kl<strong>im</strong>a <strong>der</strong> Gewalt und <strong>der</strong> Angst ein demokratischen Grundsätzengenügen<strong>der</strong> Landtagswahlkampf nicht geführt werden kann. Die genannte Dokumentationkann auf Verlangen vorgelegt werden und dürfte sowohl dem Gericht als auch <strong>der</strong> Gegenseiteeine grobe Vorstellung <strong>von</strong> dem alltäglichen Terror vermitteln, dem sich die Mitglie<strong>der</strong>,Aktivisten und Wahlkämpfer <strong>der</strong> Antragstellerin nun schon seit Jahren als Folge <strong>der</strong> andauerndenregierungsamtlichen Stigmatisierung in <strong>im</strong>mer stärkerem Maße ausgesetzt sehen.<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 11 / 26Auch ganz aktuell <strong>im</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen-Wahlkampf kam es Gewaltanschlägen auf die Antragstellerinund ihre Aktivisten. So wurden auf einen Wahlkampf-Laster, das sog. „Flaggschiff“,sowie zwei Begleitfahrzeuge Brandanschläge verübt; es entstand ein Sachschaden in Höhe<strong>von</strong> schätzungsweise € 25.000,--B e w e i s: Artikel <strong>der</strong> WELT vom 16.01.2013, abrufbar <strong>im</strong> Internet unterhttp://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/regiolinegeo/nie<strong>der</strong>sachsen/article112798068/<strong>NPD</strong>-Fahrzeuge-in-Schneverdingen-angezuendet.html, kannbei Bedarf vorgelegt werden.Weitere Beispiele können auf Verlangen des Gerichts kurzfristig vorgetragen und mittelsAktenvorlage belegt werden.h) Themenkomplex „Staatlich subventionierter Kampf gegen Rechts“Den geistigen Nährboden und die moralische Rechtfertigung für Taten <strong>der</strong> vorliegenden Artschöpfen die Täter in <strong>der</strong> Regel aus den allgegenwärtigen und mit enormen staatlichen Mittelngeför<strong>der</strong>ten Programmen „gegen Rechts“, bei denen <strong>im</strong>mer auch die Antragstellerinnamentlich genannt wird, und deshalb die Bezeichnung „Kampf gegen die <strong>NPD</strong>“ treffen<strong>der</strong>wäre.Das wohl bekannteste dieser Programme ist „Vielfalt tut gut...“ mit dem Ergänzungsprogramm„Toleranz för<strong>der</strong>n – Kompetenz stärken“. Für dieses Programm hat die Bundesregierung24 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und zwar aus dem För<strong>der</strong>topf des Bundesministeriumsfür Familien, Frauen, Senioren und Jugend. Aus dem Abschlussbericht geht eindeutighervor, dass unter dem Begriff „Rechtsextremismus“ auch die <strong>NPD</strong> geführt wird unddeshalb diese För<strong>der</strong>mittel auch gegen die <strong>NPD</strong> eingesetzt werden können. Auf den Seiten67 bis 80 dieses Abschlussberichtes ist die <strong>NPD</strong> explizit aufgeführtB e w e i s:Abschlussbericht des Programms „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt,Toleranz und Demokratie“, kann <strong>im</strong> Bestreitensfalle vorgelegt werden.Das PR-Handbuch <strong>von</strong> „Toleranz för<strong>der</strong>n-Kompetenz stärken“ schil<strong>der</strong>t auf den Seiten 31 bis34 konkrete Aktionen gegen die <strong>NPD</strong> <strong>im</strong> Kreis Mansfeld-Südharz<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 12 / 26B e w e i s:PR-Handbuch <strong>von</strong> „Toleranz för<strong>der</strong>n-Kompetenz stärken“, kann <strong>im</strong> Bestreitensfallevorgelegt werden.Das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit setzt sich aufden Seiten 42 bis 46 <strong>der</strong> Broschüre „Denk bunt“ mit <strong>der</strong> <strong>NPD</strong> <strong>im</strong> Lande auseinan<strong>der</strong>B e w e i s:Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit,kann <strong>im</strong> Bestreitensfalle vorgelegt werden.In <strong>der</strong> „Neuen Ruhr-Zeitung“ vom 19. September 2006 wird berichtet, dass die damalige Ministerin<strong>von</strong> <strong>der</strong> Leyen angesichts des Erstarkens <strong>der</strong> <strong>NPD</strong> <strong>im</strong> Osten Bürgerinitiativen gegenRechtsextremismus finanziell unterstützen will. Der damalige Ministerpräsident <strong>von</strong> Mecklenburg-Vorpommern,Harald Ringstorff, hat die Bündelung des Handlungsrahmens für Demokratieund Toleranz angesichts <strong>der</strong> Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>NPD</strong> in seinem Bundesland bekanntgegeben.B e w e i s:„Neue Ruhr-Zeitung“ vom 19. September 2006, kann <strong>im</strong> Bestreitensfallevorgelegt werden.Die Stadt Nordhausen hat beschlossen, sich dem Aktionsplan zum Bundesprogramm „Jugendfür Vielfalt, Toleranz und Demokratie-gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit undAntisemitismus“ anzuschließen. Die „Thüringer Allgemeine“ berichtet am 12. Dezember2007, dass in Thüringen <strong>im</strong> Jahr 2008 1,5 Millionen Euro für den Kampf gegen Rechtsextremismusbereitgestellt werden sollen und begründet dies mit dem Anwachsen <strong>der</strong> <strong>NPD</strong> <strong>im</strong>LandeB e w e i s:„Thüringer Allgemeine“ vom 12. Dezember 2007, kann <strong>im</strong> Bestreitensfallevorgelegt werden.Im Protokoll <strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> Bezirksverordnetenversammlung <strong>von</strong> Berlin-Lichtenberg vom23. Januar 2007 wird auf Seite 2 festgehalten, dass <strong>der</strong> Trägerverein „Neue Jugendarbeite.V.