4ReportageWachsames Auge ist das Erfolgsrezeptfür die GänsemastRainer Puckhaber und Andrea Stöver ausStubben im Landkreis Cuxhaven habeneine beson<strong>der</strong>e Aufgabe innerhalb <strong>der</strong>Landwirtschaft übernommen. Sie sicherneinen wesentlichen Teil <strong>der</strong> Versorgungdeutscher Küchen mit Weihnachtsgänsen.Ab dem Martinstag am 11. Novemberkonsumieren viele tausende Verbraucherfreudig den Gänsebraten, <strong>der</strong>zu Lebzeiten auf den großzügigen Weidendes Familienbetriebs aufgewachsen ist.Rund 35.000 Gänse vom Hof Puckhaberwerden in diesem Jahr Genießerin Restaurants und am heimischenKüchentisch erfreuen. Damit gehört<strong>der</strong> Betrieb zu den größten ErzeugernDeutschlands. Die Bedingungen fürdiesen Betriebszweig sind durch dieEinzelhoflage außerhalb des Ortes unddie am Rand <strong>der</strong> Flächen verlaufendeBahnlinie Bremen-Bremerhaven ideal.Mit 55 Hektar zusammenhängen<strong>der</strong>Fläche direkt am Betrieb verfügt RainerPuckhaber wie nur wenige an<strong>der</strong>eLandwirte über den nötigen Platz für dieFreilandhaltung in dieser Dimension.Dabei bieten die natürlichen Grünlandweidenmit Übergängen zwischen Moorund Sandrücken den Gänsen optimaleBedingungen.Zwei-Wochen-RhythmusDas ‚Gänsejahr‘ beginnt Ende März bisAnfang April. Dann kommt die erstePartie mit rund 2.000 Eintagsküken.Die ‚Gössel‘, wie die Kleinen heißen,sind noch sehr empfindlich. Ein biszwei Wochen lang kommen sie deshalbin den Aufzuchtstall, <strong>der</strong> ihnen mitWärmestrahlern und guter Einstreu einebeson<strong>der</strong>s behagliche und geschützteUmgebung bietet. Nach und nach wirddie Temperatur abgesenkt, bis die Gösseldann in den größeren Stall wechselnund sich dort auf den Auslauf vorbereiten.Erst wenn <strong>der</strong> Gänsenachwuchs einigermaßengefie<strong>der</strong>t ist, geht es ab einemAlter von zwei bis drei Wochen erstmalsfür ein paar Stunden nach draußen. Allerdingsnur, wenn es nicht zu kalt ist.Denn die Nachtkälte können die kleinenJungtiere noch nicht ab. Aber tagsüberkönnen sie schon einmal Frischluft genießen.Dabei müssen die Jungtiere auchlernen, mit <strong>der</strong> Herde zum Stall o<strong>der</strong> ineine an<strong>der</strong>e Weide getrieben zu werden,was laut Puckhaber meist auch bald imsprichwörtlichen ‚Gänsemarsch‘ klappt.