“ sich gegen das Erstarken <strong>der</strong> rechten Szene, auch <strong>der</strong> <strong>NPD</strong>, richten soll<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 13 / 26B e w e i s:Protokoll <strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> Bezirksverordnetenversammlung <strong>von</strong> Berlin-Lichtenberg vom 23. Januar 2007, kann <strong>im</strong> Bestreitensfalle vorgelegt werden.Weitere Beispiele können auf Verlangen des Gerichts kurzfristig vorgetragen und mittelsAktenvorlage belegt werden.i)Diese aus den fortwährenden Verbotsfor<strong>der</strong>ungen und Stigmatisierungen resultierendenund in den obigen Ausführungen nur grob dargestellten faktischen Nachteile sind den Antragsgegnernentgegen ihrer Auffassung auch zuzurechnen.Die Antragsgegner belassen es nämlich nicht nur bei Warnungen vor <strong>der</strong> Antragstellerin inVerfassungsschutzberichten, son<strong>der</strong>n geben selbst offen zu, die Antragstellerin aktiv bekämpfenzu wollen, etwa mittels den vorgenannten staatlich subventionierten „Anti-Rechts-Initiativen“, in denen die Antragstellerin expressis verbis genannt wird. Auch die jüngste Diskussion,die Antragstellerin, wenn man sie schon nicht verbieten könne, dann doch wenigstensdurch einen Ausschluss <strong>von</strong> <strong>der</strong> staatlichen Parteienfinanzierung „finanziell auszutrocknen“,ist in diesem Kontext ebenso zu erwähnen wie <strong>der</strong> vom mecklenburgvorpommerschenInnenminister Lorenz Caffier durchgesetzte Ausschluss <strong>von</strong> <strong>NPD</strong>-Kandidaten vom passiven Wahlrecht bei kommunalen Direktwahlen. Es wird nicht ernsthaftbestritten werden, dass diesen <strong>von</strong> den Antragsgegnern zu verantwortenden Aktionen selbstnach dem engen Eingriffsbegriff Eingriffscharakter zukommt, weil die entsprechenden Folgenfür die Antragstellerin <strong>von</strong> den Antragsgegnern vorsätzlich beabsichtigt waren und sind.Doch auch was das Verhalten privater Dritter anbelangt, welche die Antragstellerin und ihreMitglie<strong>der</strong> vor dem Hintergrund <strong>der</strong> ständigen Verbotsdiskussion diskr<strong>im</strong>inieren und schikanieren– etwa durch den Rauswurf des ehemaligen <strong>NPD</strong>-Parteivorsitzenden Udo Voigt auseinem Wellness-Hotel o<strong>der</strong> den Ausschluss <strong>von</strong> <strong>NPD</strong>-Mitglie<strong>der</strong>n aus Fußballvereinen – kanndieses Verhalten den Antragsgegnern jedenfalls über die Rechtsfigur des Zweckveranlasserszugerechnet werden. Denn selbst wenn die Antragsgegner die entsprechenden Handlungennicht selbst vorgenommen haben, so haben sie mit ihrer seit Jahrzehnten andauernden<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 14 / 26Stigmatisierung <strong>der</strong> Antragstellerin und dem fortwährenden Aufruf zum „Kampf gegenRechts“ und zum „Aufstand <strong>der</strong> Anständigen“ ein gesellschaftliches Kl<strong>im</strong>a geschaffen, in demdie Mitglie<strong>der</strong> und Anhänger <strong>der</strong> Antragstellerin als Menschen zweiter Klasse angesehenwerden, <strong>der</strong>en Ausgrenzung und Drangsalierung als Ausdruck <strong>von</strong> „Zivilcourage“ gewertetund zu allem Überfluss noch mit staatlich gestifteten Preisen prämiert wird. Sogar die Anwendung<strong>von</strong> Gewalt gegen Mitglie<strong>der</strong> und Anhänger <strong>der</strong> Antragstellerin wird <strong>von</strong> staatlichenStellen teils nicht nur toleriert, son<strong>der</strong>n auch offen verharmlost und gebilligt. So erklärte<strong>der</strong> Vizepräsident des Deutschen Bundestags, Wolfgang Thierse, unlängst mit Blick aufeine gewalttätige Gegendemonstration gegen eine Kundgebung <strong>von</strong> Anhängern <strong>der</strong> Antragstellerinwörtlich und allen Ernstes:„Wir brauchen eine kontinuierliche Unterstützung aller demokratischen Initiativen,Aktivitäten, die sich dagegen wehren, dass in kleinen Städten und mittlerenOrten die Rechten, die Rechtsextremen die Dominanz bekommen. Da hatauch die jetzige Bundesregierung vielerlei Fehler gemacht, indem sie <strong>im</strong>mernur Projektfinanzierung und <strong>im</strong>mer nur befristete gemacht hat. Wenn ich dannan das Misstrauen denke, das sich in <strong>der</strong> Extremismusklausel zeigt, dann weißman, dass man, das tatsächlich wir eine kontinuierliche Offensive brauchen inSachen politischer Bildung, Demokratieerziehung, Unterstützung <strong>von</strong> allendemokratischen Aktivitäten. Und die darf man nicht des Linksextremismusverdächtigen, nur weil sie sich kämpferisch, gewiss durchaus auch ‚militant‘gegen Rechtsextremismus und Gewalt wehren.“ [Hervorhebung durchUnterzeichner, Anm.]B e w e i s:Interview mit dem Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages WolfgangThierse, abrufbar <strong>im</strong> Internet unter <strong>der</strong> Adressehttp://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1920236/, kann <strong>im</strong>Bestreitensfalle vorgelegt werden.Nur am Rande sei die Bemerkung gestattet, dass eine solche ausdrückliche Billigung undVerharmlosung <strong>von</strong> kämpferischem und militantem Verhalten aus dem Munde eines <strong>NPD</strong>-Funktionärs mit an Sicherheit grenzen<strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit sofortigen Eingang in die „Materialsammlung“<strong>der</strong> Innenminister gefunden hätte, um die angeblich „aggressivkämpferische“Grundhaltung <strong>der</strong> Antragstellerin zu belegen. Aus dem Munde des Bundestagsvizepräsidentenscheint einer solchen Aussage indes keinerlei rechtliche Relevanz beigemessenzu werden. Offenbar wird hier mit zweierlei Maß gemessen.Durch die fortwährende staatliche Konditionierung <strong>der</strong> Bürger in <strong>der</strong> dargestellten Weise hat<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 15 / 26die anhaltende regierungsamtliche Brandmarkung <strong>der</strong> Antragstellerin als „verfassungswidrig“geradezu zwangsläufig zur Folge, dass die Antragsteller und ihre Mitglie<strong>der</strong> auch <strong>im</strong> zivilgesellschaftlichenBereich systematisch benachteiligt und ausgegrenzt werden, was wie<strong>der</strong>umpotentielle Interessenten und Unterstützer <strong>der</strong> Partei abschreckt und da<strong>von</strong> abhält, mit<strong>der</strong> Antragstellerin überhaupt in Kontakt zu treten, geschweige denn, in ihren Reihen politischmitzuarbeiten.Es kann nach alledem nicht ernsthaft bestritten werden, dass <strong>der</strong> ständigen Titulierung als„verfassungswidrig“ ein ganz erheblicher Eingriffscharakter zukommt, welcher <strong>von</strong> den Antragsgegnernzum Teil positiv beabsichtigt, zum Teil billigend in Kauf genommen wird. Hiergegenmuss die Antragstellerin effektiven Rechtschutz erlangen können.Diese Auffassung wird auch in einer aktuellen Publikation <strong>von</strong> Josef Schüßlburner, „Parteiverbotskritik,1. Teil: ‚Verbotsdiskussion‘ als Herrschaftsinstrument – Verfahrensungleichheitbe<strong>im</strong> Parteiverbot als verfassungswidrige Vorwirkung des Parteiverbots“ vertreten. Dortheißt es auf Seite 2 f. zutreffend:»Diesen Schutz vor <strong>der</strong> Parteiverbots-Vorwirkung kann die bundesdeutscheRechtswirklichkeit schon lange nicht mehr in einer rechtlich unverbrüchlichenWeise sichern: Durch „Feststellungen“ des „Verfassungsschutzes“ werden ohnerechtsstaatliche Anhörung „Verbotskandidaten“ ausgemacht und amtlich als„Extremisten“ vorgeführt, die darauf gestützt einem umfassenden Ersatzverbotssystem(Verbotssurrogatsystem) unterworfen werden, denen vor allem ihre(möglichen) Mitglie<strong>der</strong> ausgesetzt sind. Damit prägt die vom Bundesverfassungsgerichtals verfassungswidrig angesehene, letztlich totalitäre Vorwirkungeines Parteiverbots die bundesdeutsche Verfassungswirklichkeit, die manschlagwortartig auch dahingehend zusammenfassen kann, daß die Zuständigkeitfür das Parteiverbot über die Ermöglichung <strong>der</strong> als Verbotsdrohung verharmlosten„Verbotsdiskussion“ vom Verfassungsgericht faktisch auf den Verfassungsschutz(Inlandsgehe<strong>im</strong>dienst) abgewan<strong>der</strong>t ist. Letztlich erübrigt sichdann, wie in <strong>der</strong> „Volksdemokratie“ ein Parteiverbot, weil keine wirkliche Oppositionmehr stattfindet, da das Risiko, in absehbarer Zeit, möglicherweise mitrückwirken<strong>der</strong> Anwendung (wie vom bundesdeutschen Gesetzgeber ursprünglichgeplant), den strafrechtlichen Folgesanktionen eines Parteiverbots ausgesetztzu sein, zu groß ist, sich oppositionell zu betätigen.Auch wenn das Bundesverfassungsgericht, wie dargelegt, die schl<strong>im</strong>msten Folgen<strong>der</strong> Parteiverbotsvorwirkung, nämlich die - <strong>im</strong> Ergebnis - rückwirkendeAnwendung <strong>von</strong> Strafgesetzen nach Aussetzung des formalen Strafverfolgungshin<strong>der</strong>nisseswegen „Verfassungsverrats“ abgewendet hat, so findet dieVerbotsvorwirkung in <strong>der</strong> bundesdeutschen Rechtswirklichkeit weiter statt undzwar vor allem durch die „Verbotsdiskussion“, die ja keine wirkliche „Diskus-<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 16 / 26sion“ darstellt, son<strong>der</strong>n <strong>von</strong> zahlreichen Diskr<strong>im</strong>inierungsmaßnahmen begleitetist, was in <strong>der</strong> Regel ausreicht, die <strong>der</strong> Verbotsdrohung unterworfene Partei zurfaktisch verbotenen Partei zu machen, die dann formal gar nicht mehr ausgeschaltetwerden muß, weil ihre Unwirksamkeit (pseudo-)demokratisch undrechtsstaatswidrig bereits ohne förmliches Verfahren herbeigeführt werdenkonnte.«B e w e i s:Publikation <strong>von</strong> Josef Schüßlburner, „Parteiverbotskritik, 1. Teil: ‚Verbotsdiskussion‘als Herrschaftsinstrument – Verfahrensungleichheit be<strong>im</strong> Parteiverbotals verfassungswidrige Vorwirkung des Parteiverbots“, abrufbarhttp://www.links-enttarnt.net/upload/dokument_1333766688.pdf, kannbei Bedarf <strong>im</strong> Original vorgelegt werden.Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.2.Mit ihrem Argument, die Antragstellerin könne ja gegen die dargestellten faktischen Nachteileund Diskr<strong>im</strong>inierungen in jedem Einzelfall den Rechtsweg beschreiten bzw. gegen privateGewalttäter Strafanzeige erstatten, sodass für die Anerkennung eines „negativen Verbotsverfahrens“kein Bedürfnis bestehe, können die Antragsgegner nicht gehört werden.Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Antragstellerin durchaus regelmäßig und sicher inweitaus größerem Maße als alle an<strong>der</strong>en politischen Parteien den Rechtsweg beschreitet,oft auch erfolgreich. Die Antragsgegner übersehen indes, dass eine breit angelegte juristischeAuseinan<strong>der</strong>setzung gerade bei einer eher kleinen Partei wie <strong>der</strong> Antragstellerin erheblichepersonelle und finanzielle Mittel bindet, die dann für die eigentliche Aufgabe <strong>der</strong> Antragstellerin,nämlich die Mitwirkung an <strong>der</strong> politischen Willensbildung des Volkes (Art. 21Abs. 1 Satz 1 GG), nicht mehr zur Verfügung stehen. Wenn die Eröffnung jedes einzelnenBankkontos, die Überlassung je<strong>der</strong> einzelnen Veranstaltungshalle für Parteitage, die Erteilungje<strong>der</strong> einzelnen Son<strong>der</strong>nutzungserlaubnis für die Durchführung <strong>von</strong> Informationsständenund die Durchführung je<strong>der</strong> einzelnen geplanten Demonstration erst durch mehreregerichtliche Instanzen, teilweise bis hin zum BVerfG, erstritten werden muss, dann stellt einsolcher Dauerzustand selbst dann eine schwerwiegende Beeinträchtigung <strong>der</strong> politischenHandlungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Antragstellerin dar, wenn die meisten Rechtsstreite dieser Artletztendlich gewonnen werden. Würde die Antragstellerin aber tatsächlich gegen jede ein-<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 17 / 26zelne gegen sie o<strong>der</strong> ihre Mitglie<strong>der</strong> gerichtete Diskr<strong>im</strong>inierung gerichtlich vorgehen, kämedie politische Arbeit vollständig zum Erliegen.Hinzu kommt, dass gerade <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> gegen die Antragstellerin und ihre Mitglie<strong>der</strong> gerichtetenStraftaten (Mordanschläge, Körperverletzungen, Brandstiftungen, Sachbeschädigungen,Beleidigungen, etc.) in <strong>der</strong> Regel gar kein Täter ermittelt wird, weshalb das Erstatten<strong>von</strong> Strafanzeigen insoweit völlig nutzlos ist.Ähnlich verhält es sich auf dem Gebiet des Versammlungsrechts. Freilich kann die Antragstellerinjedes Mal, wenn die Polizeibehörden sich weigern, eine <strong>von</strong> <strong>der</strong> Antragstellerin angemeldeteund <strong>von</strong> den Verwaltungsgerichten „genehmige“ Demonstration durch die Räumung<strong>der</strong> Demonstrationsroute <strong>von</strong> gewaltbereiten und blockierenden Störern zu ermöglichen,eine verwaltungsgerichtliche (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erheben, doch än<strong>der</strong>tdies gleichwohl nichts daran, dass die konkrete Demonstration erst einmal erfolgreich verhin<strong>der</strong>twurde; nachträglicher Rechtsschutz ist insofern wenig effektiv.Das Erstatten <strong>von</strong> Strafanzeigen und das Erheben <strong>von</strong> Fortsetzungsfeststellungsklagen istdaher ganz offensichtlich kein adäquates Mittel, die zugrunde liegende strukturelle Problematikzu lösen. Dies ist nur dadurch möglich, dass die Antragstellerin die Möglichkeit erhält,ihre Verfassungskonformität verfassungsgerichtlich feststellen zu lassen und auf diese Weiseden gegen sie auf breiter Front betriebenen Diffamierungs- und Diskr<strong>im</strong>inierungskampagnendie argumentative Grundlage zu entziehen. An<strong>der</strong>s als die Antragsgegner meinen, steht <strong>der</strong>Antragstellerin für die begehrte Feststellung also sehr wohl ein Rechtschutzinteresse zurSeite, weil die nach geltendem Recht zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeitennicht ausreichend sind.3.Gegen die Statthaftigkeit des „negativen Verbotsantrags“ kann entgegen <strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong>Antragsgegner auch nicht mit Erfolg vorgebracht werden, die Antragstellerin müsse sich gegenden Vorwurf <strong>der</strong> „Verfassungswidrigkeit“ politisch und nicht juristisch wehren.