In <strong>der</strong> sechsten Woche ist das Fe<strong>der</strong>kleiddann komplett. Nun können diefreiheitsliebenden Gänse ganz nachdraußen wechseln. „Gänse sind sehrrobuste Tiere. Als Wassergeflügel lebensie ungern im Stall“, berichtet RainerPuckhaber. Das kommt den Vorstellungendes Verbrauchers nach einerFreilandhaltung natürlich sehr nah. Allerdingserfreut diese Haltungsform auf<strong>der</strong> Weide auch die natürlichen Feinde<strong>der</strong> Freilandgans, macht <strong>der</strong> Landwirtdeutlich: „Der Fuchs, die Krähe undaufgrund <strong>der</strong> Nordseenähe auch dieMöwe sind die größte Gefahr für unsereTiere.“ Sie sorgen dafür, dass so mancheGans am Martinstag nicht als Braten zurVerfügung steht, son<strong>der</strong>n die Verlustratedes Betriebes anwachsen lässt.Die Tiere täglich im BlickDie hat Rainer Puckhaber, <strong>der</strong> dieGänsemast bereits seit zwanzig Jahrenbetreibt, kritisch im Blick: „Da läuft in<strong>der</strong> Saison wirklich Geld auf <strong>der</strong> Weide.Etwas Schwund gibt es immer, daslässt sich bei <strong>der</strong> Freilandhaltung auchnicht ganz vermeiden. Aber man mussschon ein wachsames Auge auf seineTiere haben, damit die Tierverlustedurch die natürlichen Feinde o<strong>der</strong> auchdurch Krankheiten nicht aus dem Ru<strong>der</strong>laufen.“ Der erfahrene Mäster investiertdeshalb in gute Zäune und in die laufendeBestandskontrolle je<strong>der</strong> Gruppe.Täglich kontrolliert er die zahlreichenWeiden und prüft neben <strong>der</strong> Futter- undWasserversorgung das Verhalten <strong>der</strong>Tiere. Oft sind es klare Signale, die erschnell erkennt: „Ein einzelnes undruhiges Tier ist ein verdächtiges Tier.Die Zeit, genau zu beobachten, mussman sich nehmen.“Sicherlich macht die Gänsehaltung vielArbeit, aber sie ist ein Saisongeschäftzwischen April und Anfang Dezember,danach kehrt auf dem Hof PuckhaberRuhe ein. Bis dahin ist <strong>der</strong> Ablauf des‚Gänsejahrs‘ genau getaktet. Nach Beide sind sich einig: „In <strong>der</strong> Gänse<strong>der</strong>ersten Lieferung kommt alle 14 Freilandhaltung ist <strong>der</strong> Auslauf zwarTage eine weitere 2.000er Gruppe mit entscheidend für die Konstitution <strong>der</strong>‚frischen‘ Eintagsküken. Die Mast vom Tiere, die Kraft liegt aber im Futter“. Inersten Tag bis zum Endgewicht von rund 16 Wochen verbrauchen die Tiere rundsieben Kilogramm dauert 16 Wochen. 35 Kilogramm Futter, um mit 6,8 bis 7,0Anfang August steht <strong>der</strong> Lieferbeginn kg Endgewicht zum Schlachter zu kommen.Die Küken erhalten kleinpelletier-an. Dann ‚reisen‘ die ersten Gänse vomHof ab, um rechtzeitig zum Saisonstart tes Starterfutter, das sie gut aufnehmenals TK-Ware vermarktet werden zu können.Danach folgen die nächsten Partien dann Mastfutter mit einem hohen Ge-können. Die größeren Tiere bekommenwie<strong>der</strong>um im Zwei-Wochen-Rhythmus, treideanteil.bis die letzte Weide dann Anfang Das Futter wird vom Lkw einmalDezember leer ist.wöchentlich direkt an den Wei<strong>der</strong>andgeliefert. Dort wird es jeweils als drei-Drei VermarktungswegeTonnen-Partie in selbst konstruierteRainer Puckhaber liefert seine schlachtreifenGänse an drei verschiedene handelt es sich um ehemalige Gastanks,Fütterungsanhänger geblasen. DabeiSchlachtereien. Deren Ansprüche an die ein Fahrgestell und einen seitlichendie Tiere und <strong>der</strong>en Fütterung sind Trog bekommen haben. Sie werden perabhängig vom jeweiligen Produkt- und Schlepper mitten auf die Weide gezogen.Vermarktungskonzept des Unternehmens.Inzwischen werden einige Partien einfaches Konzept, das gut funktioniert.Dort bedienen sich die Tiere selbst. Einmit gentechnikfreiem Futter aufgezogen,weil eine Schlachterei hierfür eine Dinge nicht unnötig kompliziert ma-„In <strong>der</strong> Freilandhaltung muss man diespezielle Markenlinie aufgebaut hat. chen“, sind sich Rainer Puckhaber undDafür erhält <strong>der</strong> Gänsemäster einen Lutz Jürgens einig. Viel wichtiger ist dasPreisaufschlag, <strong>der</strong> den höheren Aufwandausgleichen soll.Blick zu haben, ist auch in <strong>der</strong> Gänse-wachsame Auge – die Tiere immer imFütterungsfragen diskutiert Rainer mast das Erfolgsrezept.Puckhaber bereits seit langen Jahrenmit <strong>ForFarmers</strong>-Berater Lutz Jürgens.V.l.n.r.: Andrea Stöver und Rainer Puckhaber und Lutz Jürgens.5