<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 18 / 26Dieser Ansatz ist bereits deshalb grundlegend verfehlt, weil es sich bei <strong>der</strong> <strong>von</strong> den Antragsgegnernbetriebenen Stigmatisierung <strong>der</strong> Antragstellerin als „verfassungswidrig“ eben geradenicht um Meinungsäußerungen <strong>von</strong> Vertretern politischer Parteien <strong>im</strong> politischen Wettbewerb,son<strong>der</strong>n um amtliche Äußerungen <strong>von</strong> Verfassungsorganen handelt, die sich überhauptnicht auf die Meinungsfreiheit berufen können, son<strong>der</strong>n einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlagefür ihr Handeln bedürfen. Der Hinweis <strong>der</strong> Antragsgegner auf die Entscheidungdes BVerfG vom 17.09.2012, Az.: 1 BvR 2979/10, wonach die Titulierung einer Personals „rechtsradikal“ o<strong>der</strong> „rechtsextrem“ dem Schutz <strong>der</strong> Meinungsfreiheit unterfällt, verfehlt<strong>von</strong> daher das Thema, weil <strong>der</strong> grundrechtsgebundene Staat nicht selbst Träger <strong>von</strong> Grundrechtensein kann (Konfusionsargument).Zur Vermeidung <strong>von</strong> Missverständnissen sei in diesem Zusammenhang nochmals klargestellt,dass es <strong>der</strong> Antragstellerin in ihrem Hauptantrag nicht um die Untersagung <strong>von</strong> amtlichenÄußerungen o<strong>der</strong> Warnungen geht, son<strong>der</strong>n um die Herstellung <strong>von</strong> Rechtssicherheit durchdie verfassungsgerichtliche Überprüfung einer regierungsamtlichen Verbotsfor<strong>der</strong>ung, welchebislang <strong>im</strong>mer nur erhoben, jedoch nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren justitiabelgemacht wurde. Es braucht daher nicht jede einzelne Äußerung <strong>der</strong> Antragsgegner überdie Antragstellerin und nicht jede einzelne Warnung in Verfassungsschutzberichten auf ihreRechtmäßigkeit hin untersucht zu werden. Es ist des weiteren völlig unerheblich, ob die entsprechendenWarnungen sachlich formuliert sind o<strong>der</strong> ob es sich um Schmähkritik handelt.Selbst wenn sämtliche Warnungen, Äußerungen und Verfassungsschutzberichte <strong>der</strong> Antragsgegnerfür sich genommen rechtmäßig wären und die Antragstellerin keine Möglichkeithätte, diese Äußerungen und Warnungen gerichtlich untersagen zu lassen, hätte die Antragstelleringleichwohl ein berechtigtes Interesse an <strong>der</strong> Feststellung, dass sie nicht verfassungswidrigist, um <strong>der</strong> fortwährenden und für sie hochgradig belastenden Diskussion umihren verfassungsrechtlichen Status ein Ende zu bereiten. Das diesseitig gefor<strong>der</strong>te „negativeVerbotsverfahren“ setzt daher genau genommen nicht einmal ein rechtswidriges Verhalten<strong>der</strong> Antragsgegner voraus, son<strong>der</strong>n ist vielmehr ein rechtsstaatlich gebotenes Instrument zurHerstellung verfassungs- und konventionsrechtlich gefor<strong>der</strong>ter Waffengleichheit zwischendem Staat, <strong>der</strong> über einen gewaltigen Sicherheits- und Propagandaapparat verfügt, und <strong>der</strong>hier<strong>von</strong> betroffenen politischen Partei, die sich an<strong>der</strong>s als mit einem „negativen Verbotsverfahren“gegen diese Maschinerie gar nicht effektiv zur Wehr setzen kann.<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 19 / 26Insofern liegt die Sache hier also völlig an<strong>der</strong>s als in dem <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gegenseite zitierten seinerzeitigenOrganstreitverfahren <strong>der</strong> Antragstellerin 2 BvE 1/79 gegen die Beantwortung einerparlamentarischen Anfrage durch den Bundesinnenminister.Unabhängig da<strong>von</strong> wäre es <strong>der</strong> Antragstellerin auch gar nicht möglich, gegen die geballtenund über die Medien transportierten Verbotsfor<strong>der</strong>ungen und Stigmatisierungen <strong>der</strong> Antragsgegnerauf politischem Wege erfolgversprechend vorzugehen, weil die Antragstellerin –wie gerichtsbekannt sein dürfte – keinerlei Zugang zu den bundesdeutschen Medien hat undwe<strong>der</strong> in Nachrichtensendungen noch in politischen Talkshows noch in den Printmediengleichberechtigt zu Wort kommt. Es muss als geradezu zynisch angesehen werden, wenngenau diejenigen Kreise, welche <strong>der</strong> Antragstellerin vorsätzlich den Zugang zu öffentlichkeitswirksamenMedien verschließen, die Antragstellerin nunmehr auf ein mediales Vorgehengegen die ständige Verbotsrhetorik verweisen wollen. Die Antragsgegner mögen <strong>von</strong>daher gerne einmal darlegen, wie die <strong>von</strong> ihnen vorgeschlagene politische/mediale Verteidigung<strong>der</strong> Antragstellerin gegen die andauernden Verbotsfor<strong>der</strong>ungen konkret <strong>von</strong>stattengehensoll.4.An<strong>der</strong>s als die Antragsgegner meinen, steht die scheinbar abschließende Aufzählung <strong>der</strong>Antragsberechtigten für ein Parteiverbotsverfahren in § 43 Abs. 1 BVerfGG (Bundestag, Bundesrat,Bundesregierung) <strong>der</strong> Antragsberechtigung <strong>der</strong> Antragstellerin <strong>im</strong> vorliegenden Verfahrennicht entgegen.Eine erweiternde Auslegung <strong>von</strong> Vorschriften, welche die Antragsberechtigung regeln,kommt <strong>im</strong> BVerfGG nämlich auch an an<strong>der</strong>er Stelle vor. So sind bei einer rein am Gesetzeswortlautorientierten Auslegung des § 63 BVerfGG „nur“ <strong>der</strong> Bundespräsident, <strong>der</strong> Bundestag,<strong>der</strong> Bundesrat, die Bundesregierung und die <strong>im</strong> Grundgesetz o<strong>der</strong> in den Geschäftsordnungendes Bundestages und des Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teiledieser Organe <strong>im</strong> Organstreitverfahren beteiligungsfähig. Es ist jedoch sowohl in <strong>der</strong> verfassungsgerichtlichenJudikatur als auch in <strong>der</strong> herrschenden Lehre allgemein anerkannt, dass§ 63 BVerfGG wegen <strong>der</strong> Vorgabe des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, welcher auch „an<strong>der</strong>e Beteiligte,die durch dieses Grundgesetz o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Geschäftsordnung eines obersten Bundesor-<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 20 / 26gans mit eigenen Rechten ausgestattet sind“ einbezieht, verfassungskonform dahingehendauszulegen ist, dass beispielsweise auch politische Parteien organklagefähig sind, obwohl siein <strong>der</strong> (scheinbar) abschließenden Aufzählung des § 63 BVerfGG nicht vorkommen. Dies gilt<strong>im</strong> Übrigen auch für die obersten Bundesorgane „Bundesversammlung“ und „GemeinsamerAusschuss“, die ebenfalls in § 63 BVerfGG nicht genannt, nach allgemeiner Auffassung abergleichwohl <strong>im</strong> Organstreitverfahren beteiligungsfähig sind.Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> verfassungs- und konventionsrechtlichen For<strong>der</strong>ung nach Gewährleistungeffektiven Rechtsschutzes und angesichts <strong>der</strong> in an<strong>der</strong>em Zusammenhang anerkanntenerweiternden Auslegung <strong>von</strong> Vorschriften über die Antragsberechtigung kann <strong>der</strong>Wortlaut des § 43 Abs. 1 BVerfGG <strong>der</strong> Statthaftigkeit des hier gestellten Antrages nicht entgegengehaltenwerden. Wenn selbst § 63 BVerfGG, <strong>der</strong> sogar ausdrücklich das Wort „nur“zur Eingrenzung <strong>der</strong> Antragsberechtigten verwendet, einer erweiternden Auslegung zugänglichist, dann doch wohl erst recht § 43 BVerfGG, in welchem das Wort „nur“ überhaupt nichtvorkommt.5.Für die Statthaftigkeit eines „negativen Verbotsantrags“ spricht zudem nicht nur die <strong>von</strong> <strong>der</strong>Antragstellerin <strong>im</strong> verfahrenseinleitenden <strong>Schriftsatz</strong> vom 08.11.2012 zutreffen<strong>der</strong>weiseangesprochene Rechtsanalogie zum Rechtsinstitut <strong>der</strong> negativen Feststellungsklage <strong>im</strong> Zivilprozess,son<strong>der</strong>n auch die Existenz des in § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG geregelten sogenannten„Normbestätigungsverfahrens“. So ist es nach den Regelungen des § 76 BVerfGG nämlichnicht nur möglich, die Verfassungswidrigkeit einer Norm feststellen zu lassen, son<strong>der</strong>n eskann auch umgekehrt ihre Gültigkeit festgestellt werden, wenn <strong>von</strong> Gerichten o<strong>der</strong> BehördenZweifel an ihrer Verfassungskonformität geäußert wurden und sie deshalb nicht angewendetwurde.Der hinter § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG stehende Rechtsgedanke, dass die Gültigkeit einerNorm beeinträchtigt wird, wenn Gerichte und Behörden sie wegen vermeintlicher Verfassungswidrigkeitnicht anwenden, und deshalb eine klarstellende Normbestätigung durch dasBVerfG erfor<strong>der</strong>lich werden kann, lässt sich ohne weiteres auf die Beeinträchtigung <strong>der</strong> politischenWirkungsmöglichkeiten einer als „verfassungswidrig“ verschrienen politischen Partei<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 22 / 26Solange also ein Restzweifel dahingehend verbleibt, <strong>der</strong> Rechtsanwalt könne sich einerPflichtverletzung schuldig gemacht haben, kann <strong>der</strong> Betroffene stets eine gerichtliche Klärung<strong>der</strong> Verdachtslage erzwingen.Es kann aber nicht angehen, dass dieser allgemeine Rechtsgedanke <strong>der</strong> „Selbstreinwaschung“zwar <strong>im</strong> Disziplinar- und Anwaltsberufsrecht eine Selbstverständlichkeit darstellt,aber ausgerechnet für eine politische Partei nicht gelten soll.6.Nach alledem ist die Anerkennung eines „negativen Parteiverbotsverfahrens“ nicht nur verfassungs-und konventionsrechtlich dringend geboten, son<strong>der</strong>n auch ohne Än<strong>der</strong>ung desBVerfGG ohne weiteres durch erweiternde Auslegung bzw. Rechtsanalogie dogmatisch herleitbar.Etwas an<strong>der</strong>es ergibt sich auch nicht aus <strong>der</strong> <strong>von</strong> den Antragsgegnern wie<strong>der</strong>gegebenenRechtsauffassung des BVerfG, wonach eine Erweiterung <strong>der</strong> <strong>im</strong> BVerfGG geregelten Antragsberechtigunggrundsätzlich nicht in Betracht komme, weil das BVerfG die Entscheidungendes Verfahrensgesetzgebers selbst dann nicht konterkarieren dürfe, wenn ein noch sogroßes rechtspolitisches Bedürfnis danach bestehe. Diese Rechtsprechung, welche <strong>im</strong> Zusammenhangmit <strong>der</strong> Antragsberechtigung <strong>im</strong> abstrakten Normenkontrollverfahren erging,greift vorliegend nicht ein.So weist die Gegenseite bereits selbst zutreffend darauf hin, dass das Grundgesetz den Kreis<strong>der</strong> <strong>im</strong> Parteiverbotsverfahren Antragsberechtigten gerade nicht vorzeichnet und deshalb –<strong>im</strong> Gegensatz zum abstrakten Normenkontrollverfahren – eine verfassungsrechtliche Eingrenzungpotentieller Antragsteller nicht gegeben ist. Der Wortlaut des Grundgesetzes stehtdaher <strong>der</strong> diesseitig gefor<strong>der</strong>ten erweiternden Auslegung des § 43 BVerfGG nicht entgegen.Des weiteren lassen die Antragsgegner außer Acht, dass es vorliegend nicht um die Fragegeht, ob eine Ausdehnung <strong>der</strong> Antragsberechtigung <strong>im</strong> Parteiverbotsverfahren auf politischeParteien „rechtspolitisch wünschenswert“ ist; die Antragstellerin ist vielmehr <strong>der</strong> Meinung,dass § 43 Abs. 1 BVerfGG in seiner jetzigen Fassung sowohl gegen Art. 19 Abs. 4 GG als auch<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 23 / 26gegen Art. 13 EMRK iVm. Art. 10, 11 EMRK und Art. 3 EMRK-ZP I verstößt und die diesseitiggefor<strong>der</strong>te erweiternde Auslegung <strong>der</strong> Vorschrift daher sowohl verfassungs- als auch konventionsrechtlichgeboten ist.Auch insoweit besteht ein gravieren<strong>der</strong> Unterscheid zu den <strong>von</strong> den Antragsgegnern in Bezuggenommenen Entscheidungen des BVerfG, wonach eine Ausdehnung des Kreises <strong>der</strong>Antragsberechtigten über den Wortlaut des BVerfGG hinaus nicht in Betracht komme. DieseRechtsprechung ist <strong>im</strong> Zusammenhang mit abstrakten Normenkontrollverfahren ergangenund auf den hiesigen Fall nicht übertragbar. Denn es ist kein verfassungs- o<strong>der</strong> konventionsrechtlichesGebot vorhanden, dass es erfor<strong>der</strong>lich erscheinen ließe, einem einzelnen Abgeordneten,einer Gruppe <strong>von</strong> Abgeordneten unterhalb des Mindestquorums des § 76 Abs. 1BVerfGG o<strong>der</strong> einer politischen Partei eine Antragsberechtigung <strong>im</strong> abstrakten Normenkontrollverfahren,einem rein objektiven Beanstandungsverfahren, zuzuerkennen. Bei <strong>der</strong> Beeinträchtigung<strong>der</strong> politischen Handlungsmöglichkeiten einer politischen Partei durch fortwähren<strong>der</strong>egierungsamtliche Brandmarkung als „verfassungswidrig“ verhält es sich hingegenvöllig an<strong>der</strong>s, weil hier subjektive Rechte berührt werden.7.Hinsichtlich <strong>der</strong> Begründetheit des Hauptantrages ist festzustellen, dass bislang keinerleiBeweise für die angebliche „Verfassungswidrigkeit“ <strong>der</strong> Antragstellerin vorgelegt wurden.Insbeson<strong>der</strong>e weigert sich <strong>der</strong> Bundesinnenminister trotz mehrfacher Auffor<strong>der</strong>ungsschreibenB e w e i s:Schreiben <strong>der</strong> Rechtsabteilung <strong>der</strong> Antragstellerin an den Bundesministerdes Innern, können <strong>im</strong> Bestreitensfalle vorgelegt werdenhartnäckig, <strong>der</strong> Antragstellerin Einsicht in die <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> öffentlich erwähnte „Materialsammlung“zu gewähren. Es muss in diesem Zusammenhang als sehr bemerkenswert angesehenwerden, dass diese „Materialsammlung“ zwar zahlreichen Pressevertretern vorzuliegenscheint, <strong>der</strong> unmittelbar betroffenen Antragstellerin aber vorenthalten wird.Im Hinblick auf die Weigerung <strong>der</strong> Gegenseite, ihre angeblichen Beweise vorzulegen, kann<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 24 / 26zum gegenwärtigen Zeitpunkt insoweit kein weiterer Vortrag erfolgen. Die Antragstellerinbleibt daher weiterhin dabei, dass sie nicht verfassungswidrig iSd. Art. 21 Abs. 2 GG ist.III. Zum ersten HilfsantragSollte <strong>der</strong> Senat gleichwohl zur Unzulässigkeit des Hauptantrages gelangen, so sind jedenfallsdie Hilfsanträge ohne weiteres <strong>im</strong> Organstreitverfahren nach §§ 63 ff. BVerfGG statthaft,insbeson<strong>der</strong>e ist eine vorrangige Zuständigkeit <strong>der</strong> Gerichte <strong>der</strong> allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeitnicht gegeben, da eine verfassungsrechtliche und keine verwaltungsrechtlicheStreitigkeit vorliegt. Auch auf die die Antragsbefugnis begründende faktische Eingriffswirkung<strong>der</strong> Titulierung als „verfassungswidrig“ <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> fortwährenden Verbotsdebattebei gleichzeitiger Unterlassung <strong>der</strong> Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens wurde obenbereits hingewiesen.Dem können die Antragsgegner nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Einleitung eines (regulären)Verbotsverfahrens stehe <strong>im</strong> freien Ermessen <strong>der</strong> nach § 43 BVerfGG antragsberechtigtenVerfassungsorgane, weshalb die Unterlassung einer entsprechenden Antragstellung dieAntragstellerin des vorliegenden Verfahrens nicht in ihren Rechten verletzen könne. Dieskann freilich nur in den Fällen zutreffen, in denen die nach § 43 BVerfGG Antragsberechtigtendas ihnen grundsätzlich zustehende Ermessen auch ermessensfehlerfrei ausüben. Hier<strong>von</strong>kann aber <strong>im</strong> hier zu entscheidenden Fall offensichtlich keine Rede mehr sein, denn dieErmessenausübung darf nicht dazu führen, dass über Jahre, gar Jahrzehnte hinweg ein permanenterZustand <strong>der</strong> Rechtsunsicherheit herrscht, welcher für die Antragstellerin des hiesigenVerfahrens mit den dargestellten erheblichen faktischen Beeinträchtigungen und Nachteilenverbunden ist und dadurch zu einer ganz erheblichen Verzerrung <strong>der</strong> politischenWettbewerbssituation führt. Selbstverständlich dürfen die staatlichen Stellen bei Vorliegenkonkreter Anhaltspunkte für eine „Verfassungswidrigkeit“ best<strong>im</strong>mter politischer ParteienErmessen ausüben, ob ein Verbotsverfahren eingeleitet werden soll o<strong>der</strong> nicht und selbstverständlichkann dieser Vorgang eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Die Ausübung diesesErmessens darf aber nicht <strong>der</strong>gestalt zum Dauerzustand werden, dass sich eine über Jahreund Jahrzehnte andauernde permanente Verbotsdebatte entwickelt, in <strong>der</strong> <strong>im</strong>mer und<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 25 / 26<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> nur ein und dieselben Argumente ausgetauscht werden und bei <strong>der</strong> nicht <strong>im</strong>entferntesten absehbar ist, ob und gegebenenfalls wann eine endgültige Entscheidung getroffenwird. Genau dieser Fall, <strong>der</strong> mittlerweile zur Realität in Deutschland geworden ist,lässt den begründeten Verdacht aufkommen, dass die anhaltende Verbotsdiskussion ebennicht <strong>der</strong> legit<strong>im</strong>en Ausübung <strong>von</strong> Ermessen dient, son<strong>der</strong>n vielmehr zum reinen Selbstzweckgeworden ist, um genau diejenigen Wirkungen herbeizuführen, die man an sich mit demParteiverbot herbeiführen möchte, dies aber mangels Vorliegens gerichtsverwertbarer Beweisenicht bewerkstelligen kann.Die gegenwärtig stattfindende und ad infinitum geführte Verbotsdiskussion hat daher nurden einen Zweck, ein faktisches Parteiverbot ohne Einschaltung des BVerfG herbeizuführen,weil die Antragsgegner ganz genau wissen, dass sie ein reguläres Parteiverbotsverfahrennicht gewinnen können.Ein solches Vorgehen stellt sich unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten als objektiv willkürlichund hochgradig rechtsmissbräuchlich dar und ist daher sehr wohl geeignet, eine rechterheblicheMaßnahme darzustellen, welche die organschaftlichen Rechte <strong>der</strong> Antragstellerinaus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zu verletzen geeignet und daher <strong>im</strong> verfassungsgerichtlichenOrganstreitverfahren justitiabel ist. Die Gegenseite macht es sich daher zu leicht, wenn sie inihrer Stellungnahme nur lapidar meint, die ihr zustehende Ermessensausübung bezüglich <strong>der</strong>Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens sei keinerlei rechtlichen Schranken unterworfenund die Antragstellerin müsse die damit für sie einhergehenden Nachteile eben ohneRechtsschutzmöglichkeit hinnehmen.IV. Zum zweiten HilfsantragSelbst wenn das Gericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Antragsgegner das ihnen<strong>von</strong> § 43 BVerfGG eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hätten, so sind die <strong>der</strong>Antragstellerin des hiesigen Verfahrens de lege lata zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeitenin hohem Maße unzureichend. Nachdem aus den dargelegten Gründen einesowohl verfassungs- (Art. 19 Abs. 4 GG) als auch eine konventionsrechtliche (Art. 13 EMRK<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888


R 1/12 Vf (<strong>NPD</strong> ./. Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung – „negatives Verbotsverfahren“) Seite 26 / 26iVm. Art. 10, Art. 11 EMRK und Art. 3 EMRK-ZP I) Verpflichtung des Gesetzgebers besteht,<strong>der</strong> Antragstellerin effektiven Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, <strong>der</strong> Gesetzgeber dieserVerpflichtung indes bis heute nicht nachgekommen ist, erweist sich zumindest <strong>der</strong> zweiteHilfsantrag als begründet. Dem Gesetzgeber ist daher aufzugeben, unverzüglich eine Antragsmöglichkeitfür <strong>von</strong> aus ihrer Sicht ungerechtfertigten Verbotsfor<strong>der</strong>ungen ausgesetztenpolitischen Parteien vorzusehen.Falls <strong>der</strong> Senat weiteren Sachvortrag o<strong>der</strong> weitere Beweisangebote für erfor<strong>der</strong>lich haltensollte, wird höflichst um entsprechenden richterlichen Hinweis gebeten.Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M.– Rechtsanwalt –<strong>RA</strong> Dipl.-Jur. <strong>Peter</strong> <strong>Richter</strong>, LL.M. l Birkenstr. 5 l 66121 Saarbrücken l 0162 / 26 44 388 l 03222 / 83 57 888

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